1918 / 299 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Dec 1918 18:00:01 GMT) scan diff

Rumänieu.

_ Nag einer von „Reuter“ verbreiteten Bukarester Meldung ifi Bratianu mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt worden, in der er das Portefeuille für Aus wärtiges erhält und in die auch Take Jonescu ein-

treten wird. Finuland.

Zur Wahrung der Juteressen Finnlands auf der Friedenskonfereoz find ei Mel 3 „Wolfs eFriedenskonferenz find nah einer Meldung des „Wolffschen zZelegraphenbüros“ Professor Yrjs Hirn und Dr. Adolf Törngren ausersehen.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Am Dienstag stellten in Berlin, wie der „Vorwärts“ mit- teilt, die Drucker der Firmen Scherl, Ullstein und Mofse die Forderung, - ibren Wochenlohn, der zurzeit einsGließlih der Teuerungäzulagen 79 „46 beträgt, auf 120 #6 zu erhöhen. Die Ge- \chastsvertreter der drei Firmen erklärten nab längerer Verbandlung, fie könnten nur - eine vorläufige wöchentlihe Zulage von 15 4 be- willigen. Da eine Verständigung nicht glei zustande kam, sind in- folgedessen die Zeitungen der drei Betriebe gestern nit erschienen.

Die Einigung8verbandlungen im Deuts@en Opernhaus haden, dem „Berl. Lok.-Anz.* zufolge, bis gestern 1 einem Ergebnis noch nicht geführt. Die einzelnen Gruppen des ‘Perfonals8 werden nun gesondert nody einmal beraten, ob und wieviel ste pon ibren Forderungen abstrei&ßen welien, und andererseits werden der Aufsichtsrat und der Magistrat von Charlottenburg sehen, wie weit dem Personal entgegengefemmen werden tann, obne das Bestehen des Deutschen Opernhauses zu gefährden. Die abendlihen Vor- itellungen finden troßdem täglich statt.

Sämllide BrauereiböttGer Berlins find na dem „Vor- wärts" am 17. d. M. wegen erhöhter Lohnforderungen in den Aus- tand getreten.

Zur Lage fn den Koblenrevieren teilt der „Vorwärts“ folgendes mit: ‘In Oberschlesien find am Dienstag 5414 Koblen- wägen gesielt, gestern morgen 5157 Eisenbahnwagen angefordert rootden (gegen normal 12006 während des Krieges). Im rhetnisch-westfälischen Bergbaurevier sind am Dienstag 14 598 Gisenbahnwagen verladen worden (gegen noimal 25 000 im Kriege). Die Verladung ist damit gegenúöber der Leistung in den leßten Tagen wieder zurückgegangen. Die Ausstandsbewegung hat weiter um fich gegriffen, die Unzahl der Ausständigen hat sich auf 24 142 gegen 17 259 ‘am Tage vorber erböht. Am Mittroodmorgen fuhren dagegen mehrere Tausend Mana mehr als am Dienstag an. ¿Die Bewegung hat auf den Bottroper Bezirk übergegriffen.

Literatur.

Ada Schnee: Meine Erlebnisse während der Mle zeb in Deuls@ Ditasrtta (Geh 46 240 geb. é 3,20. Verlag von Quelle u. Mever in Leipzig.) Wenn es auch wehwmütig berührt, jeßt über das zu lesen, was Deutsche in Ostafrika leisteten und erduldeten, so können die Schilderungen, die uns bier von der {prau des Gouverneurs geboten werden, doch au dazu bei- tragen, den Glauben an Deut\chlands Zukunft zu stärken und die Freude über die Tapferkeit und Ausdauer, über den E1findergeist und die Hilfsbereitschaft, die dort zutage traten, neu zu beleben. Auch. wird das Verhältnis der Weißen zu ihren s{chwarzen Dienern, wie es bier exfahren und beobahtet woiden ift, von besonderem Interesse sein. Die Aufzeihnungen sind in klarem, sablihem Stil gebalten und von guten Bildern und Kartenskizzen belebt.

=— Karl Gjellerup: Seit ich zuerst sie sah. (Geb. 7M, Berlag von Quelle u. Mever in Leipzig, 1918.) Vorliegendes Buch gehört zu den âlteren Werfen Gjellerups, das nun in neuem Gewand und bester deutscher Ucberiezung au bei uns erscheint. (8 spielt in den 70er Jahren und bringt eine rübnende Liebecsgeschihhte, in der Ichform erzählt, in der sich Selbsterleb!‘cs vnd Erdichtetes vershmelzen. Bei aller Gemütötiefe fehlt es dem Buch nicht an jrihem Humor; es enthält reizvclle lan»schaftlide Bilder und feine psychologische Zeihnungen. Dresden und seine entzückende, dem Herzen ti) einshmeihelnde Umgebung b lden vorwiegend den Hintergrund zu allem (Beschehen, das „eine alte Geschichte ist, die do ewig neu bleibt“.

„Das Weltall“, Verlag der Treptow-Sternwarte, Berlin- Zreptow (Bezugspreis vierteljährlith 3 H). Heft 3/4 bringt an Originalauf ägen „Bedeutung und Leistung astronomischer Pendel- uhren“ von Dr. Hans Kienle, „Lagrange in Berlin“ (Schluß) von Dr. W. Ahrens, „Der gestirnte Himmel im Monat Dezember 1918“ ron dem Herautgeber Dr. F. S. Archenhold. Weiter macht uns cine Tleine PVeitteilung damit bekannt, daß Helliakeits\{chwankungen beim Uranus mit der spektroikopish ermittelten Umdrehungszeit des Planeten zufsammenfallen, und eine andere berichtet über eine Lösung der Frage über das „Entstehen der Eisheiligen", die die Ursache der „Westrengen Herrn“ auf die Verdunstungtätälte der eben erwachten Begetation zurückführt.

Verïiehrêswefsen.

Beim Einkauf von Wertzeichen gegen Scheck oder Ueberweisung durfte eine Postanfialt bisher Wertzeichen im Betrage bis 50 schon vor der Butschrift des Schecks usw. verabfolgen, menn der Käufer von seiner Bestellpostanstalt einen besonderen Ausweis erhalten hat, der bei jedem Ein- fauf am Schalter vorzulegen ifi. Zur weiteren Förderung des bargeld!oîen Verkehrs hat die Reichspostverwaltung ange- ordnet, daß künftig Wertzeichen bis zum Gefamtbetrage von 100 A6 vor der Guischrift des Schecks usw. au3gehändigt werden können.

Auch dürfen fortan Nahnahmebeträge durh Scheck oder lleberweisung beglihen werden, wenn der Empfänger solwer Sendungen von seiner Bestellpostanstalt auf schriftlichen Untrag einen Ausweis ehalten hat, der bei der Einlösung von Nachnahmesendungen dem Schaiterbeamten oder dem Besteller jedesmal mitvorzulegen ist. Auf diese Art können von einem Empfänger 2u gleiher Zeit Sendungen bis zu einem Gesamtnachnahmebetrage von 500 6 eingelöst werden, ohve daß die Gutschrift des Schels usw. abgewartet zu werden braut. Jn Orten, wo Briefsendungen und Pakete von ver- schiedenen Beftellpostanstalten ausgehändigt werden, find die Anirüäge auf Zulassung zu dem Verfahren an die Postanstalt zu richten, in deren Briefbestellbezirk der Empfänger wohnt oder sein Geschäft hat.

Die für die Weihnachtszeit bis 22. Dezember einschlicßlid angeordnete Sperre des Versandes von Paketen und Päcklhen an veutsche Gefangene im Ausland ist mit sofortiger Wirkung für die Richtung nah England und darüber hinaus aufgehoben worden. WSecfangenenpatete und Päckchen nad England und darüber hinaus werden demnach bei allen Postanstalten \chon jeßt wieder an- genommen.

Drama D d

Im Po figebiei Ob. Oft (Baltische Lande und Litauen) sind die folgenden deutschen Post- und Telegraphenanstalten geschlossen worden : « 5

a. in Gstland und Nordlivland einschl. der Inselu

Desel, Dagoe und Moon: Baltischport, Dorpat, Fellin, Hapsfal, Petschorv, Neval, Weißenstein, Werro und sowie die Feldpostanstalt in Arensburg (Desel);

D in Kurland:

Unnenburg ;

c. in Litauén: S Dombrowo, Knyszyn, Siemiatycze und Swislocz, |owie die Feldvostanstalten in Bialowies, Bielsk, Brzo]towica, Wielka, Rakischki und Sokolta.

In Südlitauen ist außerdem der Postverkehr nach dem flachen

Lande an vielea Orten unterbrochen. -

Weitere Schließungen stehen bevor. Es find gewöhnliche und einges{riebene Briefsendungen nah den genannten Orten nur _no) auf Gefadr des Absenders, Postanweisungen und Telegramme über- haupt niht mehr anzunehmen. : E

Nach den unter a, d und e nit genannten Postorten des Post- gebiets Db. Ost dürfen zwar bis auf weiteres Postanweisungen und Telegramme sowte nah Bialystok, Grodno, Kowno, Libau, Mitau, Figa und Wilna auch Büchervatete noch angenommen werden, jedoch nur auf Gefahr des Absenders. Der Priva1postverkehr mit den zwischen dem Postgebiet Ob. Ost (Baltische Lande und Litauen) und der russischen Sowijet-Nevublik liegenden Gebieten des Ostens sowie mit dem Etappengebiet Bug ist eingestellt.

Narwa, Pernau, Wesenberg,

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs®- wmasregeln,

In der gesirigen Versammlung der mer als 3000 MViit- glieder umfassenden ärztlihen Vereine Groß Berlins wurde laut ,W. T. B.“ eine Erklärung angenommen, in der és heißt, daß die Ausführungen erster Kapazitäten, wie der Professoren Rubner, Kraus, Gzerny, Geheimrat Dr. Hamel, Stadtmedizinalrat Weber und Professor L. Kuttner, die Erfabrungen der praktichen Aerzte über die zunehmende Vershlechterung unserer Ernäh- rungöverhältnisse bestätigen. Unter dem Hinweis darauf, daß unsere Naÿcungsmittelvorräte binnen kurzem | erschöpft fein werden, daß die Volksgesundheit während der 4} jährtgen Blockade Deutichlands {wer beeinträchtigt worden ist und die Sterblich- Let Um ein Dtitel, bet dern ¡wien 1 und 15 Jahren um die Hälste und bei Tuberkulose in den Städten sogar um das Doppelte zugenommen hat, daß ferner die mit der Erfüllung der Waftenstillstandsbedingungen weiter bevorstehenden Ginbußen unserer Ernährung eine allgemeine Hungersnot in kurzer Zeit heraufbes@wören werden, wird an die MNegierung die dringende Forderung gerichtet, mit allen Mitteln die ordnungsmäßige Er- fassung und Vertiilung der in Deutschland vorhandenen Lebens- mittel durchzuführen. Es wird die Hoffnung ausgesprochen, daß die feindlichen Regterungen ibren in leßter Stunde bekundeten Willen, betreffend Zufubx von Lebensmiiteln nah Deutschland, rechtzeitig und ausreichend erfüslen werden. Es beißt zum Schluß: Wir bitten nit um Gnade, wir wenden uns an das Gewissen derjenigen Männer der feindlichen Völter, in deren Brust die Stimme der Menschlichkeit und das Bewußtsein der Verantwortung vor dem Urteil der Geschichte niht erstickt ist.

Nachweisung über den Stand von Viehseuchen

in Deutsch-Österreih am 4. Dezember 1918. (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)

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a e Die periodishe Nachweisung über den Stand von Vicehseuchen ift für Ungarn „seit dem 23. Juli und für Kroatien-Slavonien feit dem 17. Juli: in der bisherigen Ausfertigung ungarisch-deutsch nit eingegangen, ebenso fehlen die Angaben für die übrigen öfter- reiwischen Länder.

: Zusammen Gemetnden (Gehöfte) : Uo S O) „Maul- und Klauenseuche 242 (2371), S{hreeinepest (Schweinesruche) 57 (198), Rotlaut der Schweine 23 (41). Lungenscuche des HNindviebs, Pockenseuhe der Schafe und Beschäl- seu@e der Zuchtpferde sind niht aufgetreten.

Theater und Musik,

Im Opernhause wird morgen, Freitag, als 2. Tag im „Ring des Nibelungen“ „Siegfried“ mit den Damen Wildbrunn, «elner, Dur und den Herren Kinhhoff, Bohnen, Henke, Habi und Stock in den Hauptrollen gegeben. Musikalischer Leiter ist der Generalmusifdirettor Leo Blech. Anfang 6 Uhr.

Im Schauspielhause wird morgen „Othello“ mit den Damen Schön, Straub und den Herren Becker, Ghrle, Kraußneck, Keppler, von Ledebur, Leffler, Veépermann und de Vogt in den Hauptrollen aufgeführt. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. An- fang 6# Uhr.

__ Im Lessingtheater ist die Erstaufführung von Björnsons «Aontg“ auf Anfang Januar festgeseßt worden. Ende Januar geht (Serhart Hauptmanns „Roter Hahn" in Sjzene, daran ans(bließkend folgen Heinri Vianns „Brabah" und Julius Meier-Gräfes Komödie „einrich der Beglücker".

._ Im Theater in der Königgräger Straße wird gegen: wärtig (Farl Röôßlers neues Lustspiel „Gselei" vorbereitet. Die Grst- aufführung ist für Ende dieses Monats geplant.

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Mannigfaltiges.

Fn der Treptower Sternwarte finden in den nÿ{hsten ut folgende Vorträge statt : Sonnabend, Nachmittags 5 ubr, und Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Drei Weihnahtsmärchen (Filme): Sonntag, Nachmittags 5 Uhr: „An den Ufern des Rheins" (Filme), Abends 7 Uhr: „Curopäische und exotische Jagden (Filme); 1. Weih nachtsfeiertag, Nachmittags 3 Uhr. „Reise zum Südpol und ein Buk ins Weltall“ (Filme), 5 Uhr: Drei Weihnachtsmärchen (Filme), Abends 7 Uhr: „Aus fernen Landen“ (Filme); 2. Weihnahtsfeiertag, Nachmittags 3 Ühr: Drei Weibnachtsmärchen (Filme), 5 Uhr: „Das bayerishe Hochland und die Königs|ch1öfser (Filme), Abends 7 Uhr: „Neise zum Südpol und ein Blik ins Weltall“ (Filme).

Görliß, 18. Dezember. (W. T. B.) Wie uns von zu ständiger Seite mitgeteilt wird, wurde die am vergangenen Sonn abend infolge anarchistisher Umtriebe über das hiesige Griechen- lager verhängte Sperre am gestrigen Diens1ag, Nachmittags 5 Uhr, wieder aufgehoben, nachdem der frühere Oberst Karakalos das Kommando wieder übernommen hat und für Ruhe und Yrdnung Sorge tragen will. In lepter Zeit fand, wie ferner mitgeteilt wird, eine Massenflucht der hiesigen Griehen aus dem Lager statt. Diete Flucht nahm nah Aushebung der Sperre gestern einen besonders großen Umfang au. Getrieben von Heimweh t ömen die griechishen Soldaten in größeren Trupps ohne Waffen, mit ihren Habseligkeiten beladen, auf der Landstraße nah Seidenberg der deutsh-österreichishen Grenze zu, um dann mit der Eisenbahn schneller in ihre Heimat zu gelangen, als es na den Plänen der Entente mögli wäre. Bisher haben auf diese Weise von den 4000 hier befindlichen Griechen über 2000 das Lager verlassen.

Csôln, 18. Dezember. (W. T. B.) Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Solingen: Die britische Besagung hat die Ein- ziehung der roten Fahnen und die Einführung der englisgen Zeit angeordnet. S

M ül bhe im (Baden), 18. Dezember. (W. T. B.) Jui Lause des gestrigen Nachmi1itags kamen über die Rheinbrüce bei Neuenburg etwa 50 Familien, insgesamt etwa 200 Köpfe, aus den Elsaß an. Es handelte ih um Beamte und Altdeutfdie aus Mülhausen im Elsaß, die ihre Wohnorte verlassen mußten. Auf dem Äbtransport wurden sie von Leuten aus der Zil. bevölterung verhöhnt und mit Steinen beworfen. Die Behandlung unterwegs war die denkbar schlechteste. Weitere Tranêporte vou Ausgerotesenen sollen foigen.

Hamburg, 18. Dezember. (W. T. B.) Heute fand hier eine Dant- und Ehvrenfseier für das Weservetnsänteries regiment 76 start. Nachdem sih das Regiment auf dein Hach mannplayg versammelt hatte, wurde es von dem Arbeiter- upd So1datenrat und dem Oberbürgermeister im Namen des Senats und der Bürgerschaft begrüßt worauf der Major Dziobek als Kom mandeur des Regiments, sür die herzliche Aufnahme in der Heimat dankte. Hierauf trat das Regiment in Stärke von 26090 Mann den- Nückweg zur Kaserne tur die festlih ges{müdten Hauptstraßen an.

(Fortsegung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Theater.

Opernhaus. (Unter den Linden.) Freitag: 278. Dauer bezugêvorstellung. Dienst- und Freipläße sind aufgehoben. Der Ning des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Zweiter Tag: Siegfried in drei Akten von Nichard Wagner. Musi- falishe Leitung : Generalmusfikfdirektor Leo Bleh. Spielleitung : Her- mann Bachmann. Anfang 6 Uhr.

Schauspielhaus. (Am (Vendarmenmarkt.) Freitag : 283. Dauer- bezugêvorstelung. Dienst und Freiplätze sind aufgehoben. Othello, der Mohr von Venedig. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Shakespeare. Spielleitung: Dr. Meinhard Bruck. Anfang 64 Uhr.

Sonnabend : Opernhaus. 233. Kartenreservesag. Der Dauer bezug, die ständig vorbehaltenen fowie die Dienst- und Freiplägße sind aufgehoben. Der Troubadour. Oper in vier Aften von Giuseppe Verdi. LTert nach dem FJtalienischen des Salvatore Camerano. Änfang 75 Uhr.

Schauspielhaus. 284. Dauerbezugsvorstellung. QDienst- und ¿rreipläßge sind aufgehoben Egmout. Trauerspiel in flin| Aufzügen von Goethe. Musik von Beethoven, Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 64 Uhr.

Familiennachrichten.

Am 15. ds. Mts. verstarb nah einer über ein as Vierteljahrhundert ausgedehnten gemeinsamen Tätig- #8 keit unser getreuer Kollege und bewährter Freund Herr

Hartwig Bötel.

En In aufrichtiger Trauer widmen wir dem ver- storbenen edlen Manne ein ehrenvolles Gedenken. Hamburg, den 17. Dezember 1918. [56787

D013 « Der Aufsichtsrat und der Vorstand der ] China Export-, Zmport- u. Bauk-Compagnie.

T S A

Verlobt: Frl. Anna Freiin von Staelderg mit Hrn. Leutnan! d. Nes. Siegfried von Storch (Kaltenbrunn, Estiand Schwerin i. M.). :

Gestorben: Hr. Albert von Rheinbaben, Senloratöherr an! Stübendorf (Wiltschau).

Verantwortlicher Shriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburd- Berantworitlih für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Mengering in Berlin,

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruferei und Verlagsanstald, “4 Berlin, Wilhelmstraße 32. -

Sêècchs Beilagen (einschließlid Börsenbeilage)

sowie die Jnhaltäangabe Nr. 50 zu Nr. 5 des öffeutlichen Auzeigers.

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j zum Deutschen Neichsanzei

Nichkamfliczes;

Kougref; der Delegierten der Arbeiter- und Soldatenräáte Deutschlands,

3, Sihung vom Mittwoch, dem 18. Dezember 1918.

Der Vorsigende Leinert erbffnet die Si ung na 9, Uhr. Er ersucht olle im Sizungssaale A auf a Bänken der früheren Negierung Anwesenden, die sih nicht als Delegierie ausweisen können, ihre Pläße zua räumen, erflärt Beifallsbezeigungen und Zwischenrufe von den Zuhsrertribünen für unzulässig Und ermahnt die Delegierten, bei der Erledigung der Verhandlungen die größte Ruhe zu bewahren.

Vor Eintritt in die Tagesordnung wird die geslern vom Porsißenden beantragte Ergänzung der Geschäftsordnung, bes jreffend Wortmeldungea und Nedeordnung, fast einstimmig an- genommen.

Hierauf wendet fch der Kongreß zu den auf Grund der estrigen Beschlußfassung heute den ersten Gegenstand der agesordnung bildenden Anträgen der Berliner Sol-

datenräte. Diese protestieren gegen die Entfernung der Pollsmarinedivision aus Berlin und verlangen die sofortige Annahme von Dringlichkeitsanträgen zum Zwette der Schaffung eines Obersten Soldatenrates, des Verbots aller Rangabzeichen, der Entwaffnung sämtlicher Offiziere

Soldatenrat Lampel -Hamburg: Wir Soldaten protestieren jU- nädhst dagegen, daß die Regelung unterer militärisben Angelegen- heiten dazu ausgenußt wird, die deutschen sozialistischen Parteien gegeneinander zu hegen. (Beifall.) Dieselben Forderungen, die geitern die Ver!reter der Berliner Truppen bier vorbrachten, haben wir {on in Hamburg durchgeseßt, allerdings mit Cinshränkungen, die dringend notwendig sind. Es muß ein Üntershied gemaht werden zwischen d'm 18 jährigen SYnösel-Leutnant und dem gründlich vorgebi!deten YVerwalkungboifizier, der für die Demobilisation nicht zu entbehren isi, Die endgüitigen Ausführungsbestimmungen müssen von der Regierung im Ein ‘ernehmen mit den Soldatenä'en festgeseßt werden. Ih beantrage die Annabme der Forderungen in folgender Form:

1) Die Kommandogewalt über Heer und Marine üben die Volks- beauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrats aus.

2) Als Symbol der Verbrüderung des Mil tarismus und der Abschaffung des Kadavergeborsams wird die En1fernung aller Nang- A und ein Verbot des außerdienstlichen Waffent1ragens an- geordnet.

3) Für die Zuverlässigkeit der KTrupventeile und Aufrecht- ecboltung der Disziplin sind die Soldatenräte verantwortlich. Der N der A.- und S.-Nâte ist der Ueberzeugung, daß die Truppen den selbstaewählten Soidatenräten und Vorgeseßten im Dienste sich g! Durchführung der Ziele der Revolution unterordnen werden.

orgelegte außer Dienst givt es nit mebr.

4) Die Entfernung der bisherigen Achselstücke, Untero!fiziertressen ge. ist ausshließlich Sache der Soldatenräte und nicht einzelner ersonen,

ó) Die Soldaten wäh!en ihre Führer selbst. Frühere Offiztere, dle das Vertrauen der Mehrheit ibrer Truppen genießen, können wiedergewählt werden.

6) Offiziere der militärisGen Verwaltungtbebörden und Veamte iz Na find im Interesse der Demobilisation în thren Stellungen zu belassen, wenn sie erkiären, nih!6 gegen die Revolution zu unternehmen.

7) Die Abschaffung des bestehenden Heeres und die Errichtung der Volkswehr sind zu beschleunigen.

8) Die vorstehenden Säge sind Richtlinien. Die endgültigen Ausiührungsbestimmungen werden von den 6 Volksbeauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrats und im Einvernehmen mit den Soldatenräten von Heer und Marine festgeseßt. (Beifall.)

T o ft - Berlin (U. Soz.): Die gestrige Demonstration hat ihre Ursache ¡zweifellos in irreführenden Maßnahmen der Stadtkomman- dantur. Der 53 er Aus\{uß ist von der esamten Marine gebildet worden (Widerspruch), um die Demobilisation im Einvernehmen mit der Marineverwaltung und den beiden Staa1ssekretären durchzuführen. Dem Antrag stimmen wohl alle Soldaten zu, und auh die Front- bertreter werden bei ihren Wählern dabei niht auf Wide! spruch toßen, (Vereinzelter Widerspruch.) Es sollen nur die Offiziere ver- winden, die das Vertrauen der Truppen nicht genießen. Wenn die orderungen nit angenommen werden, dann werden die Kameraden ¿ur Selbsthilfe \{hreiten. und das bedeutet niht nur Anarchie, sondern unter Umständen auc) Blutvergießen. (Beitall.) /

Sahm -Osttront: Bei dem gestrigen E1scbeinen der Deputation handelte es sich vur um eine politisGe Demonstration. (DAnde- Uatschen.) Wir müssen uns unsere Entscheidung wahren. Man will uns aber, unter Umitänden mit Maschinengewehren, zwingen, etwas zu beschließen. (Unruhe.) Was die Berliner Kameraden wollen, aben wir an der Front {on längst. (Widerspruh.) Wean wir uns allerdings erst an den Rat der Volksbeauftragten gewendet

tten, wären wir noch nicht fo weit. Bei uns kann kein Befehl aus- gegeben werden, der niht von den Soldatemäten geprüft ist. Die Verliner stellen sich ein Armutszeugnis aus, wenn sie ihre Forde- ¿ungen mit Hilfe anderer durchbringen wollen. Die Forderungen der Berliner sind an ih berechtigt, aber ich warne davor, sie in

ausch und Bogen anzunehmen. /

Ein Antrag von unabhängiger Seite will in die Anträge der Berliner einfügen : i Die Kommandogewalt in den Garnisonen liegt in der Hand der örtlichen A.- und S.-Räte. i:

Vogt - Breslau: Die Forderungen der Berliner Kameraden Knd mehr oder weniger im ganzen Neih, ausgenommen in Berlin, urhgeführt. In Berlin redet man sehr viel und vergißt darüber das Handeln Wir in der Provinz, besonders in Schlesien, haben es Lait durchgesegt, daß fein Offizier, so hoh er stehen mag, eine Kommandogewalk ausüben kann, ohne vom Vertrauen der Soldaten ge Tagen zu werden. Wir üben ohne Hilfe der Volksbeauftragten, des Kriegsministeriums und des Vollzugsrats unseren Willen durcgeseßt, ar einigen Stellen allerdings mit Gewalt. Szenen wie die gestrige hier fönven uns nidht Respekt verschaffen. (Nuf: Wir leben in der

evolution!) Gewiß, aber man joll nicht Sachen arrangieren, die co sehr gemacht aussehen. (Lebhafte Zustimmung.) Die gestrige Lemonstration iít nicht impulsiv von den Berliner Soldaten aus enistanden, sie sind zu vernünftig, als daß sie ein solches Theate: machen. Ueber die Forderungen an si läßt si reden. Aber wenn le Vberste Heeresleituna, die über den Waffenstillstand verhandelt beseitigt wid, könnte die Entente Schwierigkeiten machen. Ih éantrage, daß der neue Vollzugsrat mit den Volksbeauftragien und den Fronttruppen über diese Anträge verbandellt. (Beifall.) äumig- Belin beantragt die Fassung: „Die Oberste Kommandogewalt liegt in den Händen der Volksbeauftragten die & Kontrolle des Vollzugérats; in den Garnisonen liegt e Foumaydogewalt in den Händen der örtlihen A.- und S.- ‘fie. Der Antragsteller füht aus: Der Militarismus ist

Erste Beilagé

Berlin, Donnerstag, den 19. Dezember

ger und Preußischen StaatsLanzeiger.

noch Geist

Wehen auch

n niht beseitigt, sondern nux erschüttert; fein it noi sehr lebendig, und man spürt sein in dieiem ersten Revolutionsparltment. (Sehr richug!) Die Forderungen „der gestrigen Deputation sind niht ungerecht- fertigt und nicht unwürdig. In dem neuen Staatswesen müssen wir eine sozialist he Heeresordnung haben. Das alte System muß hinweggefegt werden, Daß wir in Berlin noch nit weiter sind, liegt daran, daß uns gerade bier Witerstand vom Rat der Volksbeauftragten zuteil wird. Wir bitten, den Gorderungen der Berliner Soldaten so \chnell als möglih zu- zustimmen. Der Entwurf der Herren Volksbeauftragten für eine Volkswehr entfernt sih sehr stark von einer iolhen, er nimmt manches von dem alten System in die neue Zeit hinüber. Neben der s{chönen Parade-Volkswehr soll noch ein stehendes Heer bleiben. Wir müssen dem aiten militaristishen Geist entgegentreten. Ein neuer Kriegsminister muß das Verirauen der Volksbeauftragten und der Arbeiter und Soldaten haben. Jch bitte dringend, die orderungen der Berliner mit den von mir vorge|chlagenen lenderungen anzunehmen. (Beifall und Händeklatschen.) Ein anderer Äntrag besagt:

Die Kommandogewalt über Heer und Marine üben die Volks- beauftragten unter Kontrolle des Volzugsrats aus. Die Beseitigung aller Symbole des Militarismus und die Abschaffung des Kackaver- gehorsams, aller Abzeichen und des Waffentragens außer Dienst werden angeordnet. Für die Zuverlässigkeit der Truppenteile und für die Aufrechterhaltung der Disziplin sind die Soldatenräte ver- antwortlich. Der Kongreß ist der Ueberzeugung, daß die unterstellten Truppen den fe!bstgewählten Soldatenräten und Vorgeseßten im Dienst zur Durchtührung der sozialistishen Revolution unbedinaten Geborsam erweisen. Vorgeseßte außer Dienst gibt es nit mehr. Aus. shreitungen schädigen das Ansehen der Revolution und sind zur Zeit der nrr unferer Truppen unangebraht. Der Kongreß verlangt die Ab- chafung aller Orden und Ehrenzeichen. Die Soldaten wählen ihre D'fiziere selbst. Frühere Offiziere, die das Vertrauen genießen, dürfen wiedergewählt werden. Offiziere sind für die Demobiliiation in ibren Stellungen zu belassen, wenn fie erklären, nihts gegen die Revolution zu unternehmen. Die Ab'chaffung des stehenden Heeres und die Errichtung einer Volkswehr sind zu beschließen. Vor- stehende Säße sind Richtlinien. ;

Ein Antrag Ge yer-Leipzig u. Gen. fordert folgenden Zusaß zu dem Antrag der Berliner Soldaten:

vol, Der militärische Grenzshuß im Westen wird sofort auf- gehoben.

2) Den Grenzshug übernimmt ein vom A.- und S.-Nat ge- wählter Sicherbeitédienst.

Der Vorsißende Leinert erklärt, daß dieser Autrag nit in Zusammenhang mit den Anträgen der Berliner Soldaten steht und

. desha!b als besonderer Antraa zu Punkt 1 der Tagesordnung be-

handelt werden wtid. Der Vorsißg nde bemerkt, daß noch immer Leute im Saal seien, die nit hereingehören. Dr. Broh sei auf- getordert, den Saal zu verlassen, habe sich aber geweigert, es könne aber niemand zugelassen werden, der nicht einen bejonderen Aus- weis habe.

Ein Vertreter der Westfrout bemerkt: Ohne Offiziere [läßt sid die Dewmobilisation n'cht duchtühren. Wir haben noch keinen Frieden, sondern Waffenstillstand. Wenn Sie die Oberste Peeresleitung abichaffen, 19 haben Sie niemand mehr, der über den Waffenstillstand verhandelt. Das wäre ein Verbrechen an unseren linksrheinischen Kameraden, die krieg8gefangen sind. (Nuf: Die Sie aufgeputscht haben!) Wir verbitien uns einen solchen Vorwurf. Es wird von anderer Seite gegen uns gepu1s{t. Aber wir lassen uns dunch Putshe oder Maschinengewehre nicht \d,reden. Wir sind bereit, gemeinsam mit den Becliner Kameraden über die Anträge zu beraten. Aber die Fronttruppen, die noch nicht demobilisiert sind, würden in Gefahr geraten, wenn plöglih ihre *ührer abgesägt würden. Sie sehen zu |chwarz. Sie sehen immer die Gegenrevolution. Wo ift sie denn? (Gelächter bei den Spar- takusleuten.) Sie sehen Gespenster, die nit da sind. Erst nah der Demobilisation können wir diese Fragen regeln. Ich beantrage, die Beratung bis zum Nachmittag zu vertagen, um einen Antrag der G1oßberliner A.- und S.-Näte abzuwarten, die beute tagen.

eyer - Leipzig: Wenn wir jeyt die Verbandlung auétseßen, so bedeutet das lediglich eine Vers{hleppung und eine Förderung der Gegenrevolution. i

Borsigender Leinert: Es wid mir mitgeteilt, daß wieder eine Deputation der Soldaten erschienen ist. (s soll die gestrige sein; fie wünscht jeßt mit den Fraktionsvertretern zu verhandeln, da sie den ersten Punkt ihrer Forderunaen (Uebernahme der Kommando- gewalt des Heeres durch einen Obersten Soldatenrat, ähnlih wie, bei der Marine) niht mehr aufre{terhalten, sondern abändern will. Wenn der Kongreß darauf eingeht, würde zweckmäßig unsere Be- ratung über diesen Gegenstand so lange zu vertagen sein, bis diese Verhandlungen beendet sind und die Beschlüsse der Berliner Sol- datenräte vorliegen.

Es wird fast einstimmig dem Wunsche der Deputation siattzegeben.

Der Kongreß nimmt nun die gestern durch den Eintritt der Deputation unterbrochene Verhandlung wieder auf. Die nah den Reden von Barth und Ebert beantroate Wieder- eröffnung der Aussprache über die Berichte des Vollzugsrats und des Nats der Volksbeauftragten wird gegen eine geringe Minderheit gbgelohnt. Der Vorsißende erteilt für den Vollzugsrat dem Genossen Richard Müller das Wort. Dieser ist nicht zur Stelle. Es stellt ih heraus, daß er an den Verhandlungen mit der Soldatendeputation beteiligt ist. Die Sigung wird auf 10 Minuten vertagt.

Nich Wiedereröffnung der Sigung gegen ein halb 12 Uhr teilt Vo sißender Leinert mit:

Wieder haben sich einige Deputationen eingefunden, eine Deputation von Arbeitern ist zunächst von der Hauswache nicht eingelassen worden, es ist mir aber gesagt worden, sie müßten hinein, es würden sonst morgen 250 000 Arbeiter durch Massenstreik Protest dagegen einlegen ; ein anderer sagte mir: eine {öône Sache, bei einem sozialistischen Kongreß läßt man die Arbeiter draußen stehen! Der Berl-.ner Arbeiterschait ist bekannt, daß dieser Kongreß als Kongreß der A.- und S.-Räte Deutschlands tagt. Dasselbe Reh! wie die Berliner Soldaten und Arbeiter Haben die Soldaten und Arbeiter ganz Deutsch- lands; es könnten dann von überall her aus Deu!schland |olche Deputationen herkommen und fortaesegt in diese Versammlungen eindringen. Mit den Arbeiten des Kongresses sind solche fortzesezte Unterbrehungen unserer Verhandlungen niht vereinbar. Jch habe der Deputation den Eintritt in das Haus erlaubt, da ih nicht die Verantwortung allein dafür tragen will. daß shließlih durch die Drohung der Arpeitsniederlegung von 250000 Arbeitern Un!ieb- samteiten fn der Versorgung der Berliner Bevölkerung entstehen könnten. Ich halte aber allen sozialistis{ gefinnten Arbeitern in ganz Deutschland vor: Wenn einmal auch die deutschen Eisenbahnarbeiter zn Tausenden Hier erscheinen und ihre Wetrkzeuastätten, ihre

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Maschinen und Züge ftillstehen lassen, wele Konsequenzen müsse

das für das Volk haben! Der Führer der heutigen Arbeiters deputation ist derselbe, der gestern die Deputation der Soldaten geführt hat. (Hört, hört.) Es geht niht an, daß dieselben Leute heute immer wieder große Truprs von Arbeitern oder Soldaten hier hbereinführen; wir können das nicht im Interesse der Tätigkeit des Kongresses, der für ganz Deutschland zu arbeiten hat. (Stürmischer Beifall auf allen Seiten.) Nun sollte aber nah meinee Meinung diese Deputation niht abgewiesen, sondern wie vorher "von Fraktionsvertretern empfangen werden, die mit ihnen außerhalb des Tagungslokals im Ministersipungssaal verhandeln. E

Gegen eine ganz geringe Minderheit von etwa 15 Mis gliedern stimmt der Kongieß diesem Vo!schlage zu

Der Vor sizende bemerkt weiter: Auf dem Programm der Veranstaltungen für den Kongreß ist für Donnerstag. früh 9 Uhr, eine große Demorstrationsve: sammlung auf der Spielwie'e in Treptow angeseßt. Wir haben gestern in den Sißungen der Frak- tionsvorstände beschlossen, auf möglihste Beschleunigung der Kongreß- arbeiten hinzuwirken, um sie möglichsst morgen vormittag abjus schließen, Würden wir teilnehmen, so würte das niht möglich sein, wenn die Sißung während der Dauer der Veranstaltung aus« fallen muß.

Gegen einige wenige Stimmen wird die Beteiligung an der Demonstrationsversammlung abgelehnt.

Vorsißender: Der Kongreß begrüßt diese Veranstaltung, bedauert aber, im Interesse seiner Tätigkeit für die Gesamtheit dex deutschen Arbeiter nicht teilnehmen zu können.

Als der Vot sigende dem Volksbeauftragten Barth das Wort noch zu einer persönlichen Beme: kang erteilen will, ers scheint vor dem Tische des Piäsidiums auf der Pr äsidialest: ade eine Abordnung von etwa 25 Personen mit vier roten Fahnen und zahlzeihen Schiidern mit Aufschriften wie: „Alle Macht den A.- und S.-Râten !“ usw. und mit den Firmen „Daimlerwerke“, „Knorc-Bre mse“ u. a.

Vorsipenrer Leinert ersucht die Tribünenbesucher. \sih rubig zan verhalten und fo viel Anstand zu bewahren. das Naucken einzustellen, und seßt dann der erschienenen Deputation die \ eben gefaßten Bes \chlüsse und deren Begründung auéeinander. Die Deputaiion möge sich in den Ministersigungssaal verfügen und ihre Wüniche den E retern vortragen, sie kämen dann auch der weiteren

effentlihkeit zur Kenntnis. Im Interesse der Autorität dieses Kongresses und des An'iehens der deutschen A1beiter1haft bittet der Vorsißende unter dem stürmischen Beifall der Versammlung die Deputation, sich diesem Beschlusse zu fügen.

Ein Versuch ‘des Führers der Deputation, zur Versammlung zu sprechen, wird durch deren stürmischen Widerspru zunächst vereitelt, Der Vorsigende macht die Deputationsmiiglieder darauf aufs merksam, daß sie in der Versammlung Gäste sind; der Sprecher ruit oe E Die Nevouution hat besondere Geseße! (Andauerndex

ärm.

Um der fehr peinlihen Situation ein Ende zu maden, will ter Vorsigende die Verlesung der Forde-runoen gestatten, exf1ärt aber dann, daß der Kongreß auf seinem Beschlusse besteht.

Führer Hallo: Am Namen von 250 000 Arbeitern (Lacheu) Berlins und Spandaus überreichen wir erneut die Forderungen, für die die Arbeiter {on am Montag dwch Viafsenstieik demonstriert haben, und fordern sofortige Entscheidung.

Der Redner veilie1t dann die Forderungen im Wortlaut, {ließt mit dem Nuf: „Nieder mit der Nationalversammlung !“ und fügt eine Einladung an den Kongreß hinzu, sich an d m Begräbnis der noch unbeerdigten Leichen, der Opfer des 6 Dezember, zu beteiligen.

Vorsitzender: Wir nehmen die Forderungen zur Kenntnis z es sind dieselben, die uns schon am ersten Tage überreich! worden sind. Der Kongreß wird in seinen Beratungen darüber entscheiden.

Die Deputation verläßt hierauf langsam den Saal.

Volksbeauftragter Barth erwidert in persönlicher Bemerkung auf Gberts Behauptung, der Grenzshuß sei einstimmig beschiossen worden, daß in Wahrheit dieser Grenzshuß mindestens über das 10 fache dessen hinausginge, was beschlossen wo: den sei.

Vollzuzsrat Richard Müller führt in einem Scchiußwort als Berichterstatter aus: Wir haben die Verleumdungen g-gen den Vollzugsrat richtiggestelt, bejonde!'s den 800 Milliorigs {windel, wir haben vunfere Geschästsführung -offengelegt, trogdem behauptet Limperts - Essen, daß dem Vollzugsrat jede Organ!sation feble. Wenn man aber die ungeheuren Schwierigkeiten berücksichtigt, mit denen wir zu kämpfen batten, so begreift man, daß eine solche Organitation nit aus dem Aermel zu shütteln ist. Der Kontrolleur in Cssen, der niht wußte, was los ist, war nicht von uns, so-dern vom Munitionsamt dorthin geshickt worden. In dem Falle Waly sind wir ofort eingeï\critten. PVéehr fönnen wir do nicht tun, als ein Mitglied des Vollzugsrats zu ver- baften. Auch Haase hat an Unwvürdige Vollmachten ausgestellt, ¿- B. an einen Entmündigten. Die Diäten von 50 find nicht U bo, da die Mitglieder des Vollzugsrats auch für ihre - Familien zu forgen haben. Das überflü|sige Personal haben wir io- ort beseitigt. Sin Fall der rheini'ch-westfälishen Großindustriellen sind wir nicht verantwortiih; sie saßen bereits in Voabit, als wir davon hörten. Wir haben felbst eine Untersuhungbökommission für den Fall beantragt. Für unsere Diktatur hat Landsberg keinerlei Beweis erbat; wir haben gerade mit ten Arbeiter- und Soldaten- râten in West und Ost Fühlng gesucht, daher besteht ter Vollzugsrat jeßt aus 48 Personen. Redner wendet \ih dann gegen den “Bor wärts“, der gegen ihn hege.

Dittmann: In der Digkussion hat die Gegenrevolution eine große Rolle gespielt, und die gestern von Braß angeführten Beispiele haben tiefen Eindruck gemacht. Jh Habe in meinem Referat gesagt, daß viele Offiziere konterrevolutionäre Gelüste haben, aber die große Mehrheit der Soldaten denke anders. Sch habe auch gesagt, daß wir gegen alle Konterrevolutionäre aufgetreten \ind, und zwar sofort. Wir sind ferner sofort gegen das Herabreißen roter Fahnen, das Auflôsen der A.- und S.-Râte und die Verhaftung threr Mitglied:r eingeschritten. Ledebour hat behauptet, taß General- kfommando Lequis sei zwar zur Regelung des Einzuges gebildet, aber es bhâtten sicher font.rrevoiutionäre Gedanken dahbinterge)tanden. Gemeinsam mit den Militärs diescs &eneralfommandos haben wir am Montag des Einzuges die Maßnahmen beraten, die zu er,„reifen seien, um es beim Einzug niht zu Zusammenstößen kommen zu lassen. . Dabei wurde auch über d'e Vereidigung verhandelt und ein Eid auf die einige sozialistisbe Nepublik beschlossen. (Zwischenruf Scheideman's8 ¿Der Be!chluß itt einstimmig gefaßt worden.) Daher konnte Ledebour auch am Sonntagabend noch nicht von der Vereidigung erfahren. Die Vereidigung haben wir vor- genommen, um auf die teilweise noch unaufgeklärten Truppen im Sinne der Revolution einzuwirken. Wir verwahren uns gegen die Unter- scbiebung, als wollten wir mit der Vereidiaung dem Vollzugsrat einen Hieb verseßen. Ledebours Vorwurf gegen Gbert wurde mit derielben Schärfe in einer gemeinsamen Sißung des Vollzugérats und des Rats der Volkebeaustragten erhoben. Von den 35 Mit gliedern des Vollzug-rats stimmten 5 für die Amtsent®ezung Eberts, die anderen 30 dagegen. (Lebhafter Beifail.) Ich habe, nachdem