1895 / 154 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Jul 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Wee E T Pa SoDO

Kiel, 30. Jüni. Die italienischen Kriegssgtil Re Umberto“, „Andrea Docia“, „Stromboli“ und retusa“ find vorgestern aus dem großen Belt nah Portland weiter- gefahren. Die „Sardegna“, „Etruria“ und „Partenope“ eßten gestern die Reise dahin fort. Die amerikanischen Kriegsschiffe „New-York“, „Columbia“ und „Marblehead“ haben gestern den Kiel:r Hafen verlassen. Das Kriegs[{iff „San Francisco“ ist noch dort verblieben.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten hat in ihrer Sißung vom 28. v. M. den Antrag des Abg. Eckard angenommen, wonach die Regierung ersuht wird, in jeder Etatsperiode eine Statistik über die Arbeiterverhältnisse in den staatlihen Betrieben anfertigen zu lassen und fie mit dem Entwurf des Staatshaushalts dem Landtag mitzutheilen. Jn dieser Statistik soll insbesondere die Dauer der täglihen Arbeitszeit nah Arbeiterkategorien unter Berücksichtigung der Ueberstunden und der Nachtarbeit, sowie die Dauer der Sonntagsruhe,- ferner die Höhe des Arbeits- lohnes, die Fristen und Tage der Lohnzahlung, Abschlags- zahlung und Abrechnung, die Zahl und das Alter der neu- bezw. wiedereingestellten und der entlassenen Arbeiter ange-

geben werden.

Baden.

Wie die „Badische Landeszeitung“ meldet, hielt Seine Königliche Hoheit der Großherzog bei dem gestern in Rei- lingen abgehaltenen Gau-Verbandsfest des Militär- gaues Shweßingen eine längere Ansprache. Nach einem Nückblick auf die {eit Entstehung des Reichs nunmehr ver- gangenen 2 Jahre {loß der Großherzog: 4

„Manches iît wohl geschaffen, aber viel ist noch übrig zu thun. Aber keine Kraft, keine Macht ohne Anstrengung und Hingebung, und diese Hingebung ift nur dann mögli, wenn ein festes Ganzes ge- schaffen ist, das dazu beiträgt, das Geschaffene zu erhalten. Dafür müssen wir Opfer bringen ; denn Großes fönnen wir nicht schaffen, obne Opfer zu bringen, ohne alles hinzugeben, wenn es Noth thut. Ich weiß sehr gut, daß Sie meine Werte richtiz verstehen; Sie alle sind Soldaten gewesen und wissen, was es heißt, sich hinzugeben mit ganzer Liebe, ganzer Treue. Sie wifen, was es beißt, aud Blut herzugeben, wenn es nöthig wird, ohne zu fragen warum. Der Gehorsam ift blind, ein bewußter, weil der Soldat mit ganzem Bewußtsein gehorsam sein, mit ganzem Bewußtsein sih dieser Pflicht hingeben muß. Nur dann vermögen wir Großes zu leisten und ist jederzeit Großes geleistet worden aus dieser Grundlage. Erhalten wir diese Grundlage, thun wir alles, was nôthig ist, um fie zu erhalten, und vermeiden wir das, was beute son so viel verdorben hat. Ich berühre das nur kurz, aber ich kann es niht umgehen. Das Parteileben hat vieles in Deutschland ver- dorben. Das Part-iinterefse geht manchmal viel höher als das Interesse des Reichs. Die rechte Partei ist nur diejenige, welche sich wahrhaft national nennen fann, welhe alles bingiebt, wenn es noth thut, und nicht darnach fragt, was drum uúd dran hängt. Dabei dürfen wir nit versönlich werden, alles muß fachlich sein. Wir müssen das Bewußtsein heben und im Volke pflegen, daß nur mit der nationalen Größe die Größe und das Wohl des einzelnen Landes zu erhalten ist. Darum, meine Freunde, spra ich vorhin von der Vergangenheit Sie müssen sie erlebt haben, wie ih sie erlebt habe, da es fein großes Vaterland gab. Vergessen wir nit, daß es anderé war und daß es Leute giebt, welche die früheren Verhältnisse wieder herbeizuführen wünshen und die Schwäche des Reichs wieder zu schaffen. Ich mahne zur Einigkeit nah allen Richtungen. Ver- meiden Sie jedwede Partei, welhe nit auf nationaler Grundlage steht. Nationale Grundlage heißt: Erhaltung des Reichs, Unter- fiótung des Kaisers, Einhelligkeit des Heeres und damit Erhaltung der Kraft der Nation.“ Î S

Seine Königliche Hoheit {loß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaijer.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Jhre Könialichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind am Sonnabend von Allstedt wieder in Schloß Belvedere bei Weimar eingetroffen.

Der Landtag ist am Freitag auf unbestimmte Zeit ver- tagt worden.

Sachsen-Altenburg.

Der Landtag, der bereits am Freitag eine vorbereitende Sizung behufs Wakhl von drei Kandidaten für das Amt der Land- tags-Präsidenten abgehalten hatte, wurde vorgestern dur einen Gottesdienst im großen Schloßsaalezu Altenburg feierlich eröffnet. Seine Hoheit der Herzog war dazu mit Seiner Durchlaucht dem Prinzen Moriß erschienen. Nah dem Gottesdienst be-

aben sich die Anwesenden nach dem Kirchensaale, wo der 48 die Abgeordneten mit Ansprachen beehrte und si die neuen Mitglieder vorstellen ließ. Am Nachmittag kehrte der Herzog wieder nach Hummelshain zurü. Durch Herzoglichen Erlaß is der vom Landtag vorgeschlagene Abg. Oßwald zum Landtags - Präsidenten für die Periode 18985—97 und der Abg. von Kropff zum Vize- Präsidenten ernannt worden. Mittags eröffnete der Staats- Minister von Helldorf den Landtag. Der Präfident Oß- wald hob in einer Ansprache hervor, daß der Landtag jeßt in einem würdigen Hause tage, und sprah den Wunsch aus, daß die Berathungen, die in diesem geführt werden würden, dem Lande zum Segen gereihen möchten. Er {loß mit einem Hoh auf Seine Hoheit den Herzog.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Die Gesez-Sammlung für das Herzogthum Gotha ver- öffentlicht die Geseße über die Besteuerung der Wander- lager, die Abänderung der Grundbuchordnung und die Abänderungen des Geseßes vom 10. Januar 1854, betreffend die Einkommen- und Klassensteuer.

Oesterreich-Ungarn.

Die Kaiserin is gestern Abend nah einem vierwöchigen Kurgebrauch in Oberheßendorf von dort nach Bartfeld in Ungarn abgereist. Der Kaiser begleitete Allerhöchstdieselbe zum Bahnhof und kehrte nach herzlicher Verabschiedung nach

Lainz zurü.

Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ aus Budapest be-

‘rihtet, das Jnkrafttreten der Kirchengeseße zum

1. Oktober und die bezüglihen Ausführungsverord- nungen, welche bereits morgen publiziert werden sollen, ge- nehmigt. Jn letzteren wird den Standesbeamten zur Pflicht gemacht, die Parteien darauf hinzuweisen, daz mit der Eheschließung im Standesamt und mit der Eintragung der Geburten in die Staatsmatrifeln die Pflichten gegen die Kirche noch nicht erfüllt seien. i Die Budapester Blätter legen der Ernennung erblicher Pairs große politische Bedeutung bei. Da im kommenden Monat

abermals vier erblihe:Barone ernannt werden würden, vollziehe sich ein gründlicher Umschwung des Stimmverhältnisses im Oberhause zu Gunsten der A . Von unterrichteter Seite wird mitgetheilt, daß diese Ernennungen nicht im direften Hinblick auf die kirhenpolitishe Frage erfolgt seien; es sei jedoch zweif-llo3, daß dieselben der Regierung bei den im Herbste bevorstehenden Verhandlungen über die kirchen- n gen Geseße im Oberhause zu gute kommen würden.

Großbritannien und Jrland.

Die Mitglieder des Prie geiugene Ministeriums begaben sich am Scennabend Nachmittag nah Windsor, um der Königin ihre Amtssiegel auszuhändigen, welche die neuen Minister unmittelbar darauf in Empfang nahmen.

Anläßlich des Rücktritts des Kabinets Rosebery werden zahlreihe Auszeihhnungen gemeldet. So sind der ee Vize-König von Jrland, Lord Houghton und der bisherige Lord-Kämmerer Lord Carrington zu Earls, der bis- herige Ackerbau-Minister Herbert Gardner und der frühere Gouverneur der Kapkolonie Sir “Ai ry Loch zu Bargnets ernanut worden. Der bisherige Staatssekretär für Jndien Fowler wurde zum Großkomthur des Ordens des Sterns von Jndien ernannt und dem zurückgetretenen Kriegs-Minister Campbell-Bannerman das Großkreuz des Bath-Ordens verliehen. Ferner wurden der General- onsul in Sansibar Hardinge, der Professor der Geologie Judd und der dur sein Wirken in Uganda bekannte Kapitän Luggard zu Rittern des Bath-Ordens ernannt. Dem Lord-Mayor von London Joseph Renals wurde die Baronetwürde verliehen.

Frankreich.

Jn der vorgestrigen Sizung der Deputirtenkammer interpellierte der Deputirie Jaurès (Sozialist) die Regierung über ihre innere Politik und beschuldigte fie, den Kampf gegen die Sozialisten fortzusezgen. Er warf dem Kabinet vor, daß es im Senat eine Vorlage durchbringen wolle, durh welhe den Arbeitern das Strikerecht entzogen werden solle. Redner verlangte - sodann ver- schiedene Reformen im sozialistishen Sinne. Der Deputirte Jourdan (radikal) forderte die Regierung auf, sih auf die Radikalen zu stüßen. Der Deputirte Deschanel wies Bear die sozialistishen Theorien zurück. Der Minister-

räsident Ribot wies nach, daß die Sozialisten keine einzige praktishe Reform vorgeschlagen oder durchgeführt hätten, und erklärte sich zur Erörterung der praktishen Reformen bereit, welche Jaurès etwa vorbringen würde. Die Regierung habe stets loyal dem Lande gedient und die Ordnung aufrecht erhalten, ohne Gewalt auszuüben. Sie wolle nicht, daß die Syndikats- kammern Mittelpunkte des politishen Hasses seien. Der Minister- Präsident stellte die Vertrauensfrage und appellierte an die Ver- einigung der Republikaner, um den Erfolg der Reformen herbeizuführen. Die einfahe Tagesordnung wurde mit 354 egen 148 Stimmen abgelehnt und eine von dem Minister- Roésidenten NRibot genehmigte Tagesordnung mit 332 gegen 83 Stimmen angenommen, welche das Vertrauen zu der Re- gierung ausspricht, daß fie den sozialistishen Lehren Wider- stand leisten und durch die Vereinigung der Republikaner die demokratishen Reformen zur Ausführung bringen werde. Hierauf wurde die Sißzung geschlossen. | :

Die Zollfkommission unter dem Vorsige Méline's berieth am Sonnabend das Uebereinkommen mit der Schweiz. Einige Mitglieder der Kommission machten Einwendungen. Méline erkannte an, daß der Entwurf vortheilhafter sei, als derjenige vom Jahre 1892. Die Kommission beschloß, am Dienstag Erklärungen der Regierung entgegenzunehmen.

Bei einem am Sonnabend in Nantes abgehaltenen Bankctt der dortigen Handelskammer hielt dec Handels-Minister Lebon eine Rede, worin cr hervorhob, der Handel Frank- reis habe seit 20 Jahren keine Fortschritte gemacht, während England und namentlich Deutschland wichtige Absaßwege ge- schaffen hätten. DieUrsache hierfür fei nit in dem gegenwärtigen wirthschaftlichen Regime zu suchen, sondern in den zu hohen Preisen der französishen Produkte. Um dem abzuhelfen, müsse man die Jndustrie ermuthigen, Waaren nah dem Geschmack der betreffenden Länder anzufertigen: außerdem müsse man den Kredit erleihtern und Handelskammern im Auslande gründen. G E

Die Regierung hat dem „W. T. B.“ zufolge beschlossen, diejenigen Priester zu verfolgen, welche gemeinsame Kund- gebungen gegen das Geseh über die Anfallsjieuer ver- anstalten würden.

Ftalien.

In der Deputirtenkammer lenkte vorgestern Jmbriani bei der Berathung des Budgets die Aufmerksamkeit der Re- gierung auf die Schiffahrts-Linie des Oesterreich isch- Ungarischen Lloyd von Venedig nachBombay; er be- zeichnete es als politisch s{hädlich, daß die österreichische Flagge unbestritien in der Adria - dominiere. Der

inister für Posten und Telegraphen Ferraris erwiderte, er halie es für unzweifelhaft geboten, die Bedeutung der italienishen Flagge im Adriatishen Meere wieder- herzustellen. Der ettbewerb mit der österreichischen Flagge sei jedoch gegenwärtig besonders s{hwierig, da Oester- reih-Ungarn si in einer Periode finanzieller Erstarkung be- finde und die Kräfte Jtaliens in Genua und dem Mittelmeer kon- zentriert seien. Kraft der bestehenden Verträge könne der Oesterreichish-Ungarische Lloyd von Venedig ebensowenig aus- geschlossen werden, als der Norddeutsche Lloyd von Genua. Es würde das übrigens auch geradezu {ädlich sein.

Der „Tribuna“ zufolge soll der Ministerrath sich ein- stimmig dahin erklärt haben, daß nach - dem Urtheil des Kassationshofs die Angelegenheit Giolitti aus einer Rechtsfrage eine politi} che geworden sci und das Vorgehen bezüglich dessen Versezung in den Anklagezustand ausschließlich der Kammer vorbehalten bleiben müsse.

„W. T. B.“ meldet, in vatikanishen Kreisen werde ver- sichert, daß der Papst ein Schriftstück vorbereite, welches an die Nuntien gerichtet werden solle und einen erneuten Protest gegen die für den 30. September geplanten Festlichkeiten

enthalte. Türkei.

Auf erneutes dringendes Ansuchen Frankreihs, Groß- britanniens und Rußlands um Aufklärung mehrerer unfklarer Punkte in der Antwortnote der Pforte, was türkischer- seits auf Rechnung der ungenauen französishen Ueber- tragung des Ursprungstertes geseßt wird, hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, in Konstantinopel eine Kommission unter dem Vorsiß Durkhan Paschas gebildet, die aus den Ministern der Justiz , des Jnnern ünd des Unterrichts sowie dem Großvezier und seinem Unter-Staatssekretär bestcht und

{ über eine neue F der fraglihen Punkte berathen soll. j E FRD N L ttung der Aufklärung wurde weder verlangt zuge} E

Ein o MoclD Geschwader is am 28. Juni in Rhodus eingetroffen.

Serbien.

Die Einberufung der Skupschtina auf den 6. Julí (n. St.) nah Belgrad zu einer außerordentlichen Sißung ift vorgestern amtlih bekannt gemacht worden.

Schweden und Norwegen. Das spanische Geschwader und, das rumänische Panzerschiff „Elisabeta“ sind aus Kiel in Stocholm ein- etroffen. Der König empfing am Sonnabend den spanischen dmiral sowie die iet der spanishen Schiffe und den Kom- mandanten der „Elijabeta“ in Audienz; zu Ehren derselben fand dann auf Schloß Drottningholm ein Festmahl statt.

. Amerika.

Die Einnahmen der Vereinigten Staaten beliefen sich im Juni auf 24001584 Dollars, die Ausgaben auf 31 738 272 Dollars. 1

Der vormalige Präsident von Brasilien, Marschall Peixoto is} vorgestern Abend in Divisa; im Staat Minas- Geraes, gestorben. Die Leiche wird zur Beisezung nah Rio de Janeiro gebracht werden.

Afrika.

Der General Duchèsne meldet telegraphisch, daß Tsarasoatra, welches etwa 20 km südlich von Suberbieville auf der Route nah Tananarivo liegt, am 21. d. M. H Verluste eingenommen worden sei. Das gecharterte Schiff „Notre Dame du Salut“ habe Majunga auf der Ausreise na Toulon mit 334 zurückberufenen Soldaten an Bord verlassen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die heutige (83.) Sizung des Hauses“ der Abge- ordneten, welher der Finanz-Minister Dr. Miquel bei- wohnte, eröffnete der Präsident von Köller um 11!/4 Uhr.

Bei der dritten Berathung des Geseßentwurfs, be- treffend den Erwerb der Weimar-Geraer Eisenbahn, der Werra-Eisenbahn und der Eisenbahnen von Eisfeld nah Unterbrunn und von Hildburghausen nah Friedrihshall, erklärte auf eine Anfrage des Abg. Hammacher (nl.) der

Finanz-Minister Dr. Miquel, daß bezüglich der ersparten Amortisationsbeträge bei den in Rede stehenden Eisenbahnen nit anders verfahren werden folle als in früheren Fällen, d. h. daß ae Beträge zur außerordentlihen Schuldentilgung verwendet werden wurden.

Der Geseßentwurf wurde angenommen; desgleichen in dritter Lesung der U, betreffend den Uebergang der zum früheren Berlin-Görlißger Eisenbahnunternehmen ge- hörigen Strecke Zittau-Nikrish in das Eigenthum des sähsishen Staates, und der durch die vorgenannten Geseße bedingte Nachtra gs-Etat.

Das Haus ging sodann zur dritten Berathung des Gesezentwurfs wegen Errichtung von Verpflegun gs- stationen über. Â /

Seitens der Abgg. Freiherrn von Erffa (kons.), Grei ß (Zentr.), Hamann (Zentr.), Langerh’ans (fr. Volksp.), von Pappenheim (konf.), Lotichius (nl.), Seyffarth (nl.) waren Kompromißanträge eingebraht worden, die im wesentlihen den Staatszuschu ß (S 3) wieder streihen und wei Drittel der Kosten der Provinz auferlegen und ferner den eschluß zweiter Lesung zu § 2, wona die Entscheidung über die Einrichtung von Verpflegungsstationen und der F:iaß von Vorschriften für dieselben Sache der Provizz jein soll, dahin einchränken wollten, daß die zu erlassenden Vorschriften der Genehmigung des Ministers des Junern bedürfen.

Ein hierzu gestellter Unterantrag des Abg. Freiherrn von Zedlig und Neukirch (fr. kon}.) überließ dem Pro- vinzialausshuß auch die Entscheidung darüber, ob über- Funs Verpflegungsstationen eingerichtet werden jollen. i

Die Abgg. Brockhausen und Winkler (konf.) be- antragten: den Geseßentwurf abzulehnen und die Re- gierung zu ersuchen, ] :

den Entwurf den Provinzial-Landtagen zur Begutach- tung vorzulegen und dieselben darüber zu bören, ob und even- tuell welhe Maßnahmen zur Beseitigung der Wanderbettelei er- forderlich erscheinen. j : i:

Aehnlich beantragten die Abgg. Aer von Zedlig und Neukirch, Brütt und von Voß (fr. kons.):

Nach Ablehnung des F 1 S die Regierung zu ersuchen, die Provinzial-Landtage über die Ein- richtung von Verpflegungsstationen im Zusammenhange mit anderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Vagabondage und der Wander- bettelei, insbesondere der Errihtung des Arbeitsnachweises und der Einrichtung von Arbeitskolonien, gutahtlih zu hören.

Das Wort ergriff zunächst der Geheime Regierungs-Rath

von Trott zu Solz.

(Schluß des Blattes.)

Bei der Reiatags mad! im 3. Kösliner Wahlkreise (Köslin, Kolberg-Körlin, Bubliß) erhielten, vem „W. T. B.“ zufolge, Benoit (fr. Vg.) 9143, von Gerlach (konj.) 7433 Stimmen.

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Entscheidungen des Reithsgerichts.

In Bezug auf § 690 Abs. 1 der Zivilprozeß-Ordnung : i „Behauptet ein Dritter, daß ihm an dem Gegenstande der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvoll- streckung im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvoll- streckung erfolgt“ j N

hat daes Reichsgericht, VI. Zivilsenat, durch Urtbeil vom 14. Februar 1895, in Uebereinstimmung mit seiner O Rechtsprechung, aus- esprochen, daß diese Bestimmung auch aus die Anfechtung einer

fändung seitens des Konkursverwalters aus SS 22 ff. der Konkursordnung Anwendung findet, und daß die Vereinbarung eines anderen Gerihtsstandes unzulässig ist, da dieser Gerichtsstand gemäß § 707 Zivilprozeß-Orduung ein aus|ch{ließlicher ist. Auch wird die aus\{ließliche 8 tändigkeit des in § 690 Abi. 1 der Zivilprozeß-Ordnung erwähnten ts dadur nicht auzgeshlossen, daß die Pfandstücke zwar verkauft sind, der Erlös jedoch bei einem Dritten zux Sicherstellung hinterlegt ift. Denn die ea orr ug fann nit erledigt gelten, so. lange nit der Gläubiger den Erlös erhalten hat. (320/94.) G

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Nag § 142 k 8 des Preuß. Allg. Landrechts muß, wenn die Pee des Nahbars, vor welchen gebaut werden foll, son eit zehn Jahren oder länger vorhanden sind und die Behältnifse, in denen fie sich befinden, nur von dieser Seite her Licht baben, der neue Bau so weit zurücktreten, der Nachbar noh aus den ungeöffnetèn Fenstern des unteren Siockwerks den Himmel erbliden könne. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichs- E V. Zivilsenat, durch Urtheil vom 27. März 1895 ausge- Pre e

1) Diese Baubeschränkung findet auch tann Anwendurig, wenn den betreffenden Behältxifsen durch Anlegung neuer Fenster Licht ge- {haft werden kann. „In der Literatur ift freilih die Ansicht ver- treten, daß die Anwendung des § 142 T1 8 Allgemeinen Landrechts nicht nur dann ausgeschlossen sei, wenn ter Raum, dessen Fenster ver- baut find, von anderer Seite bereits Licht bat, fondern auch, wenn ibm turch Anlegung neuer Fenster Acht geschaft werden kann; das ebemalige preußishe Ober-Tribunal hat aber diefe Ansicht in seinem Urtheil vom 20. September 1877 mit überzeugender Begründung widerlegt.“

2) Sind die Fenster des Nachbars, vor welhen gebaut werden soll, vor zehn Jahren entgegen einem baupolizeilihen Verbot errichtet worden, so hindert dieses Verbot nit den Erwerb des Lichtrehts dur die zebnjährige Verjährung ; die baubeschränkende Bestimmung des § 142 findet auch in diesem Fall Anwendung. In dem zu Grunde liegenden Fall hätte auf die Klage des Nach- bars wegen Zurüdtreten des Neubaus auf Grund des § 1421 8 Allgemeinen Landrcchts der beklagre Bauherr den Einwand erhoben, daß nach den geltenden Baupolizeierdnungen niemand in Brand- oder Giebelmauern Fenster haben darf, daß Kläger gegen dieses Verbot die Fenster érrihtet habe, und daß er nah § 664 I 9 des Allgemeinen Landrechts demzufolge Rechte durch Verjährvng niht habe erwerben können. Diesen Einwand erachtete das Reichsgerihi für unbegründet, indem es ausführte: - « « Jene Baupolizeiordnungen können als Verbotsgeseße im Sinne des § 664 I 9 des Allgemeinen Landrehts niht aufgefaßt werden. Der § 664 bezieht sih auf Rechte, die überhaupt nicht, und auf folche, die kraft geseßliher Vorschrift dur Verjährung nicht entstehen können. Hier kommt nur die erstere Art von Rechten in Betracht, bezügli welher § 35 I 3 Allgemeinen Landrehts be- stimmt: „Aus unerlaubten Handlungen überkommt der Handelnde zwar Verbindlichkeiten, aber keine Rechte.“ Unerlaubt ift aber nach S 87 Einl. des Allgemeinen Landrechts jede Handlung, weiche dur natürliche oder positive Gesetze verboten ist. Ein Verbotsgefez in weiterem Sinne dürfte in den gedahten Baupolizeiordnungen aller- dings zu finden sein, allein § 6641 9 bezieht fich unzweifelhaft nur auf folhe Verbotsgeseße, welhe das Entsteben und die Rehtswirk- samkeit von Privatrechtsverbältnissen hindern, und ein derartiges Verbot ift nah dem vom Beklagten vorgetragenen Inhalt der Bau- polizeiordnungen in diefen nit enthalten. Der Grund des Verbots, Fenster in Brand- und Giebelmauern zu baben oder anzubringen, liegt niht in der Unsittlißkeit oder Rechtswidrigkeit des verbotenen O cder Handelns, für welchen Fall selbstverständli®% jeder

echts\chuß versagt werdcn müßte, sondern lediglih in Rücksichten auf das gemeine Wohl und, weil leßteres der Fall, wird das Ent- stehen und die Fortdauer deé privatrechtlichen Verhältnisses, welches nah S 142 I 8 A. L.-R. an das zehnjährige Bestehen der Fenster genüpft ist, durch das polizeilihe Verbot mangels einer dahin ztelenden- be}onderen Vorschrift desselben niht betroffen. Mit Recht haben daber die Vorinstanzen angenommen, daß Beklagter für feine privatrehtlihen Beziehungen zum Kläger das lediglich im Interesse des Gemeinwohls erlassene Verbot nicht verwerthen fönne.“ (351/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Konsumvereine mit offenem Laden, sofern dieselben die Rechte juristischer Personen haben, sind, nah einem Urtheil des Ober- Verwaltungsgerihts, I1. Senats, vom 12. Dezember 1894, zwar staatseinkommensteuerpflihtig, gleidviel ob ihr Geschäfts- betrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinauëgeht oder nit, dagegen find sie nah dem Kommunalabgabengeses vom 27. Juli 1885 nur dann kommunaleinkommensteuerpflihtig, wenn ihr Ge- schäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht. Der Stettiner Konsum- und Sparverein, eine eingetragene Genossenschaft mit besckränfter Haftpflicht, dessen Geschäitsbetrieb statutarish auf den Kreis der Mitglieder beshränkt ist, untertält einen offenen Laden. Dieser Verein wurde zur Gemeindeeinkommen- steuer in Stettin für die Jahre 1892/93 und 1893/94 herangezogen, wogegen er nah erfolglosem Einfpruch auf Freistellung klagte. Der Bezirk8aus\chuß wies die Klage ab. Auf die dagegen vom Kläger eingelegte Revision erkannte das Ober-Verwaltungsgeriht auf Frei- stellung von der Gemeindeeinkommensteuer, indem es begründend ausführte: „Es ift unzutreffend, daß Gemeinden, in denen das reine Zusthlagssystem besteht, Konsumvereine mit ofexem Laden, die auf Grund des § 1 Nr. 5 des Einkommersteuer-

eseßes vom 24. Juni 1891 zur Staatseinkommensteuer herangezogen find, schön allein daraufhin mit Gemeindezuschlägen belasien dürfen, und es ift ebenso unzutreffend, daß durch Gemeindebeschluß oder Regulativ bestimmt werden kann, es unterlägen Konsumvereine mit offenem Laden, sofern dieselben die Rechte juristischer Personen haben, ohne weiteres hiermit der Gemeindeabgabepfliht. Für das Eine wie das Andere fehlt es in dem bestehenden, dem hier noch- zur Anwendung Tfommenden Kommunalabgabenre(t an jedem Anhalt. Das Besteuerungë- recht der Gemeinden findet in so weit seine feste Shranke in den durch das Gesetz vom 27. Juli 1885 gezogenen Grenzen. Das Statut des klagenden Vercins beschränkt den Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder, und da zu der Annahme, es habe - etwa effektiv der Betrieb dem Statut entgegen sih anders gestaltet, auch nicht ohne weiteres die Thatsache allein berehtigt, daß der flagende Verein einen offenen Laden unterbält, so wäre der Nachwe is, daß der Betrieb gleihwoh!k thatsählih über den Mitgliederkreis hinausgehe, von dem Beklagten zu erbringen gewesen.“ (IT. 1703.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

__ In Braunschweig hat eine Versammlung der Barbiere durch eine Entschließung den seit einem Vierteljahre andauernden Barbier- boykott aufgehoben. Die Entschließung besagt, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, daß die Forderungen zum größten Theil be- willigt seien, und daß bei Weiterführung des Boykotts kein weiterer Vortheil zu erwarten ift. :

„Hier in Berlin hatte die Berliner Töpferinnung zum D Abend eine Vecsammlung der bei Innungsmeistern beshästigten clefen einberufen. Auf der Tagesordnung ftand die Wahl eines Gesellenaus\{ufses, der die Aufgabe hat, bei Streitig- keiten zwishen Meistern und Gesellen, von denen jeyt ein großer Theil ausständig is, mit dem TInnungêaus-

\huß zu verhandeln. Die Versammelten haben, wie die „Voss. Ztg.* mittheilt, die Wahl gegen 4 Stimmen abgelehnt, fodaß bis auf weiteres der von der Innung ernannte Gefellen- ausshuß bestehen bleibt. Die Speditions - Kutscher ver- langen, wie die „N. Pr. Ztg." berichtet, eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit und volle Scnntägsruhe. Die Arbeitszeit währt an- geblich 16—18 Stunden, von der Sonntagsruhe bleiben ihnen meist nur wenige Stunden. Die Lastfuhrwerk, und Mehl- futscher sollen zur Theilnahme gewonnen werden, falls eine Bewegung für diese Ziele nöthig werden follte. Die

‘Vergolder planen schon seit geraumer Zeit eine Lohnbewegung ; die

Forderungen sind f pfelteltt, und es handelt sih um die Frage, ob in einen allgemeinen Ausftand eingetreten werden soll. Diese Frage wurde von der Gewerkschäftéversammlung verneint, da zur Zeit die Organisation noh zu {wah sei.

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Kunst und Wiffenfchaft.

Der bekannte englische Naturfors{her Professor Thomas Henry Hur ley ift, wie dem ,W. T. B.“ aus London gemeldet wird, am Sonnabend im fürzli begonnenen 71. Lebensjahre gestorben. Nachdem Huxrley in London Medizin studiert hatte, betheiligte er fich als Hilfsarzt des Kriegsschiffs „NRattlesnake" an einer Expedition nach Australien . und der Torresftraße. Im Jahre 18364 folgte er Eduard Forbes auf dem Lehrftubl der Naturgeschichte an der Bergschule zu London und wurde zum Mitglied des Royal College of Secience in South KRenfington ernannt. 1855 wurde er zualeich Professor der Physiologie an der Royal Institution. Die Resultate der auf seiner Reise gemachten Untertucbungen legte er in dem Werke „The oceanic hydrozoa“ (London 1858) nieder. Er zeigte sich darin als ein Gesinnunasgenofse Charles Darwin's und erregte besonders dur seine fühnen Theorien über den Ursprung des Menschenges{Wlechts in „Man's place # nature“ (London, 1863, deuts von V. Carus, Braunschweig, 1863) Aufsehen. Im Jahre 1884 wurde Huxley Präsident der Royal Society. mußte aber 1885 diese Stelle kranfheitshalber niederlegen. 1892 wurde er zum Mitglied des Geheimen Raths ernannt. Der Verstorbene war korrespondierendes Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften.

Einen Wettbewerb um vier Kronleuchter ausBronze hat der Verein für deutsches Kunstgewerbe hierselbst auf Veranlaffung der Afktiengef ellshafti Schäffer u. Walcker für alle deutshen Künstler autgeschrieben. Ausgeseßt sind zwei erste Preife zu je 250 F, zwei zweite Preise zu je 150 4 und zwei dritte Preise zu je 100 # Einlieferungstermin is der 31. August d. J. Die näheren Bedingungen find gedruckt bei der Geschäftsstelle des Vereins, im Architektenbaufe, W. Wilhelmstraße 92/93, oder bei dem Schrift- führer Herrn W. Quehl, SW. Ritterstraße 51, zu erhalten.

Ueber Funde aus dem rômischen Alterthum in Frank- furt a. M. berichtet die „Frff. Ztg.": Auf dem Hühnermarkt werden seit kurzem gelegentlih der Arbeiten für das Stolze-Denkmal Unter- suhungen des Bodens vorgenommen, welche die „Kommission für städtishe Kunst- und Alterthums-Gegenstände“ veranlaßt hat. Sie haben den Zweck, die für die älteste Geshihte der Stadt außerordentli wiétige Thatsahe römischer Kolonisation in der Gegend- des Marktes zur Evidenz zu bringen, die bereits im Jahre 1889 durch die Auffindung eines unzweifel- haft rômishen Kanals an der Höllgafse ermittelt wurde. Damals hatte sich feststellen lassen, daß eine Entwäfserungs- anlage folideften Baues vom Domhbügel in den Main geführt worden war, die aus großen rômishen Thonplatten bestand und durch Militär- stempel der 14. Legion zeitlih auf das ausgehende erste Jahrhundert limitiert wroar. Die Arfiedelung konnte. in dieser Periode nur militäris{her Natur fein und wies unzweideutig auf ein Kastell. Fete genauere Firierung der Lage war jedoch vor der Fest- stellung der Ümschließungsmauer unthunlih. Es wurde als wahrscheinli betrachtet, daß die Quartiere westlich des gefundenen Kanals, die von Markt und Hühnermarkt eingenommen sind, bereits außerhalb des eigentlihen Kaftells lägen und der daran anf{ließenden bürgerlihen Ansiedelung angehörten. Diese Anschauung scheint sich jeßt zu beftätigen. Es find in den legten Tagen, im Ver- folg der von dem Architekten Thomas auf das sorgfältigste geleiteten Nachgrabungen, die Reste eines unzweifelhaft römischen Haus-Fundamentes mit einer noch wohlerhaltenen Hypo- faust - Anlage gefunden worden, deren aus Thonplatten ge- bildete Pfeilerchen in mehreren Lagen aufrecht stehen. Der Guß- boden ift fowobl unter wie über den Pfeilern noch jerhalten, eîn kleiner Mauerrest begrenzt die Westseite. Von Einzelfunden famen unzäblige römishe Heizkaheln, Holzziegel und Wand- befleidungëftüdÆe, Thongefäßbruchstücke, Vilbeler Sandstein, Marmer- stücke, Taunusschiefer, eine Bronzelamelle fowie auch (als bisher wichtigstes Fundstück) cin Militärstempel auf einem Backftein vor. Die Fupydstelle ist noch nicht völlig aufgeräumt, und es steht noch Auftlärung über die Ausdehnung der ganzen Anlage zu er- warten. Als wrifssenschaftlic bos werthvoll muy aber son das vor- liegende Ergebniß geiten: daß unter der Altstadt eine jedenfalls nit Éleine rômiice Ansiedelung mit reih ausgestatteten Häusern liegt, der en Hypokaustbau, der auf ein Bad deutet, beweist dies bin- änglich.

Land- und Forftwirthschaft.

Saaten ftand in Rußland.

Wie der „Grashdanin® unter dem 11. Juni/30. Mai berichtet hat, sollen die Aussichten in Betreff der kommenden Ernte in Ruß- land keineswegs günstige sein. In den nordwestlichen, westlihen und theilweise auch in den zentralen und östlichen Gouvernements fei die Winterung unbefriedigend aufgegangen, befriedigender in der Mehr- zahl der südsöstlihen, südlichen, sowie in dem füdlihen Theil der Zentralgouvernements. Im Norden und Nordosten seien die Auf- gänge theils befriedigend, theils unbefriedigend gewesen.

Nach der Handels- und Industrie-Zeitung vom 24. Juni d. I. ift im Großen und Ganzen seit 15. Mai eine wesentlihe Veränderung nit eingetreten. Im allgemeinen bleiben die _Saatenstandsverbält- nisse niht ganz befriedigend. Von 606 Kreisen liegen amt- lide Ausweise vor; befriedigend lauten dieselben nur in 289 Fällen (ca. 489%) für Winterkorn und 344 für Sommerkorn. În der großen Mehrzahl der übrigen Kreise find die Ernteaussichten unter Mittel. Auch sind die“ weiteren Chancen für die Winterung keineswegs günstig, da die befferen Witterungéverhältnifse erft dann eingetreten find, als das Winterkorn bereits jene Entwi@elung er- reiht hatte, bei welher das günstige Wetter nur dem Wuchs und der Qualität des Winterkorns zu gute kommen fann. Eine Besserung hat der Winterkornftand im Wolgagebiet, sowie stellenweise in Polen aufzuweisen. Befriedigend steht das Winterkorn nah wie vor im ganzen Schwarzbodenstrih, sowie im Kaukasus. Jn allen übrigen Theilen des Reichs ift es nur als mittelmäßig, in der Mehr- zahl der westlichen und zentralen Gouvernemexts sogar als unbefrie- digend zu bezeichnen. 4 d

Bezüglich des Sommerkornstandes ersheint derzeit ein Gefammt- urtbeil verfr übt, da das Wetter noch viel darin ändern fann. Jm Vergleich mit der vorhergegangenen Berichtéperiode ift aber entschieden ein Rü- ang zu verzeichnen. Die Futterpflanzen find nur im Kaukasus und Fleuvelle zwischen dem Dnjeyr und der Wolga durchweg befriedi- gend gediehen. E ;

Ernteausfichten in Spanien.

Der Stand der Saaten ift im allgemeinen befriedigend, sodaß das vorausfichtlihe Ergebniß im Durchschnitt als günstig bezeichnet werden kann. Ungünstig lauten die Nachrichten aus den durch Ueber- \{wemmungen hbeimgesuhten Provinzen und aus einigen Orten, wo die Heuschrecke neuerdings verheerend aufgetreten ist, namentlih aus Salamanca und Ciudad Real.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Rubr sind am 29. v. M. (kathol. Feiertag) gestellt 2722, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 28. v. M. gestellt 4424, niht recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Berlin, 29. Juni. Wochenbericht für Stärke, Stärke- fabrikate und Hülsenfrühte von Max Saberskr. sa. Kartoffelmebl 17{—18 #4, Ia. Kartoffelstärke 17§—18 #4 ITa. Kartoffelmebl 15—165 Æ, feuhte Kartoffelstärke Fradht- parität Berlin —,— #, gelber Syrup 20—205 6, Kap.- Syrup 21—22 Æ, Kap. - Cxport 22—225 #4, Kartoffelzucker elber 20—204 Æ, do. Rap. 22—22} 4, Rum-Kuleur 33—34 ,

ier-Kuleur 32—34 .#, Dextrin, gelb und weiß, Ta. 23—24 4, do. sekunda 20—22 &#, Weizenstärke (fleinst.) 32—33 K, Weizenftärke ( A 37—38 #, Hallesche und Shlesishe 38—39 M, Reis arke (Strahlen) 49—50 #, do. (Stüden)

47—48 #, Maisstärke 33—34 Æ, Schabeftärke 34—35 Æ, Viktoria-Erbsen 15—19 #, Kocherbsen 14—19 4, grüne Erbsen 14—19 Æ#, Futtererbfen 12—13 A, inländishe weise Bobnen 22—24 #, weiße Flachbohnen 23—25 #, ungarif Bohnen 19—21 #, galizishe und ruffishe Bohnen 17—19 , große Linsen 30—40 #, mittel Unsen 18—30 4, kleine Linfen 14—18 Æ, Mohn, blauer nom. 28—40 Æ, do. weißer nom. 44—s0 #, Hirse, weiße 18—20 , gelber Senf 14—24 M, fsrner 22 bis 23 4, Buchweizen 145—164 4, Widcken 11}3—124 §4, Pferdebobnen 12—125 Æ, Leinsaat 22—22} Æ, Mais lofo 12{#—13 Kümmel 54—60 #, Leinkuchen 13—155 #4, Rapskuchen 11—12è , pa. marseill. Erdnußkuchen 123—14 X, pa. doppelt gesiebtes Baum- wollenfamenmehl 58 9% 12—135 Æ, pa. belle getr. Biertreber 28 bis 30 9% 9}—104 Æ, va. getr. Getreideschlempe 31—34 9% 11F—124 #, pa. getr. Mais-Weizenshlempe 35—40 % 12}—13 , pa. getr. Mais\hlemve 40—42 % 123—13 Æ, Malzkeime 73—9 #4, Roggen- Fleie 717—S84 Æ, Weizentleie 77 —8{ Æ (alles per 100 kg ab Bahn Berlin bei Partien von mindeftens 10 000 kg).

Berlin, 29. Juni. (Monatsberiht der ständigen Deputation der Woll-Interessenten.) Das Wollgeshäft im Juni war, wie stets vor und nach dem Wollmarkt, rußig. Einige Nachfrage erhielt fih immerbin; die Umsätze find für deutshe Nückenwäschen auf etwa 1500 Ztr., für ungewashene Wollen auf etwa 2000 Ztr. zu be- zifffern. Preise sind fest. Täglih eintreffende neue Zufuhren vervollständigen die Läger. Für Kolonialwollen eröffnete der Monat mit der gleichen Lustlosigkeit, wie der vorauf- gegangene ges{loffen; erft als die deutschen Wollmärkte den Aufschlag gebracht, schenkte man den si auf einer billigeren Basis verkaufenden überseceishen Wollen mehr Beacbtung; “etwa 4000 Ballen zur Hälfte Kap zur anderen Austral und Buenos Aires-Wollen wurden umgeseßt zu Preisen, die sich nah und nah befestigten und zu Ende des Monats EN im Mai eingetretenen Abschlag von 5 9% wieder voll eingeholt

aben.

Der „Rhein.-Westf. Ztg." zufolge bes{chloß die Monats- versammlung des Westfälischen Kokssyndikats am Sonnabend die Beibehaltung der bisherigen Produfktionseinshränfung von 20% und setzte die Beiträge für Juli und August auf 20 %/ fest. Aus dem Bericht des Vorstandes ist erwähnenswerth, daß der Versand im Mai 1895 um 0,94% höher war als im Mai 1894; er umfaßt 82,7 9% der Betheiligungsziffer. Die Steigerung des Versands in den Monaten Januar-Mai beträgt gegen das Vorjahr 4,4 °/o, während die Ver- mehrung der Robeisenerzeugung im Zollverein in der gleichen Zeit 8,65 %/o betrug. Die in leßter Zeit eingetretene befsere Beschäftigung in Fertigfabrikaten hat auf die Roheisendarstellung noch keinen be- merftenêwerthen Einfluß ausgeübt. Im Siegerlande bält die 25 pro- zentige Einschränkung an, ebenso die 409 prozentige in Luxemburg und Lothringen. G

Königsberg i. Pr., 29. Juni. (W. T. B.) Wolkmarkt Zufuhr von Shmutzwolle ziemlich bedeutend, bei geringer Kauflust 40—48 M für 106 Pfd. netto bezahlt, Lammwolle §35—105. Bei guter Beschaffenheit für gekreuzte refv. dickhaarige Wolle 98—105, für mittlere Tuhwolle 105—118, feine und bochfeine 120—140

Magdeburg, 29. Zuni. _(W. 2. 2) ZuckerbertG!. Kornzucker exkl, von 22 % ——. neue ——. Kornzudcker erfl. 8809/5 Rendement —,—, neue 9,75—9,85, Nachproduftte ertl., 75 2g

Nendement 6,70—7,559. Stetig. Brotraffinade I —,—, - Brot- raffinade I —,—. Gem. Raffinade mit Faß 22,25—22,75. Gem. Melis 1 mit Faß —,—. Ruhig. Mobzucker 1. Produkt

Transito f. a. B. Hamkurg pr. Juni 9,625 Gd., 9,674 Br., pvr. Iuli 9,65 Gd., 9,70 Br., pr. August 9,822 bez., 9,85 Br., pr. Sep- tember 9,925 Gd., 9,97 Br.

Franfkfurt a. M., 29. Juni. (W. T. B) Deu von der allgemeinen Elefktrizitätsgesellshaft und von mit diefer befreundeten Firmen auf dem Gebiete der elefktrishen Beleuchtung und der eleftrishen Eisenbahnen in Genua eingeleiteten Unter-

nehmungen foll eine einbeitlikde Form dadurch gegeben werden, daß eine Trufst-Gefellshaft mit dem Sige in Zürich errihtet wird. Die Gefellshaft wird zunächst

die Aktien und Obligationen der Genueser Gefellshaften erwerben und dagegen eigene Obligationen ausgeben. An diesem Geschäfte find Schweizer Firmen unter Führung der Schweizerischen Kreditanstalt und des Konsortiums der allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, sowie erste italienishe Bankinstitute betheiligt. Die Firma der neuen Ge- O wird „Bank für elektrishe Unternehmungen“ auten.

Leipzig, 29. Juni. (W. T. B.) Kammzug - Termin- handel. La Plata. Gr!undmufter B. pr. Juli 3,025 4. vr. August 305 #, pr. September 3,05 , pr. Oktober 3,077 4, pr. Novemkter 3,074 #, pr. Dezember 3,10 Æ, pr. Januar 3,122 4, pr. Februar 3,125 #4, pr. März 3,15 #6, pr. April 3,15 4, pr. Mai 3,15 , pr. Jun! —,— # Umsay: 15 000 kg.

Darmstadt, 29. Juni. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Hessischen Ludwigsbahn hat gegen die rechtlihe Zulässigkeit

es von der Ständekammern beshlofjenen Wegs der einseitigen Besitergreifung der fkauffällig gewordenen hessischen Linien dur den Staat in einer Protesterklärung an die Staatéregierunz Verwahrung

eingelegt.

Bremen, 29. Juni. (W. T. B.) Börsen - Shluzbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offiziele Notierung der Bremer Petroleum - Börse.) Ruhig. Loko 7,259 Br. Baumwolle. Stetig. Upland middl. loko 34} 4. Schmalz. Fest, aber rubig. VBiscorx 354 S, Armour fbield 342 4, Cudahy 35È A, Fairbanks 295 4. Speck. Fest, aber ruhig. Short clear middling loko 31¿. Taback. Umsay: 23 Faß Maryland.

Hamburg, 29. Juni. (W. L. B.) Kaffee. (NaFmittags- beriŸht.) Good average Santos pr. Juni —, pr. September 74, pr. Dezember 72, pr. März 72. Kaum behauptet. Zu er- markt. (Schlußberiht.) Rüben-Robzucker 1. Produkt Basis 88 %/g Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg, pr. Juni 9,70, pr. August 9,80, pr. Oktober 10,223, pr. Dezember 10,423. Ruhiger.

Budapest, 1. Juli. (W. T. B.) In der gestern stattgebabten Generalversammlung der Un garishenWaffen- und Maschinen- fabrik wurde die Vertheilung einer Dividende von 6 /o für 1894 beshlossen und die Neuwahl des gesammten Direktionsratbs voll- zogen. Zum Präsidenten des Verwaltungsraths wurde fodann der Obergespan Baron von Roßner wieder- und zu Vize-Präsidenten Hugo Stoot wieder- und Direktor Sigmund Kornfeld neugewählt.

London, 29. Juni. (W. T. B.) An der Küste 5 Weizen- ladungen angeboten.

96 9/0 Javazucker loko 113 ruhig. Rüben-Robzucker loko

. (V. T. B.) Die Getreidezufuhren bee trugen in der Woche vom 22. Juni bis 28. Juni: Engl. Weizen 1297, fremder 79 881, engl. Gerfte 1779, fremde 8847, engl. Malzgerste 22 249, fremde —, engl. Hafer 128, fremder 49 628 Qrts., engl. Mebl 24 891 Sad, fremdes 83 470 Sa.

Bern, 29. Juni. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Schwe izerishen Nordostbabn, von 117 Aktionären besucht, die 70482 Stimmen vertraten, genehmigte den Geschäftsbericht und die Rechnung von 1894 einstimmig gemäß dem Antrage des Verwaltungs- raths. Die Dividende wurde auf 6 %% festgesezt und eine Uebertra- gung von 926 514 Fr. auf neue Nehnung beschlofe:. Der Verwal- tungêrath wurde einstimmig zur Ausgabe des Obligationsrestes von 10512 000 Fr. ermächtigt. Die Generalversammlung bewilligte weiter- hin einstimmig 50 000 Fr. zu Vorstudien a: shweizerishe Neben- bahnen und* für die Engadin-Orientbahn. Ferner wurde prinzipiell die Vorlage für den Bahnhofsumbau in Zürich gutgeheißen und hierfür einstimmig vorläufig ein Kredit von § Millionen Fr. gewährt. In der Konversion8angelegenheit wurde einstimmig folgender Antrag der Minderheit der Altionäre angenommen: Für jede zur Kon- version kommende Prioritätsaktie wird in der Zeit vom 15. Sep- tember bis Ende Oktober 45 Fr. Aufgeld, vom 1. November bis 1. Dezember 50 Fr. Aufgeld bezablt; nach dem 1. Dezember werden feine Konvertierungen mehr entgegengenommen. Den jeßigen Inhabern von Stammaktien und von konvertierten Aftien

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