1897 / 7 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Bei den indirekten Steuern, welhe mit einem Mehrübers{huß von 4 199 000 4 veranschlagt find, fungieren die Erträgnisse der neuen Stempelsteuer zum ersten Male und sind die Mehreinnahmen von der Stempelsteuer auf 3 Millionen Mark veranschlagt. (Hört, Hört! links. Heiterkeit.) Meine Herren, das wäre ja ganz erfreulih (Heiterkeit), wenn das Hört, hört! nur richtig wäre. (Heiterkeit.) Aber diese Stempelsteuer war auch {on im Steigen vor dem Eintreten des neuen Gesetzes (Heiterkeit.) Die Stempelsteuer hängt mehr als jede andere von dem Gang der gewerblihen und industriellen Bewegung ab, und wir haben au in früheren Jahren das immer erlebt, daß in Jahren, wie die j-tigen, die Stempelsteuer sehr erheblich stieg. Nun kann ih nicht bestreiten, daß möglicherweise ein niht unbedeutender Betrag dieser 3 Millionen Mark in dem neuen Geseg liegt. Aber ich kann Sie versichern, nit ein Spezialtehniker in meinem Ministerium if im stande, Ibnen zu sagen, welher Theil der Mehreinnahme auf das neue Gesetz fällt. Das ist noch nicht zu ermitteln. JI@ habe Ihnen die Gründe, da wir eine Statistik niht für die einzelnen Arten der Stempelsäße aufstellen können, früher ausführlich ent- widckelt, warun es so {wer ift, hier sih eine feste Meinung zu bilden. Ich persönlich glaube allerdings, daß ein nit unerheblicher Theil auf das neue Gesetz zu stellen ist, während einige von meinen Räthen das geradezu bestreiten. Zu einer siheren Meinung werden auh Sie in dieser Beziehung wohl {werlich kommen.

Die Einnahmevergütung für Erhebung der Reichssteuern is um 995790 Æ gestiegen, während . allerdings hier auch er- hebliße Mehrkosten erwahsen durch die anderweite Rege- Ilung der Stellung der Supernumerare, die Umwandlung von Assistentenstellen in Stellen von Ober-Kontroleuren u. \. w. Der Reinertrag der Seehandlung ist um 96 000 M höber eingestellt.

Was die Bergwerke betrifft, so \hließt diese Verwaltung ab mit einem Mehrüberschuß von 2506000 A Die Einnahmen sind im Ordinarium um 5 880 000 6, die Ausgaben um 3 070 000 Æ höher angeseßt, während das Extraordinarium 302 000 A mehr erfordert.

In Betreff der Eisenbahnen habe ih {hon das Wesentliche mit- getheilt. Sie schließen mit einem Gesammtmehrüberschuß von rund 36 Millionen ab.

Die Einnahmen aus dem Personenverkehr sind rund um 25 Mil- lionen und aus dem Güterverkehr um 5 Millionen höher an- genommen.

An Mehrausgab?n sind unter anderen angeseßt für Betriebs- materialien, Betriebsmittel und baulihe Anlagen fast 16 Millionen, für persönlihe Ausgaben 15 Millionen.

Der Mehreinnahme von fast 89 Millionen steht im Ordinarium eine Mehrausgabe von 45F Millionen entgegen, welche sich durch die Ausgaben im Extraordinarium auf 52 925 000 Æ erhöht. Wenn Sie hieraus den Prozentsaß der Betriebtausgaben gegen die gesammte Brutto- einnahme ziehen, so werden Sie etwa auf 53 % kommen, während wir vor einigen Jahren bereits auf über 63 9/6 Betriebsausgaben ge- Tommen waren. In diesen zwei kleinen Zahlen 63 und 53 # ckt das Wesen der Verbesserung unserer Finanzen. Würden diese Zahlen, die 100 Millionen bedeuten, nit sein, so würden wir, nahdem das Reich seine Ausgaben fo erheblich erhöht hat, nachdem nur ein mäßiger Theil davon durch Reichssteuer wieder eingebraßt ist, ohne den vorher niht zu sehen gewesenen großen Auf- s{wung, den namentlih die Zolleinnahmen im Reiche ge- nommen haben, in die größten Finanzshwierigkeiten gekommen sein. Wenn es uns jeßt noch gelingen sollte, diesen Prozentsaß von 53 Betriebskosten nicht bloß aufrecht zu erhalten, sondern, wie ih hoffe, noch weiter herabzudrücken, ihn auch aufrecht zu erhalten in folhen Zeiten, wo auf diesen Prozentsaß die Höhe der Einnahmen niht wesentli einwirkt, wo dieser Prozentsaß wesentli dur aeringere Ausgaben im Betriebe herbeigeführt wird, dann würde darin ein außerordentlich beruhigendes Moment für unsere finanzielle Zukunft gegeben fein.

Meine Herren, die öffentlihe Schuld erfordert diesmal zur Ver- zinsung und Tilgung erfreuliherweise 5 Millionen weniger, obwohl im Extraordinarium die Kosten der Konvertierung mit 1 Million angeseßt sind. Die Ersparniß infolge der Konvertierung is, wie ih schon gesagt habe, in Höhe von etwas mehr als 5 Millionen angeseßt. Die Zinsen bebufs neuer Anleihen sind um 400000 M niedriger veranschlagt, weil wir annahmen, daß wir selbst die extraordinâren Ausgaben und einen Theil der bewilligten Kredite aus den laufenden Uebershüssen im nächsten Jahre deden können, sodaß wir niht nöthig haben, eine so hohe Summe von Zinsen einzuseßen, wie das in früheren Jahren der Fall war. An Zinsen getilgter Anleihen sind 812585 #, an Tilgungsbeträgen für dieselben 187 000 A erspart. Andererseits is eine höhere Tilgungs8quote auf Grund ersparter Amortisationsbeträge von 993 231 M eingestellt, sodaß unsere Schuldentilgung in diesem Etat sich noh nicht wesentlih vermindert.

Die allgemeine Finanzverwaltung {ließt ab mit einem Mehr- bedarf von 1 243 000 A Die Ueberweisungen betragen nach dem Reichs-Etat mehr an Preußen 11 477 000 4; der von Preußen zu zahlende Matrikularbeitrag beläuft sih dagegen auf 13 326 000 4 mehr gegen das Vorjahr. Infofern würde nah dem Reichs-Etat also die Lage Preußens dem Reich gegenüber sich wieder ungünstiger geftaltet haben. Ich hoffe, daß nah den Ergebnissen der Fest- stellung des Reichs-Etats hierin keine Vershlehterung eintritt.

Sie finden hier zum ersten Mal an Mehreinnahmen 400 000 4 Zinsen von der Einlage der preußischen Zentralgenossenshaftskasse, das macht etwa 29/0 der Kapitaleinlage. Ich hoffe, daß es nicht lange mehr dauern wird, bis diese Einnahmen uns in vollem Mafße den Zinsverlust wieder einbringen. Jh will hier auf diese Frage nicht weiter eingehen; es wird ncch Gelegenheit sein, die hôchst günstige Einwirkung namentlih für die Landeswohlfakrt, die die Zentralgenossenschaftskasse hon jeßt ausgeübt bat und in Zukunft hoffentlich noch in höherem Maße auëüben wird, dem hohen Hause näher darzustellen.

Meine Herren, die gesammten Staatsverwaltunasausgaben er- fordern im Ordinarium mebr 34944000 4, im Extraordinarium 1550 000 A An diesem Mehrbedarf von fast 36 Millionen par- tizipieren die Staatsverwaltungen ohne Ausnahmen. Meine Herren, durchs{nittlich in den leßten sechs Jahren sind bei Abrechnung der eigenen Einnahmen um etwa 7 bis 8 Millionen jährlih die Aus- gaben regelmäßig gestiegen, ohne daß irgend besondere ertraordinâre Verwendungen stattfanden. Zum großen Theil berubt diese Steige- rung fogar auf rehtlihen Verpflihtungen des Staats, welchen der

Staat \sich garnicht entziehen kann. Ich will gleich einige der leßteren nennen.

Der Gesammtmehrbedarf des Finanz-Ministeriums beträgt 26 Mil- lionen Mark eins{ließlich 194 Millionen zu Besoldungsverbesserungen.— Außerdem is eine Mehrausgabe von 100 000 Æ zur Erhöhung des Diätenfonds für Asffsessoren vorgesehen. Es entspriht dies einem Wunsche, der aus dem Hause mehrfach geäußert worden ist. Wir wollen wenigstens dahin gelangen, daß die Assessoren ter Verwaltung eiwa nad) Ablauf des dritten Jahres einen mäßigen Diätensaßz er- balten.

Die Zivilpensionen sind wiederum höher " verans{lagt um 3200000 Æ, die Wittwen- und Waisengelder um *650 000 Außerdem is noch ein Betrag, auf den ih glei komme, von 500 000 A zur extraordinären Unterstüßung von Wittwen und Waisen eingestellt. Wir sehen in den leßten Jahren hier eine rapide dauernde Steigerung vor uns; und man könnte wohl twas ängstlih ‘werden, wie die französisde Kammer, die vor kurzer Zeit diese Frage eingehend be- handelt hat. Von welcher Bedeutung für unsern Etat dies werden kann, föônnen Sie daraus ersehen, daß wir an Pensionen und Wittwen- und Waisengeldern, an Unterstüßzungéfonds der vershiedenen Ministerien, die etwa 6 Millionen betragen, für Invalidengelder, für Krankenkassen, für Knappschaften im Ganzen bereits jeßt nah diesem Etat 98 Millionen verausgaben. Geht die Satte so weiter, meine Herren, so kann fehr wohl bald diese Seite unserer Ausgaben anwasen bis auf die Höhe der Ein- kommensteuer. Troßdem ih sage das ganz ausdrüFlich hat doh das Staats. Ministerium geglaubt, daß namentlih die Bezüge unserer Wittwen und Waisen noh zu gering seien und daß sie einer Aenderung bedürfen. Das betreffende Gesctz ist in diesem Augenblick in der Berathung des Staats-Ministeriums, und ih hoffe, daß es sehr bald vorgelegt werden kann. (Bravo! rets.)

Meine Herren, ih muß hier einen Posten von 500 000 4 zur Unterstüßung von Wittwen und Waisen mit zwei Worten erläutern. Wenn das bezeihnete Geseß verabschiedet werden sollte, welches die Bezüge der Wittwen und Waisen unserer Beamten verbessert, so entsteht die Frage: wie ift nun zu verfahren mit den bereits jeßt vorhandenen Wittwen? Rückwirkende Kraft haben wir derartigen Ge- seßen bei den gewaltigen Konsequenzen, welhe sie auch für die Pensionen namentlich gegenüber der jeßt vorgeshlagenen Auf- besserung der Gehälter haken, in Preußen noch nicht gegeben. Sollte also auch jeßt wieder bei diesem Grundsate stehen geblieben werden, dann hat man im Staats-Ministerium gewünscht, zu den jeßt vor- handenen Unterstüßungs- und Beihilfefonds noch einen besonderen Fonds von 500 000 M einzustellen, welcher all zu stark bervortretende Ungleichheiten in dieser Beziehung auszugleihen im stande wäre. Dieser ganze Etatsposten von 500 000 .( hat daher in diesem Sinne nur einen eventuellen Charakter, sein definitives Shicksal wird von der Gestaltung abhängen, welhe das Geseß über eine anderweite Regelung der Wittwen- und Waisenunterftütungen erfährt.

Meine Herren, in der Bauverwaltung ist ein Mehrbedarf von 2 424 000 M veranschlagt, aber auch eine Mehreinnahme an Hafen-, Brücken-, Fährgeldern u. \. w. von 814000 A Sie sehen, daß man au in der Bauverwaltung bestrebt ist, den vielfach gemachten Aeuße- rungen hier im Hause entgegen zu kommen, daf, wenn man erhebliche Unternehmungen mit großem Kapital für das Wasser dur{führt, au das Wasser wieder einige Einnahmen bringen soll. Hier erwähne ih, daß, vielfah im Hause laut gewordenen Wünschen entsprehend, nicht weniger als 135 neue etatsmäßige Stellen für böhere Baukteamte bei der Eisenbahnverwaltung und 20 fole bei der allgemeinen Bauverwaltung eingestellt sind. (Bravo !)

Bekanntlich ist hier den Klagen über ein mangelhaftes Avancement und Aufrücken in die etatsmäßigen Stellen seitens der Baumeister vielfa in der lebhaftesten Weise Ausdruck gegeben. Wir haben uns nah genauer Prüfung der gesammten Sachlage entschlossen, die etats- mäßigen Stellen um die obige angegebene Anzahl zu vermehren. Meine Herren, es ist ja sehr s{chwierig, im Bauwesen die Zahl der dauernd nothwendigen Techniker zu bemessen, weil die Beschäftigung derselben zum theil vorübergehender Natur ist. Wir haben aber nah Erwägung aller Unstände doch unter Wiedergut- machung eines viellei&t nicht ganz richtigen Verfahrens der Verwaltung in der Vergangenheit bei Annabme der Baumeister geglaubt, diese sehr erheblihe Vermehrung der etatsmäßigen Stellen verantworten zu können. Das Haus wird darüber zu beschließen haben.

Meine Herren, im Handels-Ministerium, welches einen Gesammt- mehrbedarf von 531 000 Æ erfordert, finden \sich unter den Mehr- auêgaben 149 000 für die Handels- und Gewerbeverwaltung eins{ließlich 46 200 für Staatskommifssare an den Börsen; es sind das neue Stellen. Für das gewerblihe Unterrichtswesen sind mehr eingestellt 370 000 4, welcher Ausgabe allerdings eine Mehreinnahme von 148 000 4 gegen- übersteht. Sie sehen alfo, meine Herren, wir fahren regelmäßig fort, erheblihe Mehrbewilligungen zur Verbesserung dés gewerblichen Unter- richtswesens eintreten zu laffen.

Bei der Justizverwaltung beträgt die Mebreinnabme 2 420 000 4A Sie werden auch hier die Frage stellen: ob diese Mehreinnahme wesentlih veranlaßt ist durch das neue Gerictskostengeseßs? Wie zweifelhaft diese Frage ist, wie s{chwierig s ist, sie zu beantworten, können Sie daraus entnehmen, daß vor ncch nicht langer Zeit der Justiz-Minister mîr gegenüber schriftlich diese Mehreinnahme als mit dem Gerichtékostengeseß in keiném Zusammenhange stehend bezeichnet, sondern auch hier die stärkere Entroikelung des gewerblichen Lebens als den eigentlihen Grund der Mehreinnahmen angegeben hat. Ih glaube allerdings, daß der Herr Justiz-Minister wohl die Bedeutung dieses Geseßes etwas untersbäßt haben möhte; id nehme an, daß dieses Geseß, welches die gering Bemittelten entlastet, die besser Situierten stärker zu den Gerichtskosten heranzieht, allerdings einige Mehreinnahmen bringt.

Es sind wiederum für die Ober-Landesgerichte 52 000 4, für die Land- und Amtsgerichte 1 019 090 (4 und für verschiedene Gefängnisse 259 000 4 mehr zur Ausgabe gestellt. Der Unterstüßungsfonds für ausgeschiedene Beamte und sür Hinterbliebene von Beamten ist um 100 000 (A und der Baufonds um 92000 A erhöht. An neuen Stellen sind kreiert ein Rath und zwei Staatsanwalte bei den Ober- Landesgerichten, zwei Direktoren, 43 Richter und 11 Staatsanwalte bei den Land- und Amtegerichten. Wenn die verehrten Herren sich erinnern, in welchen erheblihen Beträgen seit den leßten vier Jahren wir alljährlih die Rithterstellen vermehrt haben und wie die Ge- sammtzahl dersclben mehrere Hundert gegenwärtig beträgt, und wenn Sie damit die Vermehrung der Stellen in anderen Verwaltungen

vergleiben, so werden Sie mir Recht geben, daß die Iuftiz, wie fle

das au nit thut, gewiß den allergeringsten Grund hat zu klagen über ungenügende Vermehrung von Stellen. Wir sind in dieser Be, ziehung weiter gegangen als in allen anderen Verwaltungen. Aller dings muß ih zugeben, daß auch wohl tas Bedürfniß in dieser Beziehung ein größeres geworden war. \

Meine Herren, was die Richtergebhälter betrifft, so ift Ihnen ih glaukte, es is dem Hause {hon zugegangen ein neues Gesetz vorgelegt. Dieses Gesey erfordert auch noch einige Mehrausgaben; es fteht auf einer anderen Grundlage als das frühere Gesetz, über welches eine Einigung mit der Staatsregierung nit erfolgte. Es hat im wesentlihen den Zweck, das Aufrücken der Richter dur die ganze Monarchie gehen zu laffen und die großen Ungleichbeiten, die aus dem ifolierten Aufrücken der Richter innerhalb der einzelnen Ober-Landes- gerihte entstanden sind, zu beseitigen. Das Haus wird tas ja näher prüfen. Ï

Das Minifterium des Innern hat einen .Mehrbedarf von etwa 13 Millionen ; das Extraordinarium ist dagegen um reichlich 1 Million niedriger veranschlagt. Die landräthlichen Behörden erfordern fast eine halbe Million mehr. (s befindet sich unter diesen Mehrausgaben ein Betrag von 291 000 Æ zur Erhöhung der Dienstaufwandévergütungen der Landräthe. (Bravo! rechts.) Meine Herren, ih glaube, es be- steht keine Meinungsverschiedenbeit, daß durchschnittlih bei der gegen- wärtigen Entwickelung der Verwaltung, namentlich nackdem die viel shwierigere und mehr Arbeitskräfte erfordernde Steuerverwaltung eine ganz andere Bedeutung gewonnen hat, es besteht, fage ich, wohl kaum eine Meinungsverschiedenheit, daß durchschnittlih die Dienstaufwandsentshädigung für die Landräthe niht mehr ausreicht, und man wuß nach meiner Meinung in dieser Beziehung jeßt das Erforderliche thun ; einerseits haben wir jeßt die Mittel, und anderen- theils ift es ein ganz verkehrtes System, von einem Beamten zu ver- langen, daß er aus eigener Tasche, um den Dienst ordnungêmäßig zu verrihten, Zuschüsse macht. (Sehr rihtig !) Das kann nur gefährliche und bedenklihe Konsequenzen kaben. Wir baben daber geglaubt, die Ent- f{ädigung in der Weise zu erhöhen, daß durhschnittlih ein Betrag von 400 46 jedem Landrathéamte zufälit. Das ist noch mäßig ge- griffen, und ih zweifle, ob es überall genügen wird; aber es ist doch jedenfalls ein Schritt weiter auf diesem Gebiete, und ih boffe, daß das hobe Haus diesem Vorschlage zustimmen wird.

Meine Herren, das Landwirthshaftliße Ministerium kat eine Mehrau?gabe im Ordinarium von 439 939 46 Das Extraordirarium ist zwar um 122 170 M geringer geworden. Das hat aber ledigli seinen Grund darin, daß eine einmalige große extraoidinäre Ausgabe von 850000 # für das Brennerei-Jnstitut, welches im vorigen Etat \sich befand, weggefallen ist. Im übrigen find fowohl im Ordinarium als im Etxtraordinarium die Verwendungen erbeblich gestiegen. Für die General-Kommissionen find 109 000 Æ eins{ließlich 55 000 A für Folgeeinrihtungskosten mehr angeseßt. Für Landesmeliorationen ist die Ausgabe um 213 864 Æ einschließlich 100 000 Æ zur Förderung genoffenschaftliher und kommunaler Flußregulierungen erhöht. Im Extraordinarium ist der Fonds für die östlichen Provinzen auf 690 000 A gebraht. Ein besonderer Fonds zur Förderung von Meliorationen nothleidender Landeëtheile im Westen ist mit 100 000 #4 eingestellt. Der - Dis- posfitionéfonds des Ministeriums ist um 90000 M vermehrt. Einmalig is ein Fonds von 300000 # vorgesehen zur Ge- währung von Darlehnen für die Förderung von Arstalten zur besseren Verwerthung Tandwirtbschaftliter Produkte, namentli des Obstes. Für die Verstärkung der Deiche auf der Insel Föhr ist erstmalig ein Betrag von 300 000 Æ eingestellt. Auch die Gestütsverwaltung, erfordert erhebliche Mehraufwendungen, namentlich das Gestüt in Trakehnen. Es hat sih herausgestellt, daß die Zustände, namentlich der Wohnungen der dort beschäftigten Per- foren, so mangelkaft waren, daß es geradezu als unverantwortlih er- schien, dieselben noch länger in einer Staatsverwaltung zu dulden ; wir haben daher als erste Rate es werden sehr erhebliche Mehr- raten werden den Betrag von 218 000 S für dringend nothwendige Herstellung von Familienbhäusern ausgeworfen. Auch in landwirth- shaftliher Beziehung läßt der Zustand des Gestüts viel zu wünschen übrig, und der Herr Landwirthshafts-Minister hat die Absicht, nah dieser Richtung hin in Zukunft erheblihe Beträge einzufordern, welche ihm auch zu béwilligen klug sein wird, weil die Aufwendungen hoffent- lich dahin führen, daß der sehr bedeutende eigene Besiß des Gestüts Trakehnen mehr als bisher ausreihen wird, den Bedarf an Getreide Heu, Stroh u. \. w. felbst zu decken. Wir haben jeßt Jahre gehabt, wo wir Heu im LVetrage von 64 000 Æ haben ankaufen müssen.

Endlich, meine Herren, kcmme ih, wie man zu sagen pflegt, an das dite Ende das Kultus-Ministerium. Die Ausgaben im Or- dinarium betraçen Eier mehr 8054 000 4, während das Extra- ordinarium 1 464000 mehr als im Vorjahre verla-gt. Meine Herren, dieser gesammte Mehrbedarf, in welhem auch die Kosten für die Reue Regelung der Gehälter der Schullehrer einbegriffen ist, würde sih aber noch steigern um etwa 4 Millionen, wenn die Beschlüffe dieses hoben Hauses in dieser Nichtung Geseg werden. Diese 4 Mil- lionen konnten wir natürlich im Etat nit reranshlagen, weil wir ja noch gar niht den Ausgang der Verhandlungen über das Geseg vor- hersehen konnten; wir haben uns balten müssen an dicjenigen Beträge, die sih aus dem Gesetzentwurf ergeben haben, und wir werden später beim weiteren Gange der Sache uns darüber verständigen müssen, wenn diefer Mehrausgabe von 4 Millionen zugestimmt ift.

Die Ausgaben im Ordinarium find für die Universitäten um 146 000 6, für höhere Lei canstalten einschließlich der Erhöhung der Remunerationen der wifsenschaftlihen Hilfslehrer um 226 000 4 erhöht. Zur Verstärkung der sogenannten geseßlichen Fonds, die von selbst steigen, sind 240 000 M4 angeseßt. Zu Beihilfen für Kreis- konferenzen der Elementarlehrer sind 300 000 M vorgesehen. Ih sehe in dieser Beziehung eine zustimmende Haltung des Abgeordneten Knöre.

Sie sehen, daß wir das Versprehen eingelöft haben, welches wir damals in der Kommission gaben. Ferner sind mehr angesezt: für Schulbauten 400 000 4, für Kunst und Wissenschaft und das tech- nische Unterrichtswesen 77 000 Æ, beziehungsweise 82 000 A ;

Meine Herren, im Extraordinarium finden Sie einen Posten von 500 000 4, den ih mit zwei Worten {hon jeßt erläutern möchte. Er enthält die erfte Rate für den Neubau von Museen, sowohl für die pergamenishen Kunstshäße als für die Renaifsancekunstwerke. Sie wissen, meine Herren, daß über diese Frage seit 1882 in dem hohen Hause eine Denkschrift verhandelt wird. Sie wissen, daß noh vor

einigen Jahren eine erste Rate, wo es sich damals um die Her- ftellung e'nes Antiken-Museums handelte, bier \heiterte mit Rücksiht auf die damalige Finanzlage. Jeßt liegt die Sache so, daß man diesem dringenden Bedürfaisse nah meiner Meinung auch selbft bei der vorsihtigsten Behandlung der Finanzen einen längeren Wider- ftand nicht mehr entgegenseßzen kann. Wir müfsen uns doch wohl des Wortes erinnern, day die Kunst und der Kunstsinn eines Volkes zwar cin Produkt, eine Folge fortshreitender Kultur ift, zugleih aber au ihrerseits wieder in hohem Grade fördernd auf die Kultur- entwickelung einwirkt. Wir besißen7nun diese wundervollen Kunst- shäge zum theil einzig in ihrer Art —, um die uns die ganze Welt beneidet, aber fie liegen theilweise in Schuppen, theilweise in Kellern, theilweise find sie mangelhaft aufgestellt ; sie können die Auf- gaben nit lösen, die ihnen naturgemäß zukommen.

Meine Herren, es ift jeßt die Absicht, nit wieder ein Antiken- Museum zu bauen, sondern, wie ih {on sagte, ein Museum für die Werke christliher Kunst im Mittelalter zue bauen, und zugleich einen Theil der Gemälde der Galerien vnd der Kupferstiche unterzubringen. Dieses Gebäude soll liegen an der nördlichen Seite der Museumsinsel und der Stadtbahn, während ein kleineres, billigeres Gebäude bestimmt sein soll zur Aufstellung der pergamenischen Alterthümer, die Spitze der Museuméinsel für diejenigen, die die Situation vor sich haben, wird es klar sein, was ih damit meine —-, wo die beiden Spree- arme zusammenfließen, soll konserviert werden zur Aufstellung eines Denkmals, welhes Seine Majestät der Kaiser und König beatsihtigen, für Seinen Erlauhten, Hochseligen Herrn Vater, den Kaiser Friedrich zu errichten, sodaß unser Kaiser Friedrich, den wir als den erfolgreihften Förderer unserer Kunst in Preußen bezeichnen dürfen, inmitten unserer Kunstmuseen sein Denkmal erbalten wird. Daß die Gesammtaus8gabe, welche ver- anschlagt ist auf über 5 Millionen, unter den obwaltenden Umständen in Verbindung mit diesem Denkmal der Pietät und Verebrung, von dem man wobl sagen kann, daß die ganze Nation es errichtet zu sehen wünscht, in diesem bohen Hause Beifall findet, darf die Staatsregierung wobl zuversihtlichß boffen.

Dagegen ift eine andere, zweite Rate nit eingestellt in den Etat, nämli die für den Weiterbau des anatomish-pathologishen Museums man fann wohl fagen „Virhow-Museums“ —, für dessen Her- ftellung wir die erste Nate im vorigen Jahre aufgenommen haben. Es ist das deêwegen nicht geschehen, weil alsbald dem hohen Hause ein Gesetzentwurf zugehen wird, betreffend den Umbau der Charité und die Verlegung des Botanischen Gartens, wo die Mittel für diese Zwecke wenigsters zum theil durch Anleibe aufgebra&t werden sollen, da im wesentlichen diese Ausgabe gedeckt is durch die Wiederein- nahmen aus dem aufgegebenen Botanishen Garten dort wird denn au diese Rate ihre Unterkunft fiaden.

Meine Herren, gestatten Sie mir nur noch ¿zum S{hluß einige Worte über die wichtigste Finanzvorlage dieses Jahres: über die Auf- besserung der Beamtengehälter.

Meine Herren, die preußishe Staatsregierung is seit langen Jahren ih darf wohl den Ausdruck gebrauchen niht müde ge- worden, ihre Fürsorge für die treue preußische Beamtenschaft und deren materielle Existenz zu bethätigen. Jh will niht zurückgehen auf die Aufbesserungen der siebziger Jahre, ih will nur daran er- innern, daß Sie 1890 die Gehälter der Unterbeamten aufgebessert haben um durchschnittlich 13%, ihrer bisherigen Bezüge. Ich will daran erinnern, daß wir felbst in den Jahren des Defizits fortgefahren sind in der Aufbesserung einzelner Beamtenkategorien; ich erinnere nur an die Oberförfter, Lehrer, Baumeister. Ich darf daran erinnern, daß wir später die Kanzleibeamten durchgängig um über 10°/9 verbessert haben, daß wir dann das Dienstalterszulagen-System, welches ih für eine große Wohlthat nicht bloß in materieller, sondern auch in mo- ralisher Beziehung halte, fast in allen Beamtenkategorien durchgeführt haben und damit noch bezüglih des Restes in dieser Vorlage fort- fahren. Jch will endlich daran erinnern, daß wir au noh vor einigen Jahren, um der Anhäufung der diätarischen Stellen zu begegnen, 3946 neue etatêmäßige Stellen für Subalternbeamte geschaffen haben : endlih, daß wir uns ents{lossen, den Diätaren die über 5 Jahre hinau8gehende diäâtarishe Dienstzeit keim Aufrücken anzurechnen. Im vorigen Jahre haben wir endlich eine Ausgabe von mehr als einer Million denn meine damalige Schägung hat sich als zu gering erwiesen auf uns genommen, indem wir die Assistenten mit den Sekretären bei den verschiedenen Behörden in eine Beamtenkategorie zusammenfaßten.

Sie sehen, meine Herren, selbst in sehr ungünstigen Jahren haben wir doch immer das Gefühl gehabt!?: die allgemeine Lebenshaltung aller Bevölkerungéklassen hat sich so geändert, daß es dringend nothwendig ist, wenigstens soweit es möglich, die shreiendsten Uebelstände in dieser Beziehung zu beseitigen.

Nun, meine Herren, kommen wir endlih, und können es mit Freuden aussprehen, zu der Möglichkeit, dieses shwierige Werk zum vollen-Abschluß zu bringen. Das Staats-Ministerium hat in Erwägung aller Verhältnisse geglaubt, es sei niht mehr an der Zeit, hier nur mit Stückwerk vorzugehen, sondern im Zusammenhang die gesammten mitt- leren und etnen erheblichen Theil der oberen Beamtenklassen an dieser Auf- besserung theilnehmen zu lassen. Ich sage: einen Theil der oberen Beamten; als Grundsaß ist aufgestellt, daß Beamte von mehr als 12000 „A Gehalt an dieser Aufbesserung nicht tleilnehmen sollen. Nur bezüglich einiger weniger Beamten is davon etne Auênahme ge- macht, insbesondere für die Unterstaatssekretäre aus Gründen der Gleich- stellung mit denselben Beamten im Reiche. Ebenso sind einigen Beamten, den Ober- und Regierungspräsidenten, weniger Gehalts- aufbifserungen als Repräsentationszulagen gegeben, weil wir verhüten wollten, daß bei den großen Ausgaben, die diesen Beamten natur- gemäß aus ihrer Stellung, aus ihrem Amt, wenn sie dasselbe rihtig versehen sollen und müssen, erwachsen, diese Stellen nur an reiche Leute gegeben werden und dadur eine plutokratishe Richtung in die Verwaltung eintritt. Dieser Grundsay resultiert aus der Anschauung, daß wir den Beamten schuldig sind zu geben, aber auch nicht mehr, die Möglichkeit eines \tandesgemäßen Lebens nah den gegebenen Zeitverhältnissen und einer standesgemäßen Erziehung ihrer Kinder. Die Beamten können und dürfen nicht verlangen, daß ihre Bezüge dazu dienen, erheblihes Vermögen anzusammeln. Die Beamten haben ein festes Gehalt, für ihre Inva- lidität ist gesorgt; für ißre Wittwen und Waisen wird, wenn auch nothdürftig, gesorgt; sie können ihre Einnahmen nicht vergleichen mit den Einnahmen von Leuten, die im gewerblichen Leben stehen, welche oft sehr hohe Bezüge haben, aber au Gefahr laufen müssen, gar

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keine zu haben, von den Konjunkturen abhängen, troß aller soliden fleißigen Arbeit nicht so gesichert sind wie unsere Beamten. Anderer- seits muß aber das Beamtengehalt bemessen werden unter Berück- sihtigung der gesammten Lebenshaltung des Volkes, unter Berück- sichtigung der, mödbte ih sagen, niht zu vermeidenden standesmäßigen Ausgaben der Klassen, aus denen die Beamten hervorgehen. Ein Herabsteigen aus dem Stande, aus dem der junge Beamte hervorgeht, in ungünstigere Verhältnisse würde den ganzen Beamtenftand berabdrüden.

Diese Gehaltéaufbefserung betrifft niht weniger als 73 500 Be- amte. Durchschnittlich find für die Aufbesserung verwendet 10 9/9 des jährlihen Gehalts, während für die Unterbeamten ein höherer Pro- zentsaß auszeworfen worden war.

Meine Herren, diese Vorlage is der Abschluß, aber auch die Fortsetzung eines vom Hause genehmigten Planes, Fortseßung in dem Sinne, daß der Plan erft dann zu Ende geführt ist, wenn diese Vorlage verabschiedet wird. Bei dieser Gelegenheit können wir daher

j niht noch einmal wieder an die Unterbeamten herantreten; wir würden

¿das Ganze in Verwirrung bringen, wir würden kein Ende mehr finden. 2Ich will garniht sagen ih sprehe es ofen aus —, daß nicht demnächst, wenn die Finanzverhältnisse es irgendwie gestatten, es auch nothwendig werden wird, wenigstens einzelne Kategorien der Unter- } beamten wieder in Betracht zu ziehen. Aber dieses Werk muß erst | rein abgeshlossen sein; wir würden sonst dieses Werk gefährden und *den Unterbeamten niht nügen.

Meine Herren, das vorliegende Werk if in den Vorstadien ein sehr shweres Werk gewesen; Sie können denken, welche langen und schwierigen Verhandlungen zwishen den einzelnen Ministerien und zwischen allen Ministerien und mir stattgefunden baben. Das Werk ist zu stande gekommen, aber als ein einheiilihes, von dem ganzen Staats-Ministerium vertretenes. Es beruht vielfach natürlih auf gegenseitigen Zugeständnifsen; auf andere Weise ift ein solhes Werk überhaupt nicht zu stande zu bringen. Sebr wohl baben wir im Staats-Ministerium in den Vorberathungen gefunden, wie gefährlich es ist, wenn eine Einigung über ein so großes, planmäßiges System erreiht werden soll, an Einzelheiten zu stark zu rütteln. Da fällt niht bloß die Einzelheit, sondern das wirkt zurück auf eine ganze Anzahl anderer Kategorien, und da kommt man denn {ließli gar- nicht zurecht. So hat si das Staats-Ministerium über die Einzel- heiten große Reserve auferlegen müssen, und ich kann nur bofen und wünschen, daß das Haus diesem Beispiel folgen wird.

Meine Herren, die einzelnen Beamten vertreten ibre Interessen durch Petitionen, durch mündlihe Rede an einzelne Abgeordnete, dur die Presse. Jede Beamtenkategorie findet gewiß eine große Zeitung, die ihr Interesse vertritt. Man fann ja auc das den Beamten nicht verdenkcn, namentlich niht an einem so entsheidenden Abschnitt, ob- wohl ih es immer lieber sehe, wenn namentlich höhere Beamten- klassen in dieser Beziehung, statt an die Presse, an ihre Vorgeseßten sich wenden. (Sehr rihtig!) Aber, meine Herren, das ist nun ein- mal in der heutigen Zeit niht ganz zu ändera. Ih möchte nur darauf hinweisen, daß, wenn man au dies Vorgehen berechtigt hält, dies Drängen, dies Vergleichen mit anderen Kategorien, dies Streben, mindestens ebensoviel zu bekommen, diese verkehrte Behauptung, daß die Wücde darunter litte, wenn eine Klasse hundert Mark weniger bekommt als andere Beamte, daß das hohe Haus alle diese einseitigen Interessen subsumieren muß unter den höheren Gesichtspunkt der allgemeinen Landeswohlfahrt, des dauernden Bestandes der Finanzen und der ausgleihenden Gerehhtigfeit. Wir müssen diese Dinge von einem anderen Standpunkte ansehen, als die besonders interessierten einzelnen Beamten. Sie haben eben in dieser Beziehung eine andere Aufgabe.

Meine Herren, fo richtig es ist, daß man gewisse Beziehungen und Vergleiche der einzelnen Beamtenkategorie gegen die andere ja niht ganz zurückweisen kann sie drängen sih naturgemäß dem Bewußtsein der einzelnen auf —, so richtig ist doch auch auf der anderen Seite, daß wir die Beamten ermahnen müssen, mehr darauf zu sehen, was sie selbst an Verbesserungen bekommen, als darüber un- gehalten zu fein, daß ein Anderer vielleiht etwas mehr bekommt. (Sehr richtig!) Meine Herren, dem Staats-Ministerium hat es völlig fern gelegen, bei der Bemessung der Höhe der einzelnen Beamten- gehalte eine größere oder geringere Würde der Bedeutung des Amtes zu Grunde zu legen. Alle treuen Beamten dienen König und Vater- land an ibrer Stelle, und da kann bei der Aufbesserung der Gehalte diese Rücksicht keineêëwegs eine entscheidende sein. Wir haben gesehen wir konnten uns dem niht ganz ents{lagen auf die bisherige Gehaltsnormierung, auf die Geschichte, auf die Anschauungen in der Bevölkerung von der naturgemäßen Höhe des betreffenden Gehaltes für die betreffende Kategorie. Wir haben gesehen auf die Bedeutung des Amtes, auf die Ausgaben, die aus dem Amte naturgemäß, ohne daß sie liquidiert werden können, der einzelnen Beamtenkategorie erwachsen. Diese Gesichtspunkte find für uns maßgebend gewesen. Wenn Sie beispielsweise finden, daß der Landrath 300 M in maximo höher steigt als der Richter, während anderseits der Nichter das Minimum erhöht bekommen hat von 2400 A auf 3000 Æ, so können Sie daraus unmöglich herleiten, daß die Staatsregierung die Verwaltung vor der Justiz böher erahtet. Nein, meine Herren,- der Landrath hat eben eine Reihe von Ausgaben, welchen er sih nit entziehen kann, die der Nicht:-r eben niht hat (sehr richtig !), und eine mechanische Gleichstellung wäre deswegen falsch und nicht gerecht.

Ich möchte also von vorn herein alle diese Gründe, die aus der Würde der Stellung und Bedeutung des Amtes hergeleitet werden, doch auf ein gewisses Maß reduzieren.

Meine Herxen, die finanzielle Grenze, welhe wir uns gesteckt haben, ist eine sehr woßhlerwogene. Man hat mir ja immer vor- geworfen, ih hüte den Schaß (Heiterkeit), ih nehme nur ein, ih gebe nichts aus. Ja, meine Herren, diejenigen, die mih kennen, wissen wohl, daß ih sehr geneigt bin, positiv au mit den Mitteln der großen Gemeinschaften, der Gemeinden und des Staats in die Ver- hältnisse einzugreifen; aber wir haben auch andere Pflichten. Der Finanz-Minister vor allem, aber das hohe Haus desfelbigengleihen müssen nicht bloß die Gegenwart, fondern auch die zukünftigen Generationen im Auge haben. Wie man die Schulden, welhe man macht, zum theil selbst tilgen muß, und nit berehtigt ist, sie ohne irgend welhe vorsorglihe Gedanken auf die Zukunft zu werfen, so ist das ebenso auch mit andercn Ausgaben, die Sie auf den Staat übernehmen. Sie müssen sich sagen, wenn mal wieder ungünstigere Zeiten kommen, wenn das Erwerbsleben stockt:

diese Ausgaben sind dauernder Natur, sie müssen geleistet werden, ob

die Mittel zufließen oder niht zufließen, ferner erwägen, daß es sich keineswegs bloß, wie ih fürchte, um die ftarke, dauernde Aus- gabenvermehrung dieses Etats allein handelt. Vieles fieht zwar im- Extraordinarium, ift aber doch dauernder Natur und kommt niemals wieder heraus sehen Sie ih nur die extraordinären Ausgaben des Landwirthschafts-Ministers an —, Sie werden da immer tehen bleiben. Eine Reibe anderer Petenten poht hon an die Thür, ih brauche sie nit zu nennen, ich will sie niht dadurch noch um so mehr er- muthigen. (Heiterkeit.) Aber Sie wissen, daß diese Gehaltserhöhung Konsequen;en haben wird auch auf anderen Gebieten, denen wir uns gar nicht werden entziehen können. Ein Gebiet möchte id Ihnen nennen, denn es [iegt Ihnen selbst nabe, das if das Gebiet der groß:n Kommunalverroaltungen. Glauben Sie, daß die Stellung unferer Staatsbeamten ohne Einfluß und ohne Rückwirkung bleiben wird auf die Dotierung der gesammten Kommunalbeamten der Monarchie? Meine Herren, da kann leiht im Ganzen ein Betrag von 50 Millionen neuer Ausgaben von den preußishen Steuerzahlern zu tragen fein.

Ich sage das alles, niht weil ih in dieser Beziehung gegen das hohe Haus ein gewisses Mißtrauen hätte; im Gegentheil, ih muß ja im vollen Maße anerkennen, daß das hohe Haus mehrere Jahre hin- durch von diesem eben bezeihneten Gesichtspunkte ausgegangen ift und gehandelt hat. JIch kann dem hohen Hause niht dankbar genug sein für die Unterstüßung namentlich in den Zeiten, wo wir mit Fehl- beträgen arbeiteten. Dennoch aber, bei dem natürlihen Wunsch, den jeder Mensch in ih hat, den Beamten mögli viel zuzuwenden, ihre Stellung noch immer gesiherter und immer besser zu machen, ist es wohl gerathen, sih au die Kehrseite vorzuhalten.

Ich glaube niht nöthig zu haben, die Berechtigung der durh- gängigen Erhöhung der Bezüge unserer Beamten Jhnen noch im einzelnen nahzuweisen. Sie stehen alle mitten im Leben, Sie wissen, wie die Verhältnisse ih geändert haben gegen früher, und früher war das Bedürfniß {hon ein allgemein anerkanntes, konnte aber nicht be- friedigt werden. Jh brauche darauf wohl nit näher einzugehen; ih nehine an, das Ziel, der Zweck der Vorlage wird hier im Hause volle Billigung finden. Sie werden sehen, daß man bemüht gewesen ift, Einzel-Gehälter ohne aufsteigende Stufen möglichs| zu vermindern, aber auch, daß es in vielen Fällen nicht angängig gewesen ist. Sie werden finden, daß man bemüht cewesen ist, unberechtigte, biftoris® überkommene Ungleichheiten in der Besoldung von Beamten von gleiwer Bedeutung, gleiher Vorbildung, gleihem Dienftalter wegzushaffen, und eine Menge von einzelnen Kategorien, die in unferem Etat durchliefen, die keine innere Begründung hatten, in Zu- funft ges{wunden ist, und daß dadurch unsere ganzen Verhältnisse übersictliher werden. Aber au hier hat es eine Grenze gegeben. Wir haben nicht so viel erreiht, wie wir zu erreichen gewünscht haben. Wenn Sie die Prozentsäße ansehen wir haben Jhnen 2 Anlagen zu dieser Denkschrift gegeben, woraus Sie das ganze Verhältniß klar und einfach übersehen die gegenwärtigen, die zukünftigen Gehaltsäße, die Beträge des Aufsteigens, die Zeit des Aufsteigens, die Prozentsäßtze der Verbesserung, so werden Sie an manchen Stellen finden, daß einzelne Kategorien sehr hoh in den Prozentsäßen gestiegen sind. Ich bitte, sich dadurch nicht irre machen zu lassen. Diese Prozentsätze sind ja sehr bedingt durch die verschiedensten Umstände, namentliß auch durch die Zahl der Beamten der betreffenden Kategorie. Es ist rihtig, daß zurückgebliebene Kategorien, deren Gehalte unzweifelhaft gegenüber den gegenwärtigen Verhältnissen allzu niedrig waren, erheblih stärker aufgebessert sind als andere, die bereits mehr oder weniger günstig gestellt waren. Mechanisch dürfen Sie alle diese Prozentsäße nicht behandeln, sondern Sie müssen ihre innere Begründung in Betracht ziehen.

Meine Herren, was die Form betrifft, so habe ih hon gefazt, daß wie im Jahre 1890 verfahren is. Wir haben eine Paushsumme eingestellt in den Etat des Finanz-Ministeriums und eine Denkschrift beigelegt mit den einzelnen Kategorien der Beamten, Wenn also Aenderungen eintreten sollten, was ih nicht hoffe, so würde der ganze Etat dadur niht verändert werden, sondern bloß die Pausch- summe und die Einzelheiten der Denkschrift. Die Beschlußfassung des Hauses würde dahin gehen: Genehmigt die und die Summe, nah Maßgabe der anliegenden Denkschrift zu verwenden. Dann läuft der Einzelbetrag niht dur) den diesjährigen Etat, sondern nur die Ge- sammtsumme. Wir würden den Etat ausführen, indem wir der Denkschrift gemäß die Kassen anweisen, und der nächstfolgende Etat würde dann bei den einzelnen Beamtenkategorien die erhöhten Gehälter enthalten.

Ich glaube, dies ist für das hohe Haus am bequemsten.

Meine Herren, über die geshäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Sache will ich mi nicht eingehend äußern. Jch möchte nur eine Bitte aus\prehen, daß Sie diese geshäftsordnung8mäßige Be- handlung so einrihten, daß niht über jede einzelne Kategorie bei jedem einzelnen Etat eine besondere Debatte stattfindet; denn dann würden wir wirklih niht zu Ende kommen. Denn diese Debatte würde sich nit beshränken auf die einzelnen Beamten, man würde Vergleiche ziehen mit anderen Beamten. Nach meiner Meinung muß der Spezial-Etat, erst dann zur Debatte gestellt werden, wenn das Haus ch über die Gehaltssäte dieser in Betraht kommenden Beamten geeinigt hat, so daß bei der Spezialberathung der einzelnen Etats die Gehaltsfrage bereits erledigt ist. Das würde das Beste sein.

Sie sehen, daß der diesjährige Etat sehr wichtige und chwierige Fragen aufwirft. Sie werden sich aber überzeugen, daß zwar die Ausgaben in sehr erheblichem Maße gestiegen sind, daß wir aber immer dabei die dauernde Lage unserer preußischen Staatsfinanzen in Betracht gezogen haben, daß wir bemüht gewesen sind, den Fehler, den wir, die Regierung sowohl, wie auch, ih kann nit anders fagen, das Haus früher {hon zum zweiten Male gemacht hat, sich durch die Höhe vorübergehender, wieder verschwindender Einnahmen verleiten zu: lassen, in ungemessener Weise den dauernden Ausgabe-Etat zu erhöhen, soviel als mögli diesmal zu vermeiden. Ob es uns ganz gelingen wird, ob wir doh nicht zu weit gehen, und ob man nicht in anderen Zeiten von mir vielleiht genau dasselbe sagen wird, was man anderen Finanz-Ministern nahgesagt hat, das lasse ih dahingestellt. Aber be- wußt wollen wir uns immer bleiben, daß wir in guten wie in {lehten Zeiten die dauernde Blüthe des preußischen Finanzstandes als ein wesentlihes Fundament der Kraft und der Stärke des Staates auf ret erhalten sollen. (Lebhaftes Bravo.)

Nach der einecinhalbstündigen Rede des Finanz-Ministers

eht das Haus über zur Verlesung der Jnterpellation bir Abgg. Dr. Stephan und Stanke (Zentr.), welche lautet: