1913 / 256 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Oct 1913 18:00:01 GMT) scan diff

j der vorhandenen Gebäude und des Inventars be- \cheinigen, auch der Wert der Gebäude 4 des Grundwerts

Erreidt“, ist statt: | „30 fachen“ zu seyen : „36 fachen“ “und am SwWhluß statt: „4 des Grundwerts" „T des Grundwerts“.

3) Der § 10, welcher lautet:

’Die Darlehnsvaluta wird dem Darlehnsnehmer in Neuen

Mestpreußishen Pfandbriefen unter Anrechnung derselben zum bält Fee e E, erbält folgende Fassung: :

„Die Darlehnsvaluta wird in Neuen Westpreußischen abadhaz unter Anrehnung derselben zum Nennwerte ge- währt.

Ueber die näheren Bedingungen der Herausgabe des Dar- lehens entscheidet die Direktion; auch steht derselben das Recht zu, die zur Durchführung der Bepfandbriefung erforderlichen Geschäfte zu besorgen und die Verwertung der Pfandbriefe zu vermitteln.“

4) Der § 11, welcher lautet : i

“Der Darlehnsempfänger ist verpflichtet, die auf dem be- liehenen Grundstücke vorhandenen Gebäude, íSnventarienstüde und Vorräte bei den von dem Engeren Ausshuß zu be- zeihnenden Versicherungsgesellshaften gegen Feuersgefahr an- gemessen zu versihern und, solange das Gut bepfandbrieft ist, versichert zu halten. Che er die Versicherung niht nach- gewiesen, dürfen ihm die Pfandbriefe nicht verabfolgt werden. Die Direktion kann von ibm jederzeit den Nachweis der Ver- sicherung fordern“

wird dahin geändert :

„Der Darlehnsempfänger ist verpflichtet, die auf dem be- liehenen Grundstücke vorhandenen Gebäude bei der _West- preußischen Landschaftlihen Feuer-Sozietät, dagegen die In- ventarienstücke und Vorräte bei einer von thm zu wählenden Versicherungsgesellshaft gegen Feuersgefahr angemessen zu ver- sichern“ usw. wie früher.

Auf den Bericht vom 15. August 1913 will Jch die von dem Generallandtage der Westpreußischen Landschaft am 17. Januar 1913 beschlossenen Aenderungen

1) des Revidierten Reglements der Westpreußischen Lands chaft, 9) der Fürsorgeordnung, betreffend die Witwen und Waisen von Beamten der Westpreußischen und Neuen West- preußischen Landschaft und der Landschaftlichen Darlehns- kasse vom 17. April 1893, : 3) des Statuts der Landschaftlichen Bank der Provinz Westpreußen in. Danzig D hierdurh genehmigen, und zwar die Aenderungen des Revi- dierten Reglements der Westpreußischen Landschaft mit der Maßgabe, daß im Zusay 6 zu § 6 Teil I Generallandtags- beshluß vom 5. Dezember 1908 1m Abs. a anstatt des O Wortes „2 fachen“ das Wort „27 fachen“ und im Abs. þ anstatt der bisherigen Worte „zwischen dem 95- und 30 fahen“ die Worte „zwischen dem 27- und 36 fachen“ zu seßen sind. : : O Die Anlagen des Berichts sind wieder beigefügt. Berlin, den 1. September 1913. i Wilhelm R. Zugleich für den Justizminister : Freiherr von Schorlemer.

An den Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und den Justizminister.

1. -Nähtrag

zu dem RevidiertenNReglement der Westpreußischen Land- schaft vom 25. Juni 1851 Geseßsamml. S. 523 fl. —.

D Sm Zusaß 6 zu S 6. Teil. L.— Generallandtagsbeschluß vom 5. Dezember 1908, Allerhöchst bestätigt am 23. Juni 1909 Gesetz- samml. S. 747 Nr. 7 sind im ersten Absatz anstatt der Worte:

„25 fachen“ die Worte: 27a! vnd im zweiten Absatz anstatt der Worte: „zwischen dem 25- und 30 fachen" die Worte:

, e E n E lh a E

u seßen, sodaß der bezeichnete Zusaß fortan dahin taurkek: :

: T „Auch v Taxe fann auf ein Gut ein Pfandbriefanlehen bis zur Hbhe des 27 fahen Betrages des behufs der Regulierung der Grundsteuer ermittelten Reinertrages des\elben, von welchem die darauf haftenden öffentlichen und gemeinen Lasten, mit Aus- nabme der Grund- und Gebäudesteuer, in Abzug zu bringen, be- willigt werden, wenn zwei Landschaftsbeamte nah angestellter Lokalreherche den guten Zustand und die Zulänglichkeit der vorhandenen Gebäude und des Inventariums bescheinigen.

b. Unter gleihen Vorausseßungen kann in Höhe des Betrages zwischen dem 27- und 36 fahen des behufs der Grundsteuer- regulierung ermittelten Retinertrages ein Darlehen in Pfand- briefen 2. Serte nah den für diese bestehenden Bestimmungen e E L

9) Zusag zu § 124 Teil T:

1E PMihee den zur Gründung der landschaftlißen Darlehns- fasse (jeßt Landschaftliße Bank der Provinz Westpreußen) aus dem Cigentümlihen Fonds der Landschaft hergegebenen 300 000 Talern = 900 000 4 können feraere“ 350 000 # àus demselben Fonds zur Erhöhung des Grundkapitals der Land-

# \chaftlihen Bank entnommen werden.“ Ge 3) Der dritte Absatz des Zusayes 1 zum § 60 Teil Il Aller- höchst bestätigt am 7. April 1873 —, dahin lautend: „Die von dem Rentmeister bestellte Kautton wird in ihrem Gesamtbetrage künftig allein in der Generalkasse aufbéeroahrt“ ällt fort. f 4) E Zusaß 2 zu § 60 Teil 11 Allerhöchst bestätigt am 31. März 1883 sind die Worte: _ „welcher eine Kaution mindestens von 3000' 4 zu hinter- legen hat“ zu streichen. 5) 62 Teil I1 lautet unter Fortfall des Saßes: ; „Er muß eine Kaution in barem Gelde oder in Pfand- briefen von wenigstens 2000 Talern bestellen“ fortan dahin: „Er wird beim Antritt seines Amtes durh den Landschafts- direktor verpflichtet." 6) Der zweite Saß im § 85 Tell ITL, dahin lautend: Pren Nendant muß eine verhältnismäßige Kaution be- stellen“,

fällt fort. I1I. Nachtrag

zur Fürsorgeordnung, betreffend die Witwen und Waisen von Beamten der Westpreußishen und Neuen West- preußischen Landschaft und der Landschaftlihen Dar- lehnsfasse vom 17. April 1893 (Ges.-Samml. S. 202 ad 1). A 7 cid E Allerhöchst bestätigt am 23. Juni 1909 erhält folgende Fassung: á | P Das Witwengeld soll jedoch vorbehaltlich der im § 6 ver- ordneten Beschränkung mindestens dreihundert Mark und höchstens fünftausend Mark betragen.“

I’ Nachtrag S : zu dem Statut der Landschaftlichen Bank der Provinz Westpreußen in Danzig Allerhöchst genehmigt am

23. Juni 1909 Ges.-Samml. S. 747 Nr. 7.

8) Zusaß zu § 2. / | „Das Grundkapital der Landschaftilihen Bank ist um 700 000 4 auf 2500 000 6 erhöht, wozu die Westpreußische und die Neue Westpreußische Landschaft je die Hälfte hergegeben

haben.“ 9) Im § 34 Absay 1 sind die Schlußworte : :

„Die auf zu den Westpreußischen Landschaften gehörenden Grundstücken eingetragen find"

zu streichen. 10) § 3f Absatz 2 erhält folgende Fassung: i

„Die Depositen sollen in der Regel den vierfachen Betrag des Vermögens der Landschaftlihen Bank A übersteigen; bei der Annahme von Depositen muß für die Rükforderung eine angemessene Kündigungsfrist ausbedungen werden.“

11) § 7 Absatz 2 erhält folgende Fassung: :

„Auf ländliche Hypotheken und Grundschulden dürfen Dar- lehen nur dann gegeben weiden, wenn die Forderung auf einem zu den Westpreußishen Landschaften gehörigen Gute innerhalb ‘/; des landschaftlihen Taxwertes oder in Er- mangelung einer Taxe innerhalb des nah dem Grundfsteuer- reinertrage reglementemäßtg festzustellenden Wertes eingetragen steht. Ländliche Hypotheken und Grundschulden auf Grund- stüden außerhalb des Geschäftsbereihs der Westpreußischen Landschaften dürfen nur vorübergehènd und mit besenderer Genehmigung des Verwaltungsrats sowie nur dann beliehen werden, wenn die Forderung innerhalb des nah dem Grund- \teuerreinertrage in finngemäßer Anwendung der Vorschriften des Land|chaftsreglements festzustellenden Wertes eingetragen ist.

Die Darlehen dürfen 8509/6 des Nennwertes der ver- pfändeten Forderung nicht übersteigen ; Ausnahmen find nur mit Genehmigung des Verwaltungsrats gestattet.“

12) Zusaß zu § 10:

„Der Reservefonds ist um 100000 4 auf 1 000 000 erhöht, wozu die Westpreußishe und die Neue Westpreußische Landschaft je die Hälfte hergegeben haben.“ :

Ministerium der geistlihen und Unterricht s- angelegenheiten.

Dem Privatdozenten in der medizinischen Fakultät der Universität in Greifswald Dr. Heinrih Gebb ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Ministerium des Jnnern.

Dem Landrat von Guenther is das Landratsamt im Kreise Rawitsch übertragen worden.

Mean ma Qu ia:

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893 (G.-S. S. 152) wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß das im Steuerjahr 1913 kommunalabgabenpflichtige Rein- einkommen der Greifswald—Grimmener Eisenbahn aus dem Betriebsjahr 1912 auf 34 475 /6 festgeseßt worden ijt.

Stettin, den 23. Ofïtober 1918. Der Königliche Eisenbahnkommissar. V Note

BebTanntmamhuna

Gemäß §8 46 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893 (Geseßsammlung Seite 152) wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunalabgaben einschäßbare Reinertrag der Teutoburger Wald-Éisenbahn aus dem Betriebsjahre 1912/13

199 500 M6 beträgt.

Münster, den 24. Oktober 19183.

Der Königliche Eisenbahnkommissar. Richard.

‘Nictamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 29. Oktober 19183.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute im hiesigen Königlichen Schloß die Vorträge des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rates von Valentini und des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Jnfanterie Frei- herrn von Lyncker entgegen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Zoll: und Steuerwesen sowie der Aus- {uß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sißungen.

Laut: Meldung: des: „W. T. B smd. S. M. S „Goeben“ mit dem Chef der Mittelmeerdivision am 28. Ofk- tober in Syra und S. M. S. „Leipzig“ am 27. Oktober in Tsingtau eingetroffen.

Bayern.

Gestern vormittag hat der „Korrespondenz Hoffmann“ zu- folge in der Königlichen Residenz unter dem Vorsiy Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten eine Staatsrats- sißung stattgefunden, an der sämtliche Minister und Staats- räte im ordentlichen Dienst teilnahmen.

Bu Beginn der gestrigen Sipung der Kammer der Abgeordneten teilte der Präsident Dr. Ritter von Orterer mit, daß der Kammer vom Gesamtstaatsministeriuum die Vorlage über die Beendigung der Regentschaft zu- gegangen sei, und verlas sie. Dem ¿W. T. B.“ zufolge lautet die Vorlage :

Fm Namen S. M. tes Königs! Ludwig, von Gottes Gnaden Königlicher Prinz von Bayern, Regent. Wir haben nah Vernehmung des Staatsrats mit Beirat und Zustimmung der Kammer der NReichs- râte und der Kammer der Abgeordneten unter Beobachtung der in Titel 10 § 7 dexr Vaifassungsurküunde vorgeschriebenen Formen

‘beshlossen und verordnen, was folgt:

Einziger Artikel. Der Titel 2, § 21 der E Ne vom 26. Mai 1818 erbält fol. genden Absay 2: Ist die Neihsverwesung wegen cines körperliczen oder geistigen Gebrehens des Königs, das thn an der Ausübung der Regieruna hindert, eingetreten und besteht nah Ablauf von 10 Jahren feine Aussicht, daß der König regierungsfähig wird, so kann der Negent die Regentschaft für beendigt und den Thron für erledigt er- flären. Der Landtag ist unverzüglich einzuberufen. Es sind ihm die Gründe, aus denen sich die dauernde Regierungsunfähigkeit ergibt, zur Zustimmung anzuzeigen.

Für den Entwurf: Dr. Freiherr von Hertling, Dr. Freiherr von Soden-Fraunhofen, von Thelemann, von Breunig, Dr. von Knilling, Freiherr von Kre ß.

In der Begründung der Vorlage heißt es:

Ob der Negent die Regentschaft für beendigt erklärt, steht nach den vom Entwurf gemachten Vorschlägen in der freien Entschließung des Regenten. Es ist seinem Ermessen anheim gegeben, die Negent- schaft zu beendigen, wenn er den Zeitpunkt dafür im Interesse des Siaates für gekommen erachtet.

Der Präsident {lug vor, die Vorlage am Donnerstag zu beraten. Auf der Tagesordnung stand eine Interpellation der Liberalen, betreffend die Bayerische Staatszeitúng.

Nach der Begründung der Interpellation dur den Abgeordneten Thoma (liberal) antwortete der Staatsminister Dr. Freiherr von Hertling und faßte seine Ausführungen zum Schlusse in folgenden Worten zusammen: Die Königlihe Staatsregierung hat mit der Gründung der BayertsWen Staatszeitung etn nah ihrer Ueber- zeugung dringendes staatliches Bedürfnis erfüllt. Dadurch, daß sie die Anlage und Einrichtung der - Staa!szeitung in evger An- lehnung an die Vorbilder der MNMegterungsorganzt Württem- bergs und Sachsens ausgestaltet hat, hat sie gezeigt, daß es ihr nicht darum zu tun gewesen ist, für das gegenwärtige Veinisterium ein Blatt zu gründen, sondern daß fie bemüht gewesen ist, dem Staate ein offiziöses publizistishes Instrument zu geben, das die früheren Regierungen ent- behren mußten, und das die künftigen Regierungen im Hinblick sowohl auf die Verbältnisse im eigenen Lande, wie auch die Einrichtungen anderer Bundesstaaten genau in der gleichen Weise benötigen werden, wie die gegen- wärtige Regierung. Die Königliche Staatsregierung ist sich von Anfang an bewußt gewesen, daß sie mit der Gründung der Staatszeitung auf große Schwierigkeiten stoßen und ihretwegen \charfe Angriffe erfahren würde. Diese Voraussicht durfte sie jedoh nicht abhalten, diese von ihr als notwendig anerkannte Gründung ins Werk zu seten, da sie es als ihre über allen Bedenken stehende Pflicht erachtete, den Vorsprung auszugleichen, den sämtlihe größeren Bundesstaaten des Deutschen Neiches auf diesem wichtigen Gebiete des öoffentlihen und staatlichen Lebens vor dem Köntgreih Bayern bisher vorausgehabt haben.

In der sich anschließenden Debatte wandte sich der Abg. Eisen - berger (Bayer. Bauernbund) hauptsählich gegen den Zwang, der mit der Staatszeitung auf die Gemeinden ausgeübt werde. Der Abg. Pichler (Zentr.) erklärte, die Regierung sei zur Gründung der Staatszeltung aus Notwehr gezwungen worden, da sie ständig Nörgeleien, Vorwürfen und systematishen Verdächtigungen ausgeseßt gewesen set. Der Nedner ging dann: auf die Fiage der späteren Uebernahme des Blattes durh den Staat ein und bemerkte, daß dafür leiht eine Mehrheit zu hab-n fein würde. Er regte zum Schluß verschiedene Verbesserungen in der Zusammenstellung der amt- lichen Nachrichten an und \prach den Wunsch aus, daß die Staats-

zeitung sich für die erfolgreiche Entwiklung Bayerns weiter betätige.

Mecketlenburg-Schwerin. Jn der gestrigen Plenarsizung des meccklenburgischen Landtags wurde die Verfassungsvorlage laut Meldung des „W. T. B.“ mit 239 gegen 129 Stimmen abgelehnt.

Braunschweig.

Die Vorlage über die Zivilliste des Herzogs von Braunschweig ist der Landesversammlung zugegangen. Sie lautet nah einer Meldung des „W. T. B.“:

Artikel T1: Die zur Bestreitung der Bedürfnisse des Landes- fürsten und des Herzoglichen Hauses dur Artikel 1 des Finanzneben- vertrags vom 12. Oktober 1832 von dem Reinertrage des Kammer- guts vorbehaltene, auf 19000 Taler in Gold und 218 000 Taler in Konventionalmünzen festgeseßte und durch Artikel T der zwisben dexr Herzoglthen Landesregieruna und der Landes- versammlung unter dem 15. März 1873 getroffenen Ueber- einkunft (Anlage A des Landtagsabschiedes des 14. ordentlihen Land- tages vom 12. Junt 1874, Nummer 31 der Gesetz- und Verordnungs- sammlung von 1874) auf jährlih 30 000 Taler erhöhte Summe wird auf jährlih 1 125 3223 4 festgeseßt und soll zu diesem Betrage vom 1. November dieses Jahres an in monatlihen Raten aus der Herzo9g- lihen Kammerkasse an die Herzogliche Hofstaatskasse cingezahlt werden.

Artikel 11: Im übrtgen erleiden die Bestimmungen des Finanz- nebenvertrages vom 12. Oktober 1832 feine Veränderung..

Defterreich-Ungarn.4

Jn der gestrigen Sizung des österreichischen Abgeord- netenhauses brachten die Abgg. Dr. Straucher und Ge- nossen eine Jnterpellation ein, in der fie aus Anlaß des Kiewer Ritualmordprozesses an die Judenverfolgungen in Odessa und Kiew erinnern und an die Gesamtregierung die Frage richten, ob sie geneigt sei, bei dem Minister des Aeußern dahin zu wirken, daß dieser die Aufmerksamkeit der: russischen Regierung auf die den Juden Rußlands drohenden schweren Gefahren lenke, damit diese rechtzeitig wirksame Maßnahmen zu deren Abwendung treffe.

Das vom Budgetausshuß eingeseßte Subkomitee zur Beratung des südamerikanischen Schiffahrts- dienstes sezte gestern seine Verhandlungen fort, über die „W. T. B.“, wie folgt, berichtet:

Der Obmann Dr. Steinwender verlas ein ihm vom Baron Weichs-Glon zugegangenes Schreiben, worin dieser über ein von ihm an den Verwaltungsrat der Austro-Americana Oskar Kosulic3 gerihtetes Schreiben, betreffend die Beförderung von Auswanderern nach Brasilien, Aufklärung gibt. Jn diesem Schreiben heißt ed, Ende September 1910 hade Weichs-Glon die private Mitteilung er- halten, daß die brasilianische Negterung beabsichtige, die Auswanderer» bewegung aus Oesterreit-Üngarn dur eine Metihe seitens Brasiliens zu machender Zugeständnisse teilweise in die südlichen Staaten dicses Landes zu leiten. Er habe den ihn informierènden Herrn ersucht, den Präsidenten der brasilianisen Gesellschaft zu veranlassen, sich in der Angelegenheit aa die Direktion der Austro-Americana zu wenden. „Fch selbst“, schreibt Weichs-Glon, „hatte keine Beran- lassung, eine mir privat gemahte Mitteilung einer amtlichen Behandlung zu unterziehen, und beschränkte mich darauf, Herrn Kosulics in dem erwähnten Privatbrief über den Gegenstand Mitteilung zu machen. Von eiuer Propaganda für die Auswanderung enthält mein Brief niht das geringste. Mir persönlich hat jedes, wie immer geartete, Interesse ferngelegen. Mein Brief trug durhaus privaten Charakter und konnte unter gar keinen Umständen als eine amtliche Ermächtigung angeschen werden.“ Der Sektionshef Riedl gab darauf eine Er=- fiärung ab, an deren Schluß er sagte, nah der Uebernahme ber Schiffahrtssektion set es setne erste Amtshandlung gewesen, den Plan zu unterdrücken, au den Oesterreichishen Lloyd in ein engeres Ber hâltnis zu den deutshen Pool-Unien zu bringen. Was man ihm vorwerfe, sei, daß er österreichishe Interessen gegen die etnes aus ländiihen Kartells zu verteidigen gewagt habe. Er gedenke, die Probe dacauf zu machen, od das einem österreichischen Beamten nody

: Im Laufe der Debatte erklärte der Handels- E ier r. Schuster bezüalih der Behauptung, daß die Canadian- acific im Geheimen eine:Summe an die Regierung für den Dis- posittonsfonds geleistet habe, er sei ermächtigt, im Namen der Regte- rung auf das allerbestimmteste zu erklären, daß an dieser Behauptung nicht ein wahres Wort sei, und daß die Canadian aa die Regierung niemals mit einem folhen - Angebot herangetreten set. Auf die Anfrage, - ob eine Liste der Abgeordneten, die mit der Canadian - Pacific in Verbindung gestanden hätten, eristiere, erflärte der Minister, daß ihm offiziel von einer solchen Lifte nihts bekannt geworden sei. Der Pinister teilte gleichzeitig bezüglih der Beschuldigung, daß zwei Beamte des gandelsminiftertums si in strafbarem Ginvernehmen mit der Canadian befunden hätten, mit, daß nicht das geringste vorliege, was zu_ einer solchen Anschuldigung berehtigen würde. Am Schluß der Sizung teilte der Minister des Innern Freiherr von Heinold mit, daß dem Urheber der ersten Anzeige Grünhut nah dessen Angabe von einem Vertrauensmanne des Vertreters der Canadian-Pacific Vèilltonen angeboten worden sfeten, damit das Vorgehen gegen die Canadian-

Pacific eingestellt werde. Rußland.

Die Session der Reichsduma is gestern eröffnet worden. Die Kadettenpartei hat eine dringende Jnterpellation wegen allgemeiner Bedrückung der Presse, besonders an- läßlih des Kiewer Ritualmordprozesses, eingebracht.

Nah dem Bericht des „W. T. B." äußerte der Führer der Kadetten Miljukow in jeiner Begründung der Interpellation, die Bedrückung der Presse hätte in diesem Jahre einen NRekord erreicht, insbesondere sei versucht worden, den Kiewer Prozeß durch Nepressivmaßregeln gegen die Presse der Oeffentlichkeit zu entziehen. Der Prästdent bat, den Prozeß nicht ‘zu be- rühren. Miljukow erwiderte, die Abgeordneten hätten das Necht, sich über eine ganz Nußland aufregende Frage autzu\sprechen, und bat die Duma, gegen die geheimen Kräfte Stellung zu: nehmen, deren Wirkung Rußland mit Schmach bedecke. Der Redner fuhr fort, die enge Verbindung zwischen Dieben, Einbrehern und dem Duma- abgeordneten Zamyslowsfy errege allgemeines Erstaunen. Der Präsident

Î rief den Redner zur Ordnung. Dieser \{hloß, es sei die höchste Zeit, zu er-

fiâren, daß seine Partei ketne Verantwortung für den Ktewer Prozeß tragen wolle. Der Abg. Purishkewitsch (äußerste Rechte) er- tflärte, die dressierten Stare der Judenschaft könnten dem ehrlichen Namen Zamyslowskys nichts anhaben. Die Interpellation sei ein verdeckter Versuch, in die Rechte des Gerichts einzugreifen; der erste Arbeitotag der Duma dürfe aber nicht en Sympathie- Meeting für die Juden darstellen, die in Kiew die Spuren eines Verbrechens zu verwishen suchten, daß die Aufmerksamkeit von Nußland und ganz Europa erregt habe. Die Juden hätten ale Mittel zur Beeinflussung der öffentlißen Wêeeinung an- gewandt, auch zu Bestehung und sogar zum Gift gegriffen. Der Präsident bat, Einzelheiten eines \{chwebenden Verfahrens nicht zu erwähnen. Purischkewitsch erklärte, troy der Ver- suche, die Rechte zu Ausschreitungen herauézufordern, werde sie den Gerichtsspruch s\{chweigend erwarten. MNRußland sei nicht Frankrei, es werde also nicht gelingen, die Dumatribüne auszunugen, wie: seinerzeit die Deputiertenkammer für Dreyfuß ausgenußt wocden sei. Eine Duma, die fich in ein Meeting verwandelte, könnte und müßte aufgelöst werden. Der Abg. Graf von Bennigsen (Ofktobrist) erklärte, die Oktobristen würden für die Dringlichkeit stimmen, aber in der Diskussion niht über den Gegenstand der Inter- vellation hinausgehen, da sie der Duma keine gerihtlihen Befugnisse beimäßen.

Die Dringlichkeit wurde gegen wenige Stimmen der Rechten und die Juterpellation selbst mit 149 Stimmen der Linken und der Oftobristen gegen 106 der Rechten und der Nationalisten angenommen.

Das Handels3ministerium hat eine Geseßvorlage über die Beaufsichtigung der Trusts und Syndikate aus- gearbeitet. Zur Begründung wird obiger Quelle zufolge erklärt, die Bildung solcher Organisationen sei in Ländern, die an Privatkapitalien arm seien, unvermeidlih, und deshalb seien jene nicht zu unterdrücken. Etwaigen Mißbräuchen müßte jedo vorgebeugt werden. Die Verträge der Trusts und Syndikate müssen nah dem Entwurf der Regierung bekannt gegeben werden; ihre Tätigkeit soll der Kontrolle des Staates unter- stellt werden.

Jtalien.

Wie „W. T. B.“ meldet, liegt nunmehr das Ergebnis der Wahlen aus 488 von 508 Wahlkreisen vor. Gewählt sind 231 Ministerielle, 50 Radikale, 17 Verfassungstreue Oppo- sitionelle, 27 Katholiken, 12 Republikaner, 39 Sozialisten und 18 Reformistische Sozialisten. Jn 94 Wahlkreisen sind Stich- wahlen erforderlich.

Portugal.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ wurden in Lissabon in einem Gefängnissaal, in dem sich politishe Gefangene be- fanden, unter dem Fußboden Waffen und Munition entdeckt. Gestern wurden zahlreiche Haussuchungen vorge- nommen, von denen mehrere erfolglos blieben.

Spanien.

Bei Uebergabe der Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger erklärte der Finanzminister Jnclan, die Staatseinnahmen für 1913 würden 1220 Millionen Pesetas, 52 Millionen mehr als 1912, betragen.

Blättermeldungen zufolge haben in Barcelona leb- hafte Straßenkundgebungen gegen das neue konservative Ministerium stattgefunden. Die Polizei nahm mehrere Ver-

Serbien.

In der Skupschtina standen Adreß- entwürfe zur Beratung. E

Wie „W. T. B.“ meldet, wies der Nationalist Agatanowitsch im Laufe der Debatte darauf hin, daß die Regierung vor Beginn des ersten Balkankrieges fich nicht die Neutralität Oesterreih-Ungarns ge- sichert habe, sodaß die Nordgrenze niht vollkommen von Truppen entblößt werden konnte. Zahlreihe von der serbishen Armee er- oberte Gebiete seien Serbien infolge der Unzulänglichkeit der diplo- matischen Aktion der Regierung wieder verloren gegangéèn. Be- züglih der Konsolidierung der Verhältnisse in den neuen Gebieten sei er für ein Militärregime, weil es am \{nellsten geordnete Zu- stände schaffen würde. Der altradikale Dissident Zujowitsch be- zeichnete es als -unerläßlih, dem serbishen Volke durch Neuwahlen Gelegenheit zu geben, über die bisherige Politik der Regierung ein

Urteil zu fällen. Albanien.

Die vorläufige Regierung hat, der „Albanischen Korrespondenz“ zufolge, an die Großmächte ein Telegramm ge- rihtet, in dem der einmütige Wunsch des albanischen Volkes und der albanischen Regierung ausgesprochen wird, daß so bald wie möglich ein S ouverän ernannt werde.

Australien.

Die Entschlüsse der Regierung über die künftige Marine- politik Neuseelands sind gestern vom Premierminister Massey bekannt gegeben worden. Nach einer Meldung des oNeuterschen Buregus“ erklärte der Minister;

haftungen vor.

gestern die

Es sei beabsichtigt, das jeßige Subsidiensystem aufzugeben - und. eine größere Verantwortung zu übernehmen. Die Negierung habe gehofft, daß die britisbe Admiralität imstande sein würde, das Ab- fommen vom Jahre 1909 auszuführen und in den Gewässern Neusee- lands zwei Kreuzer der Bristol-Klasse zu stationieren, für die Neusee- land die Unterhaltungsfosten tragen follte. Die Admiralität habe in- dessen erkläct, daß es ihr niht möglich sei, das Abkommen auszuführen, und habe die beiden Kreuzer der „Bristol“, Klasse dur die leichten Kreuzer „Psye“ und „Pyramus“ erseßt. Damit sei Neuseeland nicht zufrieden. Der Kreuzer , Philomel“ werde als Schulschiff übernommen werden, und mit der Ausbildung junger Leute werde fofort begonnen werden. Es sei beabsichtigt, älle Kriegsschiffe, die das Dominion er- werben sollte, in Friedenseiten seiner Verwaltung zu unterstellen, während sie bei etnem Kriege unter die direkte Verfügung der Admiralität gestellt werden würden. Ste sollten der Admiralität auch zu anderen Z°iten zur Verfügung stehen, wenn fie dringend be- nôtigt würden. Der -Premierminister erklärte zum Schluß, die britischen Domintons im Stillen Ozean / hätten. sih kein geringeres Ziel gesezt, als in thren Gewässern. dasselbe Vebergewicht zu erlangen, das ihre Stammetverwandten auf der anderen Seite der Welt besäßen.

Das astrophysikalische Observatorium bei Potsdam. Bertcht über das Jahr 1912,

Im Anschluß an die Berichte aus den Vorjahren (vergl. z. B. Nr. 252 vom 25. ODftober 1911 und Ne. 257 vom 28, Oktober 1912) und als Fortsezung derselben geben wir im nachstehenden eine kurze Vebersicht über die wissenshastlihe Tätigkeit des astrophysikalischen Observatortums bei Potsdam für das Jahr 1912. __ Die von Professor Kempf unternommene Bestimmung der Notation der Sonne aus photographischen Aufnahmen der Kalztum- wolken in der Sonnenatmosphäre mit Hilfe des Spektroheliographen wurde in dem zunächst geplanten Umfang der Arbeit vollendet. Von den 1925 gemessenen Posilionen der Kalziumflocken wurden die dem Sonneurande nahen nicht mit benußt, und es blieben dann noch 1388 Positionen von 525 Flecken zur Berfügung. Da die erhaltenen Re- sultate niht mit allen anderweitig erbaltenen übereinstimmen, sollen noch einige Untersuhungen über die Ursache dieser Abweihungen an- gestellt werden. Bei der Fortführung der von Geheimrat Müller und Dr. Kron gemeinsam unternommenen photometrischen Durch- musterung der Polzone bis zu den Sternen von der Größe 93 machten sich die überaus ungünstigen atmosphärischen Verhältnisse, namentlich in der zweiten Hälfte des Jahres, fühlbar. In den Sommer- und Herbstmonaten waren nur an verhältnismäßig wenigen Tagen brauchbare Messungen ausführbar; im ganzen sind an 50 Abenden 119 Zonen mit rund 1700 Sternen beobahtet und von Dr. Kron fertig reduztert worden. Die G ade 82 und 83 wurden zum größten Teil erledigt, 84 und 85 bereits in Angriff genommen. Am Schlusse des Jahres betrug die Zahl der von beiden Beobachtern programm-

. mäßig durchgemessenen Sterne in der Polzone rund 3000.

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Die Bearbeitung der von F. Schmidt in Athen im Laufe von mehr als 40 Jahren angestellten rund 5000 Beobachtungen des Beränderlichen # Aurigae bat Prof. Ludendorff zu Ende ge- führt und die Resultate veröffentliht. Die Elemente des Licht- wechsels konnten unter Bestätigung des Algolcharakters des Sterns wejentlih genauer als früher bestimmt werden. Die Schmidtschen Beobachtungen von Polaris wurden unter Professor Herßzsprungs Leitung von Frl. Mattenklodt weiter bearbeitet.

Die Arbeiten an dem von der Astronomishen Gesellschaft herausgegebenen Katalog der veränderlihen Sterne wurden unter Leitung von Geheimrat Müll er so weit gefördert, daß voraus- fdhtlih am Swlusse des Jahres 1913 mit dem Dru des Werkes wird begonnen werden können. Geheimrat Müller hat für etwa 500 Sterne alle erforderlihen Neuberehnungen selbst autgeführt, die bereits fertigen ergänzt und eventuell umgearbeitet und das Drudk- manufskript fertiggestellt. Die übrigen Sterne wurden nah Ergänzung des Literaturmaterials an die verschiedenen Mitarbeiter verteilt.

Die ph otographisch-photometrischen Arbetten wurden dur das ungünstige Wetter fehr erheblich beeinträchtigt ; jedoch erhielt Dr. Münch mit Hilfe des Zeißt riplets eine Anzahl von Aufnahmen Kapteynshher selected areas, die zum großen Teil ausgemessen und weiter bearbeitet wurden. Mit dem großen NRefraktor nahm Dr. Münch noch 8 Platten der Polgegend auf; außerdem erhielt er 58 Platten zur Unter suhung der Veränderlihkeit von 10 Sternen, die Professor Herbspr ung bezeichnet hatte.

Die Bestimmung photographischer Sternhelligkeiten in den Plejaden und ihrer Umgebung hat Dr. Münch im wesent- lihen zum Abschluß gebracht. Die erhaltenen Größenwerte liegen beretts in Katalogform vor; Karten der Plejaden mit den vorläufigen Ergebnissen bis zu den Sternen 11. Größe wurden {on zu Beginn des Jahres versandt.

Professor Eberhard hat in Fortseßung seiner Uutersuchungen über das Röhrenphotometer 245 Platten aufgenommen, von denen er selbst 72 autgemessen hat, die übrigen Frl. Mattenklodt. Dle Untersuchung der Wirkung von gleichzeitiger Verschleierung der Platte wurde sertiggestellt, die Untersuhung des Einflusses der Farbe der Lichtquelle auf die Gradation fortgeführt. 52 der Platten wurden zur Untersuchung über die Genauigkeit der Helligkeitsangaben, welche die Platten liefern, verwendet.

Eine von Dr. Kron unternommene Arbeit über das photo- graphische Schwärzungsgeseßp wurde großenteils zu Ende geführt. Die Untersuchung erstreckte sich auf 4 verschiedene Plattensorten, und zwar wurden 281 Platten mit über 2400 Expositionen benußt mit Intensitätsvariationen von 1 bis 30 000 und Belichtungsdauern von | Sekunde bis 4 Stunden.

Spektralphotometrie. Die Messung der Energicverteilung in Sternspektren wurde von Professor Wilsing gemeinsam mit Dr. Münch weitergeführt. Es wurden am großen Refraktor an 13 Abenden 23 Sterne gemessen, „odaß das Programm (alle Sterne heller als 3. Größe nördli des Aquators) fast vollendet ist, Die Bestimmung der Energiekurve der Sonne dur photographische Ver- gleihung mit dem s{chwarzen Körper hat Professor Wilsing beendigt. Die resultierende Kurve des Sonnenspektrums is in guter Uebereinstimmung mit den Resultaten anderer Beobachter. Ferner hat Professor Wilsing die bolometrishe BVer- gleihung des ultraroten Sonnenspektrums mit dem s{warzen Körper fortgeseßt. Die Messungen sowohl im Spektrum des \{warzen Körpers, als im Sonnenspektrum sind durchaus zufriedenslellend ausgefallen und versprechen eine sichere Bestimmung des Verlaufs der Energiekurve bis weit in das Ultrarot hinaus. Pro- fessor Eberhard hat mit einem 30 ecm-Spiegel und Objektivprisma 60 Spefktralaufnahmen des veränderlihen S Sagittae erhalten, um dessen Lichtwechsel spektralphotometrish zu verfolgen.

Die für Untersnhungen über Geschwindigkeiten im Visionsradius dienenden Aufnahmen mit dem 323 cm-Nefraktor wurden im Jahre 1912 zu einem vo: läufigen Abschluß gebracht, da das JInstrument zur Aufnahme der für die Himmelskarte notwendigen Er- sapplatten benußt werden soll. Dr. Ludendorff erhielt an 59 Abenden 33 Spektrogramme, hauptsächlich zur Vervollständigung begonnener Serien. Von nun ab soll der 80 cm-Refraktor wieder regelmäßig zu spektrographishen Arbeiten verwendet und das Arbeitsgebiet auch auf \chwädere Sterne (bis etwa 6. Größe) ausgedehnt werden. Mit einem Zeißschen Tessar wurden 46 Spektren, hauptsählich von Dr. Münch, mit einem neuen Chromaten 27 Spektren, hauptsächlich von Dr. Ludendorff, erhalten.

Von den an dem kleineren Refraktor erhaltenen Platten hat Professor Ludendorff 145 ausgemessen und reduztert, darunter größere Jae B s Sternea. Dle erhaltenen Resultate wurden bereits veröffentlicht.

Geheimrat Schwarzschild hat die Versuche zur Be- stimmung von Nadialgeshwindigkeiten mit Hilfe des Objektivpri“mas fortgeseßt. Es ergab sich hierbei, daß die

erzielte Genauigkeit nicht groß genug is, um eine generelle An- wendung des Verfahrens zu rechtfertigen. Ein brauchbareres Resultat wurde jedoch erhalten, als darauf veczihtet wurde, absolute Radial- geschwindigkeiten zu erhalten, und nur noch nah veränderlichen Nadialgeshwindigkeiten gesuht wurde. Die relativen Verschiebungen der nach der Reversionsmethode erhaltcnen Spefktrea ließen sich mit Hilfe eines Stereokomparators leiht und siher messen, und es li-ßen sih hieraus die Veränderungen der Radialgeshwindigkfeiten ableiten, wenn für dret Sterne die genaue Veränderlihkeit der Yadial- ges{windigkeit bezw. deren Konstanz bekannt war.

Der Druck des VI. Bandes der photographischen Himmels- Tarte wurde vollendet, wobet zunächst Professor Schein er und Pro- fessor Biehl sich in die Nevisionen und das Lesen der Korrekturen teilten; späterhin trat Dr. Birck für Professor Scheiner ein. Das Matertal für den siebenten Band wurde durh Dr. Birck ver- vollständigt, indem er auf 22 Platten über 13 000 Sterne maß und zweifelhaste Fälle früherer Messungen revidierte. Die Redukticn wurde unter besonderer Beteiligung von Professor B:ehl so weit ge- fördert, daß der Druck alsbald nach Vollendung des V1. Bandes beginnen konnte.

Ueber die Beobachtungen des neuen Sterns in den Zwillingen von 1912 sei folgendes mitgeteilt: Am großen Refraktor wurden, hauptsäclich von Professor Herßsprung, 12 Spektren der Nova mit Spektrograph 1 erhalten, die Lr. Furuhjelm bearbeitet hat. Eine große Anzahl b1eiter Absorptionsbanden konnte mit den hauptsählisten Linien der Sonnenchromosphäre tdentifiziert werden; sie lieferten Nadialgeshwindigkeiten zwishen 540 und + 140 km.

Professor Ludendorff maß au; einer mit Spektrograph [V er- haltenen Aufaahme 44 \{chwache, chmale Absorpttionslinien, die größtenteils identifiziert werden konnten und zu einer Radialgeshwindigkeit von + 20 km führten. Professor Eberhard hat mit einem 30 cm- Spiegel und Objektivprisma 87 Spektralaufnahmen der Nova her- gestellt, deren Bearbeitung Dr. Brill ausgeführt hat. Mit dem Zeißtriplet und einem großen Objektivpuisma wurden, größtentetls e E Hertsprung, 21 Spektralaufnahmen der Nova er-

n.

Die Ergebnisse der auf dem Observatorium angestellten Beob- ahtungen der Sonnenfinsternis vom 17. Juni 1912 sind bereits veröffentliht worden. Als besonders interessant si hier nur hervorgeboben, daß Professor Eberhard das Chromosphärenspektrum in der Nähe der Hörnerspißzen eine halbe Stunde lang beobachten konnte, sodaß offenbar bisher nicht erwartete Möglichkeiten für die Ausnuzzung partieller Finsternisse vorliegen.

Professor Des unternahm eine mehrere Monate dauernde Meise nah dem Observatorium auf dem Mount Wilson in Kalt- fornien, um mit dem dortigen großen Refraktor photographische Auf- nahmen zur Bestimmung effektiver Wellenlängen schwacher Sterne zu machen. Ein vor dem Objektiv angebrachtes Drahtaitter erzeugt von den Sternen Beugungss\pektra, die je nach der Art des Lichts der einzelnen Sterne mehr oder weniger weit av von dem ungebeugten Zentralbild entfernt sind und so die Möglichkeit gewähren, die Farbe der Sterne mit einiger Sicherheit zu bestimmen. Wöäbrend seines Aufenthalts in Amerika erhielt Professor Herßsprung 37 Stü Platten mit einer Gesamterpositionsdauer von etwa 109 Stunden. Die Aus- messung hat bereits interessante Resultate ergeben.

Die Untersuhungen über Eigenbewegungen s{chwacher Sterne, die Gehetrarat Lohse durch Vergleichung seiner Htmmels- aufnahmen aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit neueren, an demselbcn Instrument erhaitenen Aufnahmen in Anguiff genommen hat, sind beträhtlih gefördert worden, und es wurden bereits 5 verschiedene Gegenden am Himmel mit zusammen 663 Sternen bearbeitet.

Bon den Publikationen des Observatoriums wurden im Dru vollendet :

der VI. Band der photographishen Himmelskarte,

Teil B der Göttinger Aktinometrie, Zone bis + 209, ferner das zweite und das dritte Stück des XX1[U1. Bandes der Publikationen des Observatoriums :

Nr. 64. G. Müller, Die Extinktion des Lichts in der Erd-

atmosphäre und die Energieverteilung im Sonnenspektrum.

Nr. 65. E. Kron, Ueber den Lichtwe(hsel von XX Cygni.

A. Biehl.

Statistik und Volkswirtschaft.

Anstalten für Arbeitsphysiologie.

Zwei Gebiete, die neuerdings immer mehr die Aufme:ksamkeit der wissenschaftlichen Forsher wie der volk: wirtsckchaftlihen Prakiiker beanspruchen, sind die Physiologie und die Psychologie der Arbeit. Begnügte man sich früher im wesentlihen mit der Beobachtung der äußeren Arbeitsbedingungen wte Lohn, Arbeitszeit, Pausen usw. und allenfalls des Verhältnissis zwishen Arbeitslohn, Arbeitszeit und Arbeitsleistung, so untersuht man jeßt auh den Einfluß, den die nah Menge, Beschaffenheit, Zusammenseßung und zeitweiliher Verteilung verschiedene Ernährung, den größere oder geringere Arbeitsteilung, den Ermüdung, Gewöhnung usw. auf den Arbeiter und die Arbeit auk- üben. Es ist daher verständlih, wenn nunmehr auch mit amt- liher Unterstüßung und unter Aufwenduug namhafter Mittel an die Untersuhung dieser für Volkswirtschaft und Bolkg- gesundheit gleih bedcutungsvollen Gebicte berang-treten wird. Das vom Kaiserlichen Statijtischen Amte herautgegebene „Neichs=. arbeitsblatt"“ berihtet in seinem Oktoberheft über zwet Unter- nehmungen, die gleichzeitig in Deutschland und in Frankreih für Untersuhungen über Arbeitsphysiologie ges{chaffen worden sind. Auf deutscher Seite it es die Kaiser Wilhelm-Gesellhaft, die im Begriff ist, ein „Kaiser Wilhelm-Fnstitut für Arbeitsphysiologie“ zu errichten. Sie hat dafür einen jährlihen Zushuß von 20 000 4 ausgeworfen, dem der preußische Staat 15 000 4 hinzufügt. Das Arbeitsprogramm rührt von dem Leiter des Instituts, Professor Nubner, her. Das Institut hat seine Tätigkeit erst in geringem Umfang aufgenommen. Aehnliche Ziele verfolgt eine vom franzöfishen Arbeitsminister ein- gëseßte Kommission zum Studium der Arbeitsphysiologie. Sie hat nch in zwei Unterkommissionen geteilt, die bereits beide zu arbeiten begonnen haben.

Zur Arbeiterbewegung.

Nachdem die Werft von Tecklenborg in Geestemünde am Sonnabend und Montag tnéëgesamt 1000 Arbeitern gekündigt hatte, sind „W. T. B.“ zufolge auch gestern wieder 500 Arbeiter entlassen worden. (Vgl. Nr. 255 d. Bl.)

Die Ortsgruppe des Verbandes der Seeleute in Ymuiden hat, wie ,„W. T. B.“ meldet, mit großer Mehrheit beschlossen, daß die Mannschaft der Fishdampfer sofort in den Ausstand treten soll. Die Entscheidung der Verbandslkeltung steht noch aus. Der beschlossene Ausstand würde die gesamte Besaßung aller sih mit der Schleppnebfischerei befassenden Dampfer, deren Zahl 140 beträgt, umfassen. Die Zahl der Ausständigen würde sich auf 600 belaufen. An dem Auestand werden die in einer besonderen Vereinigung organisierten Kapitäne und Mechaniker nit teilnehmen.

Aus Trinidad (Colorada), wo die Bergleute ausständig sind, hat, wie „W. T. B.“ meldet, zwischen Ausständigen und Wächtern auf einer Kohlengrube in der Nähe dec Stadt ein dreistündiger Kampf stattgefunden. Der Gou «4 verneur beorderte Miliz nach dem Scavploß. Ueber die Zahl der bei dem Kampfe Getöteten und Berleßten gehen die Meldungen auseinander. Nach einer Meldung wurde éin Wächter getötet, nah einer anderen Meldung sind mehrere Bergleute getôtet oder verlegt worden. Die Ausständigen sind zumeist Griechen, die kürzli aus den Balkankriegen hierher zurüdkehrten. Sie hatten Kompagnien gebildet und militärishe Uebungen abgehalten.