1894 / 26 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Reichsamts des Junern, des preußischen Handels-Ministeriums und des Ministe für Elsaß- A Ds sowie der Geheime Regierungs-Rath Professor Dr. Slaby, Mitglied der technischen

Deputation für Gewerbe, theil.

Der Vorsißende begrüßte die Versammlung im Namen des dienstlih behinderten Staatssekretärs des Jnnern, worauf der Referent im Reichsamt des Jnnern die Gesichtspunkte ent- wickelte, welche für den Entwurf von Ausnahmcbestimmungen leitend gewesen find. Nas {loß sich unter lebhafter Be- theiligung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine eingehende Erörterung der vorge|chlagenen Bestimmungen.

An den Berathungen nahmen theil:

___ Vom Reichsamt des Jnnern: Unter-Staatssekretär im Reichsamt des Jnnern Dr. von Rottenburg, Vorfißender, Direktor im Reichsamt des Jnnern Rothe, Geheimer Regie- rungs-Rath Dr. Wilhelmi, Regierungs-Rath Werner, Regie- rungs- und Gewerbe-Rath Grünewald, Regierungs- und Gewerbe-Rath Dr. Sprenger, Regierungs-Assessor von Lattorff, Gemwerbe-Jnspektions-Assistent Dr. Spruck.

Vom preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe: Unter-Staatssekretär, Wirklicher Geheimer Ober- Regierungs - Rath Lohmann, Geheimer Regierungs - Rath Dr. Neuhaus, Regierungs-Assessor Dönhoff, Regierungs- und Gewerbe-Rath Theobald in Düsseldorf, Gewerbe-Jnspektor

artmann in Oppeln, Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr. Slaby in Berlin, Mitglied der technishen Deputation für Gewerbe. i;

Aus Elsaß-Lothringen. Regierungs-Rath Dr. Wolff, technischer Referent für die gewerblichen Angelegenheiten im Ministerium und Gewerbe-Aufsichtsbeamter Für den Bezirk Unter-Elsaß.

Außerdem waren zu den Berathungen erschienen :

Aus Preußen. a. Jndustrielle. Vertreter des Gefammtverbands deutscher Metall-Jndustrieller: Fabrikbesißer Ernst Behrens in Berlin (Maschinenfabrik „Cyclop“), Direktor

- von Manteuffel, Eisenwerk Lauchhammer, Direktor Paul Jordan in Berlin (Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft). Vertreter des Vereins zur Wahrung der gemein- samen wirthschaftlihen FJnteressen der Saar - Jndustrie : Kommerzien-Rath Rudolf Böking, O in Brebach. Vertreter des Vereins zur Wahrung der- gemeinsamen en Interessen in Rheinland und Westfalen: Kommerzien-Rath E Lueg in Düsseldorf. Vertreter des Vereins deutscher Eisenhüttenleute: Geschäftsführer E. Schroedter in Düsseldorf. Vertreter des Vereins deutscher Eisen- und Stahl- Jndustrieller: Direktor der Aktiengesellshaft „Eisenhüttenwerk Thale“ Claus in Thale. Vertreter des Vereins deutscher Messingwerke: Kommerzien-Rath Selve in Altena. Vertreter des Vereins deutscher Eisengießereien: Kommerzien - Rath Wurmbach in Bockenheim. þ. Arbeitnehmer. Eisengießer Karl Gräwe in Eilpe, Former Hugo Kamin in Berlin, Eisendreher Ferdinand Klösel in Ratibor, Former vom Berge in Dortmund, Former Alwin Körsten in Berlin, Emailliermeister Wilhelm Henneberg in Tangerhütte, Emaillierer Richard Baudah in Düsseldorf, Arbeiter Louis Werner in Hemelingen, Schlosser Reinhold Petzold in Berlin.

Aus dem Königreih Sachsen. a. Jndustrieller: Kommerzien-Rath Eschebah in Dresden. b. Arbeitnehmer: Gießermeister Galle in Dresden.

Aus Württemberg. Arbeitnehmer: Maisack in Heilbronn.

Aus Elsaß-Lothringen. a. Jndustrieller: Freiherr Eugen von Dietrich in Jägerthal (Firma von Dietrich u. Comp. in Niederbronn). b. Arbeitnehmer: Schlosser Fritsher in Grafenstaden. :

Der Entwurf von Ausnahmebestimmungen für die der chemischen Jndustrie (Gruppe VIT der Gewerbestatistik) an- gehörigen Fabrikationszweige wird am 27. n. M. einer ähn- lihen Berathung unterzogen werden. Darauf wird eine Be- rathung über die Regelung der Sonntagsruhe in den Glas- hütten folgen.

Monteur Karl

Die Kommission für Arbeiterstatistik wird in nächster Zeit wieder zu einer Sißung zusammentreten. Nach- dem aus Anlaß einer Anregung des Reichstags unter Ab- änderung des Regulativs vom 1, April 1892 die Zahl der Mitglieder der Kommission um zwei vermehrt worden ift, von denen eins der Bundesrath und eins der Reichs- tag zu wählen hat, und die. Neuwahlen für die gegen- wärtige Legislaturperiode inzwischen iht 5 sind, hat der Vorsißende der Kommisston , nter - Staats- sekretär Dr. von Rottenburg, die Mitglieder auf den 14. Februar d. J. zu einer Sigung eingeladen. Den Haupt- S der Verhandlungen wird die Untersuchung über die

rbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien bilden, welhe damit vorausfsihtlich zum Abschluß gelangen wird. Die Ergebnisse des ersten und zweiten Theils der Untersuhung sind in zwei, auch in Carl Heymann's Verlag erschienenen Drucksachen niedergelegt, deren érste, „Erhebung über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien“ die im September 1892 veranstaltete Fragebogen-Erhebung betrifft, während die andere, „Erhebungen über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien, zweiter Theil“ die Ergebnisse der im Sommer 1893 veranstalteten mündlihen Vernehmungen und der von 74 Berufsorganisationen erforderten Aeußerungen sowie ein - vom Kaiserlihen Gesundheitsamt erstattetes Gutachten über den Einfluß der Beschäftigung der Bäckergeselen und Bäckerlehrlinge auf ihre Gesundheit enthält. Nunmehr wird die Kommission gemäß ihren Beschlüssen vom 10. Februar und 30, Juni 1893 unter Zuziehung jachverständiger Beisizer ur mündlihen Vernehmung von Auskunftspersonen aus dem Bäcker: und Konditorgewerbe schreiten. Die Beisißer und die Mehrzahl der Auskunftspersonen sind auf Ersuchen des Vor- sißzenden der Kommission durch Vereinigungen von Arbeit- gebern und von Arbeitnehmern der genannten Gewerbe vor- geshlagen worden. i

Da die bevorstehende Sißung durch die mündlichen Ver- nehmungen und die sih daran anschließenden Berathungen bereits stark belastet sein wird, hat davon abgesehen werden müssen, auch die Erhebung über die Arbeitszeit in Getreide- mühlen auf die Tagesordnung zu seten, deren erster Theil ab- eschlossen is und den Gegenstand einer vor kurzem (in Carl

eymann'’s r veröffentlichten Druckfsache bildet. (,„Er- ebung über die Arbeitszeit in Getreidemühlen. Veranstaltet im Sommer 1893“. Berlin 1894, Carl Heymann's Verlag.)

Die im Verlauf der Untersuchung über die Arbeits- verhältnisse im Handelsgewerbe erforderten gutachtlihen Aeuße- rungen von kaufmännischen Vereinen und von Örganisationen

der Geschäftsdiener, Packer 2c. sind immer noch nicht voll-

ständig eingegangen; jedo ist mit Zusammenstellung des vor-

liegenken Materials bereits begonnen.

Der General-Lieutenant von Alten, Kommandeur der 18. Division, und der General : Lieutenant von Pfaff, Kommandeur der 6. Division, find zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen. :

Der hiesige chinesishe Gesandte Hsü-Ching-Chêng hat Berlin verlassen, um sich nah St. Petersburg zu begeben, woselbst er gleichfalls beglaubigt ist.

Das Ober-Kommando der Marine giebt folgende Schiffs- M bekannt :

S. M. S. „Marie“, Kommandant Korvetten-Kapitän Freiherr von Lyncker, ist am 26. Januar in Puerto Montt (Chile) angekommen. : i

S. M. Schulshiff „Moltke“, Kommandant Kapitän zur See Koch, ist am 28. Januar von Piräus nah Corfu ab- gegangen. :

Der Transportdampfer „Admiral“ is mit dem Detachement für Kamerun, Detachementsführer Hauptmann von Kampg, am 28. Januar in Kamerun eingetroffen.

Vagyern.

In der Kammer der Abgeordneten trat gestern bei der Debatte über den Eisenbahn- Etat der Referent Freiherr von Stauffenberg L die Beseitigung der

taffeltarife ein. Der Minister-Präsident Freiherr von Crailsheim führte darauf aus, die bayerishe Regie- rung habe bei der preußishen wiederholt Schritte zur Beseitigung der Staffeltarife gethan. Die preußische Regierung habe aber unter Zugrundelegung der Statistik der Jahre 1888 und 1890 geltend gemacht, die ha eri s auf Getreide hätten auch Bayern begünstigt. Der Minister fügte hinzu, die Getreidezufuhr aus Bayern habe zugenommen, die Mehlausfuhr mindestens niht abgenommen. Die Mehl: ausfuhr aus Norddeutshland nah Bayern sei zwar im Fort- schreiten begriffen, habe aber die Höhe noh nicht erreicht, die sie vor der Einführung der Staffeltarife gehabt habe. Die vor kurzem in Berlin abgehaltene Konferenz habe vorerst ein praktishes Resultat niht gehabt, es werde aber ein weiterer Meinungsaustaush in einer Schlußkonferenz stattfinden. Schließlih nahm die Kammer einstimmig den An- trag des Ausschusses an, worin die Regierung ersucht wird, in den Bemühungen zur Beseitigung der preußischen Staffel- tarife für Getreide und Mehlprodukte mit thunlihster Energie fortzufahren. Der Landtag ist durch Botschaft Seiner Königlichen Hoheit des Prinzregenten bis zum 31. März verlängert worden.

Sachsen. _ Die Erste Kammer genehmigte gestern die für ver- schiedene Eisenbahnzwecke in den Titeln 20, 25, 30 und 34 des

außerordentlichen Staatshaushalts-Etats eingestellten Beträge.

Baden.

Die Krankheit Jhrer Königlihen Hoheit der Groß- herzogin verläuft, wie „W. T. B.“ berichtet, günstig: das Fieber geht andauernd zurück, der Bronchialkatarrh vermindert fh, der Kräftezustand ist befriedigend.

Jhre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen sind gestern Nachmittag in Karlsruhe eingetroffen. Die Kron- prinze}))in war während der Neise schr angegriffen, sodaß ein ganz stiller Empfang geboten war; außer den Mitgliedern der Ero erzogen Familie war daher niemand am Bahnhof an- wesend. ie Kronprinzlichen Herrschaften haben im Schloß Wohnung genommen.

Oldenburg.

__ H Der Landtag hat den Gesezentwurf wegen Erhebung einer Abgabe von Tanzgesellshaften, Musikauf- führungen und Schaustellungen 2. in erster Lesung angenommen. An neuen Vorlagen find dem Landtage regie- rungsjeitig zugegangen der Entwurf eines Gerichtsfosten- geseßes und der Entwurf eines Gesezes wegen Ab ände- rung des Vogelschußgesezes. Der erstgedahte Entwurf tarifiert die Gebühren in gerihtlihen Angelegenheiten, soweit nicht die Reichsgeseßze Anwendung finden, unter Anpassung an das System des Reichsgesezes. Nach dem lehtgedachten Ent- wurf soll im Herzogthum der Fang von Drosseln und der Handel mit folchen nah den im Regierungsbezirk Osnabrück geltenden Vorschriften geregelt und die Fang- und Verkaufs- zeit um eiwas verlängert werden.

Sachsen-Meiningen.

Der Landtag hat die Berathung des Etats begonnen. Der Referent erklärte sih, wie der „Magd. Ztg.“ berichtet wird, mit der L nA der Dienstalterszulagen für Beamte und Lehrer einverstanden, erkannte auch an, daß die Verhält- nisse die Wiederholung des vorjährigen Steuererlasses von 1/2 Dermin Grund- und 2 Terminen Gebäudesteuer nicht ge- statteten, und empfahl im allgemeinen die Zustimmung des Landtags zum Etat. Der Chef der Finanz-Abtheilung Geheimer Staatsrath Ziller führte aus, daß die Ueber- weisungen aus dem Reich mit den Matrikularbeiträgen gleich hoh mit 1 609680 M. eingestellt seien, obgleih leßtere im Reichs-Etat für Meiningen mit 1852 699 # berehnet würden ; doch hoffe die Regierung, daß das Mehr durch höhere Reichs- Einnahmen Deckung finden werde; anderenfalls würden aller- dings, wie vorgesehen, etwa 200000 # aus den bereiten Kassabeständen zu entnehmen sein. Infolge der Bemerkung eines Abgeordneten über die Haltung der Regierung im Bundesrath erklärte der Staats - Minister Dr. von Seim, die Regierung habe nah sorgfältiger Prüfung die Ueber- zeugung erlangt, „daß die Zustimmung zur Militärvorlage das einzig Richtige sei; wäre diese niht angenommen worden, so könne man nicht wissen, ob der Landtag jeßt in Frieden hier den Etat berathen könne.“

Auhalt. Ihre Hoheit die Herzogin ist am 28. d. M. aus Neu- streliß nah Dessau zurückgekehrt.

Elsaß-Lothringen.

Gestern Nachmittag 3 Uhr is der Landesaussch dur den Statthalter Fürsten Hohenlohe mit einer An- [Las eröffnet, in der es dem „W. T. B.“ zufolg : ie Finanzlage des Landes sei durch die ungünstige staltung der finanziellen Beziehungen der Einzelstaaten zum Reich beeinflußt. Das leßte Etatsjahr habe noch einen beträhtlihen Ueberschuß ergeben, das laufende werde einen solhen voraussichtli nicht mehr aufweisen. Infolge der Erhöhung der Matrikularbeiträge und des Rückganges der Ueberweisungen vom Rei werde in dem Entwurf des nächsten Etats eine beträchtliche Erhöhung der Matrikularbeiträge für den Fall vorgeschen, daß die Reichs-Finanzreform die für den Mehraufwand erforderlichen Mittel nicht schaffen sollte. Es erscheine daher nothwendig, sih auf die Ausgaben für bereits bewilligte Unternehmungen zu beshränken und neue nur in Ee Umfange vor- zushlagen. . Eine besonders wichtige Vorlage bilde der Entwurf einer Gemeindeordnung. Wie der frühere, sei G dieser bestimmt, eine größere Dezentralisation in der Richtung auf Selbstverwaltung herbeizuführen. Der Gemeinde solle größere S owvégungafveiheil und dasjenige Maß von Selbständigkeit übertragen werden, das mit dem ftaat- lihen Gedanken vereinbar sei. Den bei der Berathung des früheren Entwurfs einer Gemeindeordnung im Landes- A hervorgetretenen Wünschen trage der Entwurf thunlihst Rehnung. Der Statthalter sprah die Hoffnung aus, daß die Berathungen die Gesegentwürfe derart fördern würden, daß dem Lande die im Jnteresse desselben kiegenden Reformen zu theil würden. Die Regierung sei in Ge- meinschaft mit den Gemeinden und landwirthschaftlihen Ver- einen bestrebt gewesen, durch Oeffnung von Waldungen und Bereitstellung von Mitteln der Streu- und Futternoth ab- E Der Statthalter {loß mit einem dreimaligen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser. Bei der darauf vor- genommenen Präsidentenwahl wurden Dr. Schlumberger zum Präsidenten, Jaunez und Freiherr von Schauenburg zu Vize-Präsidenten wiedergewählt.

Oesterreich-Ungarn.

Die aus der liberalen Partei ausgetretenen Mitglieder des ungarischen Unterhauses gründeten gestern einen besonderen politishen Klub und wählten Thomas Pechy zu vessen Präsidenten.

Am Sonntag fanden, wie „W. T. B.“ berichtet, in Losonc, Kikinda, Arad, Temesvar liberale Wähler- versammlungen zu Gunsten des kirhenpolitishen Programms der Regierung statt. Jn Temesvar wurde dem Bedauern über den Austritt des Grafen Julius Szapary und des Abg. Dau aus der liberalen Partei Aus- druck gegeben und erklärt, daß man den von dem Grafen Szapary in seinem Schreiben an den R der liberalen Partei dargelegten Motiven für den Austritt nicht beistimme.

In dem Omladinaprozeß lehnte, wie aus Prag be- richtet wird, der Gerichishof gestern einzelne von der Ver- theidigung verlangte Zeugenvorladungen ab. Hierauf benahm fih ein Ängeklagter fo ausfallend, daß der Gerichtshof ihn auf eine Woche von der Anwesenheit bei der Verhandlung aus\chloß. Einige Zeugen widerriefen ihre in der Vorunter- suchung gemachten belastenden Aussagen. Einer davon wurde lofort wegen falschen Zeugnisses in die Untersuhungshaft ab- geführt, gegen zwei andere behielt der Staatsanwalt sh vor, ebenfalls die diesbezügliche Anklage zu erheben.

Großbritannien und Frland.

Das Oberhaus hat gestern die L OLENOMTARE des Unterhauses zu denen des Oberhauses bezüglih der Haftpflichtbill mit 125 gegen 22 Stimmen abgelehnt.

Frankreich.

Als der Präsident Carnot gestern Nachmittag zu der landwirthschaftlihen Ausstellung im Jndustrie-Palast fuhr, rief ihm, wie „W. T. B.“ meldet, ein F VIdUn zu: „Es lebe bef AOROE !“ Die betreffende Person wurde sofort ver-

aftet.

Der Senat nahm gestern ohne Diskussion den Geset- entwurf über den Fortbestand der gemischten Gerichts- höfe in Egypten an.

Jn der gestrigen Sißung der Zollkommission theilte die Negierung mit, sie werde heute einen Geseßentwutf vor- legen, wodur der Zoll auf Getreide auf 7 Fr. festgeseßt und der Zoll auf Mehl entsprehend erhöht wird. Die An Oh für Getreide unter wirklihem oder fiktivem Zollverschluß wird auf ein O R R die nur zeit- weilig dort befindlichen Vorräthe seien 5 Proz. Zinjen zu bezahlen. Die Regierung ernannte eine Kommijsion zur Revision der verschiedenen Arten Mahlprodukte. Ebenso sollen die Einfuhr- tärife einer Revision unterworfen werden. Die Getreidezoll- Vorlage soll die Regierung ermächtigen, den Zoll sofort vom Tage der Einbringung der Vorlage ab zu erheben unter der Bedingung der Nüctzahlung des Zolls im Falle der Ablehnung der Vorlage. E

Julien Decrais ist zum General-Konsul in Leipzig und Baron Stroly zum Konsul in Nürnberg ernannt worden.

Rußland.

Die Besserung im Befinden des Kaisers schreitet, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, fort; die Tem- peratur betrug gestern 382/,9 Grad. Die Stimmung des Kaisers ist bedeutend besser geworden. Das gestern Abend ausgegebene Bulletin lautet: Die Besserung des Zustandés Seiner Majestät dauert fort. Die Temperatur war im Verlaufe des ganzen Tages niedriger als am Sonntag. Abends 9 Uhr betrug fic 38,1. Puls gut, Athmung freier, Husten leichter. :

Nach dem vorläufigen Kassenabschluß betrugen die RAL einnahmen im Jahre 1893 879 885 000 Rbl., die Rei h #- ausgaben 780 899 000 Rbl.

Ftalien.

Einer Meldung der „Pol. Korresp.“ aus Rom zufolge würde der Ministerrath in dieser Woche die Prüfung der Finanzvorschläge des Finanz-Ministers Sonnino in Angriff nehmen. Ueber die Berathungen solle das strengste Geheimniß bewahrt werden. i /

Das Kriegsgericht in Massa wird morgen F Thätigkeit mit der Verhandlung gegen den Advokaten Molinari beginnen, wer der Theilnahme an einer ver- brecherishen Gesellshaft und der Aufreizung zum Bürgerkrieg angeklagt ist.

in der St. Peterskirche

. auf dem

Der Pap st celebrierte am Sonntag, Vormittags 9 Uhr,

eine Messe, der 12000 Gläubige des Kircsprengels von Rom beiwohnten. Der Papst nahm sodann

hron sißend die von dem ältesten Pfarrer Roms ausgedrückte Huldigung entgegen und beantwortete diese uerst selbst mit einigen Worten, sodann mit einer von Mon- ne U verlesenen Rede, worin es dem „W. T. B.“ zufolge Yleß: : i

„Wir nehmen mit besonderer Befriedigung den Ausdruck der Er- ebenheit des guten Volkes von Rom entgegen, welchem wir unsere Zuncigun wie einem Erstgeborenen schenken. Es wird also den

chmerz begreifen, “den wir empfinden, indem wir die s{limme Lage Roms, die indirekt noch dur die allgemeinen Verhältnifse der Halb- infel ershwert wird, betrahten. Wir wünschen, daß das gegen- wärtige Glend wieder gut gemacht werden könnte und die Ordnung dort, wo sie gestört wurde, rash wiederhergestellt werde. Unterdessen aber leidet Rom, welches sih ehemals eines gesiherten Wohlergehens erfreute, während jeßt ersihtlich das Gegentheil der Fall ist. Möchte man wenigstens aus der harten Erfahrung den Nutzen ziehen, den ersten Ursprung des Uebels und das wirksame Hilfsmitt-el kennen zu lernen! Es fruchtet nichts, zu verhehlen, daß der vorsäßlih herbei- e religiöse Ruin den Weg zum moralishen und materiellen

erfall öffnet. Nicht allein die Gerechtigkeit, sondern auch der politishe Verstand î kehrten Weg zu Vorfahren wiederherzustelen und sfich mit ohne Argwohn demjenigen zu bee welcher von Gott das Großmeisteramt der Religion übertragen erhielt ; denn die Worte des Lebens, die der Papst besißt, haben auch die Kraft, das sterbliche Leben glücklih zu gestalten“

Obwohl die Zeremonie über zwei Stunden gedauert hatte, zeigte der Papst, dessen Befinden ein sehr gutes ist, doch feinerlei Anzeichen von Ermüdung. Sowohl bei seinem Er- {einen in der Kirche als auch beim Verlassen derselben wurde der Papst mit lebhaften Zurufen begrüßt.

Schweiz. ur eung der Vorgänge am Sonntag Abend ist

laut Meldung des „W. T. B.“ der Bundesanwalt Scherb in Zürich eingetroffen.

lassen es râthlich erscheinen, den ver- verlassen, die Würde der Religion der Vertrauen und

Serbien.

Der Minister-Präsident Simic stattete dem „W. T. B.“ zufolge gestern sämmtlichen in Belgrad anwesenden Vertretern er Mächte Besuche ab. General Gruic legte das Ordens- kfanzleramt nieder, an seiner Stelle wurde General Leschjanin zum Ordenskfanzler ernannt.

Der Staatsgerichts3hof hat seine leßte Sizung auf heute Vormittag anberaumt behufs Verlesung des Amnestie- Ukases. Die angeklagten Minister wurden gestern Mittag vom König in Audienz empfangen und statteten ihren Dank für die Begnadigung ab.

, Bulgarien.

Jn dem Prozeß Jwanomw hielt, wie „W. T. B.“ be- rihtet, der Staatsanwalt gestern Vormittag sein Plaidoyer und fagte darin, die Geständnisse der Angeklagten und die Zeugenaussagen bestätigten die Behauptungen der Anklage- \hrist und bewiesen, daß die Angeklagten beabsichtigt hätten, den gegenwärtigen Zustand Bulgariens umzustürzen. Der Staatsanwalt beantragte gegen den jüngeren Jwanow Kerkerstrase bis zu zehn Jahren, gegen Luka Jwanow Todesstrafe und fügte hinzu, der Gerihtshof möge die Angeklagten der Gnade des Prinzen empfehlen. Nachmittags begannen die Plaidoyers der Vertheidiger, die hervorhoben, es handle sich nicht um ein Attentat, sondern nur um die Vorbereitungen zu einem folchen. Die vom Staatsanwalt angezogenen Artikel seien deshalb nicht anwendbar. Luka Jwanow bat, den von ihm verführten Bruder freizusprehen und ihn selbst der Gnade des Prinzen zu empfehlen. Abends 8 Vhr zog sih der Gerichtshof zur Berathung zurück. Nachts 1 Uhr wurde das Urtheil verkündigt. Luka Jwanow wurde zu 15 Jahren {weren Kerkers, dessen Bruder zu 3 Jahren Gefängniß verurtheilt.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißzung des Reichstags befindet fih in der Ersten Beilage.

In der heutigen 38. Sißzung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, wurde die erste Lesung des Gesetzentwurfs über die anderweite Ordnung des Finanzwesens des Reichs fortgeseßt. Die Berathung wurde eröffnet durch eine bei Schluß des Blattes noch fortdauernde Rede des Abg. Ri hter (fr. Volksp.), über deren Fnhalt wir morgen berichten werden.

Der heutigen 7. Sitzung des Hauses der Ab- geordneten wohnen der Minister für Landwirthschaft, omänen und Forsten von Heyden und der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse nebst Regierungs- kommissarien bei. f /

Eingegangen ift ein R betreffend die Er- weiterung und Vervollständigung des Staats- eisenbahnneßzes sowie die Betheiligung des Staats an dem Bau einer Eisenbahn von Wittstock nah der Landesgrenze in der Richtung auf Mirow, ferner ein Nachweis über die Verwendung des Dispositionsfonds der Eisen- bahnverwaltung für 1892—93 und eine Jnterpella- tion der Abgg. Knebel (nl.) u. Genossen, betreffend die Begnadigung wegen Forstfrevel.

Nachdem das Haus in die statistische gentral- kommission die Abgg. Freiherr von Manteuffel, Dr. Fr ed- berg und Dr. Virchow, und in die Staatsshulden- fommission den Abg. Hugo Hermes durh Zuruf gewählt hat, wird in die zweite Berathung des Staatshaus- halts-Etats für 1894/95 eingetreten. .

Der Etat des Kriegs - Ministeriums wird ohne Debatte erledigt. :

Es folgt der Etat der Domänen, und zwar zunächst: Einnahmen aus grundherrlihen Hebungen u. st. w.

_ Abg. von Mendel-Steinfels (kons.): Die Behauptung, es fei nur in wenigen Provinzen, darunter in der Provinz Sachsen, ein Fortschritt der Landwirthschaft zu bemerken, könnte leiht falsch ver- anden werden. Die Domänen der Provinz Sachsen hätten zum theil ‘eine Steigerung der Pachtpreise ergeben, weil die Zuer- fabriken, die dort in großer Fa l angelegt sind, beschäftigt werden müßten und deshalb der Rübenbau möglichst gesteigert werde. Redner giebt von einer großen Rübenwirth\haft einen Auszug aus den Büchern, woraus hervorgeht, daß die Roherträge sehr stark ge-

unken, die Produktionskoften und namentlih die Löhne erheblih ge- stiegen sind. Wenn die Domänen Lehen einen Mehrertrag E; so lege dies daran, daß die Provinz Sachsen, gerade in dem Gebiet mit bestem Boden die meisten Domänen zähle. Die Zuckerrüben würden von den Landwirthen, welche sonst nicht mehr durch- kommen Fönnten, gebaut; man betrahte die Zucker- fabrikation als den legen Rettungsanker. Aber die Aus- dehnun der Produktion müsse dieselbe weniger gewinn- bringend machen, da die anderen Staaten, namentli Frankreich, Rußland und Oesterreih ihre Prämien erheblih erhöht hätten. Dazu fomme der Feind der Rüben, die Nematoden, die den Rübenbau ernstlich bedrohen. Diese Dinge müßten vorgeführt werden, damik man sich nit ein falshes Bild von den Verhältnissen mahe. Wenn die Verhältnisse so blieben, würde der Rückgang nicht ausbleiben, und ¿war werde bei diesem intensiven Betriebe der Rückgang viel |\hneller als sonst eintreten. |

Bei den Einnahmen aus den Domänenvorwerken weist Abg. Seer (nl.) darauf hin, daß die Domänen östlich der Elbe N niedrigere Pachtpreise ergeben haben als diejenigen westlih

der e.

Abg. Rickert (fr. Vg.) hält dafür, daß man aus \o wenigen Zahlen keine allgemeinen Schlüsse ziehen könne. Der Rückgang, führt Nedner aus, entsteht vielfa daraus, daß die frühere Verpachtung der Domânen in die’ Gründerzeit fiel , wo eine unnatürlihe Steigerung der Preise erfolgte. Man muß nicht bloß die leßten Jahre, sondern einen größeren Zeitraum vergleichen; da wird sih ergeben, daß wir etwas zurückgegangen sind, aber niht unter die früheren Erträgnisse. Von der Nübenbauwirthschaft darf man si allerdings nicht zu rofige Vorstellungen machen. Jch freue mih nur, daß Herr von Mendel nicht die Schlußfolgerung gezogen hat, daß die Neichs- geseßgebung umfkehren müsse. (Zuruf des Abg. von Mendel: Das G nicht . zur Sache!) Sie find doch sont fo shüchtern nicht!

ie Folge der Beibehaltung der Zuckerprämien wäre eine noch bedenklihere Steigerung des Rübenbaues und der Zuker- fabrikation. Daß Herr von Mendel bestimmte Zahlen an- egeben hat, ift erfreulich; vielleiht vervollständigt er die ahlen, damit man sie genauer sftudieren kann. Die Kon- sequenzen, welhe ih daraus ziehe, behalte ich mir vor. Das eine aber ist klar, daß es für die Landwirthschaft eine Gefahr war, mit der Arbeiterversicherung, namentlich mit der Invalidenversicherung, so schnell vorzugehen. Die Freunde des Herrn von Mendel haben aber vorwärts gedrängt. Ein ruhigeres Tempo, wie in dem absoluten Staat zu Anfang dieses Jahrhunderts, wäre beser gewesen. .

Abg. Bandel ow (konf.) beschwert sih darüber, daß die Domänen- pächter gezrnoungen würden, “den \staatlihen Feuerversiherungen beizu- treten, welhe zu hohe Prämien nähmen.

Abg. Sieg (nl.) tritt den Ausführungen des Abg. Seer bei und

tadelt es, daß die Domänenverwaltung die Bauten zu stark verfallen und nahher auf einmal Neubauten in großem Umfange und in zu kostspieliger Ausführung herstellen lasse. Nedner warnt davor, bei den Arbeiterwohnungen zu luxuriös zu bauen. Man baue viel zu große Fenster, sodaß die Wohnungen s{chwer zu erwärmen feien. S

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden weist darauf hin, daß bei Neuverpachtungen die Ausgaben für Bauten mit in Betracht ezogen feien und bei Bauten die Gewohnheiten der betreffenden Landestheile berüdsichtigt würden. Daß die Gebäude vernachlässigt seien, könne wohl vorkommen, foweit es fich um Fahwerk handle, und wenn der Pächter sih ohnehin nur {wer halten könne, sodaß man ihn mit Neubaukosten verschone. Für die Feuerversicherung hâtten erhöhte Beiträge in den leßten Jahren eingezogen werden E. aber das sei bei anderen Nersilerungsgesellcbaften au der Fal. |

Vbo, von Kröcher (konf.) weist darauf hin, daß von den Do- mänenpächtern, welche 1893 die Pacht aufgegeben, jechs Bankerott gemaht hätten. Von den Domänen brächten sieben weniger Pacht, als der Grundsteuerreinertrag betrage; 25 brähten weniger Pacht als in der vorleßten Pachtperiode 1897—1875; dazu gehöre eine aus der Provinz Sachsen, der Musterprovinz-der Landwirthschaft.

Abg. von Mendel-Steinfels (kons.) giebt noch einige weitere Mittheilungen über die von ihm vorher besprochene Land- wirthschaft. Daß die Pachtpreise vor 30 Jahren niedriger gewesen, sei selbstverständlich. Es werde eben niht darüber Klage geführt, daß alles Theorie geworden fei, sondern daß das Verhältniß zwischen Einnahmen und Ausgaben sich verschoben habe. Der Vergleich mit dem Auslande fei unzutreffend, weil die meisten Länder, Ungarn, Amerika, Indien u. \. w., mit billigem Boden und billigen Arbeits- kräften arbeiten. Bezüglih der Zuckerprämien follte Deutsch- land nicht allein ‘vorgehen; die anderen Staaten müßten folgen. Sie seien aber dem deutschen Beispiele niht gefolgt. Zur Erhaltung der Zuckerfabriken werde man vielleicht zu den Prämien zurückehren. Die Kosten der Invalidenversicherung fielen auch ins Gewicht; aber gegenüber der sonstigen Steigerung der Produktions- kosten bedeuteten fie nihts, und die Landwirthe würden gern dieses Opfer bringen, wenn ihnen nur sonst geholfen würde.

Abg. Nickert (fr. Vg.): Wenn der Vorredner nur das Rezept dazu gegeben hätte. Deutschland hat höhere Getreidezölle, als alle anderen Länder; gegen Nußland ift die Grenze ganz gesperrt durch den Zollkrieg, und wir verforgen uns von anderwärts her. Die Noth- lage zahlreicher Landwirthe erkenne ich mit dem Landwirthschafts- Minister vollständig an. Den Minister bitte ih, daß er die Angaben der Nachweisungen über den Umfang der Bauten, welche den Pächtern in Griewe und Unislaw, Kreis Kulm, auferlegt werden, ergänze.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Teßlaff erklärt, daß die Neu- bauten sehr erheblihe seien, und daß die Kosten über 120 000 M be- tragen würden.

Zu den Einnahmen aus der Nußung des Bernstein- regals (710000 M) bringt der

Abg. Freiherr von Hammerstein (kons.) die Beschwerde der Bernsteinfabrikanten über die Firma Stantien und Beer in Königs- berg zum Vortrag; eine Denkschrift des Fabrikanten Westphal aus Stolp erbringe den Nachweis, daß die Bedingungen, welche die im Ss des Bernsteinmonopols befindlihe Firma den übrigen Bern- steinfabrikanten auferlege, unerträglihe feien. Redner bittet die Regierung um Abhilfe -

Minister für Landwirthschaft 2. von Heyden: Er habe Kenntniß von der Denkschrift genommen und Ermittelungen über die Behauptungen derselben aufgestellt, die noch niht abgeschlossen seien. Da die Denkschrift aber veröffentliht sei, so werde die Sache zur Klarstellung der Staatsanwaltshaft übergeben werden. Die Regierung verleihe denjenigen Grundbesize:n, die auf ihrem eigenen Grund und Boden Bernstein graben wollen, das Recht dazu. "Solche Anträge seien gestellt , aber meist nicht weiter verfolgt worden. Neben der Firma Stantien und Beer seien Bewerber nicht aufgetreten. Der Betrieb der Taucherei nah Bernstein sei eingestellt, weil die Besißer der Strandflächen, die den Bernstein sammeln laffen, dadur geschävigt würden. : i :

Abg. Riert (fr. Vg.) bittet den Minister, seine Ermittelungen möglichst zu basceumgen denn die beregten Mißstände feien {hon lange ein Gegenstand der Klage.

Die Einnahmen werden hierauf bewilligt.

Bei den Ausgaben bittet

Abg. Dr. Lotichius (b. k. F.) um Auskunft über die {hon mehrsad verlangte E des Klosters Eberbach. i

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Jäger erklärt, daß die Domänenverwaltung bereit fei, das Dormitorium des Klosters zu restaurieren, sobald sie im Besiß des jeßt von der Justizverwaltung zu Gefängnißzwecken benußten Gebäudes sein werde. j

Abg. von Buch (kons.) bemängelt, daß eine Mehrausgabe mit dem Steigen der Preise der Baumaterialien motiviert sei, während nah dem Etat der Cisenbahnverwaltung diese Preise sehr niedrig seien; es scheine hier ein altes Schema benußt zu sein. /

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden bestätigt diese Annahme.

Die Ausgaben werden bewilliät; cbenso ohne Debatte der Etat der Lotterieverwaltung.

In der dann folgenden ersten Berathung des Geseßz- entwurfs, betreffend das Ruhegehalt der Lehrer nb Lehrerinnen an den öffentlihen nichtstaatlihen mittleren Shulen und die Fürsorge für ihre Hinter- bliebenen, weist -

Abg. Hänsen (fr. konf.) darauf hin, daß es \sih hierbei um die Erfüllung eines langempfundenen Bedürfnisses handele, und daß die ape einem ausdrüdcklihen Versprehen des früheren Kultus-

inisters entsprehe. Redner empfiehlt die Ueberweisung der Vor- lage an eine Kommission von 14 Mitgliedern.

Abg. Seyff ardt - Magdeburg (nl.) bedauert, daß niht auch eine Gehaltsregulierung für diese Lehrer stattfinde. Ferner verlangt Redner, daß die höheren Mädchenschulen endlich höhere Schulen anerkannt würden. * Redner empfiehlt die UebëFweisung an die Unterrichtskommission. :

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse spricht seine Befriedigung über die freundliche Aufnahme der Vorlage aus. Die Vorlage umfasse Schulen fo verschiedenartigen Charakters, a4 man bei der Gehaltsregulierung der Lehrer wohl nit s\o einheitli verfahren könne, wie bei den Nuhegehältern. In Bezug auf die Ge- hälter müsse man den Gemeinden größere Freiheit lassen. Nur in Bezug auf die höheren Mädchenschulen sei eine einheitlihe Regelung der Lehrergehälter oen ein Entwuxf liege bereits vor, der nur noch der Begutachtung von Sachverständigen bedürfe. :

_ Abg. von Boelberg (kons.) freut sich darüber, daß durh diese Vorlage endlich eine Streitfrage aus der Welt geschafft werde, die sih wie eine Seeschlange Jahre lang dur alle Verhandlungen der Unterrichtskommission geschleppt habe. Einen erheblihen Wider- stand werde die Vorlage nit finden. : :

Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.) empfiehlt die Annahme der Vorlage, welche eine Aufbesserung für die Lehrer mit ih bringe, und bittet, den Minimalsaß von 250 #4, den die Hinterbliebenen der Volksschullehrer erhalten, zu erhöhen.

Abg. Schwarze (Zentr.) schließt sich dem Vorredner an.

Abg. Nickert (fr}. Vg.) bittet, die Vorlage der Unterrichts- fommission zu überweisen.

Das Haus beschließt die Ueberweisung an eine besondere Kommisston.

Bei Schluß des Blattes beginnt die erste Berathung des Gesezentwurfs, betreffend Stadterweiterungen und Zonen- enteignungen.

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In der Budgetkommission des Reichstags wurde heute die Berathung des Etats des Auswärtigen Amts fort- geseßzt. Für die Gesandtschaft in Nio de Janeiro wurde die geforderte Zulage von 7000 Æ genehmigt, dagegen wurde die Gehaltserhöhung für den Botschafter in Rom von 100 000 auf 120000 M abgelehnt. Die Umwandlung der Minister- Residentur in Tanger in eine Gésandtschaft wurde genehmigt. Bei dem General - Konsulat Konstantinopel wurde die Neuforderung für einen zweiten Dragoman in Konstantinopel bewilligt. Die Mehrforderungen für die Konsulate in Kopenhagen, -St. Peters- burg, Nio de Janeiro, Rotterdam, Stockholm und Tunis wurden bewilligt. Bei den allgemeinen Fonds wurden die 500 000 Æ zu geheimen Ausgaben genehmigt, ebenso die Mehr- forderung von 2250 4 als Beitrag zu den Kosten der Unterhaltung des Seminars für,s orientalishe Sprachen in Berlin (zusammen 49 000 ). Bewilligt wurden ferner 124 000 A (mehr 4495) für das Archäologische Institut in Rom und Athen, fowie 100 000 zur Unterstüßung deutscher Schulen im Auslande. Die Berathungen der Kommission werden morgen fortgeseßt.

Die XII. Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Gesetzentwurfs zum Schuß der Waarenbezeichnungen be- steht aus folgenden Abgeordneten: Dr. Hammacher, Vorfißender; NRoeren, Stellvertreter des Vorsißenden; Dr. Baurbach, Kauffmann, Schriftführer; Adt, Gräfe, Jacobskötter, Möller (Waldenburg), Mooren, Müller (Harburg), Schmidt (Elberfeld), von Sperber, Timmerman, Zubeil.

Im 10. Oppelner Wahlkreise (Neustadt) ist an Stelle des Pfarrers Cytronowski, der sein Mandat nieder- gelegt hat, der Bauergutsbesißer Strzoda (Zentr.) mit 7565 gegen 2746 Stimmen, welche Rittergutsbesißer Deloch (Zentr. ) erhalten hat, zum Mitgliede des Reichstags gewählt worden.

Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche.

Der 1. September 1895 i} als Einweihungstag der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirhe in Aussicht genommen. Um diesen Tag festzuhalten, ift es nothwendig, daß bis zum Mai d. J. alle großen Bestellungen, namentli diejenigen für die kunstvolle innere Ein- rihtung gemaht werden. Dazu muß bis dahin das speziell für Berlin eingeseßte Comité sich Gewißheit verschaffen, über welche Mittel es annähernd wird verfügen können. Zwei Millionen sind vorhanden und je nah der Schönheit und dem Umfange der innern Ausstattung werden die Gesammtkosten über 24 bis 3 Millionen be- tragen.

Schon beim Beginn des Baues vor drei Jahren hatten wieder- holt mit verschiedenen Vertretern von Berlin über eine etwaige Be- theiligung der Stadt vertraulihe Erörterungen stattgefunden, welche wohlwollend entgegengenommen wurden, um \o mehr, als von der Stadt bereits eine Kommission eingeseßt worden war, welche die Vor- arbeiten zu einem großen, dem Kaifer zu errihtenden Denkmal begonnen hatte. Dadurch, daß das Reich das Dentmal übernahm, mußte die Stadt von ihrem Plane zurücktreten und fo bot sich ihr in dem Bau der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche eine gute, ja vielleiht die einzige \{chöône Gelegenheit, ihre Gesinnung für den alten Kaiser zu bethätigen. Dem Bau-Comité wurde damals gerathen, mit etwaigen Anträgen so lange zu warten, bis der Bau fo weit vorgeschritten sei, daß er durch seine roßartige und monumentale Wirkung das allgemeine Interesse und die ¿Freude zu seiner Bestitnmung anrege. Der gewaltige, Berlin weit überragende Hauptthurm mit feinen fünf großen, aus erorberten Ge- schüßen gegossenen Glodcken, und darunter die geräumige aus edlem Gestein errichtete Gedächtnißhalle, bestiramt zur Aufnahme allegorischer Darstellungen in Bronzereliefs, bilden recht eigentlih ein pafsendes und doch eigenartiges, imposantes Denkmal für den großen Kaiser, und ermöglichen es jedem, ohne Unterschied der Partei und der Kon- fession, dazu beizutragen. Der Zeitpunkt ist jeßt gekommen, wo das Comité seine endgültigen Bestimmungen treffen und deshalb wissen muß, ob es auf eine Mithilfe der Stadt rechnen kann oder nicht. Es finden darüber zu gegenseitiger Information zahlreihe Be- sprehungen ftatt, um das, was am besten ges{ehen soll, in wohl- wollendem Einvernehmen zu regeln. /

Der Zeitpunkt zu diesen Unterhandlungen ift aus vielen Gründen kein günstiger, und er wäre nicht gewählt worden, wenn das Comité nicht is zum Mai über die wichtigsten Geldfragen entsheiden müßte. Eine Verzögerung des Baues würde gewaltige Mehrkosten erfordern, ohne die Sicherheit einer späteren günstigeren Löfung zu geben. Es ift über jeden Zweifel erhaben, daß au Litera städtishen Körperschaften, wie dies in fast allen Städten des Reichs geschehen ift, der Liebe und Ver- ehrung für den alten Kaiser in einem großartigen äußeren E Ausdruck zu verleihen bereit find, und dies giebt vielen die Hoffnung, daß sih die Bedenken, welche auf anderen Gebieten liegen, werden überwinden laffen. Die bedeutenden in Berlin und Charlottenburg

gespendeten Summen, zu welchen auf alle Fälle noh wenigstens & Million