1892 / 142 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

wie die Saße gemeint ist; es erziebt sich, daß es sih Iediglch um das Minimum der staatlichen Gehaltsgrenze handelt, und daß, wenn dieses Minimum innegehalten ist, das Volks\chullehrergebalt in derselben Stadt allein entscheidend sein soll. Fehlt an dem Minimum des staatlihen Gehalts noch irgend etwas, so muß das Fehlende durch die Zulage von 150 4 er- gänzt werden. Das hat der Herr Commissarius des Finanz- Ministeriums vorhin auseinandergesett, das if au die ursprüngliche Meinung gewesen. Darüber besteht kein Zweifel, und ih glaube, daß wir mit der Annahme der Regierungëvorlage vollkommen dahin ommen, das auszudrüdcken.

Das Haus genehmigt den Antrag des Ministers des Königlichen Hauses von Wedell, sodaß der betreffende Ab- schnitt dahin lautet :

„Die Besoldung der übrigen technishen, Elementar- und Vor- \{ullehrer ist innerhalb der für die entsprehenden Kategorien von Lehrern an den staatlichen höheren Schulen bestimmten Grenzen dergestalt festzustellen, daß dieselbe hinter derjenigen der Volks\cul- lehrer in dem betreffenden Orte nicht zurückbleiben darf und außerdem jenen Lehrern eine nicht vensionsfähige Zulage von 150 jährlich gewährt E :

Bei- 8 2 erklärt auf eine Anregung des Ober-Bürger- meisters Bender

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Es ist ganz außer Zweifel, daß die Städte, die Gemeinden nit verpflichtet sind, höhere Schulen zu errihten und zu unterhalten. Davon sind wir bisher immer ausgegangen, und cs ergiebt sich daraus auch die Antwort auf die Frage des geehrten Herrn Vorredners ganz von selbst. Die Städte Éönnen natürlich eine Schule auch umändern in eine Schule anderen Charakters; selbstverständlißh wird das einer Verein- barung mit der Schulaufsichtsbehörde nah gewissen Nichtungen bedürfen, wie ih denn auch in der Commission ausdrücklich babe hervorheben müssen, daß, wenn die Stadt die Auflösung einer soldhen Schule beschließt, die Unterritsverwaltung sich vorbehalten muß, dafür zu forgen, daß die Auflösung allmählich und ordnungsmäßig erfolgt. Es müssen die Klassen von unten auf aufgelöst werden, damit diejenigen Schüler, die einmal in der Anstalt aufgenomnien find, auch die Berechtigung, bebufs deren Erlangung sie die Anstalt besucht haben, erlangen können. Es ist bisher immer so verfahren, und wir find dabei “niemals auf Schwierigkeiten gestoßen. Sollte eine Stadt cine derartige Anstalt in eine Mittel|{ule umwandeln, so wäre das einfach die Aufhebung der bis dahin bestebenden höheren Schule, und sie würde also nah denselben Grundsäßen zu behandeln sein, wie wenn die Stadt beschließt, die höhere Schulanstalt auf- zuheben.

S 2 und § 3 werden nah den Anträgen der Commission

enehmigt, die S8 4 bis 6 nah den Beschlüssen des anderen Hauses.

ZU S 7 (Erhöhung des Schulgeldes) bemerkt der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Ich möchte nur fturz erklären, daß seitens der Staatsregierung gegen die Streichung des § 7 in der Form, wie ihn das Abgeordneten- haus angenommen hat, nichts zu erinnern ist, da der Paragraph in dieser Form keinen Werth für uns hat. Wir haben den nöthigen Einfluß auf die Erhöhung des Schulgeldes bei den subventionirten Anstalten oder bei folhen, wo die Subvention beantragt wird, ganz von felbst. Die andere Frage wegen Feststellung des Schulgeldes bei den nicht s\ubventionirten Anstalten will ih dahin- gestellt sein lassen; wir sind, soweit es erforderlih ist, durch das Erkenntniß des Ober-Verwaltungsgerihts hinreichend gedeckt.

Hiernah habe ih gegen die Streichung des § 7 nichts einzu- wenden.

S 7 wird entsprehend dem gestrichen. S : i ;

S 8 gelangt unverändert, § 9 mit dem oben mitgetheilten Zusagz zur Annahme. :

Darauf gelangt das Gesez im ganzen zur Annahme; es muß an das Abgeordnetenhaus zurückgehen. - :

Den Nachtrags-Etat für 1892/93 (Herstellung einer Wasserleitung für den westlihen Theil des oberschlesischen JIndustriegebietes) beantragt die Budgetcommission zu genehmigen.

Graf von Frankenberg beantragt, die Erwartung auszu- sprechen, daß die Quelle bei Zawada nur nach erfolgter oder wenigstens vorläufig festgestellter Entschädigung der verlebten Privatrehte zur Mafsenversorgung berangezogen werde.

Freiherr von Durant beantragt, den Antrag des Grafen Frankenberg dahin zu faffen, daß die Erwartung ausgesprochen werde, daß die Regierung die rechtlich nachgewiesene Verpflichtung zur Schadloshaltung für verleßte Privatrechte übernehme.

Graf von Frankenberg weist darauf hin, daß mebrere größere Unternehmungen bereits freiwillig für die Wasserversorgung für ibre Arbeiter Aufwendungen gemacht hätten. Der Herzog von Üjest babe in dem hier in Rede stehenden Revier auf Kohle gebohrt und au Kohle gefunden; zugleih aber habe er eine große Quelle gefunden, die die Aufmerksamkeit der Bergbehörde erregt habe. Aber statt mit dem Besißer über den Verkauf in Verhandlung zu treten, babe die Bergverwaltung in der Nähe gebohrt und ebenfalls Wasser bei Zawada gefunden. Sofort sei eine Polizeiverordnung zum Schutze dieser Quelle erschienen, die jede Schürfarbeit für den Bezirk unter- sagt habe. Das sei ein tiefer Eingriff in die Privatverhältnisse ewesen, denn es seien au feine Genehmigungen zur Anlage von D eawerkon ertheilt worden, während das Geseg nur die Anlage gemein- schädlicer Unternehmungen verbiete. Durch den fiscalis{en Bergbau sei den betreffenden Ortschaften das Wasser entzogen worden, der Staat habe also die Verpflichtung, die Wafserversorgung herzustellen, er dürfe aber nicht einen Privaten dadurch schädigen, daß er den Bergbau für einen Bezirk von 4 Quadratmeilen ganz verbiete. Der betreffende Private sei mit feinen Beschwerden überall abgewiesen worden, man habe ihm auf fein Anerbieten, das betreffende Terrain zu kaufen, .gar nicht geantwortet. Das Verfahren stehe, troßdem es sih auf das Berggesetz von 1865 stüße, im Gegensaß zu dem Art. 9 der Verfaffung, der das Eigenthum für unverleglih erkläre und die Enteignung* nur gêgen volle Ent- schädigung zulafse. Der Antrag solle keine Verzögerung der Anlage bezwecken, sondern dem Hause nur freie Hand lafsen bezüglich der Regelung der Entschädigungsfrage. Denn es sei doch ein unwirth- shaftliches Verfahren, für einen Bezirk von vier Quadratmeilen den Bergbau vollständig auszuschließen. s

Ober-Präsident von Seydewiß: Das Bedürfniß der Wasser- versorgung fei allgemein anerkannt; es- handele sih nit bloß um die fiécalishen Bergwerke, fondern auch um private Unternehmungen und um die Eisenbahnverwaltung. Deshalb könne er die Vorlage zur Annahme empfehlen. Der Antrag des Vorredners sollte die Sache nicht hindern; es empfehle sich aber vielleicht die Annabme des An- trags von Durant, um die Absicht deutlicher festzustellen.

Geh. Bergrath Dr. Fürst bestreitet, daß irgendwie Privatrechte verleßt worden seien. Die Zawadaer Polizeiverordnung beruhe darauf, daß das Berggeseß den Bergbehörden das Recht gebe, jede Shürfung zu verbieten. In dem Bezirk sei eben wegen der großen Wafser-

Antrage der Commission

mengen ein l[obnender Bergbau nit zu erwarten, und er fei auch wohl bisher ernsthaft noch nicht beabsichtigt worden. Die Verordnung sei Urs keine Ausnahme; es lägen ähnlihe Verordnun en für 21 Ouellen vor, so z. B. für die Quellen in Ems, Aachen 2c. Niemals hâtten die Bergwerksbesißer cinen Anspruh auf Schadenersaßz erhoben. Gegen wen solle denn auch der Anspru erhoben werden? Gegen den Staat, der in Ausübung seiner Pia ap eine allgemeine Schädigung verhütet - habe, jedenfalls niht. Der Art. 9 der Ver- fassung finde auf das Bergeigenthum keine Anwendung, und auch niht auf folche Maßregeln, die auf Grund allgemeiner geseßlicher Vorschriften das Eigenthum beschränkten.

Freiherr von Durant: Es handele fih nit um eine Entschädi- gung für die Quelle, sondern um die Entschädigung für den Schaden, der aus den für die Quelle bestimmten Schußmaßregeln entstehe. Das sei in dem Antrage des Grafen Frankenberg nicht deutlih auëgedrüdckt.

Landes-Director von Leveßow: Die Nachtheile, von denen hier gesprochen werde, stammten aus einer alten Bergpolizeiverord- nung, fie würden dur die beabsichtigte Wasserleitung nit berührt. Deshalb gehöre der Antrag nicht hierber; die heiklen Rechtsfragen könnten nur im Nechtswege entschieden werden.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berleps\ch:

Meine Herren! Ich halte es für meine Aufgabe, gegen einige Bemerkungen des Herrn Grafen von Frankenberg mi oder vielmehr die Königliche Staatsregierung zu verwahren. Er hat ausgeführt, daß es wesentlih fiscalische Interessen seien, welche die Anlegung der Wasserleitung, die jeßt in Frage steht, und insbesondere die Beschlag- nabme des Bergbezirks hervorgerufen bätten, in dessen Gebiet die hier viel erwähnte Quelle von Zawada liegt.

Nun ift das außer Zweifel rihtig, die fiëcalische Grube, - die in Frage steht, die Königin-Quisen-Grube leidet an Wassermangel für ihre Kesselspeisung, für ihre zahlreihen Arbeiter, und drittens au an Wassermangel in den Ortschaften, denen sie, wie wir zugeben, das Wasser entzogen hat. Diese Ortschaften indessen beschränken ih nur auf einen Theil der Ortschaften, die für die Versorgung mit Wasser in Betracht kommen. Es handelt sich um Zabrze, Alt-, Kl. Zabrze, Zaborze, die in unmittelbarem Zvsammenhang mit der Königin- Luisen-Grube stehen’; dagegen wird Herr Graf von Frankenberg nicht behaupten wollen, daß au den Ortschaften Ruda, Biskupitz, Miecho- wiß, Karf, Lipine, Chropaczow und anderen von der Königin-Luisen- Grube das Wasser entzogen ist. Davon kann thatsächtlich garkeine Nede fein. Das Gebiet, wo zugestandenermaßen die Königin-Luisen- Grube das Wasser entzieht, liegt in ihrer unmittelbaren Nähe; das Gebiet, in dem die Frage der Wasserentziehung streitig ift, liegt etwas weiter von ihr entfernt; es ist die Ortschaft Dorotheendorf, bezüglih welcher behauptet und bestritten wird; aber die bei weitem überwiegende Zahl der Ortschaften liegt ganz außerhalb des Connexes der Wosscrentziehung dur die Königin-Luisen-Grube. Also die fisca- lischen Interessen sind es jedenfalls niht allein, die hier in Frage stehen, nit nur nit die Interessen der ficalishen Industrie, sondern auch nicht die Interessen der fiskalishen Verpflichtung gegenüber den- jenigen Perfonen, denen das Wasser entzogen worden ist.

Das Project, welches den Herren vorliegt, hat die Versorgung eines Bezirks im Auge, welcher etwa 40 000 bis 50 000 Menschen zählt, wenn ih nicht zu niedrig gegriffen habe. Es handelt si zweifellos um ein allgemeines Landesinteresse, um Beseitigung eines Nothstandes, eines Wassermangels, der als öffentliche Calamität an- zuschen ist. Es muß dort unter allen Umständen Abhilfe geschaffen werden, und die Königliche Staatsregierung hat \ich über die viel- fachen fiscalishen Bedenken, die in der Sache für sie vorliegen, \{ließlich im Interesse des Ganzen hinweggeseßt. Hätte sie das nicht gethan, hätte sie nur an ihre fiscalishen Interessen gedacht, so würde sie auf einen anderen Weg gekommen sein als derjenige ist, der Jhnen jeßt vorgeschlagen wird.

In dem langen Verlauf der Jahre, in denen die Wasser- verforgung Oberschlesiens behandelt und die verschiedenen Eventualitäten erörtert worden find, wo das Wasser hergenommen werden könnte, \{lugen die Bergbehörden vor: zur Versorgung der fiscalischen Gruben und zur Versorgung derjenigen Ortschaften, denen die Königin Luisen- Grube das Wasser entzieht, das Wasser von der Stelle berzuleiten, von der die Königs-Grube sich wie ihre Umgegend versorgt, nämlich aus den Schächten der Friedrihs-Grube bei Tarnowiß. Die Behörden der allgemeinen Verwaltung waren es, die damals diesem Project entschieden widersprahen, und zwar aus dem Grunde, weil niht siher war, daß das Wasser, was hier zu erlangen war, genügen würde, um alle Ortschaften, die außer den fiscalischen Gruben in Frage steben, zu versorgen. Lediglih aus diesem Grunde ist das ursprünglih fiscalische Project der Wasser- versorgung für die Königin Luisen-Grube aus der Friedri{s-Grube bei Tarnowiß aufgegeben worden. Die Sache liegt heute noch so, daß, wenn es si lediglih um den Fiscus handelte, wir, um den Shwierig- keiten, die erhoben werden, aus dem Wege zu gehen, uns auf die Wasserversorgung aus der Friedtihs-Grube beshränken würden; und ih meine: danach kann man nicht sagen, daß der Fiscus versucht, sih auf Kosten eines Dritten zu bereihern. Die Sache liegt so, daß, wenn nur das fiscalishe Interesse in Frage wäre, das ganze Project nicht cristiren würde; da aber ein anderes weitergehendes Interesse vorliegt, der Fiëcus si vernünftigerweise diesem Project anschließen muß, weil fonst die Gemeinden die alleinigen Kostenträger sein würden. Und, wie das von den Verwaltungsbehörden des Bezirks in ver- schiedenem Wechsel der Persönlichkeit stets hervorgehoben worden ift, ist es vollkommen ausgeschlossen, daß die Gemeinden aus eigenen Kräften die nöthige Wasserverforgung für sih herstellen können. Jch berufe mich auf das Zeugniß des Herrn Ober-Präsidenten der Pro- vinz Schlesien, der hier im Hause anwesend ist. Weil es so liegt, weil die Gemeinden nicht allein im stande sind, die Wasserversorgung herzustellen, hat sih der Fiscus mit ihnen zusammengethan und nun- mehr stellt sich die Kostenfrage so, daß die Gemeinden etwa den gleihen Betrag zur Wasserversorgung beitragen werden, wie der Bergfiscus. Also ih glaube mit Recht den Vorwurf gegen den Fiécus, sih einen billizen Verdienst durÞH Schädigung Dritter beschaffen zu wollen, ebenso wie mein Herr Commissar dies bereits gethan hat, zurückweisen zu dürfen.

Was den Antrag des Herrn Grafen Frankenberg insbesondere anbetrifft, fo sehe ih das Bedenklichste daran, daß meines Erachtens, wenn er angenommen wird, das Herrenhaus ausdrüdcklich ausspricht, daß in denjenigen Fällen, wo durch bergpolizeilihe Maßnahmen Berg- werkseigenthum beschränkt wird, allemal eine Entschädigungspflicht begründet wird. Das i} eine höchst zweifelhafte Frage und Sie werden auch aus den Deductionen meines Herrn Commissars ent- nehmen dürfen, daß bisher in der Praxis stets daran festgehalten ist, daß eine folhe Entshädigungspflicht nit existirt. Es ist bisher kein

Erkenntniß ergangen, was das Gegéntheil bewiese; im Gegentheil, diejenigen Erkenntnisse, die allerdings niht genau denselben Fall be- treffen, aber herangezogen werden können als Analogien, sprechen das Gegentheil aus. Sie sprehen aus: wenn im Ausfluß ihrer Be- fugniß die Königliche Bergbehörde eine auf dem Ersaß beruhende Einschränkung des Bergwerkseigenthums verfügt, wird hier- durch eine Entschädigungspfliht nicht begründet. Also es liegt so: die Praxis der Behörden geht, so lange das Berggeseßz ge- handhabt wird, dabin, daß eine Verpflichtnng nicht begründet is. Es liegt kein rihterlihes Erkenntniß vor, was das Gegentheil besagt, sondern es liegen im Gegentheil analoge richterliche Erkenntnisse vor, die für die Praxis der Bergbehörden sprehen. Nun wäre es bedenk- li, wenn das hohe Haus sich entshließen wollte, ausdrücklih auszu- sprechen: die bergbehördlihe Praxis ist unrichtig, die bisber ergangenen Erkenntnisse treffen niht das Richtige. Ich halte ferner den Antrag des Herrn Grafen von Frankenberg deshalb für bedenklich, weil er nicht ausfpriht, wer die Entschädigung gewähren foll. Er sagt nur, die Quelle bei Zawada soll so lange nit herangezogen werden, bis die Entschädigung entweder gezahlt oder vorläufig fest» gestellt ist. Wer sie zahlen oder wer sie feststellen soll, ist nicht gesagt. Ich kann do niht annehmen, daß unter allen Umständen uur der Staat diese Entshädigung zahlen soll. Dann allerdings, wenn der Herr Graf von Frankenberg auf diesem Stand- punkt stände, würde er Reht haben. Dann würde er aber richtiger gesagt haben, daß nicht eher an diese Quelle heran- gegangen werden solle, als bis der Staat diese Entschädi- gung ausgezahlt hat. Das würde meines Erachtens der correctere Auédruck sein von seinem Standpunkt aus. Er ist aber nicht einzunehmen, weil die Entshädigungspfliht überhaupt mindestens sehr zweifelhaft ist wir müssen sie überhaupt bestreiten —; zweitens ist zweifelhaft, wer der Entschädigungsverpflichtete ist. Wenn bisher von Entscheidungen in Prozessen die Rede gewesen ist, so ist aus- gesprochen, daß derjenige zur Entshädigung verpflichtet ist, der den Vortheil hat. Wenn wir uns also auf den Standpunkt des Herrn Grafen von Frankenberg stellen, so kommen 1) die Gemeinden, weil die am meisten Interessirten, 2) der Bergfiscus und 3) der Eifsenbahn- fiscus in Frage. Jch meine, auch diese allgemeine Aufstellung über die Frage der Entschädigungsgewährung könnte das Herrenhaus nit acceptiren. Es müßte fich klar darüber sein, wer ist der, der die Entschädigung zahlen foll. Meines Erachtens kann das Herrenhaus nicht die Ver- antwortung übernehmen, augzusprehen, die Staatsregierung ist ver- pflichtet, die Entschädigung zu zahlen. Stellt sich der Herr Antrag- stellcr niht auf den Standpunkt, daß der Staat zu zahlen hat, so scheint er in seinem Antrage ganz unerfüllbare Bedingungen zu stellen. Denn wie foll das gemaht werden, wenn außer dem Staat noch andere Verpflihtete existiren, wie ih behaupte? Wie foll die Negierung es dahin bringen, daß der Verpflichtete die Entschädigung zahlt, wenn er sich weigert, ohne daß ihm ein Prozeß gemaht wird? Die betheiligten Gemeinden weigern, \sih eine Entschädigung zu zahlen; sie sind au nit in der Lage dazu. Nun sagt Herr Graf von Frankenberg : es ist niht meine Absicht, die Anlage der Wasserleitung zu verzögern. Das verträgt sih meines Erachtens niht mit einander. Wenn eine Entschädigung gezahlt werden soll und der Fiscus kein Mittel in der Hand hat, die Betheiligten zur Zahlung zu bringen, so bleibt kein anderes Mittel als der Prozeßweg übrig. Ebe dieser Prozeß aber zu Ende geführt ift, vergehen selbstverständlich lange Jahre, und die Ausführung der Wasserleitung würde ad calendas graecas vertagt scin. Auch von diesem Gesichtspunkte würde die Annahme des Antrages des Herrn Grafen von Frankenberg ih nicht empfehlen.

Der Antrag des Herrn Freiherrn von Durant steht meines Er- ahtens auf einem ganz anderen Standpunkt, wie der des Herrn Grafen von Frankenberg. Er spriht von einer nahgewiesenen Verpflichtung, die der Fiscus übernehmen soll. Er geht also davon aus, daß, wenn eine Verpflichtung nachgewiesen ist, niht die Gemeinden, sondern die Regierung diese Verpflichtung übernehmen soll. Wenn eine solche nachgewiesen wäre, würde die Staatsregierung dieser Frage ganz anders gegenüberstehen, und ih hätte den dringenden Wunsch, daß hierüber eine klare Rechtslage geschaffen werde. Diese klare Rechtslage ist immer nur im Wege des Prozesses zu erzielen. Ich stehe zu dieser Frage so: Seit dem Jahre 1880 {webt dieselbe.

Ich habe die Frage der oberslesishen Wasserleitung übernommen vor zwei Jahren als eine Erbschaft, die man mit Ret als eine Seeschlange bezeihnen tann. Jn den zehn bis zwölf Jahren, in denen diese Frage geschwebt hat, niht nur in diesen zehn Jahren, sondern solange überhaupt das Berggeseß von den Behörden gehand- habt wird, hat die Praxis bestanden, in solchen Fällen, wie dem jeßt vorliegenden, eine Entschädigungspflicht nicht anzuerkennen. Nun soll ih plößlih, nachdem man stets diesen Grundsaß festgehalten hat, erflären : der Grundsfaßz ist falsch, und es soll die Entshädigungspflicht und zwar in diefem Fall für den Fiscus anerkannt werden. Meine Herren, das würde meines Erachtens eine grobe Verleßung meiner amtlichen Pflicht sein ; ich kann das niht auf mich nehmen, sondern muß den Grundsatz, der so lange festgehalten worden is, aufrecht erhalten; ih kann nicht davon abgehen, ohne daß entweder die that- sähhlihen Verhältnisse sich völlig verschoben baben, oder daß dur Nechtsspruch die bisherige Auffassung als unrichtig dargestellt wird. Beides ist im vorliegenden Falle niht geschehen. Sowie dieser Rechtsspruch ergangen ist, werden wir selbstverständlih jede Ver- pflihtung, die uns auferlegt wird, erfüllen. Vorher kann ich mih aber nit für befugt halten, von einem Standpunkt abzugehen, der bisher von der Verwaltung wie von der Rechtsprechung ganz unan- gefohten beibehalten worden ift.

Ober-Bürgermeister Becker: Er bedauere, daß Graf Franken- berg den Antrag gestellt habe, troßdem er in nahen verwandtschaft- lichen Beziehungen zum Herzog von Ujest stehe. Klargestellt werden könne die Frage nur im Rechtswege, nicht hier im Hause; auch in der Commission habe man sih nidt damit, sondern lediglich mit der technischen Frage befaßt. Deshalb solle mon die Frage heute un- erledigt lassen. : : {

raf von Frankenberg: Er hätte gern die Sache in der Commission zum Austrage gebracht, allein es File niemand in diesen Verhältnissen Bescheid gewußt, deshalb habe er die Sache troy der dringenden Geschäftslage im Plenum vorbringen müssen, um nicht den Anschein zu erwecken, daß beide Häuser mit dem Ver- fahren einverstanden seien. Der Vorfall habe kein Analogon, der anes auf Ems passe nicht. Er sei mit dem Antrage des Fret- errn von Durant einverstanden.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von

Berleps\h: Ih möchte zunächst noch Einiges zu den Worten des Herrn

Grafen von Frankenberg bemerken. Herr Graf von Frankenberg bleibt bei der Behauptung, daß Analogien für den vorliegenden Fall nicht existiren. Jh bin niht in der Lage, Ihnen alle die einund- zwanzig analogen Fälle, von denen der Herr Referent gesprochen hat, anzuführen, Sie werden auch nit geneigt sein, dieselben heute noch anzuhören; aber ich will nur einen Fall hervorheben, er betrifft die Stadt Aachen. Es handelte sich dort um die Anlegung eines Brunnens «in der Stadt, es waren reichliche Quellen gefunden, und die Stadt Aachen legte si darauf einen Brunnen an, um die Stadt mit Wasser zu versorgen. Zum Schuß dieses Brunnens is der Bergwerksbetrieb in einem gewissen ih kann augenblicklich nit sagen, in wie großem Umfange untersagt worden. Der Fall liegt ganz genau so wie bier, und in sehr vielen anderen Fällen noch würden Sie die directe Analogie erkennen müssen. Dann möchte ih noch erwähnen : Herr von Frankenberg ift der Ansicht, daß im Abgeordnetenhause die Ent- shädigungsfrage uns nicht beschäftigt habe. Das ist nicht zutreffend. In der Abgeordnetenhauscommission hat eine sehr eingehende Erörterung darüber stattgefunden. Der Abg. Letocha, welcher mit den Verhältnissen in Schlesien vertraut ist, hatte erwähnt, daß seiner Ansiht nah hier ein Billigkeitsgrund vorliege, und daß von diesem Billigkeitsstandpunkt heraus eine Entschädigung an die Betreffenden zu zahlen fei. Das Resultat der fehr eingehenden Verhandlung ging dahin, daß die Commission bes{loß, in ihrem Referat im Plenum den Billigkeitsstandpunkt überhaupt nit zu streifen, dagegen auf das Bestimmteste sih dahin auszusprechen, daz eine rechtlide Verpflihtung zur Entschädigung niht vorliege. Der BVilligkeitëstandpunkt ist in der Commission nur von cinem ein- zigen Mitgliede vertreten worden. Alle anderen Mitglieder, die sich zum Worte gemeldet haben, find auf diesen Standpunkt nicht; ein- gegangen, ja von einzelnen Mitgliedern ist derselbe sogar durchaus be- kämpft worden unter Hinweis auf vielfach ähnliche Fälle, die nicht nur beim Bergbau, sondern auch bei anderen Zweigen der Industrie vorlagen, wo ähnliche polizeiliße Beschränkungen eingetreten sind. Das andere Haus hat \sich also auf das Eingehendste mit dieser Frage beschäftigt und hat feinen Standpunkt dahin präcisirt, daß die Entschädigungspfliht in keinem Falle anerkannt werden kann. Nun will ih niht in Abrede stellen, daß für mih die Sache peinlich und unangenehm ist. Das Peinliche ist dieThatsache, daß fiscalishe Betriebe mit profitiren von diesen Sperrmaßregeln, die Dritte treffen. Daran find fie aber nicht {uld. Wir würden, soweit es sich um uns allein han- delt, die Wasserleitung nicht von Zawada herleiten, sondern von Tarnowitz Nun find wir aber genöthigt, um den Gemeinden die Ausführung dieser Wasserleitung zu ermöglichen, uns an ihr zu betheiligen. Damit entfällt ein Theil dieser unangenehmen Regung, weil wir wirkli \huldlos an diesem Zustande sind; indeß führt sie mich dahin, alles Mögliche zu versuchen, um von dieser Wasserleitung loszukommen. Wenn wir hinreihendes, dauernd fließendes, gutes Wasser bei Tar- nowiß finden, würde ih nicht Anstand nehmen, das Zawaraer Project zu verlaffen und auf das Tarnowitzer überzugehen. Das können wir heute aber noch nit, weil wir noch nicht wissen, ob das Wasser dort Hinreichend gut ift.

Die Vorlage wird darauf genehmigt: der Antrag Graf Frankenberg-Freiherr von Durant wird abgelehnt.

Schluß 51/4 Uhr.

Haus der Abgeordneten. 76. Sizung vom Freitag, 17. Juni.

Thea ung wohnt der Minister der öffentlichen Arbeiten Q YlEen Vel.

. Auf der Tagesordnung steht die dritte Berathung des CIEUAMIS über die Kleinbahnen und die Privatanschluß- ahnen.

: In der Generaldiscussion nimmt das Wort

Abg. Ni ckert (dfr.): Im Interesse des Zustandekommens dieses wichtigen Gesezes habe seine, wie andere Aae O in vielen Punkten Selbstbeshränkung in Bezug auf ihre Wünsche auferlegt. Sie habe den Versuch machen wollen, ob es auch so gehen werde. Die Differenzpunkte zwischen der Regierungsvorlage und den Be- \{lüssen des Hauses seien so unwesentliche, daß man hoffen dürfe, daß der Minister das Geseß in der vorliegenden Form im Herren- bause vertreten werde. Sodann habe er noch den Wunsch, daß der Minister bei den zu verbessernden Instructionen ein recht weites Herz beweisen und die Polizeigewalt thunlichst einshränken möge.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich brauche wohl kaum die Versicherung aus- zusprechen, daß die Staatsregierung das dringendste Interesse an dem Zustandekommen des vorliegenden Geseßeitwurfs hat, und dies Interesse ist mit der fortschreitenden Berathung des Gescßentwurfs ein immer größeres geworden, und zwar leßteres hon aus dem Grunde, weil es \sich überall im Lande regt und man in den ver- sciedensten Landestheilen schon rüstet, mit dem Bau von Kleinbahnen auf Grund diefes Gefeßes vorzugehen, und zwar namentlich regt es sih nah den Mittheilungen, die mir geworden sind, in den östlichen Provinzen, weil dort das Bedürfniß unstreitig am dringendsten bervor- getreten ist: es regt sih auch die Privatindustrie und das Privat- Tapital, die ihren Antheil an dem Zustandekommen dieser neuen Ver- kehrswege nehmen möchten, und zwar regt es sich, wie ih sagen kann, in dem Sinne, in dem es mein College, der Herr Finanz-Ministe, vorgestern als wünschenêwerth bezeichnet hat, in dem Sinne nämlich, daß die Privat- industrie ergänzend hinzutreten will, den Bestrebungen der Inter- essenten und Corporationen und ihre hilfreihe Hand da leisten will, wo eben die Mittel dieser Corporationen nicht ausreidhen. Meine Herren, von diesen Gesichtspunkten aus kann es au nicht zweifelhaft sein, daß die Königliche Staatsregierung ihrerseits bemüht sein wird, auch in dem anderen Hause, im Herrenhause, dafür einzutreten, daß das Gesez zu stande kommt. (Bravo! links.) Bereits in den Commissionsverhandlungen und wobl auch in den Verhandlungen im Plenum diefes hohen Hauses hat es meines Erachtens die Staats- regierung nicht zweifelhaft gelassen, daß sie ihrerseits gern bereit ift, im Interesse des Zustandekommens des für die wirthshaftliße Ent- wilung des Landes so wichtigen Gesetzes Bedenken zu unter- drücken, die für sie, so berechtigt sie au an si erscheinen, doch niht von grundsäßliher Bedeutung waren. Sie hat daher wiederbolentlich im Laufe der Verhandlungen sich mit Ab- Anderungéanträgen auch da einverstanden erklärt, wo sie dieselben als Verbesserungen nicht glaubte anerkennen zu können. Diejenigen Be- denken, die etwa zur Zeit für die Staatsregierung noch vorhanden sind, werden nah meiner Ueberzeugung das Zustandekommen des Ge- feßes niht hindern; ih fann allerdings nicht im Namen der

-

Staatêregierung in dieser Beziehung eine Erklärung abgeben, da eine Beschlußfassunz des Staats-Ministeriums über die vorliegende Gestalt des Gesetzes uoch nit hat stattfinden können ; aber ih habe die Hoff- nung, daß auch diejenigen Punkte, hinsichtlich deren ih mich gegen die Anträge der Commission und auch zum theil gegen die Be- shlüsse des Hauses habe aussprehen müssen, au diese Punkte wohl eine Erledigung in dem Sinne finden werden, daß die Staatsregierung sich mit den Beschlüssen des Hauses wird einver- standen erklären fönnen.

Nur bezüglich eines Punktes is es mir allerdings zweifelhaft ge-

- blieben, ob der Beschluß des Hauses ein zweckmäßiger ist und ob nicht

doch seitens der Staatsregierung in dem anderen Hause nochmals der Versu gemacht werden soll, eine Wiederherstellung der Regierungs- vorlage anzuregen. Das is der Beschluß, welcher den Erwerb der Bahnen nicht in die Hand des Staats, sondern in die Hand des be- treffenden Unternehmers legt. Jch hoffe, daß es möglih sein wird, in der Beziehung zu einer Verständigung zu kommen.

Was die von dem Herrn Abg. Rickert hauptsählih hervorgehobeñe Bestimmung betrifft, daß die Militäranwärter bei den Kleinbahnen niht Berücksichtigung finden follen, so glaube ih nit, daß dieser Punkt bei der Staatsregierung Bedenken gegen die Annahme des Gefeßes hervorrufen wird... So bedauerlich es allerdings ist, daß die Militäranwärter hier nit die Berücksichtigung gefunden haben, die sie nah der Auffassung des Staats-Ministeriums hätten finden müssen, so glaube ich doch nit, daß aus der Versagung das Staats- Ministerium Anlaß nehmen wird, sich gegen den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form auszusprehen. Also au meinerseits habe ih die Hoffnung, daß es gelingen wird, den Geseßentwurf zur Ver- abschiedung zu bringen.

Was nun die Instruction anbetrifft, auf die der Herr Abg. NRickert als auf einen Punkt verwiesen hat, von dem es hauptsächlih mit abhängen würde, ob das Geseg eine ersprießliche Wirksamkeit auëüben würde, so glaube ih, kann Herr Abg. Ritert mit voller Be- rubigung den Maßnahmen der Staatsregierung entgegensehen. Die Staatsregierung wird unzweifelhaft bei ihrer Instruction ih von der- selten Absicht leiten lassen, einer thunlicsten Entwickelung des Verkehrswesens, von der auch das vorliegende ganze Gesetz ge- tragen wird. :

Abg. von Bismarck (cons.): Seine Partei sei ebenfalls für das Zustandekommen der Vorlage und habe nur in einigen weniger wichtigen Punkten Bedenken gegen deren Gestaltung in der zweiten Lesung. Sie werde in dieser Beziehung einige Abänbérunas: anträge einbringen, unter allen Umständen aber dem Ganzen zu- stimmen in der Hoffnung, daß daraus - eine erheblihe Steigerung des Wohlstandes von Industrie und Landwirthschaft resultiren werde. Sie wolle dem Privatkapital die volle Betheiligung lassen, halte aber namentlich die Betheiligung der Communen und Communalverbände für ganz besonders wün]chenswerth. 4 _ Abg. Bödiker (Centr.) hofft, daß es namentlih die neue Ge- sellshaftsform, die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sein werde, die die Errichtung solher Bahnen in die Hand nehmen werde, da die communalen Einheiten, Gemeinde, Kreis und Provinz, an sich weniger dazu geeignet erschienen. Weniger genehm sei ihm die ganze Con- struction der Genehmigung, hier müsse noch eine Verbesserung an- gestrebt werden. :

Abg: Dr. Hammacher (nl.) betont auß beute, daß in erster Linie die Provinzen berufen sein würden, an der Erbauung von Klein- bahnen sich zu betheiligen. Solle das Geseßz segensreih functioniren, so müsse bei seiner Ausführung jede bureaukratische Kleinlihkeit fern- gehalten werden. Eine unerfreulihe Abänderung habe das Gesetz dur einen Antrag Hansen erfahren, der die Jnangriffnahme des Baues einer Kleinbahn ohne vorherige Planfestsezung nur dann ge- statten wolle, wenn es sih nicht um die Benußung öffentlicher Wege handle. Durch diese Einschränkung werde ein guter Theil der von dem Geseg in nächster Zeit zu erwartenden günstigen Wirkungen wieder aufgehoben, denn die Bauten würden dadur eine ganz unverhältniß- mäßige Verzögerung erfahren. S

Damit schließt die Generaldiscussion.

Jn der Specialdiscussion werden die 88 1 und 2 ohne Debatte angenommen. : i i

S 3 bestimmt die für die Ertheilung der Genehmigung zuständige Behörde. Für die Betriebe mit ‘Maschinenkraft ijt der Regierungs-Präsident im Einvernehmen mit der Eisen- bahnbehörde zuständig, in allen übrigen Fällen a. der Regie- rungs-Präsident, sofern Kunststraßen benußt werden oder von der Bahn mehrere Kreise oder nihtpreußische Lan- destheile berührt werden sollen, Þ. der Landrath, sofern mehrere Polizeibezirke desselben Kreises berührt werden, c. die Orts-Polizeibehörde, sofern das Unternehmen innerhalb eines Polizeibezirks verbleibt.

Auf Antrag des Abg. Jerusalem (Centr.) wird in dem S 3 statt der gesperrten Worte gesagt: „sofern Kunststraßen, welche nit als jtädtishe Straßen in der Unterhaltung und Verwaltung von Sradtgemeinden stehen, benußt werden“.

Z 4 bestimmt, daß die Genehmigung auf Grund vor- gängiger polizeiliher Prüfung ertheilt wird. Diese Eng beschränkt sid auf: 1) die betriebssichere Beschaffenheit der Bahn und der Betriebsmittel, 2) den Schutz gegen schädliche Einwirkungen der Anlage und des Betriebes, 3) die tehnische Befähigung und Zuverlässigkeit der in dem äußeren Betriebs- dienst anzustellenden Bediensteten, 4) die Wahrung der Jnter- essen des öffentlihen Verkehrs.

Abg. Bödiker (Centr.) möchte constatirt sehen, daß die Prüfung sih nit auf alle aufgeführten Punkte nothwendiger Weise erstrecken müsse, da dies Weiterungen zur Folge haben würde.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Jch habe von vorn herein die Bedenken des Herrn Abg. Bödiker für im wesentlichen theoretisGer Natur gehalten. Ich nehme aber keinen Anstand, die Auffassung zu bestätigen, die der Abg. Bödiker eben vorgetragen hat. Jch erahte es durch die Be- stimmungen des vorliegenden Geseßentwurfs niht für geboten, daß in jedem einzelnen Fall, alle diese vier Punkte der Prüfung unter- zogen oder daß fie etwa gleihzeitig der Prüfung unterzogen werden. Es wird vielmehr je nach der Individualität des Falles der eine Punkt oder der andere Punkt vielleiht ausscheiden können. Darüber eine positive Erklärung abzugeben, wann und unter welhen Umständen das der Fall sein wird, dazu bin ich allerdings niht in der Lage.

Ds wird unverändert angenommen.

Nah 7 fkann die Zustimmung der Unterhaltungs- pflichtigen ergänzt werden, soweit eine Gresdfn betheiligt ist, durch den Provinzialrath, soweit eine Stadtgemeinde betheiligt ist, durh Beschluß des Bezirksausschusses. s

Abg. von Tiedemann - Bomst (freicons.) beantragt folgenden Zusaß zum S 7: y Í

„Bei dem Antrage auf Ergänzung der Zustimmung ist der

Nachweis der Leistungsfähigkeit für die erforderliche - Sicherheits-

stellung beizubringen.“

, Abg. von Tiedemann- Bomst (freicons.) weist darauf bin, daß die positive gesegliche Fixirung des Nachweises der Leistungsfähigkeit der Unternehmer zum Schuß des Unternehmens nóthwendig sei.

_ Abg. Dr. Hammacher hält diesen Antrag für überflüssig, {hon nah § 5 beim Antrag auf Ertheilung der Genehmigung die zur Beurtheilung des Unternehmens erforderlichen finanziellen Ünter- lagen zu liefern seien. /

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Freiherr von Zedliß stellt dem Hause die Annahme des Antrags anheim, während Abg. von Strombeck (Centr.) um Ablehnung bittet. i

S 7 wird unter Ablehnung des Antrags von Tiedemann unverändert nah den Beschlüssen zweiter e angenommen.

Nach § 10 kann bei der Genehmigung von Bahnen, auf

welchen die Beförderung von Gütern stattfinden soll, vor- behalten werden, den Unternehmer jeder Zeit zur Gestattung der Einführung von Anschlußgeleisen für den Privatverkehr anzuhalten. _ Abg. Jerusalem (Centr.) hätte gewünscht, daß positiv geseßlih festgelegt werden würde, daß die Eisenbahnunternehmer si üt Anlage von Anschlußgeleisen seitens Dritter gefallen lassen müßten. Er ver- zihte darauf, einen dahin gebenden Antrag einzubringen, hoffe aber auf eine entgegenfkommende Erklärung des Ministers. Í

, Abg. Dr. Hammacher (nl.) hält einen derartigen Anschluß an eine beliebige Linie für einen niht zu rechtfertigenden Eingriff in das Privateigenthum. Nur in dem Falle des Enteignungêverfahrens müsse sich der Unternehmer gefallen lassen, daß Dritte si ans{löffen. Im übrigen aber handele es fih um ein wohlerworbenes Privilegium, welchem der Schuß des Privateigenthums zur Seite \tebe.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thiel ên:

Meine Herren! Jch kann mi im allgemeinen den Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Hammacher nur anschließen und bin der Meinung, daß die Frage, die der Herr Abg. Jerusalem angeregt hat, überhaupt dem Ermessen der entsheidenden Behörde überlassen werden muß. Nur die Behörde ist im individuellen Falle überhaupt in der Lage, entscheiden zu können, ob die Auferlegung der Anschlußpfliht angezeigt ist oder nit. Da wo eine Enteignung stattfindet, hat au bisher hon regelmäßig die Clausel, daß ter betreffende Unternehmer \sich den Anschluß anderer Etablisse- ments gefallen lassen muß, Aufnahme gefunden Aber die Clausel all- gemein gefeßlich dem Unternehmer zu Gunsten der Privatanschlüsse auf- zuerlegen, hat auch erheblihe Bedenken, die auch {hon der Herr Abg. Hammacher vorgetragen hat, und die iG mir erlaubt habe, aus meiner Erfahrung in den Verhandlungen der Commission anzuführen. Mir sind aus meiner Praxis verschiedene Fâlle bekannt, in denen ih es als eine Ungerechtigkeit habe erfennen müssen, den betreffenden Unternehmern die Verpflichtung aufzuerlegen, ihren Concurrenten die Bahn zu öffnen. Beispielsweise will ih nur anführen: aus einem großen Etablissement s{eidet ein bisheriger Ingenieur aus und gründet neben diesem Etablissement mit Benußung derjenigen Vortheile, die der erste Unternehmer mit außer- ordentlihen Kosten und mit ungeheurer Mühe \ich verschafft hat, ein Concurrenzetablissement und beanspruHßt nun, mit einem Privatanshlusse ohne weiteres zugelassen zu werden zu der Kleinbahn, welche der Unternehmer mit seinem Gelde ins Leben gerufen hat, weil sie die Lebensbedingung ist für das Prosveriren des betreffenden Unternehmens. Sie werden alle mit mir einverstanden sein, daß unter diesen Um- ständen es gewiß eine Härte reäre, wenn das Gefeß den Unternehmer verpflichtete, den Concurrenten ohne weiteres aufzunehmen. Das sind feltene Fälle, das gebe ich zu, aber sie können do vorkommen. Es können auch Fälle vorkommen, wo der betreffende Unternehmer einer Kleinbahn, die neben öffentlichen au insbesondere seinen privaten wirthschaftlißen Zwecken dienen soll, gewiß ohne weiteres seine Absicht, die Bahn zu bauen, aufgeben würde, wenn ihm diese Verpflichtung auferlegt wird“ Ih glaube daher, es muß die Entscheidung der Frage in das Ermessen der Behörde gestellt werden, sie ist au) dort am besten aufgehoben.

Abg. Jerusalem (Centr.) kann nicht einsehen, wie in dieser Verpflichtung der Unternehmer eine Beschränkung des Privateigen- thums liegen solle. ,

S 10 wird unverändert angenommen. .

S 16 der Beschlüsse zweiter Lesung lautet: Die Genehmi- gung, welche einer Actiengesellschaft oder einer Commandit- gesellschaft auf Actien behufs Eintragung in das Handelsregister ausgehändigt worden ist, tritt erst in Wirksamkeit, wenn der Nachweis der Eintragung in das Handelsregister geführt ist.

Abg. B ödiker (Centr.) beantragt, hinter den Worten „Commanditgesellshaft auf Actien“ einzuschalten „oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. P

Abg. Engels (freicons.) beantragt, den § 16, wie folgt, zu fassen: : O

Ist die Genehraiigungsurkunde einer Gesellschaft, welche nah geseßlicher Vorschrift nicht vor der Eintragung in das Handelsregister als foldhe besteht, zum Zwecke dieser Eintragung ausgehändigt, so tritt die Genehmigung erft in Wirksamkeit, wenn der Nachweis der Eintragung in das Handelsregister geführt ist. A

S 16 wird nah kurzer Debatte gemäß dem Antrage Bödiker mit einer vom Abg. Dr. Krause beattragten redactionellen s angenommen. : :

S 17 schreibt vor, daß mit dem Bau von mit Maschinen-

kraft betriebenen Bahnen erst nah der lung des Bau-

planes durch die genehmigende Behörde begonnen werden kann. Wenn aus der beabsichtigten Bahnanlage L oder er- hebliche Belästigungen der benahbarten Grundbesißer und des öffentlichen Verkehrs nit zu erwarten sind, kann der Minister den Beginn des Baues ohne vorherige Planfestseßung ge- statten. :

Jn dem leßten Saß war in zweiter Lesung auf Antrag des Abg. Hansen die Clausel eingeschoben worden: „sofern es sich niht um die Benuzung öffentliher Wege handelt“.

Abg. Dr. Hammacher beantragt die Streichung dieser Ein- sciebung. A L

Abg. Han # (freicons.) empfiehlt, um die Befugniß des Ministers niht ohne Noth allzuweit einzuschränken, die städtischen Straßen von den „öffentlichen Wegen“ in dem Schlußsaße des § 17 auszunehmen.

Abg. Dr. Hammacher (nl.) führt aus, daß kaum eine Klein- bahn vorkommen werde, bei der nit öffentlihe Wege benußt werden müßten; die Aufrehterhaltung des § 17 in der Fassung der zweiten Lesung werde also eine unlicbsame Retardirung der Bauten zur Folge haben. In dem gegebenen Falle sei es das Beste, ohne jede

eshränkung das freie, sahgemäße und verantwortliche Ermessen des Ministers walten zu lassen. Das langwierige und kostspielige Ver- fahren der Planfestseßung werde für die größte Zahl der Kleinbahnen das Zustandekommen gefährden. l :

Abg. Hansen (freiconf.) kann diese Argumentation nit e sti haltig ansehen; A va sei von jahrelanger Verzö erung fol Bahnbauten keine Rede. Nach § 13 könne die Genehmigung all- gemein nur nah Feststellung des Bauplans erfolgen; die nah § 17 gestattete Ausnahme könne also do niht die Regel sein, also auch eine Einschränkung dieser Ausnahme nit das ganze Geseß wirkungs- los machen. Redner bittet um Annahme seines Antrages, der den. berehtigten Interessen der Betheiligten genügend entgegenkomme.