1894 / 12 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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einen sonderbaren Napoleon zu spielen; die Größe des - ge- schichtlihen Mannes blieb in Dunkel gehüllt; man sieht hier den Weltbezwinger gleihsam nur im intimen od wenn * er au die allbekannte Uniform trägt; er zwischen feine hadernden und fkeifenden western mit der Feuer- zange, er leidet ganz fleinbürgerlich Qualen der Eifersucht und athmet friedlich und beha E auf, wenn er fi von der Treue feiner Frau überzeugt. Herr Reicher machte Ansäßtze zu düsterer Tragik, die aber auf dem lustigen Hintergrunde der Haupthandlung nur eine ange- nehme Abwechslung bervorriefen. Die übrigen rfonen, deren der Zettel fast dreißig mit Namen aufzählt, halfen die Bilder stellen, traten aber son wenig bervor. Neues Theater. | Die gestrige erste Aufführung des Schauspiels „Licht!“ von

effeftvolle hmung eines Zauberkünstlers oße Heiterkeit. âulein Camillo erfreute durch den geshickten Vortrag eines von A. Ferron komponierten und hier eingelegten Bravour-Walz „Erinnerungen an alte Zeiten“. Die von dem artistif Leiter Herrn Binder gut inscenirte, von Herrn Kapellmeister Ferron mit ewohnter Umsicht geleitete Aufführung wurde von den Zuschauern Freunblid aufgenommen.

Konzerte.

Die Sopranistin Fräulein Marie Klingenberg aus Olden- burg erschien am Sonnabend im Saal Bechstein zum erften Mal vor dem hiesigen Publikum. Sie besißt eine besonders in der Höhe kräftig flingende und umfangreiche Stimme, die jedo für ein öffent- liches Auftreten noch einer tieferen Ausbildung bedarf. Die Vortrags- weise war eine sehr bewegte, zuweilen sogar in Uebertreibung aus-

Jagd. Offizieller Strecken-Rapport der Königlihen Hofjagd im Grunewald am Freitag, 12. Januar 1894.

Siieiters uud Davwellaut veclederet Secen Sl Se i S ammern und Doppellau eben gen au n anderthalbfstündiger Dauer bei der nah dem Frübstück auf dem Schloß hofe Grunewald verrichteten Gesammtstrekle 49 Schaufler und Bai Lil ded Telsero 2al'aécies 13 Sale tv f Ui

ajestät des Kaisers un önig u Daimwild entfallen. Wetter war überaus günstig : gelinder Froft und wolkenloser Himmel.

Mannigfaltiges.

Mar Stempel nahm einen für den Verfasser fehr unerfreulihen ( tück wobl nit ganz ohne Berechnung so ungünstig, daß es \{ließlich unter fatirischer des Schauspiels und hausbadckene Reden, die mit dem Gang der Handlung wenig oder nichts gemein a Man vermißt einen klaren Grundgedanken der Handlung, sodaß der Zuschauer am Schluß des Stücks ebensowenig wie beim D weiß, was der Verfasser mit

Obenein ist auch die Sprate, die in dem Schauspiel geredet wird, häufig unfein und roh. Manchmal

Verlauf. Die Zuschauer beurtheilten das

wurde. Die Mängel

Heiterkeit abgelehnt â genug. Dürre

find allerdings auffallend

baben, nehmen einen breiten Raum ein.

feiner Arbeit hat sagen wollen.

scheint es, als ob der Verfafser den Zielen

Schule nachgestrebt bätte; fo in der beabsihtigten Schilderung eines besonderen fkleinbürgerlihen Milieus und in dem Bemühen, der Handlung einen festen Lokalton und dadurch eine klare Stimmung zu verleihen. Aber die gute Absicht is, was den Stil und was die Stim- mung anbetrifft, niht recht gelungen; denn dieses Ziel kann nicht einfa dur Anspielungen auf die Weber „im grünen Weg“, auf

altmodische Weißbierwirthe und Hauseigenthümer

Allerdings tragen die Charaktere, wenn man sie stilistisch und litera- risch fubsumieren will, eine entschieden naturalistische Färbung; ein junger Balckfisch z. B. ist so gemüthlos und so geistlos, zugleih fo vorlaut und cynisch wie mögli geschildert, «und der Kommerzien- Rath des Swausviels trägt s der später auftauchenden Herzensgüte Pla eit und Formlosigkeit des äußeren

und innern Menschen zur Schau. Der s{wülstige Edelmuth und Gefüblsübershwang, die sich im Dialog offenbaren, r dur die den modernen Dichtern verseßten energishen Seiten- Ausdringlicher veranlaßte {ließli das Publikum, die Zurückhaltung aufzugeben, die es anfangs ausNücksidt auf die mutbig kämpfenden Darsteller be- wahrte; aber die besten Kräfte, wie Fräulein Rosa Bertens, äulein Frieda Brock und die Herren Gaspart, Jarno,

eine peinlih berübrende tt

biebde nicht ents{huldigt werden.

T Es er, mußten dem inhaltarmen Stück gegenüber Tbeater Unter den Linden.

Dem wegen der bervorragenden künftlerishen Leistungen und der außergewöhnlih prachtvollen Dekorationen immer noch gern gesehenen und mit lebhaftestem Beifall von den zahblreihen Besuchern auf- Ausftattungëéballet „Brahma® von zum erften bekannte

von Offenbach, reizvollen Musik mehr als wegen des unbedeutenden harmlosen Librettos der Vergessenheit ent- i; ; riffen zu werden verdient. Namentlich ift es ein die italienishe Opern- | Dann folgen mehrere Gruppen von Chorkompositionen, aus- Spamer P ERIS Terzett, das G nos als recht M0 ub die hübschen Duette zwij rnestine und Canefas S zn onT L C i gefielen in dem ges{madckvollen Vortrag des Fräulein Br und des Bean Grünfeld findet am Mittwoch, Abends 74 Uhr, in der Herrn Schuler allgemein. Fräulein Broch, die zuerst anscheinend noch | S mit einer nicht ganz überwundenen Unpäßlichkeit zu kämpfen hatte, ent-

genommenen vbantaftishen ta I. Monplaisir ging am Sonnabend eine äâltere, hier nur noch wenig Operette, „Salon Pizelberger“ die wegen ibrer prickelnden ,

erweist.

widelte als übermüthiges, verliebtes Mädchen und

als italienische Diva ein überrashend großes Soubrettentalent. Den reihgewordenen Stärfkefabrikanten Pitelberger, der als Rentier seinen Salon zum Sammelpunkt der vornehmsten Welt machen will und sich bemüht, seinen Gästen auserlesene künstlerifhe_ Genüsse zu bieten, gab mit fröbliher Laune Herr Matscheg. In der Rolle Steinberger durch die

seines Grooms erregte Herr

t vom 15. Januar, Morgens.

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red, in Millim.

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S) Neif,

1) Nebel, Raubfrofst. 2?) Sehr neblig. ebel.

Uebersiht der Witterung. Eine Es Depression liegt über Nort- T

weft-Guropa, ibren Wirkungskreis über das Nord- und Oftseegebiet erstreckend, während der Luftdruck über Süd- und Ost-Europa am höchsten ist. Jn Deutschland dauert die schwace, vorwiegend südliche und südöstliche Luftströmung bei theils heiterer, theils nebliger Witterung fort, wobei die Temperatur wieder allentbalben gestiegen ift, und nur im oft- deutschen Küftengebiete hat der Froft stark zu- genommen; die Froftgrenze verläuft an der west- deutshen Grenze und dürfte demnächst weiter oft- wärts vorrücken. Meßbare Niederschläge werden aus Deutschland niht gemeldet. Jn Osftdeutschland, sowie im nördlichen Oefterreih-Ungarn dauert die ftrenge Kälte noch fort. Neufahrwasser meldet 17, Herrmannftadt 18 Grad unter Null, auch Moskau

meldet minus 22 Grad. Deutsche Seewarte.

artende, auch war die Intonation langen Schubert?s eUngeduld!, f

das förnte“ von Berger.

zablreih ershieneneu Publikums.

begann mit dem 1g einer in der sein Bruder Heinrich

folgenden, meistens der modernen

; Piscen spielte er mit musterhafter erreiht werden.

Emil Göte als Faust gegeben. L Im Königlichen können

Beifall

erlahmen. von „Sappho“ ftatt.

Mitiwoh zum 25. Mal gegeben. Mal | auf dem Spielplan bleiben wird. einaktige voraus,

Liedervorträge der Damen

Das zweite Abonnements-Konzert besonders später

Schumann, Brahms, Rubinstein,

Moszkowski.

Theater - Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Dienstag : Opern- baus. 15. Vorftellung. Margarethe. Oper in 5 Alten von Gounod. Tert nah Goetbe's Faust, von Jules Barbier und Michel Carré. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober - Regisseur Tetlaff. Dirigent: Kapell- meister Dr. Muck. (Faust: Derr Gail ¿ße, Königl. Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 16. Vorftellung. Ein Sommer- nachtstraum von William Shakespeare, überseßt von Auguft Wilhelm von Schlegel. Musik von Les Mendelssohn-Bartholdv, Tanz von Emil

raeb. In Scene feht vom Ober-Regifseur Max DOEE Dirigent : Mustkdirector Wegener. Anfang 7 Ubr.

Mittwoh: Opernhaus. 16. Vorstellung. Die Meisterfinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Jn Scene gesetzt vom Ober - Regisseur Teblaff. Dirigent: Kapell- meister Dr. Muck. Anfang 6* Ubr.

Schauspielbaus. 17. Vorstellung. Die Jour- nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Frevtag. (Adelheid: Frau Clara Meyer, Ghren- mitglied des Königlichen Schauspiels.) Anfang 7 Ubr.

Deutsches Theater. Dienstag: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Mittwoch: Der HerrSenator.

Donnerstag : Der Talisman.

Berliner Theater. Dienstag: König Richard AXT. (Ludwig Barnay.) Anfang 7 Uhr. ittwoch: Ans eigenem Necht. I: Anus der komischen Oper. Das ängniß. / Die nähste Aufführung der „Wallenstein- Trilogie“ findet Sonntag ftatt.

Lessing-Theater. Dienstag und folgende Tage: Madame Saus-Gêne.

Friedrih - Wilhelmstädtisches Theater. Chaufseestraße 25. Dienstag: Der Lieutenant zur See. Operette in 3 Akten nah einer älteren Îdee von E. Schlack und L. Herrmann. Musik von Louis Roth. Jn Scene geseßt von Julius Frißshe. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Ubr. Mittwoch: Der Lientcnant zur See.

Refidenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten-

burg. Dienstag: Zum 23. Male: Der E E (Le premier mari de France.) wank in 3 Akten von Albin Valabrègue. Vorher: Jm

Meine Mutter hat’'s gewollt“ von O. Leßmann, „Meine Liebe ift grün“ von Brahms, und „Ach werr Der junge Violinist Herr Walte

Cavallery, der hier {hon öfter fkonzertirt hat, erfreute durch den sehr gelungenen Vortrag zweier Konzertsäße von M. Bruch und der Faust-Phantasie von Sarasate unter wohlverdientem Beifall des

In demjelben Saal gab Herr Alfred Grünfeld am Sonntag einen Klavier-Abend. Der aus der Schule Theodor Kullat's hervor- der modernen | gegangene, dur sein Talent, Klavierphantasien zu improvisiren, be-

s, Pianist hat \sih seit längerer Zeit hier nit hören laffen. Er Vortrag einer Sonate mit Cello von Saint-Saëns,

Sowokbl dieses {ne und shwierige Werk als auch die große

tief eingehender, feurig belebter Ausdrucksweise. Nur in Beethoven?s Andante (F-dur) und in der Novellette von Shumann war die Tempo- bewegung zu unruhig. Lebhafter Beifall folgte seinen Vorträgen.

Im Königlichen Opernbause wird „morgen Gounod's „Margarethe“ mit Fräulein Hiedler in der Titelrolle und Herrn

Schauspielhau}e gelangt morgen Shafke- speare’s „Sommernachtstraum“ mit Mendelsfohn's Musik zur Auf- führung. Herr Vollwer spielt zum 100. Mal den Zettel. e

Am nächsten Sonntag veranstaltet ein Theil der Mitglieder des Lessing-Theaters wieder ein Gastspiel im Wallner-Theater. Zur Aufführung kommt das Lustspiel „Mauerblümchen* von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg. :

Im Neuen Theater wird morgen ftatt „Licht“ Daudet?s „Sappho*“ gegeben. Am Mittwoh und Sonnabend finden Auffüh- rungen von „Jugend“, am Donnerstag und Freitag Wiederholungen

Die Revue „Berlin 1893" wird im Central-Theater am toller Einfall“ erweist fich wieder so zugkräftig , daß er zunächst noch

Das Programm des morgigen Woblthätigkeits-Konzerts bon Ernst Eduard Taubert in der Sing-Akademie enthält Elisabeth ellwock sowie der Herren Emil Götze

geführt von der Berliner Liedertafel (Chormeister A. Zander). | 3 Uhr i dringen in das Gebäude zu verhindern. an DS (S | haftungen vorgenommen. ing-Akademie unter Mitwirkung der Konzertfängerin Julie Müller-Hartung, des Kammervirtuosen Herrn Alfred C sowie der Herren Theodor Krelle (Bratsche) und Hund (11. Violine ) ftatt.— Das Programm des Liederabends, welchen Frau Selma Nickla 3: Kemvner aus Wien an demselben Abend 8 Uhr im Saal Be stein veranstaltet, bringt, außer beïkannteren Liedern von Schubert,

Mozart und eine Reibe ganz neuer Kompositionen von P. Mandl und

nicht sicher genug. Am besten ge-

ibn aufs wirksamste unterstüßte. e pen der

Kompositionsweise angehörenden | am

Sicherheit in der Technik und mit

gegengenommen.

stattfinden.

in Deuts({land. Der Laufs’she Schwank „Ein I

Leisinger und Ottilie und Franz Bet.

der Herren Florian Zajic und räulein

rünfeld Brüssel,

Haydn, seltener gehörte Lieder von | werden.

| Negligé. Plauderei in 1 Aft von Hans von Rein- fels. Anfang 74 Ubr. / 5 Mittwoch und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Ueues Theater. Siffbauerdamm 3—5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Sappho. Sittenbild in 5 Akten von Alphonse Daudet. Anfang 7x Uhr. Mittwoch : Jugend.

Viktoria-Theater. Belle - Allancestraße 7/8.

Dienstag : Mit vollständig neuer Ausstattung: Die Kinder des Kapitän Graut. Aus- stattungs\tück mit großem Ballet in 12 Bildern. Anfang 7ck Ubr.

Theater Unter den Linden. Dienstag: Salon Pitelberger. Operette von I. Offenbach. Hierauf: Brahma. Ausftattungs-Ballet. Anfang

7L

(S Uhr. Sonnabend : E” Zweiter Maskenball. “Zus Herrenkarten 8 Æ (im Vorverkauf 7 46), Damen- karten 5 Æ (im Vorverkauf 4 4).

Adolph Ernft-Theater. Dienstag: Zum 120. Male: Charley’s Tante. Sch{@wank in J A L irgen E & E Ee Baja arodifti offe mit Gesang in von Et Jacobson und Benno Jacobson. In Scene geîeßt von Adolvh Ernst. Anfang 74 Ubr.

Mittwoch: Charley's Taute. Die Bajazzi.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Dienstag: Eiu toller Einfall. Hierauf: Zum 24. Male: Berlin 1893. Nevue in 2 Ab- theilungen von L. Leipziger. Anfang der Vorstellung 74 Ubr, der Revue 94 Ubr. :

Mittwoch: Zum 25. Male: Berlin 1893, Hierzu: Ein toller Einfall.

Konzerte.

Sing-Akademie. Dienstag, Anfang 8 Uhr: Konzert zu wohlthätigem Zweck veranstaltet von E. É. Taubert, unter gütiger Mitwirkung der Damen Fräuleins Elisabeth Leifinger (Königliche Hofopernsängerin) und Ottilie FellwoÆ (Alt), so- wie der Königlichen Kammersänger Herren Emil Götze und Franz Bes.

Saal Bechstein. Dienstag, Anfang 7+ Uhr: Kouzert der Violinvirtuosin Elsa Barkowska,

unter gefälliger Mitwirkung der Konzertfängerin Fräulein Gertrud Heiurich.

* | werpen bestimmt sind, provisorisch von den Eingangszô f sein, unter der Bedingung, daß diese Gegenstände wieder ausgeführt

Stadtrath a. D. Dr. jur. Carl Erich, früheres Mitglied des Lite- rarischen Bureaus und langjähriger parlamentarischer Berichterstatter, ist am 11. d. M. im Alter von 76 Jahren gestorben.

Im Arbeitshaus befanden _sch am 31. Dezember 1893 1901 Korrigenden 2c., zur selben Zeit wurden im Lazareth der Anstalt 200 Personen verpflegt und erhielten 23 jugendliche Häuslinge Unter- rit. Zur Beshastung von Kleidungsftücken und Bezahlung der ersten Miethe wurden bei n de: L tober bis 31. Dezember 1893 107 Personen mit 670,79 4 unterstüßt.

Der Stolze’'she Stenographen-Verein „Süd-Berlin“ veranstaltet auch im Jahre 1894 Unterrihtskurse in der ver- einfachten Neu-Stolze’shen Stenographie. Die Eröffnung des erften Kursus, eingeleitet durch einen Vortrag über Stenographie, findet ftatt Mittwoch, 17. Januar, h Restaurant Patenhofer Aus\hank „Zum Eisernen Kanzler“ , Alte Jakobstr. 64. Das Honorar für den Unterrihtsfursus beträgt 6 M Anmeldungen für den Kursus werden daselbst am Eröffnungstage ent-

ihrer Entlassung in der Zeit vom 1. Of-

Abends 84 Uhr, im Vereinslokale,

Stuttgart, 12. Januar. Gemäß den Beschlüfsen der Bäer- Verbandstage wird in der hiesigen Gewerbehalle im nächsten Herbst eine große deutshe Ausstellung von Erzeugnissen und Be- darfsartifeln der Bäckerei, Konditorei und Kochkunfit Die Aueéfstellung foll vom 9. bis 16. September 1894 währen und auch das Ausland zur Beschickung herangezogen werden. Die Vorbereitungsarbeiten haben bereits begonnen. i Ausftellungscomités ift Herr S{hlatterer in Stuttgart, Weimarstr. 40.

Vorsitzender des

Rom, 13. Januar. Der Stadtrath genehmigte, wie „W. T. B.“ meldet, einen Terrainaustausch zwischen der Deutschen Botschaft und der Gemeinde Rom zur Erweiterung des protestantischen Friedhofs am Monte Testaccio und ertheilte der römi sen Stadtkapelle die Erlaubniß zu einer einmonatigen Konzerttournée

St. Gallen, 14. Januar. Gestern Naht veranstaltete, wie „W. T. B.* meldet, eine aus mehreren hundert Menschen bestehende Menge vor dem Muscumsgebäude, wo der O ffiziersverein einen Ball abhielt, eine Demonstration, weil eine württem- bergishe Militärmusik-Kap elle an Stelle einer einheimischen Kapelle engagirt worden war. Verschiedene Reden wurden gehalten und sammtliche Fensterscheiben einges{lagen. Der Lärm dauerte bis gegen Morgens, do gelang es der Polizei, die Menge an dem Ein-

Es wurden mehrere Ver-

13. Januar. Nach einer heute veröffentlihten

Königlichen Verordnung follen, wie „W. T. B.“ meldét, diejenigen ausländishen Gegenstände, welhe für die Aue s Ant-

en befreit

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Konzert-Haus. - Dienstag: Karl Meyder- Konzert. E

Ouv. „Preciosa“ von Weber. „Semiramis*“ von Roffini. „Das Nachtlager zu Granada“ von Kreuzer. Phantasie aus „Don Juan“ von Mozart. „Der Mikado“, Potpourri von Sullivan. „Mondnacht auf der Alster*, Walzer von Fetras. „O cara memoria“ für Cello von Servais (Herr Smit). „Deine blauen Augen“ für Piston von Bohm (Herr Werner).

Zirkus Renz (Karlstraße). Dienstag, Abends

7} Ubr:

E Ein Künstlerfest. “F Vollständig neue und glänzende Ausstattung und Einlagen. Ueberraschende Licht- und Wassereffekte.

Außerdem: 6 Rappen und Karussel von 30 Pferden, vorgeführt von Herrn R. Renz. Das ulpferd „Prinz“, geritten von Herrn R. Renz. Die bobe Schule, geritten von Fräulein Oceana Renz. Pas de deux, geritten von Miß Rose und Herrn Fran- coni. Der urkomishe Jmitator-Clown Mr. Ybbs. Zum 1. Male in dieser Saison: Geschwister Hoff- mann am s{webenden Trapez. Die Akrobaten auf dem Telephondraht Zalva, Espana und Alva 2c.

eti wie gewöhnli. ittwoch: Ein Künstlerfest.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Miß Laure Taylor Brown mit Hrn. uptmann Hermann von Bertrab (Jersey-City, Bérebeli@i: Hn Reniceauos-Aisifor : Wipre erecheliht: ; ierungs-Afsefssor Geo ral R n Freiin Freda von der Lancken- eni erlin).

Geboten: Ein Sohn: Hrn. Gesandtschafts- Prediger Friedrich Boit (Lissabon). Hrn. Major a. D. von Frankenberg (Nentershausen, Regb. Cassel). Cine Tochter: Hrn. Hauptmann Egart von Bonin (Berlin).

Gestorben: Hr. Hausfideikommiß-Baurath Carl Niermann (Friedenau). Frl. Elisabeth von Alten (Berlin). ‘— Hr. Oberst z. D. Ernst von Der (Oldenburg i. Gr.). Hr. Ritterguts- esizer Karl Wilbelm Gribel (Napachanie).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor. -

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag3- Anftalt Berlin SW. Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlid Börsen-Beilage). (69)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

2 12.

Deutscher Reichstag. 26. Sißung vom Sonnabend, 13. Januar, 1 Uhr.

Ueber den Beginn der Sigung ist bereits in der Nummer am Sonnabend berichtet worden. j

Bei Fortseßung der ersten Berathung des Entwurfs eines Da iei McIges erhält nach dem Abg. Dr. Clemm- Ludwigshafen (nl.), dessen Rede gleichfalls in derselben Nummer mitgetheilt worden ist, das Wort der Abg. Schneider (fr. Volksp.), welcher bezweifelt, daß die Regie- rung auf diesem Wege zu erheblichen Mehreinnahmen gelangen werde, denn es finde sih im Reichstage keine Mebrheit für die Vorlage. Die Gewichtsfteuer zu erhöhen hält die Tregrerusa selbst für unmögli; sie geht aber nit zut reinen Werthsteuer über, sondern sie behält beim Zoll ncch das Gewichtsfteuersystem bei. Der Unter-Staatsfekretär v. Schraut meint allerdings, daß das Ausland einen Theil der beab- sihtigten Belastung tragen wird ; er hat aber nit angedeutet, wie das geschehen soll. Eine weitere Durchbrechung des Werthbsteuersyskems ist die böbere Belastung des Schneidtabacks, troßdem er der billigere ift ; auf diese Weise wird gerade die minderbemittelte Klasse mehr belastet als die woblbatende. Von einem Konsumrückgang i} in der Begründung der Vorlage und auch fonst vom Bundesrathstische immer die Rede gewesen; aber niht in dem Sinne, den man jeßt dem Worte unterlegen will. Was fann man sich unter einem Konsumrückgang denken, der nit auf die Produktion einwirken foll ? Die Schäßung des NRückgangs auf 1/5 oder 1/12 ist aber jeden- falls zu niedrig gegriffen. Die Interessenten berechnen, daß mindestens 26 000 der ln beshäftigten Arbeiter brotlos werden. Seit 1879 hat die Kautabackindustrie erheblich zugenommen, weil Die- jenigen, die sonst Pfeifen oder Zigarren rauchten, zum billigeren Kautaback übergegangen sind. Bei der jeßt beabsichtigten Steuer- erhöhung wird das vielleicht noch viel mehr der Fall fein und die Zigarrenindustrie wird befonders darunter zu leiden haben. Namentlich die tTleineren Betriebe werden einen solchen Konsumrückgang nicht er- tragen können. Auch die Händler werden erheblichen Nachtbeil er- leiden, namentli in kleinen Städten, wo sie ohnehin eine beschränkte Kundschaft haben; es kann sehr leiht gesehen, daß die Tabackhändler in das faufmännishe Proletariat binabsinken, wenn der Konsumrück- gang ein starker ist. Auf die Tabackverbrauchstatistik, obwohl sie eine amtliche ift, legt der g er nur geringes Gewiht. Sn der Begründung“hat man die Jahre 1874—1876 mit den Jahren 1886—1890 verglihen; die ersteren baben einen Konsum von 1,60 kg, während die Sahre 1872 und 1873 einen sehr viel größeren Konsum hatten. Wenn man größere Perioden zusammenfaßt, zeigt sich nach 1879 ‘ein Rückgang von 1,8 auf 14 kg pro Kopf der Bevölkerung. Von seiten der Regierung ist angedeutet worden, wenn die Vorlage abgelehnt werde, werde man immer wieder darauf drängen und die Industrie beunrubigen, bis endli eine befriedigende Besteuerung herbeigeführt wird. Wir müssen eine solche Zumuthung entshieden zurückweisen, und ih boffe, daß die Tabainduftriellen und Arbeiter sih durch folche Drohungen auch niht einshühtern laffen werden. Beim Rückgang des Konsums muß man auch daran denken, daß die Kosten der Fabrikation nicht entsprechend zurückgehen. Wenn der Fabrikant auch die Arbeitslöhne spart, so kann er do zum Beispiel feine Maschinen und Gebäude anderweitig nicht verwenden ; die Kosten und Lasten dafür muß er in der alten Höhe weiter tragen. Die Kontrol- vorfchriften können die großen Fabrikannten vielleicht beachten; sie haben das nöthige Personal für - die Buchführung u. f. w. Aber es giebt kleine Fabrikanten, _die wegen des geringen Umfangs ihres Be- triebes sich mit einer sehr einfachen Buchführung begnügen und biéher auch begnügen fonnten. Ueberhaupt sind alle Kontrol- vorshriften so umständlih und lästig, daß sie mit der modernen Kultur eigentlih niht recht in Ein lang gebraht werden fönnen. Schließlich wird die Handhabung des Gesetzes dabin führen, daß alle Welt das Monopol herbeisehnt. Wenn an dieser Tabackfabrikatsteuer eine große Anzahl kleiner Eristenzen zu Grunde gegangen sein werden, dann werden s{ließlich nur solche übrig bleiben, die gegen eine gute Entschädigung gern ihr ganzes Geschäft aufgeben, und \chließlih werden auch die Konsumenten damit einverstanden sein daß das Monopol eingeführt wird. Denn, wenn die Konsumenten bei Strafe verpflihtet werden, drei Jahre lang die Fafturen über ihren Ankauf von. Tabak und Tabackfabrikanten aufzuheben, fo werden ne es \chließlich lieber schen, doN sie nahber bloß mit der Monopol- verwaltung zu thun baben. ine gewisse Zustimmung zur Vor- lage finden wir nur bei Tabackpflanzern, aber au diese find nit ganz befriedigt; sie stellen höhere Anforderungen an den Schutzoll und wollen auch leihtere Kontrolvorschriften haben. Dem gegenüber muß es eigentli auffallen, daß diese Vorlage von der Regierung mit einer folhen Halsstarrigkeit vertheidigt und dem Reichstage gleihsam wie etwas Naturnothwendiges aufgezwungen wird. Je mehr ein- C wird in eine blühende Industrie, je mehr man sih dem onopol nähert, desto energisher muß der Widerstand gegen solche Vorlage werden. Wir werden gegen die Vorlage stimmen. Keine Vorlage ist wie diese geeignet, Unzufriedenheit hervorzurufen.

Königlich bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Staats-Minister der Finanzen Dr. Freiherr von Riedel:

Meine Herren! Jh habe mir niht das Wort erbeten, um in das Detail des Entwurfs näher einzutreten ; denn von den Einzel- heiten desfelben sind wenigstens die wichtigsten Punkte bereits vom MNegierungêtisch aus erledigt, und im übrigen müssen diese Punkte nothwendig in einer Kommission berathen werden, wo fie unzweifelhaft auh die nothwendige Aufklärung und Auf- hellung finden. Jch bin zunächst veranlaßt, das Wort zu nehmen, weil der Herr Abg. Meister gestern in seiner Rede auch meine Person gestreift hat, indem er einerseits auf die Mitwirkung des Königlich preußischen und bayerischen Finanz-Ministers an diesem Entwurf hin- wies und gewissermaßen behauptete, daß wir bei dem Entwurf zum Ge- vatter gestanden sind, und indem er mich andererseits fragte, wie ich mir denn eigentliÞh einen Ertrag von dem Entwurf denke, wenn die Leute nicht rauhen müßten. Meine Herren, um den finanziellen Erfolg dieses Geseßentwurfs ift mir garniht bange, und ¿war aus dem einfahen Grunde, weil ich weiß, daß es sehr viele Leute in der Welt find, die lieber das thun, was sie nit müffen und sollen, als das, was sie sollen, und weil ich nah meiner Erfahrung die feste Ueberzeugung habe, daß \ih ein wesentlicher Konsumrückgang nicht ergiebt, sobald nur die Angelegenheit in normale Bahnen ge- leitet ift.

Meine Herren, es find zwei Faktoren, die dem Konsumrückgang entgegenarbeiten, und diese find stärker als alle Prophezeiungen und Berechnungen. Der eine dieser Faktoren iff die Ge- wohnheit des Rauchers und das Bedürfniß zum Rauchen, und s andere dieser Faktoren is die Findigkeit der Industrie und des

andels.

Berlin, Montag, den 15. Januar

Sie haben vorhin {hon gehört und ih kann das nur be- ftätigen; ich thue ja in der Tabackfrage schon lange mit : ganz genau dieselben Prophezeiv.igen wie heute sind von seiten der In- dustrie im Jahre 1879 gemaht worden, und auch damals wurden Re- gierung und Reichstag angeklagt, daß fie darauf ausgehen, die Tabadck- industrie und Großmachtstellung Bremens total zu ruinieren und die Arbeiter brotlos zu mahen. Wenn Sie nun die Ihnen zugekommenen Denkschriften lesen, so werden Sie faf in jeder finden, und zwar an der Spie, daß die Tabatinduftrie beute eine blühende ift. Diese Behauptung ift ganz rihtig, man ver- gißt nur, daß das Geseß von 1879 an den Tabackbauer hinausgegangen ist; der Tabackbau hat Noth gelitten, ift zurüdck- gegangen (fehr richtig! rechts), Industrie und Handel find empor- geblüHt.

Aus diesem Umstand, meine Herren, entnehme ich den weiteren Beweis für meine Anschauung, daß ein Konfumrückgang nit zu be- fürten ift, denn die im Jahre 1879 eingeführte Belastung des Tabacks war viel stärker als beute; damals wurde die Inlandfteuer um das 7¿ fache, der Zoll um das 3X fache erböht, und doch hat fein Konsumrückgang stattgefunden.

Was nun die Stellung der bayerischen Regierung zu dem Ent- wurf anbetrifft, so erkläre ich frank und frei, daß wir voll- tommen und unbedingt auf dem Boden des Entwurfs ftehen, und daß wir denselben im Interesse des Reichs und der Einzelftaaten für absolut nothwendig halten. Ih erkläre auch weiter, daß ich seit mebr als fünfzehn Jahren die Gedanken, die dem Entwurf zu Grunde liegen, vertrete und verfechte.

Der Herr Abg. Meister hat behauptet, wohl nie sei ein Entwurf mit größerer Einmüthigkeit abgelehnt worden als der gegenwärtige. Nun, ih weiß nit, welhe Beweismittel dem Herrn Abgeordneten für seine Behauptungen zu Gebote stehen : (Zuruf) aber er wird inir vielleicht eine ganz bescheidene Frage erlauben. Weiß er vielleiht au, wie viele von denen, die über dem Entwurf den Stab gebrochen, den Entwurf wirkli gelesen (Heiterkeit rechts) und sih mit dem Grundgedanken desselben befaßt haben? (Zuruf.) Sehr viele? Nun, meine Herren, jeder größere entscheidende S{ritt und um einen solchen handelt es sich begegnet immer dem Widerspruh der Menge, und das ift ganz natürlich. Die Menge wir gehören ja au dazu fühlt vor jeder Neuerung ein Unbehagen und neigt daher dazu, den Gegnern einen größeren Glauben bei- zumessen.

Meine Herren, ih finde es ganz berehtigt, daß der Herr Abg. Meister die Interessen der Tabatarbeiter auf das wärmste ver- treten bat; allein ich muß wiederholen : ih kann nit zugeben, daß seine Befürchtungen wegen des Konsumrückganges begründet sind, und ih kann au nit zugeben, daß dem Entwurfe die Absicht zu Grunde liege, die Kosten der Militärvorlage auf die minder Bemittelten zu überwälzen. Indem ih diese beiden Säge verneine, komme ich selbst- verständlih zu der Anschauung, daß die Deduktionen des Herrn Abg. Meister der Grundlage entbehren. Wäre das rihtig, was der Herr Abgeordnete von der Zukunft der Tabatarbeiter gesagt hat, dann, gebe ich ihm zu, wäre es das Beste, wir würden aus den noch übrig gebliebenen Exemplaren des Entwurfs Fidibusse für den fröhlichen Raucher maten. (Zuruf links.) Dann aber müßten Reichs- tag und Bundesrath auch aussprechen, daß das deutshe Volk für alle und ewige Zeiten verzihtet, den Taback weiter heranzuziehen für eine Steuerleistung. Das wäre die Konsequenz, und ih zweifle, ob das Publikum, welches nah der Meinung des Herrn Abg. Meister den Entwurf so verurtheilt hat, sich auch dieser Konsequenz bewußt war. Meine Herren, die Herren Vertreter der Tabadckbranhe waren sich der Sache zweifellos bewußt; das ganze Ziel der Agitation geht mit unverblümten Worten ist das ja au8gesprohen dahin, daß der Taback überhaupt niemals in den Kreis der Besteuerung mit heran- gezogen werden foll. Aber ih glaube, das ift wohl faum möglich.

Ich möchte diese Thatsache auch denjenigen Herren, tie \sich zwar gegen den Entwurf ausgesprochen haben, aber sonst eine Erhöhung der Belastung des Tabaks wünschen, zu Gemüthe führen. Die Herren werden \sih ganz sicher den Dank der Tabackbranche nicht verdienen, aber auch nicht den Dank ihrer Wähler, sondern in kürzester Zeit mit den nämlihen Vorwürfen übershüttet werden, wie die ver- bündeten Regierungen wegen ihres Entwurfs. Ja, i begebe mich noch auf das Gebiet der Propbezeiung und prophezeie den Herren, daß man ihnen alsdann entgegenhält, es wäre doch besser gewesen, wir hätten den Entwurf der Regierung angenommen. (Sehr richtig! rechts.) Jch hoffe, daß es nit dazu kommt, diese Prophezeiung zu erproben.

Meine Herren, überhaupt war mir die Berufung auf die Wähler seitens einiger Redner shwer verständlich. Der vorliegende Entwurf war ja zur Zeit der Neichstagswahlen noch nicht geboren, und ich muß doch für die Einsicht der Wähler \o viel vindizieren, daß sie in ihrer großen Mehrzahl sih bewußt sind, daß die verbündeten Negie- rungen einen Verzicht auf Heranziehung des Tabaks zu den öffent- lichen Lasten garnicht aussprehen konnten und auch nit ausgesprochen haben. (Oho! links.) Ich glaube auch, daß es einer großen Zahl der Wähler, wenn sie sih mit der Sache befassen, garnicht entgehen fann, daß es unmöglich ist, auf dem Wege der direkten Besteuerung, der Erbschaftssteuer u. \. w. 60 Millionen und mehr herauszubringen, wenn wir nit einen Raubbau in Bezug auf den Nationalwohlstand treiben wollen, und wenn wir ni{t wollen, daß die Einzelstaaten ganz außer stande gefeßt werden, ihre fulturellen Aufgaben zu erfüllen.

Meine Herren, man spricht fortwährend von Lnxusfteuern. Nun, ih muß doch fragen: f\teckt denn in dem Entwurf, wie wir ihn vor- gelegt haben, feine Lurusfteuer? Es wird gerade der Lurus gefaßt, der am weitesten verbreitet is. (Sehr rihtig!)) Es wird der Luxus gefaßt, der zum theil auch am meisten Geld fkoftet.

Allein, wie man mit diesen Entwürfen umgeht, das wissen Sie ja felbst am besten. JIch kann den Herren versichern, daß wir Finanz-Minister und in der Folge auch die verbündeten Regierungen auf das allerernsteste bestrebt waren, Mittel und Wege

1894,

aufzusuhen, auf welhen die neuen Lasten, die nun einmal da?sind, ihre Deckung finden. Wir baben die Frage der Lurusfteuern nah allen Seiten erwogen. Wir waren uns au dessen bewußt, daß die Landwirthschaft niht mit neuen Lasten bedaht werden!konte. ¡(Sehr gut! rets.)

Wir waren uns ferner bewußt, daß wir die Lebensmittel nit in den Kreis unserer Berathungen ziehen “; konnten und durften. Wir sind endlich auf jene Wege ges tommen, die wir Ihnen vorgeschlagen haben. I muß zu meinem Bedauern konstatieren, daß ih in der dreitägigen Debatte keinen an- deren gangbaren Weg gehört habe. (Sehr rihtig ! rechts.)

Meine Herren, waren wir hierbei angelangt und mußten wir als einen feststehenden Saß ansehen, daß der Taback eine böbere Belastung ertragen könne und diesen Saß behaupte ih noch heute, und ihm ift auch im Ernste von gar niemandem wider- fprohen worden —, so war es unsere Aufgabe, das Taback- steuergeseß so zu gestalten, daß es zunächst bestehende Ungerechtigkeiten und Härten beseitigt infolge dessen sind die Vorschläge in Bezug auf die Tabainlandsteuer gemaht worden —; und wir waren zweitens genöthigt und mit allem Eifer bestrebt, Jhnen eine Steuerform vor- zuschlagen, welche dem Handel und der Industrie nicht die Leben8ader unterbindet.

Meine Herren, die Ansicht, daß der Entwurf zum Monopol führe, oder daß er sogar von den verbündeten Regierungen als eine Etappe zum Monopol geplant sei, ift grundfalsh (Na! na! links) ift grundfalsch. Jh habe vor 15 oder 16 Jahren, gerade weil ih der Ueberzeugung war, daß die Tabackfabrikatsteuer das Monopol hintanhalten würde, dieselbe in Vorschlag gebraht, und dieser Ueber- zeugung lebe ih heute noch. Es hat gar keinen Sinn, zum Monopol zu greifen, wenn in der Form der Tabackfabrikatsteuer entsprehende Erträge aus dem Tabak gezogen werden; das ist der befte Shuy gegen das Monopol, aber auch der beste Schuß für die freie Ent- wickelung des Tabackhandels und der Industrie und für die Eristenz der Tabackarbeiter. :

Was bringt nun der Entwurf? Es ift vielleiht fonderbar, wenn ih beute, am dritten Tage der Debatte, nochmals diese Frage auf- werfe; allein ih habe mich überzeugt, daß es doch nihtse schadet, wenn ich wenigstens die Marksteine der Prinzipien des. Entwurfs nohmals kurz berühre.

Das erste Ziel des Entiburfs war die Beseitigung der Inland- steuer. Das is aber nicht bloß eine agrarische Maßregel, les ist nit bloß die Erfüllung einer an ih berechtigten Forderung, sondern es ist au eine Maßregel, die, wie ih naher zeigen werde, im Interesse der Industrie und der Arbeiter selbst liegt.

Wie weit es gelungen ist, den Tabackbau für die Folge so zu schüten, daß der Baum wieder ordentlich leben und prosperieren kann, darüber gehen die Meinungen auseinander. Aber ih bin fest überzeugt, daß wir über diesen Punkt bei näherer Besichtigung der Sache un- shwer eine Einigung herbeiführen werden. Meine Herren, ih möchte die Tabackbauern nur warnen davor, daß sie sih nicht abermals von ihren Konkurrenten umgarnen lassen. (Sehr rihtig.) Die Fürsorge, die von industrieller Seite in den Denkschriften für die Tabackbauern entwickelt ift, if wirklich eine rührende (Heiterkeit) ; ih hoffe aber, daß die Tabackbauern ih in anderer Richtung rühren werden als auf diese Sirenengesänge hin. (Heiterkeit.)

Nun, meine Hecren, was if das Zweite, das der Gesetzentwurf bringt? Er bringt eine Belästigung der Rohtabahändler und der Detailhändler. Aber besehen Sie \fih do einmal diese Belästigungen genauer, und ih frage Sie ganz getrost, ob diese Kontrolen, die fo gering als möglich sind, wirklich den Tabackthandel in irgend einer Weise unterbinden können ?

Nun kommt die köloffale Kontrole für die Fabrikanten, welche „die Tabackfabrikation und die Tabatarbeiter dem sicheren Ruin zuführen“ soll. Ja, meine Herren, wieviel sind denn dieser Kontrolen und worin?bestehen sie? Was verlangen wir von dem Tabackfabrikanten ? Wir verlangen nihts als einen ehrlihen Geschäftsbetrieb, den er ja obnebin son hat, und wir verlangen weiter nur die Führung von Büchern, die er in der Hauptsache wenigstens, wie mir alle Fabrikanten zugeben wers den, jeßt {hon im Interesse der Ordnung seines Geschäfts führen muß. Jeder Kaufmann muß doch wissen, was er verkauft, und muß wissen, was mit dem Taba, der in der Produktion begriffen ist, ge- schieht. Ich bitte Sie, sehen Sie do den Entwurf an und sagen Sie mir, welche lebensgefährlichen Kontrolbestimmungen darin ent- halten sind! Meine Herren, diese und viel härtere Kontrolbestim- mungen bestehen ja {on in anderen Erwerbszweigen. Es ift uns ja leid, daß wir zu einem derartigen Mittel greifen müssen; allein die Sache ist gar nichts Erorbitantes; sie besteht in allen Staaten, fie besteht in den verschiedensten Industrien, und, meine Herren, darauf möchte ich Sie besonders aufmerksam maden, leichtere, als die Kontrolbestimmungen, die hier vorgeshlagen werden , werden Sie kaum welche finden. (Zuruf.) Amerika hat andere Verhältnisse und hat ein anderes System. (Sehr richtig!)

Die Fabrikanten sagen ja selber, daß die Kontrolbestimmungen zu leicht find. Jhr Hauptargument gegen die Kontrolbestimmungen besteht darin, daß sie befürhten, man werde sie später verschärfen. Ih glaube das niht. Mit einem geordneten Betrieb kann der Entwurf ganz gut marschieren, und Sie können es au risfieren, den Entwurf in der Weise anzunehmen. Aber, meine Herren, wenn wir, die Regierungen, in irgend einem Punkte uns geirrt haben sollten, so ist ja der Reichstag und die Kommission auch noch da. Sie werden gewiß ein \tarres Festhalten an diesen Punkten bei uns niht finden; das praktisch Richtige wird das Entscheidende sein, und ih zweifle gar nit, daß in allen diefen Dingen eine Vereinbarung stattfinden wird.

Nun, meine Herren, war der Gegenstand der ernstesten Fürsorge für uns die sogenannte Hausindustrie und die Frage, ob es denn den Fabrikanten möglich ist, auch fernerhin wie bisher Hausarbeiter zu beshäftigen, alfo Arbeiter, die nit unmittelbar im Fabrikraum be- schäftigt sind. Jh habe noch vor meiner Abreise von München