1892 / 127 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 May 1892 18:00:01 GMT) scan diff

erleichtern werde. Die Aiveriobans Gaardens sei aber nothwendig im Interesse des Reichs und des Staats. Das geplante Eifenbahn- project stôre bestehende Verbindungen. Redner bittet, auf die Wünsche der Stadtverwaltung Nückfuht zu dime 1 namentli hinsichtlich E Aufrechterhaltung eines Ueberg Verkebr von

Gaarden n und Fer Decsieiluns Seite Veberführung außerhalb A

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Die Bitte, welche der Herr Vorredner ausge- sprochen hat und die dahin geht, ih möchte meinerseits die Eisenbahn- verwaltung ermächtigen, bei Ausführung des Umbaus des Bahnhofs Kiel fih in fortlaufender Verbindung mit der städtishen Vertretung ¿u halten, ift an und für sih so gerechtfertigt, daß ih durchaus feine Bedenken trage, ihr meine Zusage zu ertheilen. Ich halte es auch im Interesse der Staatseisenbahn-Verwaltung für durchaus erwüns{ht und sogar nothwendig, daß diese fortlaufende Verbindung mit den städtishen Behörden während der Bauausführung statt- findet. Wenn ich mich im anderen Hause gegen die von dem Abg. Seelig eingebrachte Resolution ausgesprochen babe, so ist das weniger, wie ih damals auch betonte, wegen ihres Wortlauts geschehen, der ja an und für sich ganz unbedenklich ift, als wegen der Begründung, die der Abg. Seelig dieser Resolution gegeben hat, da man na dieser Begründung annehmen mußte, daß er auf dem Umwege der Resolution das Hochbahnproject wieder ins Leben rufen wollte. Aus diesem Grunde batte ih gebeten, die Reso- [lution abzulehnen. Daß aber die Staatseisenbahn-Verwaltung, soweit es innerhalb des Rahmens der ibr gegebenen Mittel möglich ist, auf die Verkehrsinteressen der Stadt Kiel thunlichst Rücksicht nebmen wird, das, meine Herren, nehme ih durchaus keinen Anstand hier zu erflären.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Wenn die Deputation, von der der Herr Ober- Bürgermeister von Kiel gesprochen bat, \ih darauf berufen hat, als wenn ih wohl geneigt g-wesen wäre, zwei Millionen mehr zu be- willigen, als mein Herr College, der Herr Minister für öffentliche Arbeiten, für angezeigt hält, so fann das doch nur ein schwerer Irrthum sein. Jh kann allerdings nit leugnen, daß, wenn eine Deputation angesehener Bürger einer so aufftrebenden und vorwärts drängenden Stadt wie Kiel mit ausführlichß motivirtem Plan unter Vorlegung von Karten mir ihre Wünsche vorträgt, ih mich schuldig gemaht habe, die Herren um so freundliher und eingehender anzuhören, je zweifelhafter ih war, ob ih ihre Wünsche befriedigen könnte. (Heiterkeit) Ich kann mich nit mebr genau erinnern, ih glaube mi aber zu entsinnen, daß ih den Herren gesagt habe: wenn das Hochbauproject zwei Millionen mebr kostet, und wenn diese zwei Millionen wesentlich im localen Interesse von Kiel, ohne daß allgemeine Interessen der Staatsbahnverwaltung in Betracht kämen, aufzuwenden seien, doch auch von ibnen in Er- wägung gezogen werden müsse, was denn die Stadt Kiel dazu leisten wolle, und daß, wenn in dieser Beziehung eine Geneigtheit vorhanden sei, es gerechtfertigt sein werde, dem Minister für die öffentlichen Arbeiten davon Kenntniß zu geben, damit bei der Auswahl des Projectes dies mit in Erwägung genommen werden kann. Ih habe die Gelegen- heit benußt, das Wort zu ergreifen, weil ich überhaupt meine, daß, wenn bei den Secundärbahnen die Kreise den Grund und Boden un- entgeltlih bergeben müssen, doch auch bei den großen Bahnhofsbauten in den Städten Fälle vorkommen können, wo wesentlih locale Inter- effsen auf die Beschaffenheit und die Art der Ausführung des Planes ein- wirken, wo feine allgemeinen Verkehrsinteressen, sondern nur locale Interessen der betreffenden Localitäten in Frage steben. Wenn die Communen aus Gründen, die in ibrer localen Entwickelung liegen, eine Veränderung des Planes oder bestimmte Bauausführung wünschen und dadurch Kosten entstehen, so muß die Frage erwogen werden, in welher Weise die Communen mitcontribuiren für die Mehrkosten. J glaube, daß auh neuer- dings shon diese Frage bei vershiedenen Gelegenheiten in Anregung gebracht ist, und bitte deshalb, daß man sich nicht allzusehr darüber wundert, wenn bei der gegenwärtigen Finanzlage des Staats vielleicht in einzelnen Fällen diefer Frage noch \ch{ärfer nachgegangen wird.

Die Vorlage wird darauf unverändert genehmigt; die Resolution gelangt mit großer Mehrheit zur Annahme.

Es folgt die Berathung des Geseßentwurfs über die Ab- änderung einzelner Bestimmungen des allge- meinen Berggeseßes vom 24. Juni 1865. Die Ge- werbecommission beantragt die unveränderte Annahme der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses und schlägt außerdem im Gegensaß zum Abgeordnetenhause folgende Reso- lution vor:

„Die Staatsregierung zu erfuchen, den auf Abänderung wesent- licher geseßliher Bestimmungen über die Knappfschaftsvereine ge- Ti tete leltrebungen ihre Unterstützung zu versagen.“ Z

Der Berichterstatter Freiherr von Stumm-Halberg weist darauf hin, g es das wesentlihste Verdienst des Handels-Ministers lel, daß die Vorlage im anderen Hause eine folche Gestalt erhalten babe, daß die Commission dem Hause die Enbloc-Annahme emvfeblen könne. Die Anträge, die im anderen Hause abgelehnt seien, gingen zum Theil über die Gewerbeordnung hinaus, ja ständen in directem Widerspruch damit.

Minister für Handel Berlepsch:

Meine Herren! Die leßte Anführung des Herrn Referenten, daß ih mich in der Commission mit der Annabme der Vorlage en bloc dur das Herrenhaus einverstanden erflärt babe, fann ich nur bestätigen. Jh bin der Anschauung, daß die Abänderung, die die Regierungvorlage im Abgeordnetenhause erfahren hat, nicht als wesentlih anzusehen is, und ih {ließe mih auch in dieser Be- ziebung den Ausführungen des Herrn Referenten an. Er bat die verschiedenen Paragraphen erwähnt, wo Abänderungen stattgefunden haben. Für mi sind davon nur zwei von Wichtigkeit, die §8 804d und 80K.

In § 80d war eine Bestimmung getroffen worden, - daß, wenn Strafgelder der Arbeiter in Unterstützungékassen fließen, ihnen eine Mitwirkung an der Verwaltung dieser Kassen gewährt werden solle. Œs if das eine Abweichung von den Bestimmungen der Gewerbe- ordnung, die ihren Grund in den Erfahrungen hat, die seiner Zeit die Untersuhungscommission über die Ursachen des Strikes im Jahre 1889 in einer Denkschrift niedergelegt hat. Nach dieser Denkschrift ergab sich aus den Untersuhungen der Commission, daß bei den Arbeitern, denen eine Mitwirkung an der Verwaltung der Kasse, in die ihre Strafgelder flossen, niht gewährt war, Tebhaftes Mißtrauen über die Verwendung der Intraden dieser Kassen bestand. Die geseßliche Bestimmung der Vorlage war keineswegs

und Gewerbe Freiherr von

dictirt von einem Mißtrauen gegen die Bergwerksbesigzer,. die diese Kassen verwalten. Jh bin fogar der Ueberzeugung, daß wahrsheinlih an vielen Stellen die Verwaltung der Kassen eine minder gute und praftishe sein wird, wenn den Arbeitern eine Mitwirkung gegeben wird. Trotzdem aber erschien es rihtiger, auch diesen Nachtheil in Kauf zu nehmen gegen den Vortheil, jeden Grund zu Mißtrauen gegen die Kafsenverwaltung den Arbeitern zu nehmen. Das Abgeord- netenhaus hat diese Bestimmung niht gut geheißen und sie ge- strihen, und ih habe in den Verhandlungen des Hauses erklärt, daß ih den Einwand, daß zwischen dem Bergbau und den übrigen Industrien in dieser Beziehung, in Bezug auf die Verwaltung dieser Unterstüßungskassen ein wesentliher Unterschied niht vorliege, als zutreffend anerkennen müsse, und gegen das Streichen dieser Be- stimmung, so sehr ih sie auch für nüßlih halte, eine Einwendung niht erheben wolle, weil ih mich mit der Commission des Abge- ordnetenbaufes auf den Standpunkt geeinigt hatte, daß wir von den Bestimmungen der Gewerbeordnung- nur in dem Falle ab- gehen wollten, wo die besonderen Verhältnisse des Bergbaues das erforderli erscheinen ließen.

Was den § 80k der Regierungsvorlage anlangt, so war hier eine Bestimmung getroffen, die Vorsorge treffen follte für die Unklar- heiten, die in der vershiedenen Beschaffenheit und Größe der Förder- wagen, nah denen das Gedinge berechnet wird, liegt und liegen kann. Es wurden ausführlichere Anordnungen vorgeschlagen fowohl für den Fall, daß das Gedinge nah dem Rauminhalt der Förder- wagen, wie auch für den Fall, daß das Gedinge nah dem Gewicht berehnet wird. Das Abgeordnetenhaus hat geglaubt, daß hierdurch den Bergwerksbetrieben zu erhebliche Shwierig- keiten und Opfer auferlegt werden würden und daß die Bestimmung ein Hinderniß für die Einführung eines neuen Wagensvstems für die Förderung werden fönne. Bei solchen Syftemänderungen würden zunächst einzelne veränderte Wagen versuch3weise eingestellt, und wenn diese sih bewährt hätten, ginge man zu einer allgemeinen Aenderung der Förderwagen über. Das würde in Zukunft verboten sein und den Werken so erheblihe Geldovfer auferlegt. Diese Bedenken habe ih nit für zutreffend erachten fönnen. Es war in dem § 80 c Nr. 3 des Gesezentwurfs eine Ausnabmebefugniß für das Ober-Bergamt in solchen Fällen, wie fie bier dargelegt sind, ge- geben. Jh würde au bereit gewesen sein, diese Ausnahmebefugniß noch klarer zu stellen, um die finanziellen Besorgnisse, die an diesen Paragraphen geknüpft wurden, zu zerstreuen. Die Majorität des Abgeordnetenhauses bat es troßdem, wie gesagt, nicht für gerathen gefunden, diese Bestimmung der Vorlage stehen zu lassen. Es hat an deren Stelle eine kürzere geseßt, nah der auf den betreffenden Förderwagen der Rauminhalt oder das Gewicht deutlih angegeben werden solle. Jch halte die Negierungsvorlage für besser, muß aber zugeben, daß der Beschluß des Abgeordnetenhauses eine Verbesserung des jeßigen Zustandes bewirkt. Mit dieser Bestim- mung wird ein Theil der Wünsche, die die Staatsregierung bei ihrer Vorlage batte, getroffen. Es sind theilweise wenigstens die Un- flarheiten beseitigt, die für den Bergmann darin liegen, daß er Fördergefäße verschiedener Größe füllt und nicht immer das Maß fennt, nah dem sein Lohn berechnet wird.

Das sind die beiden-Bestimmungen, die meines Erachtens als die wesentlichen Abänderungen der Regierungsvorlage anzusehen sind. Im übrigen trete ich den Ausführungen des Herrn Referenten bei, daß die anderen Abänderungen nihcht nur feine principiellen Abänderungen, sondern im Resultat überhaupt feine nennenswerthen Abänderungen der Regierungsvorlage enthalten. Das ift namentli bei Art. V der Fall, in welhem den Ober-Bergämtern die Befugniß zugesprochen werden follte, allgemeine Anordnungen für den Fall zu treffen, daß durch die übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit die Arbeitskraft der Bergleute zu sehr ausgenußt würde. Es ist Jhnen, meineHerren, erinnerlich, daß in der Gewerbeordnung § 1204 eine ähnliche Bestimmung ent- halten ist, die dem Bundesrath die Befugniß giebt, für solhe Ge- werbe, in denen eine bedenflihe Ausdehnung der Arbeitszeit stattfindet, Vorschriften zu treffen, die Anfang, Ende und Dauer der Arbeitszeit und die Regelung der Pausen vorsehen. Das Abgeordnetenhaus hat Bedenken getragen, den Ober-Bergämtern diefe allgemeine Befugniß zuzugesteben und hat sie auf einzelne Fälle beshränft. Es hat gejagt, das Ober- Bergamt folle diese Befugniß haben nur für diejenigen Betriebe, in denen eine übermäßige Ausnußung stattfindet. Jh kin überzeugt, meine Herren, daß das in praxi ganz dasselbe ist: jeden- falls bin ich völlig beruhigt darüber, daß der Zweck, den die Königlihe Staatsregierung hatte, ein Ventil dafür zu haben, daß niht in einzelnen ‘Fällen dur übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit die Arbeitskraft ausgenußt werden fönne, au in der Fassung der dritten Lesung des Abgeordnetenhauses erreicht werden tann. Der Herr Referent hat auch Artikel 7 des Gesfeßz- entwurfs erwähnt, der vom Abgeordnetenhaufe gestrichen ift. Jch kann auch hier nur bestätigen, daß das deshalb geschehen ist, weil das Haus der Ueberzeugung war, daß in dem bestehenden Berggeseß die ver- langte executive Befugniß für die Bergpolizeibeamten bereits enthalten sei. In den Kreisen der Bergpolizei-Behörden herrshten Zweifel über die Tragweite der jeßt bestehenden Bestimmungen. Es war des- halb der Antrag gestellt, daß eine ausdrüdcklihe Bestimmung in die Novelle zum Berggeseß aufgenommen werde. Nachdem aber das Abgeordnetenhaus der Auffassung Ausdruck gegeben hat, daß die verlangten erecutiven Befugnisse bereits gegeben seien, hat auch die Regierung keine Bedenken mehr gehabt, diese Bestimmung ihrer Vorlage fallen zu lassen. Jm großen und ganzen fann ih nur wiederholen: Dasjenige, was die Regierungsvorlage gewollt hat, ist in der Fafsung der dritten Lesung des Abgeordneten- hauses im wesentlihen erreiht, und ih würde deshalb dem boben Hause dankbar sein, wenn es dem Antrage des Referenten gemäß das Gesez in der Fassung annähme, wie es an das Herrenhaus gelangt ift. Jh gestatte mir -nur noch mit wenigen Worten auf eine der Petitionen einzugehen, die an - das Herrenhaus gelangt sind: auf die Petition des Vorstandes des obershlesishen Berg- und Hüttenmännischen Vereins, auf dessen Stimme ich so viel zu geben geneigt bin, als es mir in meiner Stel- lung überhaupt gestattet ist. Dieser Verein zeichnet sih nach meiner Auffassung nah jeder Richtung, namentli auch in Bezug auf seine Fürforge für die Berg- und Hüttenarbeiter aus und ist unausgeseßzt bemüht, in Commifsionen, die er besonders zu diesem Zweck eingeseßt hat, Fragen der Arbeiterverbältnifse zu erörtern und zu regeln, und fo würde ib ganz gewiß, wenn ih fände, daß er mit seiner Petition Recht bâtte, seinen Anträgen und Wünfchen mih anschließen. Jch glaube

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aber, daß in der That die Petition auf einem wesentlichen Mig, verständniß beruht. Mir s{eint, als ob die Herren übersehen bätten, daß in dem § 80c feine Verpflichtung ausgesprochen ist. Es ift hier nur dem Arbeiter eine Berechtigung zugewiesen und gefagt worden - für den Fall, daß bis zu einem bestimmten Termin ein neues Gedinge nit abges{lofsen wird, hat der Arbeiter, der vor demselben Ort weiter beschäftigt ist, zu verlangen, daß ibm dasselbe Gedinge fortbezah[t wird bis zu dem Augenblick, wo das neue Gedinge abgeshlofsen ist. Diese Be- stimmung hat ihre Ursache darin, daß es auf größeren Bergwerken nit nur häufig, sondern fast regelmäßig vorkommt, daß ein Gedinge erst einige Zeit nah Ablauf des Monats, auf welchen gewöhnlih das Gedinge gestellt ift, neu abgeschlofsen wird. Wenn ein Geéedinge, sagen wir am ersten eines Monats abläuft, so ist der Abschluß eines neuen Gedinges mit der ganzen Belegschaft in der Regel ers im Verlauf oder nah den folgenden vierzehn Tagen zu Ende geführt, und das hat seine natürliche Ursahe in der großen Menge der zerstreut liegenden Arbeitspunkte, an denen das Gedinge von dem Betriebsführer oder seinem Beauftragten mit einer Kameradschaft abgeshlossen wird. Für diese gedingelose Zwischenzeit, für den Fall, daß ein Gedinge nit mit Ablauf des alten Gedinges neu vereinbart ift, sollen die Arbeiter berehtigt sein, zu fordern, daß das alte Gedinge bis zu dem Moment fortgeführt wird, wo ein neues Gedinge abges{lofsen ist. Nun fagen die Herren, diese Bestimmung könnte dahin führen, „daß sie für den Arbeiter das Mittel sei, einer in der Natur der Verhält- nisse begründeten, an si nothwendigen Herabseßung des Gedinges zu widerstreben“. Jch habe das zunächst nicht- ret verstanden; naher bin ih zu der Ansicht gekommen, daß gemeint ist, der Arbeiter könne sih durch künstlihes Hinziehen der vertragslosen Zeit ein günstiges Gedinge länger erhalten, als das sonst mögli sei. Ich meine aber, in folhen Fällen stehen dem Arbeitgeber so viel Wege zu Gebote, dies zu verhindern, daß wirklich die Bestimmung keine Be- denken haben fann. Das einfahste und s{nellste Mittel ist, daß er mit demjenigen Arbeiter, von dem er vermuthet, daß er ein fsolhes Manöver ausüben könnte ,. sofort und zuerst ein neues Gedinge nah Ablauf des alten schließt. Dann tritt die Vorausseßung dieser ganzen Bestimmung überhaupt gar- nicht ein.

Zweitens, sagt die Petition, kann sie für einen Arbeitgeber bezw. dessen Beamte ein Mittel sein, - einen Arbeiter zur Fortseßung der Arbeit zu zwingen auf Grund eines in Anbetracht der ungünstiger gewordenen Arbeitsbedingungen zu niedrigen Gedinges“. Die Nr. 2 ist meines Erachtens völlig unrichtig : denn es beißt in dem Para- graphen immer nur, daß der Arbeiter berechtigt ist, das zu verlangen. Wie kann denn diese Berehtigung des Arbeiters ein Mittel für den Arbeitgeber werden, den Arbeiter zur Fortseßung eines ungünstigen Gedinges zu zwingen? Das scheint mir doh außerhalb jeder Mög- lihkeit zu liegen, und wie gesagt, ih kann nur annehmen, das hier ein Jrrthum vorliegt.

Meine Herren, wenn man fo Nr. 1 und 2 nicht für berechtigt balten kann, fo fällt, was ja auch an und für sih der Fall ist, wie der Herr Referent meines Erachtens zutreffend ausgeführt hat, Nr. 3 vollständig, daß nämlich die hier vorliegende Bestimmung die Quelle nie versiegender unendliher Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeiter werden könnte. Jch glaube also, auch diese Petition wird das bohe Haus niht bestimmen fönnen, eine Abänderung der Vorlage, wie sie Ihnen zugegangen ift, vorzunehmen, und ih fann mich nur dem Wunsh und der Bitte des Herrn Referenten anschließen, das Geseg zu verabschieden. Der Regierung muß außer- ordentlich viel daran liegen, sobald wie mögli in die Lage zu kommen, die Bestimmungen der Gewerbeordnung auh für den Bergbau in Anwendung zu bringen. Eigentlich wäre es wünschenswerth und nöthig gewesen, ein folhes Geseg bald nah den Ausftänden vom Jahre 1889 zu stande zu bringen. Daß es bisher ñiht eingebraht wurde, liegt daran, daß dem Reichstag ein Gesetz vorgelegt war, welches Arbeitershuß und Arbeiterreckt in der Industrie allgemein regeln sollte. Es war niht angängig, ein preußishes Geseß zu verabshieden, von dem man annehmen mußte, daß es alsbald dur die Bestimmungen des Reichsgeseßes eine Aende- rung erleiden würde. Nachdem aber das Reichsgeseß mit dem 1. Funi Geseßeskraft erlangt hat, hat die Regierung niht gezögert, in der folgenden, der jeßzigen Session, dem Landtag die Novelle zum Berg- geseß vorzulegen, die den Bergarbeitern dieselben Vortheile bringen soll, wie fie den anderen industriellen Arbeitern durh die Reichs- gewerbeordnung bereits gewährt worden find. (Bravo!)

Die Vorlage wird darauf en bloc angenommen: die ein- gegangenen Tas werden für erledigt erklärt.

Der Berichterstatter Freiherr v on Stumm-Halberg führt dann aus, daß die vom Abgeordnetenhause beshlofsene Resolution eine so shwere Schädigung des Bergbaus und der Knappschaften enthalte, daß die Annahme der von der Commission vorgeschlagenen Gegenresolution beinabe wichtiger sei, als die Annahme des Gesezes. Die Aus- führung der Resolution des Abgeordnetenhauses werde das ganze Knappschaftswesen zerstören. Redner geht die einzelnen Punkte der vom anderen Hause beschlofsenen Refolution durch und wendet sich namentlih gegen die Einführung des geheimen Stimmrechts, gegen die Nichtwählbarkeit der Bergwerksbeamten in die Vorstände 2c., gegen die Einführung der Schiedsgerichte 2c.

Ober-Bürgermeister Becker: Die Resolution sei- zu allgemein gehalten, es [liege eigentlih fein Bedürfniß vor, sie anzunehmen, zu- mal im anderen Hause die Annahme der Refolution, gegen die sich die Commission wende, nur mit so geringer Mehrheit ange- nommen worden sei, daß der Minister ihr nit folgen werde. Es liege kein Bedürfniß vor, jede Aenderung der Gesetzgebung zu hintertreiben.

Freiherr von Stumm-Halb erg: Die Ablehnung der Refo- [lution werde nur eine Bestätigung der Resolution des Ab eobaeleir- baufes bedeuten; deshalb müsse sie angenommen werden, wie die E sie einstimmig angenommen habe; sonst werde eine große Beunrubigung in das Knappschaftswesen getragen werden.

Ober-Bürgermeister Shmieding- Er hätte das Unterbleiben

E Debatte gewünscht, um endlich auf diesem Gebiete Nuhe herbei- zuführen. 1 von der Schulenburg: Wenn nah den stattgehabten Verhandlungen die Resolution abgelehnt werde, so werde das Gegen- theil dessen erreiht werden, was die Commission beabsichtige. Bei der schwachen Beseßung des Hauses empfehle er die Vertagung der weiteren Berathung.

Um 5 Uhr wird die Sigzung vertagt.

Haus der Abgeordneten. 71. Sigung vom Montag, 30. Mai. Der Sigung wohnen der Minister des Jnnern Herrfurth und der Kriegs-Minister, General-Lieutenant von Kalten- born-Stachau bei. ;

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ohne,

ves s-Etat, über die Bereitstellung einer E a Bo A ux n

ersten 6 ng einer - Wasserleitung für den westlihen Theil des ober-

ishen Jndustriegebiets wird in dritter Lesung shlefi[s unverändert bewilligt, S

Darauf tritt aus in die zweite Berathung ie Mde die D efeduaa Ler Subaltern- und Unterbeamtenstellen in der Verwaltung der Com- munalverbände mit Militäranwärtern ein. :

Nach § 1 der Commisfionsbeshlüsse soll das Geseg auf die Verwaltung der Communalverbände auss\chließli der Landgemeinden und ländlihen Communalbezirke mit weniger als 3000 See!en Anwendung finden; dur Königliche Verordnung foll aber die Verpflichtung der Com- munalverbände bezüglich der Kriegsinvaliden auf die eben genannten Landgemeinden und ländlihen Communal- ‘bezirke SRIRE werden können. e

Abg. Eberty beantragt, beide von der Commission an der Vorlage vorgenommenen Cs. den Ausschluß ‘der Gemeinden und Bezirke unter 3000 Seelen und die Vor- schrift bezüglih der Kriegsinvaliden, wieder zu streichen.

. von Tz\hoppe will statt 3000 segen 2000 und

statt ländlihe Communalbezirke segen: ländliche Communal- erbände. d Abg. Barth (freiconf.): Er habe große Bedenken dagegen, daß man die s{lecht besoldeten Stellen in kleineren Gemeinden den Kriegsinvaliden vorbehbalte, die im allgemeinen nicht so [eistungsfähig seinen, wie die Militäranwärter. Dennoch werde er für die bezüglichen Bestimmungen stimmen, weil es sih darum handele, das Loos der Aiegtinualden zu verbessern. So lange die Regierung nichts Besseres vor

ringe, müsse man es hierbei bewenden laffen und er bitte das“

8 z D T E (freiconf.): Wenn man die Anstellungs- .aussihten für ehemalige Unteroffiziere verbeffern wolle, so könne es si von vornherein nur um solche Stellen handeln, die eine ausfömm- lihe Existenz gewährten. Aus diesem Grunde hätten seine poli- tishen Freunde a priori geglaubt, den Antrag stellen zu müfsen, die leinen Landgemeinden auszunehmen. Wo hier jedo die Grenze zwischen „lein“ und „groß“ sei, könne sehr zweifelhaft sein. Die Commission ‘habe die Grenze bei 3000 Einwohnern festgeseßt, das sei aber zu hoch gegriffen. Dann würden nur 795 Landgemeinden unter das Gesetz fallen, auf 36 357 aber werde es feine Anwendung finden. Aus diesem Grunde halte er eine Herabsezung der Grenze auf 2000 Einwohner für gerechtfertigt. Dem Antrag Eberty könne er nicht zustimmen, der Effect der Annahme dieses Antrages werde sein, daß alle ‘Landgemeinden bis zur kleinsten herab unter das Geseß fielen. Die Bedenken des Vorredners bezüglich der Qualification der Kriegs- inbaliden könne er nit theilen. Hier handele es si in erster Linie ‘um eine patriotishe, nationale Pflicht, von einem Gegensaß zwischen den Interessen der Gemeinden und der Militairverwaltung könne niht die Rede sein. Im JInteresse der Kriegsinvaliden müsse die ‘Ausdehnung diefes Gesetzes auf die kleinen Landgemeinden" zu- gelassen werden.

Minister des Jnnern Herrfurth:

I kann meinerseits den Ausführungen nur vollständig bei- treten, welche der erste der Herren Vorredner gegen die Beschlüffe der ‘ersten Lesung der Commission, namentlich gegen den Versuch, ‘die Stellen, welhe Militäranwärtern vorbehalten werden sollen, auf die etatsmäßigen Stellen zu beschränken, gerihtet hat, und ebenso den Ausführungen des zweiten Herrn Vorredners, foweit er \sich gegen die Festseßung der Zahlen-G renze wendet, welche in den Beshlüfsen der Commission ‘enthalten ist. Auch will ih anerkennen, daß das Amendement, welches der zweite Herr Vorredner mit seinen politishen Freunden gestellt ‘hat, einigermaßen geeignet ist, die Bedenken zu nîtldern, welche die Staatsregierung gegen die Beschlüsse Ihrer Commission zu erheben si genöthigt sieht. Immerhin muß ih aber hervorheben, daß es der dringende Wunsch der Königlichen Staatsregierung f, daß durch die Annahme des Amendements des Herrn Abg. Eberty die Regierungs- vorlage in ihrem wesentlihen Theile wiederhergestellt wetde. (Hört! bört!)

Meine Herren, die Beschlüsse Ihrer Commission sind meines ‘Erachtens geeignet, die Erfüllung der Zweck, welche dieser ‘Geseßentwurf verfolgt, wesentlich zu gefährden. Der Zweck des Gesetzentwurfs is in den Motiven und in dem Commissionsberiht ausdrücklich dahin präcisirt, es sei die Absicht, den Militäranwärtern im späteren Leben eine ausfömmliche Eristenz zu verschaffen, dadurch der Armee einen ausreidenden Bestand an guten

Unteroffizieren zu sihern und somit für die Weh rhaftigkeit und Sitherheit des Reichs Sorge zu tragen. Diese Worte sind vollständig zutreffend. Aber ih glaube, Sie werden auch die Conse- quenz daraus zichèn und auch anerkennen müssen, daß, wenn es sih darum handelt, für die Wehrhaftigkeit und Sicherheit des Reichs Sorge zu tragen, dann nit bloß das Reich und der Staat, sondern alle öffentlihen Corporationen, namentlich alle Communalverbände ohne Unterschied verpflichtet sind, « für diesen Zweck, wenn es darauf ankommt, ihrerseits Opfer zu bringen, E gleihmäßig sih einer derartigen Verpflichtung zu unter- ziehen.

Wenn in dem Bericht zu Gunsten der Ausnahme von 99 9% der Landgemeinden denn darauf läuft der Beschluß der Commission binaus, da wir über 37 000 Landgemeinden und überhaupt nur 990 Landgemeinden mit mehr als 3000 Einwohnern haben —, wenn, fage i, bervorgehoben wird, es solle den Landgemeinden jeßt eine neue Lat auferlegt werden, so muß von dem Standpunkte, den die Slaatsregierung vertritt, betont werden: weil sie bisher einer Laft, welche alle Communalverbände gleihmäßig tragen müssen, Ls auf Grund der bestehenden geseßlihen Vorschriften haben entziehen

ournen, gerade deshalb ift es nothwendig, ihnen jeßt unbeschränkt diese Pflicht au mit aufzuerlegen. fen D as E Herren, es handelt sich hier auch wesentli mit um Inter- e Pes, T ländlichen Bezirke, welhe Sie von dem Geltungsbereih ¡h eseßes auênehmen wollen. Von - unserer Bevölkerung in A hi ‘/s der ländlichen, 2/5 der städtischen Bevölkerung an. di S i ifäranwärtern stellt fih das Verhältniß noch ungünstiger Den, etwa 4 aller Militäranwärter gehören den Nittavege en an, (hört ! hört!) nur 1/4 den Städten. (Hört! hört!) „bisdestoweniger geht die Absiht der Commissionsbeschlüfe dabi die Last der Vers _bfi er Commissio : chlüfse dahin, iitäramaZes orgung wesentlich der den Landgemeinden angehörigen geinetahee E aussließlich auf die Schultern der Stadt- Die ans ise und der Provinzen zu legen. (Hört! Hört !) wird, ift meines Erie bei den Landgemeinden mit 3000 Seelen gezogen sondern sie ift tens nicht nur nah der Höhe der Zahl unzutreffend, es au überhaupt, insoweit als man sie nah einer be-

ti : B à unten Hablengrenze der Einwohner nicht in zutreffender Weise zu

ormiren vermag ; denn das Vorhandensein derartiger Stellen richtet

sich ja nit oder nur zu geringem Theil nah der Zahl der Ein- wohner der Gemeinden, es rihtet sich in viel höherem Maße nah dem Stand und dem Umfang des Gemeindevermögens, nah den etwaigen besonderen Einrichtungen, die in den Gemeinden getroffen sind. Wir haben Fälle, wo in verhältnißmäßig wenig bevölferten Landgemeinden dadur , daß sie das Glück haben, Mineralquellen zu besißen, daß Einrichtungen für Bäder oder Luftkuren getroffen sind, sich die Möglichkeit der Anstellung von Beamten findet, die fo gut falarirt sind, daß man allerdings den dringenden Wunsch haben muß, derartige Stellen für Tsilitäranwärter vorzubehalten. Jedenfalls ist eine fo hoh gezogene Zahlengrenze immerhin überaus bedenflih, da gerade in denjenigen etwa 400 Gemeinden, welhe zwischen 2000 und 3000 Einwohner zählen , vorzugsweise solche Stellen vorhanden sind, welche für eine Versorgung von Militäranwärtern \ich als geeignet erweisen. Wenn man die Städte ohne jede Rüdcksicht auf ihre Seelenzahl bisher dieser Verpflihtung unterworfen hat, ungeachtet des Umstandes, daß von sämmtlichen 1263 Städten beinahe die Hälfte, nämli 608, weniger als 3000 Seelen hat, und man si damit ge- trôöftet hat, daß man sagt: wenn in den fkleinen Städten feine Stellen vorhanden sind, so findet das Geseg eben feine Anwendung so is das meines Erachtens auch ein ganz ausreihender Grund, um den Bestrebungen, die Landgemeinden überhaupt einer solchen Verpflichtung zu entziehen, entgegenzutreten. Da, wo derartige Stellen niht vorhanden sind, fann natürlich das Geses nah der bekannten exceptio Caesarea überhaupt nicht zur Anwendung kommen; sind aber derartige Stellen vorhanden, so muß es zur Anwendung kommen, auch wenn die Seelenzahl weniger als 2000 beträgt.

Meine Herren, die Staatsregierung is niht in der Lagè, die Beschlüsse Ihrer Commission zu § 1 in dem anderen Hause ver- treten zu fönnen. Sie erahtet, daß diese Beschlüsse das Recht und die Billigkeit, aber vor allen Dingen auh die Interessen der Heeresverwaltung gefährden. Die Staatsregierung glaubt niht, Beschlüssen zustimmen zu können, durch welche in mehr oder minderem Maße die Gefahr der Interessenverleßzung der Militär- verwaltung entstehen könnte. Sie erkennt an, daß diese Gefahr sehr wesentlchch gemildert wird durh das Amendement von Tzschoppe, und sie würde, wenn das Amendement des Abg. Eberty keine Annahme finden sollte, versuchen, ob sie im anderen Hause mit diesem Amendement des Abg. von Tzshoppe das Geseg zu stande bringen fann. Dagegen ift dieselbe ih wieder- hole es nicht in der Lage, die Beshlüsse Ihrer Kom- mission auch im anderen Hause vertreten zu können. Die Staatsregierung glaubt, mit Rücksicht auf den Zweck des Gefeges, principaliter an ihren dem Reht und der Billigkeit entsvrehenden Vorschlägen festhalten zu sollen, und ih kann deshalb in erster Linie nur die Annahme des Amendements Eberty beantragen.

Abg. Eberhard (cons.): Seine Partei trete troß s{hwerer Be- denken auf den Boden der Vorlage, müsse aber dabei beharren, daß die Commissionsbes{lüfse Annahme fänden, und sei niht in der Lage, für das Gefeß zu stimmen, wenn an den Commissionsbeschlüßen wesentliche Aenderungen erfolgen sollten. Eine Ausdehnung der Ver- sorgungspflicht der Militäranwärter guf Gemeinden unter 3000 Seelen werde diesen ohnehin schon belasteten Gemeinden nur unnüße Wei- terungen verursahen. Ueberdies seien in ‘Gemeinden unter 3000 Seelen nur ‘vershwindênd wenige, für die Militäranwärter be- E Stellen vorhanden, und diese Stellen wie Gemeinde-

oten und :Nachtwächter, würden in der Regel von folchen Leuten versehen, die die Gemeinde ohnehin zu erbalten habe. Die Mi- litäranwärter würden auf die Dauer doch nit mit so gering be- foldeten Stellen zufrieden sein, und ein Beamtenwehsel werde für die Gemeinden keineswegs von Vortheil sein. Es sei Ns, an Stadt und Land denselben Maßstab zu legen. Zweifellos würden durh dieses Geseg die Städte entlastet und die Landgemeinden belastet. Weshalb solle in dieser Richtung noch mehr in das Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden eingegriffen werden? Die von der Commission gezogene Grenze lehne fh an die Landgemeindeordnung an, und es lege auf der Hand, daß erst in Gemeinden, die einen eigenen Shulzen befolden könnten, s\ih be- gehrenswerthe Militäranwärterstellen finden würden. Einer Herab- minderung von 3000 auf 2000 könne seine Partei niht zustimmen. er grd möte er gerne Ausfunft darüber haben, wieviel von den jährli zur Verausgabung frlangenden Civilversorgungsscheinen auf Militärinvaliden und wieviel auf solche entfielen, die, obne Militär- invaliden zu fein, auf Grund einer zwölfjährigen Dienstzeit bei guter Führung einen Anspruch auf einen Civilversorgungs\chein erworben hätten. Man theile ihm mit, daß jährli 5000 Civil- verforgungssheine ausgegeben würden, von denen 3000 auf Militär- invaliden fielen. Schließlich möchte er seine Partei gegen den Vorwurf verwahren, als wolle sie mit ihrer Stellung zu diefem Ent- wurf den Interessen der Heeresverwaltung entgegentreten. Die con- servative Partei sei nah ihrer ganzen Vergangenheit über einen solchen Vorwurf erhaben.

Le General-Lieutenant von Kaltenborn- Stachau:

Auf die Anfrage des Herrn ‘Vorredners möchte ih zunächst er- widern, daß die Angaben von ihm in Bezug auf den Begriff der In- validen als .rihtig von der Heeresverwaltung anerkannt werden: ebenso ist das Verhältniß der Invaliden zu den nah zwölfjähriger Dienstzeit zu versorgenden Anwärtern als richtig angegeben.

Wenn ich dagegen gefragt werde, ob eine Schädigung der In- teressen des Heeres darin liegt, wenn der Commissionsantrag, d. h. die Grenze von 3009 Seelen, angenommen wird, so muß ih erklären, daß die Heeresverwaltung wchl der Ansicht is, daß darin eine Schädigung des Heeres liegt. (Hört, hört! links.) Denn dem Heere muß daran liegen, jede irgendwie wünschenswerthe Stelle, die einem versorgungsberechtigten Unteroffizier eine ausfömmlite Einnahme bietet, für diesen Zweck zu gewinnen, und es wird in allen Theilen des Heeres der Wunsch bestehen, daß das hohe Haus dafür eintritt und dafür stimmt, daß diese Möglichkeit, vermehrte Stellen für die Unteroffizierverforgung zu schaffen, in höherem Maße erfüllt wird, als die Commissionsbeshlüsse bezw. der Antrag von Tzschoppe dies be- absichtigen.

Abg. Roeren (Centr.): Wenn seine Freunde auch für das

rincip der Vorlage seien, so wollten fie do den Zwang gegen die Sommunen niht weiter ausdehnen, als unbedingt nothwendig sei. Eine dringende Nothwendigkeit, die bestehende Anstellungspflicht auch auf die Landgemeinden auszudehnen, liege nicht vor. Jedenfalls sei es nicht erforderli, die Gemeinden zu zwingen, dafür Fürsorge zu treffen, n jeder Unteroffizier, der zwölf Sabre edient habe, unmittel- bar nach seinem Abgang eine ausföômmlihe Stelle erhalte. Seine Partei werde für die Commissionsfafsung timmen.

Minister des Jnnern Herrfurth:

Dem Herrn Abg. Roeren will ih zugeben, daß dadurch, daß die Landgemeinden ganz oder theilweise dieser Verpflihtung enthoben werden, irgendwelche Verminderung oder Vergrößerung der Ver- pflihtungen der Städte in keiner Weise erwähst. Darauf

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habe ih aber auch « meine - Ausführungen niht gerichtet, darauf den Wunsh, daß das Amendement des Herrn Abg. Eberty angenommen werden® möge, nicht gegründet, fondern ih habe hervorgehoben, es handelt fi bier um eine Frage der Sicherung und Erhaltung der Wehrhaftigkeit des Reichs und der Wahrung der Interessen der Heeresverwaltung, und dafür hat Stadt und Land gleihmäßig einzutreten (sehr rihtig! links) ohne Rücksicht darauf, ob vielleicht für einen Theil der Beamten eine einmalige größere Arbeit erwächst oder nit; denn die Arbeit beschränkt fih darauf, daß festgestellt werden muß, in welchen Gemeinden sind solhe Stellen überhaupt vorhanden, .und die Gemeinden, in denen es derartige Stellen nit giebt, fallen dann ein für alle Mal fort.

Wenn der Herr Abg. Roeren in Uebereinstimmung mit Herrn Abg. Eberhard die Grenze von 3000 Einwohnern dadur zu reht- fertigen versucht, daß in der Landgemeindeordnm. für die öftlichen Provinzen Gemeinden von 3000 Einwohnern als diejenigen bezeichnet sind, bei denen die Anstellung eines besoldeten, niht der Gemeinde angehörigen Gemeindevorftehers zulässig sei, so möchte lich doch auf eine andere Geseßesbestimmung hinweisen, welhe der Herr Abg. von Tzfchopve mit ganz demselben Rechte für seinen Antrag anführen kann. In der neuesten Landgemeindeordnung für die Provinz Schles- wig-Holstein ist diese Grenze nicht auf 3009, sondern auf 2009 festgestellt. (Hört, bört! links.) Es if bei dieser Commissions- berathung fveciell durch den Antrag, der aus der Mitte der Com- mission gestellt worden ist wegen Anstellung von besoldeten Gemeinde- beamten auf Kreise hingewiesen, in denen regelmäßig ein Rechnungs- führer mit einet Besoldung von 2000, 2500, ja 3000 angestellt zu werden vflegt. Nun, meine Herren, ih glaube, das sind Stellen, die die Militäranwärter mit Vergnügen annehmen würden. (Sehr rihtig !)

Wenn nun der Herr Abg. Roeren sagt, die Zahl der Unter- offiziere, die Zahl der Militäranwärter ist gegenüber der Zahl der jeßt bereits ausgeschriebenen Stellen garniht so erbeblih, daß wir eine Ausdehnung dieser Verpflihtung brauchen, dann mödte ih ihn doch darauf hinweisen, daß, wie bereits von dem Commissar des Herr Kriegs-Ministers in der Commission mitgetheilt is, augenblick- lih noch ein Manquement von 2000 Unteroffizierstellen in der Armee vorhanden if (höôrt, hört!), daß es sehr wünshenzwerth ist, dadur, daß man den Unteroffizieren eine bessere Vétrsorgung für die Zukunft sichert, den Andrang zu der Carriere der Unteroffiziere zu vermehren und tüchtige, zuverlässige Leute dazu zu bringen, daß sie ih diesem Stande widmen.

Ich glaube also, nah diefer Richtung bin sind die Einwendungen gegen die Regierungsvorlage niht begründet. Es wäre der Regierung schon nicht leiht, das Amendement des Abg. Tzschopve im anderen Hause zu vertreten, für die Commisstonsvorlage einzutreten, würde dieselbe nicht in der Lage sein, und zwar aus Gründen- des Rechts und der Billigkeit, hauptsählich aber, weil, wie der Herr Kriegs- Minifter hervorgehoben hat, hierdurch eine Gefährdung der Interessen der Heeresverwaltung entstehen würde.

Major von Bt: Es seien da t in den [eßten Jahren 5000 Stellen ausgeboten worden, während 1760 Militäranwärter Stellung erhalten hätten. Uebrigens fei die Zahl der ausgegebenen Civilversorgungsscheine nit glei der Zahl der wirklich erfolgten Anstellungen, denn einem Manne mit der Vorbildung eines Feuer- werkers oder Feldwebels etwa aus Ostpreußen könne man nicht zu- muthen, nun fofort jede im Rheinland gebotene Civilstellung anzu- nehmen; es müsse auch da eine gewisse Freiheit der Auswahl bleiben.

Abg. Seyffardt {nl.): Seine T ane das Privilegium, das man den Landgemeinden dur die Commissionsbeshlüfe gewähren wolle, nicht acceptiren; es habe feinen Sinn, die Landgemeinden anders zu behandeln, als die ftädtishen Communen. Sie werde daber für die Wiederherstellung der Vorlage stimmen, eventuell für den Antrag von Tzschoppe._ E 2

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Er schließe sich diesen Ausführungen an; er bestreite den Consfervativen nit, daß sie großes Interefse für die Armee hätten, doch scheine es ihm, daß fie dieses Interesse dem für die fleinèren Landgemeinden nadfegten. S S

Abg. Eberty (d\r.): Er verstehe es nit, wie die Conservativen in dieser Frage mit seiner Partei niht zusammengehen könnten. Ein tüchtiges Ünteroffizier-Corps sei ]o_ dringend «nöthig, daß man sih dur nichts abhalten laffen follte, für die Schaffung und Erhaltung eines folhen zu wirken. Wie man in dieser Beziehung einen Unter- schied zwischen Stadt und Land consftruiren. könne, sei ihm un- erfindlih. Die Rücksihf auf die den Landgemeinden aus der Re- gierungsvorlage entstehende Schreibarbeit könne nicht aus\{laggebend jein, weil diefe da, wo fie wirklih vorkomme, sih auf einfahe An- zeigen bei det Militärbehörde beshränke, also durchaus geringfügiger Natu®ë fei. Das Princip der Vorlage sei eine Analogie zur all- gemeinen Webrpflicht; hiervon Exemptionen zu constatiren, bedeute die Durchbrechuug eines Princips, für welches sonst doch gerade die Confervativen besonders in die Schranken träten.

Abg. von Tiedemann -Labischin (freic.): Die Unterscheidung von Stadt und Land und die mechanische Trennung der Land- gemeinden in folhe von unter und über 3000 Einwohnern sei ihm niht sympathish. Nach feinen Erfahrungen in drei Provinzen famen in einzelnen Provinzen zahlreihe Städte vor, die viel unbedeutender seien, al2 Landgemeinden in anderen Provinzen. In der Provinz Posen z. B. gebe es sehr viele Städte von weniger als 1000 Einwohnern; die mit mehr als 3000 Einwohnern ließen ih an den Fingern abzählen. In der Rheinprovinz aber und au in Schleswig-Holstein kämen zahlreiche Landgemeinden vor mit Ein- wohnerzahlen zwischen 1000 und 2000, die durch geographische Lage, industrielle und Handelsbedeutung, dichte Bevölkerung u. \. w. viel ansehnliher seien und die auch Militäranwärtern viel mehr Gelegenheit zur Civilanstellung böten, als jene Städte in Ss /

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (conf.): Es komme hier nur sebr nebensählich das Interesse der Heeresverwaltung, in der Hauptsache dagegen die gerechte Vertheilung der Lasten zwischen kleinen und großen Communen in Betracht. Die Militärver- waltung habe nicht entfernt „inen Vortheil von der beabsihtigten Maßnahme, der die Nachtheile und Belastungen der kleinen Communen ausglihe. Wolle man der Verwaltung bezüglih der Versorgung der Unteroffiziere wirklih helfen, dann müsse man das Geseß viel weiter ausdehnen. Dazu babe aber die Regierung selbst niht einmal die Anregung gegeben. Das Gefeß, wie es vorliege, fei lediglich eine weitere Begünstigung der Städte. Heute werde seine Partei für die Commissionsbeshlüfe stimmen; was sie morgen thun werde, wisse fie noch niht. (Heiterkeit.) e L

g. Eberty (dfr.): A Deiaidlung, _daß die Vorlage auf eine Begünstigung der Städte hinauslaufe, vestätige feine Annahme, daß die Conservativen zu ibrem Verhalten ledigli dur ihr Interesse für die Landgemeinden veranlaßt seien.

Z 1 wird hierauf nah. den Beschlüssen der Commisfion angenommen, für welche. die Mehrzahl des Centrums und der Conservativen stimmt. f E P

Nach § 2 der Vorlage sind aus\cließlich mit Militär- ‘anwärtern zu beseßen: 1) die Stellen im Kan; leidienst, aus- shließlich derjenigen der Lohnschreiber, soweit deren Jnhaber

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