1895 / 143 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Jun 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Der Weizen teht im allgemeinen besser als der Roggen. In mehreren Gouvernem-nt8 alesisen größere mit Wintergetreide bebaute Flächen umgepflügt merten. Im Goubernement Lublin allein wurden die betreffenden Flächen auf nakczu 12 000 Deßjätinen geshäßt. Der Graswuchs ist namentlich an höher gelegenen Orten wenig entwidelt.

Auch in den Gouvernements Wilna, Kowno und Grodno ift der Stand ves Wintersaaten infolge des anhaltenden Regenmangels wenig befriedigend. i

es sollen die Felder im Gouvernement Grodno gelitten baben, wo über 10 %% der Saaten zu Grunde gingen. Wenn auch die trockene Witterung eine frühe Bestellung der Felder ermöglichte, so ist dieselbe doch der Entwickelung der Sommersfaaten hinderlih gewesen. So is z. B. im Gouvernement Wilna der Hafer zum großen Theil garniht aufgegangen. In Grodno steht ur der Roggen etwas beffer, der Stand der übrigen Sommersaaten ift unbefriedigend, während dieselben im Gouvernement Kowno fich infolge endlih eingetretenen Regens gebefsert haben. _ a

Sm zentralen und öftlihen Rußland is der Schnee spät fort- gethaut und dadurch das Wachsthum der Saaten aufgehalten worden. Dazu kommt, daß die fat zwei Monate anhaltende Trockenheit, ver- bunden mit Hige und starken Winden, den Boden ausgedörrt hat. Der Saatenstand is daher allgemein um mehrere Wochen gegen den Dur schnitt zurück und bedarf dringend warmen Regens.

In Südwestrußland und den kleinrussishen Gouvernements find die endlih eingetretenen warmen Niedershläge sowobl den Winter- wie den Sommersaaten ungemein förderlih gewesen, sodaß die Felder plößlich ein freundliheres Ausfehen erlangt haben. Am günstigsten lauten die Nachrichten aus den Gouvernements Podolien und Poltava, weniger gut aus Wolhynien und Tschernigow, wo man sih mit dem Ersaßze der zu Grunde gegangenen Wintersaat durch Sommerung fehr verspätet hat. : E /

In den füdlihen Gouvernements foll der Stand der Felder im allgemeinen befriedigend sein. Daëselbe gilt von dem Dongebiet und dem nördlihen Kaukasus. Im Kuban- und Terekgebiet erwartet man eine frühe und gute Ernte des Wintergetreides. Das Sommerkorn ist üLerall gut aufgegangen. Auch in den Gouvernements Tiflis, Elisabethpol und Erivan sowie in dem Gebiet von Kars stehen Winterweizen und Gerste recht gut, und die Sommersaaten, die unter günstigen Witterungsverbältnifsen beendigt wurden, entwickeln fich fräftig. In dem Gouvernement Sutais ist die Witterung der Ausfaat des Mais günstig gewesen, und hat sih die Anbaufläche infolge der hohen Preise dieser Getreidefruht bedeutend vergrößert.

Verdingungen im Auslande.

Italien. E T1. Marine-Dep. in Neapel: Lieferung von 80 000 kg rothem Manilla - Hanf. Voranschlag 64 000 Fr. Prov. Kaution 6400 Fr. Kosten 1600 Fr. Def. Zuschlag 10. Juli Mittags.

25. Juni, 2 Uhr. Taback-Manufaktur in Rom: Lieferung von 800 000 Shachteln aus einfarbigem leihten Karton für je 10 Ziga- retten. Prov. Kaution 6000 Fr. E 25. Juni, 3 Uhr. Artillerie - Direktion Neapel: Lieferurg von 7500 kg weihem Stabl 2000 kg hbartem Stahl. Voranschlag 7500 Fr. D

22. Juni, 2 Ubr.

: der Schiffswerft in

p in Maffeln und

Prov. Kaution

70 Fr. Lieferzeit 50 Tage. S : : i

25. Juni, 5 Uhr. Artillerie-Direftion des Arsenals in Turin:

Lieferung von 2000 Feilen. Voranschlag 2100 Fr. Prov. Kaution 210 Fr. Lieferzeit 30 Tage. _ |

SPpauten.

4. Juli, 2 Uhr. Marine-Ministerium in Madrid: Lieferung eines Panzerthurms, der Transmissionsröbren u. s. w. für den Kreuzer Lepanto. Annäherndes Gewicht 34 900 kg Stahl oder Nickel. Aus- kunft bei der genannten Behörde.

Ieteverlande i

24. Juni, 2# Uhr. Direktion der bolländishen Eisenbahnen, Zentral-Personenbahnhof, Bureau am Wartefaal II1. Klasse. Her- stellung eines Viadukts über den „Oost Blommerdijkschenweg“ nebst Anschlußarbeiten. Unterbau 19 700 Fl. ; Oberbau 17 100 Fl.

27. Juni, 11 Uhr. Direktor und Kommandant der Marine in Amsterdam: Lieferung von eihenen Balken und Planken 2c., Eschen, Ulmen und Baumstämmen, sowie vershiedenartigen Holzwaaren, Eisen und Stabl, Kupfer und anderen Metallwaaren , ledernen Treibriemen, Pinseln, Feilen, Gaskoks, Terpentin, Lack und Firniß, Delen, Bleiweiß, grüner Seife, Glas und elektrishen Apparaten, in 50 Loosen. Bedingungshbeft liegt zur Einficht bei dem Marine- Ministerium im Haag, bei den Marine-Direktionen zu Amsterdam, Willemsoord und Hellevoetsluis 2c. aus und ist bei Franko-Anfrage gegen Bezahlung von 20 Cents erbältlich beim Haupt-Ingenieur der Marine in Amsterdam. e 5 ; i

27. Juni, 114 Uhr. Marine - Direktion zu Hellevoetsluis: Lieferung von Garn, Hanf, Flaggentuh, Leinen, Schwimmgürteln, Brandlöschartikeln, emaillierten Eisenwaaren, Besen, Feldflaschen, Linoleum, Tischgeräthshaften, Papier- und Schreibmaterialien, Tannenmasten und verschiedenen Holzwaaren, ledernen Treibriemen, Feilen, Pech, Gaskoks, Mineralöl, Bleiweiß, Maurermaterialien, eleftrishen Apparaten 2c., in 65 Loosen. Bedingungshbeft liegt zur Einsicht beim Marine-Departement im Haag, bei den Marine-Direk- tionen zu Amsterdam, Willemsoord und Hellevoetsluis 2c. aus und ift bei Franko-Anfrage gegen Bezahlung von 20 Cents erbältlih bei der „Griffie der directie der marine in Hellevoetsluis“,

Rumänien. i

1. Juli, 4 Uhr. Ministerium der öffentlihen Arbeiten in Bukarest: Herstellung der gemauerten Pfeiler der Brücken von Cratua. Voranschlag 115 500 Fr., Def. Kaution 6% des Sub- missionsbetrages.

54. Ut, 10 Uhr.

Aspbaltierungsarbeiten am 164 864 Fr. Kaution 3000 Fr.

Theater und Musik.

«Die Flottenshau“, „Charakterstück zur Eröffnung des Nord-Osftsee-Kanals, komponiert von Franz Kullak“, is der Titel eines soeben bei C. A. Challier hierselb erschienenen Werkes. Dem vorgeschrittenen Spieler wird dieses in energishem Marschtempo gehaltene, tonmalerisch geshickt ausgeführte Klavierstück willkommen sein; besonders zu empfehlen ist das vierhändige Arrangement, welches sh leiter spielt. Auch die Bearbeitung für Militärmusik von C. Freese dürfte in den öffentlihen Konzerten bald zu Gehör gebraht werden. Die Ausstattung ist glänzend.

Kommunalverwaltung von Bukare t : Boulevard Colgtea. Voranschlag

Seine Hoheit der Herzog von Anhalt hat, wie der „Anhaltische Staats-Anzeiger“ meldet, dem Intendanten Kammerherrn von Vignau den erbetenen Abschied ertheilt und die Führung der Intendanz-Geshäfte der Hoftapelle und des Hoftheaters in Dessau dem Intendanz-Rath Diediccke, unter Reaktivierung desselben, übertragen.

Mannigfaltiges.

Am 15. d. M. fand in den Geschäftsräumen, Wilhelmstraße 73, die Generalversammlung des Hreußis@en Vereins zur Fliege im Felde verwundeter und erfranfkter Krieger tatt. In Abwesenheit des verhinderten Ersten Vorsitzenden Fürsten Dito zu Stolberg-Wernigerode leitete die Versammlung der Erste stellvertretende Vorsigende Kammerherr B. von dem Knese- bed. Derselbe erstattete den Rechenschaftsberißt über die Wirksamkeit des Vereins seit der vorjährigen Generalversammlung. Die rechnerisch nah den Belägen geprüfte, von den Revisoren dur- gesebene Jabresrechnung pro 1894 wurde unter Ertheilung der Gnt- lastung genehmigt. Sodann wurden die Revisoren der Rechnung für das laufende Jahr 1895 gewählt.

Der Wirkliche Geheime Ober-Baurath Baen \ch, vortragender Rath im Ministerium der öffentlichen Arbeiten und technischer Referent

im Reichsamt des Innern für den Bau des Nord-Oftsee-Kanals, den derselbe von Beginn an geleitet hat, wurde von dem Berliner Architektenv erein zum Ébrenmitglied ernannt und ibm das Diplom am Sonntag feierlich überreiht.

ür die Zeit der größen S{hulferien, vom Juli bis 13. August d. J., werden für den Verkehr von Berlin Stlesisher Bahnhof, Görlißer Bahnhof, Stettiner Babnhof, Nordbahnhof, Anhalter Bahnhof, Lehrter uptbahnhof, Pots- dainer Hauptbahnhof, Wannseebahnhof, Potsdamer Bahnhof, Ringbahn, fowie von den Stadtbahustationen Charlottenburg bis Jannowitbrücke nach den Vororten und zurück besondere Ferien-Stamm- und Nebenkarten ILI. und Ill. Klasse unter denselben Bedingungen wie Monatskarten verausgabt. Diesen Ferien- karten ift der tarifmäßige Preis der Monatskarten zu Grunde gelegt, zu welchem ein geringer fefter Zushlag für die den vollen Monat überschreitende Zeit zur Erhebung kommt. Die Verausgabung diéfer Pee erfolgt vom 28. Juni bis 30. Juli d. I. bei den Fahr- arten-Ausgabeftellen der vorbezeichneten Stationen.

Die ersten Ferienkolonien haben Berlin bereits verlassen. Es wurden der „Nat.-Zig.* zufolge entsandt: 40 Kinder nach Kösen, 25 Kinder nah Frankenhausen, 16 nach Harzburg, 25 _nach Pyrmont und 25 nach Kammin.

Posen, 17. Juni. Gestern fand in Gnesen die feierliche Enthüllung des Kaiser Friedrih-Denkmals, verbunden mit dem 7. Provinzial-Landwehrfest, statt. Erschienen waren dem „Posener Tagebl.* zufolge die kommandierenden Generale des V. und IL. Armee- Korps, General von Seeckt und General von Blomberg, der Ober-Prä- sident der Provinz Posen Freiherr von Wilamowit-Möllendorf, der Regierungs-Präsident von Tiedemann sowie die Spißen der Behörden und der Geistlichkeit. Nach der Festrede, die mit einem begeistert auf- genommenen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König {lofß, fiel auf Befehl des Ober-Präsidenten die Hülle des Denkmals, während die Nationalhymne angestimmt wurde.

Remscheid. Der Vorstand der Sektion V der Rheinisch- Westfälishen Maschinenbau- und Kleineisenindustrie- Berufsgenossenshaft hierselbst erläßt folgendes Preis- aus\chreiben füc eine Shußvorrihtung an Ercenter-, Schrauben- und Friktionspressen sowie an Fall- bämmern: „Zum Zweck der Erlangung von Konstruk. tionen einer Schubvorrichtung, durch welche verhindert wird, daß die Finger der Arbeiter durch die bewegten Preß- stempvel der Excenter-, Schrauben- und Friktionspressen sowie durh den Bâren an Fallhämmern verleßt werden, wird ein Gesammipreis von 500 A unter folgen Bedin- gungen ausgeseßt: 1) Die Vorrihtung muß in sicherer Weise ver- bindern, daß die Finger der Arkteiter bei der Bedienung der Maschine von dem niedergehenden Preßstempel oder Bär gegen die Unterlage (Sattel, Saum, Patrize und dergl.) gequetsht wird. 2) Die Vorrichtung muß an vorhandenen Maschinen bequem an- zubringen sein, wobei in erster Linie die in der Kleineisen- industrie (Schloß-, Schlittshub-, Charnier-, Stahlwaarenfabrikation und dergl.) benußten in Betracht kommen. 3) Zugelassen zur Preis- bewerbung find alle den Bedingungen entsprechende Konstruktionen, gleihviel ob dieselben bereits befannt und in Anwendung sind oder nur in Modellen oder Zeichnungen vorliegen. 4) Die Vorrichtung ist durch Modell oder Zeichnung mit Beschreibung klar und deutlich dar- zustellen. 5) Die Einsendung der Darstellung der Vorrichtung hat bis zum 1. November 189% an den Vorstand der Sektion ŸY der Nheinish - Westfälishen Maschinenbau- und Kleineisen- industrie - Berufsgenossenshaft in Nemscheid pvostfrei zu er- felgen. Die Darstellungen dürfen den Namen und Wohn- ort des Einsenders nicht enthalten, find dagegen mit einem Kennwort zu versehen. In einem mit gleihem Kennwort versebenen, vershlofsenen Briefumschlag find die Angaben über Namen und Wohnort des Einsenders beizufügen. 6) Wenn die Vorrichtung ge- seßlih geschügßt ift (durch Patent, Gebrauchsmuster oder dergl.), fo ist auf der Darstellung obne nähere Bezeihnung der Vermerk anzubringen „Geseßlih geshüßt“. 7) Die mit einem Preis ausgezeichneten Dar- stellungen werden Eigenthum der Sektion V der Rbeinish-Westfälischen Maschinenbau- und Kleineisenindustrie - Berufsgenofsenshaft. Das Reht der gewerblihen Verwerthung der Vorrichtung bleibt dem Einsender überlafsen. 8) Für die besten Vorrih- tungen werden Preise von 50 bis 200 A im Gesammtbetrage von 500 Æ aus8gesezt. Die Vertheilung der Preise erfolgt durch ein Preisgericht, dem das Recht zusteht, die Bertheilung niht zu bewirken, wenn keine der Vorrichtungen den Bedingungen entspriht. 9) Das Preisrichteramt üben die Vorstandsmitglieder der Sektion Y der Rbeinisch- Westfälishen Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenofsen- haft aus. 10) Der Vorstand der Sektion V der genannten Ge- nossenschaft behâlt sich vor, die eingesandten Darstellungen der Vor- rihtungen während 14 Tagen ôffentlih auszustellen und dutch Druck zu veröffentlichen.“

Bamberg, 18. Juni. Ein unter Da gebrater dreistöckiger Neubau in der Poedeldorfer Straße, im neuen Viertel hierselbst ist, wie ,„W. T. B.“ meldet, gänzlich in sich zusammengestürzt. Dabei wurden eine Person getödtet, aht Personen {wer und acht andere leicht verleßt.

London, 17. Juni. Bei der beutigen Fortsezung der Ver- bandlung über die Katastrophe der „Elbe“ erkanite nach dem Bericht des „W. T. B.“ der Gerichtéhof den Steuermann der eCGratbie“ in erster Linie für s{uldig an dem Zusammenstoß, weil fein rihtiger Au8guck gehalten wurde; dennoch bätte der Zusammenstoß durch den Offizier der „Elbe“ vermieden werden fönnen, wenn dieser die Maschine gestoppt hätte, sobald die Gefahr eines Zusammenftoßes bemerkt wurde. Der siebente Punkt ‘des ge- rihtlihen Erkenntnisses betrifft das Verhalten des Kapitäns der „Grathie" nach dem Zusammenstoß und \pricht ihn von Schuld frei, da nur die Lichter brannten und die „Elbe“ lein weiteres Signal - von ihrer Lage gab. Zumal die eCrathie“ ein viel kleineres Schiff war und ih selbst in ernft- licher Gefahr befand, weil Wasser eindrang, so war es ihre erste Pflicht, auf die Rettung des eigenen Schiffes bedaht zu jein; auch war das Herunterlassen- von Booten bei dem bohen See- gang gefährlich, wie aus dem Kentern des Rettungsboots der „Elbe“ nch ergiebt, welches viel größer war als irgend ein Boot der „Grathie“. Die beiden Schlußpunkte des Urtbeils besagen, daß die „Crathie“ nicht mit ftrenger sfeemännisher Sorgfalt gesteuert wurde. Die Schuld trage der Steuermann allein; diesem wurde deshalb das Steuer- mannspatent entzogen.

Belgrad, 18. Juni. Gestern Abend 9 Uhr fand neuerdings eine leihte Erdershütterung statt.

New-York, 17. Juni. Der am 16. Juni aus London hier an- gekommene Dampfer „Ontario“ meldet, daß er am 14. d. M. auf dem 61. Grad östlicher Länge den Red-Star-Dampfer „Noord- land“ angesprochen habe, der am 12. d. M. auf der Fahrt nah Antwerpen mit dem Dampfer „Deutschland“ zusammenstieß, wobei leßterem zwei Bugplatten eingedrückt wurden. „Noordland" habe fignalifiert: „An Bord alles wohl.“

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. Wien, 18. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Vormittag den Minister-Präsidenten Fürsten Windi}h- gräß in besonderer Audienz.

Jm Abgeordnetenhause beantragte heute der Jung- czehe Kaizl unter Hinweis auf die parlamentarische La E die Sizungen so lange zu unterbrehen, bis die Krifis beig elegt- oder eine provisorishe Abmahung aller Par- teien über die Fortführung der Staatsgeschäfte getroffen worden sei. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung

mit 144 gegen 63 Stimmen abgelehnt. Die Abgg. Foregger

Frans, orre und Genossen ‘beantragten, die Ge: shäftsordnungs\sprache dahin abzuändern, daß als Ver: handlungs\sprache des Hauses die deutshe Sprache fes: gestellt werde. Der Antrag wurde dem chäftsordnungs- aus\chuß zugewiesen. Sodann wurde die Debatte über die

Steuerreformvorlage fortgeseßt.

(Fort)ezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 18. Juni, 8 Uhr Morgens.

|

j j

Wetter.

S a ry

Stationen.

tin 9 Celsius |

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim. Temperatur ls 9G. == 49R.

3'halb bed, 5'bededckt 1Dunst 4 wolkig 2 beiter I en l1ibedeckt | 3'halb bed. #0 bededt 1'wolfig 1'halb bed. ma 1'halb bed. 3'balb bed, 2'beiter 1\wolfkig 1'beiter 2'bedeckt ill bedeckt 3wollig | 17 3 wolkenlos | 18 2 wolkenlos 14 ftilliwolkenlos 14 2¡wolkenlos | 14 4'bededckt 18

Belmullet .

Aberdeen .

Cbristiansund

Kopenhagen

Stockbolm .

Haparanda t

St. Orrun

Mosfau . E

Cork, Queenstown

Cherbourg

Helder

Sylt . a e O a E O S e 761 C. ch «A O02 l

Bare e E e E 759 r E 760 T S 759 Mt O 762 Chemnitz D G e Ed 760 E s Or Ee L A E L E

Sev T O ]

A L H OE 1'bededt 15

E Os ftil!beiter 98 Uebersiht der Witterung. ;

Der Luftdruck if boch nur über Nordrußland und in einem vor Lappland über das ôstlihe Zentral-Europa nach der -Balkankhalbinfel und Jtalien sich erstreckenden Gebiete. Minima unter 755 mm liegen über Südschottland und dem Biscayasee. Bei s{wachen, meist süd- lien Winden if in Norddeutshland am Morgen das Wetter vor- wiegend beiter und fühl, im Süden wolkig mit nahezu normalen Wärmeverbältnissen. Im nordwestlichen Deutschland fiel vielfad Regen. Ge, etwas wärmeres Wetter mit Gewitterregen für daz wesiliche eutschland wahrscheinli.

Ga S000 208 Q 8aSCQB00 O O0

R

OOOS

S

O

V A S ORE

Deutsche Seewarte.

Theater- Anzeigen.

Berliner Theater. Mittwoh: Der Geizige. Der ungläubige Thomas. Anfang 74 Ubr.

Donnerstag: Madame Sans-Gêne. E

Freitag (49. und leßte Abonnements-Vorstellung) : Der Geizige. Der ungläubige Thomas.

Neues Theater. Sgiffbauerdamm 4 a. /5. Mittwod: Ensemble-Gaftspiel der Mitglieder des Carl Schulße-Theaters (Ham- burg) unter Leitung des Direktors José Ferenczy. Tata-Toto. Vaudeville in 3 Akten nah Bilhaud und Barréá von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 7# Uhr.

Donnerstag : Tata-Toto.

Theater Unter den Linden. Bebrenstr. 55/57. Direktion: Julius Frißshe. Mittwoch: Miß Helyett, Vaudeville-Operette in 3 Aica vak Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. Musik von E. Audran. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7{ Ubr.

Donnerstag: Miß Helyett.

Schluß der Saison: 30. Juni. Wiedereröffnung : 1. August 1895.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth von Heister mit Hrn. Lieut. August von Flotow (Hannover). Frl. Marie Heiligtag mit Hrn. Ritterguts- besißer Willy Großkopf (Pasewalk-Maßlow). ; E

Verehel iht: Hr. Hauptmann Albrecht Graf Finck von Finckenitein mit Editha Frein von Buddenbrock (Frankfurt a. O.). Hr. Ernft von Meltzing mit Frl. Anna von Burkersroda (Halle a. D.)

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major Stern von Gwiazdowski (Itzehoe). gen, Landrath von Zanthier (Franzburg). Orn. Siegfried von Grolman (Reinshain N.-Schl.). Hrn. Major von Kries (Kulm). Eine Tochter: Hrn. Major Hans von Grawert (Braunshweig). Hrn. Hauptmann Bucher (Marien berg). Hrn. Lieut. d. R. Rücker (Klein-Flottbeck). Hrn. Rittmeister von Graevenit (Gnesen). Alt

Gestorben: Fr. Marie von Zadow, geb. von Puttkamer (Ul Wuhrow). Hr. Pastor emer. J. Kraft (Bad Boll i. Württem berg). Hr. Oberführer Edwin Frhr. von Manteuffel (Dar-es- Salam). Fr. Konsistorial-Rath Julie Wilhelmi, geb. Men hausen (Klüßow). E Sanitäts-Rath Dr. H. Doering So \ Heinrich (Derlink Hr. Rektor Hermann Hildebrandt (Berlin). Hr. Polizei-Rath a. D. Oskar Hille (London).

My

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße 32. Sieben Beilagen (eins{ließli4 Börsen-Beilage),

sowie die Juhaltsaugabe zu Nr. 6 des öffeutlicheu V (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellf für die Woche vom 10, bis 15, Juni 1895,

eigers aften)

Erste Beilage

y

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

¿ 143.

Berlin, Dienstag, den 18. Juni

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 76. Sißgung vom Montag, 17. Juni. Ueber den Beginn der Sigzung is} gestern berichtet worden. i : Die Berathung des Entwurfs eines Stempelsteuer- geseßes wurde fortgeseßt. Zu 3, welcher von den all- emeinen Grundsäßen über die Stempelpflichtigkeit handelt, agen die bereits erwähnten Anträge der Abgg. Kirsch (Zentr.) und Jansen (Zentr.) vor.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Ich bitte das hohe Haus dringend, diese Anträge abzulehnen ; sowobl diesen Antrag als die Konsequenzen desselben, die in dem zweiten Antrag enthalten sind. Die Frage ift in der Kommission ganz ausführlich erörtert worden, und man hat si da allseitig über- zeugt, daß diese Anträge in keiner Weise annehmbar sind.

Meine Herren, zuerst bemerke ih, daß wir bier auf dem Boden des geltenden Rechts stehen, und daß die Bestimmung, nah welcher bedingte Verträge ftempelpflihtig sind wie unbedingte Verträge, ledigli eine Konsequenz des Urkundenprinzivs ist. Aus dem Urkunden- prinzip, wo die Urkunde zur Versteuerung gelangt, aber niht das Ge- shâft, folgt von selbst, daß die bedingten Verträge wie unbedingte behandelt werden müssen. Aber weiter, wenn Sie hier unterscheiden wollen zwischen Refolutivbedingungen und Suspensivbedingungen, so fordere ih alle Juristen hier im Hause auf, ob sie mir die Frage nit mit „Ja* beantworten, daß eine sehr geringe Kunst dazu gehört, für jeden Juristen, in Form der Sugépensivbedingungen auszudrücken, wenn es sih eigentlich materiell um Resolutivbedingungen handelt. Es würden deshalb die bedingten Verträge überhaupt vorläufig frei werden. Dann ift die Sache praktisch garniht auszuführen; denn die Erfüllung oder Nichterfüllung, der Eintritt oder Nichteintritt der Be- dingungen liegt ganz außerhalb der Kontrole der Bcbörden, und des- halb ist die Hinweisung des Herrn Dr. Stephan auf § 16 ganz un- zutreffend, weil es \sih dort immer um Genehmigungen handelt, welche entweder von einer Gerihhts- oder einer Verwaltungsbehörde ausgehen müssen, in einem solhen Fall die Kontrole also von selbst gegeben ift. Endlih würde ja die ganze Bestimmung, daß Verträge regelmäßig 14 Tage nach ihrer Errichtung zu versteuern sind, bier in Wegfall kommen. Früher allerdings das muß ih zugeben is durch die Bestimmung, daß auch dann, wenn die Suspensivbedingung eintritt und [der Herr Vorredner hat ein sclches Beispiel angeführt, ein Beispiel, wo der Prozeß allerdings nur dur die gänzlihe Unkenntniß des Notars in Beziehung auf das geltende Recht entstanden sein kann, früher konnten allerdings erheblihe Härten eintreten, aber jeßt, wo in diesem Geseß der Finanz - Minister ermächtigt is, binterber bei der Nichtausführung des Vertrags den Stempel zu erlafsen, fällt ja eben diese Härte weg; für diese Fälle sind gerade diese Bestim- munÿgen gegeben. Aber unbedingt hier den Finanz-Minister dur Gesetz zu zwingen, in allen solhen Fällen den Stempel zu erlassen, würde auch niht zutreffen; denn es kommt ja mannigfah vor, daß der Eintritt der Suspensivbedingungen absihtlich dur den Inter- essenten verhindert wird und auch verhindert werden kann. Es fann sehr wohl eine Suspensivbedingung von der Beschaffenheit sein, daß es von dem freien Willen der betreffenden Kontrahenten abhängt, ob sie eine solche Bedingung zur Erfüllung bringen wollen oder nit. Hier ist das Ermessen im einzelnen Fall durhaus angebracht. Wäre in Zukunft nach Publikation des Gesezes die Sache fo, wie sie in dem Beispiel des Herrn Antragstellers liegt, so würde zweifellos der Finanz-Minister in einem solhen Falle den Stempel hinterher erlassen. Ich glaube daher nur bitten zu können, wenn Sie nicht eine wesentlihe Lücke und Inkongruenz in das ganze Geseß hineinbringen wollen, diese Untersheidung zwishen Resolutiv- bedingung und Suspensivbedingung fallen zu lassen, und den Antrag, wie es die Kommission gethan hat, abzulehnen.

Abg. Winckler (konf.) erklärte, seine volitishen Freunde würden gegen die vorliegenden Anträge stimmen aus den Gründen, welche der Herr Finanz-Minister erörtert habe.

Abg. Kir s (Zentr.) begründete seinen Antrag auf Streichung des ersten, einleitenden Absatzes des § 3, der nit in ein Gesetz passe und zudem in vielen Fällen unzutreffend sei. t:

Abg. Schmid t-Warburg (Zentr.) führte aus: da es si um die Schaffung eines ganz neuen Gesetzes handele, so brauhe man fein Bedenken zu tragen, \sih mit dem geltenden Recht in Widerspruch zu legen. Dies geschehe thatsählih an vielen Stellen des Gesetzes. Man müsse bier den Grundsatz befolgen: in dubio contra fiscum.

Abg. Klasing (konf.): Die Kommission habe keineswegs den entgegengefeßten Standpunkt vertreten ; sie habe versucht, allen Gesichts- puntten gerecht zu werden. Es sei doch niht zu verkennen, daß das Gefeß im Ver-leih zu dem geltenden Reht manche Erleichterungen einfübre, namentlih durch die Erweiterung des Nehtêweges und Zu- laffung desselben mit fsuéspensiver Wirkung bei allen Arten bon Stempeln. Demgegenüber müsse man an den Bestimmungen des § 3 festhalten.

Die Anträge wurden abgelehnt und § 3 nach dem Kommissionsvorshlag angenommen.

Der S8 4 handelt von den befreiungen.

. Abg. Mies (Zenir.) beantragte, auch Abschriften, Aus- Uge und Bescheinigungen jeder Art aus den bei der Kataster- verwaltung geführten bezw. aufbewahrten Kartenurkunden und jonjtigen Schriftstücken von der Stempelsteuer zu befreien.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

_ Meine Herren! Ih habe gegen die Annahme beider Anträge nihts zu erinnern. (Bravo!)

Hierauf wurde der § 4 mit dem vom Abg. Mies bean- tragten Zusaß und einer vom Abg. Kirsch vorgeschlagenen redaftionellen Aenderung angenommen.

. Der S 7 legt den Steuerpflichtigen die Verbindlichkeit auf, den Steuerbehörden oder den a Einziehung oder Ver- tete

sahlihen Stempelsteuer-

wendung des Stempels sonst verpfli n Behörden oder Be- amten Auskunft über den Werth des Gegenstandes zu geben sowie Urkunden vorzulegen, und droht für den Fall der Nicht- etfüllung dieser Bestimmung Ordnungsstrafen an.

1895.

E L A

Hierzu lag ein Antrag des Abg. Schen ck (fr. Volksp.) vor, der die Ausfunftsertheilung nur den Steuerbehörden, nicht au anderen Behörden gegenüber zur Pfliht macht und fur den Fall der verweigerten Auskunft feine Ordnungsstrafe, sondern nur die Zahlung der durch die dann erforderliche amtlihe Ermittelung entstehenden Kosten auferlegt.

__ Die Abgg. Jansen und Steph an-Beuthen beantragten, die Verpflichtung zur Vorlegung von Urkunden zu streichen und zu bestimmen, daß die Ordnungsstrafen den Gesammt- betrag von 60 M nit übersteigen dürfen.

__ Der Abg. Mies (Zentr.) endlih brachte den Antrag ein, die Kosten der Ermittelung nur dann dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen, wenn der ermittelte Werth den vom Steuer- pflichtigen angegebenen Werth um 20 Broz., nicht, wie in der orau bestimmt, um 10 Proz. übersteigt.

Abg. Jansen (Zentr.) begründete den ersten Theil dieses

Antrags damit, daß nach der Fassung der Vorlage die Steuer- pflihtigen zur Auskunftsertheilung über alle möglichen Verbältniffe angebalten werden fönnten, deren Geheimhaltung ihnen von Werth lein Tônne. ; Abg. Mies wies zur Begründung seines Antrags darauf hin, daß die Irrthumsgrenze namentli bei Grundstüstaren fehr leiht die Höhe von 10 9/9 erreichen fönne, ohne daß die AbsiHt der Steuer- hinterziehung vorliege. Daher erscheine es ungerecht, in solchen Fällen die Last der Kosten dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen. :

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich nehme an, daß die Anträge des Abg. Schenck noch aufrecht erhalten werden: i werde mich daher bei dieser Ge- legenheit gleih über dieselben erflären.

Wenn ih ret verstanden habe, so will der Herr Abg. Schenck die Bestimmung, daß die Steuerpflichtigen zur Ertheilung der er- forderlihen Auskunft über den Werth des Gegenstandes verpflichtet sind, einschränken, indem er sagt:

Die Steuerpflichtigen sind zur Ertheilung der von den Steuer - behörden erforderten Auskunft über den Werth des Gegenstandes verpflichtet.

Das ift aber do niht angängig ; denn bei den Stempeln, die die Gerichte erheben, welhe ja doch feine Steuerbebörden find, muß doch dieselbe Verpflichtung bestehen. Aber noch weiter! Es dient geradezu zur Erleichterung des Publikums, daß z. B. die Eisenbabn- verwaltung selbst die Stempel bei den Verträgen, die mit ibr ge- s{lofsen werden, fkassiert. Sie ist aber au keine Steuerbehörde, sondern eben eine Eisenbahnbehörde. Dies selbe Svstem sokl sogar in Zukunft noch erweitert werden im Interesse des Publikums. Es ist also gar kein Grund vorhanden, und es wäre auch gar nit er- wünscht im Interesse der Steuerpflichtigen, diese bier fragliche Ver- pflichtung nur den Steuerbehörden gegenüber zu bestimmen.

Dann will der Herr Abg. Schenck den Wegfall der Ordnungs- strafen für den Fall, daß die Aufforderung, Auskunft zu ertheilen, niht beachtet wird. Wenn Sie hier die Ordnungsstrafen weglassen wollen, dann fönnen Sie die ganze Bestimmung s\treihen. Dann hängt es ja bloß von der Geneigtheit, von dem Wohlwollen des Be- theiligten gegenüber dem Fiskus ab, ob er geneigt ift, Auskunft zu ertheilen.

Ih möchte bei dieser Gelegenheit auch gegen die Anträge des Herrn Jansen in Beziehung auf die Beschränkung der Ordnungs- strafen auf einen Gesammtbetrag auf zwei Gesichtspunkte hinweisen.

Wo die Ordnungéstrafen zum Zweck haben, irgend eine Handlung eines Dritten zu erzwingen, kann man feinen Gesammtbetrag und namentlich nit so niedrig wie hier firieren, sondern wenn die erste Androhung der Strafe nit befolgt wird und wenn selbst nah Ein- ziehung der ersten noch mäßig bemessenen Ordnungsstrafen eine weitere Befolgung nit stattfindet, so muß natürlih mit der Ordnungsstrafe so lange fortgefahren werden das ift bei den Erekutivstrafen überhaupt der Fall, und die Ordnungsstrafe hat im wesentlichen die Natur einer Exekutivstrafe, bis der Aufforderung Folge geleistet wird. Und zweitens das möchte ih gerade dem Herrn Antragsteller Jansen und den übrigen Herren ans Herz legen : Die Einführung der Ordnungsstrafen ist im großen Ganzen eine außerordentlihe Erleihterung der Steuer- pflichtigen gegenüber dem bisherigen Rechtszustand. Bisher hatte der Finanz-Minister niht das Recht, Ordnungsftrafen zu erheben, er war bisher in allen Fällen gezwungen, das Strafverfahren einzuleiten. In Zukunft in den Fällen, wo es sich bloß um eine Fahrlässigkeit handelt, wo die Absicht einer Hinterziehung offenbar nicht vorliegt, wird der Finanz-Minister sih helfen können mit der Ordnungsstrafe; aber wenn Sie die Ordnungsstrafe so niedrig bemessen oder \o beschränken wollen, daß der Finanz-Minister in vielen Fällen sh sagen muß: sie hat feine Wirkung —, so drängen Sie ihn damit gerade auf den Weg, den wir verlafsen wollen, statt dessen wieder das gerichtliche Strafverfahren eintreten zu lassen. Jch bin durchaus überzeugt, daß diese Anträge gegen das Interesse der Steuerpflichtigen laufen.

Nun haben die Herren Jansen und Dr. Stephan noch beantragt, man solle die Verpflichtung, Auskunft zu ertheilen, nicht auf Vor- legung von Urkunden ausdehnen. Herr Jansen meint, das wäre do eine große Härte, wenn vielleiht der Steuerpflichtige dadur bewogen würde, eine Urkunde vorzulegen, die nit rihtig versteuert sei. Aber auch solchen Fällen, wo jemand hon eine Urkunde in der Hand hat, bei welcher er den Stempel hinterzogen hat, kann man, glaube ih, keine entsheidende Bedeutung beilegen. Es kommen sehr viele Fâlle vor, wo es selbst im Interesse der Steuerpflichtigen liegt, solche Urkunden vorzulegen. Denken Sie an den Fall, wo es sich um Fest- stellung des Werths des Gegenstands des Vertrags handelt, dann wird es in sehr vielen Fällen im Interesse des Steuerpflichtigen selbst liegen aber häufig sehen sie ihr eigenes Interesse niht und weigern fih. Oft wird sehr erwünscht sein, daß er den Kostenanshlag vorlegt und dadur von vornherein jede Differenz beseitigt ; andererseits aber liegt es auch im Interesse der Steuerbehörden, auf folchen Urkunden die Bedeutung des zu besteuernden Betrags seinem Werthobjekt nach richtig zu erkennen. Man kann häufig die Be- deutung einer Urkunde erft dann erkennen, wenn man das documentum relatum au zu sehen bekommt, auf welhes ih die zu behandelnde

Urkunde bezieht. Es giebt sehr viele Fälle, wo man nur klar wird

über den Gegenstand der Bestempelung dur Vorlagen von sfolchen Urkunden, die angezogen sind in dem zu bestempelnden Vertrag.

Ih möchte also bitten, auch diesen Antrag abzulehnen.

_JIm weiteren Verlauf der Debatte führte der Finanz- Minister Dr. Miquel zu demselben Gegenstand noch folgendes aus: ;

Ich habe mih noh über den Antrag zu erklären, nah welhem den Steuerpflihtigen niht mehr die Kosten der Werthsermittelung zur Last fallen sollen bei einer Differenz von 10 2%. In diefer Be- ziehung hat namentlich Herr Mies ausgeführt, daß doch bei folchen Taxationen sehr große Differenzen vorkommen und daß man sehr häufig in die Lage käme, bei ganz gutem Glauben einen geringeren Werth anzugeben, der 10% den wirklihen Werth übershreite. Das kann bei Taxationen gewiß vorkommen. Wir baben aber 10 9% an- genommen, weil wir diese Bestimmung bereits im Erbschafts\steuergesetz haben. In dem § 21 des Erbschaftssteuergesezes steht wörtlich dasselbe, was hier in der Regierungsvorlage gesagt is und es ist doch nicht angängig, wenn bei den sehr viel schwierigeren Werths- ermittelungen, die bei der Erbschaftssteuer vorkommen, im Gesetz die Grenze bei 10 % gezogen ift, hier sie auf 20 9/6 zu besteuern. Wie macht sih in der Regel die Saße? Wenn die Steuerbehörde die Werthangabe des Steuerpflichtigen nit anerkennt, so ermitteln wir den Werth in der Regel durh unsere steuerlichen Organe, und da entstehen überhaupt feine erheblihen Kosten. Würden Sie vor- schreiben, daß gewissermaßen ein rein formales Verfahren stattfinden soll, wie es der Herr Vorredner beantragt hat in Bezug auf die Sach- verständigen, dann können die Kosten allerdings sehr bedeutend werden, dann hört die Sache auf, ein Vorverfahren zu sein, sondern ist ein durchgeführtes Vorermittelungsverfahren, wie bei den Erpropriationen im Verwaltungêswege, und es können bier umsoweniger verkehrte An- gaben des Steuerpflichtigen in Bezug auf Strafen und Kosten für bedeutungëlos erklärt werden und die Kosten alle dem Staat zur Last fallen. Wenn wir z. B. verpflichtet werden sollen, jeden Sachverständigen, den der Steuerpflichtige vorshlägt, auf Staatskosten zu hôren, so können dadur allerdings ganz unnöthige und {were Kosten dem Staat erwahsen. Das würde bier um so weniger berehtigt sein, weil der Rechtsweg ja in allen Fällen ofen bleibt. Wenn das im Verwaltungs- wege ausgeführte Vorverfahren in seinem Ergebnisse dem Steuerpflichtigen niht gefällt, dann geht er einfah an die Gerichte, und die Gerichte entscheiden na Maßgabe der Be- stimmungen der Zivilprozeßordnung über die Frage, wem die Kosten zur Last fallen. Es wäre garniht einmal erwünst, Schranken im Verwaltungsverfahren einzuführen; denn es wird in vielen Fällen gelingen, durch eine zweckmäßige Behandlung der Werthermittelung im Verwaltungswege die Noth- wendigkeit kostspieliger Prozesse hintenanzuhalten. Darauf lege ich gerade das größte Gewicht, daß durch ein solches zweckmäßiges Ver- fahren in dem wenig kostspieligen und niht formalen Verfahren vor der Verwaltung in vielen Fällen eine Einigung über die Werthfrage stattfinden und der Prozeß vermieden wird.

Aus diesem Grunde bitte ih wiederholt, die Anträge des Herrn Schenck abzulehnen, ebenso den Antrag des Herrn Jansen. Wenn ich recht verstanden habe, hat Herr Parisius den ersten Antrag Schenck, der sih auf die Beschränkung der Auskunftsertheilung bei den Steuer- behörden bezieht, aufgegeben; dann brauche ich darüber weiter nicht zu sprehen. Jch glaube, die Kommissionsanträge sind durhaus zweckmäßig und führen zu einer Verringerung der Kosten, zu einer Abgrenzung des Verfahrens und in vielen Fällen zur Vermeidung von tostspieligenProzessen.

Abg. Klasing (kons.): Der Antrag des Abg. Mies sei unan-

nehmbar; die Kommission habe 10% als das Mindestmaß bezeichnet. Dem Antrag des Abg. Jansen werde er zustimmen, weil in einer Anzahl von Fällen Familienangelegenheiten urfundlih geordnet würden. Der Antrag des Abg. Schenck sei viel fiskalisher als die Kommissions- satung und tehnisch unmögli. _ Abg. Rickert (fr. Vg.) wünschte, daß der Antrag des Abg. Schenck zurückgezogen werde, weil er in der vorliegenden Form nit annehmbar sei. Er könne in der dritten Lesung verbessert wieder ein- gebracht werden. Den Stempelbehörden solhe Rechte in die Hand zu geben, wie es die Kommissionsfafsung thue, sei gefährlih. Dem Herrn Finanz-Minister würde Redner fie gern anvertrauen, weil er wisse, daß diefer viele Entscheidungen der Steuerbehörden gemildert habe, aber niht den Stempelfiskalen in den Provinzen. Es bitte deshalb, den Antrag des Abg. Jansen anzunehmen.

Abg. Parisius (fr. Volksp.) zog hierauf in Abwesen- heit des Abg. Schenck den Antrag desselben zurü.

Der Antrag des Abg. Mies wurde abgelehnt, der des Abg. Jansen gelangte zur Annahme.

ZU § 13 beantragte Abg. Krause (nl.), bie in diesem Paragraphen statuierte Haftbarkeit der Beamten einshließlich der Notare für die Entrichtung der Stempelsteuer zu streichen.

Abg. Krause (nl.) : Diese Bestimmung entspriht zwar dem geltenden Recht, ermangelt aber der innerlichen Berechtigung. _ Abg. Klas ing (konf.): Auch wir sind der Ansicht, daß der be- stehende Rehtszustand das Produkt einer überspannten Fisfalität ist.

ie Bestimmung entstammt dem Geseß von 1822. An sih haftet der Beamte ja, wenn durch seine Handlungsweise ein Schaden entsteht.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Wir haben do nach den bisherigen Erfahrungen allen Grund, diese Bestimmung aufrecht zu erhalten. Im Großen und Ganzen kann man nit sagen, daß alle Beamten auf die Frage der Stempelpflih- tigkeit der Urkunden mit der Sorgfalt achten, wie das im Interesse des Staats nothwendig is. Wenn es bisher {on mannigfah daran fehlt, so würde das in Zukunft, wenn sie überhaupt keinerlei Haft- pfliht mehr haben, noch viel bedenklihere Dimensionen annehmen. Die Herren scheinen aus\chließlih an die Notare zu denken, und ich glaube, das Interesse für die Beamten is nur sekundär bei der ganzen Sache. (Sehr rihtig! rechts. Oh nein! im Zentrum.) Aber au von den Notaren kann man nach ihrer öffentlichen Stellung wohl annehmen oder verlangen, daß sie ein sharfes Auge auh auf die Interessen des Staats haben und nicht lax dabei verfahren. Wenn sie keinerlei Nachtheil dabei haben, dann wird diese Kontrole in Zukunft vollständig wegfallen. Wenn hier gesagt wurde, die Notare