1894 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

für bedürftig erklärt ist, wurde abgelehnt. Es blieb jedoh vorbehalten, auf diese Frage zurüczukommen, wenn eiwa bei der Berathung des Ehescheidungsrechts beshlossen werden sollte, im Falle der Scheidung einer e geme n Fa en Ehe dem s{huldlosen Theil das Recht u geben, statt der Theilung des Gesammtguts nah Hälften die Theilung desselben nah den ursprünglichen Bestandtheilen zu verlangen. Abgelehnt wurde ferner der Antrag, das Recht, auf Auflösung der Gütergemeinschaft zu klagen, der Frau auch in dem Fall zu gewähren, wenn das Konkurs- verfahren über das Vermögen des Mannes eröffnet worden ist. Dagegen entschied Rh die Mehrheit dafür, ein solhes Recht der Frau für den Fall Seinen wenn das Gesammtgut infolge von Verbindlichkeiten, die in der Person des Mannes entstanden sind, in solhem Maße über- schuldet ist, daß das künftige Vermögen der Brau erheblich gefährdet wird. Jn gleicher Weise soll andererseits auch dem Mann das Recht, auf Auflösung der Gütergemeinschaft zu klagen, zustehen, wenn das Gesammtgut infolge von Verbind- lichkeiten der Frau, die im Verhältniß der Ehegatten zu ein- ander niht dem Gesammtgut zur Last fallen, in solhem Maß überschuldet ist, daß das künftige Vermögen des Mannes er- heblih gefährdet wird. i : Die 88 1373 bis 1380 regeln das Rechts verhältniß nach Auflösung der Gütergemeinschaft. Der sachliche Jnhalt des § 1373, der das Prinzip zum Ausdruck bringt, daß auch nach via Gütergemeinschaft das Gesammt- utsverhältniß bis zur Auseinanderseßung fortbestcht, an die Stelle des Verwaltungsrehts des Mannes aber die gemein- schaftlihe Verwaltung der Ehegatten tritt, wurde niht be- anstandet. Die Bestimmung, daß nach Auflösung der Güter- gemeinschaft der Antheil eines Ehegaiten an dem Gesammt- gut von dem Gläubiger des Ehegatten gepfändet werden kann, soll jedoeh in die Zivilprozeßzordnung eingestellt werden, ebeufo der § 1374, welcher die Zwangsvoll- streckung in das Gesammtgut vor erfolgter Auseinander- jeßung regelt. Einvernehmen bestand ferner darüber, daß die Vorschriften des S 1375 über den Einfluß einer vor der Au8- einanderseßung erfolgenden Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines der Ehegatten der Konkursordnung zu überweisen seien. Die Vorschriften der §8 1376 bis 1379 über die Auseinandersezung des Gesammtguts wurden sahlich nah dem Entwurf angenommen. Zu einer eingehen- deren Erörterung führte ein Antrag, den Entwurf durch die

Bestimmung zu ergänzen, daß, wenn das Gesammtgut ohne etgeili wi Berichtigung der

Gesammtgutsverbindlichkeiten getheilt wird, der Ehegatte, dessen Haftung für eine unberichtigt gebliebene Gesammtgutsverbindlichkeit sih auf das Gesammt- ut beschränkt, für dieselbe auch persönlich haften, die Haftung Hd jedoch nur auf die ihm zugetheilten Gegenstände erstrecken solle (vergl. § 362 des Entw. I1T und Anm. 26 dazu). Von anderer Seite wurde befürwortet, diese Fang nur für solhe Gesammtgutsverbindlichkeiten vorzuschreiben, die im Ver- ältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut zur Last len, Beide Anträge fanden indessen niht die Zustimmung

der Mehrheit.

Nach den im Reichs-Versicherungsamt gefertigten Zu- sammenstellungen, welche auf den Angaben der Vorstände der Versicherungsanstalten und der zugelassenen Kasseneinrihtungen beruhen, beitrug am 1. Januar 1894 die Zahl der seit dem Inkrafttreten des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes erhobenen Ansprüche auf Bewilligung von Altersrente bei den 31 Versicherungsanjstalten und den 9 vorhandenen Kassen- einrihtungen 261 966. Von diesen wurden 207 732 Renten- ansprüche anerkannt und 45190 zurückgewiesen, 3395 blieben un- erledigt, während die übrigen 5649 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden haben. Von den erhobenen Ansprüchen entfallen auf Schlesien 30 434, Ostpreußen 23 584, Brandenburg 20 089, Rheinprovinz 17 145, Hannover 15144, Sachsen-Anhalt 15123, Posen 13 550, Schleswig-Holstein 10 001, Westpreußen 9965, Westfalen 9911, Pommern 8826, Hessen-Nassau 5758 und Berlin 2951. Auf die 8 Versicherungsanstalten des König- reihs Bayern kommen 26 242 Rentenansprühe, auf das Königreih Sachsen 11 070, auf Württemberg 5900, Baden 4982, O Hessen 4229,/ beide Mecklenburg 5471, die Thüringischen Staaten 5493, Oldenburg 948, Braunschwei 1858, die Hansestädte 1890, ElsaßWLothringen 7588 und au die 9 zugelassenen Kasseneinrichtungen insgesammt 3814.

Die Zahl der während desselben Zeitraums erhobenen Ansprüche auf Jnvalidenrente betrug bei den 31 Ver- sicherungsanstalten und den 9 /Kassenrichtungen insgesammt 82758. Von diesen wurden /53955 Rentenansprüche an- erkannt und 19528 zurückgewiésen , 5263 blieben unerledigt, während die ge 4012 Anträge auf andere Weise ihré Erledigung gefunden haben. Von den geltend gemachten Invaliden - Rentenansprüchen / entfallen auf Schlefien 11 476, Rheinprovinz 6675, Ostpreußen 5828, Brandenburg 4474, Hannover 4320, Sachsen/- Anhalt 3783, Westpreußen 3284, Westfalen 3047, Posen 2933, Pommern 2926,

essen - Nassau 1870, Schleswig - Holstein 1264 und

erlin 1242. Auf die 8 Versicherungsanstalten des Königreihs Bayern fkömmen 9755 Jnvaliden-Renten- ansprüche, auf das Königreih Sachsen 3101, auf Württemberg 2253, Baden 2295, Großherzogthum Hessen 1005, beide Mecklenburg 901, die Thüringischen Staaten 1431, Oldenburg 227, Braunschweig 561, die Hansestädte 482, Elsaß-Lothringen 1593 und auf die 9 Kasseneinrichtungen ins- gesammt 6032. C ;

Unter den Personen, die in den Genuß der Jnvaliden- rente traten, befinden sih 1391, die bereits vorher eine Alters-

rente bezogen.

Jn Betreff der Zusammenseßung der Vorein- \chäßungskommissionen war von einer Zeitung die Be- hauptung aufgestellt worden, daß sich wohl in den. wenigsten Kommissionen, namentlih in den hauptsählich in “Betracht foramenden größeren Städten, Vertreter aus der Zahl der Steuerpflichtigen mit Einkommen unter 900 H befänden.

Der Finanz-Minister hat infolge dessen die Königlichen Regie- rungen bars Rundschreiben vom 9. Januar d. F darauf auf- mer

sam gemacht, daß, wo diese Behauptung zutreffe, die Zu- sammense un der betreffenden Kommission allerdings an einem ieten ichen Mangel leiden und auch mit den ergangenen Ausführungsvorschriften nicht im Einklang stehen würde. Schon in der Verfügung des Ministers vom 19. Juni 1891 ist unter TT zu Nr. 1 darauf hingewiesen, wie es durchaus unerwünsht wäre, wenn geeignete Personen mit geringerem Ein-

kommen von der Theilnahme am MoremisGauung eschäft aus- geshlossen blieben, und wie dies in der Absicht des“ Geseßes umsoweniger liegen könne, als die Voreinshäßungskommissionen die Steuerpflichtigen mit Einkommen von nicht mehr als 900 M zu fommunalen Zwedcken zu veranlagen haben. Dem- gemäß is auch im Art. 40T zu 4 der Anweisung vom 5. August 1891 ausdrücklich hervorgehoben, daß die Wählbar- keit zum Mitglied einer Voreinshäßungskommission von einer bestimmten Hpye des Einkommens nicht abhängig sei. Die Königlichen Regierungen werden mit Bezug hierauf veranlaßt, u prüfen, ob den Voreinshäßungskommisstonen namentlich in en Stadtikreisen ihres Bezirks eine hinreichende Zahl von Personen mit Einkommen unter 900 4 als Mitglieder bezw. Stellvertreter angehören, und nöthigenfalls bei der nächsten Erneuerung der Kommission (Art. 40 T Nr. 2 der Anweisung vom 5. August 1891) in geeigneter Weise auf eine entsprehende Verstärkung dieses Elements hinzuwirken.

Jn neucrer Zeit sind mehrfach, auch in Aeußerungen der Tagespresse, Zweifel darüber laut geworden, nah welchen Grundsätzen bei Berechnung des steuerpflihtigen Ein- ktommens zum Zweck der Einkommen steuerveran- lagung- Zinseinnahmen aus sogenannten noth- leidenden Werthpapieren in Ansaß zu bringen sind, wenn die bei der Ausgabe der Papiere zugesicherten Zinsen vom Schuldner ganz oder theilweise midi gezahlt werden. Min Herbeiführung eines gleihmäßigen Verfahrens in diesem Punkt hat sich der Finanz - Minister veranlaßt gesehen, in einer Rundverfügung vom 9. Januar d. J. an die Vorsißenden der Einkommensteuer-Berufungs- Kommissionen Ne Bemerkungen zu machen:

Gemäß S 12 Abs. 2 zu a des Einkommensteuergeseßzes gelten als Einkommen aus Kapitalvermögen insbe})ondere „Zinsen aus Anleihen und sonstigen verzinslihen Kapital- forderungen“. Jn Uebereinstimmung hiermit steht es, wenn nah der Vorschrift im Art. 8 Ab}. 4 zu a der Anweisun; vom 5. August 1891 „der für das Steuerjahr (Art. 5 Nr. 1 N Ds Jahresbetrag an Zinsen““ zur Anrechnung ge- angen soll.

“Siermit ist aber nicht vorgeschrieben und hat auch nicht vorgeschrieben werden können, daß unter allen Um- ständen das ursprünglich ertheilte Zinsversprehen für die Einkommensteuerveranlagung maßgebend bleibe; viel- mehr müssen die mit Begug auf die Zinsversprehen ein- getretenen Aenderungen, insbesondere Konvertierungen oder andere Verkürzungen des bedungenen Zins\agzes, berücksichtigt werden, mögen solche mit oder ohne Zustimmung der be- theiligten Gläubiger erfolgt sein. /

dinsen von Staatspapieren, welche der betreffende Staat bei Aufnahme der Anleihe oder Ausgabe der Papiere zu einem bestimmten Betrage zugesichert hatte, find, nachdem der Staat erklärt ‘hat, daß er die Zinsen niht mehr in der früheren Höhe, sondern zu einem niedrigeren Betrage oder garnicht zahlen werde, von dem Zeitpunkt einer folchen Erklärung ab als nur zu dem niedrigeren Betrage zugesichert bezw. als weggefallen anzusehen. .

Dieser Satz ist auch in der Nechisprehung des Königlichen Ober - Verwaltungsgerihts (Entsh. in Staatssteuersachen Bd. T S. 173/174) bereits zur Anerkennung gelangt und bei der Berechnung des Einkommens aus den betreffenden Werthen unbedenklich anzuwenden. i :

Jst die Zahlung der zugesicherten Zinsen thatsählich ganz oder theilweise eingestellt, ohne daß der Schuldner bisher eine ausdrücklihe Erklärung des angedeuteten Jnhalts abgegeben hat, so bleibt das ursprünglihe Zinsversprehen allerdings formell unberührt. E

Wenn aber nah Lage der Verhältnisse auf die freiwillige Zahlung der Zinsen in bestimmter Höhe fortan nicht zu rechnen und auch die erfolgreihe Geltendmahung und Durch- führung des verbrieften Anspruchs im Rechts- und Zwangswege ausgeshlossen ist z. B. weil eine der deutshen Juris- diftion niht erreihbare ausländische Eisenbahngefellshaft als Schuldnerin gegenübersteht —, so fehlt es an einer wesentlichen Vorausseßung, unter der allein die zugesicherten Zinsen als „feststehende“ Einnahme im Sinne des 3 10 des Einkommen- steuergesezes (Art. 5 Nr. 1 der Anweisung vom 5. August 1891) gelten können. Jn Fällen dieser Art bleibt nur übrig, die Einnahmen aus nothleidenden Werthpapieren als unbestimmte oder s{hwankende in Gemäßheit des Art. 5 Nr. 2 der An- weisung in Ansaß zu bringen. î

Die Vorsißenden der Einkommensteuer - Veranlagungs- fommission sind hiernah mit entsprechender Weisung ver- sehen worden.

Schon seit dem Jahre 1892 sind im südlichen und süd- westlihen Theile der Stadt Eisleben Erscheinungen be- obachtet, welhe auf Erdbewegungen zurückgeführt werden müssen. Jn den leßten Monaten haben fic diese Erscheinungen in verstärktem Maße häufiger wiederholt. Eine Senkun; des Straßenpflasters, Dante der Häuser drs Risse und einseitige Verschiebungen der Fenster, Thüren und Fußböden, Zutritt von Wassern zu bisher trockenen Keller- räumen sind eingetreten. Auch unterirdishe Geräusche, wie von dem Einsturz größerer Gebirgsmassen herrührend, sollen e val sein. Zwei Häuser sind von ihren Bewohnern ver- assen

Ueber die Ursachen dieser Erscheinungen gehen die An- sichten der Sachverständigen auseinander. Während die Vor- gänge von der einen Seite O als Folge des in der

ähe umgehenden Bergbaus der Mansfeldischen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft angesehen werden, sucht die andere Seite sie durch die Wirkungen des unter der Erdoberfläche zirkulierenden, vielleicht den beschädigten Reservoiren oder Rohr- E en des städtishen Wasserwerks entstammenden Wassers zu erklären.

Eine von oe des Magistrats der Stadt Eisleben nieder- gesezte Kommission aus Technikern und sonstigen Sachver- ständigen ist zu einer festen Ueberzeugung und einem abschließen- den Urtheil noch niht gekommen. L Versuchsshächte und einige Bohrlöcher sowie die Untersuhungen der Wasserleitung haben zu besondern Ergebnissen bisher nicht geführt.

Durch die Uebertreibungen, welche die Vorgänge in einem Theil der Presse erfahren haben, ist in weite Kreise große Beunruhigung getragen; zu ernsten Besorgnissen liegt aber zunächst kein Anlaß vor. j :

Die bisher beobachteten e achen sind keine anderen, als sie in den größeren Steinkohlenbezirfen zu den täglichen

=] zwei

Vorkommnissen gehören und sich unter anderem auch infolge des Salzbergbaues bei Staßfurt in ausgedehntem Maße be- merkbar gemacht haben. :

Die O Staatsregierung und die berufenen Be- hörden haben den Vorgängen von Anfang an die größte Auf- merksamkeit zugewandt und werden sie auch weiter unausgeseßt im Auge behalten.

Durch einen in der Mitte des vorigen Monats erfolgten

Cirbendrus in der südlichen Vorrichtungsstrecke eines neuen, isher unverrißten und noch niht entwässerten Baufeldes der

Königlichen Braunkohlengrube bei Löderburg sind die in den hangenden Diluvialkiesen aufgespeiherten Wasser- massen plöglih in die Grube gezogen und haben sie bis 8 m über der tiefsten Fördersohle zum Ersaufen gebracht.

Die Wasser sind bis auf eine Höhe von 3 m über der tiefsten Fördersohle bereits wieder gesümpft und die Kohlengewinnung kann voraussichtlih in niht zu langer Zeit wieder belegt werden. Für eine ununterbrochene Beschäftigung der Beleg- schaft ist Sorge getragen.

Die übertriebenen Befürchtungen, welhe ein Theil der Presse an dieses, beim Braunkohlenbergbau in ähnlicher Weise nicht selten vorkommende Ereigniß el hat, entbehren jeden Grundes. Jnsbesondere is die Gefährdung der be- nachbarten Salzbergwerke durch die eingebrohenen Wasser ausgeschlossen.

Bei dem Kommunal-Landtag der Kurmark waren bis zu seiner 3. Plenarversammlung am 19. Januar noch zwölf neue Sachen eingegangen, von denen sieben dem ersten, vier dem zweiten Ausschuß und eine dem ritterschaftlichen Konvent über-

wiesen wurden. Von den zwölf vorliegenden Aus\shußgutachten .

hatte der erste Ausschuß vier, der zweite aht fertig gestellt. Von den Vorlagen des ersten Ausschusses betrafen zwei Beschwerden gegen E dungen er Kreistage über Brandenitishädigungsansprüche. ur in dem einen Falle fonnte aus Villigkeitsrücksihten eine Entschädigung be- willigt werden, während dem anderen, unter Aufhebung der Kreistagsentsheidung, die Beschwerde abgewiesen werden mußte. Die beiden anderen Sachen A Gesuche um Be- willigungen zur Feuerlöschhilfe ; beiden Gesuchen konnte statt- egeben werden. Der zweite Ausschuß berichtete über die Ge- \häftsübersiht der Kurmärkischen Hilfskasse im Vorjahre und über den Bestand des ständischen Dispositionsfonds, zur Kenntnißnahme des Landtags, und empfahl von vier Unter- stüßungsgesuhen mildthätiger Vereine zwei zur Bewilligung, aber zur Ablehnung. Der Landtag beschloß demgemäß. Die Ablehnungen erfolgten, weil es in dem einen Fall an einer Darlegung der Finanzlage fehlte, in dem anderen aber eine Unterstüßung seitens der Stadtgemeinde vermißt wurde. Die beiden lezten Sachen betrafen Unterstüßungs- esuche, die nah Ansicht des Landtags außerhalb der Zwecte agen, denen sein Dispositionsfonds gewidmet ist.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial-Rath von Heller is hier angekommen.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober-Kommando -der Marine will S. M. S. „Marie“, Kommandant Korvetten - Kapitän Freiherr von Lyncer, am 22. Januar von Valparaiso nah Puerto Montt in Chile in See gehen.

Sachsen.

Der Großherzog von Toscana traf am Sonnabend Vormittag zum Besuch des Königlichen Hofs in Dresden ein, und beabsichtigt dem „W. T. B.“ zufolge sich von dort zum Besuch am Kaiserlichen Hof nah Berlin zu begeben.

Baden. *

Seine Königliche Hoheit der Großherzog beabsichtigt, wie die „Karlsr. Ztg.“ berichtet, am 25. Januar nah Berlin zu reisen, um Seiner Majestät dem Kaiser Höchstseine Glückwünsche zum Geburtstag darzubringen. Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin mußte wegen Schonung Höchst- ihrer Gesundheit auf diese Reise verzihten. Seine Königliche Hoheit e noh einige Tage nah dem Geburtstag des Kaisers in Berlin verweilen.

Anhalt.

Jhre Hoheit die Herzogin hat fich am 19. d. M. nah Neu-Streliß begeben.

Oesterreich-Ungarn.

Der Handels-Minister Graf Wurmbrand ist gestern in Triest eingetroffen. Auf die Begrüßungsreden des Bürger- meisters und Präsidenten der Handelskammer erwiderte dem „W. T. B.“ zufolge der Minister : die Regierung sei von der Nothwendigkeit rae die Konnte Triests zu erhalten. Die Hauptbedingung für die glückliche Lösung der Triest betreffenden Fragen liege in dem einträchtigen Vor- gegen der Lokalfaktoren sowohl unter einander als auch mit er Regierung. S

Eine auf den 18. d. M7 vom deutschen Volksverein ein- berufene und von Studenten zahlrei besuhte Versammlung zur Feier des Jahrestages der Gründung des Deutschen Reichs wurde infolge tumultuarischer Scenen PORELA auf- gelöst. Diese Auftritte waren dur die Weigerung Schönerer's, die beabsichtigten Festreden, darunter auch die seinige, dem Regierungsvertreter Caen hervorgerufen worden.

Jn dem ‘„Omiadina“- rozeß wurden am Sonnabend zwei Angeklagte verhört, die alles wider- riefen, was sie bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatten, da sie in der ersten Angst und Verwirrung nicht

ewußt hätten, was sie aussagten. Anläßlich der Er- rankung eines Angeklagten protestierten die E neuerdings in einem Telegramm an den Justiz-Minister egen die gesundheitswidrigen Räume. Der Vorsizende hicte den Gerichtsarzt zu dem Erkrankten, der aber H zu Hause war. Der Vertheidiger Kliment theilte mit, er habe die Vertheidigung des Angeklagten Feyfar über- nommen, nachdem letzterer es abgelehnt habe, sih weiter von

Dr. Just vertheidigen zu - lassen, weil dieser die Würde des Angeklagten preisgegeben habe, indem er wegen dessen ex- cessven enehmens bei dem Präsidenten um Nachsicht gebeten und die strafweise Abführung Feyfar's verhindert habe. Siehe die vorgestrige Nummer d. Bl. Unter den er verhörten Angeklagten befand sich der Anarchist Modracek, der nach Erledigung des Prager Prozesses nah Wien wegen Hochverraths ausgeliefert werden wird. Sodann fand das Verhör derjenigen Angeklagten statt, die den Stein- hagel gegen das adelige Kasino eröfnet hatten. Diese sagten aus, die Steine seien ihnen durch Zufall aus den Händen ge- \hleudert worden. Die Fortseßung der Verhandlung findet

heute statt. Frankreich.

Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer vor- gestrigen Sißung ohne Debatte den am 3. Oktober v. J. mit Siam abgeschlossenen Vertrag. Jn Erwiderung auf eine Anfrage über Bildung des Pufferstaates erklärte der Minister- Präsident Casimir Périer, die Verhandlungen mit England dauerten fort. Fernev nahm die Kammer nah kurzer Debatte pa mae im Einvernehmen mit der Regierung einen Antrag der landwirthschaftlihen Gruppe an, worin die Regierung auf- gefordert wird, einen die Grundsteuer herabsezenden Geseß- entwurf einzubringen. Der Deputirte Vigne (radikal) richtete sodann eine JFnterpellation an die Regierung über das Verbot des Stückes „Einsame Menschen“ von Haupt- mann und verlangte die Aufhebung der betreffenden Ver- fügung. Der Minister des Jnnern Raynal erwidèrte : der Polizeipräfekt habe die Aufführung des Stücks verboten, weil er befürhtet habe, sie könnte wegen der am vor- hergehenden Tage erfolgten Verhaftung des Ueberseßers des Stückes, des Anarchisten Cohen, Demonstrationen veranlassen ; das Verbot sei übrigens nur ein provisorishes gewesen. Der Zwischenfall war damit erledigt.

_DBei der gestern vorgenommenen Wahl zur Deputirten- fanimer in Morlaix wurde dem „W. T. B.“ zufolge de Mun gewählt.

Ftalien.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Carrara haben Abtheilungen von Alpenjägern die Operationen im dortigen Gebirge begonnen. Die Entwaffnung der Bevölkerung geht ohne Zwischenfall vor sih. Der gestrige Tag verlief ruhig. Von amtliher Seite wird die am 19. d. M. verbreitete

Nachricht, daß auf einen Eisenbahnzug von Spezia.

nah Pontremoli ein Attentat versuht worden sei (Nee r 1c D. Bl vom 20, 0. M) bementiert. Der große Steinblock, der an dem Ausgange des Tunnels vón Saligolo gefunden wurde, sei von dem Berge herabgestürzt, was in der dortigen Gegend namentlih zur Regenzeit sich häufig ereigne. In Massa drängte sich die Bevölkerung zu den für die Uebergabe der Waffen bestimmten Lokalen. Die Truppen seßten die Verfolgung der flüchtigen A fort. General Hensch hat sih nah Carrara be- geben.

Auf Sizilien herrsht andauernd Ruhe. Jn Villalba, Provinz Caltanisetta, wurde die zur Uebernahme der Waffen eingetroffene Truppenabtheilung seitens der Bewohnerschaft mit den Rufen „Es lebe der König“ ! „Es lebe die Armee!“ aguf-

enommen; einen gleihen Empfang fanden die Truppen in Sastro Reale und Montalbano, Provinz Messina.

Spanien. Nachrichten aus Meslilla zufolge ist die spanische Flotte mit dem Marschall Martinez Campos in der Richtung auf die Meerenge von Gibraltar in See gegangen.

Serbien.

__ Eine Extraausgabe des „Odjek“ von gestern meldet: Der König habe am Sonnabend um Mitternacht die Minister des Auswärtigen und des Jnnern zu sich berufen und ihnen er- fiärt, er könne fich in der shwierigen Situation selbst niht orientieren, weshalb er seinen Vater berufen habe. Zugleich erklärte der König, daß er dem Komman- danten der Garnison, Obersten Koka Milovanovic, die nöthigen Anweisungen ertheilt habe. S habe das Ministerium seine Demisfion eingereiht mit der Motivierung,, daß die An- kunft König Milan's in Belgrad verfassungs- und gesezwidrig sei. Der König habe nun eine andere Begründung verlangt, was Gruic verweigert habe. Der König habe Gruic versichert, es handele sich überhaupt niht um das Betreten verfassungs- widriger und . unparlamentarischer Wege; er hoffe im Gegentheil von der Anwesenheit seines Vaters eine Klärung der Lage. Gestern um 11/2 Uhr Nachmittags traf König Milan in Belgrad ein. Der König Alexander eilte dem Vater freudig erregt entgegen. Beide umarmten und fküßten sich wiederholt. Einzelne Rufe „Hoh König Milan!“ die seitens des versammelten Dns es waren etwa 50 Personen anwesend ausgebracht wurden, wies König Milan mit einer Geberde des Unwillens zurü und rief „Hoch König Alexander!“ Beide begaben sih alsdann in das Königliche Palais. Jn der Stadt herrs{ht Ruhe. Für gestern Nahmittag hatte der König Avakumovic, Ribarac, Garaschanin, Nova- tovic, Simic, Svetonic und Nikolajevic zu \sih beschieden, für den Abend Gruic, Velimirovic und Dandra Nikolic. Die Skupschtina is auf Verlangen des Königs vertagt worden. Gegen etwaige Ruhestörungen sind die weitestgehenden militä- rishen Maßnahmen getroffen worden. Die Truppen sind in den Kasernen konsigniert.

__ Der serbische Gesandte in St. Petersburg Pasic hat die Leitung der radikalen Partei davon verständigt, daß er heute in Belgrad eintreffen werde. Abends soll cine Versammlung des Zentralausschusses der radikalen Partei stattfinden, um Uber die Stellung der Partei zu berathen.

Schweden und Norwegen. E artageniGe Gesandte in Stockholm, der Doyen des diplomatischen orps, Visconde deSoto Maior ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ am Sonnabend gestorben.

Dänemark.

Da das Befinden des Königs und der Königin nun- R befriedigendes ist, werden keine Bulletins mehr aus-

.

- Amerika.

__ Einer von dem brasilianishen Minister des Aus- wärtigen an den „New-York Herald“ gerichteten Depesche zujol wären die von Ba ge entflohenen Jnsurgenten nah E renze von Uruguay getrieben worden und würden von en Truppen Uruguays verfolgt. Die Aufständischen seien

somit zwischen zwei Feuer gerathen und würden sih unver- meidlich ergeben müssen, da sie weder Pferde noch Vorräthe

Nah einer dem „Reuter shen Bureau“ aus Victoria (Britisch-Columbien) zugegangenen Meldung vom gestrigen Tage würben Agenten der Königin von Hawaii in dem Gebiet zwischen Winnipeg und Victoria Truppen für den Dienst in Hawaii an, die in kleinen Abtheilungen über San Francisco oder an Bord ciner Nobben-Fischerflotte nah Honolul u überführt werden sollten.

Afrika.

Einer Meldung des „Reuter’shen Bureaus“ aus Kairo zufolge ist das Dekret behufs Erneuerung der gemischten Gerichte auf fernere fünf Jahre redigiert worden und soll am 31. d. M. unterzeichnet werden. - |

Im britischen Kriegs-Ministerium ist der „Alg. Korresp.“ zufolge eine über Sierra Leone gekommene, aus Tungea vom 9. Januar datierte Depesche eingetroffen, die einen Sieg der Engländer über die Sofas meldet. Die Expedition sei am 26. Dezember von Warina aufgebrochen. Bei Bagwema sei es am 2. Januar zum Gefecht gekommen. Die Sofas wären überrumpelt und der stark vershanzte Ort in einer Viertelstunde genommen worden. Die Sofas hätten 200 Todte gehabt und 77 Gefangene verloren. Ueber 400 Sklaven seien befreit worden. Die Sklavenhändlerbanden seien vóllig auseinandergesprengt worden. Oberst Ellis, der Befehlshaber des britishen Zuges, hoffe am 10. Januar nah Freetown aufbrechen zu können.

Australien.

Aus San Francisco meldet das „Reuter’she Bureau“, daß nach dort eingetroffenen Nachrihten aus Samoa vom I, D. M. die Eingeborenen in Anuu sich empört und den Sohn Tamasese’s zum König ausgerufen hätten. Die Bewohner Sawaii’s hätten Malietoa Treue ge- Evora und schaarten sich um ihn. Die angeblihe Absicht

er Mächte, die Eingeborenen zu entwaffnen, solle der Haupt-

grund der Unzufriedenheit sein. Die Bewohner erklärten, sie würden jedem Versuche, ihnen die Waffen zu nehmen, Wider- stand eilten,

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die vorgestrige Sißzung des Reichstags befindet sih in der Ersten Beilage. 4 O

In der heutigen 32. Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher beiwohnt, steht auf der Tagesordnung zunächt die Verlesung der Interpellation Auer u. Gen. (Soz.):

„Die Unterzeichneten richten an den Herrn Reichskanzler die Frage: Welche Maßregeln haben die verbündeten Regierungen ergriffen oder denken sie zu ergreifen, umm dem notorisch vorhandenen Nothstande entgegenzuwirken, der infolge andauernder Arbeitslosig- feit sowie der allgemein gedrückten Erwerbsverhältnisse in den weitesten Volkskreisen herrscht 2"

Ich bin

__ Staatssekretär Dr. von Boetticher erklärt: die Interpellation sofort zu beantworten.

_ Abg. Liebkneht (Soz.): Der Zweck der Interpellation ist fein agitatorisher. Eigentlich haben wir während der ganzen bisherigen Sessionen Nothstandsdebatten gehabt; freilich handelte es sih bis jeßt um die Nothlage der Reichen, während wir für die Armen eintreten wollen. Ueberall werden die anarcistishen Erscheinungen ausgenußt im Interesse der Reaktion; fo die SGreignisse in Paris, und auch der Nothstand wird von der Reaktion für ihre Interefsen verwerthet. Namentlih in Bezug auf die Vor- gänge vom Donnerstag gee Woche scheint bei der Berliner Polizei ein totales Mißverständniß dessen, was Sozialismus und Anarchismus ist, vorzuliegen. Es hat mi gefreut, daß vor einiger Zeit der Abg. Dr. von alen erklärt hat, daß beide Nichtungen Gegensäge sind. Wenn man die Sache näher ansieht, wird man finden, daß der Anarchis- mus nur ein verzerrter Doppelgänger der jeßigen bürgerlihen Gesfell- schaft ist. Es find Versuche gemacht worden, um den Anarchismus groß zu ziehen im Gegensate zur Sozialdemokratie, vm diese zu zerstören. Die Polizei hat den Anarhismus gezüchtet. Derselbe Nothstand, der im vorigen Jahre und vor zwei Jahren war, is heute wiedergekehrt. Das muß zu fehr ernsten Bedenken Anlaß geben. Es ist kein Iahr in der leßten n gewesen, in welhem die Geschäfte geblüht haben. Hunderttausende in Deutschland find ohne Arbeit und zwar solche, die früher normal beschäftigt waren. Man sagt, daß in der ganzen Welt Arbeitslosigkeit herrsche; in Amerika schäßt man die Zahl der Arbeitslosen auf 2, in England auf 1 Million. In vielen Gemeinden hat man den Nothstand anerkannt, fo in Mainz, Elberfeld und in einem Dutzend anderer Gemeinden, die ih niht aufzählen will. Aber die Gemeinden und die Einzelstaaten können allein niht helfen, das Reih muß eingreifen und muß das Muster aufstellen, wie die Einzelstaaten vorzugehen haben. Die Nothlage ist eine Folge des Kapitalismus, des Aufsaugens der kleinen wirthshaftlihen Eristenzen durch die großen. Heute muß ge- zeigt werden, ob das Reich im stande ist, das zu thun, was noth- wendig gethan werden muß, wozu das Reich aber auch verpflichtet ist im Interesse der Allgemeinheit. Wodurch ist der märkische Sand so kost- bar gemacht worden? Durch die menschliche Arbeit. Als die Süddeutschen in den sechziger Jahren nach Berlin kamen, waren sie erstaunt über die hier herrschende Vegetation. An der Kolonie Grunewald sieht man, was durch mens{chliche Arbeit geschaffen werden kann. Solche und ähnliche Kulturarbeiten müssen veranstaltet werden, um die Arbeits- losen zu beshäftigen. Die öffentlichen Arbeiten müssen gefördert werden, und die Arbeitszeit muß verkürzt werden, damit mehr Arbeiter als bisher beschäftigt werden können. Die Regierung follte ihren Widerspruch gegen den Normalarbeitstag endlich fallen fassen und den Achtstundentag einführen. Man sollte außerdem dafür forgen, daß die Arbeiten nicht von Personen verrihtet werden, die des Verdienstes nicht bedürftig find; so z. B. hat man für Arbeiten Soldaten herangezogen statt der unbeschäftigten Arbeiter. Daß ein Nothstand bótbanben sei, wurde im vorigen Jahre be- stritten; die Handelskammer- unt sonstigen Berichte lauten diesmal noch ungünstiger als im vorigen Jahre. Man hoffte auf die Ab- schaffung der Mac Kinley-Bill; es is daraus nichts gewörden. Und was ift aus Chicago geworden ? Ein großer Krach; 200 000 Arbeiter sind brotles,

(Schluß des Blattes.)

Die Budgetkommission des Reichstags verhandelte heute über die Forderung des Ordinariums im Post-Etat, Tit. 61: Zu Erweiterungsbauten in Jnowrazlaw, Nordhausen und Saarbrüden, zu einem Neubau auf Helgoland, zu Grundstückserwerbungen in Buxtehude, Kosel, Danzig, Güstrow, Offenbach, Siegburg und Wesel und zu kleineren Neu- und Erweiterungsbauten sowie zu Grundftücks- erwerbungen. Ueber die Opportunität des Postneubaus in Wesel erhob fich eine längere Debatte, die {ließlich L Ablehnung dieser Lee r 0400 Æ unter den im Dispositiv aufgetüketen

ädten Co

Die Kommission des Reichstags für den Antrag des entrums auf Abänderung der Konkursordnung seßte heute“ ihre Berathung fort und nahm den § 80 in folgender Faffung an:

bereit,

-- E

„Die Mitglieder des Gläubigerausshusses haben den Verwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. Dieselben können sih von dem Gang der Geschäfte unterrihten, die Bücher und Schriften des Verwalters einsehen und den Bestand seiner Kasse unter- suchen. Der Gläubigeraus\{huß if verpflichtet, sih von dem Verwalter über die Lage der Sache, die Abshäßung der beweg- lihen Aktivmasse, sowie die beabsichtigte Art der Ver- werthung derselben und die Geschäftsführung Bericht erstatten und die Untersuhung der Kasse des Verwalters wenigstens einmal

in jedem Monat dur ein Mitglied vornehmen zu lassen.“ -

__— Dem Präsidium des Hauses der Abgeordñeten hat der räsident des Staats-Ministeriums eine Uebersiht der von der taatsregierung gefaßten Entschließungen auf Anträge und Resolutionen des Hauses aus der Session 1892/93 übersandt. Von dem Minister für Landwirthschaft 2c. ist dem Hause der Abgeordneten die Nachweisung über die Ergebnisfe® der ander- weiten Verpachtung -der im Jahre 1893 pachtlos gewordenen Domänenvorwerke zur etwaigen Benußung bei den Etats- verhandlungen zugegangen.

Die Tagesordnung für die morgen, Dienstag, Vormittag 11 Uhr beginnende 3. Plenarsißung des Hauses" der Abgeord- neten lautet: 1) Erste Berathung der allgemeinen Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres vom 1. April 1890/91. 2) Erste Berathung der Uebersiht von den Staatseinnahmen und -Ausgaben des Jahres vom 1. April 1892/93. 3) Erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Deckung von Ausgaben des Rechnungs- jahres 1892/93. 4) Erste Berathung der Gesetzentwürfe, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts-Etats für das Jahr vom 1. April 1894/95 und betreffend die Ergänzung der Einnahmen in diesem Etat.

Kunft und Wissenschaft.

__ Morgen, Dienstag, wird im Ausstellungssaal des Kön ig- lihen Kupferstihkabinets eine Ausstellung hervor- ragender Werke der Holzschneidekunst des XV. bis XVIT. Jahrhunderts eröffnet, welhe sowohl Einzelblätter als auch die Buch-Jlustration umfaßt.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltet am nächsten Mittwoh einen Fachabend für Elfenbein- schnißerei, an welhem hervorragende neuere Arbeiten in Elfenbein zur Ausstellung gelangen werden. Es werden sprehen Bildhauer Arthur Levin über die Technik der Elfenbeinschnitzerei, Dr. Alfred Gotthold Meyer über die Entwickelung der Elfenbeinplastik vom Alterthum bis auf die Gegenwart. Hoflieferant Richard Thomas wird moderne Pariser Fächer vorlegen und erläutern. Die Sitzung findet ftatt im großen Saale des Architektenhauses, 84 Uhr Abends.

Verkehrs-Anstalten.

_Glüdckstadt, 20. Januar. (W. T. B.) Dampfschiffsverbindung zwishen Dagebüll und Wyck-Amrun ift seit; dem 19. d. M. wieder regelmäßig. i n

Bremen, 20. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. Der Postdampfer „Pfalz“ ist am 19. Januar Vormittags auf der Weser angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Preußen ist am 19. Januar Vormittags in „Hongkong“ angekommen. Der NReichs-Postdampfer®pSachsen ist am 19. Januar Vormittags in Colombo angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Hohen- staufen“ ist am 1s. Januar Abends in Antwerpen angekommen.

21. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Stuttgart“ ist am 18. Januar Nachmittags in New-York angekommen. Der Schnelldampfer „Werra“ hat am 19. Januar Nachmittags die Reise von Gibraltar nah New-York fortgeseßt. Der Reichs- Nane „Hohenstaufen“ hat am 20. Januar Mittags die

eise von Antwerpen nah Southampton fortgeseßt. Der Post- dampfer „Darmstadt* hat am 20. Januar Vormittags Prawle Point passiert.

Hamburg, 21. Januar. (W. T. B.) Hamburg-Ameri- kanische Padcketfahrt - Aftien - Gesellshaft. Der Post dampfer „Dania“ ist gestern Morgen in New-York eingetroffen. Der Postdampfer „Thuringia“ hat heute Morgen Liz ard passiert.

Triest, 20. Januar. (W. T. B.) Der Lloyd-Dampfer „Vorwärts“ ist heute Mittag hier eingetroffen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

__ In Gegenwart Jh rer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, Höchstwelche in der großen Hofloge der Bühne gegenüber Plaß genommen hatten, sowie der zur Feier des Krönungs- und Ordensfestes hier eingetroffenen Fürstlichen Gäste fand geftern Abend „Théâtre paré“ ftatt, bei welchem auf Allerhöchsten Befehl in neuer Einstudierung das wegen Erkrankung des Herrn Matkowsky mehr- mals bereits vom Spielplan wieder abgeseßte Klei st’s{e Schauspiel „Prinz Friedrich von Homburg“ zur ersten Aufführung tam. Die wie gewöhnlich forgsam vorbereitete, von Herrn Ober- Regisseur Grube treflich in Scene gesepte Darstellung genügte au den weitgehendsten Anforderungen und befriedigte allgemein. Besonders erfreulich war es, daß Herr Matkowsky, als der Träger der körperlich und geistig fo anfstrengenden Titelrolle, den Beweis lieferte, daß er fi von feiner Unpäßlichkeit niht nur vollkommen erholt hat, sondern au mit gutem Erfolg bestrebt gewesen ift, an seiner weiteren fünstlerishen Ausbildung dur ernstes Versenken in die ihm gestellte Aufgabe zu arbeiten. Gleihwerthig stand ihm Fräulein une als Prinzessin Natalie zur Seite. Unter den übrigen Dar- tellern, die durhweg sich um den Erfolg der Vorstellung verdient machten, sind befonders hervorzuheben Frau Kahle als die Kurfürstin, Herr Molenar als Oberst Kottwißy, Herr Klein als Feldmarschall Dörfling, Herr Keßler als Graf Hohenzollern, Herr Purschian als Graf Reuß und Herr Neëper als Kurfürst Friedrich Wilhelm.

__ Viktoria-Theater.

In der gestrigen Nachmittags - Vorstellung wurde die alte Nestroy’ sche Zauberposse „Lumpacivagabundus*“ oder „Das liederlihe Kleeblatt“ in recht erfreulicher Weise zur Auf- führung gebraht. Das Theater, dessen besondere Vorzüge in fcinen maschinellen und dekorativen Einrichtungen liegen, ließ es in den beiden Scenen, die im Feenreich und im Palast des Schneiders fpielen, nicht_ an Glanz und Prahtentfaltung fehlen. Hier war das Stük auh durh reie Balleteinlagen belebt, und die Wunder des Serpentintanzes s{webten in magisher Beleuch- tung vorüber. In den Text waren uge moderne Anspielungen ein- gestreut, die aber weniger das unwillkürlihe, fröhlihe Lachen hervor- riefen, als die uralten e tee Mage denen eine unfehlbare Wirkungskraft innewohnt. Die Stärke der Nestroy'schen Possen liegt jedesmal in dem behaglichen Humor, in der gesunden Moral, die in dem leiht zusammen- gesügtén Scenenbau natürlich und leben8wahr verarbeitet sind. Unverbilde- ten Gemüthern wird daher durch die Wiederaufführung dieser gemüth- vollen und Ren alten Possen stets eine wirklihe Freude bereitet werden. Die Darstellung konnte zufrieden ftellen; besonderen An- klang fand das liederlihe Kleeblatt: die drei Handwerksburf,

wirn und Knieriem, die durch die Herren Flügel, Geifen-

ofer und Caßmann dargestellt wurden. Herr Geisenhofer sprang und hüpfte als windiger Schneidergefelle zu allgemeiner Heiterkeit wie vom Luftzug hin und her geblasen auf der Bühne umher. Dem Schuster Knieriem, der jeden Tag seinen Rausch haben muß, batte Herr Caßmann ein wunderbar echtes Aeußere gegeben. Den Dritten im Bunde, der ehrlich zur Arbeit ren und die andern zum Schluffe auch wieder zu tüchtigen Menschen macht, den

ishlergesellen Leim, spielte Herr Flügel einfah und bescheiden. Die übrigen Mitwirkenden zählen alle zu den Episodenfiguren, die nur