1893 / 53 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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hat er in Bezug auf unsere Colonien? Will er vielleicht die Colonien wie Hannibal Fischer 1848 verauctioniren ?

Abg. Dr. Bamberger (dfr.): Graf Arnim i} wieder in eine persönliche Polemik verfallen, wie ih es an ihm gewöhnt bin, au wenn ich nicht den geringsten Anlaß dazu gebe. Er braucht mich nicht daran zu erinnern, daß ih Mitglied der Nation bin; ih habe das gewußt und bethätigt, ehe er auf der Welt war. Ich habe niht von den Colonien fremder Nationen, sondern von unseren mit deutshem Gelde bezahlten Colonien gesprochen, die ih für die shlehtesten halte, die überhaupt in Afrika zu haben waren. Für den Etat stimmen wir durchaus nicht, fondern nur für. die Forderungen für Kamerun und Togo. Wenn ich Minister wäre, würde ih zwar nicht suchen, die Colonien sofort los zu werden; aber ih würde die Mitglieder der Colonialgesellshaften, die uns hineingeritten haben, fo heranziehen, daß sie zeigen müßten, wie sie sehr sie an die Zukunft der Colonien glauben, und niht bloß s{chöne Reden liefern, sondern aus ihrer Tasche etwas bezahlen.

Abg. Dr. Mehnert (dcons.): Händel is der Sohn eines Dresdener Magistratsbeamten, der mich gebeten hat, diese Angelegen- heit hier zur Sprache zu bringen. Ih möchte Aufklärung darüber haben, wie das gerihtlihe Verfahren gegenüber Händel gehandhabt und wie der Strafvollzug in den Colonien beschaffenist. Nach den Mit- theilungen Händel's foll der eigentlihe Richter zweiter Instanz in erster Instanz abgeurtheilt haben und auf die eingelegte Berufung soll ihm der Gouverneur gesagt haben: „Hier giebt es keine Be- rufung.“ Ein Strafaufschub wurde ihm nicht bewilligt, da er bei der Firma Jantzen u. Thormählen angestellt is. Am 22. Juni wurde das Urtheil ausgesprochen, am 23. mußte er bereits die Strafe an- treten. Das Gefängniß is ein einstöckiges Gebäude, in der Mitte vefindet fsih eine Halle, in welche die Zellen münden, die Thüren tehen Tag und Nacht offen. Drei Tage lang war Händel mit \echs Negern zusammen einquartirt, bis der Stabsarzt Schröder den Naum für vollkommen gesundheitsgefährlih erklärte. Hierauf wurde Händel in ein Zimmer übergeführt, welches dem Polizeimeister als Wohnung hatte dienen sollen, welches aber ärztliherseits als für Europäer ge sundheitsgefährlih bezeichnet war. Wenn der Stabsarzt Schröder, der in Berlin oder in der Nähe Berlins seinen Wohnsiß haben soll, hierüber Auskunft ertheilen könnte, würde das allgemein beruhigen.

Dirigent der Colonialabtheilung, Wirklicher Geheimer Legations Rath Dr. Kayser: Die Gerichtsbarkeit in den Schutgebieten ist so organisirt, wie in den Konsulargerihtsbezirken. Von der Aeußerung: , „Hier giebt es garkeine Berufung“ is uns nichts bekannt. Der Gouverneur Zimmerer, der selbs s\echs Jahre Land- gerihts-Rath in Minden war, kann doh unmöglich dem Verurtheilten die zweite Instanz haben abschneiden wollen. Der Nichter erster Instanz war der Kanzler, dieser mußte aber vom Richteramt aus- geshlofsen werden, weil die Beleidigung sich gegen ihn selbst gerichtet hatte. Den Umstand, daß der Nichter erster Instanz an der Urtheils- fällung verhindert war, kann man doch nicht dahin deuten, daß dem Angeklagten die zweite Instanz abgeschnitten ist. Mir ist von der Einlegung einer Berufung absolut nichts bekannt. Nach dem Berichte des Gouverneurs nahm derselbe an, daß keine Berufung eingelegt fei, weil Strafaufshub beantragt war. Die Aeußerung: „Hier giebt es feine Berufung“ i} seitens des Gouverneurs nicht gefallen. Ob das Gefängniß so beschaffen ist, wie der Abg. Dr. Mehnert [Milbert, wei. W nt. Nad dem Bericht des Gouverneurs sind die Zellen absolut trocken, die Wände und Decken sind erst in diesem Jahre frish gekalkt. An einzelnen Stellen hatte die weiße Wand durch die Berührung der Gefangenen gelitten. Daß die Zellen \{mutßig seien, sei eine gewaltige Uebertreibung, und es sei klar, daß es in einem Gefängniß niht nach Veilchen duftet. Das Gefängniß sei nicht {lechter als die europäishen Gefängnisse. Infolge des ârztlichen Zeugnisses, dessen Beibringung vom Gouverneur erwartet wurde, wurde Herrn Händel das Polizeimeisterzimmer ange- wiesen. Dasselbe hat eine gewölbte Decke, ist schr hoh und geräumig, doh muß aus der grauen Farbe einzelner Stellen auf vorhandene Feuchtigkeit geschlossen werden. Der Gouverneur erklärt, wenn er selber in Bezug auf seine Wohnung fo \krupulös fein wollte, würde er sehr erhebliche Ausstellungen machen können. Wir schenken dem Fall große Aufmerksamkeit; wenn wirklih etwas versehen sein sollte, werden wir Remedur eintreten lassen.

Damit schließt die Discussion. Der Etat für Kamerun wird bewilligt, ebenso der für Togo ohne Debatte. Beim Etat für die südwestafrikanishen Schußgebiete erhält das Wort

Ubg. Graf von Arnim (NRp.): Nach den verschiedensten Berichten ist Lüderißzland keineswegs fo unfruchtbar, wie früher dar gestellt wurde. Mehrere Soldaten der Schußtruppe haben nah Ab- lauf der Dienstzeit erklärt, im Lande bleiben zu wollen, weil es für

den Anbau geeignet sei. Dieses Factum allein ist geeignet, jene Aeuße- rungen zu widerlegen, welche das Land für ein elendes Sandloch er- flärten, welhes man fo \chnell als möglich an England los zu werden suchen müsse. Es fehlt nur Ordnung und Schutz gegen die Drohungen des Hâuptlings Witbooi. Es wäre angebracht, daß Deutschland nicht mit verschränkten Armen dem Treiben dieses Näuberhauptmanns zu- sicht. Während man erfuhr, daß das Land gut und ansiedelungsfähig sei, fommt plöôßlih im vorigen Herbst die Nachricht, daß die Da- maraland-Concession abgeschlossen und ein großer Theil des Landes an England ausgeliefert sei. In der Budgetcommission erwiderte der Negierungsvertreter auf eine Anfrage, daß die jeßigen Zustände un baltbar seien, und daß man sih in einer Zwangslage befunden habe. Bei einem großen Theil der Commissionsmitglieder machte diese Aus- führung feinen sehr erheblihen Eindruck. Hätte man die Vorschläge des Hauptmanns Francois seinerZeit mehr berücksichtigt, so wäre die Situation dort noch eine vortheilhaftere. Man hätte, wie in Betschuanaland, be- stimmte Districte für die eingeborene Bevölkerung anweisen, die anderen Districte als Kronländer erklären müssen. Redner geht aus- führlih auf die Concessionen ein, welhe der für die Colonie ins Leben getretenen english-deutschen Gesellschaft für das Damaraland ertheilt find. Der ganze Vortheil sei auf Seiten der Engländer. Die Gesellschaft zahlt jährlih die geringe Summe von 2000 A und nah 30 Jahren 26 000 A jährlich und ihr wird dafür ein Minengebiet von 1350 Quadratmeilen überlassen. Dagegen ist die Forderung er- hoben, daß nah aht Jahren die Gruben eine Gesammtförderung von 5000 t ermöglihen. Die Forderung ist bei der großen Kupferhaltigkeit des Gesteins niht {wer zu erfüllen. Ferner werden der Gesellschaft 13000 gkm innerhalb des Minengebiets überlassen, die ihr zum Anbau geeignet erscheinen. Die Concession, daß die deutshen Ansiedler hierbei dieselben Vortheile genießen sollen, wie die ausländischen, ist nicht hoch anzuschlagen. Die Gefell- schaft behält außerdem die Eisenbahnconcession für das ganze Gebiet. Die Rechtsgelehrten, welche die Colonialgesellschaft befragt hat, sprechen sich dahin aus, daß der Bertrag dem Reichstag hätte zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Befremdlicherweise sind in der Concession der Gesellschaft Zinsgarantien für den Bau von Eisenbahnen in Aus- ficht gestellt worden. Natürlih wird die Gesellschaft nit freiwillig mit dem Bau vorgehen, sondern abwarten, bis die Regierung das Verlangen stellt, und dann die Zinsgarantie in Anspruch nehmen. Ich bose, daß dann wenigstens entsprehend diesem Vorgang später au anderen Gesellschaften das gleiche Entgegenkommen gezeigt werden wird. Bei der Damaraland-Concession sind die Interessen des Vater- landes niht gewahrt worden. Sollte denn im Colonialamt nicht da- für Verständniß vorhanden sein, ob deutsches Kapital, deutsche Arbeiter oder englisches Kapital, englishe Arbeiter dort thätig sind? Die Colonie ist doch nicht Selbstzweck, sondern bestimmt, das wirth- schaftliße Leben des Vaterlandes mit der Colonie zu vereinigen. Das erreichen wir niht, wenn Engländer dort Eisenbahnen bauen, Minen ausbeuten, Gold und Silber aus dem Lande holen. Die Con- cession soll nöthig gewesen sein, weil deutsches Kapital nicht zu haben sei. Aber seit 1878 haben mehrere deutshe Gesellshaften ins- gesammt vier Millionen für Südwest - Afrika ausgegeben, wozu noch die Ausgaben der rheinishen Missionen hinzukommen. Die In- triguen des Herrn Lewis haben aber die zarten Keime, welche diese Gesellschaften gelegt haben, erstickt. Der Febler ift gewesen, daß man

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zuerst mit dem Minenbau und der Goldgewinnung angefangen häi, anstatt mit dem Ackerbau. In den anderen Goldländern hat ih immer erft der Landarbeiter angesiedelt .und dann der Digger Gold gesuht. Erst hätte man ansiedeln und dann abwarten follen, ob im Laufe der Zeit Edelmetalle zu finden wären. Momentan ist wieder eine Gesellschaft mit einem Kapital von aht Millionen Mark gegründet worden. Diesen Bestrebungen muß auch die Ncgierung mit Vertrauen entgegenkommen. Ich hoffe, daß auch die Districte,

welche die Herren von Uehhtriß und Graf Pfeil als ansiedlungsfähig erachtet haben, der deutschen Ansiedlung eröffnet werden. Die An- meldungen von Ansiedlern mehren sich. Ich bitte den Reichs- fanzler, doch auch zuweilen ein Wort der Ermunterung und An- erkennung für die Thätigkeit dieser Colontalgesellshaften im Laufe der Jahre zu haben. Der Reichskanzler hatte vor einiger Zeit das Gefühl, daß die Colonialbestrebungen im Zustande der Erstarrung seien. Nun, in unseren Colonialgesellshaften fißen niht Shwärmer und Idealisten, sondern Kaufleute und Industrielle, ausgerüstet mit Thatkraft, Unternehmungsgeist und Kapital.

Reichskanzler Graf von Caprivi:

Der Herr Vorredner hat der Regierung einen Vorwurf gemacht, sie habe bei der Ertheilung der Damara-Concession die Interessen des Baterlandes nicht hinreihend gewahrt. Das ift ein Vorwurf von ungewöhnliher Schwere, und wenn ein solder Vorwurf gemacht wird, darf man erwarten, daß er mit hinreihenden Gründen unter- stüßt wird. Solche Gründe habe ich in der Nede des Herrn Vor- redners vermißt. Ih würde mich vielleiht aus ihr überzeugen konnen, daß die Gesellschaft, der der Herr Vorredner an- gehört, des Glaubens ist, daß ihre Interessen bei diesem Ver- trage nicht hinreihend gewahrt seien; daß aber die Interessen des Vaterlandes verletzt sein sollten, das verneine ih mit aller Bestimmt- heit. Es ist meine Absicht nicht, auf die Einzelheiten der Damara- Concession hier näher einzugehen; ih werde das dem Herrn Geheimen Nath Kayser überlassen. Jch will nur ein paar allgemeine Gesichts- punkte aussprechen, von denen ih hoffe, daß auch der Herr Vorredner das eine oder andere Gute in thnen finden wird; daß er aus ihnen die Ermuthigung und Anregung wird entnehmen können, nah der er einen Wunsch ausgesprochen hat.

Der Herr Vorredner hat, wenn ih ihn recht verstanden habe, seine Ansichten über die Weise, wie die Geschäfte in Süd-Afrika be- trieben werden müssen, dahin zusammengefaßt, man solle niht mit dem Bergbau anfangen, fsondern erst ansiedeln und dann abwarten. Darauf möchte ih ihmin erwidern: in dem Zustande des Abwartens sind wir nun gerade zehn Jahre gewesen (Heiterkeit), und da dieser Zustand keine Folgen trug, bin ih geneigt gewesen, au) engllsMes Kapital in das Land zu lassen: eben, um aus Südwest-Afrika etwas zu machen, um endli einen Gegen- stand in Südwest-Afrika zu besißen, der des Schußes Deutsch- lands werth ist, habe ih der Concession zugestimmt. Ich habe der Concession zugestimmt in dem Glauben und in der Ueberzeugung, daß wir, da wir Südwest-Afrika einmal haben, es halten werden und halten müssen ; daß, wenn wir für das Halten von Südwest-Afrika Geld ausgeben, eben etwas da sein muß, von dem man hoffen kann, daß es die Kosten des Mutterlandes auh wieder einbringen wird.

Im vorigen Sommer traten Verhältnisse ein, die bisher in der Deffentlichkeit niht besprohen worden sind, und die zu besprechen, auch kein Interesse vorlag; im Gegentheil, ih werde mih au heute noch mit einer gewissen Vorsicht über diese Dinge zu äußern haben.

(Es fam damals einer der verdienten Offiziere, der Brüder von François, hierher, denen wir es verdanken, daß wir überhaupt noch in Südwest-Afrika mit einem so geringen Aufwand von Mitteln ge- blieben sind. Es stellte sih in den Besprehungen mit diesem Herrn heraus, daß auf die Dauer der jeßige Zustand insofern unhaltbar werden könnte, als die Möglichkeit nahe lag, daß der Hendrik Wit- booi, dieser Mann, halb Soldat, halb Prophet, der über eine beweg- liche Truppe gebietet der Herr Graf Arnim nannte sie Näuber; nun, ih weiß es nicht; sie mag ja auch diesen Namen verdienen ; daß der Hendrik Witbooi geneigt sei, sih mit den Hereros zu verständigen. Wir hatten bisher mit der geringen Truppe, die wir in Südwest- Afrika hatten , auskommen können, weil wir die Hereros gelegentlich gegen Witbooi ausspielen konnten, vielleiht auch Witbooi gegen die Hereros. Wenn nun aber die beiden die Neigung zeigten, sich unter einander zu verständigen, so wurde unsere Lage s{chwieriger.

Es ließ sih das also im vorigen Sommer, als Herr von François hier war, noch nicht mit Gewißheit voraussehen; es wurde aber Pflicht der Regierung, diese Eventualität ins Auge zu fassen und diejenigen Anstalten zu treffen, die erforderlih sein würden, um einer solchen Vereinigung, die den deutschen Besiß hätte bedrohen können, wirksam entgegenzutreten.

Nun liegt für die Leitung der Dinge in Südwest-Afrika von hier aus eine ungeheuere Schwierigkeit in der mangelhaften Communication. Wenn der Hauptmann von Frangçois schreibt, so geht der Brief mit der Kameelpost nah Walfischbai; dort kommt alle vier Wochen ein Schiff von Kapstadt an; dieses Schiff nimmt, wenn es seine Ladung gelöscht hat, den Brief nah Kapstadt zurück, und erst von da wird er mittels regelmäßiger Postverbindung hierher befördert. Es folgt daraus, daß man dem Offizier, der die Leitung in Südwest-Afrika hat, einen großen Spielraum lassen muß. Es folgt aber auch weiter daraus, daß man das Bestreben haben muß, künftigen Ereignissen zuvorzukommen, sie vorauszusehen. Denn wenn wir durch eine Ver- einigung der Hereros und des Witbooi überrascht worden wären, \o hätten Unannehmlichkeiten eintreten können, denen von bier aus ent- gegenzutreten dann die Zeit gefehlt haben würde.

Ich habe also auf meine Verantwortung hin, und indem ih die Grenze des Etats überschritt vielleiht gereiht das dem Wunsche des Herrn Grafen Arnim, daß die Regierung mehr aufwenden sfollte für Südwest-Afrika, zur Genugthuung —, einige Veranstaltungen schon im vorigen Sommer getroffen.

Ich habe zunächst veranlaßt, daß in aller Stille so viel Proviant nah unserer kleinen Feste Windhook geschafft würde, als nothwendig sein würde, um diese Feste und das, was wir in ihrer Umgebung besißen, zu halten, bis wir im stande wären, eine Aenderung der Zustände von hier aus eintreten zu lassen. Ich habe für Munition, für Waffen gesorgt, es ist auch Unterkunftsraum geschaffen worden für eine stärkere Truppe, um, wenn die Regierung genöthigt fein sollte, die fleine Schußtruppe von 40—50 Mann zu verstärken, nicht in Verlegenheit zu kommen.

Also es waren im vorigen Sommer, ruhig und ohne Aufsehen zu erregen, diejenigen Vorbereitungen getroffen, die getroffen werden mußten, wenn eine plöglihe Verstärkung unserer Schußtruppe noth- wendig werden sollte. Diese Nothwendigkeit zeigte \sih vor einigen Monaten \chon klarer. Die Nachrichten, die anfangs nur lose auf

eine Annäherung zwishen diesen beiden farbigen Gesellshaften hindeuteten, wurden stärker und wurden so stark, daß ih mich dazu entschloß, bei Seiner Majestät den Befehl zu einer Verstärkung der Schußtruppe zu erbitten. Jch hatte anfangs im Auge, sie auf 80 Mann zu bringen. Die Siedelungsgesellshaft s{hickte ohnehin ein Schiff hinaus; es machte sih einfa, die Verstärkung mitzugeben. Die Leute wurden den Truppentheilen entnommen es waren Mannschaften, die sich frei- willig meldeten —, und sie wurden dem Wunsche des Hauptmanns von François entsprehend so ausgewählt, daß sie eine Reihe von Gewerben repräfentirten, deren Anwesenheit für das Dasein unserer fleinen Siedelung Windhook erforderlih war.

Cs hatte fast {hon die Einschiffung dieser Truppen begonnen, als noch eine Nachricht eintraf, die die Nothwendigkeit, weiter zu gehen, erkennen ließ. Es waren {hon von den Hereros ich will nicht sagen: Feindseligkeiten, aber Dreistigkeiten gegen Deutsche begangen worden, denen im Nothfalle mit Gewalt entgegenzutreten, auch die 80 nicht hingereiht haben würden. Es ift also wiederum auf meine Verantwortung durh Seine Majestät den Kaiser der Befehl gegeben worden, eine wesentlihe Verstärkung der Schußtruppe vorzunehmen. Ich kann bemerken, daß, wenn das Schiff, das diese Verstärkung trägt, und das sich jeßt im Ozean bewegt, in Südwest- Afrika ankommt, wir etwa über 250 Soldaten gebieten werden. Das i} wenig: es wird aber hinreichen, nit allein das zu erhalten, was wir besißen, sondern auch die Polizei insoweit zu üben, daß Deutsche, die nach Minen suchen, die sih an anderen Stellen als in Windhook ansiedeln, ge- {hüßt werden ; daß nicht allein Deutsche, sondern auch Engländer, die ihr Geld da unterbringen, sicher sein können vor Insulten seitens dieser farbigen Menschen. Wic wollen keinen Krieg führen, wir wollen auf unblutige Weise uns immer mehr zu Herren des Landes machen und unsere Herrschaft befestigen. Wir haben Südwest-Afrika einmal, es ist unter Zustimmung des Volkes deutshe Colonie geworden ih lasse mich garnicht auf eine retrospective Betrachtung ein, wie das gekommen is und ob es gut war oder nicht wir haben es, jetzt ist es deutsches Land und muß als deutsches Land erhalten werden. (Bravo !)

Zu den ersten Maßregeln, die ih {hon im vorigen Sommer ver anlaßte, trat weiter eine Untersuchung, ob wir nicht an einer anderen Stelle der Küste würden landen können, als in Walfishbai. Es ift überhaupt diese Walfischbai ein immer mehr versandender, dürftiger Hafen, an dem sich ein halbes Dußend \{chmutiger Hütten befinden, 36 Einwohner, oder wieviel es sein mögen es i ja viel darüber gesprochen worden Und S U B uns nur eine gewisse negative Bedeutung dadurch, daß es eben niht deutshes Land war, daß also jeder Verkehr mit Südwest- Afrika von hier aus immer durch anderer Leute Gebiet gehen muß. Wir stehen auf bestem Fuß mit den Engländern, wir erfreuen uns ihres Wohlwollens und erwidern dieses Wohlwollen; aber immerhin war es unbequem, und um so unbequemer, als wir der Meinung sind: dieser Hafen von Walfischbai wird in absehbarer Zeit versanden.

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Es wurde also der Hauptmann von Frangçois angewiesen, zu untersuchen, ob andere Stellen sich finden würden, Stellen auf deut- schem Boden, wo die Landung möglih wäre. Fast an der ganzen Westküste von Afrika sind keine Häfen, sondern es wird überall von Nheden aus gelandet, und zwar unter sehr erschwerenden Umständen, weil meist an der Küste eine {were Brandung steht, eine Brandung, die mit gewöhnlichen europäischen Booten nicht zu passiren ist. Man hat, um durch diese Brandung zu kommen, in Togo und allen diesen Orten Brandungsboote, die von Negern gerudert werden, die ein Metier aus dem Nudern großer Boote durch die Brandung machen. Es wurde also weiter angeordnet, daß ein Brandungsboot gebaut und mit Krunegern beseßt hingeschafft wurde nah der Mündung des so- genannten Swacop-Flusses, der aber eigentlich kein Fluß ift, \ondern den größten Theil des Jahres trocken liegt. Es wurde angeordnet, daß ein Schiff Seiner Majestät des Kaisers hinginge und Unter- suchungen darüber anstellte, ob die Brandung vor der Swacop-Mün- dung das Landen von Frachten und Menschen gestatten würde. Bor wenigen Tagen i} der erste kurze telegraphische Bericht darüber ein- gegangen und der lautet günstig.

Es sind also alle diejenigen Vorbereitungen getroffen worden, die man, wenn man sich auch auf den Boden des Herrn Abg. Grafen Arnim stellt, wie ich glaube, wird billigen müssen. Es ist eben so wenig und so viel geschehen, als nothwendig erschien, um eben das, was wir besitzen, weiter in unserer Hand zu behalten.

Der Herr Graf von Arnim hat angedeutet, daß die Ansiedelungen rasch vorwärts schreiten werden; ich will das wünschen; bis jeßt sind diese Fortschritte nicht erheblih gewesen. Ich kann aber constatiren, daß da, wo Versuche gemacht worden sind, sie niht ungünstig aus- gefallen sind. Man hat an die Regierung das Ansuchen gestellt, Buren hineinzulassen in das Territorium. Es sind dies an die Ver- hältnisse gewöhnte, fleißige Menschen; indessen hat der Hauptmann von Francçois selbs an der agrarischen Leistungsfähigkeit der Buren doch einen gewissen Zweifel. Er glaubt nicht, daß sie die Wasser- verhältnisse, die so überaus shwierig sind in West-Afrika, so behandeln werden, wie es nöthig ist, um von einem Akerbau überhaupt in Südwest-Afrika reden zu können.

Nichtsdestoweniger ist die Frage noch nicht entschieden, ob wir Buren überhaupt hineinlassen wollen oder niht. Es spriht manches dafür, mal einen Versuch mit 40, 50 Familien zu machen. Es sind uns von anderer Stelle Offerten gemaht worden, Buren zu zwei oder mebr Tausenden auf einmal hereinzulassen. Dem widerspreche ih ganz entschieden; denn die Buren haben cin sehr starkes Unabhängig- feitsgefühl, und ob einer solchen Burengesellshaft gegenüber, wenn sie mißvergnügt würde, eine Schußtruppe von 200 Mann hin- reichen würde, ist fraglich. Die Buren machen ferner den Anspruch, ihr eigenes Neht und ihre eigene Verwaltung zu behalten. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß die Siedelungêgesellschaft im stande sein wird, immer mehr Weiße von anderer Seite hereinzuführen. Wir glauben, daß, wenn die Dinge in Südwest-Afrika au sehr langsam vorwärts gehen, sie doch nicht \tillstehen, sondern fortshreiten werden, und daß von Seiten der Regierung dasjenige gesehen if, was zur Zeit möglih war, um den Männern, die sih eine Aufgabe aus der Aufschließung von Südwest-Afrika gemacht haben, Ermuthigung und Theilnahme angedeihen zu lassen. (Bravo!)

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Wir haben wohl Alle eben mit Genitilidina ehört, daß das Reich entschlossen ist, das südwest- afrikanische Gebiet zu erhalten und unsere dortigen wirthschaftlichen Interessen zu \hützen. Die Regierung hätte hon vor Jahren dur

Verstärkung der Schußtruppe unseren Niederlassungen die nöthige Sicherbeit geben müssen. Jet erkennt die Regierung an, daß die bisherige Únsicherheit der Weißen daselbst die wirthschaftlihe Ent- widckelung gehindert hat. Vor einigen Jahren mußte fich selbst der deutshe Reichscommissar es gefallen lassen, daß ihm in Otjimbingue die Thür gewiesen wurde. Was fkonnten da Private machen ? Den bekannten Viehzühter Hermann verhinderte Vendrik Witboi, sich cinen neuen Weideplay anzufhaffen. Der Reichs- fanzler darf sich über die Stagnation und Unthätigkeit der deutschen Unternehmungen niht beflagen; deutsches Kapital kat erst den englishen Unternehmen die Bahn geschaffen. Die Damaraland-Concession ift zwar nicht gegen die _Znteres}en des Deutschen Reichs ertheilt, aber ohne genügende Nücksihtnahme auf die dort bereits vorhandenen deutschen Interessen und auf die deutschen Neichs-Finanzintere}sen. Die Concession giebt der englischen Gesellschaft lediglich Rechte, aber keine Verpflichtungen. Die von thr zu zahlende Bergwerksabgabe von jährlih 2000 4 ist geringer als die Abgabe der sonstigen Bergwerksinteressenten. Für das abgetretene Land ist erst nah 20 Jahren eine Abgabe von 20 000 6 zu zahlen. Mer darin eine genügende Wahrung deutscher Interessen sieht, dem fehlt die Kenntniß der großen Vortheile, welche die englische Gesell- schaft erhalten hat. Das Reich hat ihr Steuerfreiheit und zwar auf viele Jahrzehnte ertheilt und alle finanziellen Vortheile aus der Hand gegeben. Wo sollen die Meittel für die Bestreitung der Ausgaben für das Schußzgebiet auf diese Weise herkommen? Es ist ein Saltomortale, den die Colonialverwaltung mit der Ertheilung dieser Concession ge- macht hat. Die South West Africa Company besaß gar kein Kapital in dem Moment, wo sie diese ungeheuren Rechte erhielt. Inzwischen hat ja die Gesellschaft viele Pfund Sterling unterzubringen verstanden, und sih auch mit den Nechtsnachfolgern von Lewis verständigt. Ge- schädigt sind die deutshen Interessen namentlih durch die Ertheilung einer Cisenbahnconcession für alle Eisenbahnen im Schußgebiet nörd- lich vom Wendekreis des Steinbocks, und dadurch, daß der englischen Gesellschaft die Bergwerksgerehtsame in cinem District des deutschen Interessengebiets ertheilt worden sind E ;

Dirigent der Colonial- Abtheilung, Wirklicher Geheimer Legations- Nath Dr. Kayser: Der Vorwurf, die Negierung habe geltendes Necht verletzt, ließ durchblicken, daß ein wissentlicher Nechtsbruch vor- liege. Aber bei der Behauptung, es seien der South West Africa Company BVergwerksgerehtsame ertheilt in einem Gebiet, wo nach der Bergwerksordnung von 1889 der Grundsay der Bergfreiheit be- stand, wird der Unterschied zwischen der deutschen Interessensphäre und dem deutschen Schutgebiet, in welchem allein diese Verordnung gilt, außer Acht gelassen. Auch bestehende Rechte deutscher MNeichs- angehöriger sind nicht verleßt ; auf die der englischen Gesell\chaft ab- getretene Otami-Mine hat nie eine deutsche Gesellshaft Anspruch er- hoben. Was die Ertheilung von Land zum Bau von Eisenbahnen betrifft, so hatte die deutshe Gesellshaft auf das Land, welches bei dieser Concession in Betracht kommt, niemals einen Anspruh. Die Südafrikanische Gesellschaft hatte vor einigen Jahren die Neigung, ih Hoheitsrehte vom Reich garantiren zu lassen. Man hatte ihr damals geantwortet, daß die Ertheilung davon abhängig gemacht würde, daß sie die Verwaltung des Landes übernehme. Darauf ist sie niht eingegangen. Die South West Africa Company bietet eine größere Garantie für das deutsche Kapital und seinen Einfluß, als es früher der Fall war, und fie wird allen an sie herantretenden Ansprüchen gerecht werden. Was den Vorwurf betrifft, daß wir an Gegenleistungen nur verlangt hätten die 2000 , die von der enguscWen Gesellwat u entridten nd 0 nd die 2000 A gar feine Gegenleistung, sondern ein Dispositionsfonds für den Commissar, um Schwierigkeiten seitens einzelner Häuptlinge den Unternehmungen der Gesellshaft gegenüber aus dem Wege zu räumen. Die Gegenleistungen der Gesellschaft bestehen lediglich in der wirthschaftlichen Aufschließung des Landes. Es ist wirthschaftlih fals, einer jungen Colonialgesfellschaft von allem Anfang an |\{chwere finanzielle Belastungen aufzuerlegen. Die Gesellschaft muß doh noch für Erpeditionen 300 000 Æ, für den Bau von Eisenbahnen in den nächsten zehn Jahren 400 000 6 ausgeben. Wenn erst \teuerbare Objecte in der Colonie entstanden find, wird auch die Heranziehung der Gesellschaft zur Steuer niht auf sih warten lassen. Was die Zinsgarantie betrifft, so kann nicht heute oder morgen mit dem Bau einer Bahn nach Windhook oder Otjimbingue begonnen werden. Wenn es fo weit scin wird, hat auch der Reichstag ein Wort mit- zureden.

Abg. Dr. Hammacher (nl.) sucht auszuführen, daß die Damara- landconcession bezüglih der Verleihung des Stimmrechts null und nichtig fei, weil das in Frage stehende Land nicht mehr in die deutsche Interessensphäre falle, vielmehr durch besonderen, im Colonialblatt veröffentlihten Erlaß des Kaisers unter deutshen Schuß gestellt worden ist.

Dirigent der Colonial-Abtheilung, Wirklicher Geheimer Legations- Rath Dr. Kayser crklärt diese Auffassung für irrig.

Nachdem noch der Abg. Graf Arnim darauf hingewiesen, daß er einer Erwerbsgesellschaft für Südwest-Afrika nicht angehöre, wohl aber Mitglied des Präsidiums der Deutschen Colonialgesellshaft sei, ließt die Discussion.

Die Forderungen für Südwest-Afrika werden bewilligt, ebenso das Etatsgesey für die Schußgebiete.

Um 51/5 Uhr wird die Fortsezung der Verhandlung auf Donnerstag, 1 Uhr, vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 42 Sihung vom 1. März.

_ Die zweite Berathung des Staatshaushalts- Etats für 1893/94 wird fortgeseßt in dem Etat der Eisenbahnverwaltung bei Tit. 2 der Ausgaben: Gehälter der Unterbeamten, zu dem zahlreiche Peti- tionen vorliegen, bezüglih deren die Budgetcommission bean- iragt, diejenigen um Gleichstellung der Eisenbahn-Secretäre mit den Regierungs-Secretären der Regierung als Material für die shwebenden Erwägungen zu überweisen, über die Ubrigen aber zur Tagesordnung überzugehen.

Ueber den Beginn der Sißung ijt bereits in der Nummer vom Mittwoch berichtet worden. Jm weiteren Verlauf der Debatte nimmt nah dem Abg. Grafen Strachwißt (Centr.), über dessen Rede bereits berihtet worden, das Wort der

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Die Zahlen, die der Herr Graf Strachwitz vorhin angeführt hat bezüglich des in den Monaten Oktober und November in Oberschlesien stattgehabten Wagenmangels, sind im wesentlichen, soweit ih sie habe verfolgen können, richtig; nur gestatte ich mir zu bemerken, daß der Umstand, daß ein Theil der Wagen eine höhere Tragfähigkeit als 10 Tonnen besitzt, die Sachlage niht verschlimmert, sondern im Gegentheil verbessert, da die Nachweisungen aufgestellt find unter NReducirung aller Wagen auf 10 t.

DieVersorgung des oberschlesischen Reviers in den kritisGßen Monaten Oktober und November, in welchen si neben der gesteigerten Kohlen- beförderung die ganze Nübenproduction zu concentriren pflegt und au verschiedene andere Producte in reiherem Maße als im übrigen Jahre zur Beförderung aufgegeben werden, is von jeher Gegenstand ganz be- sonderer Sorge der Staatseisenbahnverwaltung gewesen. Die Ver- hältnifse liegen für Oberschlesien insofern außerordentlich \{chwierig, weil, wie ja bekannt, an beiden Seiten das oberschlesische Revier vom Ausland flankirt wird. Es fließt also

verhältnißmäßig wenig Leermaterial dorthin; es bedarf mithin einer fünstlihen Zuführung, um das oberschlesishe Nevier jeder Zeit mit dem nöthigen leeren Material zu versorgen. In der Be- ziehung bestehen bereits Vorschriften, nah denen das Central-Wagen- amt in Magdeburg operirt und die im wesentlichen darauf gerichtet find, von gewissen Strecken der mittleren Verkehrsgebiete die dort zur Entladung kommenden leeren Wagen dem oberschlesishen Revier zuzuführen. Kommt der Ansturm sehr plöulich, so ist es kaum zu vermeiden, daß für kürzer oder auch sich länger hinziehende Zeit in Oberschlesien Wagenmangel eintritt.

Ich hatte gehofft, der Herr Abg. Graf Strachwiß würde seinen Klagen über die mangelnde Wagengestellung in den Monaten Oktober und November eine Ergänzung hinzufügen über das, was wir in den anderen Monaten Dezember, Januar und Februar geleistet haben, in denen die Förderung des oberschlesischen Neviers in ganz außergewöhn- [lich großenDimenfionen, ein Wagenmangel dagegen nicht stattgefunden hat. In der Zeit vom 1. bis 7. Februar betrug der Versand 1893 gegen 1892 im oberschlesishen Nevier 22,8 Procent mehr; dabei wurden die geforderten Wagen voll gestellt. Der Herr Abg. Graf Strachwitz wird daraus schon erschen können, daß die Staatseisenbahnverwaltung das ihrige gethan hat. Es finden übrigens zur Zeit noch Erörterungen darüber statt, ob niht dauernde Maßregeln möglich sind, die bewirken, daß das oberschlesishe Revier auh in der Sturm- und Drangperiode, also im Oktober und November, ausreihend versorgt wird.

Die Mittel, die dazu aufgewendet werden müssen, sind aber nicht ganz einfacher Natur; es ist nicht etwa die Besorgniß hinderlich, irgend einem anderen Verkehrsgebiete, also etwa dem Nuhrkohlen- Nevier Wagen zu entziehen, mit denen dann Oberschlesien versorgt würde; die Staatseisenbahnverwaltung erkennt vielmehr auch ihrerseits als richtig an, daß Licht und Schatten gleihmäßig zu vertheilen sind. Die Schwierigkeit liegt in den großen Entfernungen, auf welche das Leermaterial herangefahren werden muß.

Die zweite Frage, die der Herr Abgeordnete angeregt hat, betrifft den Bahnhof Beuthen. Mit dem Bahnhof Beuthen find wir allerdings noch nicht viel weiter gekommen. Herr Abg. Graf Strachwiß hat auch seinerseits {on hervorgehoben, welche Schwierigkeiten dort obwalten. Diese Schwierigkeiten haben zu viel- fachen Erörterungen mit der Stadt Beuthen geführt; auh heute sind wir mit der Stadt Beuthen noch nicht im reinen. Wir würden recht gern baldthunlih\t die Verhältnisse auf dem Bahnhof Beuthen, die uns eben so sehr auf den Nägeln brennen wie der Stadt Beuthen, ändern. Sie können sich also überzeugt halten, daß seitens der Staats- eisenbahnverwaltung alles geshehen wird, um diligentiam zu prâstiren.

Auf den dritten Gegenstand, die Staffeltarife, möchte ih heute nicht näher eingehen. (Sehr rihtig!)) Ich seße voraus, daß die Debatten über Staffeltarife uns geraume Zeit noch in kommenden Sitzungen beschäftigen werden. Nur so viel möchte ih mit drei Worten Herrn Abg. Grafen Strachwiß sagen, daß die Transporte russischen Getreides auf Grund des Staffeltarifes bis jeßt verschwindend geringe sind, und daß es wohl niemals vorkommen wird, daß von Königsberg mit dem Staffeltarif russishes Getreide nach Köln geht. Denn, wenn das Getreide in Königsberg oder Danzig ist, kann es schr viel billiger über See nah Köln transportirt werden. Dagegen kann kein Staffeltarif concurriren. Wir haben sehr genau die Quantitäten ver folgt, die von der Lodzener Grenze ab auf Grund der Staffeltarife versandt sind; diese Quantitäten sind sehr gering, insbesondere diejenigen, welhe nah dem Westen und Süden gegangen find. D U Q Sanne möge niht ver- gessen, daß Nußland und Oesterrei uns flankiren und noch billigere Staffeltarife auf ihren Bahnen haben und daß die russishen und österreichischen Bahnen ein Interesse daran haben, das bei ihnen für deutshe Stationen aufgegebene Getreide thunlich lange auf der eigenen Strecke zu behalten. Sie führen uns in der Hauptsahe nur dasjenige Getreide zu, welches zweckmäßig von Königsberg und Danzig aus über See transportirt wird, und das wird nicht zum Staffel- tarif gefahren.

as hohe Haus möge mir gestatten, mit einigen Worten auf

einen Gegenstand der gestrigen Debatte zurückzukommen. Nach Schluß der gestrigen Sitzung hat Herr Abg. Wallbreht mir dasjenige ihm zur Verfügung gestellte Material übergeben, auf Grund dessen er gestern seine Ausführungen gemacht hat. Ich habe dieses Material geprüft und fühle mich auf Grund dieser Prüfung verpflichtet, hiermit zu erklären, daß das offenbar aus tehnishen Kreisen herrührende Material in durchaus thatsächliher, ruhiger und sachgemäßer Weise die Ver- hältnisse der Techniker in Bezug auf ihr Fortkommen darstellt und an diese Ausführungen einen positiven Vorschlag knüpft, den der Herr Abg. Wallbrecht nicht erwähnt hat, der aber meines Erachtens wobl der Erwähnung werth ist, ein Vorschlag, der auch bereits früber im Schooße der Staatsregierung erwogen worden is. Meine Herren, nachdem diese Frage in eingehender Weise in der Budgetcommission bereits erörtert worden war, wäre es vielleiht, allerdings nach meiner un- vorgreiflihen Meinung, im Interesse der Sache besser gewesen, der Herr Abg. Wallbrecht hätte mir das Material früher zugänglich gemacht ; es wäre dann einmal das Mißverständniß, welches hier offenbar auf seiner Seite obgewaltet hat, sofort zerstreut worden, und es wâre ferner vielleiht vermieden worden, hier in eine Erörterung des Verhältnisses höherer Beamten derselben Verwaltung zu einander und zu Beamten anderer Verwaltungszweige einzutreten. Eine der artige Erörterung erachte ih, allerdings auch unmaßgeblih, eigentlich nur als eine ultima ratio am Plate und jedenfalls nah keiner Nich- tung hin für erwünscht. (Sehr richtig !)

Zweitens möchte ih mir gestatten, anknüpfend an die Zusage, die ih gestern Herrn von Schalscha gemacht habe, hier mitzutheilen, daß die mir inzwishen zugegangenen Ermittelungen, bezüglih der Ent- gleisung des Schnellzuges 5 auf der Löwener Brücke, Folgendes ergeben haben. Jch erlaube mir, hier wörtlih dasjenige vorzulesen, was das Betriebsamt berichtet :

„Als Hauptursache der Entgleisung des Schnellzuges 5 dürfte das Nachgeben einer in der Fahrtrihtung des Zuges links auf der Neissebrücke liegenden Schiene anzusehen sein, die auf einem Längs- balken aufgesattelt war. Unter dem Schienenfuße entlang hatte dieser Längsbalken augenscheinlichß einen Kernriß, der das Eindringen der Feuchtigkeit in den Balken und das Morshwerden desselben unter dem Schienenfuße herbeigeführt hat.

Da diese morshe Stelle vom Schienenfuße vollständig. verdeckt war und der Balken in seinen sihtbaren Theilen eine feste Be- schaffenheit zeigte, so ist die Schadhaftigkeit desselben bei der im

Frühjahr vom Bauinspector und dem Bahnmeister vorgenommenen

Revision sämmtlicher Brückenhölzer niht entdeckt worden.“ Also der Herr Abg. von Schalscha hat insofern Net, als au das Betriebsamt nach den Ermittelungen, die stattgefunden haben, annimmt, daß die Entgleisung herbeigeführt worden is durch cin Nachgeben der Schiene, und daß dieses Nachgeben der Schiene wahrscheinlicher Weise durch einen Längsriß in dem Schwellenbalken entstanden ist. Es iff aber nachgewiesen, daß der Bahnmeister und der zuständige Bahninspector zusammen nicht lange vor der Entgleisung den Zustand der Brücke und der Gleislage auf derselben revidirt und daß beide Beamte keinerlei Schadhaftigkeit der betreffenden Brückenhölzer ent- deckt haben, weil der Schaden durch die Schienen verdeckt wurde. Die Staatsanwaltschaft hat die Untersuhung auch ihrerseits geführt, die Untersuchung aber eingestellt, weil dieselbe in Bezug auf das Ver- s{hulden irgend eines Beamten ein durchaus negatives Ergebniß gehabt hat. Ich habe mi verpflichtet erachtet, sobald als möglih die Sachlage klar zu stellen und.damit 4neine gestrige Zusage einzulösen. (Bravo!)

Abg. Wallbrecht (nl.) mat darauf aufmerksam, daß er sein Material bereits am 7. Mai v. F. vorgetragen habe. : Abg. Dr. Sattler (nl.) bittet, auf die Frage der Staffeltarife jeßt nicht cinzugehen, da die Tarife später erörtert werden würden.

Der Titel wird genehmigt. Bei den Petitioner1

bemerkt V Wroemel (DIT); daß die Finanzverwaltung den Hauses und der Beamten verdiene für die Vermehrung der etatsmäßigen Stellen, die ein Beweis dafür sei, daß die Klagen der Diätarien berechtigt gewesen seien. Bedauerlich sei | von diesen etatsmäßigen Stellen die Hälfte für Militäranwärter in Anspruch genommen fei, sodaß bei einigen Directionen alle Militär- anwaärter tin solche Stellen gekommen seien, ja daß nicht einmal alle vorbehaltenen Stellen mit Militäranwärtern hätten besetzt werden konnen, sodaß vielleiht in aht oder neun

Jahren kein Civilanwärter mehr in etatsmäßige Stellen einrücken fönne. Die Beamten wünschten eine Berücksichtigung dieses Mißverhältnisses.

Geheimer Ober: Negierungs-Nath Gerlach erklärt, daß Verhandlungen s{weben, um einen Auêgleich ¿zu Gunsten anwärter zu finden.

Abg. Dr. Sattler (nl.) spricht seine Befriedigung am besten wäre es, wenn die Vertheilung der S Civil- und Militäranwärtern für den g jeden Directionsbezirk erfolgt. Benachtheiliat sind Beamten der früheren Privatbahnen, die denen nachgestellt werden.

Ministerial-Director Brefeld bestreitet,

Privatbahnen \{chlechter gestellt sind, als die 1

ist nur dafür gesorgt worden, daß die Privatbahnbeamtt beamten von gleichem Dienstalter nicht überspringen und werden.

Die Petitionen werden nah dem Antrage der Commission erlediat.

Zit. 3 enthält die Gehälter der Stationsbeamten (Vorsteher, Assistenten, Telegraphisten, Wagenmeister, Bahn- meister 2c.). Die Commission beantragt, die Petitionen vor Stations-Assistenten um Gehaltserhöhung, von Teleg if um Wohnungsgeldzuschuß, eines Haltestellen-Vorstek Erhohung der Alterszulagen und von Bahnmeistern um Gleich- stellung im Gehalt mit dên Stations-Vorstehern der Regierung als Material zu überweisen.

Abg. Kahlcke (nl.) empfiehlt dem Minif der Wünsche der Bahnmeister, die hin der Bahnmeister aufzuheben und von der Eisenbahnverwaltung beantragt, aber abgelehnt sei. Eine Notiz der missarishe Berathungen f\tattfän amtenklassen aufzub zumal eine Vorlage Redner erklärt, daß

Geheimer Obe mir bekannt geworden ; erweckt hat, zeigen die Ministerium gelangt sind.

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