1895 / 98 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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blreichen bäuerlichen, existenzfähigen Besiß zu schaffen. Bis zur be- Miegeien inna vom Ministertish aus, daß eine geseßli Neger lung der Befugniffe und Verpflichtungen der General-Kommisfion stattfinden werde, behält sich meine Partei die definitive Ab-

stimmung vor. : S1

Abg. von Putkamer-Plauth (kons.): Meine politischen Freunde sind im Prinzip für die Vorlage. Wir den aber in der dritten Lesung unsere Zustimmung von der Husage ver Regierung ab- bängig machen, daß im näbsten Jahre ein eßentwurf behufs Aenderung des Rentengütergesezes im Sinne der vorgeschlagenen Resolution vergelegt werden T In der Kommission sind verschiedene Fälle vorgeführt worden, in denen die Rentengutsbildung grü dlich miSglüdckt ist. Man hat bäufig nicht die nöthige Rüeksicht die zur Erhaltung der wirthshaftlihen Selbftändigkeit erforderliche Größe des Rentenguts genommen. H fig waren die Kolonisten finanziell nit inreihend Ly um das übernommene Rentengut zu erbalten. So is es mebrfach dazu gekommen, daß die Koloniften Haus und Hof im Stich gelassen haben. Namentlih im Bereich der Bromberger General-Kommission liegen die Verbältnifse ungünstig. Es ift dringend nothwendig, bei der Bildung der NRenten-

üter Sachverständige heranzuziehen, um eine Aenderung herbeizuführen.

u die Regelung der Gemeindeverbältnifse der Firma und Schul- angelegenbeiten im Bereih det neugebildeten Kolonien bedarf einer Aenderung, und wir erwarten seitens der Regierung die Zusage, daß sie diese Reformen in die Wege leiten will. ;

Geheimer Regierungs-Rath Sachs: Es find gegen das Gese nah der wirtbscaftlichen und öffentlih-rechtlihen Seite hin Einwendungen erboben worden. Nah der wirthshaftlihen Seite hin wurde be- bauptet, die General-Kommission habe zu leine Güter geschaffen. Nah der statistischen Uebersicht sind bis Ende vorigen Jahres 3592 Rentengüter eingerihtet worden, davon 1731, also 48 °/e, über 30 Morgen groß. Von dem Rest sind noch die Adjazenten- güter abzuziehen, da es auf die Größe der konsolidierten Güter ankommt. 726 Adjazentengüter sind abzuziehen, sodaß nur 1136 Güter unter 30 Morgen bleiben. Von diesen haben 173 unter 23 ha, 488 21 bis 5 ha, 5 bis 73 ha 475. In Bromberg bandelt es fi{ch im Ganzen um 2578 Güter, 50% davon über 30 Morgen, dazu kommen 340 Adjazentengüter; es bleiben 914 Güter = 35 ®/o unter 30 Morgen. Im Jahre 1894 hat sih die Lage verändert, die Nachfrage nah größeren Bauerngütern hat fich in Bromberg stark gehoben, und es find im leßten Jahre 691 Güter von 10 bis 20 ha gebildet worden gegen 418 im Vorjahre. Nun hat man bervorgeboben, die General-Kommission habe [ebens- fähige größere Güter, namentli® in Hannover, zerschlagen. Nab dem Bericht der dortigen General-Kommissien find nur 6 Güter in Gegenden zertheilt worden, wo der fleine Besiß an fih pru war. Es wurde dabei hervorgehoben, daß vershiedene Guts- esizer um jeden Preis parzellieren wollten. Weiter sind Klagen wegen zu hoher Taxen erboben worden. Nach den uns vorliegenden Berichten ift dies nicht der Fall, zumal auch der Werth der Gebäude in den Taxen inbegriffen ist. Im einzelnen muß zugegeben werden, daß bier und da die Taxen der Kreistaratoren zu boch waren. Dann wurden von ösfentlib-rechtlider Seite Bedenken erboben, vor allem ob das Vorgehen im Einklang mit dem Ansiedelungêegeseß von 1876 stände. Bei Berathung des Rentengütergeseßes war man darauf nit eingegangen; nun sagt man, es müsse bei den im Renten- ütergeseß erwähnten Behörden sein Bewenden haben. Die General- Vommilsson tritt aber an die Stelle der Landes - Polizeibebörde. Der Gesetzgeber wollte sie in den Stand setzen, si von den anderen Behörden zu emanzipieren. Das Rentengut ift seiner Natur nah zur Ansiedlung bestimmt. Im besonderen Falle if zu prüfen, ob dem irgend welhe Rücksichten entgegenstehen. Den Selbstverwaltungs- behörden fann neben der General - Kommission keine Macht em-

eräumt werden. Daher if am 24. Juli 1892 der Erlaß der etheiligten Herren Minister erschienen, nah dem die General-Kommission an die Stelle der im Ansiedlungsgeseß vorgesehen Behörden geseßt wird. Was die Rechtskautelen anbetrifft, so ift den Adjazenten wie den Gemeindevorstehern ermöglicht, Ein- wendungen zu erheben, wenn die Annahme gerechtfertigt erscheint, die Anlage der Güter schädige benahbarte Interessen. Die Beshwerde- führer müßten von der General-Kommisfion gehört werden, während nah dem Ansiedelung8geses das Verwaltungéftreitverfahren eintritt. Bei Gründung von Kolonien find auch dann Einwendungen möglich, wenn die Gemeinde- oder Schulangelegenheiten niht dem öffentlichen Interesse entiprehend geordnet find. Hier find die Kreis-Auëshüfse, fodann die General-Kommisfion anzugeben. Weitere Beshwerden sind an die betreffenden Refsort-Minister zu rihten. Daß die Kreis- Ausschüsse niht immer das Richtige treffen, bat \fih besonders darin gezeigt, daß fie zu verschiedenen Malen erschwerende Bestimmungen an die Gründung von Rentengütern knüpften. Geseßlih if der Weg geordnet, wie die Rentengüterbildung zu erfolgen hat; foll der Weg geändert werden, so ift zu beahten, ob man au erreiht, was man will. Man muß fi büten, einen Dualiëmus zu s{affen, die Verantwortung zwishen den Behörden zu theilen. Zu erwarten ift, daß die General-Kommissionen den Gutachten der Kreis-Ausshüfsse Be- achtung senken. Jede möglihe Förderung der Rentengüter ift auch auf dem Wege der Instruktionen zu erreichen.

Aba. Sattler (nl.): Ich halte es für natürlih, daß in der Kommission den Klagen über die Thätigkeit der General-Kommissionen Beachtung geschenkt wurde. Man ftlagte namentli auch darüber, daß zu wenig auf die wirtbshaftlide Selbständigkeit der Angesiedelten ge- jeben würde. Der wichtigste Punkt der Resolution betrifft die Mit- wirkung der Kreis-Ausshüfse. In der Kommission für das Rentenguts- gesez wollte man eine solde niht. Ih habe auch die Ueberzeugung aus den Grfabrungen des Ansiedelungsgeseßes von 1876 gewonnen, daß diese Regelung eine zu hwerfällige ift. Daß die Kreis-Ausschüsse gehört werden, halte ih für selbftverständlih, eine Gnts{eidung aber möchte ih ibnen nit einräumen. Die Resolution verlangt nur ent- sprechenden Einfluß für die Kreis-Ausshüfse, keinen entsheidenden Ein- fluß; daber kann i troß meiner erbeblichen Bedenken der Resolution zustimmen. Ob eine Schädigung des Rentengutsgeseßes zu befürchten ist, bänat erft von dem vorzulegenden Gefeßentwurf ab. Ist eine solde Befürchtung begründet, so würde ich dem Gesetze niemals zu- stimmen: denn ih bin der Meinung, daß das Rentengutägeseßz etne der vorzüglihften Maßnahmen ift, die wir bes{hlossen haben. Die Wirkung dieser Maßnahmen darf unter keinen Umftänden lahmgelegt werden.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hamme r- stein-Lorten:

Meine Herren! Einer der Herren Vorredner hat dargelegt, daß die Ausweisung der Rentengüter seitens der General-Kommisfion \{limme Folgen herbeigeführt babe. Jch habe schon bei der General- diékussion, auch in Ihrer Kommission, die Erklärung abgegeben, daf ih anerkenne, daß bei der Ausweisung der Rentengüter die General-Kom- missionen in erster Zeit mehr oder weniger große Fehler gemacht haben. Aber ih babe damals au binzugefügt, daß die Arbeit, welhe den General- Kommissionen überwiesen wurde, eine so neue, eine so schwierige sei, daß man von vornherein erwarten muß, daß Fehler gemacht werden würden. Meine Herren, mir find die Verbältnifse durch eigene An- shauung ncch nit bekannt; ih bin also genöthigt, mir aus ftatiftischen Zahlen ein Urtheil darüber zu bilden, ob die Bemerkungen über die bôsen Folgen der Ausweisung, wie sie vorhin dargelegt sind, berehtigt find oder nit, ob die Behauptung, daß ganze Kolonien verlafsen wären, daß so und ss viele Leute auf Rentengütern zu Grunde gegangen seien, zutreffend ift. Die aufgestellten Behauptungen bezogen fich, glaube ih, auf die Ausweisung von Rentengütern seitens der General-Kom- mission in Bromberg.

Die ftatistishen Zahlen weisen nun nah, daß in den Jahren 1892 und 1893 1271 Rentengüter begründet find, daß 13 Zwangs8-

versteigerungen vorgekommen sind und daß 22 Rentengutsrückstände vorliegen, also etwa 19%. Daraus muß ih folgern, daß so s{limm, wie hier auf dieser Seite (rechts) des Hauses die Verhältnisse dargestellt find, fie doeh niht liegen. Indessen es ift gewiß erwünscht, daß namentlich der Landwirthschafts - Minister unter Mitwirkung vielleiht des Herrn Finanz - Ministers durch örtlihe Besichtigung und durch eingehende Prüfung \ih darüber Kenntniß; vershafft, ob und in welher Richtung Fehler ge- matt und nah welcher Richtung man Abhilfe zu schaffen hat.

Nun, meine Herren, geftatte ih mir einige allgemeine Bemerkungen. Die Königliche Staatsregierung hat Ihnen einen Gesegzentwurf vor- gelegt, inhaltlich dessen die mit Geschäften überbürdete General- Kommission in Bromberg getheilt und eine zweite General- Kommission in Königsberg gegründet werden soll. Jch glaube mich ju erinnern, daß schon ehe das Rentengütergeseß erlaffen wurde, die Ansicht bei der Königlichen Regierung bestand, daß die General-Kommission in Bromberg viel zu groß sei, daß sie den An- forderungen, die die agrare Entwidelung des Oftens durch Gemein- heitêtheilung u. f. w. an die General-Kommission ftelle, zu genügen nicht in der Lage sei, und daß es deshalb dringend erwünscht sei, eine zweite General-Kommission zu errihien. Einen diesem Bedürfniß Abhilfe gewährenden Gesezentwurf hat Ihnen die Staatsregierung vorgelegt und hat in der Begründung auch eingehend dargelegt, weshalb die Staatsregierung die Ansicht hat, daß eine Theilung der General-Kommission stattfinden müsse. Meine Herren, die Rentengutsgeshäfte nehmen von den in der Begründung dar- gelegten, die Ueberhäufung der General-Kommiisionen nahweisenden Geschäften nur den dritten Theil ein, und ih glaube, daß, selbst wenn die General-Kommission in Bromberg absolut keine Rentengutsaus- tbeilung vorzunehmen hätte, es doch im allgemeinen öôffentlihen Interesse dringend erwünsht sein würde, um die ganzen Konsolidationsgeschäfte, die Gemeinheitstbeilung2geshäfte und die übrigen Geshäfte rasher und vielleicht sachgemäßer zu er- ledigen, wie das die zu große Behörde in Bromberg in ihrem zu großen Bezirk vermag, daß also, abgesehen von den dur die Rentengutésgesezgebung den General-Kommissionen neu über- wiesenen Geschäften es dringend erwünscht ist, für Königsberg eine zweite Kommission zu gründen und damit die Bromberger Kommission zu entlasten. Ih weise darauf hin, meine Herren, daß, als man in Preußen zuerst General-Kommisfionen {uf, man der Zeit Behörden schaffen wollte, wie sie jeßt erft sih allmählih auêgeftalten. Es sollten diese Kommissionen technische Kom- missionen in allen Agrarfragen sein; damals wollte man folhe Behörden mit dem Namen: „Landes-Oekonomie-Kollegien“ für jeden Ober-Präsidialbezirk bilden. Mar hat das nit durhgeführt, hat vielmebr fast in allen Theilen der Monarchie zu große General-Kom- missionen geshaffen. Die General-Kommission in Hannover umfaßt beispielsweise den ganzen Bezirk von Schleëswig-Holstein und die Pro- vinz Hannover. Der landwirthschaftlihen Verwaltung“ gehen, ohne daß die General-Kommission in Hannover wesentlich mit Ausweisung von Rentengütern in Anspruch genommen würde, häufig Beschwerden darüber zu, daß die General-Kommission einen viel zu großen Vers waltungsbezirk, eine viel zu große, zu umfangreiche Thätigkeit- habe, so daß darunter die Abwickelung ihrer Geschäfte wesentlich“ leidet.

Was if nun geschehen, meine Herren? Ich glaube, in der Kommission wenigstens weit ih an den -Kommissions- berathungen theilgenommen habe hat nit ein einziges Kommissionsmitglied bestritten, daß sahlihe Gründe dafür vorlägen, dem Antrage der Regierung ftaitzugeben und die General-Kommission in Bromberg zu theilen.

Aber troßdem vertrete ih au heute hier wie shon in der Kom- mission den Standpunkt, man wolle dem sachlich durchaus begründeten Antrag der Königlihen Staatsregierung nur unter der Bedingung zustimmen, daß auf einem anderen Gebiet liegenden Wünschen und Beschwerden Rechnung getragen werde. Meine Herren, über diese Wünsche und Beschwerden lafsen Sie uns do besonders verhandeln ; legen Sie entsprehende Anträge der Königlichen Staatsregierung vor, betreten Sie aber nicht den Weg, der bier vorgeshlagen wird, den Herr von Puttkamer und Dr. Gerlich anheimgeben, der bezweck, die Zustimmung zu einem von Ihnen als nothwendig anerkannten Gesez davon abhängig zu machen, daß Wünshe oder Forderungen, die auf anderem Gebiet liegen, von der Staatêregierung befriedigt werden. Ja, meine Herren, ih halte dies Verfahren nicht für zulässig; damit überschreitet, glaube id, das Abgeordnetenhaus, wenn es eine solhe Bedingung ftellt, die ibm zustehenden Befugnisse. (Unruhe rets.) Fa wohl, meine Herren, ih glaube nicht, daß es zulässig ift, die Zu- stimmung zu einem Geseßentwurf von der Sewährung von Forde- rungen abbängig zu maden, die auf ganz anderem Gebiet liegen, und das beabsihtigen Herr von Puttkamer und Dr. Gerlih. Nun, i will diese Behauptung in der Schroffheit niht aufrecht erhalten, wie ih sie eben hingestellt habe; jedenfalls liegt es mir sehr fern, das Mißfallen des hohen Hauses über diese Aeußerung mir zuziehen zu wollen.

Nun, meine Herren, was die anderen Punkte betrifft, so glaube ih, daß die Königliche Staatsregierung in der Kommission mit den dort abgegebenen Erklärungen in fahlicher Beziehung Ihnen im weitesten Umfange entgegengekommen if. Die Erklärung, die dort seitens der landwirtbschaftlichen Verwaltung abgegeben ift, sagt bezüglich des von Ihnen auf landwirthshaftlihem Gebiet gestellten Verlangens :

In Erwägung, daß die Beurtheilung mehrerer bei Renten- gutêgründungen vorkommender Fragen, wie der angemefsenen Größe der Rentengüter unter Berücksichtigung der bestehenden Bodenvertheilung in der betreffenden Gegend, der zweckmäßigen Zusammenseßung der Kulturarten und Bodengattungen für das einzelne Rentengut, des Umfanges des zur wirthschaftlichen Aus- rüstung der Rentengüter nothwendigen Inventars, der Baulichkeiten und des Betriebsfonds, eine genauere Kenntniß der besonderen ört- lien Verbältnifse erfordere, als solhe gemeinhin von den Spezial- fommifsaren erwartet werten fôönne, so sollen die General- Kommissionen der Regel nach über die vorstehend gedahten Punkte das Gutahten von Kreiêéverordneten oder von anderen erfahrenen und mit den örtlichen Verhältnissen vollkommen vertrauten Pers sonen einzufordern verpflihtet sein.

Alles das, was Herr von Puttkamer vorhin gewünsht hat, ist die landwirthschaftliche Verwaltung ju gewähren im weiteften Umfange gewillt: fie will in den einzelnen Gegenden mit den einzelnen Ver-

hältnissen nah allen Richtungen, die Herr von Puttkamer dargelegt

hat, - vertraute Personen hören, und die General-Kommission fol auf Grund des von den Sahverftändigen abgegebenen Gutachtens ver. fahren. In öffentlih-rehtliher Beziehung hat die landwirtbschaftlihe Verwaltung die Erklärung abgegeben: - Snallen’ Fällen, wo außerhalb einer im Zusammenhange ge,

bauten Ortschaft eine Kolonie durch -Rentengutsbildung angelegt

werden solle, und die Begründung der Rentengüter durch Ver- mittelung der General-Kommission erfolge, solle, nahdem die Be- fanntmahung an die im § 15 des Gesetzes vom 25. August 1876 genannten Interessenten ergangen ist, vor Gntsheidung über die er- hobenen Einwendungen beziehungsweise vor Ertheilung der Ge- nehmigung der Anlegung der Kolonie, der Kreisauss{huß unter Bei- fügung des Planes, in welhem nachzuweisen sei, in welWer Weise die Gemeinde-, Kirhen- und Schulverhältnifse der Kolonie geordnet werden sollen, und unter Beifügung der etwa erhobenen Ein- wendungen gutachtlich darüber gehört werden, ob und welhe Gründe der Anlegung einer Kolonie beziehungêweise der beabsichtigten -Regelung der öffentlih-rechtlihen Verbältnifse entgegenftänden. Und dann if hinzugefügt, wenn die General-Kommission dieses Gut- achten des Kreizausshufses niht für zutreffend erahte, also Meinungs- divergenzen vorliegen, dann solle die Entscheidung des Ministeriums eingeholt werden.

Damit, glaube i, ift sachlich die volle Garantie gewährt, daß in allen Fällen der Kreisausschuß in den wirthshaftlihen wie öfent- lih-rehtlihen Verhältnissen seine Bedenken, seine Anshauungen in umfassendster Weise darlegen und zur Geltung bringen kann.

Mir feblt das Verständniß für den Grund, weshalb die Staats- regierung das, was sie spontan gewähren will, durch Geseß feft- legen soll. Jh habe nicht gehört, daß Sie etwas Anderes wollen als das, was die Staatsregierung Ihnen freiwillig entgegen- bringt. Und nun lege ih mir die Frage vor: if es denn zweckmäßig, diese Zusicherung durch Gesetz festzulegen ? und die Frage, meine Herren, verneine ih. Wir befinden uns doch im Erperimentieren mit dieser ganzen Angelegenheit, und {hon deshalb if es bedenklid, der Verwaltung geseßliche Fefseln anzulegen. Eine Instruktion kann die Regierung jeden Augenblick ändern, wenn das zweckmäßig, das dur Gefeß Festgelegte nit.

Endlich bin ich der Ansicht, daß die Staatsregierung dasjenige, was sie ohne Gese thun fann, nicht auf den Weg der Gesetzgebung verweisen darf. Das würde eine Selbftbes{ränkung derjenigen Rechte sein, die nah der Verfassung der Staatsregierung zustehen. In diesem Fall hat aber die Regierung das Recht, durch Instruktion zu gewähren, was sie nah Ihrem Wuns durch Gese gewähren soll. Eine solche Forderung an die Regierung halte ich für unzulässig. Meine Herren, mir fehlt das Verständniß dafür, weshalb Sie die geseßliche Festlegung fordern.

Auf die rectlihen Gesichtspunkte, meine Herren, will ih nicht eingehen; die Verhandlungen find ja ausgiebig in der Kommission ge- vflogen, es liegt ein sekr umfangreicher vorzüglicher Bericht über die Kommissionsverhandlungen vor; der Standpunït der Staatsregierung bezw. der [andwirthshaftlihen Verwaltung if im Bericht und von meinem Kommiffar in ausgiebiger Weise dargelegt. Auch die miß- verständlichen Auffassungen des Herrn von Puttkamer bezüglih der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte find berichtigt.

Fh richte daher an das hohe Haus die Bitte, zunächft das Geseg über die General-Kommission in Königsberg zu verabshieden und un- abhängig von den dieserhalb zu fassenden Beschlüfsen Ihren Wünschen und Beschwerden in einer besonderen Resolution Ausdruck ¡u geben, damit noch im laufenden Jahre die General-Kommisfion in Königsberg, wofür ein dringendes Bedürfniß vorliegt, ins Leben tritt. Die landwirthicaftlihe Verwaltung hatte eigentlich gehofft, shon zum 1. April d. I. die General-Kommission in Funktion treten ¡u lassen. Wir haben die ganzen Vorbereitungen getroffen, geben uns noh jet der Hoffnung hin, daß wenigstens zum 1. Juli die General- Kommission in Königsberg installiert werden könne, damit dadur die General-Kommission in Bromberg, wozu ein dringendes Bedürfniß vorliegt, erleichtert werde.

Daun, meine Herren, is die Staatsregierung, wie das schon in der Kommission geäußert ift, gewillt, allen fahlich berechtigten Wün- sen allerdings nicht auf dem Wege der Gesetzgebung, aber auf dem Wege der Instruktion in vollstem Umfange gerecht zu werden.

Ich bitte also, meine Herren, daß Sie zunähst das Gesey ver- abshieden ; dann können wir uns über die anderen Fragen unterhalten und verständigen. Machen Sie, wie es hier anscheinend beabsihtigt, Ihre Zustimmung zum Gesez von der Annahme Ihrer Resolution seitens der Staatêregierung abhängig, so schädigen Sie, glaube ih, die Betbeiligten im Often, deren Theilungé-, Konsolidations- und sonstigen Geschäfte schwer darunter leiden werden. (Bravo!)

Finanz-Minister Dr. Miquel: ,

Meine Herren! Ih möchte den Ausführungen meines Herrn Kollegen noch einige Worte hinzufügen. Gewiß, meine Herren und so wird aud mein Herr Kollege es gemeint haben hat der Landtag die Befugniß, an jede Entscheidung jede Bedingung ju fnipfen. (Sehr rihtig.) Formell fann man das dem Landtage nit bestreiten. Aber bedenken Sie, zu welchen Konsequenzen das führt. Denken Sie si einmal eine andere Majorität, sie könnte doch au zu den - nothwendigsten gesezlihen Vorgehen, zu dringlichen EtatS- beschlüfsen, zu jeder Etatsposition, zu jeder Bewilligung Bedingungen aus einem ganz beterogenen Gebiet stellen. (Unruhe rets.)

Meine Herren, es ist eine alte parlamentarische Regel, daß, wenn man Konflikte vermeiden will, man si hüten muß, ohne Noth derartige Bedingungen, die nit nothwendig mit dem Gegenftand der Beschlufß- fafsung zusammenhängen, zu - stellen. Das ift eine Auffaffung, d1e Sie seit Sabrhunderten im englishen Parlament finden, die Sie stets in allen Landtagen der deutschen Ginzelstaaten gefunden haben, und die hier meines Wissens auch immer beobachtet ist. j

Nun werden die Herren hier einwenden: diese Bedingung, die wir ftellen, hängt mit diesem Geseßentwurf sehr nothwendig zusamme=x. (Sehr rihtig! rechts.) Das ift aber irrig, und ih glaube, in diefer Beziehung hat der Herr landwirthschaftliche Minister die ershöpfendften Beweise dargelegt, namentlich indem er darauf hinwies, das die General - Kommission in Königsberg zu - begründen seIbst dann nothwendig wäre, wenn fie mit der Rentengutsbildung garniht beshäftigt würde, und ih begreife niht, wie man gerade seitens der Herren von der rechten Seite Bedenken tragen fann gege über dem Vorgehen der Regierung, die Bezirke der General-Kom- missionen in der Monartie zu verkleinern und mehr agrarpolitise

Behörden ju gewinnen, die in ganz ander Weise einwirken können

als folde Behörden, die nur mit Ablösungssachen und mit Aus- einandersezungen \ih| befassen. Nein, diejenigen, die die Interessen

der Landwirthschaft vertreten, müfsen gerade das auf das allerenergisste

und lebhafteste unterstüßen. Nun aber muß ih bestreiten, daß im übrigen die Wünsche, die hier geäußeri worden find in Beziehung auf die Rentengutsbildung,

in irgend einem fonftigen Zusammenhang mit der Vorlage ftehen.

Denn ftellen Sie si einmal vor, infolge der Stellung folher Be- dingungen käme das ganze Geseß niht zu ftande. Nun, dann würde die Sade genau in derselben Lage bleiben: Die General-Kommisfion in Bromberg würde ruhig fortfahren, wie sie bisher gehandelt hat, es sei denn, fie ändert ihr Verfahren freiwillig oder auf Grund der Inftruktionen, die ihr von der Regierung gegeben werden. Es würde also ín der Sache selbst nihis gewonnen, ja vielmehr bei der über- großen Ausdehnung des Bezirks Bromberg würde die Garantie für eine sachlide, Forrefie Erledigung der Ge- schäfte nur noch verringert werden. Ich finde es durh- aus berechtigt, und ih ftehe gewissermaßen selbft auf dem Standpunkt gewisser Kritiken gegen das bisherige Vorgehen der General-Kommifssion, und ih freue mih und das is eine Hauptaufgabe des Landtags —, daß Sie Ihre Auffassung in diefer Beziehung der Regierung zur Kenntniß bringen ; das bedauere ih nicht allein nicht, sondern ih bin durchaus damit zufrieden. Darum handelt es sih hier nicht; es find bier auch nicht Gegensäye politischer oder saliher Art in Beziehung auf das Ziel, das wir ‘verfolgen: die Staatsregierung will ganz daë- selbe, was die Herren wollen; es ift bloß Streit darüber, welher Weg der praktishste und zweckmäßigste ift.

Nun mödte ih aber doch, obwobl ih die Kritik gegen ein Vor- geben der General-Kommisfion in einzelnen Fällen anerkenne, doch au tür fie für im hohen Grade mildernde Umstände plaidieren. Der Hauptbeshwerdepunkt wird sein, daß die Taxen zu ho ausgefallen, die Werthe zu bo bemefsen find, und daß infolgedefsen die Exiftenz der Ansiedler gefährdet sei. Nun, meine Herren, Sie können sich wobl vorstellen, daß ih von meiner Stellung als Finanz-Minifter aus von vornherein bei der erften Einrichtung und unaufbörlich davor gewarnt - habe, die Taxen zu hoch anzunehmen. Ih habe das nicht bloß gethan, was ja meine Pflicht und Schuldigkeit gewesen wäre, im Interesse der Sicherung der Rentenzablung, folglih der Rentenbriefe, sondern auch im Interesse der Ansiedler selbst, weil ih es schwer bedauern würde, wenn ein fleißiger Mann, der ein kleines Kapital erspart bat, unter Umständen angesiedelt werde, die ihn {ließli wieder zum Ruin führen müssen. Das leßte Uebel halte ih für viel größer als einen mäßigen Verluft der Staatëkasse. Ih habe von vornherein die Befürhtung gehabt, daß man die Taxen etwas hoch fÆ#llen würde; denn eineêtheils war nicht zu leugnen, daß bier den General - Kommissionen plößlich eine große, neue, shwere Aufgabe geftellt wurde, und wer mit Taxen sich beschäftigt hat in seinem Leben, wird es an sih verzeiblih finden, daß man dabei fih täuscht.

Aber weiter: die Rentengutsabgeber, die Rentengutsbildner drängten natürlih auf hohe Preise, und ih glaube, ein großer Theil der Kreiédevutirien batte dieselbe Anshauung. Die General-Kom- mission ftand also von vornherein vor Parteien, die bobe Taren rehtfertigten oder für rihtig hielten; der Rentengutsnehmer war meistentheils nicht im stande, selbs eine erforderliche Kritik zu üben, der Eifer, ein selbständiges Rentengut zu bekommen, ließ ihn über die Schwie- rigkeiten oft binweggeben, und da stand denn allein die Kommission in der Mitte. Daß sie sehr viel Anträge wegen zu hoher Bemefsung der Werthe abgewiesen, daß sie in anderen Fällen ermäßigt, daß sie id redlih bemühi hat, das Richtige zu finden, kann gar keinem Zweifel unterliegen. Nun fommt aber weiter hinzu: das Gefeß trat 1891 in Kraft. Damals batten wir sehr hohe Getreidepreise ; damals war die Landwirthschaft noh lange nicht in den schwierigen Verhbält- niffen wie beute —, daß also da die Anshauungen von den Werth- verbältnifsen andere waren, wie sie heute sind, ift ganz naturgemäß.

Meine Herren, jeder Mensch wird bei so s{wierigen Aufgaben, wo fo viel auf ein vernünftiges Ermessen ankommt, zugeben müfsen, daß man da allein durch Erfahrungen klug wird, und alle Reskrivpte, die wir hier von oben machen, werden auch nit viel nüßzen, wenn nicht die unmittelbar ausführenden Behörden selbst das Richtige treffen. Es fann also sein das will ih durhaus zu- geben —, daß in dieser Beziehung in manchen Fällen verschiedene Mißgriffe vorgekommen, auch wohl nachgewiesen find; wir haben seitens des Finanz-Ministeriums immer darauf gedrängt, im einzelnen Fall, wo ein Zusammenbruch entstanden ift verhältnif:- mäßig find es aber noch sehr wenige dann genau zu unter- suchen; folhe Uebelstände sind vielfach entftanden niht dur zu hobe Taxen, sondern durch andere, besondere Umstände, namentlich auch durch ein zu geringes Kapital und durch zu theure Bauten, wobin die Ansiedler gar zu oft drängen; endli, meine Herren, liegt es auch oft an der Persönlichkeit des Ansiedlers, und daß man sih da leicht irren fann in Bezug auf die Beurtheilung des Fleißes, der Sparsamkeit, der Nüchternheit, der Solidität der Ansiedler, liegt do klar auf der Hand. Wir haben Arsiedlungen, die durhaus gelungen find, wo die übrigen Ansiedler sehr gut prosperieren, einige aber dur Liederlichkeit zu Grunde gehen; das wird man nie ganz vermeiden.

Ich sage das alles nur, um doch den Eindruck abzuwehren, der dur solche Verhandlungen entstehen könnte, indem man einzelne Üebelstände nur zu leiht zu generalisieren geneigt ift, den Gindruck abzuwehren, als wenn im Großen und Ganzen das Unternehmen miß- lungen sei und im großen Ganzen die General-Kommisfion in keiner richtigen Weise gehandelt hätte; das muß ih entschieden bestreiten. Wenn in dieser kurzen Zeit im Ganzen so wenig wirkliche Katastrophen eingetreten sind, wenn sih gezeigt hat in einer so klar bervortretenden Weise, wie kaum bei irgend einem anderen Gese, daß hier einem großen wirths{haftlihen Bedürfniß abgeholfen werden wird, wenn uns 100000 ha añgeboten find, wenn die Nachfrage nah Gütern, na fleinerem Grundbesiß Gott sei Dank noch immer sehr stark ift, wenn die soziale und die wirthschaftlihe Nothwendigkeit der Vermehrung der Menschenzaßl im Often und die Menschen machen den Werth des Grundbesites so klar hervorgetreten ift : so darf man sih nit verführen laffen, an einem wohlthätigen Geseg irgend eine allzu schroffe, verwerfende Kritik zu üben wegen einzelner unvermeidlicher Uebelstände.

Es sind Rathschläge gegeben worden in Bezug auf die Art der Kolonisation, namentli hat beispielsweise der Staatsrath ein wesent- liches Gewicht auf die Neubegründung von selbständigen Gemeinden

gelegt. Ich möthte solche generelle Sätze meinerseits nit aufstellen; im Großen und Ganzen bin ich der Meinung, daß diejenige Ansied- lung am besten gesichert ist, die sich an eine alte Gemeinde an- ließt, und nicht diejenige, welche in einer neu gegründeten Kolonie besteht. Aber ih gebe zu, daß das eine l[ofale Frage if, eine Frage, die von einer Reihe lokaler, wirthshaftlicher und sozialer Gesihtépunkte abhängt. Häufig wird es zweckmäßig sein, eine eigene Kolonie zu bilden, häufig die Anfiedlung an eine andere Gemeinde anzus{ließen, häufig aber auch fie auf Vorwerken eines Gutsbezirks anzusiedeln. Wollen Sie dadurch, daß Sie solle Säße aufstellen, gerade die wirths{haftlich bäufig zwreckmäßigen Anfiedlungen auf Vorwerken verhindern ? Ich glaube nit, daß das Ihre-Absiht ift. Also, ih glaube, solche allgemeinen Regeln den General-Kommissionen ju geben und zu sagen: darnach habt ihr zu verfahren, ist an fich bedenklich.

Ih komme zum Ergebniß: Die Regierung wird fich ganz loyal und aufrihtig mit Ihnen zu verftändigen suchen, indem sie die Kritiken des Bisherigen anbört und ihrerseits Ermittelungen anftellt über die Vorschläge, die ju machen sind, um das bisherige Verfahren zu ändern; aber {hon wegen der Konsequenzen im parlamentarischen Leben rathe ih den Herren dringend davon ab, ihre Wünsche zu Bedingungen eines an si unbestreitbar nothwendigen Gesetzes zu machen.

Was den geseßlichen Boden betrifft, auf dem das bisherige Ver- fahren beruht, so habe ich feine Minute in der Kommission gefehlt, die dies betreffende Geseß berieth; i kann bezeugen, noch weiter gebend, als Herr Dr. Sattler es eben that, daß ih nicht bloß private Anfragen im Sinne der jegigen Auslegung der Regierung beantwortet habe, sondern daß die Sache au, soviel ih mich erinnere, öffentlih in der Kommission zur Sprache fam. Also ein Zweifel über den Rechtsboden, auf dem die Regierung ftebt, kann nach meiner Ansicht nicht aufkommen.

Da fragt es sh denn, ob die bisherigen Erfahrungen von der Beschaffenheit sind, daß man {on jeßt an eine Aenderung des Ge- seßes gebt, namentlih ein Mitentsheidungêreht den Kreisausshüfsen einräumt. Jh «habe immer gefunden, daß große Unternehmungen, je schwieriger sie sind, defto befser in der Hand einer einzelnen Person oder einer Behörde liegen als in der Hand verschiedener Behörden. Welche Schwierigkeiten es im Geschäftsgang son mat, wenn bei einundderselben Angelegenheit mehrere Ministerien be- theiligt find, erleben wir Minifter jeden Tag; und nun wollen Sie diese Sachen, die nach meiner Meinung sowohl in rechtliher als praktischer, materieller, wirthshafiliher Beziehung aus einem greßen Gesichtspunkt behandelt werden müssen, au indie Entsheidung zweier Be- böôrden legen, welhe naturgemäß von verschiedenen Gesichtépunkten ausê- gehen! Die General-Kommission hat doch wesentlich das Interesse des Staats und der ganzen sozialen Verbältnifse im Auge zu haben, während die Kreizausshüfse naturgemäß mehr die lokalen Interessen und Gesichts- punkte zu betraten haben. Daß die Kreisausschüsse gehört werden, Gelegenheit offiziel bekommen, Bedenken zu äußern, und daß dann eine Entscheidung in leßter Instanz bei den Ministerien getroffen wird, dagegen wird nichts zu erinnern fein. Aber wenn Sie das ganze weitläufige Verfahren der Verwaltungsjustiz mit seinen Beshwerden, Beschlüffen und Klagen bis an das Ober - Verwaltungsgericht bier bhineintragen, dann theile ih allerdings die-Befürchtung, daß Sie dem Fortgang dieses großen sozialpolitishen Unternehmens {were Hindernisse bereiten.

Nun frage ih: haben Sie Interesse, daß Sie, was Sie anscheinend selbt nur wollen abgesehen von einzelnen Rednern, die vielleicht weitergehen —, die Anhörung des Kreizauss{hufses, die Gewährung der Möglichkeit, Bedenken zu äußern —, im Geseß fest- zulegen? Ich glaube, ¡in!dieser Beziehung hat der Herr landwirth- schaftliche Minifter {hon genügend dargelegt, daß gegenwärtig, wo wir noch im Stadium des Versubs und des Sammelns von Er- fahrungen sind, es gar niht erwünscht wäre, ‘eine geseßlihe Regelung dabin festzulegen. Wollen Sie aber eine Mitentsheidung, ein zweites daneben herlaufendes Verfahren haben, so, glaube ih, werden Sie bei der Staatsregierung allerdings auf Zustimmung kaum zu rechnen haben. SIch fann ja darüber offiziell eine bestimmte Erklärung niht geben; aber ich wenigstens balte zur Zeit nah meinen Erfahrungen ein soles Neben- einanderberlaufen ¡weier ganz verschiedener Behörden mit ver- schiedenen Gesichtépunkten bei einer an sih fo schwierigen Sache für faum auéführbar.

Ich komme also dahin, daß ih Sie dringend bitte, feine formalen Bedingungen zu stellen. Ih wünsche geltend zu machen : die Staatsregierung wird in loyaler Weise sh mit Ihnen darüber unterbalten ; wo Sie uns überzeugen können, daß in dem bisherigen Verfahren s{hwere Febler liegen, werden wir sie zu beseitigen suchen ; aber alles das hat mit der Nothwendigkeit der Bewilligung einer General-Kommission in Königsberg nichts zu thun !

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Pen erflärt \fih namens des Ministers des Innern mit den Kommissionsbeshlüfsen einver- standen und betont, daß die Resolutionen der Kommission auf dem Instruktionswege ausgeführt werden follen.

Abg. von Unruh (fr. kons.) vertheidigt die General-Kommission zu Bromberg gegen den Vorwurf, day sie sozialpolitisch unrichtig verfabren sei. Sie verdiene vielmehr Dank, daß sie den Versuch ge- macht habe, die Arbeiter seßhaft zu mahen. Abgeändert werden müsse entweder durch Verordnung oder durch Gese der Mißstand, daß die Landräthe von den Rentengutsbildungen häufig nihts erführen.

Geheimer Regierungs-Rath S a chs weist darauf bin, daß säâmmt- lide General-Kommissionen von definitiv eingeleiteten Rentenguts- bildungen die Landräthe unterrichten.

Abg. E von Zedliß und Neukirch (fr. konf.) bemerkt, durh daë Gesetz von 1891 habe der General-Kommission keine dikta- turartige Macht gegeben werden sollen. (Sehr richtig! rechts.) Die Befugnisse der General-Kommissionen müßten ausdrüdcklih es Gesetz festgelegt werden. Auch müßte den Selbstverwaltungskörpern ein ent- iceidender Einfluß zugestanden werden. Das Urtheil des Abg. Sattler über die Kreis-Ausschüfse könne seinen Grund nur in ungenügender Kenntniß der Selbstverwaltung haben. Die Regierung solle sich bis zur dritten Lesung {lüssig machen, ob sie in der nähsten Session ein Gesetz in der Richtung der Resolutionen vorlegen wolle.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Halb ey: Bei der Königlichen Staatsregierung herrscht fein Zweifel darüber, daß das öffentliche Ret durch den § 12 des Gesetzes vom Jahre 1891 nicht berührt wird. Wir find der Meinung, M E Recht gerade durch die Verordnung des Herrn Ressort - Ministers vom Vahre 1892 ge- wahrt wird.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Der Herr Abg. Freiherr von Zedlig stellt die Satte etwa fo dar, als wenn das jeßige Verfahren die Betheiligten, die Nachbarn u. s. w. vollkommen rechtlos mache und daß diese

Resilosigkeit dadur bedingt sei, daß man nicht den Kreisausshuß und das ganz formal durhgeführte Verfahren der Verwaltungëjustiz hier zugestehen wolle. Diese Anshauung if doch nit begründet, denn wir baben bier die General-Kommission, die zum theil eine selbständige Entscheidung der Fráge hat und aus rechts- und fah- kundigen Personen besteht. Wenn vor dieser das Verfahren fstatt- findet und die Berufung an die vorgesezte Behörde, nämlich an den Landeskulturrath, gebt, so kanm man doch niht davon sprehen, daß hier etwas vollkommen Willkürlihes vorliege, ib mödhte sagen, ein vollfommener Mangel an Rechts- shuß. Ih hätte an sih garnichts dagegen, wenn man den Kreis- aus\{uß in größerem Maße bei dem Verfahren betheiligte; für mih ist das Widerstrebende nur, daß hier das imperium, die Durh- führung des ganzen schwierigen Unternehmens dann unter zwei verschiedene, neben einander stehende und naturgemäß dabei bleibe ih ftehen vielfa von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehende Behörden vertbeilt wird. Daß die General-Kommission wenn man meint, fie kenne die [ofalen Verbältnifse vielfah nicht so genau- wie die Mit- glieder des Kreisausshufses und der Landrath angehalten werde, den Kreisausschuß zu böôren, sodaß er in der Lage ift, alle etwaigen Bedenken geltend zu machen und in Streitfällen die Sache der böberen Instanz vorzulegen, dagegen ift ja nichts zu erinnern. Ich glaube, die Herren erreichen dadurch ibren Zweck genau so gut, als wenn sie was wieder nach der anderen Seite große Bedenken hat eine entscheidende Mitwirkung des Kreizauëschufses und ein Unter- stellen unter die Verwaltungsjuftiz bis zum Ober-Verwaltungêgericht bineintragen. Welche Garantien größerer Sachkunde in der obersten Instanz liefert denn das Ober-Verwaltungsgeriht als die Minister resp. der Landeskulturrath ? Das ift garniht zu ersehen.

Fh glaube, das Kompromiß, welches der Herr Abg. Freiherr von Zedliz vorschlägt, ift eigentlich schon erreiht, indem der Herr landwirtbsaftlihe Minister sih ausdrücklih verpflichtet bat, die General - Kommissionen anzuweisen, dem Kreisausshuß Gelegen- heit zu geben, ibre besonderen und die nachkbarliden Interessen geltend zu mahen. Jh glaube, man fann ein großer Freund der Verrzaltungsjustiz sein und doch meinen, daß der fih dann gestaltende Gang zweckmäßiger und praktischer ift, als die Anwendung der s{chwierigen und weitläufigen Verwaltungs- justiz. Von einer Machtlosigkeit in dieser Sache kann gar nicht die Nede sein.

Nun behauptete der Herr Abg. Freiherr von Zedliß, nah meiner Meinung doch mit vollem Unrecht, daß hier so ich will einmal den Ausdruck gebrauchen, obwohl er ibn nichk gebraucht hat eine Bestimmung in das Gesetz bineingebraht sei, welche unverständlih geblieben und vielleiht nicht angenommen wäre, wenn fie klar aus- gedrüdt wäre so, glaube ich, kann ich wobl seine Worte wieder- geben. Nun muß ih aber doch sagen, daß in der Kommission eine sehr große Anzahl sachkundiger Mitglieder waren, die die Kompetenzen der Behörden genau kennen, namentilich eine Reibe von Landräthen. Und wenn es hier klar heißt, daß die Kompetenz, welhe den General - Kommissionen zusteht es beitt: das Verfabren findet darauf Anwendung —, daß die Kom- vetenz, die in diesem Verfahren der Auseinanderseßzung den General- Kommissionen zusteht, auch für dies Verfahren gelten foll, so ist das an sih ganz flar. Jh glaube mi ganz bestimmt zu erinnern, daß die Sache auch öôffentlih in der Kemmission besprochen worden ift; jedenfalls weiß ich ganz bestimmt, daß ih vor einer Gruppe von Ab- geordneten diese Frage, die mir vorgelegt wurde, beantwortet habe, und ih habe gar keinen Widerspruch in der Sache selbft gefunden. Also ih kann nit zugeben, daß hier ein unklarer Ausdruck vorläge. Ich bin an den Verfügungen, welche die drei Minister erlassen haben, nit betheiligt gewesen; ih würde aber keinen Augenblick im Zweifel gewesen sein, der rechtlihen Auffaffung der General-Kommissionen zuzustimmen.

Nun sagen die Herren: wir wollen ein Gefeß haben. Es handelt sih aber nit bloß um die Form, ob eine Zusicherung des Ministers genügt, namentli in so feierliher Weise vor dem Erlaß eines neuen Gesetzes, sondern es handelt sich um die Sache selbst. Es handelt si darum, ob der Kreisaus\{huß formell entscheiden solle wie beim Ansiedlungsgese, und ob darauf sich das ganze Verfahren aufbauen soll, oder ob, was meiner Meinung nach materiell das für die Wahrung aller Interessen Richtigste wäre, vollständig das\elbe erreicht würde, wenn der Kreisauëshuß aufgefordert wird, etwaige Bedenken geltend zumachen, und die Sahe im Administrativverfahren bis in die bôhste Instanz zur Entscheidung - gebraht werden soll. Das ift die eigentlihe Frage. Wie würde die Sache werden, wenn wir erflärten, wir wollen ein Geseg vorlegen. Damit haben die Herren ja nichts gewonnen, materiell au nicht für die Frage der Ent- scheidung der Etablierung einer neuen General-Kommission in Königs- berg; denn wenn das Gesey naher vorgelegt wird und käme nicht zu stande, so würde die General-Kommission in Königsberg vor- handen sein und bliebe doch das Verfahren wie bisher. Dagegen jeßt hon den Herren zusihern : wir wollen ein Geseß vorlegen, welches von dem fardinalen Gesichtspunkt ausginge, den einige der Herren vertreten, daß namentlih- ein vollständiges Verwaltungs- Fustizverfahren vom Kreis-Aus\{chuß bis zum Ober-Verwaltungsgericht stattfinden soll dazu würde die Staatsregierung zur Zeit niht im stande sein; das wird Freiherr von Zedliß mir zugeben. Jh glaube also, im wesentlihen haben die Herren erreiht, was fie wünschen, und ich muß selbst zugeben, wenn ih ein Präsident einer General- Kommission gewesen wäre, so würde ih bei einer neuen Anfiedlung auch ohne das Geseß mich veranlaßt gesehen haben, den Kreis- Aus\chuß immer zu hören. Wenn dann noch hinterher eine formale Ein- wendung ergeht, so könnten die Herren, glaube ih, nah allen Nich- tungen hin \fich durchaus beruhigen.

Abg. Ehlers (fr. Vag.): Wenn ih richtig verstanden habe, machen die Herren Redner der Konservativen ihre Abstimmung in dritter Lefung namens ihrer Parteien La von der Erklärung, die die Regierung hinsichtlich der Resolution der Kommission abgeben wird. Ich halte es niht für rihtig, die Einrichtung einer General- Kommission in Königsberg von einer Aenderung der Rentenguts- elevae ung abhängig zu machen. Wir leiden im Osten der Monarchie fe r unter der Ueberhäufung der Bromberger General-Kommission mit Geschäften. Eine Ablehnung der General-Kommission für Königs- berg würde die Einrihtung von Rentengütern noch mehr hemmen. Die Rentengutsbildung hängt im allgemeinen . au weniger von einzelnen Geseßesparagraphen als von den Personen ab, in deren Händen sie liegt. Eine thunlihste Mitwirkung der Selbst- verwaltungsbehörden wurde in der Kommission von allen Seiten ge- wünsht. Ih möchte hoffen, daß das Haus auf diesen Standpunkt zurückfehren wird. Eine Regelung auf dem Wege der Geseßgebung,