1914 / 49 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

fragen niht auf das Ret des Stärkeren oder das Recht des

chwächeren ankommt. Den Präsidenten des MReichseisenbahnamts möchte ih bitten, auf eine Verbesserung der Fahrzeiten bei den deutschen Gisenbahnen hinzuwirken. Das Publikum hat einen Anspruch darauf, möglichst schnell am Bestimmungsorte anzukommen und seine eschäfte au erledigen. Vor einigen Tagen hat die „Frankfurter Zeitung“ auf die Verschlehterung in der Postpaketbeförderung hingewiesen und dafür namentli die preußisch-hessische Eisenbahnverwaltung verantwortlich gemacht. Es werden in neuerer Zeit nicht mehr soviel Schnellzüge Ur Postbeförderung zur Verfügung gestellt wie früher. Auch hier muß Wandel geschaffen werden, wenn die Geschäftswelt nicht geschädigt werden soll. "Es muß auf eine Vereinheitlichung des Pt hin- gewirkt werden. Vielfah wird auh in Süddeutschland darüber ge» Tlagt, daß in der leßten Zeit die Briefpost einen halben Tag später anktommt, als es früher der Fall war. Wenn wir uns für eine Er- höhung der Betriebsficherheit auf den deutshen Eisenbahnen aus- sprechen, so wird uns vom Negierungstish 1mmer entgegengehalten, daß wir gegenüber dem Auslande im Vorteil seien. Dies ist jedoch nicht auf die Bestimmungen und die Handhabung dieser Bestimmungen durch die Verwaltung zurückzuführen, sondern manche Unfälle werden rein durch Zufall verhindert. So war es im vorigen Jahre in zwei Fällen auf der Strecke Berlin—Frankfurt, wo ein Defekt im Speise- wagen nur durch Zufall entdeckt wurde. Aehnliches passierte auf der Strecke Frankfurt—Mannheim. Die Hauptschuld an den Unglüks- fällen trägt die Bestimmung, daß nur nah 200 Kilometer Entfernung die Wagen auf ihrèBetriebs\icherheit untersuht werden. Ein Fach- mann hat diese Bestimmung auf die Sparsamkeitsrücksichten der preußt- schen Verwaltung zurückgeführt. Vergeblich haben wir bisber ‘eine Ver- kürzung der Dienstzeit der Beamten und Arbeiter gefordert. 52 % der preußi}chen Eisenbahnbediensteten haben ‘eine tägliche Arbeitszeit von über 11 Stunden, ebenso 62,72. % der Schrankenwärterinnen. So ist es denn auch kein Wunder, daß in einem Prozeß gegen einen Hilfs- weichensteller sogar der Staatsanwalt mit Rücksicht auf die Ueber- bürdung dieses Beamten für mildernde Umstände plädierte. Aus dem amtlichen Jahresbericht der preußish-hessis{chen Eisenbahngemein- schaft für 1912 geht hervor, daß 20 % des Zugbegleitungspersonals, 34 % des Lokomotivpersonals über 10 Stunden täglich beschäftigt sind. Wenn ein Lokomotivführer 10 Stunden auf der Lokomotive steht, so ist er so abgearbeitet und erschöpft, daß ein Weiterarbeiten die Bes triebs\icherheit aufs äußerste gefährden muß. 1912 sind im Betriebe 666 Eisenbahner tödlih verleßt, 1449 {wer verleßt worden. Diese erschreckenden Ziffèrn müssen doch der Verwaltung die anderweite Negelung der Arbeitszeit dringend nahelegen; man gebe den Eisen- bahnern die nöôtige Zeit zur Nuhe und zur Erseßung der verbrauchten Körperkraft. Ebenso ist die Zahl der durh Niveauübergänge ohne Schranken verursahten Unglücksfälle ershreckend groß; diese Niveau- übergänge müssen beseitigt oder mit festen Schranken versehen werden. Die Vorkehrungen zur Revision der Waggons nach beendeter Fahrt des Zuges sind oft ungenügend. In einem Falle ist aus diesem Grunde die Leiche eines auf der Fahrt GCrmordeten erst bei der MNeinigung des Waggons, also viel zu spät aufgefunden worden (Vizepräsident Dr. Paasche: Diese Angelegenheit gehört doch niht in das Bereich der Funktion des Reichseisenbahnamts). Aber sie illustriert do auch den Grad der Betriebssicherheit. Auch die Sozialdemokraten haben das größte Interesse daran, den Eisenbahnern zu helfen, und zwar sowohl im Interesse der Eisenbahner selbst als auch im Interesse der Betriebssicherheit. Der Abg. Schwabach hat hier neulich behauptet, wir hätten kein Herz für die Eisenbahner; ih muß diese Behauptung aufs entschiedenste zurückweisen. :

Abg. Schwaba ch (nl.): Jch lasse mich weder auf diese leßte Anzapfung noch auf die meisten von dem Vorredner vorgebrachten Be- schwerden ein. Denn diese überschreiten vielfach den Rahmen, der der Debatte bei dem Etat des MReichseisenbahnamts gezogen ist. Unrichtig ist die Behauptung, daß das Neichseisenbahnamt mcchts leiste; son der Abg. Singer hat setnerzeit in der Budgetkommission erklärt, daß, wenn das Réichseisenbahnaint micht Bor eristierte, man es jeßt \{affen müsse. Der Werdegang dieser Reichseinrichtung hat fich allerdings

von der ursprünglichen Ideë weit entfernt. Das ist aber auch auf anderen Gebieten geschehen; auch mit dem Amte des Reichskanzlers ô. B., dessen Inhalt selb Fürst Bismark so gering einschäbte, daß er preußischer Ministerpräsident bleiben wollte und als Reichs anzler nur den Vorsiß im Bundesrat zu führen gedahte. Auch das Reichseisen-

bahnamt hat einen anderen Inhalt bekommen, als zuerst gedacht war. Das Amt ist keineswegs derart beschaffen, daß sich die einzelstaatlichen Eisenbahnverwaltungen ruhig über seine Auffassung hinwegseßen können; auch der preußishe Eisenbahnminister kann fd, wenn das Amt im Recht ist, seinem Einfluß nicht entziehen. Man wird nur wünschen können, daß das Amt wie bisher sich an der Fortentwicklung des deutschen Gisenbahnwesens beteiligt. Das ist auch durchaus nicht seine einzige Aufgabe; es kommt hinzu die Aufsicht über die Privat- eisenbahnen, es kommt hinzu die Tätigkeit, die es auf militärishem Gebiet zu leisten hat. Nur Mangel an Sachkenntnis kann dem Amt die Eristenzberehtigung absprechen. In den lebten Jahren ist ver- langt worden, daß sih das Amt auf dem Gebiete der geseßlichen Fest- legung der Dienst- und Nuhezeit der Beamten betätigt, Diese Frage ist eine außerordentlich s{wierige; auch die in der Schweiz gemachten rfahrungen ermutigen nit befonders, aber wir werden nicht ablassen, gu weiteren Versuchen und Bemühungen in dieser Richtung aufzufordern. Ich hatte im vorigen Jahre namens meiner Freunde bei diesem Etat eine Resolution vorgetragen, die sich mit den Rechts- und Arbeits- verhältnissen des außerhalb des Beamtenverhältnisses beschäftigten Personals befaßt. Jch habe damals eine Regelung der Dienst- und MNuhezeiten verlangt. Da gerade im Betriebe der Reichseisenbahn- verwaltung eine Rethe von Beamten si befinden, die außerhalb des Beamtenverhältnisses beschäftigt sind, so muß sich die geforderte Denk- schrift über die ganze Tätigkeit erstrecken, wenn sie thren Zweck er- füllen soll. Es wurde zugesagt, daß diese Denkschrift vorgelegt werden wird; hoffentlih wird das bald geschehen. Deshalb wollen wir zunächst die Negelung der Dienst- und Nuhezeiten in der Schwebe lassen, weil erst durch die Vorlegung der Denkschrift diese Angelegenheit fachlich einwandfrei geregelt werden kann. Das fann uns aber nicht davon abhalten, der materiellen Seite der Sache unsere Aufmerksam- keit zuzuwenden und darauf zu sinnen, wie der Ucberlastung des gesamten Personals am besten abgeholfen werden kann. Insbesondere ist wichtig, daß die Lösung dieser Frage einheitlich für alle deutschen Gisenbahnen erfolgt. Wir sehen darin einen weiteren ¿ortschritt in der Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens. Wenn die Ver- handlungen, die bezüglich der e einheitliher Vorschriften für die sämtlichen deutshen Gifenbahnen gepflogen sind, zum Abschluß gelangen, wird dadur hoffentlich eine beträchtliche Diensterleichterung erreiht werden. Jh wäre dem Präsidenten des Meichseisenbahnamtes sehr dankbar, wenn er hierüber eine Auskunft geben würde. Ich habe im vorigen Jahre bereits ausgeführt, daß das Verfahren, die Fracht nah dem Tonneninhalt der Wagen zu berechnen, zu erheblichen Klagen Anlaß gegeben hat. Dies Verfahren trifft besonders die kleineren landwirtshaftlichen, segensreich wirkenden Viehverwertungsgenossen- schaften. Damals wurde erwidert, daß in dieser Frage eine Prüfung stattfinde, und daß sih hoffentlih eine erfolgreihe Lösung finden werde. Jch möchté fragen, ob diese Prüfung stattgefunden, und zu welchen Ergebnissen fie geführt hat. Die Verwaltung hat ja den Normaltyp des 10-Tonnenwagens durch den 15- und 20-Tonnen=- wagen erseßt. Diese Maßnahme kann vom Standpunkte der - Wirt- \chaftlichkeit gar niht hoh genug angeschlagen werden. Sie hat jedoch auch Schäden im Gefolge gehabt. Ih möchte deshalb fragen, ob hier nicht ein ähnliches Aushilfsmittel en werden könnte, wie es der Práâsident für die Triebwagen in Aussicht gestellt hat. Dann möchte i fragen, wie o die neue Zollordnung in der Dee bewährt. Es haben viele Jahre zwischen der Zoll- und Gisenbahnverwaltung Ver- handlungen ges{chwebt, den Eisenbahnbeamten einen Teil der Funk- tionen der Zollbeamten zu übertragen. Die S A hat sih da- gegen gesträubt. Diese Maßnahme kann jedoch nicht weit genug aus- gevehnt werden. Dadurch wird nicht nur eine Ersparnis von Arbeits- kräften erreicht, sondern au eine R in der Abfertigung. Der Präsidènt möge diésem Gegenstande seine unausgeseßte Auf-

merksamkeit zuwenden. Dasselbe gilt au für die auf Erleichterung

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bei der Abfertigung des Reise- und Handgepäks gerichteten Bestrebun- gen. Der Präsident erklärte vor zwei Jahren, daß die internationale Konferenz tn Bern auf Antrag der preußischen Vertreter eine MNe- olution angenommen habe, -die unserer Auffassung gerecht wird. Bis Tas haben wir jedoch E weiter gehört. Aehnlich is es bei der Frage der geseßlichen Megelung der Sifinna der isenbahn für Sachschäden. Ebenfalls« vor zwei Jahren wurde erklärt, daß die Bundesregierungen einen Entwurf ausgearbeitet hätten; diesen Snt- wurf haben wir bis heute noch nit gesehen. Hoffentlich wird nun bei dieser Angelegenheit ein \chnelleres Tempo einge\{hlagen. Wie steht es mit der vom Präsidenten in Aussicht gestellten Nebengebührenfrage im Sinne einer Ermäßigung? Es wäre erwünscht, wenn die Ver- kehrserleihterungen und Verbesserungen, die die neue Eisenbahn- verkehrsordnung uns gebracht hat auch im Auslande eingeführt würden. Das internationale Uebereinkommen wird alle fünf Jahre einer Ne- vision unterzogen. Hoffentlich werden bei der nächsten Revision die von deutscher Seite angestrebten Erleichterungen durchgeführt. Damit würde sich das Reichseisenbahnamt einen ganz besonderen Dank ver- dienen. Hoffentlich werden in dieses internationale Uebereinkommen die deutschen Bestimmungen über das Personengepäck aufgenommen. Auch bezüglich der Beförderung feuergefährlicher Gegenstände ist eine internationale Verständigung anzustreben, die gerade für unsere chemiscbe Industrie von großer Bedeutung ist. Leider hatte die bayerische Regierung sih dem Abkommen der deutschen Bahnen über die monatlichen Veröffentlichungen nicht angeschlossen. Vielleicht gelingt es dem Neichseisenbahnamt, diese empfindlihe Lücke auszufüllen. Die mitteleuropäische Zeit ist von enormer Bedeutung für den Betrieb der Gisenbahnen, und nicht zuleßt auch von großem strategishen Wert. Diese CEinheitlichkeit läßt jeßt insofern manches zu wünschen übrig, als einzelne Staaten, wie z. B. Italien, die Tagesstunden durchzählen und nicht wie wir die Zeiten von 6 Uhr Abends und 6 Uhr Morgens unter- streichen. Wie ich höre, sind auch bei uns Verhandlungen darüber im Gange, ebenso zu verfahren. Auch .hier wäre Auskunft erwünscht. Wie in Oefterreih und in anderen Ländern follte man auch bei uns den Handlungsreisenden Fahrpreisermäßigungen gewähren. Notwendig ist dann auch eine einheitliche Tarifreform im Erpreß- und Güterverkehr, zumal ja in Norddeutschland die Tarife im allgemeinen höher als in Süddeutschland sind. Es wird unangenehm empfunden, daß die amt- lichen Auskunfts\tellen keine Gewähr für die Nichtigkeit der Auskünfte über ausländische Tarife geben. Die Frage der selbständigen Kuppelung ist ja auf deutschen und einzelnen fremden Cisenbahnen näher geprüft worden. Die Erfolge scheinen jedoch nicht allzu ermutigend gewesen zu sein. Aber man sollte es do nit aufgeben. Wenn man auch nicht zu einer internationalen Regelung tommt, so wäre schon für uns sehr viel gewonnen dadurch, daß die Sicherheit unserer Bahnen dadurch noch mehr zunehmen würde. Bei dem heutigen Uebertritt der Wagen von einem Eisenbahngebiet auf das andere würden sich {ließlih dann auch die anderen Verwaltungen dazu entschließen, diese Kuppelung ein- zuführen. Da bei dem Widerstand des Bundesrats und der Eisenbahn- verwaltungen eine Eisenbahngemeinschaft nicht zu erreichen ist, P ist doch der Staatswagenverband, wenn er auch nur ein ungenügender Grsaß ist, mit Freuden zu begrüßen. Der Reichstag wollte in einer Denk- {rift darüber Aufklärung haben, wie dieser Verband gewirkt hat und welche Gründe zur Ablehnung der Betriebsmittelgemeinschaft geführt haben. Wenn auch scheinbar der Bundesrat die lebte Frage nicht beant- worten will, so hätte er doch wenigstens die erste beantworten sollen. Das Neichsamt des Innern hat sicherlih auch ein Interesse daran, zu erfahren, wie sih dieser Verband bewährt hat. Es ist mögli, daß man hier Preußen dasselbe unterschiebt, wie man es bisher bei der preußisch-Hessishen Cisenbahngemeinschaft getan hat, welche Angriffe jedo in überzeugender Weije widerlegt worden sind. Als im báyerischen Landtag 17 Millionen zur Beschaffung von Güterwagen für die bayerishen Eisenbahnen verlangt wurden, erklärte der Referent und früheres Mitglied dês Meichstags Dr. Pichler, daß diese alte, rung weit über das Bedürfnis Bayerns hingusgehe und nur den Wün- s{èn der Betriebsgemeinschaft diene. Jch habe den Abg. Pichler nicht verstanden, denn gerade die füddeutschben Staaten haben ein Interesse an der Betriebsgemeinschaft, und hier im Reichstage haben wir für das viel ‘geringere Cisenbahnnes in Elsaß-Lothringen 11 Millionen für ¿ahrmaterial bewilligt. Im Meichstag darf der Gedanke nicht auf- tommen, daß die Bundesstaaten untereinander es an Loyalität fehlen lassen könnten. Hoffentlih kann der Präsident des Reichsèisenbahn- amts die Behauptung des Abg. Pichler auf das richtige Maß zurücT- führen. Jch bedaure dessen Standpunkt um so mehr, als er dem von uns gehegten Gedanken der Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahn- wesens nicht förderlich sein kann. Die Einzelstaaten sollten sich Jagen, daß bei dem stetigen Anwachsen der Selbstkosten eine genügende ente nur herausgewirtschaftet werden kann, wenn alle Borzüge des Groß- betriebes, die die Ausgaben herunterdrücken, in die Wagschale geworfen werden können. Wenn die süddeutschen Staaten den Anschluß an Preußen finden, so tun sie nur gut daran. Die Bedingungen dafür würden für sie zweifellos besser scin, als wenn das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben sih noch weiter verschlehtert und die finanziellen Verhältnisse sie zwingen, sih an Preußen anzuschließen. Durch Ausführungen, wie die des Abg. Pichler, wird nicht nur das bundesfreundlihe Verhältnis unter den Bundesstaaten geschädigt, sondern auch der preußische Eisenbahnpartikularismus, dem bei dem günstigen Stand des preußischen Cisenbahnwesens eine gewisse Be- rehtigung nicht abzusprechen ist, gestärkt. Dhne Preußen ist eine Ber- einheitlichung des deutschen (Fisenbahnwesens nicht möglich, die anderen Staaten würden aber durch den Anschluß an Preußen dessen Vorteile mitgenießen und thr finanzielles Risiko verringern. Der Präsident des NReichseisenbahnamts fprach uns im vorigen Jahre von Plänen zur weiteren Vereinfachung des Personenverkehrs, Grleichterung des Ueber- gangsverkehrs, zweckmäßigeren Gestaltung des Betriebes usw.; hoffent- lich kann er uns etwas über den Fortgang dieser Pläne mitteilen. Die Klagen über den Wettbewerb, den Preußen den anderen Bundesstaaten im Eisenbahnwesen macht, wollen leider nicht verstummen, obwohl offiziell das Bestehen eines Eisenbahnkriegs zwischen Preußen und Sachsen in Abrede gestellt wird. Die ganze öffentlihe Meinung in Sachsen glaubt, daß Preußen seine wirtschaftliche Uebermacht gebraucht, um Sachsen auf dem Gebiete des Gisenbahnwesens zu unterdrücken. Dieser Anschauung follte so entgegengetreten werden, daß sie keinen Glauben mehr findet, denn die Vorausseßung aller Fortschritte im deutschen Gisenbahnwesen ist, daß Fie Einzelstaaten und die beteiligten Kreoise sich gegenseitig volles Vertrauen entgegenbringen. Dieses Ver- trauen zu fördern, ist eine der größten Aufgaben des Reichseisenbahn- amts, dessen Präsident wohl wie bisher das seinige dazu beitragen wird. Wenn das Neichsamt in der Nichtung der von uns gewünschten wereinheitlihung des deutshen Eisenbahmvesens mit Erfolg weiter arbeitet, werden wir ihm dankbar sein. i Abg. von Boehn (dkons.): Die Bestimmungen der Gisenbahn- verkehröordnung über das Füttern und Tränken der Tiere während des Eisenbahntransportes haben zu großen Härten geführt für die Ver- käufer und zu einer Schädigung der versandten Tiere. Es sind mir von mehreren Firmen darüber berechtigte Beschwerden zugegangen. Die Verkehrsordnung sieht vor, daß der Viehversender einen Mann mit- \hicken darf, der das Vieh füttert und tränkt, Es ist mir versichert worden, daß ein solher Mann sehr teuer zu stehen kommt. Anderer- seits bestimmt die Eisenbahn, N Begleitmann nicht mit- geschickt wird, die Eisenbahnen jelbst die Fütterung und Tränkung übernehmen. Das geschieht z. B. in Halle. Eine sehr bedeutende Firma, die seit Jahrzehnten Vieh nah Süddeutschland versendet, \hreibt mir, daß sie von einem Bahnhofêwirt, der die Fütterung usw. übernommen hatte, eine Rechnung von 45 M für eine Fütterung er- haltén habe. Das war aber nicht âlles; es kam noch ein weiterer Schaden hinzu für beshädigte Schweine, Ein Schwein war einge« angen im Werte von 150 Æ, und zum Schluß sagte der Empfänger bes Viehes, das, was Du mir geschidt hast, entspricht nicht unserer Verabredung, ih wollte das Vieh ungetränkt und ungefüttert habenz ih ziehe Dir noch ein Grkleckliches ab. Jh habe mih im Interesse N Firma beschwerdeführend an den Minister der öffentlichen Arbeiten gewandt. Dieser teilte mir aber mit, daß es ih um eine Bundesratsbestimmung handle, er selbst könne nihts machen. Die be- stehenden Bestimmungen führen zu ciner pekuniären Schädigung der

Geschäftswelt, zu einer Unterbrechung der Geschäftsverbindung zwischen Norden und Suden. Eine weitere Folge ist, daß die Preise des Fleisches im Süden steigen müssen. Wenn an einer Stelle der Transport unter- brochen und das Vieh zur Untersuchung ausgeladen wird, so wird auch die Seuchengefahr verstärkt. Vor allem werden die Schweine- mäster und die VirbeentMaitAalkn, aber auch die kleinen Leute ge- [igs Jeder meiner Arbeiter mästet jährlich 6 Schweine, und es ist sehr bedauerlich, daß auch diese 2 rbeiter durch die ‘Maßnahme ge» troffen werden. Bor allem werden die Konsumenten im Süden des Neiches benachteiligt. Wenn das Vieh unterwegs ausgeladen, ge- suttert und getränkt wird, so wird die ibm nôtige Nuhe gestört, und das Fleisch leidet in seiner Qualität. Infolge des Ausladens kommt das Vieh 8 Stunden später im Süden an, und das ist von der größten Wichtigkeit. Daß das Vieh durch das Ausladen beeinträchtigt wird, it auch von der Eisenbahnverwaltung nicht bestritten worden. Ich bin ein großer Tierfreund, aber Theorie und Praris gehen hier auseinander. Gs gibt Käufer, die das unterwegs gefütterte Vieh absolut nicht nehmen wollen. Das gefütterte Vieh kommt zerschunden oder ‘gar tot am Bestimmungsorte an. Wer dem Ausladen und Füttern der Tiere beigewohnt hat, muß sagen, daß diese Prozedur auf eine Tierquälerel hinauskommt. Es ift also der humane Zweck der Tierschußvereine nicht erreicht, wohl aber eine enorme Schädigung der Händler und Mäster herbeigeführt worden. Jh möchte den Präsidenten des Neichseisen- bahnamis bitten, zu erwägen, ob nit eine Kommission des Tierschußz- L dieserhalb nochmals zusammenberufen und befragt werden önnte.

Abg. Dr. Vaas (fortschr. Volksp.): Jch stimme mit dem Abg. Schwabach darin überein, daß das Neichseisenbahnamt eine Not- wendigkeit ist, ih gebe auch zu, daß es auf manchen Gebieten sehr wert- volle Arbeit Teistet. Aber war das Amt jemals in der Lage, bei Kampfen zwischen deutschen Cisenbahnverwaltungen mildernd und mäßigend einzuwirken? Wir haben immer diesen Kampf in der Form sich abspielen sehen, daß zwei große Unternehmer rüdsichtslos aufein- ander losgingen; und diese Kämpfe widersprechen durchaus dem Geiste der Reichsverfassung und den Anforderungen, die man mit Nücksicht auf den bundesfreundlichen Geist zu stellen berehtigt wäre. Die Schärfe der Kampfe hat abgenommen, gut sind die Zustände aber immer noch nicht. Sachsen hat, ebenso wie Baden, sich in dem Sinne neuerdings ge- außert, daß das gegenseitige Verhältnis viel besser geworden sei; aber wir sind noch weit von dem Grundsaß der Reichsverfassung entfernt,

daß die deutschen Eisenbahnen verwaltet werden sollen, wie wenn sie ein einheitliches Neß wären. Die Ausgestaltung der Fahrpläne ist ja gewiß eine sehr shwierige Sache; aber es steht fest, daß durch die Konkurrenz- rüdsiht manchmal die Züge so geführt werden, daß lediglih Schaden und auf keiner Seite Nutzen entsteht. Es ist z. B. eine Zugverbindung Mannheim—Basel über Straßburg zwischen der preußish-hessischen Gemeinschaft und der Neichseisenbahnverwaltung verabredet worden ; das ist der längere Weg, und um etwas von der Zeit wieder einzu- bringen, wird der Zug zwischen Mannheim—Ludwigshafen und Straß- burg durchgejagt, ohne auch nur an einer Stelle zu halten. Das sind doch geradezu verkehrsfeindliche Zustände, nur darauf berechnet, den beiden genannten Bahnverwaltungen eine Einnahme zu verschaffen. Alle Wünsche, die badischerseits nach der Nichtung erhoben worden sind, daß mehr Schnellzüge durch das Land durchgeführt werden, sind gescheitert. Die Reichseisenbahnen nehmen eine sehr unfreundliche ‘Haltung dem- gegenüber ein. Ein großer Fehler scheint mir darin zu liegen, daß eine Personalunion besteht zwischen dem Neichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen einerseits und dem preußischen Eisenbahnminister anderseits. Ich sehe nicht ein, warum die oberste Spiße der elsaß- lothringishen Cisenbahnen dargestellt werden muß ‘durch den preußt- schen Cisenbahnminister. Wäre es nicht viel besser, wenn man für diese Stellung eine eigene Beamtenstelle schaffen würde, oder wenn man diese Funktion dem MNeichseisenbahnamt selbst übertrüge? Das Meichs- eisenbahnamt ist ja eine unabhängige Behörde. Es kann leit zu Kon- fliften kommen, unter denen auc die Verkehrsinteressen leiden. Es wird ganz sicher dur die Personalunion dabin kommen, daß bei irgend welchen Konkurrenzkämpfen die elsaß-lothringishen Eisenbahnen ein- seitig im Dienste der preußischen Cisenbahnpolitik stehen. Bei der Selbständigkeit der einzelstaatlihen Eisenbahnen bandelt es sich ja in Wirklichkeit um die Tarifhoheit. Wie würde es nun sein, wenn irgend welche neuen Tarife in Elsaß-Lothringen notwendig wären, die wirt- schaftlich im Interesse Preußens niht erwünsht wären? Welche Hal- tung nimmt dann in einem derartigen Interessenkonflikte der Präsident der Verwaltung der Neichseisenbahnen ein? Wie würde er verhandeln mit dem preußischen Eisenbahnminister, mit dem preußishen Verkehrs- mimjter? Jch bin überzeugt, dann würde eine Festseßung herauskom- men, die niht Nückfsiht nimmt auf die elsaß-lothringishen Verhält- nisse, sondern in erster Linie auf die preußischen Verhältnisse. Fch möchte ferner das Neichseisenbahnamt bitten, einmal sich die Frage voT- zulegen, ob es nicht überhaupt einen stärkeren und größeren Einfluß ausüben könnte auf die Tarifgestaltung überhaupt. Nach dem jeßigen Nechtszustand ist die Gestaltung der Tarife durhaus Sache der etnzel- nen Eisenbahnverwaltungen. Das ist ein Recht der einzelnen Fisen- bahnverwaltungen. Troßdem wäre es ein fehr erwünschter Zustand, wenn in das Eisenbahnwesen auch wirtschaftlich eine größere Einheit hineinkommen fönnte. Es müßte insbesondere auch die Frage überlegt werden, ob nicht unterUmständen durch die Tarifausgestaltung sehr wert- volle wirtschaftliche Jnteressen geschädigt werden. Jch denke dabei in erster Linie an die Ausnahmetarife zugunsten der Seehäfen. Wir ivünschen gewiß alle miteinander, daß von seiten des Reiches und der einzelnen Bundesstaaten alles geschehen möge, um die Entwicklung unserer Handelsmarine und der Seestädte zu fördern. Aber wir wün- schen, daß solhe Ausnahmetarife au zugunsten der Binnenhäfen ein- geführt werden. Es ist keine Frage, daß infolge dieser Ausnahme- tarife die Nheinschiffahrt Not leidet. Die Nheinschiffahrt ist. ganz in deufschen Händen. Sie bedarf auch des Schußes. Warum nun eine Tarifpolitik treiben, die dieses wertvolle Gewerbe schädigt und benach- teiligt? Welche großen Aufwendunaen haben nicht z. B. unsere Kom- munen im Interesse der Nheinschiffahrt aemaht? Und dann wird wieder eine Tarifpolitik getrieben, die keine Rücksicht darauf nimmt, daß dort ein sciffbarer Strom ist, sondern eine Tarifpolitik, die sich bestrebt, nah Möglichkeit von dem Rhein und den anderen Strömen die Transporte wegzuholen und sie der Gisenbahn zuzuführen. Der Transport auf der Wasserstraße ist ja immer billiger als auf der Bahn. Wenn die Frachten aber dem Wasserweg entzogen werden zugunsten des teurer arbeitenden Eisenbahnweges, dann arbeitet die Eisenbahn unwirtschaftlih. Wenn eine bessere Tarifpolitik in der Beziehung ge- trieben worden wäre, wenn man mehr Rücksicht auf die Wünsche der Nheinschiffahrt genommen hätte, fo wäre es im Jahre 1912 gar nicht nötig gewesen, daß die preußische Eisenbahnverwaltung in den \chweren und bedenklihen Wagenmangel hineingeraten wäre. Dadurch ist damals die Industrie s{hwer geschädigt worden; es war eine öffentliche Kalam7- tat. Während derselben Zeit aber sind die MNheinschiffe nur halb be- laden auf dem Rhein gefahren. Es sind ja jebt Maßnahmen getroffen, worden, damit ein folcher Wagenmangel niht mehr vorkommt. Aber es ist ausgesprochen worden, daß es unmöglich sei, den Wagenpark auf das Höchstbedürfnis einzurihten, man fagt, man könne sih nur auf den normalen Bedarf einrihten. Das verträgt sih nach meiner Meinung niht mit dem Monopolcharakter der Staatseisenbahnen. Mir scheint, daß der Staat haftpflichtig sein müßte für den Schaden, der entsteht, wenn die erforderlihe Menge von Wagen nicht zur Verfügung steht. In Frankreich mußten kürzlih die Gisenbahnen 400 000 Frank Scha- denersaß zahlen, weil der Wagenpark nicht ausreichte. Der falsche und verkehrte Standpunkt tritt auch in die Grscheinung bei der Behand- lung der Arbeiterfragen. Eine reichsgesebßlice Regelung der Dienst- und Nuhezeiten haben wir längst gefordert. Man hat erklärt, das sei überflüssig, weil {hon jeßt Bestimmungen bestehen, die eine Ueber- bürdung des Personals ausschließen. Die Tatsache, bal Iu der Schwe1z weder die Unternehmer noch die Angestellten mit dem Geseß zur Mege- lung der Dienst- und Rubezeiten zufrieden sind, beweist gar nihts. So können wir selbstverständlich die Dienst- und Ruhezeiten nie regeln, daß beide Parteien ganz zufrieden sind. Unzufriedenheiten werden immer bestehen, weil eine volle Harmonie zwischen Unternehmer und _Ange- stellten nicht herzustellen ist. Aber troßdem könnten diese Verhältnisse

reihsgeseßlih geregelt werden. Die Angestellten der verschiedenen

Men so großen Wert darauf, daß Reichseisenbahnen nit geschaffen M en? Es ist der Wunsch, der von ihrem Standpunkt aus begreiflich

F nschaft ist deswegen noh nicht vorhanden, wei

F! Gedanke ist kürzlich in scharfer Weise in einex nationalliheralen

¡senbahnverwaltungen wünschen das dringend. Wenn behauptet wird, daß durch die jeßigen Bestimmungen eine Ueberbürdung des Personals : végeshlossen sei, fo ist das nah meinen Crfahrungen unrichtig. Jst virklih dafür Sorge getragen, daß die Eisenbahnangestellten die Rübe chalten, die thnen zukommt? Von einem wirklichen uhetag kann man „wie die Dinge jeßt liegen, bei den Eisenbahnbeamten gar nit reden. Die Reichseisenbahnverwaltung sollte. sich auch überlegen, ob die jeutigen Löhne der einzelnen Kategorien ihrer Beamten noch qus- reiend sind. Wenn sich herausstellt, daß es \{wierig wird, bei den heut gezahlten Löhnen ein guverlässiges Eisenbahnpersonal zu be- immen, dann ift es Plicht des Reichseisenbahnamtes, hier Wandel zu \haffen. In den lebten 30 Jahren haben si die Verhältnisse der \yfomotivbbeamten nicht gebessert, sóndern verschlechtert. Die Löhne nd um eine Kleinigkeit gestiegen, es ist aber keineswegs ein Ausgleich ceschaffen, der den Lebensbedingungen von heute entspriht. Wenn ‘es hon soweit gefommen ist, daß die einzelnen Werkstattenvorstände ge- ungen sind, Annoncen aufzugeben, um Lokomotiv ührer ‘anzuwerben, f) ¡st es doch hohe Zeit, daß hier Abhilfe geschaffen wird. Die Löhne her Lokomotivführer sind heutzutage derartig, daß dieser Stand nicht ehr erstrebenswert ist. Wir haben das lebhafteste Jnteresse daran, die Lokomotivführer so gestellt werden, daß sie ein ausreichendes jinfommen haben. Jh möchte ferner den Präsidenten ‘des Reichs- isenbahnamies fragen, ob es jeßt nicht an der ch eit wäre, eine auto- matische Sicherung einzuführen, die den Lokomotivführer darauf auf- nerfsam macht, wenn er das Haltesignal überfährt. Vor 6 Jahren snd ja in diefer Beziehung Versuche emacht worden, die auh von jrfolg gekrönt waren. Die französische Staatsbahnverwaltung hat ine große Anzahl Lokomotiven mit diejem Apparat ausgerüstet. Er hat fich vollklommen bewährt. Wir haben bei uns in Deutschland in vorzüglich ges{ultes Cisenbahnpersonal und mit Stolz können wir harauf hinweisen, daß die deutsche Unfallstatistik ganz ungemein niedrig t, und kein Land der Welt eine bessere S kann. Es kann vor- ommen, daß der Lokomotivführer das Halte ignal überfährt und in hiesem Falle ist es wünschenswert, daß ein weitestgehender Schuß in (estalt der automatischen Sicherung geschaffen wird. Man sollte hier iht mit der Einführung einer automatischen Sicherung solange warten, ó das nächste große entseßliche Eisenbahnunglück ea ist. Die flagen verstummen immer noch nit, daß die verschiedenen Eisenbebe herwaltungen bei der Vergebung von Lieferungen zu stark beseelt sind n einem partikularistishen Geiste. Es wäre wirklih gut, wenn im ege einer Aussprache eine gegenseitige Verständigung unter den inelnen Bundesstaaten und unter den einzelnen Etsenbahnver- tungen über die Vergebung von Lieferungen erzielt wird. Der Zustand ist ganz unhaltbar. Jeder deutsche Unternehmer hat

1 Necht, daß er bet der Vergebung der Lieferungen berüdsichtigt wird. ie Frage, ob es möglich 1st, eine Reichseisenbahngemeinscaft zu shaffen, 1st ein außerordentlih \{chwieriges Problem. Man hat die erschiedensten Bedenken dagegen geltend gemacht. Vom finanziellen Gtandpunkte hat man engewentes, daß das Deutsche Neich gar nicht 1 der Lage sei, die deutschen Gisenba men, die einen Wert von zirka j) Milliarden repräsentieren, zu übernehmen. Es ist aber vor zwet hren bon seiten des Präsidenten des Reichseisenbahnamtes erklärt \otden, die finanzielle Seite mache die Durhführung einer Reich® senbahngemeinschaft nicht unmöglih. Der Meinung bin ih auch. îne so große Transaktion wie die Durchführung einer Neichseisen- ahngemeinschaft kann \sich natürli nur in der Form vollziehen, daß in einzelnen Bundesstaaten eine dauernde Rente zu zahlen ist. Also nanziell wäre das Projekt zweifellos dur{chführbar. Das shwer- tegendste Bedenken 1 für mi aber, daß eine Neichseisenbahnver- waltung sowohl wie eine vollkommene Betriebsgemeinschaft die kleine-

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in Wunsche der Einzelstaaten nicht mehr in dem Maße berüc\sihtigt, bei unserem jeßigen System möglich ist. Von diesem Stand- inkt allerdings erscheint mir das jeßige System besser als eine Be- tebêsgemeinschaft, Denn es ist durtaus wünschenswert, daß die nen Wünsche, die aus der Bevölkerung kommen, in weitgehender je berufichtigt werden und daß nit eine Politik getrieben wird, t lediglich auf das finanzielle Ergebnis Rücksicht nimmt. Es ist quf hingewiesen worden, daß die Beamtendisziplin gelockert würde, enn man die Eisenbahnen auf das Reich übertragen wollte, Wir en aber eine ganze Anzahl von Gisenbahnbetrieben, in denen eine le Msziplin herrscht. Deshalb kann ih diesen Einwand nicht ver- then, Gs mag jedoch zutreffen, daß, wenn die bundess\taatlichen anen Netcbseisenbahnen würden, dann eber die Möglichkeit besteht, in qutes Beamtenrecht zu schaffen, als es z. B. der preußische Land- y schaffen kann. Es wurde gesagt, die Idee der Neihseisenbahnèn nur ein Gedanke, den sib die Süddeutshen ausgedadt hätten, weil i thren Cisenbahnen \{lecht gehe und sie ein gutes Geschäft machen llten. Gewiß, wir sind nicht so dumm, ein gutes Geschäft abzu- nen, Unsere badischen Finanzen sind aber in Ordnung, sodaß wir im finanziellen Standpunkt aus die Entwicklung zu Neichseisenbahnen Ubt zu wünschen brauchen. Mir ist {on vor 2 Jahren aufgefallen, Ÿ der Präsident des Neichseisenbahnamtes erflärte, es sei mögli, \nhéeisenbahnen einzuführen, die Bundesstaaten seien wohl gewillt, uuf einzugehen, wenn wirklich diese Umänderung gewünscht werde. Y fonservativer Redner drückte sofort sein Erstaunen über diese „ne aus; er sagte, daß ér einen solchen Standpunkt nicht. verstehe. preußen jet eine Schußwand gegen die demokratische Hocflut, ein rergang der (isenbahnen auf das Reich würde Preußen diese Nolle len, Der konservative Redner führte weiter aus, ein süddeutscer inofrat habe aesagt: Damit würde man Preußen und dem preußischen ptage das Nückgrat brechen. Ich bin zu der Ueberzeugung qge- pemen, dieser süddeutsche Demokrat sei ih selbst. Der konservative „ner war der Abg. von Böhlendorff. Jch habe darauf erwidert, daß it preußische Landtag wohl nicht mitmachen würde, da , wenn das che Wahlre{ht nmicht geändert würde, wir wohl auf die Reichs- [ahnen verzichten müßten. Aber den Gedanken habe ih niemals pt, durch den Uebergang der preußischen Bahnen auf das Reich |, reußischen Staat das Rückgrat brechen zu wollen. Jch habe niemals n gedacht, dem preußischen Staat überhaupt das Nückgrat zu brechen. ! Konservativen, die in Preußen die Herrscher sind. werden niemals [ dustimmung dazu geben, daß die Cisenbahnen Meichseisenbahnen pen. Die &rage könnte erst später praktis werden, wenn das preu- k Wahlrecht geändert ist. Warum legen die Konservativen in

gu! die Tarifpolitik des Meiches entscheidenden Einfluß auszuüben. Sie @ ganz genau, daß sie ihre eigenen Interessen bei einer Neichseisen- q e Ce vermögen. Weite Kreise der Bevölkerung wissen }/ gar nicht, wie dur das jeßige Tarifwesen gegen ihre berechtigten } essen Stellung genommen wird. Der starke Wille na einer Aen- n des jeßigen Eisenbahnwesens ist noch nit vorhanden; der Wille

einer Reichseisenbahn, na einer aroßen finanziellen Betriebs- 0 í ) h l diese wichtigen fen in der Cl Lung nos wenig bekannt sind. Wenn die Be- [eung einmal erfährt, daß die preußische Cisenbahnverwaltung, der h lche Landtaa, auf dem Gebiete des gesamten Eisenbahnwesens in p land herrscht, dann könnté es möglich sein, daß sie mit ihrem ten Willen dem Wunsche Süddeutschlands zu Hilfe kommt. Das nt etwa gewisse süddeutshe demokratische Stimmung, sondern

Vhrift, dem „Panter“, in einem Artikel von Dr. Neumann formu- vorden. Die Cisenbahnpolitik soll ermöglichen eine wahre deutsde E, die sich nit richtet nach dem Willen irgend eines pripilegier- \ Standes, die nicht lediglich auf die Rente Rücksicht nimmt, sondern 1 lediglich richtet na den Bedürfnissen des gesamten Volkes und ‘Ugemeinen deutschen Verkehrs.

„Präsident des Reichseisenbahnamts Wa de rzapp: Eine ganze he bon Fragen kann A hier nicht beantworten, da fie interne Ana, heiten der in Frage kommenden Verwaltungen sind. Das ift ganz peers der Fall bei der Festseßung der Arbeiterlöhne und der Loko- Paffage. Die Klagen Uber die Vershlehterung der Paket» „erung auf den preußischen Bahnen bitte ih dei dem Postetat vor- jz fen. Diese Frage ist im allgemeinen reidsgesebßlich regélt. Be- ° der Frage eines internationalen Uebereinkommens über den Per

Staaten haben sich noch nit da u erklärt, aber es ist zu hoffen, daß die Verhandlungen zu einem Ziele brn werden. Ueber die Haftung der Gisenbahn für Sahschäden sind die Vorarbeiten abgeschlossen, sodaß die diesbezüglihe Vorlage bald an den E, eigen wird. Die Zu- sammenarbeit zwishen Eisenbahn- und Zollbeamten auf Grund der neuen Eisenbahnzollordnung hat si zufriedenstellend gestaltet. Wegen der öffentlichen Monatsübersihten baben mit Bayern Verhandlungen fattgefunzen, die den Erfolg hatten, daß schon seit dem 1. Januar d, J.

ayern sich bereit erklärt hat, ebenfalls solche herauszugeben. Die Wünsche bezüglih der Tariferleichterungen für Handlungsreisende werden geprüft werden, ebenso wie die Frage der Gepäkbeförderung für diese ohne Lösung eines Billetts. Bezüglich der Zehntonnenwagen kann das Reichseisenbahnamt nur Anregungen geben, indem es Be- prehungen über die Bedürfnisfrage anstellt. Als in den 90er Jahren talien und Belgien dazu übergingen, die Tagesstunden durzuzählen, sodaß von 1 bis 24 gezählt wurde, ist man auch bei uns dieser Frage nähergetreten. Es ist nmcht zu leugnen, daß diese Art der Nechnung rationeller und in gewisser Beziehung auch besser ist. Es fällt die Be- zeihnung des Vor- und Nachmittags fort. Der Personenverkehr würde dadur manche Erleichterungen haben. Für den Güterverkehr fällt dies aber niht ins Gewicht. Für thn ist die jeßige Handhabung sogar eine bequemere. Da nun überhaupt die Unbequemlichkeiten unserer jeßigen Zählung nicht allzu groß sind, und durch die Neueinführung nicht Vorteile geboten werden, die die dadurch entstehenden Nachteile aus- leichen, so hat man sich entschlossen, es vorläufig bei dem alten zu be- assen. Die rage der Einführung der selbsttätigen Kuppelung läßt si nux international regeln. Bei der zentralen Lage Deutschlands können wir nit allein vorgehen, da ja alljährlich eine fehr große Anzahl von Wagen anderer Länder durch unser Gebiet hindurhgeht. Dazu kommt, daß ja die Einführung mit sehr großen Kosten verknüpft is. Während also diese Frage von der Lösung noch weit entfernt ift, hat die der Ein- führung einer einheitlichen Bremse {on fast ihre Erledigung gefunden. Die zur Prüfung eingeseßte internationale Konferenz hat eingehende Versuche angestellt, die im Laufe dieses Jahres bei uns in Preußen wiederholt werden. Es ist sicher anzunehmen, daß diese Versuche die rage klären, welhes System allgemein eingeführt werden soll.

le'von dem Abg. von Boehn erwähnten Bestimmungen über den Viehtransport und die Tränkung und Fütterung bezieht Be nur auf die Beförderung von Mastschweinen. Diese Vorschriften sind erlassen worden, nachdem Sachverständige aus der Oa und Tier- ärzte sih dafür erklärt hatten. Der Abg. Hasenzahl hat sih in wenig freundlicher Weise über -die Unfälle ausgesprochen, die auf den Eisen- bahnen in der lebten Zeit vorgekommen sind. Ich habe mich bereits früher über die Ünfälle auf den deutschen Eisenbahnen eingehend ge- CEINE Jch kann auch heute nur feststellen, daß die deutschen Eisen- bahnen in dieser Beziehung günstiger dastehen als sämtliche aus- ländishe Bahnen. (Der Redner weist dies an einer großen Zahl amtlicher FRUGer Belege näher nah.) Auch die Frage einer geseßlichen egelung der Dienst- und Ruhezeiten hat dieses Haus wiederholt be- Lage, Ich halte nah wie vor eine folche geseßliche Negelung nicht ür durchführbar. Jh möchte darauf hinweisen, daß die deutschen Gisenbahnverwaltungen bereits Grleichterungen haben eintreten lassen. Wenn 12- bis 15 stündige Schichten vorkommen, so werden sie dur ausgiebige Nuhepausen unterbrochen, wodurch eine Ueberlastung aus- geschlossen ist. Im übrigen würde ich' den Herren dankbar sein, wenn sie mir das Material, das ihnen zugegangen ift, zur Feststellung der Tatsachen zur Verfügun stellen wollten. Solange dies nicht ade: werden Sie mir nicht na res ih Ihren Anführungen einen gelinden Zweifel entgegenstelle. - Gine Nachprüfung der vorgebrachten Sinzelfälle bat jedenfalls ergeben, daß z. B. in einem Falle die 14 stündige Dienstschicht von einer zweieinhalbstündigen Ruhepause unterbrochen war. Zur Zeit des Wagenmangels war allerdings“ das eerlonal erheblicher in Anspruch genommen. Die überwiegende Mehr- yeit des Personals hat diese Mehrarbeit diensteifri auf fich ge- nommen. Ueber die Vereinheitlichung der deutfchen ires ahnen ist in diesem Hause wiederholt gesprohen worden; zuleßt ist es noch im vorigen Jahre geschehen. Inzwischen ist in der Lage eine Aenderung nicht eingetreten, insbesondere ist nit bekannt geworden, daß die be- teiligten Bundesstaaten geneigter wären als früher, ihre Selbständig- keit im Gisenbahnwesen beschränken zu lassen oder aufzugeben. In den Fällen, wo sich Mißstände ergeben haben, sind die verschiedenen Ver- waltungen bereit, von Fall zu Fall durch Abschluß besonderer Ab- kommen oder auf anderem Wege Abhilfe zu \caffen. Im vorigen Jahre hat eine solche Konferenz stattgefunden, in der u. a. über eine Revision und Fortbildung der Bestimmungen über die Leitung des Güterverkehrs und über ein einheitlihes Wagenübereinkommen ver- handelt wurde. Die Gründe, weshalb wir über die Cisenbahn- vereinheitlihung eine Denkschrift nicht veröffentlichen fönnen, habe ich bereits im vorigen Jahre dargelegt. Der Abg. Haas hat sich über eine s{lechte Behandlung Straßburgs in bezug auf Zugleitungen beschwert. Man sollte doch niht im einzelnen berausrechnen, ob die eine Rheinseite günstiger behandelt werde als die andere. C fortdauernde Unruhe im Hause, bei der die vom Redner mit leiser Stimme vorgetragenen weiteren Ausführungen nur zum Teil auf der Journalistentribüne zu Gehör kommen.) Eine andere Frage, die die Oeffentlichkeit sehr lebhaft beschäftigt hat, ist die angeblich \{lechte Behandlung der sachsischen Eisenbahnen durch die preußisch-bessische (Fisenbahngemeinschaft. Diese Beschwerden haben sich als unberechtigt erwiesen. Der Vertreter der sächsishen Eisenbahnen hat anerkannt, daß die getroffenen Vereinbarungen in durchaus loyaler Weise von Preußen durchgeführt worden sind. Dadurch ist dem Vorwurf einer nicht gleihmäßigen Behandlung Sachsens der Boden entzogen. Es bestehen jedenfalls die besten Beziehungen zwischen Sachsen und Preußen auch auf diesem Gebiete.

Abg. Spe ck (Zentr.): Nachdem von verschiedenen Rednern von Neichseisenbahnén gesprochen worden ist, muß ih heute meinen Wider- stand gegen diesen Gedanken erneuern, aber ih brauche nicht im ein- zelnén dâärauf einzugehen, nahdem durch die Erklärung vom Me- terungstische aus der Gedanke an cine Neichseisenbahngemeinschaft ir absehbâre' Zeit als ábgetan gelten kann. Auch von Vertretern linksstehender Parteien ist ja ein Widerstand laut geworden. Die Er- fahrungen, die wir in Bayern mit der Güterwagengemeinschaft gemacht haben, ermuntern niht. Gewiß ist vom allimein wirtschaftlichèn Standpunkt aus ein Fortschritt zu verzeichnen; eine Menge von un- nüßen Leerfahrten wird vermieden. Wir haben aber in Bayern jeßt 17 Millionen Mark für die Beschaffung neuer Güterwagen einstellen müssen, um die Pflichten, die uns die Güterwagengemeinschaft auf- erlegt, erfüllen zu können. Diesen Pflichten wird Bayern loyaler Weise nahkommen, aber dies sind Ausgaben, die durch die wirtschaft- lihen Verhältnisse Bayerns allein nicht gerechtfertigt wären. Die MNeibungen zwischen den einzelnen Gisenbahnverwaltungen müssen endlich beseitigt werden. Es Jus daß man mit. den Konferenzen auf dem richtigen Weg hierzu ist. Es ist zu wünschen, daß diese Konfe- renzen auch von entsprehendem Erfolg begleitet seien. Es ‘ist not- wendig, daß in diesen Konferenzen nicht lediglih ein formalistisher Standpunkt vertreten wird, sondern daß die Interessen der einzelnen Bundesstaaten direkt geprüft und abgewogen werden. Ih möchte mit dem Wunsche sch{ließen, daß wir. niht nach dem preußish-sädsischen (Fisenbahnkriege auch noch cinen preußish-bayerishen oder einen preußish-württembergischen Cisenbahnkrieg erleben.

. Um 614 Uhr wird die Fortscezumg der Beratung auf Do-nnerstag 1 Uhr vertagt.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Entwurf eines Geseßes zur Abänderung des Geseges über die uständigkeit der Verwaltungs-und Verwaltungsgerihtsbehörden vom1. August 1883

ist nebst Begründung dem Herrenhause zugegangen. Der

"le und Gepäverkehr schweben zurzeit noch Verhandlungen, Alle

Gesetzentwurf lautet, wie folgt:

Artikel 1.

Der § 155 des Geseges über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtêbehörden vom 1. August 1883 (Geseßsamzml. S. 237) erhält folgende Fassung:

Gegen den Bescheid der höheren Verwaltungsbehörde, durch den der Antrag auf Aufnahme, auf Ginbürgerung und auf Entlassung in den im § 40 Abs 1 dez Reichs- und Staatsangehöuigkeitsgesezes vom 22. Zuli 1913 (N.-G.. Bl. S. 583) aufgeführten Fällen abgelehnt worden ist, findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oberverwaltungs-

gerichte ftatt. Artikel 2.

Dieses Gesey tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft.

Jn der diesem Gesezentwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt:

Nach § 40 Abs\. 1 des am 1. Januar 1914 in Kraft getreteren neuen Reichs- und Staatsangehörigteitsgeseßes vom 22. Juli 1913 (N.-G.-Bl. S. 583) ist das Rech18mittel des Nekurses gegeven gegen die Ablehnung des Antrages" auf

1) Aufnahme eines Deutschen Bundesstaats 7 a. a. O.),

2) Einbürgerung

a. der Witwe oder geschiedenen Ebefrau eines Ausländers, die zur Zeit ihrer Eheschlicßung Deutsche war 10 a. a. O.),

b. eines ehemaligen Deutschen, der als Minderjähriger die L EREAt durch Entlassung verloren hat (8 11 ä D:

. eines mit einem Diensteinkommen aus der Neichskasse im Neichsdienst angestellten Ausländers, der seinen dienst- rg SAAE im Auslande hat 15 Abs. 2, 1. Halb- aB a. a. i

eines ehemaligen Deutschen, der ohne eigenes Verschulden durch Verleßung der Wehrpflicht die Staatsangehörigkeit verloren hat 26 Abf. 3 Sah 2 a. a. O.),

« etnes vor dem 1. Januar 1914 aus der Staatsangehörlg- keit entlafscnen ehemaligen Deutschen, der bei Anwendung der Vorschrift des § 24 Abs. 1. a. a. O. nit als entlaffen gelten würde 30 a. a. O.),

« eines ehemaligen Deutschen, der na bisherigem Neichsreht dur zehnjährigen Aufenthalt im Auélande die Reich8ange- höôrigkeit verloren hat und keinem Staate angehört, sowie des chemaligen Angehörigen eines Bundetstaats oder cines in einen folhen einverleibten Staats, der nach früher gelten- dem Landesrecht durch Aufenthalt außerhalb des Heimats- staats der Staatéangehörigkeit verlustig gegangen ift (8 31 Abs. 1 und 2 a. a. O),

8. eines ehemaligen Deutschen, der ohne eigenes Verschulden dur Verleßung der Wehrpflicht auf Grund der Ueber- gangsbestimmungen des § 32 Abs. 1 und 2 a. a. O. die Reich8angehörigkeit verloren hat 32 Abs. 3a. a. O.),

3) es aus der Staatsangehörigkeit beim Besiß und dem Vorbehalt der Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaat 21 a. a. O.) fowie überhaupt auf Entlassung, soweit sie nah § 22 Abs. 2 a. a. O. nicht versagt werden darf.

S 40 Abs. 2 des erwähnten Neichs- und Staatsangehörigkeits- geseßes bestimmt, daß ih die Zuständigkeit der Behörden und das Verfahren nah den Landesgesezen und, foweit landesgeseßlihe Vor- schriften niht vorhanden sind, nah den 88 20 und 21 der Gewerhe- ordnung zu richten baben,

Der § 40 Abs. 1 des Retiche- und Staatsangehörigkeitsgesetzes bom 22. Juli 1913 läßt nach Obtlgem den Rekurs in denjenigen Fällen zu, in denen dieses Gesetz cinen Rehtsan\pruch auf Auf- nahme, Ginbürgerung und Entlassung gewährt; auëgenommen ist nur - der Fall der Einbürgerung eines Ausländers, der mindestens etn Jahr im deutschen Heere oder in der deutshen Marine gedient hat und dem gemäß 8 12 a. a. D. ein Nechtéanspruß nur unter der Be- dingung gegeben ist, daß seine Einbürgerung nicht das Wohl des Neichs oder eines Bundesstaats gefährden würde.

Auch das mit Ablauf des 31. Dezember 1913 au zer Kraft ge- tretene Reichsgeseß über die Erwerbung und den Verlust der Reiche- und Staatsangebörigkeit vom 1. Juni 1870 (B.G.-Bl. S. 355) sah in bestimmten Fällen einen Nechtsanspruch vor, und zwar gewährte es einen Anspruch auf Aufaahme dem Angehörigen eines anderen Bundesstaats 7) und dem ehemaligen TDeutschen, der seine Staats- angehörigkeit dur zchnjährtgen Aufenthalt im Auslande verloren und feine andere Staatsangehö! igkeit erworben batte 21 Abs. 5), sowie auf Gntlafsung aus der Staatéangehörigkeit nah dem Erwerb der Staats- angebörtgfeit in einem anderen Bundeéftaate 15) und beim Nicht- vorliegen von Versagungsgründen 17). Das Reichsgeseß vom 1. Juni 1870 sicherte diesen Nechtsanspruh aber nicht dur die Zu- lassung eines Rekursverfahrens nah den Normativbestimmungen der S8 21 und 22 der Gewerbeordnung. Es wurde vielmehr für Preußen das Verwaltungsstreitverfahren (Klage beim Oberverwaltungëgericht) erst gegeben dur das Geseg über die Zuständigkeit der Verwoltunas- und Verwaltungsgerihtsbehörden vom 1. August 1883 (G.-S. S. 237), das im § 155 folgendes bestimmt :

„Die dur das Reichsgeseß vom 1. Junt 1870 über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staats- angehörigkeit (B. G..Bl S. 355) der höheren Ver- waltungebehörde beigelegten Befugnisse übt fortan der Negierungspräsident aus.

egen den Beschetd des Negierungspräsidenten, durch welh?n Angehörigen eines anderen deutschen Bundesf\taats oder einem früheren Reihsangeböriaen die Erteilung der Aufnahmeurkunte oder einem preußischen Staatëangehörigen die Erteilung der Entlassungsur kunde in Friedenszeiten ver- sagt worden ist (88 7, 15, 17 und 2l leßter Absatz a. a. O.), findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oder- verwaltungsgeriht j1att.*“

Von den im Abs. 2 tieses Paragraphen angeführten Vorschriften des Gesehes vom 1. Juni 1870 stimmt der § 7 mit dem § 7 des neuen Neichs- und Staatsangehöriakeittgesezes vom 22. Juli 1913 (vergl. oben Ziff. 1) und der § 21 leßter Absayß (Abs. 5) mit dem S 31 Abs. 1 diefes neuen Gefeyes (Einbürgerung eines ehemaligen Deutschen, der nah bisherigem Reichsreht die Staatsangehörigkeit durch Aufenthalt im Auslande verloren hat und keinem Staate an- gehört; vergl. oben Ziff. 2 f) inhaltlih überein Die 88 15 und 17 des Gefeßes vom 1. Juni 1870 decken sich inbaltlic ungefähr mit den 21 und 22 des neuen Reid:s- und Staatsahgehörtgkeits- géseßes (vergl. oben Ziff. 3). Nah & 37 ves neuen Retchs- und Staatsangehörigkeitêgesetzes sollen, soweit in Landetgeseßen auf Vor- riften des Geseßes vom 1. Juni 1870 verwiejen ft an deren Stelle dte entsprechenden Vorsch¡iften des neuen Gesetzes treten. Ob unter diesen Umständen für die Falle bér S8: 7, 831 Abf. 1, 21 und 22 des leßteren (vergl. oben Ziff. 1, 27 und 3), ohne weiteres auf Grund des § 155 Abs. 2 des Zuständigkeitsgeseßes das Verwaltungöstreitverfahren vor dem Ober- verwaltung8geriht gegeben ist, kann dahingestellt bleiben. Jeden- laue ist ein Nechtsmittelverfahren im Sinne des S 40 des neuen

eih8- und Staa!sangehörigfeitsgeseßes für die übrigen eingangs er- wähnten Fälle dieses Geseßes bisher weder nah § 155 des Zu- ständi lle Sie noch nah sonstigem Landesrecht gegeben. Für diese Fälle ersheint daher eine Neuregelung, und zwar durch Landes- géseß erforderli, die am zweckmäßigsten in der Weise erfolgt, daß dem ganzen § 155 des Zuständigkeitsgesetes vom 1 August 1883 eine anderweite Fassung gegeben wird, die sämtliche in § 40 Abs. 1 des ua A und Staatsangehörtgleitsgeseßes aufgeführten Fälle einbezieht. N s e O : Der Geseyentwurf sieht dies vor und bält an der bieberigen Zu- sKindigkeit des Oberverwaltungsgerihts fest, da kein Anlaß vorliegt,

in die Staatzang-k öri zkeit cines

hieriz cine Aenderung cintreten zu lassen,