1895 / 20 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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den Honig als ein hochwerthigeres Produkt mit einem geringeren Zoll zu belegen als sein Surrogat, den Syrup. Inzwischen is aber durch das Zuckersteuergeseß vom Jahre 1891 der Syrupzoll von 15 A auf 36 M erhöht worden, während der Honig noch zu einem Zoll von 20 Æ eingeht. Nach technishen Untetsuhungen ift es aber chemisch nicht möglich, künstlihen Honig, der jeßt in hoher Vollendung bergestellt wird, zu unterscheiden von ausgelafsenem Naturhonig ; daraus folgt die Nothwendigkeit , - natürlihen aus- gelassenen Honig ebenso zu behandeln wie künstlihen Honig, d. b. wie Syrup.

Meine Herren, ich babe in der Presse, wie diese Absicht der ver- bündeten Regierungen bekannt wurde, auch den Zoll für natürlichen Honig auf den Syrupzoll zu erhöhen, die Andeutung gefunden, dem- gegenüber müsse der Reichstag vorsichtig sein, da möglicherweise wieder der Junker dahinter \tecke. Ich glaube, diese Befürchtung fann man aufgeben; denn gerade die Honigproduktion, die Imkerei, ift eine Nebenbeschäftigung kleiner Leute. (Sehr richtig!) Kleine Bauern, Schullehrer und theilweise auch geistlihe Herren auf dem Lande beschäftigen fih mit der Pflege der Bienenzucht (sehr rihtig!), und ih glaube, das ift gerade so ein gemüthvoll wirkendes Neben- gewerbe, das man begünstigen sollte. (Sehr wahr!) Es werden dem- gegenüber nun die Interessen der Pfefferkuchenindustrie ins Gefecht ge-

.führi. Ic gestatte mir zu bemerken, daß nah einer Berechnung, die

ih habe anstellen lassen, deren absolute Nichtigkeit ih aber nit vertheidigen will, obgleih fie immerhin übereinstimmt mit dem, was andere Sachverständige auf selbständigem Wege ermittelt haben, in Deuts{land etwa 220 000 Doppelzentner Honig produziert werden, es ist dabei angenommen, daß pro Bienenstock etwa eine jährliche Produktion von 10 Kilo Honig stattfindet während der Import von fremdem Honig insbesondere kommt hier Amerika in Betracht nur 37 000 Doppelzentner beträgt. Ih meine doch, es wäre mögli, wenn man den Naturhonig durch einen böberen Zoll s{üßte, daß dann die deutshe Bienenzuht auch noch diese 37 000 Doppel- zentner selbs produzierte. (Sehr rihtig!) Mir scheint ein solcher Schuß der inländishen Bienenzuht um so wichtiger, als dieselbe in der That seit dem Jahre 1873 nicht unwesent- lich zurüdckgegangen ist. Wir haben im Jahre 1873 nach der Viebzäblung, wo auch die Bienenstöcke gezählt sind, 2 333 000 Stôdte gehabt, während sich nach der Zählung von 1893 nur noch ein Bestand von etwa 203 000 Bienenftöcken ergab also ein sehr erheblicher Rückgang, offenbar infolge des Drucks des billigen amerikanishen Honigs auf den inländishen Markt.

Wenn die Pfefferkucheninduftrie behauptet, ihre Exportfähigkeit würde dadurch beschränkt, so s{heint mir die Berechtigung dieses Ein- wandes einigermaßen zweifelhaft; denn es stebt ziemlih fest, daß ein großer Theil des sogenannten Honigkuchens nicht mit natürlihem, sondern mit künstlihem Honig, mit Syrup, (sehr richtig!) bergestellt wird, und vielleiht auch mit Stärkezucker. (Heiterkeit.) Der ete, durch Beimengung von Naturhonig entstehende Honigkuchen if wesent- lih theurer und trägt doch das werden Sie mir zugestehen den Charakter eines gewifsen Luxusartikel8s, der von den wobhlhabenderen Klassen au etwas theurer bezahlt werden fann.

Eine besonders wichtige Position im Entwurf bildet das Baum- wollensamenöl. Jch bemerke auch dem gegenüber, daß in dem Ihnen gemachten Vorschlag, den Zoll hierfür von 4 auf 10 M für 100 kg zu erböben, agrarishe Interessen, namentlich mit Rücksicht auf die Margarineproduktion, niht maßgebend gewesen sind. Unrichtig ist auch die Auffassung, die in der Presse si vielfah geltend gemacht hat, daß diese Zollerböbung von den verbündeten Regierungen vor- geshlagen wäre, um der heimischen Leinölinduftrie unter die Arme zu greifen. Für Jeden, der die Dinge kennt, ist bekannt, daß Baum- wollensamenêöl und Linöl weder auf dem Gebiete des mens{lichen Genusses, noch auf tehnishem Gebiet irgendwie mit einander Fon- kurrieren können. Leinöl wird in frischgeschlagenem Zustande vielfach von der ärmeren Bevölkerung namentlih des Ostens zur Fettung der Speisen verwendet; Baumwollenfsamenöl wird wegen seines unan- genehmen Geshmadcks unmittelbar gar nicht genossen, es findet vor- zugêweise Verwendung in drei Richtungen: erftens zur Herstellung des sogenannten compound lard, eines fünftlihen Speisefetts, welches von ärmeren Volksklassen verwendet wird an Stelle des natürlichen Schweinefetts; ferner zur Herstellung der Margarine, zur Konser- bierung von Fischen, vielleicht auch zur Verschneidung von Olivensöl, also zur Fälshung deëselben.

Auf dem Gebiete des menschlichen Genusses konkurrieren also Baumwollensamenöl und Leinöl gar nicht miteinander; ebensowenig konkurrieren fie auf tehnishem Gebiete. Leinöl, ein in der Luft trocknendes Del, wird zu Farbe, Lacken, Firniß, Linoleum, BucbdruFer- s{hwärze, sowie zur Herstellung weicher , sogenannter Scchmierseife, verwendet, während Baumwollensamenöl zur Herstellung der barten Seifen dient.

Ferner ift gegen diesen Tarifvorshlag eingewendet, das Baum- wollenfamenöl fände in großem Maße Verwendung zur Herstellung eines. billigen Volksnahrungsmittels, des compound Ilard, Sunft- shmalzes; dasselbe wird aus Preßtalg in Vermishung mit Baum- wollensamenöl hergestellt, und kommt wohl vorzugêweise aus Amerika. Nah einer mir kürzlih zu- Gesicht gekommenen Notiz scheint es au verwendet zu werden zur Fälschung von natürlidem S{hweinefztt. Es find in Deutschland bisher sechs Fabriken entstanden, die fuß mit der Herstellung dieses künstlichen Fetts beschäftigen. , Es if aber meines Grachtens bei der Beurtheilung, wie eine solhe Zollerhößung auf die Preife von Lebensmitteln wirkt, nicht allein maßgebend, wie sich die Preise, beispielsweise des natürlihen Schweinefetts, zu dem Kunsifett verhalten, sondern wie sih der Nährwerth dieser beiten wit einander konfurrierenden Genußmittel zu einander verhält, und da if unzweifelhaft der Nährwerth dieses künstlichen Schweinefetts wesent- lih geringer als der des natürlihen Schweinefetis. Außerdem if der Zusay von Baumwollensamenöl und auch die Zollerhöhung pro 100 kg nit so bedeutend, daß dieselbe auf den Preis des Produkts einen nennenswerthen Einfluß üben fönnte.

Ferner findet die Verwendung des Baumwollensamenöls zur Herstellung von Margarine ftatt. Es is nicht ganz einfa, fest- zustellen, wie die Margarine tehnisch wirklich zusammengeseßt wird. Ich habe versucht, mir auf Umwegen Rezepte zu verschaffen. Wenn die mir gewordenen Mittheilungen. zutreffen, dann „ift auch der Zusay von Baumwollensamenöl, der bei “Herstellung von Margarine statt: findet, nicht so erheblich, daß durch die Zollerhöhung eine wesentliche Vertheuerung dieses von den armen Volksklassen genofsenen Nahrungs- mittels gerehtfertigt wäre.

Wenn ich aber auf den inneren Grund des Ihnen gemachten

Vorschlags eingebe, fo liegt er einfach darin, daß zur Zeit, als die -

Zolltarifnovélle erging, Baumwollensamensöl lediglih zu technischen Zwecken verwendet wurde. Ich glaube, daß auch jeßt es niht möglih sein wird, durch Einfuhr von Baumwollensamen innerhalb Deutsch- lands Baumwollensamenöl zum mens{chlihen Genuß herzustellen. Es besteht in Deutschland meines Wissens nur eine Fabrik, die Baum- wollensamenöl berftellt; aber der Umfang dieser Fabrikation kann, wie man aus den Einfuhrtabellen von Baumwollensamen entnimmt, nur ein ganz unbedeutender sein. Es scheint rihtig zu sein, daß der Tranêéport von Baumwollensaat, soweit dieselbe zu Nahrungs- mitteln verarbeitet werden soll, technisch nicht möglich ift, weil

sie sich unterwegs in den Schifferäumen erhißzt und infolge dessen

ranzig wird. Für tehnishe Zwecke würde eine umfangreiche Fabrikation von Baumwollensamenöl nicht ausges{lofsen sein. Jn England und Amerika bestehen umfangreihe dergleihen Fabriken. Es scheint aber, da die Ausbeute von Baumwollensamenöl nur 15 9% ausmacht, der biesige Schußzoll von 4 A auh für das Baumwollen- samenöl zu technischen Zwedcken zu niedrig zu sein, als daß die deutsche Fabrikation gegenüber der alteingesefsenen erfahrenen Fabrikation in Amerika und Enyland aufkommen könnte. Dagegen hat ih in der Fabrikation von Baumwollensamenöl außerhalb Deutschlands, speziell in Amerika dadurch ein wesentliher Fortschritt vollzogen, daß dur die verbesserte Raffinationsmethode dasfelbe auch zu menshlihen Nußz- zwecken, zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendet werden kann : es {eint deshalb durhaus gerecht, wenn andere Speiseöle einen S{hutßzoll von 10 Æ tragen müssen, auch das Baumwollensamenöl, soweit es ein Gegenstand mens{lihen Genufses ift, zolltarifarisch ebenso zu behandeln wie die übrigen Speiseöle. (Sehr richtig! rets.)

Der lebte Punkt der Aenderungen der Zolltarifbestimmungen des Jahres 1879 bezieht sich auf Parfümerien. Auch da könnte man ‘fragen, ob es nicht genügen würde, den Zollsaß in dem Maße zu erhöhen, in welchem sih die inländishe Fabrikation von Parfümerien dur Verwendung versteuerten Branntweins böber stellen würde wie die Fabrikation des Auslands, welhe mit unversteuertem Branntwein arbeitet. Ich bemerke dazu, daß der Bundesrath bevollmächtigt ift, zu gewerblihen Zwecken die Verwendung unversteuerten Branntweins zuzulaffen, und daß unter gewiffen Kautelen auch der Parfümerie- fabrikation die Verwendung fteuerfreien Branntweins gestattet ist. Es zeigt sih aber, daß es möglich ift, sogenannte Parfümerien entweder sofort als genußfäbige Liqueure oder Branntweine zu verwenden, oder, wie ich {on vorhin bemerkt habe, durch ein ziemlich einfahes Vers- fabren zu Genußzwecken verwendungsfähig zu maden.

Fragt man sich nun, wie bhoch ist die Steuerbelastung der im Inlande hergestellten Parfümerien, fo stellt fich das Exempel etwa folgendermaßen: Es werden zur Herstellung von Parfümerien etwa 95 % bocgradigen Alkohols verwendet und 5 9% ätherishe Oele. Der inländishe Branntwein trägt eine Zollbelastung von 86 4 pro 100 kg und pro 100 prozentigen Alkohol. Es folgt hieraus, daß 100 1 Parfümerien etwa belaftet werden mit 77,60 4 inländischer Branntweinsteuer. Hierzu würde noch 1 9%/ Zollbetrag für zugeseßzte ausländishe ätherishe Oele treten. Die Belastung inländischer Parfümerien würde also etwa 78,60 betragen. Ein Kilo brutto hochgradiger Alkohol, beziehentlih ein Kilo Parfümerien is glei einem Liter Alkohel. Es würde also ein Kilo ausländischer Parfümerien brutto mit 1 F belastet sein, und ein Kilo inländisch bergestellter Parfümerien mit 78 5 rund. Es wäre mithin, rein technisch betrahtet, nicht nothwendig, die inländishen Parfümerien böber zu s{hüßen, wie in Höbe dieser Zoll- belastung von 78 S pro Kilo brutto; aber aus dem Grunde, den ih Ihnen vorhin hon angeführt habe, daß eine Verwendung der- selben zu Genußzwecken ftattfinden kann, und mit Rüksibht darauf, daß auch der inländishe Branntwein im Interesse der heimischen Produktion geringer belastet is als der vom Ausland eingeführte Branntwein, ershien e auch geboten, den Parfümeriezoll auf den vollen Branntweinzoll zu erböben.

Nun geftatten Sie mir noch eine Schlußbemerkung! Das amt- [iche Waarenverzeichniß, daß es endlich erscheinen möge, ift ja ein langer Wunsch dieses hoben Hauses, und ih halte diesen Wunsch für einen im Interesse unseres deutshen Handelsstandes durchaus berechtigten ; sobald ih mzin Amt übernommen, habe ih mih bemüht, darauf binzuwirken, daß dieses umfangreihz Werk mit möglichster Beschleunigung fertiz gestellt würde. Ih meine: das amtliche Waarenverzeihniß muß im Interesse des deutshen Handelsstandes den Charakter etwa des Reichskursbuhs tragen, d. b. es muß fort- geseztt farrznt gehalten werden; jede Aenderung muß in pzriodishem Zeitraum dem Handelsftand befannt gemaht werden durch Ver- änderungänadhweise cter durch Tefturen, und ih glaube, man wird aëfelbe in Zulunft in dieser Weise behandeln. Denn welchen Werth ollfragen hat, davon

Di, -

ps _—_ Ah Ja “e Sg _-, die sabhgemäß: Handhabung desselben bei

haben wir ja în der Petitionskommission mad auh im Plenum schon

Beispiele erörtert. Würde nun das hohe Haus izse Zolltarifnovelle möglichst schnell zur Verabschiedung ge- en, so würde e möglich sein, das amtliche Waarenverzeichniß,

iz ergänzen und furrent zu fiellen nah den Abänderungen,

PMañgabe ties Entwurfs der Zolltarifnovelle noch

dagegen die Berathung länger hin-

ubliziert werden. S i nämlih die Absicht der

Negterzn forreft nah § 112 des Zollvereinsgeseyes

. h. tas amtsie Waarmverzeidhniß zwei Monate vor-

her ¡a veréfentlihen, ch: & mit scimem men Bestimmungen in

ft tri m jo so wz fo mihi mögli fscin, vor etwa

im Kraft treten zu lassen. Müßtea wir

t, so würde fih

auch die Puablilatien 1 amit au de Jmlrasticiaung desselben noch

länger hinanëshiebez. Al? dicjemigen Herren beShalb, die im Juter-

esse des Handelsstandes wünschm, des diese Arb-it mözlihi bale

veröffentlicht und mögli bald in rehtlih: Kraft gesegt wird,

bitte ih ihrerseits dazu beizutragen, aub dicie Zolltarisnovelle möglichst {nell ¡zur Verabschiedung zu bringen (Bravo! rets.)

_Abg. Freiherr von Stumm-Halberg (Kp): Ih bin der Ansicht, daß die Kommission, wel der vorliegende Gescgentwurf zur Berathung überwiesen wertez wird, fich nit darauf teidhränfin darf, lediglich die von der Regiereng gemachten Borshläce i prüfen. Sie wird weiter gehen umd wntersuden müssen, cb nidbt noob antere Positionen im Zolltarif vorhanden find, welhe der Aenderung be-

aber warten,

dürfen. Es ist das im Interesse der Landwirthschaft, die sh ij einer {weren Krisis befindet, drnn geboten. In erster R freilid würden dabei die Getreidezölle in Betracht kommen. Eine Aenderung derselben iff uns indessen -durch die bestehenden Handelsverträge verschlossen. Andernf wäre ih ficher, daß die Mehrheit der Kommission wie des Plenums ‘eine sehr erbeblihe Er- höbung der Getreidezölle befürworten würde. Da das nicht angeßt, so ist es nothwendig, andere Punkte zu finden, welche geändert werden können. Da empfiehlt fih vor allem ein Ps auf übe: seeishe Gerb. stoffe, besonders auf Quebrachoholz. Ein solcher Zoll ift nothwendig, um unfere Schälholzwaldungen und die damit zusammen- hängende Industrie vor dem Untergang zu bewahren. Alle, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigt haben, wiffen, daß feine andere Industrie sch in einem so gedrückten Zu- stande befindet wie diese. In Deutschland haben wir im anzen 433 000 ha SWälholzwaldungen. In einzelnen preußischen P Schälbolzwaldungen einen ganz er- eblichen Prozentsaß des ganzen Areals, fo namentlich im Siegener Lande. Diese Eichenshälwaldungen bedingen eine ganz eigenthümliche Wirtbschaftsführung. Meist beschäftigen fich ganz kleine Leute mit der Gewinnung der Rindenlohe, und dieselbe ist für sie das einzige Mittel zur Fristung ihrer Existenz und zur emein 7 Mg Nieder- gangs, der sih auf den anderen Gebieten der Landwirthschaft zeigt. An der Erhaltung der Schälholzwaldungen find auch die Gerbere.en inter- essiert, welche ihren Betrieb darauf bajiert haben. eig e Zahl der kleinen Leute, welhe durch das Zusammenfahren der Lohe Beschäftigung finden, ift keineswegs gering; die Existenz ganzer Gemeinden hängt mit den Schälholzwaldungen zusammen. Man hat nun gefragt: warum verwandelt man die Schälholzwaldungen niht in Hohwalkd ? Jeder Forstmann weiß, daß auf einem Gebiet, wo fo lange Zeit Ee a bestanden, O ganz unmöglich is. Aber selbs wenn die Anlage von Hohwald möglich wäre, fo erfordert es doch Jahrzehnte, bis eine Rentabilität erzielt wird. Damit wäre also für die Hebung der Lage jener Gegenden nichts gewonnen. Dazu käme, daß der Verdienst der kleineren Leute, wie er bei der Lobegewinnung bestebt, anz wegfiele. Man hat auch vorgeschlagen, den Besißern der Schäl- jolzwaldungen diese abzukaufen. Damit wäre ein ganzer Erwerbs- ¿weig förmlih auf Armenunterstüßung angewiesen. Die Behauptung, daß der Preis der Eicheulohe sich niht vermindert habe, wird auf eine Statistik der Preise für Spiegelrinde gestüßt. Zwischen der ge- wöhnlichen Eichenlohe und der Spiegellohe liegen aber viele Stufen, und wenn man sich über die Verhältnisse ein Urtheil bilden will, so muß man den Durchschnitt der leßteren in Betracht ziehen. Hier ergiebt sih aber seit dem Jahre 1870 ein ganz wesentlicher Preis- rückgang. Leider haben wir in dem Handelsvertrag mit Oesterreih - Ungarn den Lobezoll aufgehoben. Daraus folgt aber nicht, daß wir jegt auch das Quebrachoholz zollfrei hereinlassen müfsen. Das hieße do: die Loheindustrie und unsere Schälwaldungen sind so wie so schon geschädigt, nun dürfen sie auch noch mehr geschädigt werden. Die Konkurrenz des Quebrachoholzes ist darum noch besonders gefährlih, weil das Quebrachobolz nur ein Drittel des Gerbstoffes der Eichenrinde enthält. Die Richtigkeit der Einführung des Zolls wird gerade von den Gegnern desselben nahgewiesen, In den Ein- aben von Vertretern der Gerbereiindustrie wird die Schädlichkeit des Zolls an der Hand der Statistik über die enorm vermehrte Einfuhr von Quebrachohol; nachgewiesen. Gerade mit diesem Nachweis des Einflusses des Quebrachoholzes auf die Lederindustrie if auch sein Einfluß auf die Schälwaldungen dargethan. Es is leiht er- klärlich, daß die Lederindustrie im allgemeinen fich gegen den Zoll er- klärt. Von 1500 Vertretern derselben haben fi bei einer Umfrage aber doch 400 für die Einführung des Zolls erflärtz Darunter waren alle Gerbereien, welche in den Gegenden liegen, wo Schälholzwaldungen vorhanden sind. Dieselben erklären \ich mit den Besißern von Schälholzwaldungen folidarisch. Ein Interesse an der Fernhaltung des Zells haben nur die großen Fabrifen, welhe mit Quebrachoholz arbeiten, namentli in Hamburg. Man führt den Lederexport gegen den Zoll ins Gefeht. Wieviel Leder wird denn erportiert, das mit Quebrachoholz gegerbt is? Gerade die großen Exportfabriken, z. B. in Worms, arbeiten niht mit Quebracho- holz, weil sie nicht dem Grundsaß huldigen: billig und {lecht. Im Quebrachoholz fehlen gerade jene Gerbstoffe, die das Leder gut und baltbar machen. Die großen Exportfabriken wünschen befonders lebhaft den Zoll, weil sie sonst fürchten, daß die inländishe Lohbeindustrie aufhört und sie vom Auslande abhängig werden. Auch das deutsche Publikum hat ein Interesse an der Gin- führung des Zolle. Zu meiner Freude hat das preußische Kriegs- Ministerium beschlossen, kein Leder zur Verwendung zu bringen, das mit Quebrachoholz gegerbt ift. Das gleiche Interesse an der Sache hat aber das Publikum. Ich meine, auch der Arbeiter giebt beffer 30 bis 50 A mehr für ein paar Stiefel aus größer ift der Unter- schied niht —, die gut und baltbar find, als daß er diese wenigen Pfennige spart und s{lechte Waare erhält. Jch gebe zu, daß bei dieser Frage Interesse gegen Interesse steht, aber der Mehrzahl der Vertreter der Lederinduftrie steben doch die Interessen der Gerber, der Landwirtbschaft, der kleinen Leute und des deutschen Publikums gegenüber. Jch erinnere daran, daß auch die n age g dbr des preußishzn Abgeordnetenhauses im vergangenen Jahre die Petitionen, welche die Einführung eines Zolls auf Quebrachoholz befürworteten, einstimmig der Regierung zur Der iens überwiesen hat. Der rheinishe Provinzial - Landtag at d: n Dem gleichen Sinne auëgesprohen. Man wendet ein, daß der Lederindustrie das Rohmaterial vertheuert werde durch den Zoll. Ih bestreite, daß es sich hier um Robprodukte handelt, namentli bet den Extrakten aus dem Quebrachobolz. Und dann ijt es keineswegs rihtig, daß alle Ee auf Rohprodukte die Industrie schädigen, welche davon betroffen wird. Die Geschichte der Eisenzölle lehrt das egentheil. Derartige Zölle bewirken häufig, daß die natürliche Be- zugéquelle des Robmaterials beibehalten wird. Schwierig mag die Frage sein, wie die bestehenden Handelsverträge mit der Einführung eines Zolls auf Quebrachoholz in Einklang zu bringen sind. Die Bindung der Zollfreißheit von Gerberlohe öfterreihishen Vertrag fann uns nicht stußig machz denn das Quebrachoholz ift nicht als Gerberlohe zu betrachten. Ve- denflich if nur der Punkt, daß auh die chemiichen Erzeugnisse in Betracht kommen, zu welchen die Extrakte aus dem Quebrachobalz gzhôren. Aber wenn die Regierung den ernstlihen Versuch mat, bei der österreichishen Regierung eine Aenderung des Handelsvertrag in dieser Beziehung zu erreichen, so dürfte das Bedenken leiht zu be- seitigen sein. Oefterreih hat an cinem Zoll auf Quebrachol;olz und die Grtrafte daraus, das gleihe Interesse wie wir. Die Aenderung des Vertrags dürfte um so leichter zu erzielen sein, wezz fié der eihétag mit großer Mehrheit für den Zoll er- fläârt. Daß dabei ein in neuerer Zeit in Kalifornien @&- wonnenes Produkt, das die Gerbsäure erseßen soll, uiht fre auégehen darf, ift jelbstoerständlih. Ja unserem Antraze ist m: verlangt, daß die Regierung die Frage erwägen möge. Auch di? Kommission wird diese Grwägung anstellen müssen. F

rovinzen erreiht das Gebiet der Ï

bin über- gt, daß, wenn der Reichstag den Antrag annimmt, die Regierung au die nôthigen Schritte, und siher mit Erfolg, thun wird. Wird der Zoll eingeführt, so werden wir uns damit ein Verdienst um cix sehr wichtigen Theil unferer Junduftrie erworben haben und zu Schuzze eines wesentlichen Theils der nationalen Arbeit, zum Sue jablreider linen Leute und zur Förderung der Landwirthschaft b getragen haben. J 1 Buddeberg (fr. Volktp.): Bei einer gerechten Abwäzrms der in Betracht kommenden Interessen wird bie Entscheidung 922 tea von dem Vorredner befürworteten Zoll nicht shwer fem. dankbar ih dem ne Schaysekretär dafür bin, daß er die Versen lidung des amilien Waarenverzeichnisses in Aussicht gestellt hat, so Lans uns das do nit veranlassen, die gegenwärtige Vorlage üb Knie zu brechen; denn dieselbe verfolgt vorzugsweise agr Interefien, Im weiteren erklärt sich der Redner gegen die Bray? in allea Positionen. Was den Aether anlange, L sei er zit GSenußmitiel zu behandeln, da er nur in Verarbeitung mit ant Sioffea zu cinem soldea werde, Besonders wendet sich der Nt

| fien Kunstbutter, °

be T fee L e Pee eer ge vesteres Mi ie Propag der Sozialdemokratie zu fô1 als eine folche Maßregel.

Abg. Graf von Kaniß (dkonf.): Jh befinde mich in der ange- hmen Lage, erflären zu können, daß id mit allen Vorschlägen der verbündeten Regierungen einverstanden bin; sie gehen mir nur nit weit genug. Daß das Ausland die Zollerböhungen mißliebig empfinden fönnte, mat auf mich feinen großen Eindruck; das Ausland ordnet seine Tarife auch, ohne auf unsere Wünsche Rücksicht zu nehmen. Ztalien bat erst am Sw{luß vorigen Jahres verschiedene wichtige Positionen erhöht. Rußland bat am 7. Januar einen höheren Zoll auf rohe Baumwolle und Baumwollengarn festgeseßt. (s ist dazu berechtigt, denn es hat si im Vertrag die Hände in dieser Beziehung nicht binden lassen, aber unjerer Tertil- industrie ist jeyt die russishe Grenze vollständig verschlossen; und daß Amerifa uns die höhere Verzollung des Baumwollensamenöls sehr verübeln könnte, glaube ich niht, da es selbst dieses Material fünftig aus dem Lande hinauszudrängen sucht und die einheimische Margarine mit 43 Millionen Mark Steuern belastet, auf den Import aber einen Zoll von 161 Æ pro Doppel-Zentner, also das Zehnfache unseres Zolles legt. Jch will auf den Gegenstand niht näher ein- gehen, weil ih weiß, daß die verbündeten Regierungen gegenwärtig ein neues Margarinegeseß ausarbeiten, dem ich nit vorgreifen will. Daß die Kunstbutter so stark in Konkurrenz tritt, liegt niht sowohl an dem Geseß, als an der mangelhaften Kontrole seitens der auffihts- führenden Behörden. Die Berichte laffen dies natürli niht er: fennen ; aber eine private Ermittelung hat gezeigt, daß die fraudulose Konkurrenz der Margarine eine ganz enorme ist. Insbesondere ist zu bedauern, daß an der Grenze keine Kontrole ftattfindet. Kunstbutter fommt namentlih an die Grenzorte als Naturbuttec, wodurch für die Bevölkerung eine Vertheuerung entsteht. Kunstbutter gebt aber auch als Naturbutter ins Ausland und diskreditiert die deutsGe Butter- produktion und drückt sie im Preise herab. In anderen Ländern existiert eine strenge Kontrole darüber, insbesondere verdankt Dänemark . dem Umstand, daß es bei der Ausfuhr eine sharfe Koutrole übt, den außer- ordentlichen Vorsprung, den es im Export nach England vor uns ge- wonnen hat. Im Jahre 1892 ist in das neue Waarenverzeichniß allerdings die Margarine getrennt aufgenommen worden, aber unter „Margarine“ steht „siehe Butter!" Jn diesem Punkt ist eine Ab- bilfe dringend nothwendig. Nun einige Worte über das Quebracho- holz. Ich habe einige Serben dieses Holzes und einige Lederproben auf den Tish des Hauses gelegt. Diese leyteren werden - Jbnen den Unterschied der Qualität zeigen. Das mit Quebrachoholz gegerbie Leder ist shwammig, filzig, es saugt das Wasser an. Der

g. Möller machte gegen die Forderung des Zolls auf Quebracho- holz im vorigen Jahre das Interesse des Exports der deutschen Leder- industrie geltend. Aber ein Export in s{lechtem Material s{hädigt s{ließlich sein eigenes Interesse. Alle Erwerbszweige leiden unter einer s{lechten Qualität der Lederwaaren; am meisten aber leiden darunter die ländlihen Arbeiter. Das Zurüdrängen der Gerberei mit CEichenlohe hat viele kleine Gerbereien zum Bankerott gebraht. Es ift ein s{lechter Ratb, den kleinen Gerbern zu jagen: gebt Eure Selbständigkeit auf und gebt in die großen Fabriken! Wer diesen Rath ertbeilt, vergißt, mit welcher Zäbigkeit der kleine Gewerbetreibende an seiner Werkstatt und an seiner Familie hängt. Es if ein Interesse der Allgemeinheit, die kleinen Betriebe zu erhalten, den” kleinen Mann in einen Eristenzkampf zu unter- stüßen. Das ist für mich der entscheidende Gesichtspunkt in dieser Frage. Der große Kampf, der entbrannt ist, wird niht mit Ver- schärfungen des Strafgeseßes, niht mit Umsturzvorlagen, sondern hier, auf dem wirthschaftlihen Gebiet ausgetragen.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Freiherr von Marschall:

Meine Herren! Jh möchte dem Herrn Vorredner nun mit zwei Worten antworten auf einige Bemerkungen, die er gemacht hat be- ¡üglih der jüngsten russishen Zollerböhung auf Robhbaumwolle und Garn.

Was zunähst die rohen Baumwollgarne betrifft, so haben wir niemals ein irgendwie erbeblihes Exportinteresse nah Rußland ge- habt; es hat au die Frage weder im Zollbeirath noch sonst jemals irgendwie eine Rolle gespielt bei den Vertragsverhandlungen mit Rußland.

Bezüglih der rohen Baumwolle hat der Herr Vorredner dar- gelegt, wir hätten früher einen sehr bedeutenden Export von Rob- baumwolle nah Rußland gehabt; wir hätten es versäumt, eine Bin- dung des russishen Zolls im Handelsvertrag zu erwirken. Nun habe Rußland von seiner Freiheit Gebrauch gemaht, den Zoll verdoppelt, und damit sei auch unser Exportinteresse s{chwer geschädigt. Diese Darlegung des Herrn Vorredners giebt ein ungenaues Bild von der Sachlage. Richtig ist, daß wir früher einen sehr erheblichen Export von Rohbaumwolle, namentlich von Bremen aus, nach Rußland gehabt haben. E it das im wesentlichen ein Speditionsinteresse. Dieser Export is hauptsächlich dadur ges{chädigt worden, daß in der Mitte der ahtziger Jahre die russishe Regierung einen differentiellen Zoll auf rohe Baumwollen ebenso wie auf Eisen an der See und an der Landesgrenze festgeseßt hat, d. h. an der Landesgrenze einen höheren Zoll erhob als an der Seegrenze. Dadurch is es uns unmögli geworden, der englischen Konkurrenz zu widerstehen. Wir haben nun in erster Linie in den Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland unser Augenmerk darauf gerichtet, diesen differentiellen Zoll wieder abzuschaffen, und es if auch gelungen. Es hat die russishe Regierung die Gleichstellung der Zölle an der Land- und an der Seegrenze konzediert und auf die Dauer des Handelsvertrags, d. h. auf die Dauer von ¡ehn Jahren, gebunden. Die Frage, ob es richtig sei, auch eine Bindung des Zolls auf Rohbaumwolle zu verlangen, is im Zollbeirath eingehend erörtert, \{ließlich aber aus dem Grunde verneint worden, weil Rußland, und zwar in Buchara, nur einen ganz kleinen Bruch- theil derjenigen rohen Baumwolle zu erzeugen vermag, deren es für seine Industrie bedarf. Jch glaube, in Rußland wird nur eiwa ein Fünftel desjenigen Bedarfs an Baumwolle pro- duziert, der für die hochentwickelte Baumwollenindustrie be- steht. Unter diesen Umständen is es für den deutshen Export bon Rohbaumwolle nach Rußland gleichgültig, welher Zoll dort erhoben wird, wenn wir nur mit anderen Staaten unter gleichen Be- dingungen konkurrieren können, und diese gleihen Bedingungen find dadurch erreicht worden, daß Rußland in dem Handelsvertrag die Differentialzölle für die Dauer des Vertrags aufgegeben hat. Unter diesen Umständen kann nicht davon die Rede sein, daß dur die Zoll- erhöhung unser Export nah Rußland ruiniert ist, und der.Herr Vor- redner ‘wird sich aus meinen Darlegungen überzeugen, daß wir in dieser Beziehung bei den Handelsvertrags-Verhandlungen mit Rußland niÿts versäumt haben.

, Abg. Broekmann (Zentr.) spricht \sich für die Einführung tines Zolls auf Duebraobal im Interesse der Eva Biene rung und der kleinen Gerbereien aus. u Abg. Möller (nl.): Die Vorlage ist eine gute. Ih wünschte and die Regierung wartete niht immer so lange mit der Befriedigung e gewordener Wünsche. Was den russishen Baumwollenzoll be- Gi, so berührt er unsere Industrie aus den von dem taats\ekretär dargelegten Gründen nicht. In der Presse

wird die Ausführung des Handelsvertrags durch die russische Regie- rung nicht immer zutreffend fritisiert. Zollkuriofa kommen überall vor; ih“ weiß aber aus vershiedenen Fällen, Reklamationen dur Vermittelung des Auswärtigen Amts in kürzester Zeit zur Zu- friedenheit erledigt wurden. Die deutsche Indufirie hat von dem Vertrag vorwiegend Nugzen gehabt. In der Landwirthschaft besteht ja Unzufriedenheit, und ih erkenne an, daß diefe in der wirthschaft- lichen Lage begründet ist, aber man sollte doch alle diese Frazen mit der größten Ruhe und ohne Leidenschaftlihkeit behandeln. Dasselbe möchte ich O der Frage des Quebrachozolls empfehlen. Die ganze Produktion der älwaldungen beziffert sih auf 6 Mil- lionen Mark. Demgegenüber steht ein Import von Eichenrindelohe von 95 Millionen Mark, und weiter bedürfen wir eines Imports von anderen Gerbstoffen in Höhe von über 15 Millionen Mark, wovon das Ouebrachoholz nur 1 900 000 Æ ausmacht. Diese Zablen führen die Sache auf ihre wirklihe Bedeutung zurück. Die Proben, welche hier auêgelegt sind, zeigen eine große Verschiedenheit der Qualität, wohl weniger wegen des verschiedenen Gerbstoffs als wegen des abweichen- den hemishen Verfahrens, womit das Leder hergestellt ist. Denn einige große Betriebe find zu einem Verfahren übergegangen, welches den Gerbitoff aufs äußerste ausnüßt und unter Anwendun konzentrierter Mittel das Leder in fkurzer Zeit herftellt. Uebera drängt die Entwickelung dahin, an die telle der alten Ver- fahrung8weisen neue mit Hilfe der Ergebnisse der hemishen Wifsen- schaft zu segen, selbst wenn dadur eine geringere Qualität erzielt wird. Man trägt den Gegenstand kurze Zeit und wirft ihn, wenn er shadhaft wird, weg. So geschieht es auch mehr und mehr mit dem Schuhwerk in weiten Kreisen der Bevölkerung. Damit müssen wir rechnen. Die Entwickelung der Stablindustrie, die Einführung des Thomasverfahrens hat ja auch viele Betriebe im Siegerlande geschädigt. Was die Vorlage anlangt, so kann ich mich mit dem bohen Zoll auf künstlihen Honig nicht einverstanden erklären. Er wird zur Leb- und L E aen g Laien verwandt, und man vertheuert damit armen tindern ein Genußmittel. Auch die Frage der Margarine bedarf einer gründlichen Erörterung in der Kommission, weil es Bedenken E en fih hat, ein Nahrungsmittel des armen Mannes zu vertheuern.

beantrage die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitaliedern.

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky:

Meine Herren! Jh will mir nur einige kurze Bemerkungen ge- statten gegenüber den bisherigen Herren Vorrednern. Ich erkläre zu- nächst, daß die Absicht dieser Novelle keine finanzielle ist, sondern daß die Novelle lediglich erlassen is im Interesse der betheiligten Industrien und daß hierin ein Grund liegen wird, sine ira et

studio ganz objektiv nach technischen Erwägungen über die Vorschläge

der verbündeten Regierungen Ihren Beschluß zu fassen.

Es ist von einer Seite, von dem Abgeordneten Buddeberg, be- züglich der Vorschläge der Novelle, in Bezug auf die Nebenprodukte des Kakao gesagt worden, das einfahste Mittel, die Disparitäten zwischen dem Zoll auf Kakaobutter und dem Zoll auf gebrannten Kakao zu be- seitigen, wäre dieErmäßigung des Kakaozolls. Ja, ein ähnlicher Einwand ist {hon einmal gemacht worden bei der Zuckersteuer. Dort hat man mir gesagt, der einfahste Ausweg der Zuckerkrisis wäre, den Konsum zu vergrößern durch eine Verminderung der Zuckersteuer. Solche Vor- {läge sind recht einfa. Ic frage aber wirklich: wie sollen in folhen Fällen die Ausgaben gedeckt werden? Kann ih denn Millionen aus der Erde \stampfen? Und gerade in den gegen- wärtigen Augenblicken, wo die Finanzen unzweifelhaft \{wierige sind, kann man sich auf folche Wege ernsthaft überhaupt nit einlassen.

Dann ift ferner irrthümlih von dem Herrn Abg. Buddeberg vom Zoll gesprochen, statt von innerer Steuer. Es handelt \sih bei dem Aether und bei den Parfümerien zunächst nicht um eine Frage des Zolls, sondern darum, die einheimishe Industrie bei ihrer Produktion in dieselbe Lage zu verseßen wie diejenige des Auslands, die mit steuerfreiem Spiritus arbeitet. Und wenn der Herr Abg. Buddeberg fragt : wo giebt es denn solchen Branntwein, der nit versteuert ift ? so kann ih ihm antworten: in Deutschland felbst, im Zollaus\shußgebiet.

Dann if} ferner von dem Herrn Abgeordneten gesagt worden, wenn die jeßige Fassung der Anmerkung zum Holzzoll geändert würde, so würden wahrscheinlich die Sägemühlen in das Ausland gehen ; das könnten fie thun, ebenso wie jeßt Sägemühlen aus dem Ausland in den Grenzbezirk des Jnlands übergesiedelt sind, um den Nuwten, zollfreies Holz zu verarbeiten, sih zuzushanzen. Aber wenn die Mühlen in das Ausland gingen, müßten sie nachher ihre fertigen Holzprodukte auch dem deutshen Eingangszoll unterwerfen. Was ferner die Behauptung betrifft, daß {das Holz, was zollfrei in das deutsche Zollgebiet eingeht, nur im Grenzgebiet verwendet werden dürfe, so ift diese Behauptung eine irrthümlihe. Es wird keine andere Kontrole geführt wie die, daß das Holz direkt aus dem ausländischen Walde kommt, cine Kontrole, die außerordentlich s{wierig ist. Dann wird ferner verlangt der Nachweis, daß der Importierende im Grenz- zollgebiet wohnt, und es wird endlih nah dem dreijährigen Durch- schnitt sein Bedarf an Holz festgestellt; die fertigen Fabrikate kann er aber verkaufen, wo er will, und darin liegt meines Erachtens eine ganz ungerechte Differenzierung der Industrien, die an der Grenze wohnen, gegenüber denen im Inlande. Denn die Industrien an der Grenze genießen für ihre Bretter und fertigen Produkte ganz denselben ZollsGuß wie die Binnenländer, obgleich sie ihre Produkte aus zollfreiem Holz gefertigt haben, während die binnenländischen Fabriken verzolltes Holz verarbeiten müssen.

Was ferner die Verwendung von Margacine zu künstlihem Speisefett betrifft, so scheint mir, als wenn die ärmeren Klassen besser daran thun würden, wenn fie nahrhafteres, reines Shweineschmalz ver- wendeten ftatt dieses Kunstprodukts zweifelhaften Ursprungs.

Die Einwendungen des Herrn Abg. Möller gegen die höhere Besteuerung des ausgelassenen Honigs kann ih als begründet nit ansehen. Wabenhonig scheidet {on deshalb aus, weil er zum industriellen Gebrauch wohl überhaupt nicht gelangt. Es handelt sih also nur um ausgelassenen Honig. Der ausgelassene Honig kann jedoch nah dem übereinstimmenden Urtheil der von uns angehörten Sachverständigen von Kunsthonig nicht unterschieden werden; und was heute in dieser Beziehung dagegen angeführt ift, ist ein vollständiges technishes Novum. Wenn der Herr Abgeordnete angeführt hat, daß bei der Vertheuerung des Naturhonigs durch erhöhten Zollshup man in Zukunft nur Syrupkuchen und niht Honigkuchen genießen, würde, so, glaube ih, ist das ein Zustand, der vielfah heute {hon besteht. Denn es wird vielfah Syrup und Stärkezucker und nicht Honig zur \o- genannten Honigkuchenfabrikation verwendet.

Wenn der Herr Abg. Möller ferner zwei neue Wünsche vor- getragen hat: erstens die anderweitige Zolltarifierung der halbgaren Schaffelle und zweitens die anderweitige Tarifierung der Reisstärke, so, glaube ich, werden dagegen die ernftesten Bedenken in landwirth- schaftlichen Kreisen vorliegen. Es ift doch sehr zweifelhaft, ob die

Schaffelle, die von unserer Feinlederindustrie verwendet werden, nur auéländishe sind. Es wird zwar von dea Interessenten behauptet, daß die inländishen Schafe viel zu feine Poren hätten, und deshalb die Schaffelle so sein durchlöhert wären, daß sie für die Feinleder-Industrie nit zu gebrauchen seien, es könnten dazu nur ausländishe Schaffelle verwendet werden. Ob jedoch die Industrie nicht jeden Tag in die Lage kommen kann, durch tehnishe Fort- schritte auch inländishe Schaffelle zu verwenden, das ist do sehr zweifelhaft.

- Was ferner die niedrigere Tarifierung der Reisftärke betrifft, fo würde das unzweifelhaft für die Weizenstärke {ädlih sein, kaum die Zustimmung der landwirthschaftlichen Kreise finden.

Ich komme nun, meine Herren, auf die Frage des Quebrachoholzes. Ich gestatte mir in dieser Beziehung zunächst zu bemerken, daß es si bei dem Quebrachoholz um zwei verschiedene Fragen handelt: einer- seits um eine zolltarifarishe und andererseits um eine rein wirtbfchaftlie. Das Quebrachoholz kommt zu uns in 3 verschiedenen Gestalten: erstens in rohen Blöcken, zweitens zerkleinert in Würfeln und drittens wohl auch in Extraktform. Es ist rihtig, daß in unserem autonomen Zolltarif das Quebrachoholz niht besonders erwähnt ift. Im amtlichen Waarenverzeichniß kommt es aber vor unter den rohen Erzeugnissen zum Gewerbegebrauch, soweit es in Blöen eingeführt wird, und unter Gerberlohe und Rinde, insoweit es zerkleinert ein- geführt wird. Als Extrakt eingeführt, würde es endlich ebenfalls unter die Nummer des Zolltarifs Hingehören, wo sih- die roben Erzeugnisse zum Gewerbegebrauch befinden. Es müßte zolltarifarisch wohl als Droge behandelt werden. Man wird ohne weiteres zugestehen Fönnen, daß den Worten ein gewifser Zwang angethan if, wenn man “das zerkleinerte Quebrahobolz unter die Position Gerbrinde und Lohe bringt; denn darunter denkt man sih doch nur die äußere Umbüllung des Baumes in zerpulvertem Zus- stand, während es sih bei Quebrachoholz in zerkleinertem Zustande um ein Produkt des Stammes handelt. Würde man aber in dieser Beziehung eine Aenderung des amtlichen Waarenverzeichnisses vor- nehmen, so könnte man wiederum das zerfleinerte Quebrahoholz nur unter die Position 5 4, Roberzeugnisse zum Gewerbegebrauch, bringen, da man es unter ,„Bau- und Nußholz“ unmögli klassifizieren kann.

Bei dieser verschiedenen Form, in der das Quebrachoholz ein- geführt wird, kommen deshalb in Betraht die Handelsverträge, erstens mit den Staaten, aus denen uns das Quebrachoholz zugeführt wird. Das sind das meistbegünstigte Argentinien, Paraguay und wahrsheinlich auch Uruguay: außerdem soll na einer mir neuerlich gewordenen Mittheilung \solches Holz auch aus Peru und Chile eingehen. Ferner kommen in Betracht diejenigen Staaten, in denen das Quebrachoholz einem Veredelungs- oder Bearbeitungsprozesse unterworfen, sei es zerkleinert oder extrahiert wird; endli diejenigen Staaten, durch die hindurch und aus deren freiem Verkehr es nah Deutschland eingeführt wird.

Meine Herren, schon aus dieser kurzen zolltarifarischen Erörterung werden Sie sich überzeugen, daß die Frage ziemlich schwierig liegt. Meines Erachtens ift dagegen gar kein Einwand zu erheben, daß der Reichstag auch bei Gelegenheit dieser Zolltarifnovelle eine Einführung des Quebrachozolls beschließt. Es würde das zunächst nur die akademische Bedeutung haben einer Aenderung unseres autonomen Zolltarifs. Welche praktishe Wirkung wir aber in unsecen inter- nationalen Beziehungen einem solhen Beschluß geben können, steht auf einem ganz anderen Blatt. Jch gestehe obne weiteres zu, es wäre möglich in dieser Richtung im Interesse des deutshen Schälwaldes Verhandlungen mit anderen Regierungen anzuknüpfen und auch die bisherige Gestaltung des amtlichen Waarenverzeichnisses einer nohmaligen kritischen Betrachtung zu unterziehen. Jch glaube aber, damit állein wäre den Herren, namentlich auch den Herren Abgg. Freiherrn von Stumm und Broekmann, die so warm für die Interessen des Schälwaldes ein- getreten sind, allein nicht gedient; man muß doch auch die wirthschaft- lihe Seite der Frage betraten. Es steht zunächst fest, daß in den leßten 10 Jahren die mit Eichenshälwaldung bestellte Flähe ih in Deutschland um circa 2 %/ vermehrt hat. (Hört! hört !) Allerdings ift die Entwickelung des Eichenshälwaldes in einzelnen Theilen Deutsch- lands eine sehr verschiedene gewesen. In Baden z. B. und in Olden- burg hat eine außerordentlih \tarke Zunahme der mit Schälwald be- standenen Flächén stattgefunden. Es handelt sich um fast 43 0/6 in Baden und in Oldenburg um 44 %, während in Hannover und in Elsaß-Lothringen ein erhebliher Rückgang stattgefunden hat, in Hannover um 11# °/%, in Elsaß-Lothringen um 24 9/6.

Meine Herren, der Grund Ihrer Anträge ist aber prinzipaliter nit der, daß Sie der Grubengaren-Sohlenleder-Industrie aufhelfen wollen ich glaube, das ist nur ein sekundärer Gesichtspunkt bei Ihnen —, sondern Sie wollen dem Schälwald helfen; Sie wollen also dafür sorgen, daß in größerem Maße als bisher Nachfrage nach deut- scher Eichenlohe stattfindet und dadurch die Preise für die Produkte des deutshen Schälwaldes steigen.

Nun, meine Herren, ist {oa im Jahre 1879 auf Veranlassung der Cisenbahnverwaltungen eine ftatistishe Erhebung angestellt worden über den Umfang der Produktion an heimisher Gerberrinde, und es ist dabei ermittelt worden, daß diese Produktion etwa 920 000 bis 950 000 Doppelzentner beträgt; zu einem ähnlichen Resultat kommen auch andere sachverständige Quellen, dagegen ist in demselben Jahre 1879- {on fest- gestellt worden, daß der Bedarf an Gerbermaterial in Deutschland 3 Millionen Doppelzentner beträgt (hört, hört !); eine andere Quelle giebt fogar diesen Bedarf auf 4} Millionen Doppelzentner an. Man darf wohl annehmen, daß seitdem der Bedarf noh wesentlih gestiegen ift. Sollte also der deutshe Schälwald den Bedarf an Gerber- materialien decken, so würde er ungefähr seine Produktion, da er einen fünfzehn- bis zwanzigfahen Umtrieb hat, vervierfahen müssen. Wenn der deutsche Schälwald hierzu niht im stande ist, so fragt es sich: wer tritt an seine Stelle, wer deckt das übrigbleibende Bedürfniß ? Nachdem im Jahre 1879 ein Zoll von 50 .Z auf den Doppelzentner Eichenlohe gelegt wurde, ging der Import von Eichenlohe zunächst zurü, stieg aber demnächst gegen das Jahr 1884/85 von neuem. Im Iahr 1885 ungefähr begann zuerst der Import von Quebrachoholz, der sich seit 1888 sehr bedeutend vermehrt hat, und man fann zur Zeit wohl sagen, daß der Nückgang der Preise für die Produkte des deutshen Säl- waldes vorzugsweise durch den Import des halb so theuren Quebracho- holzes herbeigeführt ist. Würde man nun das Quebrachoholz durch einen erheblichen Schußzoll von 10 Æ auszuschließen suchen, so würden die Produktionskosten pro 100 Kilo Leder ungefähr um 20 A steigen. Es wird deshalb eventuell einer sehr eingehenden Prüfung