1896 / 59 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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__ Wird agegen jene Eintragung binnen der vorbezeichneten Frist niht herbeigeführt, fo ist die gegenwärtig ertheilte Konzession ohne weiteres erloshen, in welhem Fall jedo die hinterlegte Kaution zurückgegeben werden foll.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiege!l. Gegeben Neues Palais, den 19. August 1895. (L. S. Wilhelm R. : von Boetticher. Thielen. Frhr. von Hammerstein.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Geseßes vom 10. April 1872 (Gesez-Samml. S. 357) find bekannt gemacht :

__ h) das am 10. Dezember 1895 Allerhsch\ vollzogene Statut für die Entwässerungsgenofsenshaft der Stenderup-Au zu Schwakendorf im Kreise Flensburg, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Schleswig, Jahrgang 1896 Nr. 5 S. 31, ausgegeben am 1. Fe- bruar 1896; :

2) das am 11. Dezember 1895 Allerhöch\ vollzogene Statut für die Ent- und Bewäfserungsgenofsenschaft des unteren Orkethales zu Medebach îm Kréise Brilon, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg, Jahrgang 1896 Nr. 6 S. 43, ausgegeben am 8. Februar 1896; (A

3) der Allerhöchste Erlaß vom 23. Dezember 1895, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Bergheim zur Ent- ziehung und dauernden Beschränkung des Eigenthums an den für die Kleinbahn von Frechen nah Kerpen erforderlihen Grundstücken, dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Köln, Jahrgang 1896 Nr. 3 S. 9, ausgegeben am 15. Januar 1896;

4) das am 23. Desember 1895 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenshaft zu Grünhoff im Kreise Fishhausen, dur das Amtsblatt der Königlihen Regierung zu Königsberg, Jahrgang 1896 Nr. 6 S. 33, ausgegeben am 6. zebruar 1896 ;

5) der Allerhöchste Erlaß vom 13. Januar 1896, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts an die Löwenberg-Lindower Klein- bahn-Aktiengesellshaft zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn vom Bahnhof Löwenberg der Nordbahn nah Lindow (Mark) in Anspruch zu nehmenden Grund- eigenthums, dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 6 S. 48, ausgegeben am 7. Februar 1896;

6) das Allerhöchste Privilegium vom 15. Januar 1896 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihesheine der Stadt St. Johann a. Saar im Betrage von 2000 000 #4, durch das Amts- blatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 7 S. 41, ausgegeben am 14. Februar 1896;

7) der Allerböchste Erlaß vom 20. Januar 1896, betreffend die Verleihung des. Rechts zur ShauflermEerpebung an den Kreis Königs- berg N.-M. für die Chaussee von Mohrin nah Klein-Mantel, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. Nr. 7 S. 41, ausgegeben am 19. Februar 1896;

8) der Allerhöhste Erlaß vom 20. Januar 1896, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts an den Landkreis Guben für die von ibm zu bauenden Kreishaufsceen von Möbiskruge nah Neuzelle-Schlaben und vom Haltepunkt Coschen nah Bönisdorsi durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. D. Nr. 7 S. 41, aus- gegeben am 19. Februar 1896;

9) das Allerhöchste Privilegium vom 20. Januar 1896 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Elmshorn im Betrage von 1 500 000 4, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Schleëwig Nr. 7 S. 43, ausgegeben am 15. Februar 1896;

10) der Allerhöchste Erlaß vom 22. Januar 1896, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung an den Kreis Teltow für die von ‘ihm gebaute Chaussee von Trebbin bis zur Gadsdorf - Sperenberger Chaussee, durch das Amtsblatt der König- lichen Regierung zu Potsdam und: der Stakt Berlin Nr. 7 S. 53, ausgegeben am 14. Februar 1896; :

11) der Allerhöchste Erlaß vom 29. Januar 1896, betreffend die Herabsetzung des Zinsfußes der von der Stadt Charlottenburg auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom 20. April 1885 auf- genommenen Anleihe von 4 auf 3F 9%, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 9 S. §1, ausgegeben am 28. Februar 1896;

12) der Allerhöchste Erlaß vom 29. Januar 1896, betreffend die Ver- [eibung des Nets zur Chausseegelderhebung an den Kreis Steinau a. D. für die bereits fertiggeftellte Kreishaussee von Kunzendorf nach Ibs- dorf, dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 8 S. 65, ausgegeben am 22. Februar 1896.

Personal-Veränderungen,

Königlich Prenßische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnrihe x. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 3. März. Frhr. v. Wangenheim, Pr. Lt. vom Garde- Füs. Reat., unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Flügel-

djutanten des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha König- liher Hobeit ernannt. Edler Herr u. Frhr. v. Plotho, Sec. Lt. vom Hannov. Jäger-Bat. Nr. 10, in das Lauenburgische Jäger- Bat. Nr. 9, Frhr. v. T\shammer u. Quariß, Sec. Lt. vom Drag. Regt. König Friedrich 111. (2. Schles.) Nr. 8, in das Leib- Kür. Regt. Großer Kurfürst (Schlef.) Nr. 1, verseßt.

Abschiedsbewilligungen. Berlin, 3. März. Frhr. von Wilczeck, Pr. Lt. vom Inf. Regt. General. Feldmarschall Prinz pra Karl von Preußen (8. Brandenburg.) Nr. 64, der Abschied

illigt.

Königlich Bayerische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnrihe x. Ernennungen, Beförderungen und Verseuungen. Im aktiven Heere. 27. Februar. Die Port. Fähnrihe: Gemmingen Frhr. von Massenbach vom 1. Inf. Negt. König, v. Wenz zu Nieder- lahnstein, Frhr. v. Stengel, v. Bomhard, Graf v. Both- mer, Frhr. v. Welser, Frhr. Loeffelholz v. Colberg im Inf. Leib-Regt., Paraquin, Funk, Kriebel, Murxel im 1. Inf. Regt. König, Raila, Giehrl, Langhäuser, Biergans, Mu- zell, Shnißlein im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Langenmantel, Baldauf, Weißmann, Zaubzer, Deuringer, Sonder- mann im 3. Inf. Regt. Prinz Karl von Bayern, Deuringer, Erzgraber, Lang im 4. Inf. Regt. König Wiihelm von Württem- bera, Müller, Lorch, Meßner im 5. Inf. Negt. Großberzog Ernft Ludwig von Hcssen, Georg Häublein, Ströll, Schloffer Heinri Häublein, Stettner im 6. In- fanterie - Regiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Peul, Trendel, Uhl, Kobhlmüller, Goßmann, Dre], - er im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Hofmann, Frhr.

Secckendorff-Aberdar, Göôu, Zickwolff, Fischer, Weiß

Inf. Regt. Pranckh, Stadelmayc, Mey, Geßlein,

r, Ritter u. Edler v. Kienle im 9. Inf. Regt.

nner, Trieb, Wägele, Haßlinger, Heinzmann,

_NRasp im 10. Inf. Regt. Prinz Ludwig, Prager, Stavbwasser, Venzl, Rineder i . Inf. Negt. von der Tann, Wegelin, Mader, Bechtold, Edler v. Kuepah, Scier- linger, S{hwarzenberger im inf. Regt. Prinz Arnulf, Glaëél, Schaaf, Schönhärl, Dinglreiter, Beihbold im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Ioseph von Oesterreih, Weinzierl, Stirner, v. Haas, Eidam, Kohl im 14. Inf. Regt. Hartmann, Knoll, Wieninger, Braun im 15. Inf. Meot. König Albert von Sachscn, Bedall im 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Totkana, Dauenhauer, Rohe im 18. Inf. Negt. Prinz Ludwig Ferdinand, M%od- schiedler, Pôschel, Pabst im 19. Inf. Regt, Reuß,

Sigl, Meindl im 1. Jäger - Bat., Scherer im 2. Jäger- Bat., Reinhard im 2. Ulan. Regt. König, v. Der mit ‘einem Patent vom 15. November 1895, überzähl. im 4. Chev. Regt. König, Baumann im 5. Chev. Nest. Grzheriog Albrecht von Oesterrei, Bürker, Reuling im 2. Feld- Art. Regt. Horn, MALAA Meier, Franck, Wagner im 4. Feld-Art. Regt. König,

enn im 5. Feld-Art. Regt., Otto Müller, Eduard Müller, Decker, Carl, Hogenmüller, Finweg, Keim, Gebhard im 1. Fuß-Art. Regt. vakañt Bothmer, Brandstettner, Hahn, Vollrath, Lautenschlager, Ingold im 2. Fuß-Art. Regt., Luß, Shöpf, Schubert vom Eisenbahn-Bat., im 1. Pion. Bat., Königsdorfer vom 1. Pion. Bat.,, im 2. Pion. Bat., Eichenauer im 1. Train-Bat., Haufer im 2. Train-Bat., zu Sec. Lts. ; die Unteroffiziere: Wittich des Eisenbahn-Bats., Bau - mann des 2. Pion. Bats., Um hau des 1. Fuß-Art. Regts. vakant Bothmer, Wetzel des 17. Inf. Regts. Orff, chwill des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, Haßfeld des 2. Fuß-Art. RNegts., sämmtlich in ihren Truppentheilen zu Port. Fähnrichen, befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 26. Fe- bruar. Scheichenzuber, Oberst-Lt. und Bats. Kommandeur vom 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Pröstler, Major und Bats. Kom- mandeur vom 9. Inf. Regt. Wrede, diesen unter Verleihung des Charakters als Oberst-Lt, mit der geseßlichen Pension und mit der dige zum Tragen des bisherigen Uniform mit den be- \timmungsmäßigen Abzeichen zur Disp. gestellt. i

Beamte der Militär-Verwaltung.

20. Februar. Höôgg, Militär-Musikdirigent des Inf. Leib Regts., der Titel An Se Musik-Direktor verliehen.

25. Februar. üller, Rath der Intand. II. Armee-Korps mit dem Titel und Rang eines Geheimen Kriegsraths, unter Be- förderung zum Geheimen Kriegsrath mit dem Range unmittelbar nah dem Wirklichen Geheimen Kriegérath Heiß, zum vortragenden Nath im Kriegs-Ministerium ernannt, Scholz, Assessor und Vorstand der Intend. der 3. Div., zum Intend. Rath befördert, beide vom 1. März d. J. Sellmayr, Intend. Rath vom Kriegs- Ministerium, zur Intend. 11. Armee-Korxs, Braun, Intend. Rath von der Intend. I. Armee-Korps, zum Kriegs-Ministerium, Heiden, Intend. Rath und Vorstand der Intend. der 1. Div., zu jener 1. Armee-Korps, Ni es, Affefsor von der Intend. 1. Armee-Korps, als Vorstand zu jener der 1. Div., vet: :

27. Februar. Mauderer, Zahlmstr. a. D., der Titel eines Rechnungs-Naths verliehen. L

Kaiserliche Marine.

Offiziere 2c, Ernennungen, Beförderungen, Ver- setßzungen 2. Stellenbeseßungen für das Frühjahr 1896. Berlin, 2. März. Die Kapitäne zur See: Rötger von dem Kommando S. M. Squlschiffes „Stein“ entbunden. v. Ahlefeld, unter Ent- bindung von dem Kommando beim Stabe des Ober-Kommandos der Marine, zum Kommandanten S. M. Sgulschiffes „Stein“, Hofmeier, unter Entbindung von der Stellung als Kom- mandeur der 1. Matrosen-Div,, zum Kommandanten S. M. Schulschiffes „Gneisenau“, von Eickstedt zum Kom- mandanten S. M. Kreuzers 3. Klasse „Gefion“, ernannt. Die Kapitäne zur See: Jaeshke vom Kommando S. M. Panzer- \ciffes 2. Klasse „Kaiser“ entbunden. Schmidt zum Kommandanten S. M. Panzersciffes 2. Klasse „König Wilhelm“, v. Dr esky, unter Entbindung von dem Kommando S. M. Kreuzers 2. Klasse „Irene“, zum Kommandeur der 1. Matrosen - Div., ernannt. Die Korv. Kapitäne: v. Halfern vom Kommando S. M. Schulschiffes „Carola“ entbunden. Zeye, unter Entbindung von dem Kommando S. M. Kreuzers 3. Klasse „Gefion“, zum Kommandanten S. M. Panzer- \hiffes 2. Klasse „Kaiser“, du Bois zum Kommandanten S. M. Kreuzers 2. Klasse „Irene“, Goeß, unter Belassung in dem Kom- mando zur Dienstleistung beim Reihs-Marineamt, zum Kommandanten eines Panzerschiffes 4. Klasse der Res. Div. der Ostsee, v. Usedom zum Kommandanten S. M. Avisos „Jagd“, Palmgrêôn zum Kommandanten S. M. Schulschiffes „Carola“, ernannt. Follenius, unter Entbindung von dem Kommando S. M. Kreuzers 4. Klasse „Condor“, zur Dienstleistung beim Stabe des Ober-Kommandos der Marine kommandiert. Grolp zum Chef der Torpedoboots-Flottille, Meyer zum Kommandanten S. M. Kreuzers 4. Klasse „Condor*“, Friedrich zum Kommandanten S. M. Avisos „Wacht“, Derzews ki, unter Belassung in seiner Stellung als Kommandeur der 2. Abtheil. der 2. Matrosen-Div., v. Dassel, zum Kommandanten je eines Panzershiffes 4. Klasse ter Res. Div. der Nordsee, Heinrich XXV]…. Prinz Reuß Durchlauht zum Kommandeur der 1. Abtheil. der 1. Matrosen-Div.; die Kapitän-Lts.: Merten zum Kommandanten S. M. Vermessungs\chifes „Albatroß“, ernannt. Scheibel zur Dienstleistung beim Stabe. des Ober-Kommandos der Marine kommandiert. Neitke zum Kommandanten S. M. Avifos „Meteor“, Dick, unter Entbindung von dem Kommando zur Dienst- leistung beim Stabe des Ober-Kommandos der Marine, zum Kom- mandanten S. M. Sgulschiffes „Grille“, Kutter zum Chef einer Torpedoboots-Div., Koch (Hug o), Musculus zu Kommandanten je eines P S N E der Res. Div. Danzig, Hivper zum Chef einer Torpedoboots-Div., ernannt.

Im Sanitäts-Korps. Berlin, 24. Februar. Dr. Man- benke, Bernett, Assis. Aerzte 2. Kl. der Marine-Res. im Landw. Bezirk T1 Oldenburg bezw. Nürnberg, zu Assist. Aerzten 1. Kl. der Marine - Res, Dr. Junglöw, Asfist. Arzt 2. Kl. der Seewehr 1. Aufgebots im Landw. Bezirk 111 Berlin, zum Assist. Arzt 1. Kl. der Seewehr 1. Aufgebots, befördert. Dr. Hinrichfen, Stabs- A E Marine-Nes. im Landw. Bezirk Hamburg, der Abschied ewilligt.

Kaiserlihe Shußtruppe für Deutsch-Ostafrika.

Berlin, 26. Februar. Brosig, Pr. Lt. a. D., bisher vom 2. Bad. Feld-Art. Regt. Nr. 30, wird mit dem 4. März d. I. der Schußtruppe zugetheilt.

Deutscher Reichstag. 53. Sigzung vom 6. März 1896, 1 Uhr.

Tagesordnung: Zweite Berathung des Gesehentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der, gestrigen Nummer d. Bl. berichtet. 3

Zu der Debatte über Art. 1 dés Geseßentwurfs tragen wir die in Erwiderung auf die Ausführungen des Abg. Pr. Kruse (nl.) zu dem Antrag von Holleuffer von dem Staals- sekretär des Jnnern gehaltene Rede im Wortlaut nach.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Was der Herr Abg. Kruse gesagt hat, ist gewiß ganz richtig. Der Auédruck „Belästigung“ weist auf ein fubjektives Moment hin; was der Eine als Belästigung empfindet, empfindet der Andere nicht als Belästigung; er fkann es sogar unter Umständen als Wohlthat ansehen. Das kommt auf den Ge- \{mack an. Aber für so ganz unberecktigt kann ih den Antrag von Holleuffer doch nit halten, wenn ih mir vergegenwärtige, daß doch einige schr drastishe Fälle in der Praxis der Polizeibehörden vor- gekommen sind, in denen sie niht in der Lage waren, Remedur zu \{chaffen, um deswillen, weil nicht ausdrücklich cin „Nachtheil“ festgestellt werden konnte. Jch will einen von diesen Fällen anführen. Jn cinem Hause, welches zum theil von einer Privat- Krankenanstalt benußt wurde, legte der Unternehmer dieser Anstalt unter der Wohnung eines anderen privaten Miethers, der an \olhe Möglichkeit gar niht gedacht hatte, eine Todtenkammer an, und daß das für den

Bewohner dieser Wohnung bezw. für alle Bewohner des Hauses eine Unannehmlichkeit war, wird mir der Herr Abgeordnete zugeben, und wenn der Inhaber dieser Privatwohnung das als eine Belästigung empfunden hat, und zwar als eine solhe Belästigung, gegen die er füglicherweise geshüßt werden wollte, so wird mir der Herr Vorredner darin Recht geben, daß ihm das nicht weiter zu verdenken ift. Nun kommt es bei der Beurtheilung dieser Frage, ob der Antrag von Holleuffer sich zur Annahme eignet, ganz darauf an, auf welchen Standpunkt man {ich stellt. Nimmt man in erster Linie das Interesse der Krankenanstalten wahr, so wird man dazu übergehen müssen, diesen Krankenanstalten möglichste Freiheit der Bewegung zu verschaffen; legt man mehr Werth auf das Interesse des Publikums und auf die Empfindungen, die in dem an den Krankenanstalten zunächst un- betheiligten Publikum entstehen können, dann wird man sagen, der Herr Abg. von Holleuffer hat ganz Recht, wenn er einen erweiterten Schuß dieser Empfindungen anstrebt. Die Regierungen haben diesmal in die Vorlage das Wort „Belästigungen" nicht auf- genommen; aber in der vorigen Vorlage hat es gestanden, und, wie gesagt, wenn die Mitglieder des Hauses in der Mehrzahl der Meinung sind, daß die Empfindungen des Publikums einen größeren Schuß erfordern, und daß man wohl thut, einen folchen herzustellen, so werden die Regierungen daraus, das kann ich nur wiederholen, keinen Grund zur Ablehnung des Geseßes herleiten, sofern es nur in seinen übrigen Paragraphen auch gut ist. (Heiterkeit.)

Artikel 2 betrifft die Shauspielunternehmer (8832).

Nach der Vorlage soll die ertheilte Erlaubniß nur gelten „für das bei Ertheilung der Erlaubniß bezeichnete Unternehmen: zum Betrieb eines anderen oder eines veränderten Unter- nehmens bedürfe es einer neuen Erlaubniß“.

ñ Pad Bestimmung will der Abg. von Wolszlegier reichen.

Ferner soll nah der Vorlage die Genehmigung verjagt werden können, „wenn der Nachsuchende den Besiß der zu dem Unternehmen nöthigen Mittel niht nahzuweisen vermag“.

Abg. v. Wolszlegier (Pole) empfiehlt seinen Antrag, weil die Vorlage sehr leiht dahin ausgelegt werden könne, daß eine Truppe, die im Winter an einer Stelle spielt, im Sommer àber umherzieht, immer als neues Unternehmen von der Ortspolizeibehörde betrachtet werde eine solche Truppe könne aber niht immer auf die Erlaubniß warten.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Ich glaube nicht, daß der Herr Vorredner zwingende Gründe dafür beigebracht hat, eine Ablehnung diefes Artikels oder vielmehr des zweiten und dritten Satzes des ersten Absaßes des Artikels zu rechtfertigen. Die Vorschriften, die in diesem Artikel enthalten sind, haben auch die Zustimmung der vorjährigen Kommission des hohen Hauses gefunden. Die Vorschrift, wonach die Genehmigung nur für ein ganz bestimmtes Schauspielunternehmen gelten foll, mit der Folge, daß, wenn das Schauspielunternehmen auf ein anderes Unternehmen ausgedehnt wird, eine neue Erlaubniß nachzusuchen ift, enthält fteineswegs, wie der Herr Vorredner anzunehmen scheint, eine Vermehrung der polizeilichen Befugniß in dem Sinne, wie er dies darstellt. Der Herr Vorredner geht von der irrigen Voraus- seßung aus, daß die Ortspolizeibehörde diejenige Behörde sei, die über die Genehmigung eines Schauspielunternehmens zu entscheiden habe. Die Frage, welhe Behörde die Erlaubniß zu ertheilen hat, richtet sich nach dem Landesreht, und ist z. B. für Preußen dahin zu beantworten, daß in den Provinzen der Bezirksauss{chuß und in Berlin der Polizei-Präsident die Erlaubniß zu ertheilen hat.

Nun hat aber auch die Vorschrift für den Unternehmer , -der die Konzession nahsucht, eigentlich gar keine Gefahr; denn derselbe kann, wenn er die erste Genehmigung nachsucht, fein Unternehmen gleichzeitig als ein solhes bezeihnen, welches nicht bloß auf eine be- stimmte Sorte von Schaustellungen oder auf Schauftellungen an einem Ort beschränkt is, sondern beispielsweise, um das Exempel, welches der Herr Vorredner angeführt hat, zu gebrauchen, dahin geht, daß im- Winter in einer Stadt oder in mehreren Städten, und im Sommer auf dem Lande gespielt werden foll. Hat er aber unter- lassen, sein Unternehmen gleich so weit zu fassen, so sehe ich nicht ab, weshalb man, nachdem das eine Unternehmen, und zwar auf Grund einer von der dazu berufenen Behörde vorgenommenen Prüfung, als ein unbedenklihes angesehen worden ist, davon Abstand nehmen sollte, ihm nun auch ein weiteres Unternehmen zu konzessionieren, insofern nur die Voraussetzungen, die der Geseßgeber in Alinea 2 des Artikels vorsieht, vorliegen, unter anderem auch die, daß dem Unter- nehmer die nöthigen Mittel für den Betrieb dieses zweiten Unter- nehmens, zur Verfügung stehen.

Daß aber der Gesetzgeber dazu übergehen will, die Prüfung au auf das Vorhandensein der erforderlichen Mittel auszudehnen nun, meine Herren, das, glaube ih, kann im Hinblick auf die Entwickelung, die der Gewerbebetrieb der Schauspielunternehmer zum theil genommen hat, nicht füglih als unzweckmäßig bezeichnet werden. Wer das Elend gesehen hat, was dur verkrahte Schauspielunternehmungen in den be- theiligten Kreisen hervorgerufen wird, und zwar nicht bloß in den Kreisen der Akteure und Aktricen , sondern auch in den Kreisen des Publikums, welhes dem verkrahten Schauspielunternehmer Kredit gegeben hat, kann cs nur als sehr nüßlih ansehen, wenn jeßt durch Gesetz in dieser Beziehung eine Schranke gezogen wird. Und, meine Herren, weshalb stellen Sie sich denn niht auch hier auf den Standpunkt, daß das Interesse eines Unternehmers, der doch, wenn er die erforderlihen Mittel nicht besißt, mindestens ein sehr fragwürdiger Unternehmer ist, niht höher gestellt werden darf als das Interesse des ehrsamen Handwerkers und das Interesse des ehrsamen Schauspielers, der um sein Brot kommt, weil der Unternehmer niht in der Lage is}, feinen Ver- pflihtungen ihm gegenüber gerecht zu werden! Jch halte die in Nede stehende Vorschrift der Vorlage für eine so weise, daß ih garnicht daran zweifle, daß das Haus ihr zustimmen wird.

Abg. Richter (fr. Vp.): Ich stimme dem Antragsteller voll“ ständig zu. Diese Novelle zur Gewerbeordnung ist ein Bündel der verschiedensten Bestimmungen für die verschiedensten Erwerbszweige- Fn der Kommission haben sich die verschiedenen Interessen zusammen- gefunden und gerade bezüglich dieses Vorschlags ist die Begründung eine sehr mangelhafte gewesen. Die Verhandlung hat darunter ge- litten, daß von fozialdemokratisher Seite die Stellung der Schau- ipieler überhaupt hiermit in Verbindung gebraht wird, die do auf einer ganz anderen Seite steht. Gerade für die kleinen Provinzbühnen wird die Vorschrift höht bedenklich sein. Die Hoftheater haben sich von jeher bemüht, das ganze Theater- wesen fkonzessionspflichtig zu machen, und zwar nach Mafß- gabe des Bedürfnisses. Sie haben sch bemüht, von

! dem idealen Standpunkt aus, daß nur die vorzüglichsten Dar-

ellungen dem Publikum geboten werden sollten, für das kunst- verständige Publikum zu forgen. Aber der Kreis dieses Publikums ift ein sehr kleiner. Nach der Gewerbeerdnung von 1869 waren die Theater frei; {hon 1880 wurde eine Vershärfung eingeführt.

et soll eine weitere Beschränkung eintreten durch Nachweis des Besipes der Mittel. Jh weiß uicht, welches besondere Elend Herr von Boetticher gesehen hat; es müßte doch erst nachgewiefen werden, ob dasselbe mit den geseßglihen Bestimmungen in Verbindung steht. Die Ursache für die neue Vorschrift ist der Krach einiger Berliner Tbeater im Jahre 1892. Die E haben damals gerade die oberen Zehntausend, die Haupttheaterbesuher getroffen. Aub einige der viel besuhten Hotels haben damals gelitten. Nach welhem Maß- stabe sollen denn die nöthigen Mittel bemessen werden? Kann- die Behörde den Umfang des Lheaterbesuchs voraussehen? Denn davon hängt \{licßlich der finanzielle Erfolg ab. Wie leiht kann ein Theaterunternehmen fih wesentlih verändern; je nachdem es mehr oder weniger Anklang findet, wird die Spielzeit abgekürzt oder ver- längert u. \. w. Wenn die Ortspolizeibehörde die Entscheidung hätte, fönnte sie schneller erfolgen als jeßt, wo der Regierungs- Präsident oder gar der Bezirksausfchuß entscheidet, wel leßterer nur alle paar Monate sitzt. fai 2B werden folche Dinge von einem Sekretär bearbeitet, und davon soll nun das Wohl und Wehe des Theaterunternehmens und der Angestellten abhängen. Gerade diese Bestimmung wird mehr Bankerotte herbeiführen. Schließ- li werden sich solide Theaterunternehmer garniht mehr finden.

Abg. Reißhaus (Soz.): Die vorgeschlagene Vorschrift wird das Elend der Angestellten nicht beseitigen, dazu gehören ganz andere Dinge. Redner weist auf die neueste Broschüre über die Ausbeutung der Stbauspieler und Schauspielerinnen hin, an der sich auch Herr Pollini in Hamburg, der sogar den Hofrathstitel hâtte, betheiligt habe. Der Bühnenverein wolle jeßt Erhebungen über die Frage ver- anstalten; aber Aenderungen der Bestimmungen über die Angehörigen der Bühnen seien {on seit langen Jahren von verschiedenen Seiten angeregt worden. Die Bestimmungen des bürgerlichen Gefeßbuchs über diese Frage träfen den Kern der Sache auch nicht. Besonders die Mißbräuche der Agenturen verschärften das Elend; aber die Regierung habe noh keinen Schritt gethan, uw diesem Unwesen zu steuern.

Abg. Dr. Hasse (nl.): Der Kollege Bürklin ist das einzige Mitglied des Hauses, welches aus eigener Sahkenntniß befähigt ist, über diese Frage zu sprehen. Er is dur Krankheit verhindert, zu erscheinen, und hat mich gebeten, zu erklären, daß er sich für die dritte Lesung seine Stellungnahme vorbehält.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Der Herr Abg. Reißhaus is auf die ungünstigen Verhältnisse zurückgekommen, welhe sich aus dem Geschäftsbetrieb der Theater- agenten ergeben haben, und er hat es der Regierung zum Vorwurf gemacht, daß sie in diefer Richtung noch keine Schritte gethan habe, um die Ausbeutung der Schauspieler und Schauspielerinnen durch die Theateragenten hintanzuhalten. Dieser Vorwurf ist unbegründet.

Bereits im Jahre 1893 habe ich Veranlassung genommen, folgendes Rundschreiben, welches ih verlesen werde, an die verbündeten Regierungèn zu richten :

Ueber den Geschäftsbetrieb der Theateragenten sind lebhafte Klagen laut geworden, welhe nah den in Preußen angestellten Er- hebungen nicht unbegründet erscheinen. Á

Die Theateragenten lassen sich von den auf ihre Vermittelung ange- wiesenen Schauspielern in der Regel sehr hohe Vergütungen für die Be- schaffung der Engagements entrihten. Nach der üblichen Vertrags- form der sogenannten Reverse besteht die Vermittelungsgebühr in Prozentsäßen der während eines längeren, vielleicht überhaupt nicht begrenzten Zeitraums erwachsenden Einkünfte an Gehalt und sonstigem Honorar. Der weitgehende Einfluß der Agenten auf die Erwerbsverhältnisse des Bühnenpersonals erstreckt sich vermöge der mannigfahen Verbindungen der Agenten unter einander, sowie mit den Bühnenleitungen und der Presse vielfach auf die künstlerischen Erfolge der Schauspieler und wird weiblichen Bühnenangehörigen gegenüber auch wohl in anderer als finanzieller Hinsicht gemiß- braucht.

Eine durchgreifende Abhilfe läßt sih zwar nur von der Selbst- thätigkeit der Bühnenleiter und Bühnenangehörigen und deren Verstän- digung untereinander erwarten. Indessen werden die Verwaltungs- behörden zur Besserung der Verhältnisse beitragen können, indem fie dem unlauteren Treiben einzelner Theateragenten auf Grund des § 35 der Gewerbeordnung entgegentreten.

Es is also in diesem Rundschreiben hingewiesen auf die An- wendbarkeit des § 35 der Gewerbeordnung auf diese Verhältnisse, und in der That wird von der Anwendung dieses § 35 und der darin gegebenen Befugniß, den Geschäftsbetrieb solchen Agenten, welche sih als unzuverlässig erwiesen haben, zu untersagen, eine Verbesserung der Verbältnisse erwartet werden dürfen.

Wenn der Herr Vorredner uns zum Vorwurf gemacht hat, daß wir bei der gegenwärtigen Vorlage niht den Anregungen gefolgt sind, die er selber in der vorjährigen Kommission gegeben hat, so bitte ich ihn ih glaube, er is {on in der Kommission darauf hingewiesen worden, doch daran zu denken, daß diefe Vorschläge zum größten Theile ih glaube sogar alle privatrechlicher Natur waren und deshalb keine Stellung in der Gewerbeordnung finden können. Die Frage, ob man auf diesem Gebiete dur privatrechtlihe Vorschriften cingreifen und bessern kann, von neuem zu erörtern, bin ih gern beréit ; jedenfalls darf aber diese Frage nit hier zum Aus- trag gebraht werden, wo es sih lediglih darum handelt, die Gewerbe- ordnung zu korrigieren.

Nun koinme ich noch mit einigen Worten auf den Gegenstand des Streits zurück, der uns hier beschäftigt. Der Herr Vorredner beklagt es, daß die Verhältnisse der Bühnenangehörigen gegenüber den Agenten und den Bühnenleitern so überaus traurige find, er hat aber die An- sicht gewonnen, daß durch den Vorschlag der verbündeten Regierungen, wie er im Art. 2 enthalten ist, nihts gebessert wird. Ja, meine Herren, ih glaube doch nicht, daß man diese Auffassung wird aufrechterhalten

* fönnen, wenn man erwägt, daß, sobald eine Prüfung über die finanzielle

Fundierung eines solchen Theaterunternehmens vorgeschrieben ift und don dem Ausfall dieser Prüfung die Ertheilung der Genehmigung zum Theaterunternehmen abhängig gemacht wird, daraus nothroendig ein verstärkter Schuß auch für alle diejenigen erwächst, welhe mit den zu konzessionierenden Bühnenleitern in vertraglicher Beziehung stehen. Jett liegt die Sache so, daß, abgesehen von der Prüfung der finanziellen Zuverlässigkeit des Unternehmers, ein Nachweis von finanziellen Mitteln als Grundlage für das Unternehmen nicht ge- fordert wird. Infolge dessen besigen die Bühnenangehörigen keine ausreihende Gewähr oder doch nur eine schr {chwache Gewähr für die beständige und dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit des Unter- nehmens. Wenn aber die Behörde vor der Ertheilung einer Ge- nehmigung zu prüfen hat, ob das Unternehmen finanziell gut fundiert ist, so wird damit naturgemäß eine stärkere Garantie auh gegenüber den Bühnenangehörigen gegeben.

Nun hat der Herr Abg. Richter zwar gesagt: „Ja, was beißt der Nachweis von Mitteln? Diese Mittel brauchen garniht dem Konzessionar zu gehören; sie können ihm zu dem Zweck, um seinem Kon- zessionsgef uh den Erfolg zu sichern, von befreundeter Hand gelichen sein.“ A ist das möglich; aber {on die Thatsache, daß fie ihm geliehen sind, spricht für eine größere Kreditwürdigkeit des Unternehmers, als wenn er überhaupt garniht in der Lage ist, irgendwelhe Mittel aufweisen zu können. Und dann, meine Herren, sollte ih doch glauben, daß alle diejenigen, welhe den Schuß der Schwachen gegenüber Aus- beutern auf ihr Programm geschrieben haben, mit besonderer Freude aud) diesen Vérsuch begrüßen sollten, der zu dem Zweck unternommen ist, um die Bühnenangehörigen, die vertrauensvoll ihre Kräfte in den Dienst eines Unternehmens geftellt haben, möglihst sicher zu stellen gegenüber der Leistungsunfähigkeit des Unternehmers. Und wenn der Herr Abg. Richter es bemängelt hat, daß man hier über- haupt den Nachweis von Mitteln fordert, so glaube i, ist er es gerade gewesen, der der Landwirthschaft immer den Vorwurf macht, daß der gegenwärtige Nothstand wefentlih auch darauf basiere, daß der landwirthschaftlihe Betrieb mit unzureihenden Mitteln begonnen wird. Nun, meine Herren, ih antworte ihm mit seinen eigenen Argumenten. Hier ist ihm Gelegenheit gegeben, darauf hinzuwirken, daß eine Verstärkung der Betriebsmittel auf dem Gebiete des Theaterwesens eintritt, und da glaube ih nicht, daß es seinen allgemeinen wirthschaftlichen Auffassungen widerstreitet, wenn er diese Gelegenheit emphatisch ergreift, und wenn er mit uns dafür \timmt, daß der Nachweis eines finanzkräftigen Unternehmers für Theater- unternehmungen erforderlich if. (Bravo!)

_ Abg. Beckh (fr. Vp.) {ließt sich den Ausführungen des Abg. Richter vollständig an.

Abg. Reißhaus (Soz.): Es wäre zu wünschen gewesen, daß das Rundschreiben, welhes der Staatssekretär von Boetticher heute er- wähnt hat, hon vor Jahresfrist bekannt gegeben worden wäre, damit die Schauspieler gewußt hätten, daß man sich um sie kümmert.

Abg. Richter: Warum wird die Landwirthschaft hier herein- gezogen? Will der Minister etwa einen Gesegentwurf vorbereiten, wonach der Betrieb der Landwirthschaft abhängig gemaht wird von dem Nachweis der erforderlichen Mittel vor dem Bezirksaus\{huß ? Ich halte niht viel von der Sachverständigkeit der Behörden in solhen Dingen; solhe Vorschriften dienen nur dazu, das Publikum der eigenen Prüfung zu entwöhnen. Die finanzielle Zuverlässigkeit wird ja jeßt {on geprüft und kann ausgedehnt werden auf den Nachweis der finanziellen Mittel. Wenn die Mittel auch heute vorhanden sind, fo brauen fie doch morgen niht mehr vorhanden zu sein; die Schauspieler haben also gar feine Sicherheit, wenn niht die Polizei die Mittel behält und daraus die Leute be- friedigt. Daß jemand das Geld geliehen erbâlt, ist doch kein Beweis für seine Kreditwürdigkeit. Gegen den Antrag Wolszlegier hat der Staatssekretär von Boetticher nihts vorbringen können. Zur gründlichen Prüfung könnte man diefen Artikel an eine Kommission verweisen.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Der Herr Abg. Richter hat mir den Vorwurf gemacht, daß ih den Antrag des Herrn Abg. Wolszlegier niht ausführlih besprochen habe, und hat gemeint, ich sei wohl überzeugt, daß dieser Antrag fich zur Annahme eigne. Darin irrt der Herr Abg. Richter, ih habe, \o- viel ich mich erinnere, beim Beginn meiner ersten Ausführungen ausdrüdcklich darauf hingewiesen, daß der Herr Abg. Wols3zlegier seinen Antrag wesentlih damit begründet habe, daß dur die Annahme des Regierungsvorshlags die Befugnisse der Polizeibehörden in einer, wie es heine, unzulässigen Weise er- weitert würden, und ich habe demgegenüber darauf aufmerksam ge- macht, daß es sih hier gar niht um Befugnisse der lokalen Polizei- behörden, sondern um die Ausübung einer Konzessionsbefugniß von seiten des Bezirksaus\husses in Preußen und in den übrigen Ländern, soweit ih berihtet bin, der höheren Verwaltungsbehörden handelt.

Nun möclhte ich doch noch auf einen Gesichtspunkt aufmerksam machen. Wenn Sie nah der Meinung des Herrn Abg. Wolszlegier das 2. Alinea des Artikels 2 in der Fassung der Regierungêvorlage an- nehmen, fo erkennen Sie damit an, daß es \sich empfiehlt, den Besitz der zu einem Theaterunternehmen erforderlihen Mittel vor der Konzession zu prüfen, und wenn Sie das anerkennen und und diesem Gedanken im Geseze Ausdruck geben wollen, dann ist meines Erachtens ganz unausbleiblih, daß Sie eine erneute Prüfung dann für nöthig erahten, wenn das urspcünglihe Unter- nehmen, für das die Mittel nahgewiesen find, einen wesentlich ver- änderten Charakter einnimmt. Denn es ist offenbar, daß ein in ein- fachen Grenzen gehaltenes Unternehmen mit einer geringen finanziellen Unterlage sicherer betrieben werden kann als ein ausgedehnteres. Wenn also der Schauspielunternehmer dazu übergeht, seinem ersten Plan eine ganz veränderte und erweiterte Richtung zu geben, fo müssen Sie konsequenterweise, wenn Sie B gesagt haben auch A sagen, d. h. wenn Sie den Absaß 2 des Artikels 2 angenommen baben, auch dem Absatz 1 Ihre Zustimmung geben.

Abg. Dr. Förster - Neustettin (Ref.-P.) vermißt bei den Schau- spielern das Bestreben, sih zu vereinigen; sie brauhten nur von ihrem Recht der Koalitionsfreiheit Gebrauch zu machen. Die Vorlage biete cin Mittel, um den Theaterangebörigen eine gewisse Sicherheit zu \{hafen. Aber viel werde damit r niht erreicht. 4

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.) unterstüßt den Antrag Richter, den Art. 2 einer Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen, unter der Vorausseßung, daß die weiteren Verhandlungen ergeben werden, daß die Durchberathung der Vorlage im Plenum sich nicht als möglich erweisen werde. ad

Abg. Frhr. von Manteuffel (dkonf.) und Dr. Schädler (Zentr.) widersprehen dem Antrage, weil die Vorlage bereits im vorigen Sakßre in einer Kommission berathen worden }el. f

Abg. Singer (Soz.) unterstüßt den Antrag Richter; troß der vorjährigen Kommissionsberathung_ sei eine Fluth von Anträgen gestellt, niht von dieser (linken) Seite, sondern von den Freunden der Vorlage. 2 t : i

Abg. Richter: Von diesen Dingen, die heute hier verhandelt sind, ist in der vorjährigen Kommission nichts verhandelt worden.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Die Kommissionsüberweisung foll nur verhindern, daß die Vorlage jeyt zu stande kommt. Wenn über Art. 2 in der vorjährigen Kommission nicht verhandelt ift, so ist das felbstverständlih, weil er der unwichtigste der ganzen Vorlage ist. Die übrigen Anträge sind so klar und durhsihtig, daß wir nah kurzer Diskussion damit fertig werden. A n

Abg. Dr. von Bennigsen: Meine Freunde wollen die Vorlage zu stande bringen, aber bei den zahlreihen Anträgen is es nicht möglich, im Plenum zu “ati und zwar nicht bloß diesen Ar- tikel 2, sondern die ganze Vorlage. _ : :

Abo, Dr. dige. (Zentr.): Die Vorlage hat {on zwei Mal die Kommission beschäftigt, und zwar mit allen vorgelegten Anträgen.

Abg. Richter: Der Antrag auf Kommissionsüberweisung soll nicht die Vorlage zu Fall bringen, fondern nur die Möglichkeit schaffen, für den Antrag Wolszlegier eine Mehrheit zu schaffen, die im Plenum nicht zu schaffen sein wird.

Abg. Freiherr von Stumm: Ebenso gut, wie Herr Richter neulih dur Abkommandierung seiner Freunde die Beshlußunfähigkeit des Hauses gegen den Willen der Mehrheit herbeiführte, kann ih au heute von ihm annehmen, daß er die Vorlage zu Falle bringen will. '

Abg. Pachnicke (fr. Vg.) stellt fest, daß die Kommissions- berathung ein sehr beshleunigtes Tempo haben würde.

Die Abgg. Dr. Hiße und von Holleuffer (d. konf.) stellen fest, daß die zweite Lesung in der Kommission etwas beschleunigt wurde, weil die linke Seite des Hauses sih [chließlich nicht mehr an der Debatte betheiligte.

Abg. Pach nike: Man ließ uns allein reden, ohne uns zu ant- worten, und darauf konnten wir uns nicht einlassen.

Abg. Nichter: Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß, wenn eine Mehrheit des Hauses beabsichtigt, einer wihtigen Diskusfion über eine solche Vorlage, wie die Zuckersteuervorlage, ein unnatürlih frühes Ende zu bereiten , diese Mehrheit auch die Verpflichtung hatte, als Mehrheit des Hauses sih präsent zu zeigen.

Abg. Liebermann von Sonnenberg (Reform.-P.): Ich stelle fest, daß das Haus beschlußfähig war, daß von feiten der Sozialdemokraten und Freisinnigen 50 Abgeordnete, deren Ramen ih Oden habe, anwesend waren und nur vier davon abgestimmt aben.

Abg. Richter: Jch stelle fest, daß mehrere von den Herren hereingekfommen waren, um eine Vertagung, also eine fahgemäße Verhandlung zu verhindern. Diese Mehrheit hat sich als solche präfent zu zeigen, sonst kann ihr das noch öfters passieren.

Der Antrag von Bennigsen, den ganzen Rest der Vorlage an eine Kommission zu überweisen, wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Freisinnigen und Nationalliberalen ab- gelehnt, ebenso der Antrag Richter, den Art. 2 mit dem An- trag Wolszlegier an eine Kommission zu überweisen, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Freisinnigen, der meisten Nationalliberalen und Polen.

Darauf wird in der Debatte fortgefahren.

Abg. Bueb (Soz.): Daß die Schauspieler keine Organisation haben, bedauern wir, aber das kann uns nicht abhalten, Klagen derselben abzuhelfen. Die Vorschrift des Art. 2 ist besonders be- denklih für Elsaß-Lothringen, wo das Theaterwesen ganz von der Willkür der Polizei abhängig ist.

Abg. Dr. Schädler (Zentr.) weist darauf hin, daß die Klagen der Schauspieler in der Kommission hon zur Sprache gekommen seien; da sie aber an anderer Stelle behandelt werden müßten, seien die darauf bezüglihen Anträge der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen worden. __ Abg. Richter: Es handelt sih hier niht um eine wirthschaft- lihe Sicherheit für die Schauspieker, * soudern um eine polizeiliche Beschränkung der Theaterunternehmer.

_ Abg. Dr. Förster - Neustettin beantragt, statt „eines wesentli ver- änderten Unternehmens“ zu seßen: „eines wesentlich vergrößerten Unternehmens“. ,

Dieser Antrag wird abgelehnt; ebenso der Antrag der Polen in namentlicher Hos, mit 143 gegen 83 Stimmen. Für denselben stimmen die Sozialdemokraten, die Freisinnigen, die Polen und vom Zentrum der Abg. Rad- waúsfi.

Artikel 2 wird unverändert angenommen.

Artikel 3 bezieht sih auf die Schankwirth schaften, Gastwirthschaften und den Kleinhandel mit Brannt- wein oder Spiritus 33). Die Vorlage will den Landes- regierungen die Befugniß geben, anzuordnen, daß die be- stehenden Bestimmungen angewendet werden 4 die Konsum- und anderen Vereine, auh wenn deren Betrieb sich nur auf den Kreis der Mitglieder beshränkt.

Die Abgg. Gröber (Zentr.), von Holleuffer (d.kons.), Dr. Hiße (Zentr.) und Jacobsfkötter (d.kons.) wollen die Konsumvereine direkt unter diese Vorschriften stellen und nur bezüglich der anderen Vereine den Landesregierungen die ver- langte Befugniß ertheilen.

Abg. Dr. Schädler (Zentr.) will auch den Kleinhandel mit Bier unter die Vorschrift des § 33 bringen.

Der Antrag Schädler wird erst bei Art. 4 behandelt werden.

Abg. Engels (Rp.) hält die Vorschläge bezüglih der Konsum- vereine doch für bedenktlih. Soweit folhe Konsumvereine getroffen werden sollen, welche sich um eine Persönlichkeit shaaren, der die Konzession zur ¡Schankwirthfchaft versagt sei, oder soweit Konsum- vereine sich vorwiegend mit dem Branntweinhandel beschäftigten, könnte eine Einshränkung geboten fein. Da es nihcht mögli sei, durch einen Antrag die Vorschriften zu beshränken, so werde er gegen den ganzen Artikel stimmen.

Die Abgg. Dr. Hiße (Zentr.) und Jacobskötter (d. kons.) treten für den Antrag Gröber ein, der dem Unwesen der Schnaps- konfumvereine ein Ende machen folle; fie berufen sih auf die Schilde- rung der Verhältnisse in verschiedenen Bezirken.

Abg. Dr. Schneider (fr. Volksp.): Wenn es sih lediglih ur: die Unterdrückung der Schnapskonsumvereine handeln würde, fo würde niemand freundliher der Vorlage zustimmen als ih. Das Unwesen dieser Schnapskonsumvereine zeigt sh nur in einzelnen Landestheilen, namentlih in Oberschlesien; in anderen Bezirken haben die Konsum- vereine großen Segen gestiftet, namentlich durch die Beschaffung billiger Lebensmittel. :

Darauf wird um 5 Uhr die weitere Berathung bis Sonn- abend 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 36. Sißung vom 6. März 1896.

Ueber den Beginn der Sitzung is gestern berichtet worden. _ /

Das Haus sett die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten bei dem Kapitel „Uni- versitäten“ fort.

Abg. Dr. Virhow (fr. Volksp.): Das deutshe Volk hat nie die Offenbarung der göttlihen Wahrheit einfa anerkannt, sondern si die Kritik vorbehalten. Herr Stöcker und seine Richtung können ih nicht als aus\chließlihe Vertreter der göttlichen Wahrheit ansehen. Betrachtet Herr Stöcker das Apostolikum als göttliche Wahrheit ? Hochachtbare Männer sind ni{t dieser Ansicht; es muß Gewissens- freiheit darin herrshen. Daß die Religion auch oÿne Synoden bestehen kann, wird Herr Stöcker doch nit leugnen. Der Staat und die Gemeinden haben keine Veranlassung, sih die Ruthe der Synoden aufzubinden. Die Synoden beanspruhen nur Geld und drücken auf die Gewissensfreiheit. Es hat Zeiten gegeben, wo Wissenschaft und Kirche in scharfem Konflikt gestanden haben. Der alte Himmel der Juden, der si in den Anschauungen der modernen Kirchen fort- setzt, ist allerdings in unseren heutigen Zuständen niht vorhanden. Seitdem feststeht, daß die Erde sih dreht, ist der Himmel bald oben, bald unten. Herr Stöcker sieht den Himmel noch als die grüne Wiese an. (Vize-Präsident Freiherr von Heereman bittet, diejenigen, welche eine andere Ueberzeugung haben, niht in solcher are enden SSle anzugreifen.) Jch habe nichts Verleßendes gesagt. Ich kann nicht dafür, wenn die Herren noch auf solhem Standpunkt stehen. (Rufe rechts: Gott fei Dank!) Im öffentlichen Leber muß man sich diese falshe Nervosität abgewöhnen, da brauht man ein hartes Herz und einen harten Kopf. Wir können uns die kritische

Forschung über das, was göttlihe Wahrheit ist, niht beschränken