1894 / 24 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Bestimmungen von Stas nicht aufrecht erhalten werden. Dagegen erhielt die von Mendelejew entworfene Tabelle der Elemente in kurzer Zeit wunderbare Bestätigung. Diese Tabelle zeigte nämlich bei ihrer ersten A E Anzahl Lücken. Danach jo ten manche Elemente exiftieren, deren Atomgewichte und deren wesentlihste Eigenschaften aus ihrer Stellung im System d ergaben, die aber noch garniht entdeckt waren. Aber kaum ein Jahrzehnt war verflossen, ida waren die zwei empfindlihsten Lücken bereits gefüllt. Lecoq de Boisbaudrau fand in den Zinkblenden das vorher als Eckabor E von ihm Gallium genannte Element, und Clemens Winkler in Freiberg fand in einem neuen Silbererz das als EXasilicium bezeichnete, von thm Germanium genannte Element. Beide Elemente besaßen die von der Theorie thnen zugeshriebenen Atomgewichte und die vor ihrer Entdeckung im wefentlichen bereits bekannten Eigenschaften.

Aber alle diese Fortschritte in der Erkenntniß der Natur der Materie dienten nur zur größeren Befestigung, zur Ausdehnung und zur Vertiefung der Grundmauern des chnell zu beträchtliher Höhe ansteigenden chemishen Gebäudes. Die Erhöhung des Gebäudes felbst geda mehr dur Untersuhungen auf organischem Gebiet. Lange evor Wöhler 1828 dur die künstlide Darstellung des Harnstoffs die SPeDe o, O NE hatte, welche allgemein zwischen den in der leblosen und in der belebten Natur waltenden hemishen Kräften an- gencmmen worden war, hatte man eine beträchtliche Zahl der in dem Pflanzen- und Thierleib vorhandenen Stoffe in reinem Zustand darstellen und aus ihnen wieder viele andere bereiten gelernt. Im Jahr 1811 be- on Chevxeul seine flafssishen Untersuhungen über die Fette und tellte deren chemischen Charafter und die Art ihrer Zersetung bei der Verseifung fest. In demselben Jahr 1811 lehrte Kirchhoff die für das Verständniß des negativen Lebensprozesses so wichtige Thatfache der Umwandlung von Stärkemehl in Zucker. Große Aufmerksamkeit schenkte man den im Lebensprozeß aus den Eiweißstoffen hervorgehenden, im Organismus sih findenden einfaheren Stickstoffverbindungen, da die verwickelte Zusammenseßung der Eiweißstoffe selbst der chemischen Aufklärung ihrer inneren Natur unübersteiglihe Hindernisse darbot.

Schon in der Mitte unseres Jahrhunderts war man durch das Auffinden ciner großen Reihe von untereinander gänzlih verschiedenen Substanzen gleicher Zusammenseßung gezwungen, \sih Rechenschaft zu geben über den Grund dieser auffallenden Thatsache. Die \chnell all- gemeine Anerkennung sih verschaffende Vorstellung, daß lediglich die verschiedenartige Anordnung der Atome in den Molekülen die Ver- shiedenheit der Eigenschaften der Verbindung bedinge, lieferte neue Gesichtspunkte für die Weiterentwicklung der Wissenschaft. Es waren die elementaren Atome die Buchstaben, deren verschiedene Aneinander- reihung zu den verschiedenartigsten Substanzbildungen Veranlassung geben mußten. Man konnte die Zahl der möglichen Kombinationen vorher berechnen und fand durch allmählihe Bereitung sämmt- lier vorausberehneten Verbindungen die Bestätigung der Voraus: seßung. Bald aber genügte auch diese Anschauung niht mehr.

an fand Verbindungen gleicher Zusammenseßung und gleicher Atomgruppierung, die troßdem unter einander vershieden waren. Außerdem war die seit langer Zeit beobachtete Erscheinung, daß viele in der Natur vorkommenden organischen Verbindungen, wie beispielsweise die Fleishmilhsäure, die Weinsäure, optisch aktiv fich zeigten, während dieselben Verbindungen, fünstlih dargestellt, optis inaftiv sich erwiesen, völlig unaufgeklärt. Und als es gelungen war, diese inaktiven Substanzen dur verschiedene Mittel in je zwei in entgegengescßter und deshalb sich aufhebender ichtung aktive Stoffe zu zerlegen, da fiel ein heller Lichtstrahl in dieses dunkle Gebiet durch die gleichzeitig von Le Bel und von van’t Hoff gemachte Beobachtung, daß die tn so überaus großer Zahl bekannten optish aktiven Verbindungen sämmtlich wenigstens ein Kohlenstoffatom enthielten, dessen Anziehungskräfte in vier verschiedenen Weisen befriedigt waren, oder, wie es nun ausê- gedrückt wurde, welche wenigstens ein „asymmetrishes“ Kohlenstoff- atom besaßen. Van’t Hoff erweiterte bald diese Beobachtung durch die geistreihe Annahme, daß die vier Anziehungékräfte des Kohlenstoffatoms in den vier Richtungen eines Tetraeders wirksam edaht werden können, während die mit dem Kohlenstoff verbundenen laneite oder Atomgruppen in den Ecken des Tetraeders sich befinden, sodaß bei dem asymmetrishen Kohlenstoff, bei welchem diese vier Ecken ungleich weit vom Mittelpunkte entfernt fein müssen, eine \{raubenförmige Anordnung der Atome vorhanden ist. Diese Schraube fann entweder na rechts oder nach links gedreht sein. Es muß demnach bei jeder Verbindung, welche ein asymmetrisches Kohlenstoffatom besißt, eine rechtsdrehende und eine linksdrehende Modifikation und außerdem die inaktive Verbindung beider möglih sein. So bildete sch denn in jüngster Zeit die Vorstellung von der Gruppierung der Atome im Raume aus, die Stereochemie, welhe in den wenigen Jahren ihres Bestehens bereits ‘die hervorragendsten Bereicherungen unserem chemishen Wissen gebracht hat.

Die nächste Folge dieser neu gewonnenen Anschauung war, daß man berechnete, wie viele Modifikationen lih sein mußten bei Verbindungen mit mehr als einem asymmetri chen Kohlenstoffatom. Man fand, daß z. B. die Weinsäure in vier Modifikationen existieren müßte, und thatsächlich kannte man {hon seit langer Zeit vier ver- schiedene Weinsäuren. Inzwischen war. es auch gelungen, den Atom- aufbau im Molekül des Traubenzuckers aufzuklären und dicfen Zudcker fünftlih darzustellen. Aber nah der neuen Anschauungsweise sollte es nit den einen Traubenzucker geben, den die Natur in den Wein- trauben, den sie in den süßen Früchten neben dem anders konstituierten Fruchtzucker, den sie im Harn der Diabetiker in fo reihlicher Menge \chafft, sondern sehzehn vershiedene Modifikationen, von welchen der natür- li vorkommende nur eine einzige ist. Und thatsählich hat Emil Fischer bereits acht verschiedene Traubenzucker darzustellen vermocht. Damit entsteht für die Biologie eine neue Aufgabe. Wie verhalten sich diese verschiedenen Traubenzucker in Bezug auf ihre Ernährungéfähigkeit? Man weiß bereits, daß die Hefe aus einem Gemisch von kfünstlichem rehtsdrehenden Traubenzucker, welcher mit dem natürlichen identisch ist, mit dem mit ihm fonst in allen Eigenschaften übereinstimmenden linkédrehenden Zuder , lediglih den rehtsdrehenden verzehrt und nur eine große Menge junger kräftiger Hefe, auch den linksdrehenden zur Vergährung zu bringen vermag. o stehen wir an der Schwelle eines Gebiets, auf welchem wir wichtige ra (i über die geheimniß- volle Arbeit der organishen Natur zu erlangen hoffen dürfen.

Nur die Eiweißstoffe haben noh immer der chemischen a ih nicht erschlossen. Jedoch beginnt auch hier das Frühroth fi bereits zu zeigen. Schon wissen wir, daß sie Amide und Aldehyde sat 8 sind, und {hon R Wege gefunden, um Amidealdehyde ein-

facher Konstitution darzustellen. Es is wohl möglich, daß wir in den nädsten Dezennien {hon über die Natur der Eiweiß toffe jo weit Klar- heit gewonnen haben, um mit mehr Erfolg als bisher an die Er- forshung der aufbauenden Lebensthätigkeit der Pflanze und der ab- bauenten Lebensthätigkeit des Thieres uns zu wagen. Denn erst wenn wir erkannt haben werden, in welhen Bahnen die chemische Arbeit, welche wir Lebensprozeß nennen, beim gesunden Thiere fich bewegt, werden wir die nihtnormale Arbeit des kranken Thieres genügend verftehen, um Mittel und Wege, sie wieder zur normalen zu gestalten, auf rationclle Weise ausfindig machen zu können. L / Soweit wir aber auch bis jeßt von diesem Ziele entfernt zu sein scheinen, hat do die Chemie der Heilkunde bereits eine unübersehbare Reihe von Heilmitteln an die Hand gegeben. Abgesehen davon, daß sie aus altbekannten heilkräftigen Pflanzen oder anderen rohen Natur- rodukten die wirksamen Stoffe isolieren lehrte, um dem kranken Organismus die Nothwendigkeit zu ersparen, mit dem eigentlichen Arzneistoff eine Menge shwer oder garnicht verdaulihen Ballastes in fih aufzunehmen, hot sie allein in den leßten drei Dezennien eine fo roße Zahl von Arz! cistoffen, welche nicht in der Natur vorkommen, ondern fünstlih bereitet werden, der Heilwissenshaft geliefert, daß {on tie Aufzählung der Namen Ihre Geduld mehr als ers{chöpfen würde. Es genüge, wenn ich hier die Namen Chloroform, Chloral, Salizylsäure, Antipyrin nenne. i x ; So erscheint in erster Linie die Chemie berufen, den Schlüssel zur Erkenntniß des Lebens und der Bedingungen seiner Erhaltung und normalen Gestaltung zu liefern. Viele stille wissenshaftlihe Arbeit ist erforderlich, ehe uar die Vorbedingungen zur Erreichung dieses

Zieles erfüllt sein werden. Dazu bedarf es des mächtigen es unseres erhabenen Friedenswächters. Und wenn beute Deutschland die unbestrittene Führershaft in der Chemie sich errungen hat, fo baben wir es zum guten Theil zu danken der- wohlwollenden Fürsorge unseres , alle Werke des Friedens fördernden erlauchten O er- hauses. Darum findet kein Wunsch so begeisterten Widerhall in den D e ih lebe Lind na cid régiers unsér Hew ang und glücklich lebe, lang und glücklih regiere unser und Kaiser, Kaiser Wilhelm II.!

Nichtamtliches.

Oesterreich-Ungarn.

Zu Ehren des Geburtstags Seiner Majestät des Deutschen Kaisers fand gestern auf der deutschen Botschaft ein Fs statt, woran O und die Prinzessin Reuß, der Prinzund diePrinzessin von Ratibor, der Prinz von Lihnowsky und andere Mitglieder der Botschaft, der Herzog Wilhelm von Württemberg, die diplomatishen Vertreter Bayerns, Sachsens und Württembergs, der Fürst und die Fürstin Haßfeldt, sowie Mitglieder der deutschen Kolonie theilnahmen. Am Nach- mittag begaben sich der Prinz und die Prinzessin Reuß sowie sämmtliche Mitglieder der deutshen Botschaft mit dem Kurier- zug nah Budapest, um, einer Einladung Seiner Majestät

es Kaisers und O Franz Josef folgend, an dem Diner anläßlih des eburtstags einer Majestät des Deutschen Kaisers theilzunehmen.

Jn dem Omladinaprozeß wurden gestern Schreib- \sachverständige sowie Sachverständige für Papier und Tinte vernommen; dann wurde mit dem Zeugenverhör begonnen. Polizeiwachleute schilderten die Mißhandlungen und Verwun- dungen, denen sie dur die Uebermacht der auf sie eindringenden Excedenten ausgeseßt gewesen seien; Gäste und Kellner des Adeligen Kasinos sagten über den Steinhagel aus, durch den seiner Zeit die Fenstersheiben des Kasinos zertrümmert wurden. Der Präsident des Gerichtshofs war wiederholt genöthigt, die Angeklagten zu anständigem Verhalten den Zeugen und Sachverstäridigen gegenüber zu ermahnen. Ein Vertheidiger wurde zur Ordnung gerufen.

Frankreich.

Der Minister-Präsident Casimir Périer erklärte nah einer Meldung des „W. T. B.“ in der gestrigen Sißung der Kreditkommisston, daß die italienishe und die griechi#sche Regierung darin übereinstimmten, die Natifikation der Münzkonvention vom 30. Januar auf den 10. März zu verschieben, und daß er aut diese Abmachung eingegangen sei. Ferner erklärte der Minister - Präsident, daß er die Ent- schädigung für die bei den Vorfällen in Aigues-Mortes be- nactheiligten Jtaliener aus den geheimen Fonds gezahlt habe. Jtalien habe für die bei den Zwischenfällen von Rom und Neapel geshädigten Franzosen 30 000 Fr. bewilligt.

Der Abgeordnete des Departements du Nord Plichon hat an den Minister-Präsidenten Casimir Périer cin Ge- such gerichtet, worin er im Namen der landwirthschaftlichen Gesellschaft Frankreichs gegenüber der beträchtlichen Getreide- einfuhr aus dem Auslande von der Regierung verlangt, daß sie unverzüglich einen Aufshlag von b Francs von aus- ländis hem Getreide erhebe.

Eine Depeshe des General Dodds aus Goho vom 90. d. M. meldet, daß alle Fürsten und Anführer nah Goho zusammenberufen worden seien, um einen neuen König von Dahomey zu wählen. Sie hätten einstimmig Gonthili, den Sohn Glegle's, jun Nachfolger Behanzin's designiert. Der neue König sei anerkannt und am 15. d. M. im Namen der Re- gierung der Republik der Bevölkerung in der Umgegend von Abomey präsentiert worden, wobei ihn die Bevölkerung enthu- siastish aufgenommen habe. Der neue König habe seine Mit- wirkung bei den weiteren Versuchen, Behanzin gefangen zu nehmen, zugesichert. General Dodds beschäftige sih gegen- wärtig damit, die Grundlage für die Beziehungen des neuen Königs zur französischen Regierung festzustellen. Der Gesund- Lo eine b der Truppen sei zufriedenstellend; General Dodds

offe cine baldige Verminderung des Truppenbestandes herbei- führen zu können.

Rußland.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peters- burg hat sih die Großfürstin Xenia Alexandrowna, die Tochter des Kaisers, mit dem Großfürsten Alexander Michailowitsch verlobt.

Bei dem deutshen Botschafter General von Werder fand gestern ein Rout statt, welhem der Großfürst und die Großfürstin Wladimir anwohnten. i

Der finländishe Landtag is gestern mit dem üblihen Zeremoniell durch den General-Gouverneur eröffnet worden.

Ftalien.

Nach Meldungen der Blätter werden infolge der günstigen Nachrichten vier Regimenter von Sizilien nah dem Fest- lande zurückehren. Jn Carrara baben déin vW. 2. D. zufolge weitere Verhaftungen stattgefunden. Die Arbeit ist überall wieder aufgenommen worden. Es herrsht andauernd Ruhe.

Spanien.

Wie „W. T. B.“ aus Barcelona meldet, hat die dortige Polizei einen Mann verhaftet, der sih in Begleitung des Anarchisten Murull befand, als dieser das Attentat aus- führte. Ebenso wurde ein Freund jenes Mannes verhaftet. Murull hat erklärt, er habe auf den Gouverneur ge ossen, weil er jede Autorität vernihten wolle. Der „Temps“ meldet unter Eo IIDA daß im Hafen von Barcelona eine Dynamit-Explosion stattgefunden habe, wobei mehrere Personen verwundet worden seien.

Serbien.

Offiziell wird aus Belgrad gemeldet, daß die Gerüchte: der Minister-Präsident Simic beabsihtigezu demissionieren, die gesammte Verwaltung solle in militärische Hände übergehen, der König Milan solle die Regentschaft über- nehmen Erfindungen seien, die jeder Grundlage entbehrten.

Der radikale Klub hat eine von 106 Abgeordneten der Skupschtina unterzeihnete Erklärung erlassen, worin die Anwesenheit des Vaters des Königs als Bruch des Ehrenwortes und als Gesezwidrigkeit bezeichnet wird. Ferner wird in der Erklärung gegen jede Theilnahme des Königs Milan an Staatsgeschäften als ver ¿Fungswidrig protestiert, ebenso wie

gegen sein Verbleiben im Lande. Die gegenwärtige Negierung”

wird für alle Folgen, der etwaigen Beeinflussung des Stag gerichtshofs oder der Einstellung der T hmtioteit desselber verantwortlih gemacht; scließlich wird erklärt, daß die radikalen Abgeordneten in ihrer bisherigen Haltung auszu- pen entschlossen seien. Von den Organen der fort\chritt- ihen Partei und von den Liberalen wird das neue Kabinet sympathisch begrüßt. Quer, äsfige Nachrichten aus dem Jnnern des Landes stellen est, daß unter der Be- völkerung Befriedigung herrsche; nur unter den Radikalen sei eine gewisse Erregung wahrnehmbar. Die Ruhe wurde

nirgends gestört. Der König Milan besuchte gestern die Ver-

treter derjenigen Mächte, die sich bei ihm eingezeichnet hatten.

Das Prozeßverfahren gegen die angeklagten Mit- edes des / Kabinets Avacumovic is durch Königliche [mnestie eingestellt worden. Die Amnestie gründet fich auf die Artikel 40 und 41 der Verfassung , betreffend das Am- nestierecht.

Bulgarien.

Die Verhandlung in dem Prozeß gegen den ehemaligen Offizier Luka Jwanow und dessen Bruder Stojan hat, wie „W. T. B. meldet, gestern begonnen. Der frühere Minister Tontschew hatte sein Mandat als Vertheidiger niedergelegt. Die Anklageschrift hebt hervor, Jwanow habe als Lieutenant das Regiment in Rustshuck um 3000 Fr. betrogen und Bücher gefälscht. Jwanow sei später nah Odessa geflüchtet und in die russishe Armee eingetreten. Er habe ein politishes Attentat geplant und Reisen nah St. Petersburg, Warschau und anderen Städten gemaht. Der Angeklagte habe sich an den Ve- \{chlüssen des Odessaer Emigrantencomités betheiligt, das die Ermordung des Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg und und des Minister-Präsidenten Stambulow geplant habe, um die Lage in Bulgarien radikal zu ändern und ferner große Summen zum Ankauf von Bomben und zur For- mierung von Banden verausgabt, die in Bulgarien ein- ania und Attentate verüben sollten. Der Staatsanwalt tellte den Antrag auf Todesstrafe. Der Angeklagte Luka Jrwanow bekannte sich der Unterschlagung, der Desertion, sowie der Theilnahme an dem Komplott zur Ermordung des Prinzen Ferdinand schuldig. Wegen des legteren Verbrechens sei er nach Bulgarien gekommen. Luka Jwanow erklärte ferner, in Rußland hätten ihn die bulgarischen Emigranten e für einen Spion gehalten, erst nach seinem Eintritt in die russische Armee sei er zu den Versammlungen der Emigranten in Moskau zugelassen worden. Von dem Emigranten Warenkow habe er erfahren, es sei ein Grusier gedungen, um den Prinzen Ferdinand und Stambulow zu tödten; er habe dies dem Ne dakteur eines Journals in Philippopel mitgetheilt, jedo feine Antwort erhalten. Da die oppositionelle Presse in Bulgarien fort- gefahren habe, die bulgarischen Verhältnisse in den düstersten Men zu schildern, habe er auf Anrathen Warenkow's an

ruew geschrieben, daß er nah Bulgarien zu kommen beab- sihtige, um den Prinzen zu entfernen, habe jedoh keine Ant- wort crhalten. Warenkow, der seine Absicht gebilligt habe, habe ihm 100 Rubel eingehändigt, gleichzeitig habe er auch ein Schreiben Gruew's erhalten mit zwei Briefentwürfen an hochgestellte russishe Persönlichkeiten; nach Erhalt weiterer 100 Rubel sei er nah Bulgarien abgereist. Der Rest

der Aussage des Angeklagten stimmte mit der Anklage überein.

Luka Jwanow behauptete, er habe, nachdem der Anschlag

mißglückt sei, über Sofia nah Serbien flüchten wollen. Die

Ausiage Stojan Jwanow's enthielt nichts Besonderes. Amerika.

Das RNepräsentantenhaus hat ein Amendement zu der Tarifvorlage angenommen, wodurch die Rezi- prozitätsklausel des Mac Kinley - Tarifs abgeschafft wird. Die: Abstimmung über die Tarifvorlage ist auf den 1. Februar vertagt worden.

Afrika.

Der Khedive hat, wie „W. T. B.“ aus Kairo berichtet, einen Erlaß veröffentlicht, worin er die egyptische Armee und die in derselben dienenden britishen Offiziere [lobt und in die Verseßung Maher Paschas auf einen anderen Posten willigt. :

Bei der Regierung des Kongo-Staats sind amtlihe Meldungen eingegangen, worin die Nachricht von dem Tode des Barons Dhanis (siehe Nr. 22 d. Bl.) für unbegründet erklärt wird.

Parlamentarische Nachrichten.

Von dem Abg. Dr. von Buchka (dkonf.) ist im Reis- t'age folgender Abänderungsantrag zur zweiten Berathung d Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des § 41 der Konkursordnung vom 10. Februar 1877, eingebracht worden: Der Reichstag wolle beschließen : Die Nr. 2 des § 41 der Konkursordnung erhält folgende veränderte Fassung : :

2) Verpächter in Ansehung der Früchte des Grundstücks und der eingebrachten Sachen, fofern die Früchte oder Sachen si no aus dem Grundstück befinden, wegen des laufenden und rückständigen Zinset, sowie wegen anderer Forderungen aus dem Pachtverhältniß, edo mit der Einschränkung, daß dem Verpächter, soweit er eine o 1 Forderung infelge der Kündigung des Verwalters (§8 17 Nr. L geltend machen kann, wegen dieser Forderung der Anspruch auf a? gesonderte Befriedigung nicht zusteht.“

Die Wahlprüfungs-Kommission des Reichsta beantragt, die EntiGettung Ber die Gültigkeit der Wahlen der @ Gescher (dkons.) im 7. Wahlkreise des egierungsbezirks Dü}le É (Moers-Rees), Dr. Pi chker eue im 3. Wahlkreise des König E bayerishen Regierungsbezirks Niederbayern und von Benda E im 6. Wahlkreise des Regierungsbezirks Magdeburg bis zum Einga weiterer Ermittelungen auszu]eßen.

Der General der Kavallerie z. D. Graf von S Groeben, Mitglied des Herrenhauses, ist gestern d seiner Besizung Neudörfchen gestorben. G

e

Beiden Häusern des preußischen Landtags hat, Minister der öffentlichen Arbeiten übersandt: a. eine Denk d ri betreffend die in der Zeit vom 1. April 1892 bis zum 31. März ile erfolgten Bauausführungen an denjenigen Wasserstraßen, änd, deren Regulierung dem Landtag besondere Vorlagen gemacht E e t der þ. einen Nachtrag zu der Denkschrift: „Die Thätig hre preußishen Wasserbauverwaltung innerhalb Det rlagea 1880 bis 1890", betreffend die auf Grund besonderer A or Aus, und dur Einstellung in die einmaligen und außerordent L nt der gaben des Etats für die einzelnen Stromgebiete zur Ber cttel und Binnenschiffahrt bis zum Jahre 1892/93 bewilligten Geldmt deren Verwendung.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußishen Staals-Anzeiger.

M 24.

Berlin, Sonnabend, den 27. Januar

Königreich Preußen.

Bekanntmachung,

betreffend das Staats - Anlehen der vormals eie Stadt Frankfurt a. M. von 8500000 F|[. d. d. 9 April 1850.

Bei der am 15. d. M. stattgefundenen“ 53. Verloosung des 3#%/oigen Staats- Anlehens der vormals freien Stadt S q M. vom 9. April 1839 wurden für die zur Kapitaltilgung in 1894/95 vorgesehene Summe die nachverzeihneten Schuldverschreibungen

gezogen : 1) Zur Rückzahlung auf den 1. April 1894.

95 Se Tilt B. & 1000 Sl. = 171429 A Ne. 65 81 159 214 310 344 352 394 447 492 517 521 617 619 624 667 805 830 839 853 864 952 976 1032 1038 = 42857 M 25 g.

25 Stiüd Litt. B. à 500 Fl. =857,14 e Nr. 1170 1276 1305 1325 1327 1427 1430 1486 1522 1566 1578 1629 1680 1681 1705 1733 1735 1749 1829 1922 1929 1932 1945 1968 1996 = 21 e un A

üd Litt. B. à 300 Fl. = 514,29 A Nt. 2122 2152 2229 2246 2259 2346 2376 2391 2575 2653 2674 2690 2706 2718* 2780 2832. 2877 2889 2993 3021 3023. 30453. 3051 3089 = 12342 M 96 S.

25 Stüd Litt. B. à 150 Fl. = 257,14 A Nr. 3134 3146 3275 3292 3319 3329 3330 3332 3470 3479 3484 3509 3511 3537 3636 gs 3790 3795 3828 3860 3880 3882 3908 3939 4042 = 6428 M

18 Stüd Litt. B. à 100 FI. = 171,43 A Nr. 4101 4133 4167 4189 4280 4312 4343 4370 4379 4408 4430 4486 4531 4538 4597 4606 4709 4832 = 3085 M. 74 4.

117 Stück über 86142 A 95 „S. 2) Zur Nückzahlung auf den 1. Juli 1894.

25 Stüd Litt, O. à 1000 Fl: = 171429 A Nr. 2 6 58 66 84 212 381 396 485 496 518 521 524 525 586 650 653 690 740 818 862 868 989 1035 1085 = 42 857 4 25 s.

25 Stüd Litt. C. à 500 Fl. = 857,14 A Nr. 1107 1149 1156 1192 1277 1279 1352 1445 1541 1574 1580 1589 1624 1636 1646 E 1766 1787 1817 1896 1912 2064 2079 2085 = 21 428 A

i: 25 Stüd Lätt. O. à 300 SL. = 514,29 A Nr. 2105. 2144 2150 2317: 2423 2481 2524 2570 2591 2611 2612 2629 2637 2739 2748 A 2769 2849 2859 2886 2895 2947 2957 3029 3062 = 12857 M

0A j 25 Stü Litt. C. à 150 FI. = 257,14 M Nr. 3112 3139 3198 3272 3304 3306 3485 3522 3538 3599 3605 3644 3647 3731 3737 3755 3830 3856 3863 3898 3901 3910 3945 4004 4060 = 6428 M 50 S.

15 Stü Titt.. O. à 100 L = 17143 Nr. 4171 4184 4198 4316 4322 4335 4412 4444 4460 4537 4625 4751 4771 4790 4821 = 2001 C45

115 Stü über 86 142 A % . 3) Zur NRückzahlung auf den 1. Oktober 1894.

26 Stüd Lätt. D. à 1000 Fl. = 1714,29 Æ# Nr. 45 82 119 143 165 199 263 365 402 449 526 555 569 577 618 622 641 645 714 783 992 1001 1003 1044 1051 1057 = 44571 M 54 „.

2% Stüd Litt. D. à 500 Fl. = 857,14 A Nr. 1133 1182 1195 1254 1344 1417 1442 1457 1466 1503 1534 1548 1623 1656 1666 E 1750 1922 1946 1954 1983 1991 2045 2068 2088 = 21 428 M D ä

96 Stüdck Litt. D. à 300 Fl. = 514,29 A Nr. 2142 2143 2281 9302 2321 2352 2355 2362 2435 2446 2448 2452 2502 2505 2918 9539 2620 2669 2742 2772 2880 2891 2906 2918 2972 3097 = i 17 Stück Litt. D. à 150 Fl. = 257,14 A Nr. 3159 3198 3200 3361 3394 3403 3448 3501 3583 3660 3732 3772 3792 3909 4021 4044 4092 = 4371 M 38 S.

14 Stü Litt. D. à 100 Fl. = 171,43 A Nr. 4145 4165 4422 4430 4447 4502 4525 4537 4554 4562 4585 4615 4667 4786 = 2400 M 02 s.

108 Stü über 86 142 M 98 g. _4) zur Nückzahlung auf den 1. Fanuaxt 1895.

25 Stüd Litt. A. à 1000 Fl. = 1714,29 A Nr. 29 43 47 127 169 196 209 225 252 304 326 349 387 457 535 594 605 685 716 745 839 847 927 1069 1086 = 42857 M 25 A.

25 Stüdck Litt. A. à 500 Fl. = 857,14 A Nr. 1112 1119 1154 1213 1234 1290 1311 1335 1364 1421 1451 1456 1529 1533 1596 1736 1832 1851 1885 1966 1981 1985 1995 2020 2055 = 21 428 M 50 „5.

95 Stüd Iitt. A. à 300 L = 51429 A Nr. 2110 2157 2163 2167 2251. 2257 2346 2426 2444 2481 2485 2486 2537 2561 2671 2810 2851 2882 2971 3013 3016 3037 3039- 3049 3076 = 12857 M 25 S.

93 Stück Litt. A. à 150 Fl. = 257,14 A Nr. 3117 3171 3199 3225 3239 3337 3447 3460 3480 3486 3505 3542 3584 3802 3813 3839 3882 3886 3888 3958 3971 4048 4069 = 5914 A 22 S.

: 18 Stück Litt. A. à 100 Fl. = 171,43 A Nr. 4104 4162 4228 4295 4317 4329 4342 4374 4387 4402 4507 4549 4592 4716 4730 4734 4749 4758 = 3085 A 74 S.

116 Stück über 86142 M 96 „g.

Zusammen: 117 Stück Litt. B. über . 86 142 M. 95 S é 86142. 95 5

HO Os 108 D S2 98 He A A S 86142... 96 ; 406 U E B 25S Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be- merken benachrihtigt, daß fie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin erfolgt, bei folgenden Stellen erhoben werden können; a. bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., b. bei der Königlihen Staatsschulden -Tilgungs- kasse in Berlin und c. bei jeder Königlichen Regierungs-Hauptkasfe. Die Auszahlung MEE bei Pos. 1, 2 und 3 (Litt. B., C. und D.) gegen Rückgabe der Obligationen mit den Zinsscheinen Neihe TIT Nr. 2 bis eins{chließlih 5, bei Pos. 4 (Litt. A.) gegen Rückgabe der Es mit den Zinsscheinen Reihe II1 Nr. 3 bis eer 6. ö er Geldbetrag der unentgeltlich zurückzugebenden, aber fehlenden Zinsscheine wird am Kapitalbetrag der Ne zurückbehalten. Soll die Einlöfung von dergleichen Obligationen weder bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M. noch bei der Königs- lichen AeCerunge-Baupttalie in Wiesbaden, sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werdeh, so sind die betreffenden Obligationen einige Zeit vor der Auszahlung durch diese Kasse an den Unterzeichneten ¿ur Prüfung einzusenden. i Zurüdck stehen noch aus der 42. Roe unas Litt. B. 40265. 45. Verloofung: Litt. B. 2667, D. 4180, A. 4501. 46. Verloosung: Litt. A. 2464. 47. Verloosung: Litt. B. 4179, C. 475, D. 4217. 48. Verloosung: Litt. B. 3725 3938 4620, D. 3991, A. 4720. 49. Verloofung: Litt. B. 3803 3849 3923 4561, C. 2572 3959 4182 4452 4633, D. 251 3902 4249 4325.

50. Verloosung: Litt. C. 2969, D. 2104 2344, A. 4523.

__ 91. Verloosung: Litt. B. 1526, C. 267 2778 3334 4234, D. 2370 3346, A. 2847 3142 4745.

92. Verloosung: Tätt. B, 1919. 3298 4615. Q: 2278 2004 2763 3358 4220 4776, D. 862 900 1629 1938 2693 2940 3588 4247 4423 4639 4767, A. 103 112 174 211 231 398 709 829 916 1040 1103 1130 1367 1491 1534 1602 1669 1784 1935 1939 2030 2065 2093 2122 2338 2348 2363 2431 2575 2725 2728 2785 2796 2897 2899 2987 3203 3271 3300 3419 3646 3693 3790 3832 4158 4246 4271 4525 4637.

Wiesbaden, dên 17. Januar 1894.

Der Regierungs-Präfident. _In Vertretung: Freiherr von Reiswiß.

Deutscher Reichstag.

36. Sizung vom Freitag, 26. Januar, 11/2 Uhr.

Ueber den Beginn der Sigung is bereits in der Nummer vom Freitag berichtet worden. Die auf der Tagesordnung stehende erste Berathung der Novelle zum Geseß, betreffend die Einrichtung und Verwaltung des Reichs-Fnvaliden- E wird von dem Staatssekretär Dr. Grafen v on Posa -

owsky mit folgender Rede eingeleitet :

Meine Herren! Ich glaube, daß das sachliche Bedürfniß zu diesem Gesetzentwurf in den Motiven eingehend und überzeugend nah- gewiesen worden, und daß ih deshalb niht nöthig habe, in dieser Beziehung auf Einzelheiten einzugehen.

Wenn bisher mit den vorhandenen Betriebsfonds die Reichs- Finanzverwaltung au8gekommen ist, so ift das zu danken dem Modus, der bis jeßt für die Erhebung der Matrikularbeiträge besteht; die- selben werden nämlich in der Weise eingezogen, daß die Gesammt- heit der Bundesstaaten mit Ausnahme von Preußen und Bayern ihr Beitrags\foll am Anfang des Monats mit einem Drittel und den Rest im Laufe des Monats abführen. Nur Preußen und Bayern machen davon eine Ausnahme : Preußen, indem es die Matrikular- beiträge pränumerando in drei festen Monatsraten zahlt, und Bayern, welches die Matrikularbeiträge in Vierteljahrsraten zahlt nah Ab- {luß des Quartals ein Zahlungsverfahren, welches zusammen- hängt mit der Stellung des bayerischen Kontingents und der Be- deutung der bayerishen Militärquote."

Der Entwurf, wie er Ihnen jeßt vorliegt, hat mit einer un- wesentlihen Modifikation bereits in der Wintersession 1892/93 zur Beschlußfassung vorgelegen. Seitdem aber haben die Verhältnisse ih wesentlih geändert. Das damals bereits nahgewiesene Bedürfniß zur Erhöhung des Betriebsfonds hat sih noch verschärft. Zunächst ist dur die erheblihere VorsGußzahlung für die Unfallversicherung ein fortgeseßt stärkerer Betrag nothwendig geworden; ebenfo nimmt die Heeresverstärkung größere eiserne Fonds und sonstige größere Be- triebsmittel in Anspruh. Als der Neichs-Invalidenfonds begründet wurde, war man sich darüber klar, daß die Summe, die ausgeseßt war, größer war, als sie zur Befriedigung der geseßlihen Ansprüche auf Grund des Militär-Pensionsgeseßes von 1871 erforderlich wäre. Der Herr Berichterstatter erklärte damals in der Sißzung vom 1. Mai 1873 in dieser Beziehung :

Es wurde zwar von der einen Seite ein Antrag gestellt, davon ausgehend, daß die Summe schon heute nahweisbar zu hoch gegriffen und überhaupt abzumindern fei; von der anderen Seite ein Antrag, davon ausgehend, daß, da heute noch zu wenig Unterlagen vorhanden seien für die Fixierung der Summe, man einen Zeitpunkt abwarten möchte für ihre definitive Firierung, wo bestimmte That- sachen vorliegen.

Und er fährt weiter fort :”

Sollten wir uns getäuscht und die Summe etwas zu hoh ge- nommen haben, so bleibt es der Zukunft vollkommen überlassen, dieselbe Reichszwecken wieder zuzuführen; irgend eine Gefährdung dafür ist niht gegeben.

Und ein anderer Abgeordneter von der linken Seite des Hauses führte aus:

Ich halte die Summe von 50 Millionen zu hoh nach wie vor, und die Verhandlungen in der Kommission haben mih nit vom Gegentheil überzeugt, sondern mir nur meine Ansicht be- stätigt.

Aus dieser Erwägung ist der § 15 des Invalidenfonds-Geseßzes von 1873 hervorgegangen, inhalts dessen über die Verwendung der nach Heimfall aller auf den Reichs-Invalidenfonds angewiesenen Pensionen, Pensionszushüsse und Bewilligungen etwa verbleibenden oder der vor dieser Zeit zur Sicherstellung dieser Ausgaben sih etwa als ent- behrlih erweisenben Aktivbestände durch Reichsgesey Bestimmung ge- troffen werden soll. Durch die Vorlegung dieses Gesetzentwurfs machen wir von jener geseßlihen Befugniß Gebrauch. Bei der Be- rathung des Geseßzentwurfs im Jahre 1892/93 is von einem der Herren Redner darauf hingewiesen worden, daß, bevor der Reichstag ih darüber s{lüssig machen könne, zunächst die Invalidenfrage geregelt werden müsse. Es wurde dort Folgendes ausgeführt :

Ih dächte, die absolute Voraussezung wäre gerade die Erledigung der Invaliditätsangelegenheit.

Es ist dann weiter gesagt:

Wenn man einen Theil des Invalidenfonds für andere Zwecke in Anspru nehmen sollte, muß doch vollständig festgestellt wer- den, in welcher Weise die Erhöhung stattfinden soll, wie weit der íFnvalidenfonds ausreiht und wann in-dieser Beziehung eine voll- ständige Einigung stattgefunden hat; so wäre vielleiht zu fragen : ist der Invalidenfonds in der Lage, abzugeben von seinem Fonds an die Kassen, die jeßt zum theil in Anspru genommen werden ?

Die verbündeten Regierungen haben diesem Wunsche demnächst Rechnung getragen ; sie haben eine Novelle zum Invalidenpensions- Gese vorgelegt, welches Ihre Genehmigung erhalten hat, und ih glaube, es steht ihnen jeßt daher das formale Reht zur Seite, zu

1894,

beantragen, die Fonds, die niht in Anspruch genommen sind, für andere Zwelke verfügbar zu machen.

Bereits bei Gelegenheit der Novelle von diefen Jahre find indeß weitere Wünsche in Bezug auf anderweitig Versorgung der Snvaliden laut geworden; ein Theil diefer Wünsche dürfte als be- rechtigt anerkannt werden, und die Neichs-Finanzverwaltung steht mit dem preußischen Herrn Kriegs-Minister darüber in Verhandlungen, die indeß, wenn sie zu einer Einigung führen, zu einer geseßlichen Belastung niht des Jnvaliden-, sondern des Militär-Pensionsfonds führen würden.

Nach Erlaß des Reichs - Invalidenfondsgeseßes sind ja noch zwei verschiedene Novellen vom Jahre 1874 und 1886 und zuleßt noch die Novelle vom Jahre 1893 zu weiteren Verbesserungen der Lage der Kriegsinvaliden ergangen ; ih glaube daher, die verbündeten Ne- gierungen konntea infolge dessen mit Recht annehmen, daß durch die von Ihnen erst kürzlich bes{chlossene Novelle vom Jahre 1893 in dieser Beziehung ein Abs{luß gefunden sei.

Es ift nun gegen das Geseß {hon in der vorigen Session eine Reibe von Einwendungen erhoben worden , auf die ich zurückommen möchte. Es ist zunächst gesagt worden, möglicherweise wäre eine Verstärkung der Betriebsmittel um deshalb nicht nöthig, weil die Reichs-Finanzverwaltung und die übrigen Reichsrejsorts in größerem Umfange Gebrauchß machen könnten von dem Giroverkehr. Ih fFann die Versicherung abgeben, daß vom Giroverkehr hon jeßt un- fassender Gebrau gemacht wird; die allgemeine Reichs - Finanz- verwaltung ist \{on deshalb an den Giroverkehr angeschlossen, weil sie ihre Zahlungen durch die Reichs - Hauptkasfe leistet, die eine Dependenz der Reichsbank ist. Auch die Reichs - Postverwaltung macht von dem Giroverkehr ergiebigen Gebrauch. Was die Militär- verwaltung betrifft, so sind zur Zeit die technischen Institute der Artillerie an den Giroverkehr der Reichsbank angeschlossen, und den Truppentheilen ist der Anschluß gestattet. Einzelne von ihnen haben von dieser Ermächtigung auch thatsächlich Gebrauß gemaht. Ich glaube also, daß durch eine Erweiterung des Giroverkehrs eine erheblihe Ersparung von Betriebsmitteln nicht zu erwarten ist.

Es is uns ferner entgegengehalten worden, daß die Betriebs- mittel durch die gesteigerten Vorshüsse für die Unfallberufsgenofsen- schaften in so hohem Maße in Anspruch genommen würden, und es ist darauf hingewiZen, daß die Unfallberufsgenossenschaften gefeßlih zu verpflichten wären, in gleiher Weise einen Betriebs8vorshuß zur Zahlung der Unfallrenten an das Reich zu leisten, wie dies jegt {on die Altersversicherungen thun müssen. Ich gestatte mir indes, darauf aufmerksam zu machen, daß bei der Invaliditäts- und Altersversiherung bekanntlich das Kapitaldeckungsverfahren maß- gebend ist, während bei den Unfallversiherung8anstalten das Umlage- verfahren geseßlih festgesezt ist; und dieses Umlageverfahren ift dur die Beschlüsse des Neichstags sowohl bei dem ersten Unfallversicherungs- geseß genehmigt, wie auch dur die verschiedenen Novellen. Auch in einer Novelle, die jeßt den verbündeten Negierungen zur Beschlußfassung vorliegt, ist nicht in Ausficht genommen, in dieser Beziehung eine Aenderung vorzunehmen, weil dies eine grundsäßlihe Umgestaltung des ganzen jeßigen Umlageverfahrens nöthig machte. Nur in einem Falle soll eine Ausnahme gemacht werden, nämlich für die wenig fapitalkräftigen Kleinbetriebe, die ebenfalls dur eine Novelle zu eincr Berufsgenossenschaft vereinigt werden sollen; diese Kleinbetriebe dürften angehalten werden, einen Betriebsvorshuß an das Reich zu leisten.

Es ist seiner Zeit auch eingewendet worden gegen das Gesetz, es schiene nicht erforderli, daß das Reih an die Reichsbank einen Betriebsvorsuß gebe zur Ausführung der geseylihen Verpflichtung der Reichsbank, auf Kosten des Reichs Zahlungen zu leisten. Jeden- falls wurde diese Frage für zweifelhaft gehalten. Ich nehme in diefer Beziehung auf den § 22 des Reichsbankgesezes Bezug, der folgender- maßen lautet :

„Die Reichsbank is verpflichtet, ohne Entgelt für Rehnung des Reichs Zahlungen anzunehmen und bis auf Höhe des Reichs- guthabens zu leisten.“ :

Es folgt aus dieser geseßlihen Bestimmung klar, daß die NeiWs- bank garniht befugt ist, Vorschüsse für Rechnung des Reichs zu gewähren. Es tritt der Fall sehr häufig ein, daß an einem Tage bei der Reihs-Hauptkasse zwar erhebliche Zahlungen zu Gunsten des Reichs eingehen, am anderen Tage aber Zahlungen geleistet werden müssen und zum theil unerwartete Zahlungen, die weit größer sind als die Kassenbestände, die für das Reich bei der Reichs- bank lagern. Würde die Reichsbank also nicht einen der- artigen Betriebsvorshuß vom Reich haben, so würde sie in der That Vorshüsse zu Gunsten des Reichs leisten müssen und somit gegen die klare Bestimmung des § 22 des Neichsbankgescizes verstoßen; in dieser Beziehung dürfte daher das Bedürfniß nach- gewiesen sein, daß der Reichsbank ein bestimmter Betrag als Be- triebsvors{uß gezahlt werden muß. Wir sind férner hingewiesen darauf, daß es si vielleicht praktischer gestalten ließe, verzinsliche Schaßanweisungen auszugeben, um den Betriebsbedarf des Reichs zu decken. Ih muß zunächst gegen diesen Vorschlag das Bedenken cr- heben, daß es immerhin finanziell nicht wünschenswerth ift, die \{webende Schuld des Reichs zu sehr zu vergrößern. Aber es liegt noch ein anderes wesentlihes Bedenken vor. Die Schatzanweisungen werden mit kurzen Kündigungsfristen ausgegeben, und es ist deshalb mögli, daß gerade in einem fritishen Augenbli, wo das Reich alle seine Betriebsmittel brauht, wo es alles flüfsig machen muß, was es in seinen Beständen hat, gerade große Beträge von fälligen Schaßanweisungen präsentiert werden. Wenn diese nun in größerem Maße ausgegeben werden, so könnte uns ein solches Zusfammen- treffen außerordentlich ungelegen werden in finanziell fkritischen Zeiten.

Wir sind ferner darauf hingewiesen worden, daß eigentlich gar kein Grund vorliege, anders wie bisher zu verfahren, das heißt, wir sollten die nöthigen Mittel für die Neichs - Finanzverwaltung auch in Zukunft durch vorshußweise Erhebung von Matrikularbeiträgen auf-

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