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1877 / 16 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Jan 1877 18:00:01 GMT)

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kauft, und daß die Infektion im Kreise Groß⸗-Strehlitz durch einen Transport Ochsen erfolgt ist, welchen Händler aus Grodisko geliefert hatten, sowie, daß die Ausbrüche der Seuche in Altona und auf der zuckerfabrit Concordia bei Brieg wahrscheinlich durch Viehstücke herbeigeführt worden sind, welche Blandowski verkauft hatte. Gegen den Hofbesitzer Kali⸗ woda ist die Untersuchung eingeleitet und die Verhaftung be⸗ antragt. Auch sind zur Verhütung weiterer Einschleppungen Anordnungen ergangen, um die Grenzsperre zu verschärfen und nach Umständen zu ihrer strengen Durchführung mili⸗ tärische Kräfte heranzuziehen. Zur Ergänzung der im Armee⸗Verordnungs⸗Blatt pro 1874 verbffentlichten EChargeneintheilung der Unter⸗ klassen vom 31. Mai 1874 hat das Kriegs-Ministerium be⸗ stimmt: 1) Die Feldwebel⸗Lieutenants, die Feldwebel⸗-Ser⸗ eanten und die Feldwebel⸗Unteroffiziere der Schloß⸗Garde⸗ ompagnie sind den Feldwebeln, die Unteroffiziere der Schloß⸗ Garde⸗Compagnie aber den etatsmäßigen Vize⸗Feldwebeln zu⸗ zurechnen. 2) Die Halbinvaliden⸗Unteroffiziere, welche in den Genuß der Löhnung von 36 60 bei den Halbinvaliden gerückt sind, gehören zur Rangstufe der Sergeanten, wogegen die

Empfänger der zweiten Unteroffizier-Löhnung zur Rangstufe

der Unteroffiziere zählen.

Unter Bezugnahme auf §. 2, 1 der Rekrutirung Ordnung hat das Kriegs⸗-Ministerium festgesetzt, daß Stab Offiziere des Garde-Corps den diesjährigen Aushebungs geschäften in den Bezirken bezw. preußischen Gebietstheilen ber 4, 5.,, 11, 165., 18, 23, 28., 29., 36, 40, 44. und 59. Infanterie⸗Brigade beizuwohnen haben.

In dem Verwaltungsbericht der General— direktion der Seehandlung für 1875 wird bemerkt, daß die Voraussicht, wonach der Uebergang des Leihagmtes an die Stadt Berlin sich ohne Schwierigkeiten vollziehen werde, sich durchaus nicht verwirklicht hat. Die städtischen Behörden finden sich veranlaßt, von weiteren Verhandlungen wegen Uebernahme des Leihamts Abstand zu nehmen. Die See— handlung kommt dadurch in die Lage, die in der Begründungs⸗ Urkunde vorbehaltene Wiederauflösung des Leihamts nunmehr auf anderem Wege erstreben zu müssen, da es nicht Sache des Staats sein dürfte, für die Berliner Bevölkerung ein Institut aufrecht zu erhalten, welches die städtischen Behörden selbst für gemeinschädlich erachten. Die wegen der 2 und Art der Auflösung des Leihamts von der Seehandlung gestellten Anträge warten zur Zeit noch der instanzmäßigen Erledigung.

Bayern. Einer Korrespondenz der „Allg. Ztg.“ aus München, vom 17. Januar, entnehmen wir Folgendes: In der gestern Abends abgehaltenen Versammlung entschiede⸗ ner Katholiken wurde die neu zu gründende „Katholische Volkspartei in Bayern“ in aller Förmlichkeit prokla— mirt. Der Landtagsabgeordnete Dr. . aus Würzburg setzte in fast zweistündiger Rede der etwa 509 Personen zäh⸗ lenden Versammlung die Ziele der neuen Partei als prin— zipiell ausschließende und rücksichtslose christkatholische aus⸗ einander, und bezeichnete als Ziel, das zu erreichen wäre, die Verhältnisse der Katholiken in England, Belgien und Frank— reich. Dann trat der Einberufer der Versammlung, Re— dacteur Dr. Sigl, auf, und motivirte die Schaffung dieser Partei mit dem entschiedenen und unleugbaren Rück⸗ gange der katholischen Bewegung in Bayern, wie es sich gelegentlich der diesjährigen Reichstagswahlen gezeigt habe. Nach seiner Zusammenstellung hätten diesmal in Bayern 79,977 „Patrioten“ weniger gewählt als im Jahre 1874. Die heutige Versammlung soll noch keine konstituirende, nur eine vorbereitende sein, und soll einem zu wählenden Comité, dem das Recht der Kooptation von Männern aus den Pro⸗ vinzen gegeben wird, überlassen bleiben, bis in drei Wochen ein vollständiges Programm auf einer weiteren größeren Ver⸗ sammlung in München vorzulegen, daraufhin dann die Partei definitiv konstituirt werden soll. Dieser großen würden dann kleinere Versammlungen im Lande folgen, und die Agitation schon jetzt dadurch betrieben werden, daß die stenographisch aufgenommene Rede des Abg. Dr. Rittler in Form einer Flugschrift verbreitet werden soll. Unter den Mitgliedern des sofort gebildeten Comités befinden sich die Abgg. Dr. Rittler, Seitz, Schmelcher, dann Domkapitular Hr. Stöckl in Eichstätt, der neugewählte Reichstagskandidat, so daß die Partei sowohl im bayerischen Landtag als im Reichstag bereits Gesinnungs— genossen besitzt.

Lippe. Detmold, 18. Januar. In der heutigen Sitzung des Landtags wurde die Berathung der Geschäfts— ordnung in erster Lesung zu Ende geführt. Der Abg. Haus⸗ mann brachte den Antrag ein, daß die Landtagsprotokolle sofort nach geschehener Vorlesung und erklärter Genehmigung Seitens des Landtags gedruckt und nicht nur den Landboten, sondern auch dem Publikum zugänglich gemacht werden sollen. Die Beschlußfassung über diesen Punkt steht aus bis nach er— folgtem Bericht Seitens der Kommiffion.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 17. Januar. Im Reichs-Kriegs-Ministerium fand vorgestern eine Schluß— berathung der Delegirten der verschiedenen Ministerien in Angelegenheit des Militär-Bequartierungsgesetzes statt. Es handelte sich hierbei um die endgültige Feststellung der Klassen, in welche die einzelnen Gemeinden eingereiht werden sollen.

Die „Presse“ schreibt: „Ueber den Stand der Bank— frage liegt momentan keine neue Meldung vor. Die von ungarischen Blättern verbreiteten Gerüchte über den Rücktritt des Ministeriums Tisza sind wieder verstummt und die . Journale begnügen sich mit Voraussagungen über den Zeitpunkt, bis zu welchem eine Entscheidung zu gewärtigen ist. Das „N. P. Journal“ bringt die Entstehung der erwähnten , ,,, mit der Angabe in Verbindung, daß der unga⸗ rischen Regierung von maßgebender Seite der auch vom Grafen Andrassy unterstützte Vorschlag gemacht wurde, in eine Vertagung der Bankfrage auf die Dauer eines halben Jahres einzuwilligen. Diesem Vorschlage, bemerkt das genannte Blatt weiter, widerstrebe noch Minister-Präsident Tisza. Auch die „Budap. Korr.“ berichtet, es sei in der Bankfrage nach keiner Richtung eine Entscheidung getroffen, fügt aber gleichzeitig hinzu, daß die jüngsten Meldungen einiger Blätter über das vollständige Fallenlassen der Mai⸗Stipulationen verfrüht sind, da Seitens der österreichischen Regierung eine offizielle Er— klärung aus der jüngsten Zeit gar nicht vorliegt.“ Schließlich sei erwähnt, daß der gestern abgehaltene ungarische Minister⸗ rath nicht der Bankfrage, sondern der Feststellung des Arbeits⸗ programms für den ungarischen Reichstag gegolten haben soll.

Feldkirch, 16. Januar. Der „Presse“ wird gemeldet: R Folge der Demonstration der unteren Landschaft legten ämmtliche Oberländer Landräthe Lichten eins ihr Landtags⸗ mandat nieder. Sämmtliche Gemeinden des Landes haben sich dem Proteste der Unterländer gegen die Goldwährung angeschlossen.

Prag, 17. Januar. Sämmtliche verhafteten Excedenten wurden nach beendigter Konfrontirung im Verlaufe des heu⸗ tigen Nachmittags entlassen und wird die Untersuchung gegen dieselben, da sie in Prag ansässig sind, auf freiem Fuße fort⸗ gesetzt werden. Jene Mitglieder des „Czesky Club“, die an den Demonstrationen für Tschernajeff Theil nahmen, sind gleichfalls in die Untersuchung einbezogen. Der Bürger⸗ meister erschien heute in Begleitung zweier Stadträthe beim Statthalter, um Namens der Stadtgemeinde betreffs der Tschernajeff-Skandale das tiesste Bedauern auszu— drücken und um Entschuldigung zu bitten.

Pest, 17. Januar. Gestern hat abermals ein Ministerrath stattgefunden, der drei Stunden dauerte. Hiesigen Blättern zufolge soll in dieser Konferenz der Be⸗ schluß gefaßt worden sein, dem Reichstage über die Unmög— lichkeit der Durchführung der Mai-Stipulationen Bericht zu erstatten und die Frage zu stellen, ob die Regierung trotzdem die Verhandlungen fortsetzen solle.

Der „Presse“ wird von hier gemeldet: Alle Mit— theilungen der Blätter über die Bankfrage und die Ministerkrise sind mehr oder weniger Komhina⸗ tionen. Der wahre Stand der Angelegenheit ist fol⸗ gender: Die Propositionen der Nationalbank sind dem un—⸗ garischen Kabinete, wie gemeldet, vertraulich bekannt gegeben worden. Der von Sr. Majestät auf Sonntag berufene Ministerrath hatte über diese Propositionen seine Ansichten und Einwendungen Punkt für Punkt zu äußern. Eine Be— schlußfassung konnte nicht erfolgen, da der Kaiser nur diese Aeußerung zu vernehmen wünschte. Die allerdings als letzte Eventualität in Aussicht genommene Ermächtigung zur Er— richtung einer selbständigen ungarischen Bank wurde nicht er— beten. Se. Majestät hat sich daher diesbezüglich weder zu⸗ stimmend noch abweisend ausgesprochen und es war sonach für das Kabinet keine Veranlassung vorhanden, seine Demission anzubieten.

Schweiz. Der „N. Zürch. Ztg.“ wird aus Bern, 17. Januar, telegraphisch gemeldet: „Die Antwortschrei⸗ ben der Subventionsstaaten, betreffend die Theilnahme an der Gotthardkonferenz, können noch nicht erwartet werden, da der Bundesrath in seinem Schreiben an dieselben sich vorbehalten, ihnen den Tag des Zusammentrittes noch mitzutheilen, was bis jetzt nicht geschehen.“ Ent⸗ gegen den bezüglichen Sensationsmeldungen verschiede— ner Blätter aus Bern theilt man demselben Blatte von ebendaher mit, daß in der Bundesstadt weder von einer Einstellung der Gotthardbahnarbeiten, noch von einer bezug— . i nn Favré's etwas zur amtlichen Kenntniß ge— angt sei. Die Einnahmen der eidg. Zollverwaltung haben tm Jahre 1876 17,376,544 Fres. gegen 17,135,949 Fres. be— iragen, was einen Ueberschuß von 240,595 Fres. ergiebt.

Großbritannien und Irland. London, 16. Ja⸗ nuar. (A. A. C.) Der Prinz und die Prinzessin von Wales haben sich von Sandringham nach Schloß Kimbolton in Huntingdonshire begeben, wo sie eine Woche lang die Gäste des Herzogs von Manchester sein werden. Der Vize⸗Ad— miral Hornby, der neue Oberbefehlshaber des Mittelmeer— Geschwaders, hißte gestern in Chatham seine Flagge an Bord des Panzerschiffes „Alexandra“ auf. Der General— Lieutenant Sir Samuel Robert Wesley ist am 5. d. M. im 86. Lebensjahre verstorben.

17. Januar. (E. C.) Der Gesandte des Kaisers von China und sein Gefolge sind bereits in Gibraltar ge⸗ landet und vom Gouverneur Lord Napier of Magdala mit großer Feierlichkeit empfangen worden. In Folge des (yon uns kürzlich mitgetheilten) Schicksals eines zu einem britischen Kapitän geflüchteten Sklaven wird der Sklavenschutz— verein hierselbst Lord Derby eine Denkschrift überreichen. Während des im April beginnenden neuen Rechnungsjahres werden drei neue große Schiffe auf der Chathamer Werft angefangen werden. Eins derselben wird von kolossaler Größe werden und eins der 81-Ton⸗Geschütze tragen. Es werden außerdem fertig gebaut: das Panzerschiff „Teméraire“, die Korvette „Euryalus“, die Korvette „Garnet“, die Schaluppe „Comorant“ und weiter gebaut das Thurmschiff „Agamemnon“. Nach dem „Sheffield Telegraph“ denkt Mr. E. Leatham, der (lib Vertreter von Huddersfield bei Zusammen⸗ tritt des Parlamentes einen Antrag zu stellen in Bezug auf Mißbräuche bei Besetzung der den Privat-Patronaten unter⸗ stehenden geistlichen Aemter.

Frankreich. Paris, 17. Januar. (K. Ztg.) Die re— publikanische Linke beschloß in ihrer heutigen Sitzung, am nächsten Mittwoch ihren Ausschuß zu erneuern, um demselben eine Aktionskommission, welche die Beschleunigung der Aus— schußarbeiten betreiben soll, beizugeben. Der General— Prokurator am Kassationshofe, Renouard, wird sich dem Vernehmen nach in Sachen des Besangoner Gerichts über die gemischten Kommissionen ganz in dem Sinn aussprechen, wie es der Conseils⸗-Präsident und der Justiz⸗ Minister in der Kammer gethan haben. Herr Simon ist laut dem „Moniteur“ geneigt, dem Präsidenten der Republik die Ausübung seines Begnadigungsrechtes auf breitester Grundlage zu Gunsten der Aufständischen von 1871 zu empfehlen. Wie verlautet, soll für den Herzog von Aumale ein neues Kommando, nämlich das eines General-Inspektors der Territorial-Armee, gegründet werden. Am nächsten Montag soll die Regierung wegen der Ernennung des Deputirten Meline zum Unter— Staatssekretär im Justiz⸗ und Kultus⸗Ministerium inter⸗ pellirt werden. Die Klerikalen hoffen, daß, falls man seine Vergangenheit zur Sprache bringe ö. war Mitglied der Kom⸗ mune, reichte aber sofort seine Entlassung ein), er genöthigt sein werde, seine Stelle niederzulegen.

Der „Wes. Ztg.“ schreibt man: Der Widerstand der liberalreformirten Kirchen gegen den ministeriellen Er⸗ laß, demgemäß Mitte Februar die dreijährigen Konsistorial⸗ wahlen nach den Vorschriften der Synode vor sich gehen sollen, fängt an, sich zu accentuiren. Den ersten öffentlichen Schritt in dieser Richtung thut das Konsistorium von Havre, einer der zahlreichsten reformirten Gemeinden, indem es be⸗ schloß, wie im April 1874 über die synodalen Vorschriften hinwegzugehen, und die bevorstehenden Wahlen nach dem seit

1802 üblichen Modus zu vollziehen, auch die Synode, welche dieses 8 r einberufen werden soll, nicht zu beschicken.

Die⸗ 8 Beschluß brachte der Präsident des Konsistoriums, Pastor

ontanés, in einem Schreiben zur Kenntniß des Kultus⸗Mi⸗ nisters Martel.

Italien. Rom, 13. Januar. (H. N.) Der König ist von Rossore nach Neapel übergesiedelt und wird zwar über⸗ morgen hierher kommen, binnen Kurzem aber wiederum sich nach Neapel begeben und während des Karnevals dort residi⸗ ren. Der Minister des Innern Baron Nicotera ist dem Monarchen gestern nachgereist, um ihm über die Maßregeln Vortrag zu halten, die er zur Wiederherstellung geordneter Zustände in Sizilien ergriffen hat. Der Kriegs⸗Minister hat auf seinen Wunsch sechs Hier Kata l e nach Palermo geschickt. Die dorthin versetzten Gensd'armen sind lauter Pie⸗ montesen aus der Provinz Turin. Der Minister⸗Siegel bewah⸗ rer wird eine gründliche Säuberung unter den in Sizilien jetzt fungirenden Richtern vornehmen. Die höheren Stellen werden eini⸗ gen bewährten Herren, die jetzt im Justiz-Ministerium arbeiten, anvertraut werden. Vor seiner Abreise nach Neapel hatte Baron Nicotera die Deputirten der Provinzen Palermo, Gir— genti und Caltanisetta zu sich geladen und ihnen den neuen Präfekten von Palermo, Malusardi, vorgestellt. Er theilte ihnen bei dieser Gelegenheit mit, was er im Interesse der Insel gethan habe und noch zu thun beabsichtige und erhielt von ihnen die Versicherung, daß die guten Folgen dieser Maß⸗ regeln sehr bald sich zeigen würden. Die sizilianischen Zeitungen berichten in der That von täglich vorkommenden Kämpfen w Räubern und Soldaten. Beson— ders sind es die gewandten und kecken Bersaglieri, welche bei der Jagd auf die Banditen ausgezeichnete Dienste leisten. Bei Palermo wurden zwei Räuber erschossen, welche allem Anschein nach an der täglich gemeldeten Beraubung der Post sich betheiligt hatten, denn man fand Briefe bei ihnen, welche in dem gestohlenen Felleisen enthalten waren. Ebenso wurden zwei berüchtigte Hehler aufgegriffen und zur Haft gebracht. Bewaffnete Briganten, welche sich nicht ergeben, werden nieder— geschossen. Bei Messina hat eine Abtheilung Jäger eine ganze Bande theils erschossen, theils verhaftet. Die wohlhabenden und redlichen Bewohner der von dem Gesindel heimgesuchten Gegenden fangen an, sich wieder ihres Lebens zu freuen, denn alle schwebten bisher jede Stunde in Lebensgefahr und in Angst um ihre Habe. Die Thätigkeit, welche in allen Ministerien jetzt bemerkbar ist, gefällt den Gegnern des Kabi⸗ nets freilich nicht. Die Perseveranza“ und die „Opinione“ tadeln das Gesetz zur Einführung des obligatorischen Schul— unterrichts und verhehlen ihre Sympathien für die Kleri⸗ kalen nicht. Die „Unita cattolica“ nennt den Gesetzentwurf geradezu eine schwere Beleidigung der elterlichen Gewalt, welche große Nachtheile nach sich ziehen werde. Der Unter⸗ richts Minister hat die Präfekten angewiesen, die Gemeinde⸗ behörden anzuhalten, für bessere Besoldung und Pensionirung der Elementarlehrer zu sorgen und hat ein auf die Letz— teren Bezug habendes Gesetz dem Präsidenten der Kammer eingereicht.

14. Januar. (H. N.) Der parlamentarische Aus⸗ schuß, welcher das Gesetzprojekt zur Verhütung des Miß⸗ brauchs der geistlichen Amtsgeaalt zu begutachten hat, hat vorgeschlagen, daß demselben und zwar in dem Paragraphen, wo die Höhe der Strafen angegeben ist, zugefügt werde: „Verstöße, welche gegen dieses Gesetz von Kirchendienern und Beamten der Kirche, gleichviel von welchem Orte aus es geschehen, begangen werden u. s. w.“ Mittelst Breve vom 6. Dezember 1876 hat der Papst über die altkatho—⸗ lischen Bischöfe Reinkens und Herzog wiederholt den Bann verhängt. Das in lateinischer Sprache gehaltene Breve ist an den Bischof Stephan von Lausanne, an die übrigen Bischöfe und an die Geistlichen und Gläubigen gerichtet. Wegen der Wahl des nach Spanien zu sendenden Nuntius schweben die Unterhandlungen noch. Die Regierung Don Alfonso's will den Gesandten Grafen Coello, über den die spanischen Pilger und die sie führenden Oberhirten sich be⸗ schwert haben, nicht abberufen, die Kurie aber verlangt, daß sie dies thue und den ehemaligen Nuntius in Brüssel, Mon⸗ signor Cattani, acceptire, gegen dessen Ernennung jene prote⸗ stirt. Der beim Vatikan accreditirte spanische Gesandte hat sich bisher vergeblich bemüht, einen Vergleich herbeizuführen und würde eventuell seinen Abschied fordern. Der neue General-Vikar hat befohlen, am 15., 16. und 17. d. Mts. in den Kirchen Roms zur Erinnerung an die vor 500 Jahren aus Avignon nach Rom erfolgte Rückkehr des Papstes Gregor XI. ein dreitägiges Gebet abzuhalten.

18. Januar. (W. T. B.) In der Deputirten⸗ kammer begann heute die Generaldebatte über den vom Ausschuß der Kammer abgeänderten Gesetzentwurf, betreffend die Mißbräuche der Geistlichkeit. Es gelangten drei Redner für und ebenso viele gegen den Gesetzentwurf zum Wort, von dem Deputirten Nocito wurden mehre Amende⸗ ments angekündigt. Der Papst hat den Gesetzentwursf über die Mißbräuche der Geistlichkeit den Kongregationen zur Prüfung und zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob der Gesetzentwurf nicht gegen die kanonischen Kirchengesetze ver—⸗ stoße. Die Verhandlungen der Kurie mit Oester⸗ reich und Frankreich über die Ernennung von 2öster⸗ reichischen und 2 französischen Kardinälen find nunmehr beendet; außer diesen Ernennungen steht dem Vernehmen nach auch noch die Ernennung von 4 italienischen und eines spani— schen Kardinals bevor.

Griechenland. Aus Athen, 6. Januar, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben:

In der vergangenen Woche wurde in Nauplia die dort schon vor Jahren , aber schon die längste Zeit nicht mehr im Betrieb befindliche waffenfabrik, nachdem sie, von der gegenwärtigen Regierung reorganisirt worden, feierli wieder eröffnet. Ein in St. Petersburg etablirter griechischer Kaufmann hatte der Regierung zu diesem Zwecke eine große Dampfmaschine zum Geschenk gemacht, deren Aufstellung nun— mehr vollendet ist. Der Direktor der waffenfabrik hob bei der feierlichen Einweihung des Etablissements hervor, daß Griechenland nunmehr seinen Bedarf an Waffen und Nu⸗ nition aller Art nicht mehr aus dem Auslande zu beziehen brauche, sondern in eigener Regie fabriziren könne; nach einiger Zeit werde man sogar so weit gelangen, die Kanonen selb im Lande zu erzeugen. Auch in Betreff der Erzeugung von Schießpulver sind in den letzten Tagen Seitens der Regie— rung umfassende Vorkehrungen . worden, und glaubt man, daß auch dieser Artikel theils im Wege der Privat⸗ industrie, theils durch die dem Staate gehörigen Pulvermühlen in genügender Menge im Lande wird erzeugt werden können.

Türkei. Konstantinopel, 18. Januar. (W. T. B.) Der türkische große Rath hat seine Sitzung beendet; dem Vernehmen nach beschloß derselbe einstimmig, die von den Mächten gemachten Vorschläge abzulehnen, da sie der Integrität, Unabhängigkeit und Würde des ottomani— schen Reiches zuwiderliefen.

18. Januar. (W. T. B.) An der heutigen Sitzung des großen Raths, in welcher die Ablehnung der Konferenzvorschläge ausgesprochen wurde, nahmen im Ganzen etwa 200 Würdenträger Theil. Die Berathung währte fast 3 Stunden. Nach der Verlesung eines Exposé über die Vorkommnisse seit Beginn der Insurrektion erfolgte die Vorlage der letzten Propositionen der Mächte. Midhat Pascha entwickelte, inwieweit Konzessionen, die der. Verfassung nicht zuwiderliefen, aus Ver⸗ söhnlichkeit gemacht worden seien, und theilte mit, baß die Abreise der Botschafter und Konferenzdelegirten in Aussicht gestellt sei, und daß man sich nicht verhehlen dürfe, daß die Pforte auf keine Allianz zu rechnen habe; der Großvezier ging dann näher auf die Schwierigkeiten der inneren Lage, namentlich auf die finanzielle, ein, hob hervor, daß es sich um einen ernsten Krieg handeln könne, und daß man die Lage unter Berücksichtigung aller dieser Verhältnisse beurthei⸗ len müsse. Von den in den großen Rath berufenen Vertre⸗ tern der griechischen und armenischen Kirche, deren Anzahl etwa 60 betrug, wurden, wie es heißt, übereinstimmend mit den türkischen Würdenträgern, die Propositionen der Mächte als nicht annehmbar bezeichnet und schließlich, wie erwähnt, formell die Ablehnung ausgesprochen.

(W. T. B.) Wie weiter verlautet, hatte der große Rath nach Ablehnung der Propositionen der Mächte auch auf die gestellte Frage des Großveziers, ob mit den Mächten noch über die türkischerseits nunmehr abgelehnten Punkte in Ver— handlung zu treten sei, sich dahin entschieden, daß die Kon— ferenz nur noch über die türkischen Gegenvorschläge verhandeln könne.

Cöln, 18. Januar. (W. T. B.) Die „Kölnische Zeitung“ veröffentlicht die von Lord Salisbury in der Montags— konferenz überreichte abgeänderte Zusammenstellung der Beschlüsse der europäischen Delegirten (resumè mitigs) in einer dem französischen Urtexte entsprechen— den Uebersetzung. Die auf Bosnien, die Herze— gowina und Bulgarien bezüglichen Bestimmungen lauten: Die General-Gouverneure dieser Provinzen sollen während der fünf ersten Jahre nach eingeholter Zu— stimmung der Mächte ernannt werden. Die Provinzen werden in Sandschaks mit Mutessarifs, die auf den Vorschlag der Valis (Gouverneure) von der Pforte für einen bestimm— ten Zeitraum ernannt werden und Kantone, Nahies und Mudirliks mit 5 bis 10,000 Seelen eingetheilt. Es sind Kantonalbehörden zu errichten, die von der Bevölkerung jeder Gemeinde gewählt werden und deren Befugnisse sich auf alle Angelegenheiten erstrecken, die den Kanton als sol— chen angehen. Ferner sollen Provinzialversammlungen eingeführt und deren Mitglieder von den Kantonalräthen auf einen Zeitraum von 4 Jahren gewählt werden. Diese Provinzialräthe haben die Provinzialbudgets nach einem fest— stehenden Systeme abzugrenzen und einen Provinzial⸗Verwal— tungsausschuß zu ernennen, dessen Entscheidung die Valis (Statthalter) in allen solchen Fällen einholen müssen, welche die gewöhnliche und einfache Ausführung der Gesetze und Ver— waltungsbestimmungen überschreiten und worüber sie des Wei— teren an die Pforte berichten können. Was die Verbesserung der Steuerveranlagung betrifft, so sollen die Provinzial- und Kantonalräthe die Vertheilung und Erhebung der Steuern über—

nehmen. Ausgenommen hiervon sind die Zoll-, Post- und Tele⸗ graphengefälle, die Tabaks- und Alkoholsteuer und die Regie. Die Verpachtung der Steuern wird verboten, ein Nachlaß der Adjutant Mesentzow.

Steuerrückstände soll eintreten. Der Provinzialhaushalt soll für

je 5 Jahre auf Grund der Durchschnittserträgnisse festgestellt Ein Theil der Erträgnisse ist zur Verzinsung und Tilgung der öffentlichen Schuld, sowie zu den Übrigen Be- verwenden. Der

werden.

dürfnissen der Gesammtregierung zu Ueberschuß soll den Provinzen verbleiben. Die ganisation der Justiz soll im Sinne einer Unabhängigkeit des Richterstandes erfolgen. der Richter bei den Civil⸗ und Strafgerichten erfolgt durch die Statthalter unter Zustimmung des Provinzialverwaltungs—

Reor⸗

Ausschusses; die Mitglieder der Appellhöfe werden durch die

hohe Pforte selbst auf Vorschlag der Statthalter ernannt. Die Sitzungen sind öffentliche. Behörden erfolgt nur in konfessionellen Angelegenheiten. Voll— kommene Kultusfreiheit wird gewährt.

anstalten geschieht durch die Gemeinde selbst. Gegen gewaltsame Bekehrungen wird Sicherstellung gewährt. Die Landessprache wird mit der türkischen Sprache bei den Landes— behörden gleichgestellt. Die Verwendung irregulärer Truppen wird verboten. Eine nationale Miliz, sowie eine nationale Gensd'armerie aus Christen und Muselmännern nach dem Verhältnisse der Bevölkerungsziffer werden gebildet. Die Subalternoffiziere werden von den Statthaltern ernannt. Die tscherkessischen Kolonien sind verboten. Für die wegen politischer Vergehen verurtheilten und verfolgten Christen wird allgemeine Amnestie gewährt. Das Loos der ländlichen Gutsbesitzer und kleinen Pächter in Bosnien und der Herzegowina soll verbessert werden. Für den Erwerb von Land und die Wiedererwerbung der Staats— angehörigkeit Seitens der Ausgewanderten wird eine Erleich⸗ terung eintreten. Die Einführung dieser Maßregeln erfolgt innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten. Was die Einsetzung einer Aufsichtsbehörde (Kontrolkommission) angeht, so werden von den Mächten zwei Aufsichtsbehörden eingesetzt werden, um einerseits die Ausführung dieser Bestimmungen zu überwachen und andererseits die Ortsbehörden für die Aufrechterhaltung der Ordnung und öffentlichen Sicherheit zu unterstützen. Dieselben werden besondere Weisungen erhalten.

London, 19. Januar. (W. T. B.) Die Morgenblätter be⸗ sprechen die gestrige Entscheidung des türkischen großen Rathes, und sind übereinstimmend der Ansicht, daß der Krieg wegen der Ablehnung der Vorschläge der Mächte nicht sofort auszubrechen brauche. Die „Times“ hält weitere Unterhandlungen für möglich, und meint, die eventuelle Auf— lösung der Konferenz kennzeichne vielleicht den Beginn einer neuen Phase, in welcher die Westmächte zeitweilig unthätig bleiben und die drei Kaisermächte wieder allein vorgehen würden.

Rom, 19. Januar. (W. T. B.) Das Journal „Italie“ erklärt die von französischen Blättern gebrachte Nachricht, daß von der italienischen Regierung die Erhebung

größeren Die Ernennung 27. Dezember die telegraphische Nachricht eingegangen, daß die Schrauben-Schooner „Tungus“ und „Jermak“ wohlbe—

Die Rechtsprechung der kirchlichen

ommene ? heit wird gewäh Die Unterhaltung der Geistlichkeit, der religiösen Einrichtungen und der Unterrichts-

der Regentschaft Tunis zu einem unabhängigen Fürstenthum vorgeschlagen worden sei, für absolut erfunden.

Das „Journal des Döbats“ sagt in seiner Nͤummer

vom 16. d. M: „Krieg oder Frieden hangt heute ausschließ⸗ lich von der Mäßigung der Pforte ab, und wenn der Krieg ausbricht, so fällt die Verantwortlichkeit dafür auf die Pforte. Sie wird auch die schwerste Last des Krieges zu tragen haben, und wir fürchten, daß man sich in Konstantinopel einigen Täuschungen über die Chancen des Kampfes hingiebt. Die Türken haben ohne eifel eine beträchtliche Macht zur Deven⸗ sive, aber auch nur zur Defensive, und der Ausgang eines

Kampfes zwischen ihnen und den Russen wird also von der

Menge und dem Verhalten der Ressourcen abhängen, die man beiderseits aufzubieten vermag. Es ist klar, daß der Vortheil zuletzt Rußland verbleiben wird. Die Pforte kann einen, allenfalls auch zwei Feldzüge gewinnen, aber auf die Länge wird sie sich erschöpfen. Sie muß auch die Gefahren sehr wohl in Rechnung ziehen, welche sie im Innern bedrohen würden, während sie die Grenze vertheidigt. Man weiß ja, wie sehr das unglückliche Land in sich selbst gespalten ist und wie leicht es einem ge—

wandten Feinde wäre, überall Erhebungen im Inneren her⸗

vorzurufen. Wie sollten diese unterdrückt werden? Etwa durch Metzeleien? Das Mittel ist schlecht und hat der Pforte schon viele Sympathien entzogen; Klugheit wie Menschlichkeit gebieten gleich sehr, dessen neue Anwendung sorgfä tig zu ver— meiden. Es läßt sich also unmöglich voraussagen, welche un— vorhergesehene und schreckliche Verwickelungen sich im Laufe eines Krieges ergeben könnten; der schließliche Ausgang aber ist beinahe gewiß. Rußland hat be— wunderungswerthe Anstrengungen gemacht, um seine Armee zu organisiren und zu vereinigen. Dieselbe steht jetzt am Pruth bereit, diesen Fluß zu überschreiten, und man ver— sichert, daß ihr physischer Zustand sich rasch auf das Niveau ihrer moralischen Verfassung gehoben hat. Das sind die Thatsachen; wir finden deren Bestätigung in allen Berichten aus dem Auslande. Die Pforte hat keine Verbündeten in Europa; wenn sie deren zu haben glaubt, so täuscht sie sich selber, und wenn man sie zum Kampfe aufmuntert, so täuscht man sie. Sie möge also wohl bedenken, was sie zu thun im Begriffe steht.“

Rumänien. Bukarest. Das W. „Fremdenbl.“ schreibt unterm 17. d. M.: „Wir haben vor einiger Zeit bereits konstatirt, daß die Meldung von den in Rumänien neuer— lich stattgehabten Juden verfolgungen aus der Luft ge— griffen sei. Nachdem versucht wird, die Meldung von den Judenverfolgungen dennoch aufrecht zu erhalten, so müssen wir mit aller Bestimmtheit konstatiren, daß die gepflogenen Erhebungen dargethan haben, daß unser Dementi voll—⸗ kommen begründet war. Die zwei beschwerdeführenden Juden haben ausdrücklich gestanden, daß sie die Geschichte von den „großen Verfolgungen“ sel bst in Szene gesetzt haben, um damit die Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Angelegenheiten, in Bezug auf die sie Beschwerde geführt hatten, zu lenken. Dem rumänischen Minister des Innern, Herrn Vernescu, gereicht es übrigens nur zur Ehre, daß er auf die einfache, gänzlich ununterstützte Meldung von angeblich geschehenen Judenverfolgungen sofort eine energische Untersuchung anbe— fohlen und durchgeführt hat.“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 17. Ja— nuar. Wie jetzt amtlich gemeldet wird, ist der General der Kavallerie Potapow unter dem 11. d. M. auf sein Ansuchen der Funktionen eines Chefs der Gensd'armen und General— Direktors der III. Sektion der Privatkanzlei des Kaisers ent— hoben worden, behält aber seine Würde als General-Adjutant. An seine Stelle tritt der General-Lieutenant und General—

Der General-Adjutant Kryshanowskij, General-Gou⸗ vernenr von Orenburg, soll nach den „St. Pet. Wed.“ nicht mehr auf seinen Posten zurückkehren und eine andere Bestim— mung erhalten. General-Lieutenant Nikitin ist am 14. Ja— nuar hierselbst aus Serbien eingetroffen. Vom Kontre— Admiral Pusino, dem Chef der Escadre im Stillen Ozean ist, dem „Kronst. Westn.“ zufolge, aus San Francisco unterm

halten in den Hafen von San Francisco eingelaufen sind, Von der Südarmee schreiht man der „Pol, Korr.“ aus Kischenew, 13. Januar, u. A. Folgendes: Mit dem

Befinden des Großfürsten⸗Ober-Kommandanten will es noch

immer keine entschiedene Wendung zum Besseren nehmen. Wiewohl die Mobilisirung der unter den Befehl des Groß— fürsten Nikolaus gestellten Truppen beendet ist, soll doch die

Verstärkung der Südarmee durch eine Erhöhung des Standes

der Bataillone eintreten. Nach dem Beispiele des kaukasischen Adels soll auch der südrussische Adel gesonnen sein, Frei⸗ willigen-Druschinen, und zwar zumeist berittene, zu bil— den. Im Ganzen sollen zwei Infanterie- und vier Kavallerie— Druschlnen à 1000 Mann formirt werden. Das Sanitäts⸗ personal der Südarmee ist durch 360 in allen Theilen des Reichs angeworbene Aerzte verstärkt worden. In die— ser Beziehung ist nunmehr genügend vorgesorgt. Wie— wohl der Gesundheitszustand der. Armee ein günstiger ist, so hat doch die oberste Sanitätsleitung es für zweck— mäßig erachtet, gedruckte Instruktionen unter die Soldaten vertheilen zu lassen, um sie darüber zu belehren, wie sie sich vor verschiedenen schädlichen Einflüssen des Klimas, der Jah— reszeit und der Märsche bewahren sollen. Bis jetzt hat die Armee allen Unbilden der erwähnten Verhältnisse bestens zu widerstehen vermocht. Der Prozentsatz der Gesammterkran⸗ kungen ist anhaltend ein niedriger. Bereits sind bei 490,000 Pud Heu in gepreßten Bündeln nach dem Pruth befördert worden. Der Kaiser hat über die rasche Durchführung der Mobilisirung der Südarmee und der kaukasischen Armee dem General⸗Adjutanten, Kriegs-Minister Miljutin, den Generalen Semeka und Graf Eiston-Sumarakoff und dem Großfürsten Michael seine besondere Anerkennung ausgesprochen. Am 22. d. M. sollen die letzten Militärzüge hier eintreffen.

(W. Pr.) General⸗Lieutenant Duchowskij, der Generalstabs⸗Chef der kaukasischen Armee, hat beim Kriegs-⸗Minister den Antrag gestellt, die Mahomedaner aus der Feldarmee zu entfernen und bei der Miliz als Festungsbesatzung einzutheilen, gleichzeitig aber dafür Sorge zu tragen, daß jede solche Besatzung zu zwei Dritt⸗ theilen aus Christen bestehe. General Totleben hat über die Befestigungen am Schiwarzen Meere dem Kriegs⸗Minister berichtet Und angezeigt, daß die Armirung und die Fortifi⸗ kationen von Otschakow und Kieburn vollendet sind.

schuß aus 1876 von 8 Millionen,

Moskau, 15. Januar. (W. Pr.) Seit mehreren Wochen wiederholen sich Gewaltthaten, welche die Türken an russischen Unterthanen verübten, welche aus Georgien als Pilger nach Erzerum nach der Kirche Etschme⸗Adzi Wall⸗ fahrten unternahmen. Um weiteren Mißhelligkeiten vorzu— beugen, wurde von der Statthalterei in Tiflis die Ueber⸗

schreitung der Grenze allen russischen Unterthanen untersagt.

Jassy, 15. Januar. (W. Pr.) Das Kommando der russischen Süd⸗Armee erließ einen Tagesbefehl, worin ange⸗ ordnet wird, daß von nun an täglich Manöver mit größeren Truppenkörpern, Infanterie wie Kavallerie, wo es die Terrain⸗ verhältnisse gestatten, vorgenommen werden sollen. Die Kavallerie Manöver (Dschigitowka) werden unter der Leitung des Generals Fomin stattfinden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. Januar. (H. N.) Der Etat für 1878 stellt sich folgendermaßen: Aus—⸗ gaben 87 Millionen, Einnahmen 77,400,000, dazu ein Ueber⸗ Bankgewinn 1,600,009, Militärbudget 21,561,000, Marine 8,456,000 Kronen.

Dänemark. Kopenhagen, 17. Januar. In der heutigen Folkethingssitzung wurde nach abermaliger dreistündiger Verhandlung die Theatersache zu Ende gebracht. Der Hauptvorschlag der Linken. daß die Ueberschreitung der Bausumme für das Theater mit 297,086 Kronen über die bewilligten 440,000 Kronen hinaus, nicht passiren könne, wurde mittelst Namens— aufruf mit 69 gegen 23 Stimmen angenommen. Der Korre— spondent der „H. N.“ bemerkt dazu: Es wird nun ein spezieller Vorschlag, betreffend eine Reichsgerichtsklage gegen den da⸗ maligen Kultus-Minister Hall, erwartet werden müssen. Doch hört man es noch bezweifeln, daß die Linke Ernst daraus machen werde. Das Reichsgericht werde von seinem Stand— punkte voraussichtlich auf völlige Freisprechung erkennen, eben mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die bei der ganzen Sache zu überwinden waren, und weil es ganz unzweifelhaft sei, daß der Minister lediglich im Interesse der Sache und, da das Prinzip von Nachbewilligungen anerkannt ist, bona fide ge— handelt hat, endlich auch, weil es klar sei, daß es für ihn eine leichte Sache gewesen wäre, sich selbst zum Nachtheil des Unternehmens zu decken.

Amerika. Washington, 18. Januar. (W. T. B.) Nach einem dem Kongresse vorgelegten Gesetzentwurfe soll in Tribunal eingesetzt werden, bestehend aus je 5 Mitgliedern des Senates, der Repräsentantenkammer und des höchsten Gerichtshofes. Diesem Tribunal soll das Recht zustehen, über die Gültigkeit der für die Präsidenten wahl abgegebenen Stimmen zu entscheiden. Diese Entscheidung soll eine defi— nitive sein und nur durch einen gemeinschaftlichen Akt der beiden Kammern umgestoßen werden können.

Die Depesche des Präsidenten Grant an den General Augur, den Commandeur der Bundestruppen in Louisiana, bezüglich seiner Pflichten den rivalisirenden Gouverneuren des Staates gegenüber lautet, der „A. A. C.“ zufolge, wie folgt:

„Die Politik der Regierung ist es bisher gewesen, sich um die Lösung der Frage der rechtmäßigen Regierung von Louisiana nicht zu bekümmern, so lange wenigstens nicht, bis nicht die jetzt in diesem Staate Untersuchnngen haltenden Comités des Kongresses ihre Be— richte erstattet haben, aber es schickt sich nicht, daß die Regierung ruhig zusieht, wie einer der Prätendenten durch gesetz⸗ widrige Mittel sich allmählich in den Besitz der Staatsregierung bringt. Der von Nicholls errichtete höchste Gerichtshof kann ebenso⸗ wenig Anerkennung finden als eine von irgend einem andern Bürger einberufene gleiche Anzahl von Rechtsgelehrten. Das gesetzlich existirende und gerichtliche wie ministerielle Befugnisse betreffs der Zäh⸗ lung der abgegebenen Stimmen ausübende Wahlcomits von Louisiana hat der Staats⸗-Legislatur Certifikate ausgestellt, und ein legales Quo⸗ rum derselben, deren Mitglieder solche Certifikate besitzen, trat zu⸗ sammen und proklamirte Packard zum Geuverneur. Sollte eine Nothwendigkeit eintreten, einen der beiden Gouverneure anzuerkennen, so muß es Packard sein. Sie mögen eine Abschrift dieser Depesche Packard und Nicholls zustellen. U. S. Grant, Präsid nt.“

Nachdem General Augur diese Instruktionen den Gou— verneuren mitgetheilt, erließ Mr. Packard unverzüglich eine Proklamation, welche die demokratische Legislatur aufforderte, auseinanderzugehen, und dem demokratischen höchsten Gerichts⸗ hof befahl, sich aufzulösen. Auch forderte sie die Uebergabe sämmtlicher Polizeistationen und Gerichtshöfe, die Auflö— fung der demokratischen Miliz und die Auslieferung sämmt⸗ licher dem Staate gehörigen Waffen. Diese Proklamation rief Aufregung unter den Weißen und Jubel unter den Negern hervor. General Augur befragt, wie er die Befehle des Prä⸗ sidenten deute, antwortete, er deute sie dahin, daß er keinen der beiden Gouverneure anerkennen solle, sondern daß der Präsident sich die Entscheidung vorbehalte, ob die Noth⸗ wendigkeit für die Anerkennung irgend eines derselben sich ergeben habe. Die Demokraten glauben, General Augur werde nur einschreiten, um Blutvergießen zu verhindern.

Afrika. Dahomey. (A. A. C.) Wie Berichte aus Cape Coast Castle vom 24. v. M. melden, ist in dem Stand der Angelegenheiten in Whydah keine Veränderung einge— treten. Es sind indeß Gerüchte im Umlauf, wonach der König eingewilligt haben soll, die ihm von Commodore Hewett auf⸗ erlegte Geldbuße zu entrichten und den Handelsverkehr wieder zu eröffnen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Elberfeld, Freitag, 19. Januar. Nach dem Bekanntwerden des Resultats der gestern hier stattgehabten engeren Wahl, bei welcher Hasselmann (Soz.) unterlag, haben, wie die „Elber⸗— felder Zeitung“ meldet, mehrfache Excesse in der Stadt statt⸗ gefunden. Vor dem Geschäftslokale der „Elberfelder Zeitung“ war ein solcher Auflauf, daß die Passage ganz unmöglich war. Viele Personen wurden thätlich insul⸗ tirt, in mehreren Häusern die Fensterscheiben zertrümmert. Schließlich schritt die Polizei mit blanker Waffe ein und stellte die Ruhe wieder her. 22 Personen sind verhaftet worden.

Wien, Freitag, 19. Januar. Auf der Strecke der Süd⸗ bahn zwischen Steinbrück und Roemerbad hat heute Nacht eine starke Erdabrutschung stattgefunden, durch welche der Saufluß verschüttet wurde und eine Stauung desselben eintrat. Menschen⸗ leben sind nicht zu beklagen, auch ist kein Eisenbahnunglück vorgekommen. Der Verkehr nach Triest ist bis auf Weiteres nur über Klagenfurt, Villach und Tarvis möglich.

Landtags⸗Angelegenheiten. Dem Hause der Abgeordneten ist der in der letzten Session unerledigt gebliebene Gesetzentwurf, betreffend die

Ümzugskosten der Staatsbeamten wieder vorgelegt worden.