1895 / 290 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Dec 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Ge R Ra I E P S R B E E R E S G A

1) In Bezug auf die Feststellung des Börsenpreises soll nah § 35 der Bundesrath befugt sein : : ; L Y a. eine amtlihe Feststellung des Börsenyreises bestimmter

Waaren allgemein oder für einzelne Börsen vorzuschreiben, b. Bestimmungen zu erlassen, um eine Einheitlichkeit der Grundsätze über die den Notizes von Wagarenpreisen zu Grunde zu legenden Mengen und über die für die Preis- nen von Werthpapieren maßgebenden Gebräuche herbei- zuführen. Ö : 2) Im Emissionswesen überträgt § 49 dem Bundesrath die all- emeine Befugniß, Anordnungen zu treffen über die Voraus- N Enden der Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel und die Aufgaben der Zulaffungéstellen.

3) In Bezug auf das Börsen-Termingeschäft soll nach §§ 46, 47 der Bundesrath befugt sein, den Börsen-Terminhandel und den zu einem folhen sich ausbildenden Geschäfteverkehr in Werth- papieren wie in Waaren zu untersagen oder von Bedingungen abhängig zu machen. S

Ferner kann nah § 46 der Bundeërath die Lieferungs- Qualität des an den deutshen Börsen auf Termin zu liefern- den Getreides feststellen. :

Die Börsen - Enquêtekommission hatte außerdem noch in Vor- {lag gebraht, dem Bundesrath die t beizulegen, über die Geschästszweige, toelhe zum Gegenstand des Börsenhandels gemacht werden dürfen, allgemeine Anordnungen zu erlassen. Bei näherer Prüfung hat indessen ein prakrishes Bedürfniß, dies neben den dem Bundesrath sonst {on zustehenden Befugnissen noch besonders zum Ausdruck zu bringen, niht anerkannt werden fönnen. 2

Die Vielseitigkeit und Bedeutung der dem Bundesrath über- tragenen, eine umfassende, sachliche Information L A 1 Funktionen denen noch die ihm dur die §§ 2 und 34 Ziff. L eingeräumte Ermättigung, Ausnahmen in Bezug auf die Bestellung eines Staatskommissars und in Bezug auf die Kursfestseßung zu gestatten, hinzutritt mat den Beirath durch Sachverständige unerläßlich. Dem Bundesrath zu überlassen, sich einen folchen Beirath “in jedem einzelnen Fall zu bilden, ist wegen des damit verbundenen Zeitverlustes und des zu befürch- tenden Mangels an Gleihmäßigkeit in der Erstattung der Gut- achten niht ratbfam. Vielmebr empfiehlt es sih, dem Bundesrath ein jederzeit bereites Organ an die Hand zu geben, welches im stande ist, auf die Beshaffung und Ergänzung der nöthigen Unterlagen ein dauerndes Augenmerk zu richten und sid mit den einzelnen Börsen fortlaufend im Benehmen- zu balten. Die dem Bundesrath über- tragene Reihe von Anordnungsbefugnissen steht unter sih in einem inneren Zusammenhange, und nur eine die gesammte Börsentechnik beherrshende und in ihrer Entwicklung beobahtende Instanz, bei welcher sämmtliche das Börsenwesen berührende Interessen vertreten sind, wird in der Lage sein, diesem inneren Zusammenhange gerecht zu werden und die genügende Vorbereitung der Beschlüsse zu sichern. Auch in den betheiligten Kreisen dürfte ein solhes Organ größeres Vertrauen genießen, als eine für den Einzelfall zusammengerufene Kommission. L

Hiernach bestimmt der Eniwurf im § 3, daß zur Begutachtung über die der Beshlußfcefsung des Bundesrarhs überwiesenen Angelegen- beiten ein Börsenaus\chuß zu bilden ist. Diese Schöpfung trägt nicht etwa den Charafter einer \tändigen, dem Organismus der Reichsverwaltung eingefügten Behörde. Der Ausf{uß stellt sich viel- mehr einerseits, und zwar na der überwiegenden Anzabl seiner Mit- glieder, als eine Gesammtoertretung der Interessen aller deutschen Börsen dar, während gleichzeitig die Hinzuziehung und Mitwirkung der außerhalb der Börfe stehenden Berufs- und Ecwerbékreise, wie der Landwirtbschaft#der Müllerei, der größeren Industriegruppen und auch des faufenden Publikums gesichert wird. Derienigen Kategorie von Mitgliedern des Börsenausschusses, welhe auf Vorschlag der Organe der deutshen Börsen gewählt find, überweist der Entwurf noch eine besondere Funktion, indem aus ihnen nah § 17 die bei- sitzenden Mitglieder der Berufungékammer für ehrengerihtlihe An- gelegenheiten hervorgehen follen. N

Daß die formelle Rechtêswirksamkeit der Anordnungen des Bundesraths von der zuvorigen Anhörung des Börsenausshusses nicht abhängig, sowie daß der Bundesrath in seinen Entschließungen an die Gutachten desselben niht gebunden ift, bedarf keiner weiteren Ausführung.

Während binsihtlich der oben bervorgehobenen Punkte dem Bundesrath überlajsen ist, für die erforderliche Einheitlihkeit der Grundsäße im Wege der Ausführung des Geseßes Sorge zu tragen, muß sowobl für die äußere wie für die innere Organisation der Börse ein g-wisses Mindestmaß der Uebereinstimmung durch das Gesetz selbft festgelegt werden. ; E

Eine in den grundlegenden Bestimmungen feslstehende Börsen- organisation und Disciplin ist \chon für die Handhabung der gesey- lichen Einzelvorschriften unentbehrlich. l: i

An den meisten Börsenplägen gelten {on jeßt Börsenordnungen, welche jedoch in dem Umfang und der Schärfe ihrer Bestimmungen erbheblih von einander abweihen. Der Entwurf macht im § 4 den Erlaß einer Börsenordnung allen Börsen zur Pflicht und giebt durh die Vorschrift , daß die Börfenorpnung der Genehmigung der Landesregierung bedarf, der leßteren die nöthige Handhabe, um auf die Regelung der Börsenverhältnifse in jeder Richtung maßgebend einzuwirken. Dafür, welhe Angelegenheiten die Börsenordnung in den Kreis ihrer Regelung einzubezichen hat, giebt der § 95 die all- gemeinen Merkmale. j

Ferner bezeichnet der § 7 diejenigen Personen, von denen der Börsenverkehr unter allen Umständen freigehalten werden foll, wobei es den Börsenordnungen überlassen bleibt, etwaige weitere Fälle der Ausschließung hinzuzutügen. Die Grenze zwischen der reihsge|eßl!chen Regelung und dem Ermessen der Börsenordnungen is fo gezogen, das auf die Seite der ersteren nur diejenigen Aus\hließungëgründe fallen, weldhe nah allgemeiner oder überwiegender Anschauung zum Besuche der Börse unfähig machen und in zahlreihen Börsen- ordnungen schon jeßt berücksihtigt find. Eine äbhnlihe Aufzählung wie der Entwurf enthält der § 5 des österreihishen Gefeßes vom 1. April 1875.

Die weiterhin folgenden Bestimmungen betreffen die Regelung und Handhabung der äußeren Ordnung des Börsenverfkehrs, sowie die Ebabuia unehrenhafter Handlungen der Börsenbesucher.

Den Erlaß allgemeiner Bestimmungen für die Ordnung und den Geschäftsverkehr an der Börse überweist der Entwurf im § 8 in erster Linie der Börsenaufsichtsbehörde, also dem mit der unmittel- baren Aufsicht betrauten Handelsorgan oder der zuständigen ftaat- lichen Aufsichtébehörde. Die Handhabung der erlassenen Bestimmungen aber wird als ein Ausfluß des Börsenbhausrehts dem Börsen- vorstand übertragen, welhem, soweit die Börsenaufsihtsbehörde von ihrer Befugniß keinen Gebrauch macht, auch der Erlaß der all- emeinen Ordnungsvorschriften zufällt. Er hat Personen, welche die Bévükag oder den Geshäftsverfkehr stôren oder welche si, obschon durch den § 7 oder durch die Börfenordnungen ausgeschlossen, an der Börse ein- finden, aus den Börsenräumen zu entfernen. Daneben foll ihm, um einem wiederholt, namentli aus Börsenkreisen selbst, beflagten Mangel ab- zubelfen, unter Vorbehalt der Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde, das Recht der Verbhängung einer Ordnungéstrafe in Gestalt dec zeit- weiligen Aueschließung von der Börse oder in Gestalt einer Geldstrafe zustehen. Das Höchstmaß dieser Strafen festzuseßen, muß den Börsen- ordnungen überlaffen bleiben, da die Verhältnisse, nah denen die Zu- [lässigkeit und Wirksamkeit einer mehr oder weniger weitgehenden ordnungspolizeilichen Ahndung zu beurtbeilen ift, an den verschiedenen Börsen zu verschiedenartig find, um die Keltebung eines gleichen Höôchstmaßes für alle Pläße zuzulassen. dem Ermessen der Börfenorgane nit ein allzuweiter Spielraum gelassen wird, dafür E die Einwirkung der Landesregierung auf den Inhalt der Börsen- ordnung.

Die Schaffung eines Chrengerichts für jede Börse ist durch die

große Mehrzabl der in der Enquête gehörten kaufmännishen Inter- efffsenten gebilligt worden, unter der Vorausseßung, daß die Wahrung

der kaufmännischen Ehre im Börsenbetriebe dem Urtheil von Standes- genofsen unterstellt werde. Diese Voraussezung erkennt der Entwurf als berechtigt an. Es darf erwartet werden, daß die Börse, wenn ihr durch festumgrenzte Vorschriften über das ebrengerichtlihe Ver- fabren eine wirksame Handhabe geboten ist, besser als bizher im stande sein wird, unehrenhafte Elemente auszusheiden. Die staat- liche Mitwirkun Cn nur insoweit erforderli, als sie den Zweck verfolgt, dem öffentliben Interesse an der Reinbaltung des Börsen- verkehrs von solchen Elementen die gebührende Beachtung zu sichern. Von diesen Gesichtspunkten geleitet, ftellt der Entwurf in den

9 bis 27 eingehende Vorschriften über die Vorbedingungen und die D des ehrenaerichtlihen Verfabrens auf. Für die Mitgliedschaft im Ehrengeriht soll die Beruf3zugebörigkeit zu den den Börsenhandel betreibenden und vermittelnden Erwerbszweigen entscheidend sein. Dabei kommen in erster Linie diejenigen Personen in Betracht, welche als Mitglieder des mit der unmittelbaren Aufficht über die Börse befaßten Handel8organs in fortwährenter Fühlung mit der Börsen- thâtigkeit stehen, dur ihre Stellung aber über die täglihen und weselnden Interessen des Börienbandels erhoben werden. Wo einem Handelsorgane die unmittelbare Aufsicht über die Börse nit über- tragen werden kann, bleibt nur übrig, die Mitglieder des Ehrengerihts aus der Wabl der Börsenbesucher oder der Börsenorgane hervor- gehen zu lassen. Die R emichnog ver Ehrengerichte im Einzelnen ist von der öôrtlihen Gestaltung der Börse abbängig und fällt dem- gemäß dem Ecmessen der Landesregierung anheim. Bei Kenn- zeihnung der Handlungen, welche einer ehrengerihtlichen Verfolgung unterliegen, muß der Entwurf, wie dies auch in den gefeßlihen Be- stimmungen über die für andere Berufszweige Sée was Ghrengerihte geschieht, sih auf eine allgemeine Definition beschränken, um nit den Kreis der verfolgbaren Handlungen in unzulässiger Weise einzuengen oder ins Ungewisse zu ziehen. Handlungen von Börfenbefuchern, welhe mit ihrem Geschäjtsbetriebe überhaupt nicht im Zusammen- bange stehen, können nicht Gegenstand einer Kontrole der Berufs- genossen sein. Aber auch der Vorsblag der Enquêtekommission, die Bôörsenbesuher wegen unebrenhafter Handlungen bei Ausübung ihres gesammten Geschäftsbetriebs zur Verantwortung zu ziehen, erscheint gegenüber dem bier ausf{ließlich zu L Zweck, den Börsen- verkehr von verwerflihem Treiben frei zu halten, als zu weitgehend, und hat daber im § 10 ter Entwurf die Einschränkung gefunden, daß nur die von den Börsenbesuchern im Zusammenhange mit ihrer Thätigkeit an der Börse begangenen unehrenhaften Handlungen zu abnden sind. Hiermit ist aber selbstredend nicht das Erforderniß auf- geftellt, daß die Handlung, um verfolgbar zu sein, in den Bôörsenräumen oder zur Börsenzeit vorgenommen fein müsse. Un- zulässige Beeinflussungen der Börsenkurse, unredlihes Gebahren mit den dem Banguier für den Börsenhandel anvertrauten Werthen und zablreihe sonstige Handlungen können die Integrität des Börsfenbesuchers in Frage stellen, wo oder wann sie vorkommen mögen. Auch handelt es sich nit allein um die Ver- legung der kauf männischen Ehre, da auh die nihtkaufmännischen Besucher der Börse (Hilfspersonen, Angehörige der Preffe, Notare und Rechtsanwalte 2c.) in der bezeichneten Begrenzung den Disziplinar- vorscriften des Entwurfs unterliegen. Mit der Vertretung des ffentlichen Interesses betraut der L 11 des Entwurfs den nach § 2 bet den Börlen zu beftelleaden Staatsfommissar. Seine Aufgabe ift es, Hand in Hand mit dem Ehrengerichte die Untersuhung der das öffentliche Interesse berührenden Vorgänge -zu betreiben und dabin zu wirken, daß, sobald leßteres eine Sübne dur ehrengerichtlihes Ver- fahren erbeisht, ein solches auch stattfindet.

Die Stellung des Staatskommissars deckt sich nicht mit derjenigen eines Staatéanwalts, er ist nit der Vertreter einer strafprozessualishen Anklagebebörde, nicht verpflichtet, auf jede Anzeige einzugehen und über dieselbe eine formelte Entschließung zu fassen, oder an jedem Verfahren ch zu betheiligen. Jedoch muß er, um seiner Aufgabe gerei werden zu können, von allen Fällen der Einleitung und Ablehnung eines ebrengerichtlihen Verfahrens Keantniß erhalten und in jedem Stadium Gelegenheit zur Aeußerung oder fonitigen Mitwirkung haben; aus gleihem Grunde müsjen feine auf die Einleitung des Verfahrens oder die Erhebung von Beweisen gerichteten Anträge für das Ebrengericht maßgebend scin. Endlich steht ihm auch das Recht der Berufung zu. Von dem Vorschlage der Zulaffung eines Nechtsmittels gegen die Entscheidungen des Ehrengerihts hatte die Börsen-Enquétekommission Abstand genommen, weil sie keine Instanz vorfand, welche der An- forderung entsvrach, daß die Entscheidung auss{ließlich den Berufs- genossen des Börsenbesuchers anvertraut sein soll. Der Entwurf haft im § 17 eine solche Instanz durch Heranziehung der von den Börsen entsendeten Mitglieder des Börsenausschusses; er kann mitbin den au in der Enquête betonten starken Gründen nahgeben, welche für die Zulassung der Berufung sprehen. Mit Necht ist hervorgehoben worden, daß die Strafen, auf welhe im ebrengerihtlißhen Wege er- fannt werden Tann, insbesondere die Ausschließung vom Besuche der Börse auf längere Zeit oder für immer, unter Umständen einen sehr tiefen Eingriff in die Berufs- und Vermögenssphäre darstellen. Wenn auf anderen Gebieten bei Strafverhängungen von viel geringerer Be- deutung die Anrufung einer zweiten Inftanz zugelassen wird so er- cheint es um fo bedenklicher, sie bier auszuschließen, als die Mitglieder des Börsen-Ehrengerichts mit den Formen eines Strafverfahrens nicht berufêmäßig vertraut find. Auch das Interesse der Allgemeinheit erheisht es, die Revision der erften Entscheidungen durch ein Organ ofen zu halten, welhes die gemeinsamen Anschauungen aller deutschen Börsen vertritt.

Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, lautet :

8&1

Ein Kaufmann, welchem im Betriebe seines Handelsgewerbes Aktien, Kure, Interimsscheine, Erneuerungsscheine (Talons), auf den Inhaber lautende oder durch Indossement übertragbare Schuld- verschreibungen, oder vertretbare andere Werthpapiere mit Ausnahme von Banknoten unverschlofsen zur Verwahrung oder als Pfand über- geben sind, ift verpflichtet : H

1) diese Werthpapiere unter äußerlih erkennbarer Bezeichnung jedes Hiaterlegers oder Verpfänders gesondert von seinen cigenen Be- ständen und von denen Dritter aufzubewahren,

2) ein Handelëbuch zu führen, in welches die Wertbpapiere jedes Hinterlegers oder Verpfänders nah Gattung, Nennwerth, Nummern oder fonstigen Unterscherdungsmerkmalen der Stücke einzutragen find; der Eintragung steht die Bezugnahme auf Verzeichnisse gleich, "welche neben dem Handelsbuche gesührt werden. Die Eintragung kann unter- bleiben, insoweit die Werthpapiere zurückgegeben sind, bevor die Ein- tragung bei ordnungsmäßigem Geschäftsgange erfolgen konnte.

Das Recht und die Pflicht des Verwahrers oder Pfandgläubigers, im Interesse des Hinterlegers oder Verpfänders Verfügungen oder Verwaltungshandlungen vorzunehmen, wird durch die Bestimmung unter Ziffer 1 nicht berührt. L

Eine Erklärung des Hinterlegers oder Verpfänders, durch welche der Verwahrer oder Pfandgläubiger ermächtigt wird, an Stelle hinter- legter oder verpfändeter Werthpapiere der im § 1 g j fia Art gleihartige Weithpapiere zurückzugewähren oder über die Papiere zu feinem Nugzen zu verfügen, ift nur gültig, soweit sie für das einzelne Geschäft auëdrücklich und schriftlich gegen ist. In diesem Falle finden die Bestimmungen des § T nwendung.

Der Kommissionär (Art. 360, 378 des Handel8geseßbuhs), welher einen Auftrag zum Einkaufe von Werthpapieren der im § 1 bezeichneten Art ausführt, hat dem Kommittentea binnen drei Tagen ein Verzeichniß der Stücke mit Angabe der Gattung, des Nenn- wertbs, der Nummern oder fonstiger Unterscheidungsmerkmale zu übersenden. Die Frift beginnt, falls der Kommissionär bei der An- zeige über die Auéführung des inogs einen Dritten als Verkäufer

namhaft gemacht hat, mit dem Erwerbe der Stücke, andernfalls mit dem Ablaufe des Zeitraums, innerhalb dessen der Kommissionär nah

g der Auésführung8anzeige die Stücke bei ordnungs-

Geschäftsgange ohne shuldhafte Verzögerung beziehen fonnte.

in Verzicht des Kommittenten auf die Uebersendung des Stüe-

verzeichnisses ist nur dann wirksam, wenn er bezüglich des einzelnen Auftrags ausdrücklih und \{riftlich erklärt it.

Soweit die A der eingefauften Stücke an den Kom- mittenten erfolgt oder ein Auftrag des Kommittenten zur Wieder- veräußerung ausgeführt ist, kann die Uebersendung des Stükeverze nisses unterbleiben. :

8 4.

Soweit der Kommissionär im Falle des § 3 wegen der ihm aus

der Ausführung des Auftrags zustehenden Forderungen nicht befriedigt ist und auh nicht Stundung gewährt hat, fann er die Uebersendung des Stückeverzeihnifses aus}eßen, wenn er den Kommittenten unter Beifügung einer Rechnung über den ihm noch zu zahlenden Betrag innerhalb der im § 3 bezeichneten Frist {riftli erklärt, daß er das Verzeichniß erst na dir Zahlung dieses Betrags übersenden werde.

8 5. i

Ist der Kommissionär .mit Erfüllung der ihm nah den Be- stimmungen der §S 3 und 4 obliegenden Verpflichtungen im Verzuge und holt er auch das Versäumte auf eine dana an ihn ergangene Aufforderung des Kommittenten nicht binnen drei Tagen na, fo ift der Kommittent berehtigt, das Geschäft als niht für seine Rehnung ab- Mal zurückzuweisen und Schadensersatß wegen Nichterfüllung zu

eanspruchen.

Die Aufforderung des Kommittenten verliert ihre Wirkung, wenn er dem Kommissionär nit binnen drei Tagen nah dem Ablaufe der Nachbolungsfrist erklärt, daß er von dem im Absay 1 bezeichneten Rechte Gebrauch machen wolle.

Der Kommissionär, welcher einen Auftrag zum Umtaush von Werthpapieren der im § 1 bezeichneten Art, oder zur Geltendmachung eines Bezugsrechts auf 1olhe Werthpapiere ausführt, hat binnen zwei Wochen nah- dem Empfange der neuen Stücke dem Kommittenten ein Verzeichniß der Stücke mit den im § 3 Abfay 1 vorgeschriebenen An- gaben zu übersenden, foweit er ihm die Stücke nit innerhalb diefer Frist aushändigt.

S : / Der Kommissionär, welcher den im § 6 ihm auferlegten flihten niht genügt, verliert das Recht, für die Ausführung des Auftrags Provision zu fordern (Art. 371 Abf. 2 des Handelsgeseßbuchs).

8 8. 7 ;

Mit der Absendung des Stückeverzeichnisses geht das Eigenthum an den darin verzeichneten Werthpapieren auf den Kommittenten über, soweit der Kommissionär über die Papiere zu verfügen berehtigt ift. Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, nah welchen der Ueber- gang des Eigenthums shon in einem früheren Zeitpunkte eintritt, bleiben unberührt. S :

Der Kommissionär hat bezüglih der in seinem Gewahrsam be- findlichen, in das Eigenthum des Kommittenten übergegangenen Werth- papiere die im § 1 bezeihneten Pflichten eines Verwahrers.

S 9.

Ein Kaufmann, welcher im Betriebe seines Handelsgewerbes fremde Wertbpapiere der im § 1 bezeihneten Art einem Dritten zum Zwecke der Aujbewahrung, des Umtausches oder des Bezugs von anderen Werthpapieren, Zins- oder Gewinnantheilscheinen ausant- wortet, hat hierbei dem Dritten mitzutheilen, daß die Papiere fremde seien. Der Dritte, welher eine folche Mittheilung empfangen hat, fann an den übergebenen oder an den neu beshafften Papieren ein Pfandreht oder ein Zurückbehaltungsreht nuc- wegen solcher Forde- rungen an seinem Auftraggeber geltend machen, welhe mit Bezug auf diese Papiere entstanden find. R

Wenn ein Kaufmann über Werthpapiere der im § 1 bezeichneten Art, welche ihm zur Verwahrung oder als Pfand übergeben find, oder welche er als Kommissionär für den Kommittenten in Besiß ge- nommen hat, außer dem Falle des § 246 des Strafgeseßbuchs zum eigenen Nußen oder zum Nutßen eines Dritten rechtswidrig verfügt, wird er mit Gefängniß bis zu einem Jahre und Geldstrafe bis zu Dreitausend Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft.

Der gleichen Strafe unterliegt, wer der Vorschrift des § 9 zum eigenen Nußen oder ' zum Nutzen cines Dritten vorsäßlih zuwider- handelt. 5 ;

Ist der Thâter ein Angehöriger 52 Abs. 2 des Strafgeseh- bus) des Verleßten, so tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zuläsfig. Der § 247 Absay 2 und 3 des Strafgeseßbuchs findet entsprehende Anwendung.

Il

Ein Kaufmann, welcher seine Zahlungen eingestellt hat oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, wenn er den Vorschriften des 8 1 Ziffer 1 oder 2 vorsäßglih zuwidergehandelt hat und dadurch der Berechtigte bezüglich des Anspruchs auf Ausfonderung der von jenem zu verwahrenden Werthpapierz benachtheiligt wird, deêëgleihen wenn er als Kommissionär den Vorschriften der §S 3 oder 6 vorsäßlih zu- widergehandelt hat und dadurch der Berechtigte bezüglich des An- \pruchs auf Ausfonderung der von jenem eingefausten, eingetaushten oder bezogenen Werthpapiere O wird.

g 15

Ein Kaufmann, welcher seine Zahlungen eingestellt hat oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worten ist, wird mit Zuchthaus bestraft, wenn ec im Bewußtsein seiner Zahlungeunfähigkeit oder Uebershuldung fremde Werthpapiere, welche er im Betriebe seines Handel8gewerbes als Verwahrer, Pfandgläubiger oder Kommissionär in Gewahrsam genommen, sih rehtêwidrig zugeeignet hat.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe niht unter drei Monaten ein. S 13

Die Strafvorschrift des § 10 findet gegen die Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genofsenschaft, die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit be]hränfter Haftung, sowie gegen die Liquidatoren einer Handelsgesell|chaft oder eingetragenen Genossenschaft Anwendung, wenn sie in Ansehung von Werthpapieren, die sich im Besize der Gesellshaft oder Genossenschaft befinden oder von dieser einem Dritten ausgeantwortet find, die mit Strafe bedrohte Handlung t a9 baben.

Die vorbezeichneten Personen werden, wenn die Gesellschaft oder Genossenschaft ihre Zahlungen eingestellt hat, oder wenn über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ift, bestraft

1) gemäß 9 11, wenn sie den Vorschriften des § 1 Ziffer 1 oder 2 oder den Vorschriften der §8 3 oder b vorsäulih zuwidergehandelt haben und dadur der Berechtigte bezüglih des Anfpruchs auf Aus- sonderung der von der Gesellschaft oder Genossenschaft zu verwahrenden oder von ihr eingefkfauften, eingetaushten oder bezogenen Werthpapiere benatheiligt wird, / ;

2) gemäß § 12, wenn sie im Bewußtsein der Zablungsunfähigkeit oder Uebershuldung der Gejellshaft oder Genossenschaft fremde Werth- papiere, welche von dieser als Verwahrer, Pfandgläubiger oder Kom- miisionâr in Gewahrsam genommen sind, jih rechtèwidrig zugeeignet haben.

S 14.

Dieses Gesetz findet auf diejenigen Klafsen von Kaufleuten keine

Anwendung, für welche gemäß Artikel 10 des Handelsgeseßbuchs die Borschriften über die Handelsbücher keine Geltung haken.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Köni M 290.

Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember

glih Preußischen Staats-Anzeiger.

1895.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Begründung.

Umfangreiche Depotunterschlagungen, welhe im Herbst des Fahres 1891 bei Gelegenheit des in rascher Aufeinanderfolge sich vollziehenden Zufammenbruhs einer Anzahl theilweise bedeutender Bankgeschäfte aufgedeckt wurden, haben die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Ver- hältnisse der Banken gelenkt und eingehende Erörterungen über das Depotgeschäft in der Tageëpresse wie in der Fachliteratur veranlaßt. Auch im Reichstag ift die Angelegenheit durch einen übrigens nit zur Verhandlung gelangten Jnitiativantrag angeregt worden, in welhem gefetzlihe Maßregeln zu größerer Sicherung des Publikums egen die Veruntreuung anvertrauter Inhaberpapiere begehrt und insbefondere folgende Forderungea gestellt werden :

„Derjenige, welhem in seinem Geschäftsbetriebe Inhaber- papiere anvertraut sind, darf sie nur dann veräußern, wenn der Deponent ihm die Veräußerung speziell und ausdrücklih ge- stattet hat. Die Unterschlagung von Depots wird mit Zucht: baus’ bestraft.“

Antrag des Dr. von Cuny vom 20. November 1891. (Druck- a Reichstags, 8. Legislaturperiode, T. Session 1890/92,

E :

Aus Anlaß dieser Vorgänge - ist {on vor längerer Zeit der Entwurf eines Gesetzes über die Pflichten der Kaufleute bei Aufbe- wahrung fremder Werthpapiere aufgestellt worden. Die bezeichneten Vorgänge hatten jedoch noch nach einer anderen Richtung Anstoß zu einem legisIativen Vorgehen gegeben. Um die Grundlagen für eine umfassende Prüfung der auf den Börfenverkehr und die Stellung der Börsen bezüglichen Verhältniffe zu hafen, war zunächst die Börsen- Enquêtekommission berufen worden, und mit dem Fortschreiten der Arbeiten diefer Kommissioz ergab sich, daß es bei dem inneren Zu- sammenhange zwischen der allgemeinen Regelung der Börsenverhält- niffe und der Ordnung des kaufmännischen Depotwesens nit rathsam sein würde, den einen dieser Gegenstände ohne Rücksiht auf den anderen zum Abschlusse zu bringen. Wenn es auch nit in Frage fommen fonnte, die Vorschriften über das Depotgeschäft in das Börsengesez felbst aufzunehmen, so war man doch son in der Engquête- temmission der Ansicht, daß jene Vorschriften in mehrfacher Hinsicht eine nothwendige Ergänzung der auf die Börsenreform bezüglichen Vorschläge darstellten. Mit Nüdcksiht hierauf erschien es angezeigt, die legiélative Behandlung der beiden Materien niht zu trennen, den Entwurf des Depotgeseßes vielmehr nur zusammen mit demjenigen des Börsengesetßzes vorzulegen.

: ___ Bestehende Rehtsvorschriften. Eine Prüfung der zur Zeit für das Depotgeschäft geltenden Vor- schriften führt zu dem Ergebniß, daß sie sowohl auf strafrechtlihem als auf zivilrehtlihem Gebiete cine Ergänzung und Erweiterung

bedürfen. 5 Strafrechtlihe Bestimmungen.

Die Veruntreüung von Depots kann \trafrechtlich den Thatbeftand der Unterschlagung oder der Untreue, in besonderen, hier indessen nit interessierenden Fällen auch den Thatbestand des Betrugs, bilden.

Unterschlagung.

_Zum Thatbestand der Unterschlagung 246 des Strafgeseßbuchs) gébôrt die rechtêwidrige Zueignung (a) einer fremden im Gewahrsam des Thâters befindlichen Sache (b), fowie das Bewußtsein des Thäters, daß die Sache eine fremde und die Zueignung rechtswidrig sei (c).

a. Die rechtswidrige Zueignung seßt die Absicht des Thäters voraus, über die in feinem Gewahrsam befindlide fremde Sache wie über sein Eigenthum zu verfügen. Eine rechtswidrige Verfügung über ‘die Sache, bei der die Absicht nit auf Zueignung gerichtet ift, wird dur die Strafbestinmung des § 246 des Strafgeseßbuchs nicht

etroffen. Dies gilt insbesondere für den wichtigsten bier in Frage ommenden Fall der Verpfändung fremder Sachen, welhe „je nah der Willensrihtung des Verpfänders als Unterschlagung, aber aub nur als unerlaubter Gebrauch sih darstellen kann“ (Motive des revidierten Entwurfs zum Strasgeseßbuch S. 122). Das Reichs- geriht fpriht \sih hierüber in eingehender Erörterung folgendermaßen

aus (Entsch. in Straff. Bd. 2 S. 25 bis 27):

„Nach den älteren Strafgeseßgebungen, insbesondere dem § 2295 des preußishen Strafgeseßbuchs, enthielt die Verpfändung einer fremden Sache s{le{chthin den Thatbestand der Unter- sfchlagung. Sie wurde glei der Veräußerung, dem Verbrauche, der Beiseiteshaffung der Sache als eine Form der Zueignung angesehen, welhe nah geseßliber Vorschrift die Voraussetzung der Absicht des Tkâäters, sih die Sache rechtswidrig zuzueignen, einshloß.

Das deutsche Strafgeseßbuh ift von anderer Auffassung des Thatbestandes der Unterschlagung ausgegangen. Dem Vergehen des Diebstahls analog wurde die Untershlagung nunmehr als tie rechtêwidrige Zueignung der fremden Sade, in deren Inne- habung der Thâter sich bereits befindet, begriffsmäßig bezeichnet.

Die Frage, ob in einer bestimmten Handlung die Zueignung ‘der Save, mithin eine Untershlagungshandlung zu finden sei, war damit der richterlihen Beurtheilung überlassen. Es kann also, was insbesondere die Verpfändung einer fremden Sache betrifft, dieselbe nicht mehr ohne weiteres als eine den That- bestand der Untershlagung darstellende Handlung behandelt, fondern es muß nach der Willensrichtung des Thäters gewürdigt werden, ob aus der ihm zur Last gelegten Handlung ein aus- reihender Beweis für die rechtswidrige Zueignung zu ent- nehmen ift.

Die entgegengesetzte, in Theorie und Nechtsübung allerdings noch vielfah aufrechterhaltene Ansicht, daß die unbefugte Ver- pfändung einer fremden Sache als ein Veräußerung8modus die rechtzwidrige Zueianung unter allen Umständen erkennen lasse vergk. Oppenbeff, Kommentar Nr. 34 zu § 246, Fr. Meyer, Kommentar S. 202, Erkenntniß des preuß. Ober-Tribunals vom 5. November 1873 in Oppenhoff's Rechtispr. Bd. 14 S. 683 —, kann nicht für rihtig erachtet werden, weil die in § 246 a. a. O. als Thatbestandsmerfmal vorau®?geseßte vorsäßliche rechtswidrige Zueignung die Absicht der definitiven Begründung der Willens- berrihaft des Thâters, der definitiven Aus]chließung der Willens- berrshaft des Eigenthümers über die Sache und damit die durh die Handlung kundgegebene Absicht der rechtéwidrigen Zueignung erfordert; vérgl. von Holßendorff, Handbuch III S. 698, 398, 399; H. ‘Meyer, Strafrecht S. 488.

Zuzugeben ift, daß die Verpfändung einer fremden Sache, da zu derselben nur der Eigenthümer berechtigt is, und da dieselbe unter bestimmten Vorausseßungen zur Veräußerung führt, der Regel nah auf die: Absiht des Thäters, über die Sache als Eigenthümer zu verfügen, {ließen läßt. Aber es Xann nicht behauptet werden, daß diese Absicht niht durch die besonderen Umstände des fonfretcn Falles ausges(lossen ec- seinen kann. Vergl. die Erk. kei Oppenhoff, Nechtipr. Bd. 12 S. 311, Bd. 9 S. 59, und Geltdammer, Archiv Bd. 19 S. 814.

Der Umstand, daß ter Thâter eine fremde Sache als eigene ‘verpfändet, mithin unzweifelhaft einen Aft der Ausübung des Eigenthums unberehtigt vorgenommen hat, ist nicht immer entscheidend, weil das Geseß die Absicht des Thäters, sih zum Eigenthümer zu machen, mithin den Willen der Veräußerung MOTIMBIEBL. . ¿054

/ wohlbegründeten Ueberzeugung verbunden ist, die Wiedereinlösung zu

_ Daß unter Vorausseßung der ernften und bestimmten, dur die Umstände des Falles und die Vermögensverbältnisse des Thâters beglaubigten Absicht des Thäters, die vervfändete Sache alsbald wieder einzulösen, der Thatbestand einer Unterschlagung auêges{lossen ersheint, läßt fih nit bestreiten, weil die Hand- lung des Thâters dann nur auf den unerlaubten Gebrau der fremden Sache gerichtet ist.“

Aehnlich die Entscheidung des Reichsgerichts vom 27. Oktober 1880 (Rechtspr. Bd. 2 S. 402): „Mag nun auch zugegeben werden, daß der Wille, über die Sache wie ein Eigenthümer zu verfügen, zweifelhaft werden kann, wenn der Verpfänder die Wiedereinlösung nicht nur be- abfichtigt, sondern auch jederzeit auszuführen vermag“ ie Entscheidung vom 11. Juli 1881 (Entsc. in Strafs. Bd. 5 C}

„Da in der Verpfändung des Wechsels niht etwa bloß eine vorübergehende Benu ung, vielmehr eine bewußt bleibende, nah Lage der Verbältnifie unabänderlihe Entäußerung that- sächlich gefunden ift .

Aus dea vorstehenden Ausführungen erbellt, daß nah dem geltenden Strafrecht die objektiv widerrechtliche Verpfändung einer fremden Sache den Tbatbestand der Untershlagung nit erfüllt, wenn der Thäter mit der Absicht der Wiedereinlösung verpfändete und diese Absicht mit der

jeder Zeit bewirken zu fönnen.

b. Der § 246 des Strafgeseßbuhs fordert als Gegenstand der Unterschlagung eine fremde Sache. Während der Begriff der fremden Sache von dem Ober-Tribunal s{chon in Fällen konstruiert worden ift, in denen nur ein obligatorisher Anspruch auf Herausgabe bestand, legt das Reichsgeriht das entsheidende Gewicht darauf, ob derjenige, welchem die Untershlagung zur Last gelegt wird, oder ein Dritter nah den Grundsäßen des Zivilrechts Eigenthümer war. „Die Frage des Eigenthums und des Eigenthumsübergangs so wird in dem Urtheil vom 28. Dezember 1880 (Entsh. in Straf. Bd. 3 S. 152) ausgeführt ift, wie beim Diebstahl, als eine zivilrehtlihe lediglich nah den maßgebenden privatrechtlihen Grundsäßen zu [öfen. Dies erfordert einerseits der Zweck des Strafgesezes 246 St.-G.-B.), welcher eben in dem Schuße der einschlagenden vrivatrechtlichen Ver- hältnisse besteht, andererseits die Sicherheit der Strafrechtspflege, welche auf der Festkaltung des positiven geseßlihen Bodens beruht und es verbietet, etwa auf Grund der Erwägung, daß die zivilrecht- lien Grundsäße über den Eigenthumserwerb zur Deckung der friminalistishen Bedürfnifse nicht ausreihten, daß mithin unter Absehen von jenen Grundsäßen, zur Sicherung von Treue und Glauben im geschäftlihen Verktehr, eine Lücke im Gesetze ausgefüllt werden müsse, das gegebene Strafgeseß durch Analogie über seinen geseßliden Rahmen hinaus auszudehnen 2 St.-G.-B.). . . . Die Geseßesmaterialien ergeben denn au flar, daß der Gesetzgeber bei der Unterschlagung stets den zivilrechtlihen Begriff der fremden Sache zum Grunde gelegt hat.“ Ferner „Das Reichsgericht hat in fester Rechtsprehung angenommen, daß die Frage, ob die Sache, um deren Unterschlagung es si handelt, eine dem Angeklagten fremde sei, aus- {chließlich nah den eins{chlagenden Grundsäßen des Zivilrehts über Erwerb und Verlust des Eigenthums zu entscheiden sei“ (Entsch. in Strafs. Bd. 21 S. 367). Im Hinblick darauf, daß die Eigenthums- verhältnisse an den in Verwahrung eines Banquiers befindlichen Werth- papieren wie des weiteren bei der Würdigung der geltenden zivil- rechtlihen Vorschriften dargethan werden wird nicht überall zweifels- frei find, führt die vorgetragene, gewiß zutreffende Rechtsauffassung des Reichsgerichts zu einer Ershwerung der strafrechtlihen Verfolgung von Depotveruntreuungen.

c. Für den Thatbestand der Untershlagung ift ferner das Bewußt- sein des Thâters von der Nechtêwidrigkeit der Zueignung erforderlich. Hierbei kommt namentlih die Frage in Betracht, inwieweit bei der objektiv rechtswidrigen Zueignung fremder vertretbarer Sachen die Absicht des Thâters, den Eigenthümer durch Rückgewährung von Sachen gleicher Art s{adlos zu balten, von rechtlicher Bedeutung ist. Der Standpunkt des Neich8gerichts zu dieser Frage ist in dem Er- fenntnifse vom 10. Dezember 1881 (Entsh. in Straf. Bd. 5 S. 304) dargelegt: „Die Absicht des Ersatzes dessen, was der Thäter sich zu- eignet, ift an sih nit geeignet, den ftrafbaren Dolus zu beseitigen, bei der Untershlagung fo wenig als bei andern Vergehen gegen fremde Vermögensrehte, wie Diebstahl, Betrug u. s. w. Erheblich kann sie, soviel die Unter|chlagung betrifft, insofern werden, als sie die Grund- lage für die Ueberzeugung des Thâters war, der Eigentbümer werde, eben dicser Erfaßpfliht wegen, mit der Zueignung einverstanden sein. Die sofortige durch bereite Mittel gewährleistete Ausführbarkeit der Erfatzabficht gewinnt in dem nämlichen Zusammenhange Bedeutung, indem der Thäter die Genehmigung feiner Zueignungshandlung durch der Eigen- thümer ernstlib vorauszuseßen nur dann in der Lage sein wird, wenn für ihn die Möglichkeit sofortiger Erfaßtleistung feststeht.“ Ferner Entsch. in Straf. Bd. 7 S. 351, 352: „Die mit dem Bewußtsein der thatfählich auch vorhandenen Möglichkeit jederzeitiger Ersaßleistung verbundene Ecfaßtzabsicht kann geeignet sein, das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit der Aneignung der fremden Sache auszuschließen, in- sofern durch das Borhandensein von Absicht und Möglichkeit jeder- zeitiger Erjaßleiftung die Annahme begründet werden fann, der Eigenthümer der Sache werde mit der unter solchen Umständen ge- schehenen Aneigrung der Sache einverstanden sein.“ (Vergl. außerdem Entsch. in Straff. Bd. 14 S. 242 ff., Bd. 21 S. 366.) Ist auf Grund einer derartigen Feststellung die Anwendbarkeit des § 246 des Strafgesezbuchs ausgeschlossen, so bleibt der Thâter auch dann straflos, wenn er später außer stande ist, dem Eigenthümer Ersatz zu leisten, weil es nur darauf anfommt, daß er im Augenblicke der Zue!gnung frei von dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit war, und \päter ein- getretene Umstände, wie die Vershlehterung seiner Vermögensélage, dieses Bewußtsein niht nahträglih zu begründen vermögen (Entsch. in Strafs. Bd. 5 S. 55).

| Untreue. :

Die Veruntreuung fremder in Gewahrsam des Thäters befind- lier Sachen fann unter Umständen den Thatbefstand der Untreue bilten. Nach § 266 Ziffer 2 des Strafgeseßbbuhs werden Bevoll- mächtigte, welhe über Forderungen oder andere Vermögenetstüccke des Auftraggebers absichtlih zum Nachtheil desselben verfügen, mit Ge- fängniß bestraft, neben welhem auf Verluft der bürgerlihen Ehren- rechte erfannt werden fann. In Betreff der Auslegung, die diese Vorschrift in der Rechtsprechung gefunden hat, is Folgendes zu bemerfen: 5

a. Für den Thatbestand der Untreue ift es nicht erforderlich, daß die Absicht des Thâters auf die Benachtheiligung des Auftraggebers gerichtet, daß diese Benachtheiligung sein Endzweck sei. Es genügt vielmehr das Bewußtsein, daß seine Handlungsweise objektiv zum Nachtheil des Auftraggebers gereihe (Entsh. in Strafs. Bd. 1 S. 173, 329). Es reiht sogar das Bewußtsein aus, daß ein Nach- theil für den Auftraggeber entftzhen könne. „Hat sih der Thäter den eingetretenen rechtéverießenden Œrfolg als möglich vorgestellt, fo kann ihm der leßtere unbedenkliß zum Vorsaßt angerechnet werden, falls sein Wille auf diefen Erfolg wenigstens eventuell gerihtet war" (Entsch. in Strafs. Bd. 7 S. 283).

b, Als Benachtheiligung wird nit allein die Zufügung eines wirkflihen Vermögentschadens, sondern schon die bloße Gefährdung des fremden Vermögens, die Herbeifübrung einer Verlustgefahr Aigéfeben

«+ c. Der Thatbestand des § 266 Ziffer 2 des Strafgeseßbuchs ist dadurch bedingt, daß zwishen dem Thäter und dem Benattheiligten ein Vollmachtévertrag besteht. Der Begriff des Bevollmächtigten im Sinne der in Rede ftehenden Vorschrift set „die Uebertragung und Uebernabme von Rechtsgeschäften für eine andere Person, die Ueber- tragung einer namens eines Anderen (des Machtgebers) auszuübenden Verfügungsgewalt voraus“ (Entsch. in Strafs. Bd. 11 S. 243). Die Vollmacht braucht sich niht auf den Antrag zu beschränken, ein Geschäft für den Machtgeber und statt seiner zu betreiben (Vollmachts- auftrag im Sinne des Preußischen Landrehts § 5 I. 13 daselbst), sondern fann auch den Fall umfafsen, daß der Beauftragte im eigenen Namen mit dem Dritten bandeln soll (vergl. Entsch. in Strafs. Bd. 7 S. 377).

__ Aus den vorstehenden Ausführungen ergiebt si, daß der dur die bestehenden ftrafre{tlihen Vorschriften gewährte Schuß des Publikums gegen die Gefahr des Verlustes deponierter Werthpapiere mehrfahe Lücken enthält. Der § 246 des Strafgeseßbuchs findet weder auf eine rechtêwidrige Verfügung, insbesondere Verpfändung Anwendung, sofern sie sich nicht als Zueignung darstellt, noch auf eine objeftiv rehtêwidrige Zueignung, falls der Thäter im Augenblicke der Aneignung die Absicht des Ersaßes der Werthpapiere hat und deren Ausführbarkeit dur bereite Mittel gewährleistet is, und zwar selbst dann nit, wenn der Eigenthümer der Papiere durch diese rehts- widrigen Verfügungen geschädigt worden is. Jn einzelnen der durch S 246 a. a. O. nit getroffenen Fälle bietet zwar § 266 Ziffer 2 die Möglichkeit einer Bestrafung des Thäâters. Indessen ist dieser Ersatz schon deshalb unzureichend, weil die leßtere Borschrift in allen den Fallen nit anwendbar ift, in denen zwishen dem Kunden und dem Banquier kein Veollmachtsvertrag bestebt.

Eine Erweiterung des fstrafrehtlidben Schußes is für den Eigen- thümer binterlegter Wertbpapiere um fo wünschenswerther, als er in feinen zivilrechtlihen Ansprüchen gegenüber Dritten, die an den Papieren Rechte erworben baben, im Hinblick auf die Bestimmungen in Artikel 306 und 307 des Handelsgeseßbuchs wesentlich beschränkt ift. Darnach erlangt, wenn die Werthpapiere von dem verwahrenden Banquier veräußert und übergeben sind, der redlihe Erwerber das Eigentbum daran und das Eiaenthum des Deponenten erlisht. Wenn andererfeits die Papiere verpfändet und übergeben worden find, so ift das Pfandrecht des redlichen Erwerbers und seiner Rechtänalhfolger dem Eigenthümer gegenüber wirfsam.

Zivilrehtlihe Vorschriften. Formen des Depotgeschäfts.

__ Vor Eintritt in die Erörterung der das Depotwesen betreffenden zivilrechtlihen Vorschriften bedarf es der Darlegung der verschiedenen unter die Gruppe „Depotgeschäfte“ fallenden Rechtsgescbäfte. Die einfahste Form if der Verwahrungsvertrag, welcher vorliegt, wenn Werthpapiere zur in der Regel entgeltlihen Aufbewahrung übergeben werden. Häufig ist mit der Hingabe von Wertbpapieren zur Verwahrung der Auftrag zur Verwaltung derselben, zur Abhebung Eon E Dividenden, Talons und zu ähnlichen Geschäften ver-

unden.

Ferner werden Werthpapiere dem Banquier für bereits bestehende oder gleichzeitig entstehende Forderungen als Pfand gegeben. Auch kann die Hingabe mit der Bestimmung erfolgen, daß die Papiere dem Banquier für etwaige künftig entstehende Forderungen haften sollen. Diese beiden Fälle stehen in so fern in engem Zusammenhange, als aus der Hingabe zur Sicherstellung künftig entstehender Forderungen eine Verpfändung wird, sobald der Banquier eine Forderung an den Hinter- leger, zu deren Deckung das Depot bestimmt ist, erwirbt (Windscheid, Pandekten Bd. 1 § 225 Anm. 7).

Ein Depotgeschäft kommt sodann in Verbindung mit Kommissions- geshäften vor: fei es, daß der Kunde dem Banquier Werthpapiere zum Zwecke der Veräußerung übergiebt (Verkaufskommission), sei es, daß der Banguier im Auftrage des Kunden für denselben Wertbpapiere an- {afft (Einkaufskommission) und in Verwahrung behält. Als eine Konbination dieser beiden Geschäfte endlich kann der Fall angesehen werden, daß der Banquier Werthpapiere zum Zwecke des Umtausches oder des Bezuges von ankzeren Werthpapieren erbält.

Uebergang der verschiedenen Depotgeschäfte in einander.

__Im praktischen G-schäftsbetriebe gehen diese verschiedenen Fälle vielfah in einander über. Lombardierte Werthpapiere werden im Auftrage des Hinterlegers von dem Verwahrer als Kommissionär veräußert, neue Papiere werden dafür gekauft und an die Stelle der verkauften als Unterpfand gefeßt. Selbst bei ursprünglih beabsichtigter einfawer Verwahrung {ließt sich häufig ein Auftrag zur Vornahme von Verwaltungshandlungen, zur Ausführung von Kommissions- geshäften oder die Einräumung eines Pfandrechts zur Sicherung eines von dem Banquier entnommenen Darlehns an.

Mitwirkung mehrerer Banquiers.

Eine Veil O entsteht dadur, daß vielfa die Banquiers die Aufträge ihrer Kunden nit selbs ausführen können, sondern dur einen anderen Banquier ausführen lassen müssen. Die Banquiers an kleineren Orten stehen zu diesem Zweck in ständiger Ge- schäftsverbindung mit Banquiers an Börsenpläten. Die Banquiers an den kleineren Börsen, an denen ein beshränkter Verkehr mit Werth- papieren stattfindet, haben ihrerseits Beziehungen zu den Banken der Hauptbörsenpläze. Bei der Ausführung von Kommissionsgeschäften werden auf dieje Weise nicht selten zwei, drei und noch mehr Bank- geschäfte betheiligt. 2

Eigenthumsverhbältnisse in Betreff der Depots.

In allen diesen Fällen is es wie oben dargethan {hon im Interesse eines wirksamen strafrehtlihen Schußes gegen Depot- veruntreuungen von hober Bedeuturg, daß die Eigenthumsverhältnisse an den im Depot befindlichen Werthpapieren zu jeder Zeit und in jedem Stadium des geschäftlihen Verkehrs klar liegen. Die Klarheit der Eigenthumsverhältnisse ist in niht minder hohem Maße für die Wahrung der Vermögensinteressen des Publikums auf privatreht- lichem Gebiete nothwendig, da von der Feststellung, ob der Kunde Eigenthümer der beim Banquier im Depot befindlihen Stüe ist, es im Falle des Konkurses des Banquiers abhängt, ob jener ein Aus- sonderungsrecht oder nur einen persönlihen Anspruch an die Masse geltend machen fann.

Diese so nothwendige Klarheit in Betreff der Eigentbumsver- bältnisse an den im Depot befindlihen Papieren ist zur Zeit nicht überall vorhanden.

Verwahrung und Verpfändung.

Es besteht allerdings kein Zweifel darüber, daß bei Hingabe von Werthpapieren in Verwahrung, sei es mit, sei es ohne den Auftrag zur Verwaltung derselben, sowie bei der Verpfändung von Werth- papieren der Kunde Eigenthümer der übergebenen Stücke bleibt, wenn es fih um ein depositum regulare oder um einen Pfandvertra handelt. Hingegen 1 es oft zweifelhaft und streitig, ob niht na dem Willen der Parteien ein sogenanntes depositum irregulare vor- liegt, welhes den Banquier nur zur Nückgabe von Werthvapieren gleicher Art verpflichtet und den Kunden unter Verlust seines Eigenthums auf einen perfönlihen Anspruch gegenüber dem Banquier beschränkt.

Die Ursache zu solchen Zweifeln liegt vornehmlich in gewissen im Banktverkehr vorkommenden Autdrücken, die geeignet find, das Rechts- geschäft zu verdunkeln. Namentlich in den fogenannten allgemeinen Geschäftöbedir gungen findet sich mitunter eine derartige zweifelhafte Auédrucksweise vor, aus der hergeleitet wird, daß der Banquier dem Kunden gegenüber nur zur Leistung von Werthpapieren in geners verpflihtet ist. Ein großer Theil des mit Banken in Beziehung

(Entsch. in Straff. Bd. 16 S. 80, Bd. 19 S. 83).

tretenden Publikums wird nicht erfahren genug sein, den Inhalt solcher