1919 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Mar 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Als Prôfungsstelle wird für die Erzengungsaustalten in den Provinzen Ost: Wid Westyreußen, Pommcrn, Brandenburg, Pofen, Schlesien, Sachsen und Schleswig-Holstein das Hvgteniide Irstitut der Tierärztlichen Dohshule in Berlin, für alle sibrigen tas ÖZnstitut für erperimentelle Therapie in Frankfurt am Main beftirnmi.

_ Die Kosten der staatlichen Prüfung einschließlich der dem Sach verständigen zu zahlenden Vergütung fallen den Erzeugungeanstalt-n zur Last.

Bis auf wrikeres ist an die Prüfungsstellen für jedes Liter der Gesamtmenge des von einer Anstalt gleihzeitig zur Prüfung ge- stellten gleihwertigen Serums eine Gebühr von 1 H, mindestens aber cine Gebühr von 100 6 für die Gesamtyprüfung zu entrichten. Werden von einer Anstalt mehr als 259 Liter Serum au} einmal zur Prüfung gestellk, so beträgt die Gebühr nur 0,75 4 für 1 Liter, mindestens aber 250 (4 für die Gesamtprüfung.

Die mit derx Tierärztlichen Hochschule in Berlin getroffenen -be« londeren Vereinbarungen bletben in Geltung. 8 6.

Die üter ‘diese Anordnung hinausgehenden Vorschriften der S3 T7—-85 meiner vichieuchenpolizeilichen Anordnung vom 1, Mai 1912 über den Verkehr mit VBiehbjeuchenerregern und über - dic Herstellung und Verwendung vou Impfstoffen bleiben au für Not- laufferum unberührt.

Die beamteten Tierärzte sind fernex befugt, nad näherer An- ordnung der Negiexungspräfidenten von dem im Berkebre befindlichen Notlaufserum und von den MNotlauskulluren, die zur Impfung gegen Notlauf der Schweine verwendet werden sollen, Proben zu Unter- suchungszwecken zu entnehmen. Zu diesem Zweck ist ihnen das Be- treten der INäumlifciten, in denen NRotlaufserum oder -tulturen feilgebalten oder aufbewahrt werden, sowie auch der Näumlichkeiten, in denen Notlauffulturen hergestellt werten, während der üblichen Geschäft8zeiten zu gejtatteu.

JHotlaufserum, das über 1 Jahr alt ift, ist zu besch{lagnahmen und-außer Verkebr zu seten.

Éd, C

Bei Einfubx von Notlaufserum aus dem Auslande bleibt vor- behalten, das Üntersuhungsverfahren von Fall zu Fall zu regelr. Vis zur Entscheidung über die Einfuhrfähigkeit verblcibt das Serum im Gewahrsam dex Zollbehörde.

N | Zuwiderhandlungen gegen tiese Anordnung unlerliegen den Straf- vorschriften L "S8"76 des Vickseuchengeseßes vom 26, Juni 1909 (Neicbs-Geseubl. S, 519).

8 9,

Diese Anorduung tritt fosori in Krast. Die vicbseuchenpolizei- tihe Anordnung vem 26. Februar 1917 (Reiche- und Staatsarzeiger Nr. 72) wird aitfgeloben.

Berlin, den 12. Februar 1919.

Der Minister für Landwirischaft, Tomänen und Forsten. U: Dr. eili.

Bo M über die staatliche Prüfung des Notlausserums. I]. Entnahme der Serumproben für die Prüfung. S 1.

1. Dic En!nahme der Serumprolen für die staatlide Prüfung hot in den Erzeugungöanstalten dur tie von ten Negierungs- präfidenten ernannten Sachverständigen zu ge {ehen.

2. Jede Anstalt bat die Serumproben mit cinem Begleitschreiben nach dem Muster der Anlage A an die zustäntige Prüfungöstelle zu senden. Auf den die Proben enthaltenden Gefäßen ist die im Be- aleitschreiben vermertte Kontrollnummer tes Serums anzugeben. Der „Fnhalt des Begleitfchreibens ist von dem Sachversländiaen auf seine

iti ú é Ls bo S 45 [4 T Y ne - Nichtigkeit zu prüfen. Die Begleitschreiben sind von ilun gegenzu zeicbnen. S 2,

l. Wird das m prüfeude Serum in der Erzcugungsanstalt in verschiedenen Behältern au!bewahrt, und ist cs niht nackwcislich von demselben Tiere bei einer Blutentnahme gewonnen, )o hat der Sa(h- verständige zu untersuchen uud nah Anhörung der Anstalt darüber zu entscheiden, ob und! inwieweit nach Maßgabe ciner in der Anstalt etwa angestellien Vorprüfung und der etwa vorgenommenen Mischüngen verschiedenartiger Sera die Gleichwertigkeit der in den verschiedenen Bohältern aufbewahrten zu prüfenden Sera als nac- gewiesen anzuseben ist.

2, Bon jédem gleichwerligen Serum bat ter Sachverständige yler-Proben zu je 5 cem zu entnehmen. Jst das Serum in ver- schietenen Behälter! untergebracht, so ist die Probenentnabme so einzurihten, daß die Proben Serum aus allen Behältern entbalten.

S.

Nach der Probenentnabme sind die die Proben enthaltenden Gefäße von den Sa@verständigen zu plombieren. Ebenso sind die BVBebalter, in diven ih tas zu puüscade Scrum befindet, mit einer Plombe zu verschlicken. Die Behälter "ind in einem von der Anst lt zur Verfügung zu Mtellenden Naum unter Mitwirkung des Sach- verständigen aufzubewahren.

8 4.

Vor der-Ptobencertzahmc hat die Anstalt dem Serum 0,5 .vH Phenol zuzufegen. Statt des Phenols kann auch ein anderes geeignetes Konse1vierungsmitiel, z. B. Tritresol, zugesezt werden. Die zugcseute Menge muß ausreichen, rm die Laltbarmazung sicher- zustellen (vergl. nackdfolzenden § 5 Abs. 5).

ll, Verfahren bei der Prüfung des Serums. l. Die Prüfung des Serums zerfällt in die Fesiskellung der Un- s{ädlidtcit und die Feststellung der Wertigkcit des Serums. Unfchà dlichkeit. 2. Ein Serum ist als uns{ädlid anzuschen. wenn es a) Har und frei von gröberen Verunreinigungen ift: b) mét kTeimtrei ist, jedenfalls in 1 cem nit mcbr als 100" FKetine. und ; c) nit mex ais 0,5 vH Phenol oder bei Anwendung cines _ondercn Kerservierungtmittels keme grèßere Zusauncenge entlälf als nah der Art des Konservierungämitte1s bei Verwendung dcs Sezums zur Impfung als unschädlich an- g&fcben wêrden“ kann.

2. Die Prüfung zu s erfolgt vurch matroftopishe Besichtigung. Das Serut1 darf einen geringen Bodensaß zeigen, soll aber uh längercmm Stchen im übrigen tlar sein. Zeigt das Serum bleibende allgemeine Tyübuüngen, 10 ist zu prüfen, ob die Trübungen a!s Zeichen der- Zersckung atzusehcn sind. Bejabendenfalls ist das Serum P vcrnictien. Anderufals sind die nötigen Anweisungen wegen Brau barmathung dks Serums zu geben. i

4. Die Prüfung auf Keungehalt erfolgt nah den gebräucblichen bakteriologishen Methoden. Es sind mindestens je 1 Agarröhrchcn, 1 Traubenzu@ter-Agärröhrhen und 2 Bouillon-Röhuchen mit ciner ab- gemessenen Setummnenge bet unverdähhtigem Serum je 5 Tropfen zu impfen. Däs Agarröhrhen ist in Platten auszugießen, von dem Traubeuzu hren werden Schüttelkulturen in hoher Schicht angelegt. Na 24 und 48 Stunden ist die Keimzahl auszuzählen. Völlige Keimfcetheit des Serums ist anzustreben. Sera mit mehr 61s 100 Keimen in 1 cem sind zurückzinweisen.

s. Zur Prüfung des Phenolgehalts werden einer Maus von 15 g Gewicht 05 cem Serum unter die Haut gespriyt. fo die

Maus keine oder mer unwésentlihe Vergiftung8ersheinungen, Jo ist anzunehmen, daß die Menge des zugefügten Phenols das zulässige

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Maß: nit übersleigt. Sind dem Scrum anderc Antiscptika zugesett, so ist je nach der Art des beigefügten Konfervierungsmittels zu prüfen, ob die zugesebßte Vtenge einersetns füc die Impfstiere unschäd- li ift, andererseits zur Sicherstellung der Haltbarinahung des Serums ausreidt.

Wertigfeit.

(6. Das Een muß mindestens 100 Zmmunilätse'nheiten

(I, G.) in cinen cem enthalten. Das Serum ist als diesen An- forderungen genügend anzusebten, wenn es in feiner Schußwikung niht biater der des Standardserums zurückbleibt. Als Standard- serum ist ein Serum anzusehen, das in der Regel in der Menge von 0,01 cem eine Maus pon 15 g Sewicht gegen die eine Stunde später nachfolgende intraperitoneale (Finfprizung von 0,01 cem einer 24 stündigen -Bouillonkultur virulenter Rotlauferreger zu schüßen verta. 7. Die VBirulenz der benußten Kultur muß dabei mindestens so hoh sein, daß nah Einspritung der Kulturverdünnung von 1: 1000 bis 1: 30000 ter Tod der” Tiere an NRotlauf ctwa nah 5—7 Tagen erfolat,

8. Die Feststellung der Mindestvirulenz der Kultur wind an weißen Mausen durch intraperitoneale Einfprizung von Werdüununzen einer 24stündigen Bouillonkultur mit physielogischer Fochsalzlsöfung in der Weise vorgenommen, traß jeweils 3 Mäusen je 0,5 ecm von jeder Kulturverdünnung, entiprehend der nahjiteßenden Uebersicht, eingesprizt werden. (s erhalten demnach: s

ciner Kulturverdönnung 3 Mause jeweils Bouillonkultur [o Cem ciner 24 stündigen —- je 0,3 cem 1/700 [7 M 000 " y " 1/000

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: 90000 [1000000 y ti G d - E A : 3000C0 9. Der Serumprüfungs8vei such ift in- folgender Weise aus- zufübren :

(#6 werden zwei Prüfungsreiben angeeßt, eine mit Stautard- jerum von 100). 1, das bei jeder Prüfung frisch'gelöst wird, und eine ¡weite mit den zu prüfenden Notlaufferum. / |

Bon jedem Serum erhalten je zwei (zusammen zwölf) Mäuse folgende Serumumengcen:

der Serumverdümnung Kochfalzlüöfung 0,005 =0,5cem einer Mis{ung vou 1 cem 1:50 4- 1 Cem 0,85% ODOOS S) h ¿ 0400 0400 O D ; S O L O0 UOIO 00 , ¿00 L014 O00 002 =0D- t i O08 L 0A 2 0B 0/08 0/9. k f B: L Aa O E O: OOD

10, Eine Slunde nah der Intpfung mit Scruni erhalten die Mäuse zugleich utt zwei unbehandelten Kontrollmäufen '/(6 cem 24 stündiger Boutliontultur virulenter RNotlauferreger in tie Bauch- höhle eingesprißt. WBei - regelrechtem Verlauf der L'erfuchsreiben müfsen die Kontrolltiere in zweimal 24 Stunden, spätestens in drei- mal 24 Stunden sterben. Außerdem müssen von den mit Standa1d- ferum bebandelten Tieren. diejenigen, welche tie kleineren Ser1um- mengen cingefprißt erhalten haben, mit einer Verzögerung von einigen Tagen cingehen, während die“mit den größeren Mengen des Standard- serums (meist ‘von 0/01 cam an) behandelten Tiere leben bleiben follen. Die eingegangenen Tiere werden zerlegt, um festzustellen, ob ewa interkurtente Krankbeiten als Todes- ursace vorliègen, Dic Beobachtung der Veriuchêtiere tauctt 8 Tage. Der Prüfung8abs{hluß findet am 9. Tage statt. Jst das zur Prüfvng gestellte Notiausserum ebenfalls 100 fa, so muß dice zweite Ver- \ulhsreibe cinen der ersten Versuch8rethe vollständig parallelen Verlauf zeigen. Sterben von dieser Reihe noch Tiere mit höheren Serüni- dosen als bei der ersten Prüfungsreibe, fo „ift der Prüfungsvetsuch zu wiederholen. Falls au jeßt Tiere mit hoheren Serumgaben des zu prüifenden Serums als în der Prüfungsreihe mit dem Stagndard- feram ftérben, fo ist ‘das Serum als nicht vollwertig zit bezeidnen.

11. Ueber den Verlauf der Prüfung ift eine genaue Aufzeichniung anzufertigen.

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111. Prüfungsergebnisse. S 6.

1. Von dem Ausfall der Prüsung ift der (rzeugungsan]talt fo fort durch Schreiben nah dem Muster der Unlage 8 Nachricht zu geben. Jst das zu prüfente Serum zwar nit tauglid, känn es aber durch ‘eine besondere Behardlung brauchbar gernaht werden, sd ift in dem Begleitschreiben genau anzugeben, in welcker Weise die Brauch- barmachung zu erfolgen hat.

9. schrift des Schreibens ift dem Sachverständigen zu üler- senden. S

Wil: j

1. Senn, das sich bei der Prüfung sch{lechthin als untauglih erwie feu bat, ist unter Fontrolle des Sachverständigen zu vernicten. 2. Serum, das -nach dem Prüfungöergebnisse zwar zurzeit un- tauglich ist, aber brauchbar gemachi werden tann, ‘ift zum- Zwecke dér Brauchbarmadumg if der Anstalt freizugeben, fofer nit von ‘der YInstatt die Braudtbarmacßuntz abgelehnt wird. Jn - leuterem Falle ist das Serum wie untauzgliches zu vernichten. 11 de Sadhbverfländige, in “geeigneter : Weise darüber zu- wachen, - daß * die Brauchbarmachung in der vorjeschricbenen Weife erfolgt. Nach der Brauchbarmacbunfg hät er. cine nohmaliae Prüfung dcs Serums nah den für die erste Prüfung bestimmten YNegeln zu veranlassen.

3. Serum, daß sich als taugli ewiesen bat, ift zur Abgabe

freizugeben. Die (*ntfernung der Plomben von den VBebältetn. in-

denen das Serum bis dabin aujfbewabrt war 3), und die Abfüllung

in die Versandfläs(cken darf nur Unter Kontrelle des Sachverständigen

erfolgen. : | O 4. Bei dem Versand. und der Kennzeichnung der. Gefäße, in denen das Notlausserum in den Verkehr gebracht werden soll, find die Bestimmungen im § 8 Abs, 2 meiner vichseuchenpolizeilihen Anordnung vom 1. Mai 1912 (Reichs- und Staat8anzeiger Nr. 105) z1 beachten. Auferdein sind die Gefäße unter Aussicht des Sach- verständigen zu plombieren. Die Plombe hat als Zeilen der Prü- fungsstelle auf der Seite einen Adler zu tragen. j E

Der Sachverständige hat über jede Prüfung eine Aufzeichnung anzufertigen, aus der ers1chtlich sind: 1. die Kontrollnummern des Seruns x 2. die Nummern und die Kennzeichnung der Pferde oder sonstigen Tiere, von denen das zur Prüfung gestellte Serum stammt, : . der Tag der Blutentnahme, . die Menge des zur Prüfung angemeldeten Scrumßs, 5. der Tag der Entnahme und der Absendung der Proben, ». der Tag de3 Eingangs des Bescheides der Prüfungsflelle und dessembésentlicher Inhalt, 7. der Tag der Abfüllung des Serums, 8. bei beanstantetem Serum dessen weitere Behandlung.

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Die Forstkassenrendantensielle für die Oberförstereien Torfhaus, Altenau, Clausthal, Schulenberg und Zellerfeld mit dem Amtssiß in Clausthal ist baldmöglichsi zu beseßen. Betwérbungen müssen bis: zum 22. März 1919 eingehen.

Anterufalls | hat der

W ohlfahrtspflege.

DieNäátionalstiftung:hat zurUnterstützung:dex Kriegsbinterbllebenen auferordentlichc Mittel bercitgefstellt. Die andauernde Teuerung aller Lebensvezhält - uisse lat mit. Beendigung des Krieges eine weitere Versbärfung er- fal:ren und die ohnehin traurige Lage der Kriegshinterbliebenen | noch ungünstiger gestaltet. Hinzu kommt noch, daß weite - Kreise der Kricgshinterblicbenen die biéher die Familienunterstüßung ‘erbkelten, mit dem plößlichen Fortfall derselben vor die äußerte Notlage ge- stellt werden. Die Naticnalstiftung hielt es daher für thre: Pflicht, gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt ‘der größten Not einzutreten und alles daran zu séyea, den bèdürstigen . Hinterbliebenen - über die jegigen jo: -außerorbentlih \ s{wierigen Reiten | hinweg- zubelfen. Dur Beschluß des Präsidiums der Nationallitiftung wutde ter für das laufende Unterhaltungsjahr. freigegebene} Bettag vorerst auf 9} Miliionen Mark erhöht, und darüber hinaus sollen einzelnen auch dann - noch hilisbedürftig bleibenden Landesaußschüssen besondere, von Fall zu Fall zu bemessende Zuweisungen aus ‘ren noch verfügbaren Mitteln des Ausgleichsfon ds g werden. Diese Besdlüfie treten als Notstandsmaßnabmen jofort ‘in - Kraft. erner sind in Anbetrat der gegenwärtigen: Notlage au aus den Sonder« stiftungen noch Mittel im Nahmen- der für die einzelnen Sóönder= stisturgen “gegebenen Zwedtbestimmungen bereitgestellt, jo daß für das laufende Unterstüßungsjahr der Gesamtbetrag der von der. National- stiftung und den ihr angeschlossenen Sonderstistungen bereitgeftellten Unterstüßzungögeldcr rund 153 Millionen Mark bei cinem Stiftungs» vermögen ton rund/107 Millionen Mark beträgt.

Bauwesen.

Die Arbeiten des Normenausschusses de® deutshen Industrie, der es sh. zur Aufgabe gema hat, tur Schaffung von Einheitformen zur Vereinfachung der Betziebe urxd zur erbêhten Ausmtzung der Rohstoffe und Arbeitskräfte hei- zutragen, seiten rüstig vonrärts. Es sind, wie im „Zentralblatt der Bauverwaltung“ umitgeteilt wird, bis jeßt 122 Entwürfe für (S inheitformen aufgestellt worden. Nachdem liber die wichtigen Fragen der Gewindesysteme, der einheitlichen Be« zugêteimmperatur und des einheitlichen Pafsungssvstems etne (“inigung erzielt worden -iît, könnten in rascher Folge die: Nortm- blätter für Gewinde, Fassungen, Schrauben nebst: Zubehör und Gntwüitfe für Niete und Transmissionsreile - veröffentlidt werden, Wertvolle Beiträge zur Verbilligung nnd Vereinfachung . des“ Klein hausbaues hat inzwischen auch der Fachausfchuß für das Bauwesen geliefert, der Nermblatientwürfe für Holzbalkendecken, -Fénster und Türen aufgestellt hat und nunmebr ' mit dex Aufstellung von Normen für Treppen, Beschläge, -Dachstühle, “Griínb- risse, Schorusteine, - Pflastersteine, Haus randöfen, Kanialisation8- gegenstände. Tonröhren, Zementrößren beschäftigt ift. In Würdigung der vom NormenaussGuß für die Umitellung auf die Frieden tèrtigüung geleisteten wichtigen Arbeit haben die Behörden - und ‘in tustriéllen Firmen dur Zuscbüsse das Bestehen des Normenaus- \husses füc absehbarc ¿Zeit gesichert. Es ist dllerdings dringend“ er- wünscht, daß tem Normenausschuß noch weitere Mittel zufließen, ur die zahlreichen s@weberden Aufgaben etner, baldigen Löfung: zu= führen zu“ fönnen. i

: Verkehrswesen.

Für das von den polnishen Truppen besegte preußische Gebiet ist vom 3. ‘März ab der Dn Posftschect-, Nachnahmebritf- und Pofstauftragsverkehr wieder zugela)sen.

Theater und Musik.

Jir Opernhause wird morgen, Mittwoch, als Fest yor- stellung für die oftafrikanischen S{bußztruvpcen „Der - Freishún* mit ‘den Damen Dux, Sax und den r Zadlowter, Knüpfer, Stocl, Bronsgeest, Habich und Krasa in den Hauplrolien aufgeführt. Musitalischer Leiter ift Dr. Friy Stiedry. Anfang 7 Uhr. : : i 4

‘Im Schauspielhause werden: morgen „Die Kreuzel- schreiber“ in ‘der gewohnten Beseßung gegeben. Anfang "7 Uhr. Spiclleiter ist Albert Patry. L i /

Im Deutschen Theater sind zurzeit die Proben zu ciner Neucinstudienmg von Gerhart Hauptmanns Drama „Der ‘arme Heinrih® unter der Leitung von Felix Hollaender im Gange« Veit ter Auitühxung dieses Werkes find elf. Stücke Haupt- manns dem Spielpian der Reinhardt-Bühnen einverleibt, ünd zwar: „Schluck und? Jan“,* „Die Ratten“, „Winterballade“, ¡Kollege Crampton”, „Fubrinann - Hensel", „Rése Bernd“, „Michael Kramer“, - „Der Biberpelz", - „Hanncles Hinimelfahrt*®, - „Gia ; „Der arme Heinrich“. Diese Werke werden, ergänzt dur - [I einftubieruntgen weiterer Stücke des Dichters, in der nächften Spiel- ¿cit in Form eines Hauptmann-Zy!lus dargestellt werden. ; /

(Fortsezung des Nichiaintlichen in der Ersten Beilage.) M

Theater.

Overnhaus. (Unter -den Linden.) Mitiwcch: 243.- Karten- refervesazz Der Daueibezug, tie : ständig vorbebaltenen “sowie ‘die Dienst: und Fretpläge sind aufgehoben, Festvorstellung für ‘dic ‘ofst- afrikanis@e Schußztrupve: "Dér Freischütz. " Nomantishe Oer in drei Abteilungen (1m Teil nah dem Volksmärchen „Der rreischúg“) vou F. Kind. Musif von Carl Maria von Weber.

tusikalische Leitung: Dr. Fri Stiedry. Spvielleitung: -Karl Holy. Anfang 7 Ubr. |

Schauspielhaus. (AmGendarmenmarkt.) Mittwoch: 64. Dauer- bezugsvorstellung. Dienst- und Freipläge sind aufgehoben. - Die Kreuzelschreiber. Bauernkomöciè mit Gesang in drei Akten 6 Bilder) von Ludwig Anzengruber. Spielleitung: “Albert Patry. nfang 7- Uhr. j i

Donnerstag: Opernhaus. 60. Dauerbezugsvorstellung. Fidelio. Oper in zwei Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treit\{te, Anfang 7 Uhr.

Sthauspielhaus. 065: Dauerbezugsvorstellung. Diensk- und éreipiäße ‘find aufgehoben. Othello, der Mohr vou ‘Venedig. Trauerspiel in fünf Aufzügen von - Shafeipeare.. Spielleitung : Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr. Le

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Verantwortlider SHhrifileiter: Direktor Dr, Tyrol; Cbatlottenbura, Verantwortlich für den Anzei il: Der Vorfteher der Geschäftsstelle l Vdechnumagsrat tenaerina im Berlin. i t: 4 _… Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. [Y

Druck der NorddeutisSen Buchdruckeret und Verlagsanstalt; | : Bela Wi

Siebea Beilagen (cins{licßhlih Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 19)

Ersie Beilage

zum Deutschen Reich8anzeiger und Preußischen Staatsauzeiger.

NAicßtamtlihßes.

Deutsche Nationalversammlung in Weimar.

19, Sißung vom Montag, dem 3. März 1919, Vormittags 10 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)

Am Regierungstisch : die Reichsminister Dr. Preuß, Erz- berger und andere

Präsident Fehrenba ch eat die Sizung kurz nach 101/4 Uhc mit folgender Ansprache, welche die Mitglieder des Hauses mit Ausnahme der U. Soz., stehend anhören:

Meine Damen und Herren! Gestern sind unsere Ostafrikaner eli in die Reichshauptstadt eingezogen. Es ist der parlamen- u Vertretung des deutschen Volkes nit vergönnt gewesen, sie randenburger Tor zu begrüßen. Dafür soll von bier aus der herzichste Gruß sie tn der deuten Heimat willkommen heißen. (Allseitige Zustimmung.) UÜnechört waren die Müh'ale und Sträpázen, mit denen sie lauge Jahre. zu kämpfen gehabt haben. Jr bellstem Glanze erscheinen die kriegerischen Taten, die fte gegen einé Uebérmacht von Es vollhrahten. Ihre Nückkehr in die Heimat schildert die Kultur- und Miffionstätigkeit, welche deutsche Böôrgex in immer une Energie in fieberheißen Gestaden nid în waldigen Wildnissen verrihtet haben; sie schildert auh den reihen Segen, den diese zivilisatorishe Tätig- teit zum Besten eines hoffnungsreihen Landes verbreitet hat; ste wird aber auch erzählen von der Dantbarkeit, welche die cein- heimische Bevölkerung der opferbereiten Wirksamkeit entgegenbrahte, und ‘von der Treue, mit ‘der die einheimischen waffenfähigen Mann- \chasten zu unseren deutschen Soldaten standen. (Lebhafter Beifall.) Ghre und Dank, unsterbliher Nüuhm dem Führer dieser tapferen Swar, dem General von Lettow-Vorbeck und jedem einzelnen seiner Offiziere, dem Gouverneur und seinen Beamten und der gesamten deuts{en Ansiedlershaft von Ostafrika. Jn dieïen Zeiten der Grausämkeiten haben au . unsere Feinde die Heltentaten unserer Oftafrilaner gewürdigt und haben in anzuerkenñnender Nitterlichteit ibnen den ehtenvollen Abzug und - die Nüctkehr in die Heimat gestattet. Diese Gefinnung muß, wenn unser Glaube an die Menschheit nicht verloréñ gehen [gl sie aber auch beherrschen bei der Lösung der Schictsälsfrage des Friedens\clusses. Unserem \chwerleidenden Volke U f leúhtende Beispiel diefer tapferen Heldenshaar beweisen, wis fester Zusammenhang und treue Brüderlichkeit auch in den s{limüflen Lagen zu leisten vermag. - Sie haben sich zu Ehren der Ostafkikäner von den Sizen erboben. Ich stelle dies fest. (Wieder- ho!terallfeitiger, großer Beifall.) i Auf der Taaesorduung steht die Fortsezung der ersten Bergtung des Verfassungs8entwurfs.

__ Meichêminister/ des _Jnnern Dr. Preu ß: Von den Nednern der heiden jozialdemoktratisch-n Fraktionen ist cine Verstärkung und Ver- mehrung Ter soztälpölitishen Bestimmungen des Verfassungsentwur1s gewünscht, und cs. ist dabei getadelt worden, daß, soweit solche im (Intwour} vorhanden seten, sie zu allgemein und unbestimmt gefaßt seiéu. Aber die Verfassung kann sich auf Einzelheiten nit einlassen, und “thre Aufgabe kann nur sfcin, die Zuständigkeit des Reichs für a9, was wir. jéßt Sozialisierung“ nennen, in mögli weitem Mäße. festzustellen. Dann ist dié Stellung- des Neichspräsidenten teifisiert worden, Wenn der Präsident durh Auflösung des Neichs- tags" von. den gewählten Abgeordneten an ihre Wähler Berufung cinlegen fänn, fo fann andererseits der Reichstag dur einen Antrag auf Abberufung des Präsidenten ün Wege der Bolksabstimmung von diesem Erwäblten des Volkes Berufung an dessen Wähler ein- legen. J würde es für richtig halten, beide Bestimmungen au!- recht zu, erbalten. Andererseits ist getadelt worden, daß der "Präsident \trafrechtlich und s\taatsrehtlich nit genügend lerausgéhnben worden fet, cs entspreche nicht der “Würde des ReichPräsidèn!en, eventuell für strafrehtlihe Handlungen verant- wortli@) geinacht zu werden. Noch weuiger entspricht es der Würde des: "Reichspräsidenten, strafrechtlide Handlungen zu begehen. (Sehr gut!) Im übrigen: wir wollen und können keinen Princéfs legibus solutus einführen, wir wollen vom Standpunkt der Demokratie aus die unbedingte Unterwerfung aud des Reichs- oberßäupts unter Net und Geseg restlos durchführen: in der - Vetantwortlihkeit dem Gesey gegenüber soll tein Unter- ihi@ Fn zwichen dem Metchsoberbauyt und dem geringsten Bürger. Im übkige1 hängt mit der Frage des Präsidenten noch eng zu- sammen die Frage ter Prâsidemen der Gliedstaaten. Darin kann man mit den Herren. Rednern der Ovvosition der Rechten einig gehen, wenn sie eine Verstärkung dec Ne:chsmacht verlangen, In ißrem Lobe der früheren Verfassung muß ich ihnen allerdings witer- fprechen. Gs ift ja rednerisch cine chr verteilhafte Situation, wenn dic Vertreter des Altèn hinweisen auf die Jahre des Glüds, der Macht und des Aufichwungs unter der alten Verfassung. Steben denn aber jene Jahre des Glücks und des Aufshwungs in einem ursächlihen Zusammenhang mit der alten Vezrfassmig. oder habén wir nicht vielmehr dieien Aufschwung nicht wegen dieser alten VBerfássung, sondern troß ihrer erlcbt ? (Sehr richtig! links. Leb- baftèr Widerspru) rechts.) Die entscheidende Feuerprobe des Un-

® ald bat der- alte Zustand nit bestanden. (Sehr richtig! lints.) Und nicht an glücklihen Zuständen ist die Kraft einer Verfassung zu bemessen, sondern an dem, was sie im Unglück, im Leid und im Niéderbruc) hätt. (Sehr richtig! links.) Nach dem Zusammenbr1: ch war die alte Verjassung unhaltbar. Gewiß hat die militärische

und Vernwältunrgömacht Preußens das Alle zusammengehalten : es war eine Versicherung der Fürsten auf Göègenseitigkeit. Könnten wir deni, Teldst wenn wir woÜten, das wtederherstellen? Nein. Die einzig mögliche tragbare Gruñdlage ift jeßt die demot:atiïde Selbst- bestimmung Les Volkes. Das Beterntnms der Redaer von der

Rechten zu einer Stärkung des Neis ift uus besonders wertvoll.

Allerdings haben mi die Worte tes Abg. Dr.- Heinze etwas an die

Politik der Nationalliberalen Partei in ibrer Blütezeit erinnert :

in der ersten Lesung das volle Bekenutnis zu den Grundsätzen

des Liberali9mus, ‘in der zwéiten Lesung Erwägungen, daß auch die, tonservativeu Gesichtépuntte von Bedeutung seien, und in der dtitten Lesung im aroßen und gamen Annahme der ton- fervaliven Vorschläge. (Heiterkeit.) So stellt der Abg. Heinze auch an die Spitze den Vordersag: Alles ‘für das Neich, dann fommen die Aber und zuleßt die Verweigerung der wichligsten. Dinge, die das Reich braucht. (Sehr richtig! links.) Herr Heinze will die bescheidensten Nonnativbestimmungen für. die Einzelstaaten streiten, wie z. B. die strenge Scheidung zwischen Finanzen des Reichs und der Gliedstaaten. Von anderem Schrot und Korn waren die

Ausckfübrungen des Abg. von Delbrück. Jh muß ihm eigentlich dankbar

sein für das Lob meines esten Entwurfs. Ich erlebe ja das

jet mehrfacs, viclleiht sagt man : freundliche Leihenreden für eine tole Sache! Aber vielleicht sind etliche (Grundgedanken dieses ersten

Entwurfs. ihrer fröbliden Auferstehung vähèr, als man glaubt. Die

Meichsrégierung müßte zunächst versudcu, in Uebereinstimmung mit

den.“ Gliedflaaten zu kommen. Jaden "wichtigsten Pünkten

|st “diese Ucebereinstimmung, erzielt worden, wie jn ‘deu

Berlin, Dienstag. den

wichtigsten Punkten über Reichstag, Neicks- präsidenten wid Eri: Dér “Abg. von. Delbrück möchte eine Erste Kammer mit berufsftändisher Vertretung haben. Wenn man für diese berufsständische Vertretung au die Arbeiterräte in die Verfassung aufnähme, würde sich vielleißt auch die Linke damit befreunden. Aber dem ganzen Gedanken der berufsständisen Ver- tretung stehen überwiegende Bedenken gegenüber. In mancher Be- ziehung würde ich auch heute noch cin Staatenhaus vorztehen ; die in cinem Neichörat unvermeidlide Ausnahmecbehandlung Preußens würde in einem Staatenhau}e weniger notwendig sein. Im Stiactenbaufe tönnten au große Landesteile Preußens, wie 9heinland, Hessen, - Hannover, ebenso wie Baden und Württemberg eine befondere Stimme erhalten, ohne daß dadurch eine Zershlagung Preußens bedingt wäre. (Sehr rihtig)) Die Gliedstaaten legten aber enut- scheidenden Wert auf ih:e Peitwirkung ‘an der Verwaltung au in beschließender Form, und fo hätte neben dem Staatenbaus do nob_ ein Reichsrat bestehen müssen. Demacgenüber febe ih in dem Reichsrat ohne Staatenba:s das kleinere Uebel. (Sehr ricztig !) Ibobefricdigend ist im wesentlichen nur die Aufrechterhaltung der Sonderrechte. Den Widerstand der Gliedstaaten gegen die Auf- bebung dieser Sonderrehte kann man von ihrem Standpunkte aus begreiren. Nachdem die Vertretungen der Gliedstaaten gezeigt baben, mit welder Bravour fie an diesen Rechten festzuhalten ver- suchten, und nacbdem sie jeßt einem nahezu ges{lossenen Willen der Nationalversammlung gegenüberstehen, hoffe ib, daß nunmehr eine friedlide und freundschaftliße Vereinbarung zu erzielen sein wird im Sinne ciner Vereinheitlihung der Neichsgewalt auf dom Gebietc des Milttär- und Verkehrêwesens. Ueber die Stimmung der Nationalverfammlung kann nah den Aeußerungen der bis- herigen Redner nit der geringste Zweifel sein. und die Regierung stimmt damit voll überein. Die Regierung hat bis zum äußersten versucht, dnrch Verhandlungen mit den Gliedstaaten eine Einigung herbeizuführen. Man hat der Negierung Schwäche vorge- worfen; das weitere Schicksal der Verfassung wird hoffentlich zeigen, wie stark cine demofratiiche Regierung ist, wenn fie getragen wird von einer demokratishen, zur nationalen Einheit ents{losseren Boiksvertretung. (Lebhafte Zustimmung.) Diesen Beweis durch den Abschluß des Verfafsungswrrkes zu erbringen, das ist eine Auf- aabe, deren Wsung die Nct der Zeit möglichst \{nell erfordert. Die Not zu bannen, geht über die Kraft jedes Einzelstaates, au Preußens. Nur das einheitliche Reih wird die Gefahren bannen und über- winden, die nicht jedem Einzelstaat nur, sondern dem Reiche ins- gesamt droben. Abèr Eile tut not. (Beifall.)

Abg. A lpers (Welfe): Die Erkenntnis von der Gefährlichkeit des preußischen Zentralismus zeigt sih in wachsendem Maße auch in Norddeutschland. Der Nuf der Hamburger Hardels- und Schiffaßrts- kreise „Los von Berlin“ entsprang der Abneigung gegen den preußischen Zenzralismus, der vereinigt, was nicht zuetnander paßt, und ausetnanderreißt, was zusammengehört. Die Anhänger des Zentralismus E, daß die Eibe seit Jahrhunderten ein Grenzfluß gewesen ist. Hannover führt seit 50 Iabren einen Kampf“ ums Recht, und es müssen im Auss{uß Mittel und Wegc gcfunden wetden, um eine WiedergutmaGung des tiefverleßten Nechtsgefühls der Hannoveraner zu erreichen. Nicht dur Vertrag, jondern nur durch Gewalt if Hannover an Preußen gekettei. Das ganze hannoversch2 Volk fordert eine Beseitigung des Unrehts von 1866. * Wenn in Deutschland nux der Nechtsgedanke berrs{cht, dann wird auch das Mißkrauen, tas in der Welt gegen Deutschland be- steht, vers{winden. Im neuen Deutshland muß es au ein freies Hannover geben. Wir haben bei der Neichsregterung eine Volis- abstimmuvg beantragt und find sicher, daß dabei si eine gewaltige Feet fur das [freie Hannover euts{eiden . wird. {Vereinzekter Betiscll.)

Preuzis@er Justizminister Heine: Die bis zur Entscheidung durh dic preußische Laudesbersamwlung nur vorläufige preußische Negterung tandelt sicher mit der Zustimmung des überwiegenden Teiles des preußishen Voltes, wenn sie bier ein freudiges Be- kenntnis für den NReieégedanten und für den Ausbau des Reiches ablegt. Däs Deutsche Reich 1 unter preußischer Führung zustande gekommen, "und Preußen würde si selbst verleugnen, wenn es dem Meichsgedanken untreu werden wollte. (Zustimmung.) Wir verstehen unter der Einheit des Reiches ni@t eine Unter- drücung der Stammegseigenarten der deutsden Laubdsmannschaften, wil wissen vielmehr, daß nationale Einheit nur mögli. ist auf Grund fultureller Gemeinschaft, und wir verkennen die Be- deutung der kulturellen Sonderheit jür das starke Leben eines Bolkes durchaus nicht. Aber wir betonen mit besonderem Nachdruck daß das deutsche Volk bei allen ÜUntersWieden in seinen Stammcs- etgentünmlicteiten eine gemeinschaftlidbe deuts&e Kultur besikt. (Beirall.) Darum hat das dentsche Volk das Recht auf Einheit. Wenn der Gedanke der Einbeit in der Verfassung zum Ausdru tommen soll, so ist das nur ein Ausfluß des Geistes, in dem das ganze Verfässungswerk vollendet werden soll. Deutschland wuß nach aufen und nah innen festen Boden unter den Füßen bekonmien. Diesen festen Boden aber gewinnt man nicht dadurch, daß mon das was' im deu!schen Velke noch räftig und lebentvoll ist, zerstört (Sehr 1ichtig!), daß man die arößte Einheit, die es in Deutsch- land gibt, zerreißt. (Erneute Zustimmung) Was der Borredner fordert, kommt - einer Zerstückelung WPreußens glei; diese aber ist unvereinbar mit der Befestigung eines einheitlichen uvd f\tdrfen Neiches. (Vereinzelter Widerspruch.) Die alten dynastishen. Sürden find für heute kein Beweis mehr. (Sehr richtig! linfs.) Wir wollen nit zurück schauen, sondern vorwärts. Preußen besißt immerhin cine große einbeitlihe Verwaltungs- organisotion, mag fie au einès gründlihen Auébaues bedürfen. Es bat Finanzen, die fh wieder erholen könne, es hat- ein CEisenbabn- \vslem alles" Kräfte, die, vernihtet, auch eine Schwächung des Reiches bedeuten würden. “Wir Vertreter Preußens im Staatenauss{chuß baben stets den Ginheitsgetanken vertreten und haben vor einer Uebérspannung der Sondenvünsche gewarnt. Preußen hat fich bereit ertlärt, daß jein Heer zum Reichsbeer, seine Eisenbahnen zu Reichéeisenbahnen „gemacht werden, es hat die größten Zugeständnisse auf firanzpolitishem Gebiete gemacht. Preußen kann nun aber au erwarten, daß es, nachdem es si der Cinbeit des Neiches so weitgehend zur Verfügung gestellt hat, eine gleiche Bereitwilligkeit von anderen Seiten erfährt. (Sehr richtig! links.) Phantaslishe Pläne, die ncht aus dem Bedürfnis des ganzen vreusisben Volkes hbervorgehen und die darauf hinaus- laufen müssen, Preußen zu zerstückeln, weil dieser oder jener Teil des Volls es bequemer findet, cine eigenen Wege zu geben, {ônnen wir nit verantworten. (Sehr richtig! Unruhe bei den Welten.) Dos Meich, aufgebaut auf einem zerstückelten Preußen, wäre ges{Gwäht uid Preußen elbst wäre nicht nur materiell, jondern vor allen Dingen aud moralisch geschwächGt. (Sehr ritig!) Der unglückliche rien hat viel Anlaß zu Streit und Zwietracht und zu Eifersichteleten gegeben, aber über diese Wir- kungen des Krieges hinans müssen wir den Weg zu einem cinheit- lichen deutschen Geiste finden. (Veifall.) Lassen Sie daber alles fallen, was. die Retbungen und Feindshaften nur noch vermehren würde! (Sehr ridtig!) Es ist jeßt wirklich nicht die Zeit, daß wir uns {n einem Bruterkampf gégenseltig zersleischen könnten. (Sehr richtig!) Würde man Preußen zerreißen und “seine Kräfte {chwädcen, [o- wäre das- das schlechteste Beispiel für“ die Einheit Deutschlands,

organifatoriicy

1919.

© wäre nit ein Weg aufwärts, sondern abwärts, nicht ein Weg Vorwärts, sondern zurück, ein Weg zum Untergang. Die preußische Negierung verspriht, alle ihre Kräfte in den Dienst des Einheits- zer vi im Reich zu stellen. (Lebhafter Beifall bei der Mehrheit. nruhe.

__ Abg. Vogel - Nürnberg (Soz.): An die Tradition- von 1848 läßt sih nicht anknüpfen, wenn eine neue Verfassung für das Deutsche Reich beschiossen werden foll. Damals haben wir eine. bürgerliche Revolution gchabt, die jeßige ist cine proletarishe. Sie ist der Be- freiungskampf der Arbeiterklasse. Die Ueberführung der Erfolge und Ziele der gewaltsamen Umwälzung in eine geseßmäßzige Ordnung stellt uns vor befondere Schwierigtieiten, weil bisher ein Beispiel ciner gelungenen sozialistis@en Revolution nicht vorliegt. Aber mit einem Schlage die ganze bestehende Gesells{aftsordnung umzukrempeln, ist unmöglich. Sozialisierung kann nur s{rittweise und nur für ganze Betriebs- zweige, niczt für einzelne Betriebe erfoigen. Die Durchführung er Sgzialisierung auf internationalem Wege, wie sie Eisner in einer feiner legten Reden noch propagierte, ist ein zu unsicherér Fattor, als daß wir in unserem totalen wirtschaftliGen Nieder- bru und bei der Verarmung der ganzen Welt darauf unseren Neubau errichten Föanten. ie gesamten Bodenschäße müssen umgehend in den Besiß des Staates übergeleitet werden, und ¿war tann das ohne jede Entshädigung gesehen. (Hört, hört! rechts. Beifall bei den Soz.) Das wertvollste Gut der Nation; dié ‘“lrbeitétraft, muß unter den Schuß des Neichs gestellt werden. Nicht Arbeitszwang, tondern Arbeitépfliht, Sicherung eines ge- wis n Er-stenzminimums und Erwerbs- und Atbeitslosenfürsorge missen sichergestelt werden. Etrafte Einheit der Gesetzgebung it erforderlih auf dem Gebiet des Bergbaues, aber auch insbesondere im Gesundheitswesen und im Schulwesen. Das RNReichsgesundhcitêamt is cinflußlos geblieben, weil es keine Crefutive hatte; das Neich muß selbständig Erhebungen auf dielem Gebiete vornehmen dürfen. Gewisse Grundfragen auf dem (Zebiete der Volksschule müssen durch das Reich geregelt werten. Ein Mindestmaß von guter Voltsshulbildung muß für jed L deutsche Kind sichergestellt fein. Nicht nur die Sorge für die ihulentlassjene Jugend, sondern auch die Pflege und Erziehung der noch nicht s{ulpflihtigen Kinder muß auf eine reih8gejeßlide Grundlage gestellt werden. Auf dem Gebiete des Verkehrswesens, der Wehrmocht 12d der Finanzen muß dem Reiche die Souveränität zustehen. (inbeitlihkeit des Verkehrswesens und der Reichseiser- bahnen halte ih auch im Interesse Bayerns troy aller Vorzüge des bayerischen Eisenbahn- und Postwesens für richtig. (Hört! Hört!) Herr von Delbrück «aiblickt in einer starken Stellung Preußens die Krast der Neichseinheit; wix glauben, daß erade in der Hegemonie Preußens die Ursache unaufbörlicher

eibungen lag, die zu der Unfruchtbarkeit im Innern und dem Unglück in der äußeren Politik wesentlich beigetragen haben. (Sehr richtig! bei den Soz.) Die partikularistisen Neigungen im Süden. in Mittel- und Norddeutschland sind im wesentlichen dem Gefühl ent- sprungen, daß den Einze!staaten ihre Selbständigkeit nicht zugunsten cines einheitliden Neis, sondern zugunsten Preußens beshnitten würde. Durch das Treiben der Kriegsogesellschafteu ist dieses Gefül:1 noch verstärkt worden. Wohin das {ließli geführt hat, zetgt das Beispiel von Bayern ‘und Braurscdbweig, wo sich eine seltsame Vérmischung radikaler RevolutionspPolitik mit der ältesten, von jedem revolutionären Gedanken abfolur unberührten Bürokratie bherausgebildet hat. Ob und wieweit zur Ausschaltung der Hege- monie Prcruß-ns eine Zershlagung Preußens nouwvendig sein wird, hängt iavon ab, mwelhe entgültige Lösung die Fragen tes Ver- kehrewesens, der. Wehrmacht und des Finanzwesens finden werden, in tenen bichér die Hegemonte Preußens am festesten verankert war. Unsere endgültige Stellungnabme zur Präsidentenfrage hängt davon ab, welche Befugnisse dem Präsidenten zugedilligt werden. Nach den Grfabrungen in. England und Frankreich steten wic dieser Frage be- sonders tritish gegenüber. Die ganze Staaisgewalt, so heißt es in der Verfassung, liegt beim Volke. Machen Sie das Wort wahr, forgen Sie dafür, daß Deutschland bald wieder eine führende Nation und ein bocgeadtetes Glied im Bunde freier Völker werde. (Beifall ber den Sozialdemotraten.)

GBegen 1 Uhr wird die Weiterberatung bis 4 Ußr aus- geseht. /

Um 4 Uhr 20 Minuten werden die Verhandlungen wieder aufgenommen. A

Abg. Dr. Beyerle (Christl. Voltksp.): Die bayerishe Volks- partei vertritt den Gedanfen einer Weitergeltung des bundesstaat- liden Gharatte;s und einer Gewaltenverteilung zwishen Reih und Gliedstaaien. Wir wollen gegenüber den Unitacisierungsbestrebungen die berehtigten gliedstaatlihen Jyuteressen gewahrt wissen. Der Unitarismus gipfeir heute in der Forderung. daß mit Beseitigung der Monarchien auh die Gliedstaaten fallen müssen. Dieje Forderung seßt zu der ersten Revolution gegen die Fürsten und den Militcritmus eine zweite Revolution gegen die Cinzelstaaten Das Ziel des Unitarisinus ist nit erreickbar obe Zertrrümmerung der einzelstaatlihenu Staatsgewalt. Wir wollen nicßt mittelalterlihe Stammesherzogtümer wieder aufcichten, sondern dem heutigen sozialen Volksförper ein Haus s{Gaffen. Wer eine Lant- karte des neuen Deutsclands entwerfen will, darf #ch nicht auf ein Prinzip festiegèn, \ondern Art und Stammverwand! schaft, landwirt- \castliche und wirtschaftlihe Zusammenhänge wollen dobei berüdck- sihtigi werden. Der Bundesstaat entspricht dem Wesen des deutschen Volkes; er i} ein Hort hoher Kulturwerie. Die Annahme des vor- liegenden Verfassungsentwurfes würde Ee weiteren Ausdehnung der Reich8gewalt auf Kosten der Gliedstaaten das Tor öffnen. Die Revolution hat so viele Trümmer geschaffen, daß man nit ohne Not die festen Stüßen noch umstürzen follte, die für das Reich in ben Gliedstaaten bestehen. (Sehr richtig!)

NReichäminister Dr. Preuß: Niemañd verkennt die kulturellen Leistungen der Einzelstaaten. Aber es ist doch eine deutsche Kultur ! Die Großeu von Weimar waren deutsche Kulturträger, nicht Träger einer Weimarer Kultur. Der Vorredner, ist wie ih Staatsrechts- lehrer; würde ich die von ihm begonneñe Polemik fortseßen, wir kämen überhaupt nicht zu Ende. (Heitere Zustimmung.)

Abg. Dr. Dueringer (Deutschnat.): Inristisch und staats- rechtlich ist der Preußshe Entwurf einer Verfassung der deutjchen Republik musterhaft. Aber er ist zu akademish, zu wcltfremd. Er überfiebt die Bedeutung, die auh beute nach der Revolution die deutschen Mittelstaaten noch haben. Gegen etwaige Pläne der Zer- stüdelung Preußens. erheben wir schärfsten Einspruch. (Beifall rets.) Daher lehnen wir au die Losreißungsbestrebungen der Hannoveraner ab. Zweifellos besteht in den Fraktionen eine unitarische Tendenz, schon weil sie fich aus Vertretern des ganzen Reichs zusammepnsegzen. Von der Reichsregierung hoben wir bis jeßt Schöpferisches nicht viel gesehen. Wir treten für Erste Kammern in -dên Einzelstaaten ein. Unter allen Umständen halten wir fest an einem verfassungömäßigen Schu des religiöfen Bekenntnisses, verlangen eine Sicherstellung Beri Kirhe dur Aufnahme von Normativbeftimmungen in der Verfassung. / j

Aba, Dr. Schueccking (Dem.): Das Verhältnis zwischen dem Reich und Preußen hat im. Laufe der Jahrhunderte viel Waubluigea erfahren, Dem Zeitalter „Preußen gegen das "Reich“- folgte 113

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