1892 / 84 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Major im 8. Inf. Regt. Nr. 126, Großherzog Friedrich von Baden, Levering, Major im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, Haag, Major im Inf. Regt Kaiser. Friedrih König von Preußen Nr. 125, ein Patent ihrer Gde verliehen. Wibbekink, Hauptm. und Comp. Chef. im Inf. Regt. König Wilhelm 1. Nr. 124, zum überzähl. Major befördert. Cleß, Hauptm. in demselben Negt., zum Comp: Chef ernannt. v. Knoerzer, Pr. Lt. im Drag. Regt. « Königin Olga Nr. 25, in den Generalstab à la suits desfelben verseßt und unter fernerer Belassung in dem Commando zur Dienstleistung bei dem Großen Generalstabe, zum P befördert. Noth, Hauptm. und Battr. Chef im 2. Feld-Art. Regt. Nr. 29 )rinz-Regent Luitpold von Bayern, in die erste Hauptmannsstelle des Feld-Art. Regts. König Karl Nr. 13 verseßt. Lotterer, Hauptm. im Feld-Art. Regt. König Karl Nr. 13, zum Battr. Chef ernannt. v. Sonntag, Hauptm. à la suite des Feld-Art. Negts. König Karl Nr. 13, von dem Commando als Adjutant der 13. Feld-Art. Brig. (Königl. Württemberg.) enthoben und als Battr. Chef in das 2. Feld-Art.- Regt. Nr. 29 Prinz-Regent Luitpold von Bayern versezt. Winter, Pr. L. im 2. Feld-Art.-Regiment Nr. 29 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, à 1a suite des Regts. estellt und als Adjutant zur 13. Feld-Art. Brig. (Königlich Württemberg.) commandirt. Köhler, Sec. Lt. im Feld-Art. Regt. König Karl Nr. 13, zum Pr. Lt. befördert. Graf Schenk von Stauffenberg, Pr. Lt. im Ulan. Regt. König Wilhelm I. Nr. 20, ein Patent seiner Charge verliehen. Bröfking, Sec. Lt. im Drag. Regt. Königin Olga Nr. 25, zum Pr. Lt. befördert. Wundt, auptm. im 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreih König von Ungarn, Strölin, Pr. Lt. im Gren. Regt. Nr. 119, zum 1. April d. I. von dem Commando zur Dienjît- leistung bei dem Großen Generalstabe enthoben. Baun, Sec. Lt. im 2. Feld-Art. Negt. Nr. 29 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, Pichler, Sec. Lt. im Feld-Art. Negt. Nr. 13, in das Train-Bat. Nr. 13 verseßt. : 30. März. v. Grävenißt, Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. König Wilhelm I. Nr. 124, von dem Commando als Adjutant der 54. Inf. Brig. (4. Königl. Württemberg.) enthoben, in das Gren. Regt. König Karl Nr. 123 à la suite desselben verseßt und nah Preußen commandirt zur Dienstleistung bei dem Leib-Gren. Negt. König Friedrih Wilhelm [I1l1. (1. Brandenburg.) Nr. 8.

Hessen.

Darmstadt, 22. März. Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben Allerhöchstsih den Rang eines Großherzoglich Hess. Obersten beigelegt, und zwar à la suite des 1. Großherzogl. Inf. (Leib-Garde-) Regts. Nr. 115. :

Beamte der Militärverwaltung.

Darmstadt, 1. April. Dauber, Intend. Rath a. D., der

Charafter als Kriegsrath verlichen.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 12. Sizung vom Dienstag, 5. April.

Der Sizung wohnen der Vice-Präsident des Staats- Ministeriums, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Finanz-Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirth- schaft 2c. von Heyden und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bei. : S

Auf der Tagesordnung steht zunächst eine Petition des Rittergutsbesißers Hörig zu Körniz bei Trachenberg und Genossen, welche bitten, zu veranlassen, daß die Staats- regierung auf denjenigen Strecken der mittleren Bartsch, auf denen der Domänen- und Forstfiscus räumungspflichtig sei, die nah der Polizeiverordnung vom 21. Dezember 1861 vor- geschriebene Normalbreite herstelle und den übrigen Räumungs- pflichtigen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen angemessene Beihilfen gewähre. :

Die Petitionscommission beantragt, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung in dem Sinne zu überweisen, daß bezüglih des Bartschflusses der Domänen- und Forstfiscus seinen Räumungsverpflichtungen nachkomme und in soweit nöthig eine anderweitige feste Regulirung der Räumungspflicht erfolge. L

Herr von Schöning befürwortet als Neferent den Antrag der Commission. Der gegenwärtige Zustand der Bartsch habe zu vielfachen Glaien der Interessenten Anlaß gegeben und eine Be- schwerde beim Ministerium des Innern zur Folge gehabt. Nach der maßgebenden Polizeiverordnung von 1861 müsse die Bartsch eine Breite von 15 m haben. Es s{webe zur Zeit über die Näumungs- vfliht der Bartsch eine Klage des Fürsten von Haßfeld-Trachenberg gegen den Fiscus. Die Commission sei entgegen dem Minister der Meinung gewesen, daß die Angelcgenheit niht bis zur Beendigung dieses Prozesses ruhen dürfe, da es einen shlechten Eindruck mache, wenn die Regierung Anordnungen erlasse und diese selbst nicht erfülle.

Der Antrag der Commission wird darauf ohne Debatte angenommen. / i

Zur einmaligen Schlußberathung steht der Geseßentwurf, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Mit- glieder der Voreinshäßzungscommissionen.

Der Berichterstatter Ober-Bürgermeister B oie empfiehlt die un- veränderte Annahme.

Graf von Klinckowstroem: Am liebsten möchte er die zu- sammengelegten Voreinschäßungs-Commissionsbezirke ganz beseitigen. Man habe mit ihnen fehr \chlechte Erfahrungen gemacht und es fcien dadur erheblihe Mehrausgaben hervorgerufen worden.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Jh habe {hon im Abgeordnetenhause gesagt, daß wir im Finanz-Ministerium für diese größeren zusammengeseßten Bezirke durchaus nicht unbedingt eingenommen sind. Es ist aber eine Frage complerer Natur. Mit den Bezirken, die wir ja auch früher bereits hatten und die sih wesentlih auf die Gemeinden beschränkten, sind vielfa keine günstigen Erfahrungen gemacht; die nachbarliche Freundschaft kann da do etwas stärker cinwirken, als in etwas größeren Bezirken. Andererseits gebe ih zu, daß in größeren Bezirken es sich sehr leiht so gestalten kann, daß ein Vertreter der einen Gemeinde eine gewisse Gefälligkeit empfängt von einem Vertreter der anderen Gemeinde, und daß die Gefälligkeiten die Tendenz haben, mit der Steuer herunterzugehen. Es ist dies ja ähnlich wic mit den großen Armenverbänden; da ist die Neigung umgekehrt. Jede Gemeinde vertritt der Schulze und schiebt gern die Last auf den großen Beutel, und da jeder dasselbe thut, vergrößern sih die Kosten der Armen- verwaltung ins ungemessene. Ich möchte in dieser Beziehung noch feine bestimmte Meinung ausfprehen. Wir haben die Absicht, bei diesem ganz neuen Veranlagungsverfahren über die verschiedenen Punkte uns überhaupt erst dann s{lüssig zu machen, wenn wir die einzuholen- den Berichte der Landräthe, die Erfahrungen, die sie gemacht haben, vor uns haben, sodaß man dann sich für eine bestimmte Nichtung enticheiden fann. Aber die Herren können versichert sein, daß wir auch diesen Punkt in der allerforgfältigsten Weise im Auge be- halten werden.

Daß man bei einem so ncuen Veranlagungsverfahren allerhand Erfahrungen macht, die man a priori sich nit construirt, das werden die Herren sehr natürli finden. Auch jeßt gehen beispielêweise über

die großen Veranlagungsbezirke die Meinungen noch sehr aus- einander in verschiedenen Landestheilen und bei dén Vorsißenden der Veranlagungs- und Berufungsscommissionen. Man wird sich auß niht darüber wundern können, daß selbst dann, wenn man die nicht unbedingt nothwendigen Kosten, die durch das Veranlagungss\ystem entstehen, verwendet, doch die Gesammtkosten der Veranlagung in Zukunft höher bleiben als bisher, einfach aus dem Grunde, weil wir bisher zu wenig auf diese wichtigste Seite unserer gesammten directen Steuern verwandt haben. Die Veranlagung muß mit größerer Sorgfalt durchgeführt werden, infolgedessen brauht man mehr Kräfte, das kann gar nit ausbleiben. Es ist eben eine inten- sivere Wirthschaft nöthig, die größere Erträge bringt, aber auch größere Kosten verursaht. Bisher war das Veranlagungsgeschäft nur so ein Nebengeshäft, während es doch im wesentlichen eins der wichtigsten Geschäfte unseres Staatslebens sein muß, und daher entstanden bis dahin weniger Kosten. Wenn das Veranlagungs- wesen ein intensives sein soll, dann muß auch intensiv gewirthschaftet werden, und das wird natürlich die Kosten erhöhen, darüber kann kein Zweifel fein.

Die Vorlage wird angenommen.

Es folgt die Berathung des Gesegentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung.

Graf zu Eulenburg empfiehlt die von der Commission mehr- fah abgeänderte Vorlage. Einstimmig habe die Commission die Tendenz des Gesetzes, den Eisenbahnverkehr fruhtbringender zu ge- stalten, anerfannt. Man habe zwar befürchtet, daß die Tertiärbahnen dem Secundärbahnwesen Abbruch thun könnten; der Minister habe aber diese Bedenken i New Die Vorlage werde namentlih der andwirthschaft zu gute kommen. E :

G Do M O: Das Haus stehe hier einer Vorlage von großer Tragweite und immenser Bedeutung gegenüber. Er habe am 1. April dem Cisenbahn-Minister feine besondere Anerkennung aus- gesprohen für dessen Haltung egenüber den Personentarifen und dem System der Staffeltarife. enn er heute dieser Vorlage gegen- über zu einem anderen Resultat komme, so möchte er ihn bitten, von ihm annehmen zu wollen, daß nur sachliche Gründe seinen Erwägungen zu Grunde lägen. Er würde dies nicht sagen, wenn er nicht Mitglied der conservativen Partei wäre. Vor wenigen Monaten sei die Staatsregierung, vertreten durch die berufensten Organe, mit großer Entschiedenheit für eine Vorlage eingetreten; dieselbe Regierung habe diefe Vorlage fallen lassen. Wenn nun die conservative Partei an ihrem Standpunkt festhalte, so werde ihr daraus jeßt er müsse dies auf das lebhafteste bedauern und zurückweisen der Vorwurf gemacht, sie versuhe eine principielle Opposition gegen die Regierung. Gegen eine derartige Unlogik brauche er eigentlich fein Wort zu verlieren. Was der frühere E der nationalliberalen Partei concedirt habe, nehme auch die conservative Partei für fih in Anspruch: daß sie volllommen A handle und prüfe und auf Grund ihrer Ueberzeugung entscheide, nah Pflicht und Gewissen. Darin liege keine Spur einer principiellen Opposition. Allerdings fei der Schaden, den Be Vorlage zufügen könne, nach seiner Ueberzeugung größer als der Nußen, der zweifellos auf der anderen Seite hervortreten werde. Er sei der Staatsregierung sehr dankbar dafür, daß sie diese Frage hier angeregt habe. Cs frage sich nur, ob es zweckmäßig fei, %e hon jeßt im vollen Umfange zu lösen. Er theile wesentlich den Standpunkt, den Herr von Stumm neulih hier zum Ausdruck gebracht habe, als er gesagt habe: er wünsche ganz entschieden den weiteren Ausbau des Secundärbahnsystems in dem- selben Umfange wie bisher. Auch er (Redner) halte dies für nothwendig egenüber der wirthschaftlichen Lage vieler Landeétheile. Nun habe der inister gesagt, man habe mit den Secundärbahnen \{lechte Er- fahrungen gemacht. In dieser Erklärung licge eine sehr erhebliche Einschränkung in Bezug auf den weiteren Ausbau der_ Secundär- bahnen. Er habe allerdings nah dem Freiherrn von Stumm den leßteren Gedanken mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen, aber beide Aeußerungen seien niht congruent. Er wisse nit, welcher von beiden Ausführungen er folgen solle. Er habe keinen Grund zu irgend welhem Mißtrauen gegen den jeßigen Minister, aber auch die Minister unterlägen dem Wechsel, wie alles Irdishe. Er möchte deshalb dessen Person vollständig bei Seite schieben bei der Berathung dieser Vorlage. Er glaube in dieser Vorlage auch den Ein- fluß des Finanz-Ministers zu erkennen, eine Bethätigung seines Programms, dem Sparsamkeitsrücksihten zu Grunde lägen. Auch er wünsche, daß die einzelnen Staaten sich nach_ der Decke streckten. Allein der Ausbau der Bahnen sei doch eine Sache, die man nicht leicht zurücschieben könne. Er gebe zu, daß in dem weiteren An- wachsen des Cisenbahnneßzes eine gewisse Gefahr für die preußische Finanzverwaltung liege. Je größer das Eisenbahnnetz sei, je größere Summen darin steckten, um so {chwerer werde es der Finanzverwal- tung sein, jeden wirthschaftlihen Rückgang, jeden Ausfall zu decken. Ferner werde der Finanz-Minister außerordentlich vinculirt durch die fortwährenden sehr bedeutenden Credite, welche die Staatseisenbahn- verwaltung nachsuhe, wenn an dem gegenwärtigen System festgehalten werde. Er gebe zu, daß die Besorgniß des Finanz-Ministers zu eliminiren sein würde, wenn es gelänge, von den Schulden des Staates einen Theil auf die Com- munen abzuwälzen. Andererseits würde aber der Umstand, daß die Communalverbände, die juristishen Personen, im Stande sein würden, den Weg der Anleihe zu beschreiten, einen Druck auf den Geldmarkt ausüben, der nicht zu vermeiden sein würde. Man könne den Finanz- Minister nur befriedigen, wenn im Eisenbahnbau ein langsameres Tempo eingeschlagen werde. Diese Vorlage werfe bereits ihren Schatten voraus in Bezug auf die Secundärbahnvorlage, welche dem anderen Hause unterbreitet sei. Er wohne in einem Kreise, der bis jeßt von einer Eisenbahn nicht berührt werde. Dieser Kreis sei bei der Secundärbahnvorlage leer ausgegangen. Er hoffe, daß die Regierung das Versäumte bat nachholen werde. Er habe ja zur Regierung alles Vertrauen. Freilih habe fie speciell für seinen Regierungsbezirk in der letzten Zeit ncht das gethan, was man dort gehofft habe. Er meine aber, wenn durch diese Vorlage der Secundärbahnbau wesentlih abgeschwächht werde, so müsse man doch dafür irgend welhen Ersaß finden, und er meine, daß man in dem jeßigen Moment, wo die Coumunalverbände in ihrer Prä- stationsfähigkeit ohnehin erheblih geschwächt seien, ihnen niht noch böbere Lasten auferlegen folle. Er möchte deshalb das Haus bitten, diese Vorlage niht ohne weiteres zu acceptiren. Er persönlich würde ih nur entschließen, für sie zu stimmen, wenn seine Bedenken erheblich abgeschwächt würden. Hochentwikelten VUDA Gde werde sie gewiß nützen, er fürchte aber, daß ein weniger wohlwollender Minister als der jeßige in vielen Gegenden ein öffentlihes Interesse nicht für vorliegend erachten und den Bau weiterer Secundärbahnen infolge- dessen ablehnen werde. So lange diese Bedenken nicht entkräftet seien, sei er nit in der Lage, dem Gesetz seine Zustimmung zu er- theilen. (Beifall.)

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Befürchtungen, die Herr Graf Mirbach aus- gesprochen und an diese Vorlage geknüpft hat, scheinen mir in keiner Weise begründet. Jh muß in dieser Beziehung etwas weiter aus- holen.

Meine Herren, ih perfönlih bin der Meinung, auf Grund meiner langjährigen Erfahrungen in der Verwaltung und im wirthschaftlichen Leben, daß das, was der Einzelne thun kann, der Einzelne am besten thut, was eine Verbindung, eine Mehrheit Einzelner leisten kann, diese thun foll, was die Communen mit eigener Kraft fertig bringen fönnen, sie nicht auf den größeren Verband abshieben sollen

und daß die großen Communalverbände nicht von dem leider in den

leßten Jahren immer wachsenden Bestreben erfüllt fein sollen, nun auf die größte Körperschaft, auf den Staat, alles abzuwälzen. Wir sind in dieser Beziehung nah meinem Gefühl in den leßten Jahren in eine etwas gefährlihe Richtung gekommen. Wer als Finanz-Minister die wachsenden Anforderungen an den großen Staatsbeutel, die aus allen Provinzen, von allen Klassen, von allen Verbänden unter Verweigerung oder Ablehnung eigener Thätigkeit tägli herantreten, kennt, der hat das Gefühl, daß eine solche Richtung mit den größten Gefahren verbunden ist. Wir haben infolgedessen der allgemeinen Staatskasse in den leßten Jahren Lasten aufgelegt, deren Folgen wir heute vor uns haben, wir sind auf allen Gebieten heute in ein System der Hilfeleistung an geringere Verbände gekommen für solche Aufgaben selbst, die, wie bei den Elementarshulen, ihnen ver- fassungsmäßig allein oblagen. Jch bin einer der lebhaftesten Ver- treter der Bestrebungen wegen Verstaatlihung der großen Verkehröwege gewesen, i habe als Abgeordneter mit der größten Entschiedenheit dafür gekämpft; aber wenn man auch dieses Princip aufstellt, daß die großen Verkehrslinien in der Hand des Staats sein, von ihm gebaut und betrieben werden müssen, so folgt daraus noch keineswegs die Aufgabe des Staats, jede kleinste Localverbindung mit seinen Mitteln herzustellen. Ob wir nihtin den leßten Jahren, ganz abgesehen von der finan- ziellen Seite der Sache und den großen Bedenken, die nach der Richtung hin für den Staat vorliegen, und von denen wir ja au heute die Er- fahrung machen, selbst vom wirthschaftlihen Standpunkt aus zu weit gegangen find ob wir, troßdem der Staat 7000 km Secundär- bahnen in zehn Jahren gebaut hat, dadur, daß wir vielleicht allzu {rof und allzu stark das Princip des Staatsbetriebs auf alle, au die kleinen Localbahnen angewendet haben, der Entwickelung des Landes so gedient haben, als wenn wir mehr Freiheit der Bewegung in dieser Beziehung gegeben hätten, ist noch sehr die Frage. Jedenfalls schen wir, daß in Ländern, wo dieses System in der Schroff- heit niht durchgeführt ist, wo man mehr der Selbsthilfe der Ver- bände Raum gegeben hat und den Localinteressenten, das Klein- verkehröwesen in bedeutenderer Weise entwickelt i, wie in Preußen. Das i} nicht bloß im Auslande der Fall, das ist felbst in einen Theil von Süddeutschland der Fall, von Holland, Belgien, von Ober - Italien gar niht zu sprechen, einem Lande, das uns an Wohlhabenheit keineswegs sehr voransteht. Es ist garniht die Absicht der Staatsregierung, nun eine plöblihe Schwenkung in dieser Beziehung zu machen, fih von dem Bau von Secundärbahnen ganz zurückzuziehen, denn die Secundär- bahnen, wenn man sie richtig klassificirt, unterscheiden sih von diesen Tertiärbahnen, die eine rein locale Bedeutung haben, die niht An- \{lußlinien an die großen durchgehenden Staatslinien sind, die über- haupt gar keinen Anschluß zu haben brauchen, so grundsätlih, daß mit der Erleichterung des Tertiärbahnbaues noch nicht entfernt die Erklärung der Staatsregierung unzertrenulich verbunden gedacht werden kann, daß nun in Zukunst die Tertiärbahnen die Secundärbahnen vollständig erseßen könnten und sollten. Einer der wesentlichsten Vortheile der Verstaatlihung der Eisenbahnen war zweifellos der und derfelbe war beab- sichtigt —, daß der Staat in den Besiß der großen durch- gehenden rentablen Linien und dadurch in die Lage kommen sollte, auch unrentable Linicn wesentlich aus dem Gesichtspunkte der Landesmelioration zu bauen. Und ih glaube, die Verstaatlihung der Eisenbahnen hat das, was sie versprochen, bisher in reichem Maße erfüllt. Wenn wir in der kurzen Zeit eine große Zahl von Secundär- bahnen gebaut haben, fast ein Drittel des ganzen allgemeinen Eisen- bahnneßes, so ftann man sich doch nicht beklagen: und wir würden dieses Eifenbahnneß niht haben, wenn wir nicht zur Verstaatlihung übergegangen wären, weil viele von diesen Secundärbahnen des Vortheils wegen nicht gebaut werden konnten und die Communalverbände dazu auch die Kraft nicht hatten. So lange der Staat im Besiß der großen Linien is, wird er sich der ihm naturgemäß zufallenden Aufgabe der Landes- melioration durch Herstellung von Secundärbahnen nicht ent- ziehen wollen und nicht entziehen können. (Ruf: Hört! hört !) Und Herr Graf von Mirbach braucht in diefer Beziehnng nicht über- mäßig ängstlih zu sein. Aber bei allen wirthschaftlihen Dingen muß man doch Zeit und Umständen Nechnung tragen. Wenn der Staat selbst in Deficit \teck, wenn die Junanspruhnahme des allgemeinen Geldmarktes durch das Reih und Preußen Jahr aus Jahr ein mehrere hundert Millionen erreiht; wenn gleichzeitig die Communen zu meinem großen Bedauern es vergeht kaum ein Tag, wo ih nicht ein Privilegium zu unterschreiben habe im Schuldenmachen dem Staate die lebhafteste Concurrenz machen, muß man doch zu dem Gedanken kommen: festina lente. Man fann do nit in jeder Zett alles thun auf die allerausgiebigste Weise. Wir - leben nun einmal in einem eisernen Zeitalter das muß sih jeder sagen wir können uns der großen Aufgaben der Landesvertheidigung nicht entziehen. Deshalb müssen wir auf anderen Gebieten sparen und unsere Aus- gaben beschränken. Wenn Sie also jeut niht eine große Zahl Secundärbahnen in der Vorlage vorgeschlagen finden, fo liegt dies auch daran, daß Sie schr bedeutende Summen wvor- geschlagen finden für zweite, dritte und vierte Geleise, für Bahnhofs- umbauten und für Deckung von Ueberschreitungen sehr bedeutender Art früherer Unternehmungen. Wenn Sie sich die Eisenbahnanleihen seit dem Jahre 1880 ansehen, so werden Sie finden, daß die 90 Millionen, die jeßt wieder beantragt sind, weit über den Durchschnitt der Anleihen in den leßten zehn Jahren hinaus gehen. Also man kann sih nit beklagen, daß wir von einem Ertrem ins andere gegangen wären. Man wird aber unter den gegenwärtigen Umständen das Streben des Staates, das Uebermaß von jährlich \ich wiederholenden Anleihen zu verringern, billigen müssen. Nun hält Herr Graf von Mirbach den Bau einer Tertiärbahn unter allen Umständen für einen baaren Verlust derjenigen, die sich einem solhen Unternehmen widmen. Das lehrt die Erfahrung aber durchaus nicht, au nicht, daß von den Tertiärbahnen nur in reihen Industriegegenden mit großem Verkehr Gebrau gemaht werden könnte. Das trifft nicht zu. Wir haben z. B. in Holstein eine Tertiärbahn in rein ländlicher Gegend mit fehr s{chwahem Verkehr, die wenn auch eine mäßige, doch eine landesüblißhe Verzinsung gewährt. Wodurch wird das bewirkt? Durch die freie Bewegung, welche den Unternehmern eingeräumt is in Beziehung auf den Bau, die Ein- rihtung und die Art des Betriebes der Bahn. Jch glaube, ih habe das schon einmal gelegentlih hier ausgesprochen und ich kann es nur

| System. Ih meine also, auch im

i . wir müssen unsere Aufmerksamkeit weniger auf neue Ein- E ien äls e Verminderung und Ersparung von Ausgaben. Diese Tertiärbahnen werden, durch Interessenten, dur Communal- verbände, durch Kreise und Provinzen hergestellt, weit billiger gebaut und betrieben “werden können, als der Staat es nah ‘feiner ganzen Organisation und nah der nothwendigen Normalisirung seiner Einrichtungen zu thun 1m stande ist, und deshalb werden auch in folchen Gegenden folche Tertiärbahnen sich rentiren können, die gerade nit eine so dichte Bevölkerung und einen fo reichen Verkehr haben, wie der Herr Graf von Mirbach das als nothwendig anzusehen glaubt. Jedenfalls stebt so viel fest, daß in vielen Landestheilen diese Vorlage mit der größten Freude begrüßt worden ist. (Zuruf : Das fann sein!) Daß in denjenigen Landestheilen, die die Kraft nicht haben und deren Verhältnisse es nicht gestatten, solche Tertiärbahnen herzu- stellen, der Staat seiner natürlichen Aufgabe nah helfen muß, das werde ih gewiß am allerwenigsten bestreiten. Aber ih bin nicht der Meinung, daß es richtig ist, daß die Nächstbetheiligten sich nicht bei allen diesen Dingen zuerst selbs ernstlich prüfen: können wir es nicht machen ohne Staatshilfe? Es muß ihrer Ehre entsprechen, auch ohne Staatshilfe, foweit mögli, zu handeln, und wenn sie garnicht das leisten können, dann erst mag der Staat helfen. Aber wenn von vornherein angenommen wird: da es bequemer, der Staat leistet, brauden wir uns keine besondere Anstrengung auf- zulegen das halte ich ur em. fee übles Sinne der östlichen

Provinzen kann ih in dieser Vorlage durchaus keinen Nachtheil finden. Jch glaube, daß wir {hon in der Vergangenheit manche Bahnen aus- gebaut haben als Secundärbahnen, die vielleicht ebenso gut und jeden-

falls billiger hätten als Tertiärbahnen hergestellt und betrieben werden

fönnen, und ih werde doch nicht ‘auf Widerspruch stoßen, wenn ih sage, daß das, was in Form einer Tertiärbahn geleistet werden kann, zweckmäßiger auch in dieser Form geschieht. Ich glaube also, diese Beun- ruhigung, die sih an diese Vorlage anknüpft, die Befürchtung, die heimliche Sorge: das sei eine List des Finanz-Ministers (Heiterkeit), um den Staat aus dem Eisenbahnbau mehr heravszuzichen, das ist alles nicht zutreffend; von diesem Standpunkt hat die Staatsregierung die Sache nie aufgefaßt. Jch bin überzeugt, das Geseß wird nach und nah in vielen Landestheilen eine sehr bedeutende Anwendung finden, und man wird aus der Erfahrung entnehmen, daß das Geseß sehr wohlthätig für das Land gewirkt hat. (Bravo!)

_ Fürst zu Putbus: Er habe den Geseßentwurf mit großer Freude begrüßt, bedaure aber, daß auch in ihm wieder ein System zum Vorschein komme, das unsere ganze Gesetzgebung durchziehe, nämlih das System der Bevormundung und des beschränkten Ünter- thanenverstandes; bei einer Neuconcessionirung müßten so viele Be- hörden ihre Zustimmung geben: Tocale Polizeiverwaltung, Kreis- aus\chuß, Bezirksaus\huß, Provinzialauss{huß, Telegraphenverwaltung, eisenbahntechnishe Verwaltung und noch mehr, daß bei dem be- kannten langsamen Geschäftsgang, der in vielen Behörden herrsche, bis zur Ertheilung der Concession Jahre vergehen könnten. Ferner heiße es im § 26 der Vorlage: „Wenn eine Bahn von untergeordneter Be- deutung nah Entscheidung des Staats-Ministeriums eine solhe Be- deutung für den öffentlihen Verkehr bedingt, daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetes zu behandeln ist, kann der Staat den Cigenthumserwerb gegen Entschädigung des vollen Werthes bean- spruchen.“ Der Staat müsse ja allerdings Bahnen zu erwerben das Necht haben, aber er meine, der Staat solle nicht berechtigt sein, einzelne Strecken aus einer Concession herauszunehmen, sondern der Kauf müsse sid auf die sämmtlichen in einer Concessionsurkunde ent- haltenen Ba nen beziehen. Er hoffe, daß die Regierung dieser Auf- fassung dur eine befondere Erklärung beitreten werde, ev. werde er einen Abänderungsantrag stellen müssen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Meine Herren! J halte die Befürchtungen, die Herr Fürst zu

Putbus ausgesprochen hat, nicht für begründet. Diese Befürchtungen

beziehen sich zunächst darauf, daß nah Auffassung des Herrn Fürsten der Gefeßentwurf in Bezug auf die mit der Concessionirung der Bahnen unterster Ordnung befaßten Behörden eine Complication enthalte, die möglicherweise zu langwieriger Verzögerung in der Ge- nehmigung einer Bahn unterster Ordnung führen könne. Meine

i Verren, ih glaube gerade, daß der Gesetzentwurf gegenüber dem

jeßigen Verfahren eine erhebliche Vereinfachung enthält, nur diejenigen Behörden bei der Genehmigung betheiligt sind, deren Mitwirkung aus sachlichen Gründen unentbehrlich is. Meine Herren, wenn Sie den § 2, der in dieser Hinsicht maßgebend ist, ansehen wollen, fo

A E darin finden, daß „sofern das Unternehmen innerhalb F eines Polizeibezirks verbleibt“, die Ortêpolizeibehörde für die Erthei- # lung der Genehmigung maßgebend ist. Wenn also in einer Stadt

eine Pferdebahn concessionirt werden soll, fo ertheilt die Ortspolizei- behörde ohne weiteres die Genehmigung dazu; sofern aber meh- rere Polizeibezirke desselben Landkreises berührt werden, tritt der Landrath ein. Es ist ja natürli, daß cine Zusammen- fassung der Interessen in irgend einer Person, in étner

E t A5 c. p L c . 4 Behörde stattfinden muß, und die gegebene Behörde, die am 9 nächsten steht, ist der Landrath. Nun heißt es weiter unter Nr. 2

sofern der Betrieb der Bahn unterster Ordnung nicht mit Maschinen- kraft beabsichtigt ist, und zwar sofern Kunststraßen benußt oder n der Bahn mehrere Kreise oder nicht preußische Landestheile berührt werden sollen: der Negierungs-Präsident, für den Stadtkreis Berlin

| der Polizei-Präsident, und nur dann tritt die Eisenbahnbehörde, die

vom Minister der öffentlihen Arbeiten bezeichnet worden ist, hinzu

j wenn unter obigen Vorausseßungen die Babn mit Maschinenkraft

betrieben werden soll. Die übrigen Behörden, die Herr Fürst zu Putbus genannt hat, sind Vertreter derjenigen Interessen, die im

Ï gegebenen Falle berührt werden können, alfo beispielsweise die Tele- Î graphenverwaltung, wenn die Bahn das Gestänge oder die Kabel der n fe Map l awervalinuig in irgend einer Weise berührt oder gefährdet. W. N A durchaus nothwendig, daß der Eigenthümer und Unter- N E s - une beitreten muß, wenn eine Bahn i auf die bestehenden Wege gele i E glaube daher, daß die Befürchtung, es L Deren 1e F wirken der verschiedenen Instan i 6 für di si E V O zen und Be T 3- S nirung solher Bahnen unterster Or Mle Gmoailio # Verzögerungen ergeben, nicht berechtigt ist; Ï daß gerade diejenigen Vorschriften, die hier

möchten aus diesem Zusammen-

dnung si Verhandlungen und im Gegentheil glaube i, die augenblicklihe Verwaltungspraxis zu A G und Abkürzung des Verfahrens führen werden. E Das zweite Bedenken, welches Herr Fürst hat, bezieht sih auf den § 26. Es heißt dort : Wenn eine Bahn unterster Ordnung nah Entscheidung des Staats-Ministeriums eine folche Bedeutung für den öffentlichen Verkehr gewinnt, daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetes

zu Putbus aufgeworfen

zu behandeln ift, kann der Staat den eigenthümlichen Erwerb der- selben gegen Entschädigung des vollen Werthes beanspruchen.

Hier liegt schon zunächst eine Sicherung gegen etwaigen frivolen Er- werb seitens des betreffenden annectirungslustigen Eisenbahnministers darin, daß nicht er darüber zu entscheiden hat, ob eine Bahn unterster Ordnung dem großen Staatsbahnneß zugefügt werden soll, sondern die Entscheidung is dem Staats-Ministerium übertragen. J glaube, daß an und für sich diese Uebertragung an das Staats-Ministerium vollständig genügend is, um dem Betreffenden den nöthigen Schutz zu ertheilen. Außerdem ift aber durhaus nicht gemeint, daß aus solch einer Concession etwa ‘das beste Stükchen herausgegriffen und dem Staatseifenbahnnegt einverleibt werden könnte, fondern es ist mit dem § 26 der Sinn und die Absicht verbunden, daß der Staat diejenigen Bahnen, die in einer Genehmigungsurkunde concessionirt worden sind, erwerben fann unter den Vorausseßungen, die im § 26 und den fol- genden bestimmt sind. Ich glaube, es wird auch kein Minister der öffentlihen Arbeiten und kein Finanz-Minister daran denken, eine sich rentirende Bahn unterster Ordnung lediglich aus dem Grunde, weil sie den Interessenten eine Rente abwirft, dem Reichseisenbahnnetze einzuverleiben. Ich glaube, diese Befürchtung ist in jedem Falle voll- fommen ausges{chlossen. Ich glaube im Gegentheil, die beiden Ressort- Chefs würden sih freuen, wenn auch das Privatkapital im Eisenbahn- wesen zu einer ausgiebigen Rente gelangt. Der Fall des Erwerbes durh den Staat wird nur dann eintreten, wenn die Bahn unterster Ordnung in ihrer ganzen Entwiklung und Bedeutung sih als cine nothwendige Er- gänzung des Staatsbahnnetzes im Laufe der Zeiten darstellen sollte, sei es nun, daß hierbei Verkehrs- oder \trategishe Nücksihten maß- gebend sind. Für diese Fälle aber muß die Staatsregierung meines Erachtens sih die Befugniß vorbehalten, die Bahnen zu erwerben. Die Bedingungen, unter denen die Staatsregierung eine derartige Bahn erwerben kann, sind im § 27 folgende so normirt, daß meines Erachtens im allgemeinen jede Unternehmung sehr zufrieden sein würde, wenn der Staat an sie herantritt mit der Frage, ob sie niht in seine Arme aufgenommen werden will. Die Bestimmungen sind entschieden günstiger, als die Bestimmungen, welche das Geseg vom 3. November 1838 über Eisenbahnunternehmungen vorgesehen hat. Ich glaube daher, daß aus diesen Bestimmungen das Privatkapital und die com- munalen Körperschaften kein Bedenken entnehmen werden, ihrerseits an den Bau und den Betrieb von Bahnen unterster Ordnung heran- zutreten.

Meine Herren, ih fühle mich verpflichtet, noch dem Herrn Grafen Mirbah meinen ganz besonderen und warmen Dank auszu- \sprehen für die freundliche Art, in der er meiner persönlich gedacht hat und ih glaube, ih kann meinen Dank auch nah der ausführlichen Darlegung des Herrn Finanz-Ministers am besten dadur bethätigen, daß ih den Momenten der Beruhigung, die der Herr Finanz-Minister angeführt hat, noch zwei kurze hinzufüge (hört, hört !), und zwar zu- nächst möchte ih darauf aufmerksam machen, daß in keiner anderen Provinz des preußischen Staats in den letzten zehn Jahren fo viele Bahnen seitens des Staats gebaut sind, als in der Provinz Osft- preußen. (Heiterkeit.)

Leider wir bedauern das, der Herr Finanz-Minister sowohl wie ih ist die Provinz Ostpreußen in der diesjährigen Gesetßzvorlage nicht berücksichtigt. Daß es nicht in der Absicht der Staatsregierung liegt, au in Zukunft die Provinz zu übergehen, das hat, glaube ich, der Herr Finanz-Minister hon mit beredteren Worten ausgeführt.

Dann möchte ih aber noch Einiges hervorheben, was auhch nach meiner Ansicht dem Grafen Mirbach zur Beruhigung dienen kann. Die östlichen Provinzen und die Bewohner derselben denken nicht alle so wie er, im Gegentheil, in der Provinz Pommern is man schon mit Vorbereitungen für zwet solcher Tertiärbahnen beschäftigt, und dieselben sind, wie mir mitgetheilt worden ist, {hon in einem fsolhen Stadium, daß man mit ziemlicher Gewißheit annehmen kann, wenn der Geseßzentwurf verabschiedet wird, wird die Sache ins Leben treten. Ich werde mich sehr freuen, wenn das in den anderen östlichen Provinzen recht bald Nachahmung findet. Hierbei verkenne ich durhaus niht die Schwierigkeiten, die gerade in den östlichen Provinzen bestehen und die im wesentlihen darin liegen, daß die wirthschaftlihe Lage sowie die Verkehréverhältnisse nicht so günstig sind, wie in dem großen Theil der westlichen Provinzen, allein ih möchte auch in der Beziehung darauf hinweisen, daß das, was in den westlihen Provinzen bisher an Tertiärbahnen unterster Ordnung gebaut ist, zum theil doch auch in Gegenden gebaut ist, die in ihrem Verkehr und in ihrem Handel und Wandel weniger entwicelt sind, als dies im Durchschnitt in jenen Provinzen der Fall ist. Eine Reihe von diesen Bahnen, ich erinnere z. B. an die Bröôöl- thalbahn, an die Bahnen im westfälischen Lenne-Gebiete, die mit ähn- lichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wie das im Osten der Fall ist, wozu noch die besonderen Schwierigkeiten kommen, daß die Bahnen hier in Gebirgsgegenden gebaut werden müssen, mit verhältnißmäßig hohen Kosten. Troßdem sind auch diese, nachdem sie die Kinderkrank- beiten überwunden haben, doch in leidlih befriedigende Lage gekommen. Und diese Bahnen haben sich durchringen müssen unter den harten Bedingungen, die das Geseß vom 3. November 1838 ihnen auferlegt hat. Um fo mehr ift es zu erwarten, daß unter den Bedingungen des Geseßentwurfs, der Ihnen vorgelegt werden wird, die Kinderkrank- beiten, wenn sie überhaupt vorkommen, viel rascher {winden werden. Ich hoffe daher, daß troß der Ausführungen des Herrn Grafen von Mirbah und des Fürsten zu Putbus sih schr bald nah Ver- abschiedung dieses Gesetzentwurfs auch in den östlihen Provinzen Private oder Corporationen finden werden, die es wagen, Tertiär- bahnen zu bauen und zu betreiben. Meinerseits kann ih nur ver- sichern, daß, so viel an mir liegt, ih bemüht sein werde, die Schwierig- feiten aus dem Wege zu räumen, die sih thnen etwa entgegenstellen.

Ober-Bürgermeister Becker: Der vorliegende Geseßentwurf be- rüsichtige sowohl die Interessen des Landes als der Städte, von einem Gegensaß zwishen Stadt und Land, oder zwischen Ost und Westen. sei niht im geringsten die Rede. Er danke der Regterung, daß sie diesen Gesetzentwurf eingebraht habe. Wenn dieser Gesetz- entwurf nicht zu stande komme, würden deswegen doch niht mehr Secundärbahnen gebaut werden. So lange die Regierung sih in ungünstiger Finanzlage befinde, werde sie sich immer etwas zurück- haltender mit dem Bau von Bahnen verhalten. Je mehr Secundär- und Tertiärbahnen aber durch Communalverbände u. f. w. ent- ständen, desto mehr behalte der Staat freie Hand, auf dem Secundärbahywesen seine Mittel zur Anwendung zu bringen. Er sei mit dem Fürsten Putbus der Ansicht, daß der A den vollen Segen nur gewähren könne, wenn er nicht bureaukratis, gehandhabt werde. Er wünsche, daß in unserem Staatseisenbahn-

wesen diese kühle burecaukratishe Richtung etwas mehr erseßt werde durch eine sih für die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Ge-

meinden lebhafter interessirende. Er würde es beklagen, wenn der Staat den Bau von Secundärbahnen ganz für sich in Anfpruch nehmen wolle; er möge ja die Linien bauen, welche er wolle; aber wenn er nur die gute Absicht habe und fie niht ausführe, dann solle er wenigstens den Communen und dem Privatkapital die Freiheit lassen, es ihrerseits zu thun. Gebe der Staat diese reiheit nit, so werde das eine nicht gute Beschränkung der ntwickelung unseres Secundärbahnwesens bedeuten. Einen bureau- kratishen Zug sehe er auch im § 2 des Geseßentwurfs, nah welchem der Regierungs-Präsident die Concession zum Bau von Bahnen auf Kunststraßen ertheilen solle. Es fehle jeder Grund, warum dies nicht dem Landrath übertragen werden könne, wenn nur Chausseen eines Kreises in Betracht kämen. Wenn das Gesetz rationell ange- wendet werde, würden alle Gemeinden die Bahnen bekommen, welche sie wünschten, au werde der Betrieb billiger werden. Er bedaure, daß es nit gelungen sei, den Begriff genau klar zu stellen, was eine Bahn untergeordneter Bedeutung fi Er selbst habe zwar auch fein Kriterium dafür finden können. - Er könne nur wünschen, daß alle Bedenken gegen den Geseßentwurf gehoben werden möchten, und daß es gelingen möge, den Geseßentwurf möglich#t bald zu verabschieden. :

Finanz-Minister Dr. Miquel: --

Meine Herren! Ih möchte an den lezten Punkt noch einmal wieder anknüpfen, um au meiner #3 meine Ueberzeugung dahin aus- zusprechen, daß dieses ganze Geseß ein todter Buchstabe bleiben würde, wenn der Inhalt desselben so abschreckend und riskant für Communen, Kreise, Provinzen, einzelne Gemeinden und Unternehmer würde, daß sie Bedenken tragen, fo viel Kapital in die Sache hineinzustecken, welches sie ja nicht wieder flüssig machen können. Dazu ist nah meiner Meinung erforderli, daß man die Garantien giebt, daß die ertheilte Concession nicht unter Bedingungen wieder zurückgezogen werden kann, welche dem Concessionar zwar das Risiko des Unternehmens giebt, ihn aber in die Gefahr bringt, wenn das Geschäft gut geht, seinen Vor- theil zu verlieren. Unter solchen Umständen würden weder Communen noch einzelne auf derartige Unternehmen sih einlassen. JIch habe beobachtet aus meiner eigenen Praris und bekenne mich sogar perfönlih schuldig, in dieser Beziehung selbst verkehrte Dinge gemacht zu haben, daß gerade die Communen geneigt sind, die Bedingungen so zu stellen, in ihrem eigenen Vortheile, daß sie dem Unternehmer zwar gütig genug sind, zu gestatten, sein Kapital in die Sache hinein- zustecken, aber jederzeit die Hand darauf halten, um die Sache wieder an sich zu bringen, wenn das Geschäft eine gute Rente bringt. Jch glaube, wenn Sie sih die Vorlage genau ansehen, so werden Sie finden, daß die Königlihe Staatsregierung auf das sorgsamste sich bemüht hat, diese Gefahr zu vermindern. Nur einen Punkt haben wir ausgenommen, aber auch mit solhen Cautelen umgeben, daß er abschreckend niht wirken kann. Wir haben der Staatsregierung das Recht nicht beigelegt, die Rückgabe der Concession und die Uebertragung des Unternehmens an das Staatseigenthum aus dem Grunde zu fordern, wie das der Herr Minister der öffentlihen Arbeiten {hon Deo Dal, U cene guie Mente bringt. Wix f gönnen dem Unternehmer, der das Risiko hat, auch die Vortheile, die es ihm bringt; und wenn er eine gute Rente er- reiht, während die Staatsregierung ja auf den Tarif einen Einfluß behält, so ift das ein Beweis, daß hier einem wirth\chaftlihen Be- dürfnisse Befriedigung gewährt ist. Wenn die Staatsregierung von diesem Rechte der Nücknahme Gebrauch macht, so muß das allein auf die Voraussetzung gestüßt sein, daß die allgemeine Entwickelung der Verhältnisse ein dringendes Bedürfniß herbeigeführt hat, diese Bahn- \trecke in das allgemeine Verkehrsneß hineinzuziehen. Nur unter dieser Vorausseßung kann der Staat die Zurücknahme fordern und dann unter voller Entschädigung. Ich erkläre ausdrücklich, - daß ih unter voller Entschädigung verstehe niht bloß die Taration der Materialien und Baukosten, sondern die Entschädigung des vollen Werthes des Unternehmens. (Hört, hört!) Das ist ein sehr bedeutender Unterschied. Van fol ndf anem Mann, der vielleicht zehn Jahre lang mit einem Deficit ge- wirtschaftet, aber mit großen Opfern es dahin gebracht hat, die Bahn zu einer rentablen zu machen, einfa sagen: Jeßt wo die Bahn ren- tabel ist, wollen wir die Bahn übernehmen, und wir geben dir nur den Werth, der an Kapital und Material in der Bahn \teckt; nein, wir wollen den vollen Werth als Entschädigung geben. Jch glaube also, in dieser Beziehung ist man doch sehr vorsichtig gewesen. Auch nah anderer Richtung hin hat die Königliche Staatsregierung zu erreichen gesucht, daß der Unternehmer nicht zu sehr belastet wird, namentlih auch gegenüber der Neichspost, aber auch gegenüber den Communen und gegenüber den Eigenthümern der Wegzüge. Es soll auch in dieser Beziehung die Entschädigung in höherer Instanz bei Streit- fällen festgestellt werden, während bisher die Behörden annahmen, daß ein Wegeigenthümer beliebige Forderungen stellen könnte. Er war berechtigt, die Herstellung eines Bahnzuges auf seinem Wege überhaupt zu untersagen, folglich fonnte er auch die Entschädigung beliebig hoh bemessen. Jch weiß aus Erfahrung, daß die Communen vielfah so weit gegangen sind, daß die Unternehmer sich deshalb von dieser Sache zurückzogen und sagten: unter diesen Umständen können wir das Unternehmen nicht wagen. Nun is Ihre Commission, wie Herr Oberbürgermeister Becker schon erwähnt hat, in diesem Punkte noch einen Schritt weiter gegangen und hat den Unternehmern auh in dem Falle, . wenn die Concession verfällt, eine Entschädigung zubilligen wollen. Das ift eine Frage, die auch von den Communen verschieden gehandhabt wurde. Denn wir haben bereits eine große Anzahl von Tertiärbahnen, beispiels- weise in Frankfurt a. M. sind nah mehreren Seiten hin verschiedene \o- genannte Vorortsbahnen, die von den Straßen der inneren Stadt ausgehen, mit Dampf betrieben werden, und in die Vororte laufen und un- gemein fegensreich wirken, weil sie ermöglihen, daß die großen Ar- beitermassen draußen billig wohnen können und sih nicht alles in der Stadt concentrirt und in die Stadt hineindrängt. Da find, wie gesagt, die Communen nah meiner Meinung hier und da zu weit gegangen, aber es ist auch sehr verschiedenartig gehandhabt. In fehr vielen Concessionen ist einfah gesagt worden: wenn der Unternehmer seine Pflicht nicht erfüllt, verliert er seine Concession und das ganze Unternehmen fällt unentgeltlih an die Stadt zurück, oder: wenn eine auf Zeit gegebene Concession abläuft, so fällt das ganze Unternehmen nach Ablauf der Zeit unentgeltlich an die Commune. Ich glaube, daß es sehr hwer sein würde, in dieser Beziehung allgemeine Vorschriften zu geben; das wird von der Art der Concession und den sonstigen wirth- schaftlichen Verhältnissen abhängen. Beispielsweise ist bei einer Con- cession, die auf 50 Jahre gegeben ist, der Unternehmer vollständig in der Lage, wenn er annehmen kann, daß das Unternehmen überhaupt prosperirt, sein ganzes Kapital zu amortisiren, und da wird er in der Regel wenig Widerstand leisten, wenn ihm gesagt wird: nah Ablauf

der 50 Jahre fällt das ganze Unternehmen unentgeltlich der Gemeinde

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