1897 / 8 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

am glüdlihften gelungen, weil hier die Fäden geschickt verknüpft werden und weil man auf die harmonishe Verschmelzung von ter und dlung no bofen konnte. Die Darsteller hatten einen {weren Stand, da der Stoff feblte, an dem sie ihre Kraft bätten erproben körnen. Fräulein Dumont gab die vornehme Frau des Gelehrten mit künfilerisher Zurückbaltung; aber die Lösung des MNäâtbsels ibrer niedrigen Handlungsweise, welhe der Dichter umgangen hat, konnte die Darftellerin eben au Rur versuhen. Herr Stabl, der hbeimlih geliebte Baron Romberg, __bâtte mehr Leichtigkeit in der Unterhalturg und mehr Liebenswürdigkeit in seinem Wesen zeigen müssen, um die Geftalt des verführerishen und tapferen Edelmanns mit dem braven ¡en glaubhaft ¿u machen. Herr Suéke brate als Professor von mbof die Rube des Gelehrten und die Milde des ältlihen Gatten gut zur Geltung. Die glüdlihfte Rolle hatie Herr Guthery, der die gutmüthige Aufrichtigkeit und ungenierte Derbbeit eines alten Arztes mit woblthuendem Humor unkleidete. i Theater des Westens.

Das Lustspiel „Der Militärftaat“ vonGustav von Moser und Thilo von Trotha, welhes früher bereits im Neuen Theater erfolgreiche Aufführungen erlebte, fand bei seiner vorgestrigen erften Auffübrung auf dieser neuen Bühne bei den Zuschavern eine glei freundlie Aufnahme. Die Moser’shen Theaterstücke, teren S ofe dem Militärleben entnommen find, haben alle neben dem lustigen Inhalt und den komischen Verwickelungen etwas aemütbvoll Anheimelndes, wodurch ihre Wirkung vertieft und ihnen Dauer verliehen wird. J die Charakteristik der handelnden Per- sonen auch zumeist oberflächlih, so macht man do gern ibre Bekanntschaft, weil sie alle im Grunde gute und berzige Menschen sind. Der Darstellung fällt bei folhen Lustspielen die Aufgabe zu, die vom Dichter beabsichtigte Wirkung auf das Gemüth der Zuschauer niht über der natürli in erster Linie stehenden Belustigung zu vernahlässigen. In diesem Sinne darf die Aufführung im Theater des Westens als durchaus ge- lungen angesehen werden. Nicht nur die einzelnen Darsteller boten Tüchtiges dar, sondern auch das Zusammenspiel war bei i{rellem Tempo lobenzwerth. Im Vordergrunde der Darftellung standen Herr Vallentin, der aus dem Chokoladenfabrikanten Vogel eine prächtige komisde Charge {chuf, und die Herren Nobland (Kommissions. Rath Haller), Ries (Fabrikdirektor) und Vach (Gutsbesizer Nordmann); aber niht weniger erfreulich war das naturwahre Spiel und anmutbige Wesen der Damen Baumbach (Resi), Ella Gabri (Afta) und Wenck (Mathilde Haller). Das gut

. gefüllte Haus spendete vielen und woblverdienten Beifall.

Im Königliwen Opernhause gelangt morgen Auber's fomisd;e Oper „Fra Diavolo* in folgender Besezuno zur Auf- führurg: Fra Diavolo: Herr Philipp: Lord Cookburn: Herr Schmidt : Pamela: Fräulein Rotbauser; Lorenzo: Herr Sommer ; Zerline: Fräulein Dietrich; Banditen : die Herren Krolop und Lieban. ierauf folgt das Ballet „Slavishe Brautiwerbung“, in welchem die

men Dell’Era und Urbanska auftreten.

Im Königliden Schauspielhause wird morgen Carl Nie- mann’s Lustspiel „Wie die Alten sungen“ gegeben. Die Besetzung der Hauptrollen lautet: Hanne: Frau Shramm; Sophie: Fräulein Lindner ; Eleonore: Fräulein Hansner; Fürst Leopold: Herr Molenar.

Der Spielplan des Berliner Theaters mußte für diese Woche folgende Abänderung erfahren : „Kaiser Heinrich“ wird beute, am Mittwoch und am Sonntag Abend, „Renaissance“ dagegen morgen, am Donnerstag und Sonnabend zur Aufführung gelangen.

Ein französishes Ensemble-Gastspiel wird unter Lei- tung des Imprefario Théodore de Glaser im Lessing-Theater vom 295. bis 30. Januar stattfinden. Es bandelt sich bei diesem Gastspiel um eine Vereinigung ton Künstlern, die der deutschen Reichshaupistadt zum ersten Mal die Gelegenheit geben werden, die franzôsishe Schauspielkunst in ihren vornebmften Ver- tretern kennen zu lernen. Antoine, der Begründer der „Freien Bühne“, der {on bei seinem ersten Besu in Berlin allseitige Anerkennung gefunden hat, wird im Mittelpunkt dieser Gesell saft steben. Marcelle Iosset, eine Künstlerin von Ruf, wird feine Part- nerin sein. In Jean Coquelin werden wir bei dieser Gelegenheit zum erften Mal in Berlin einen Sprossen der berühmten Künfstlerfamilie Coquelin kennen lerren. Camille Dumény, der Jahre lang im Vaudeyille- Tbeater die erfolgreihsten Novitäten in ihren tragenden Rollen

R A Oper in 3 Akten von Auber. Text von Eugène Scribe, bearbeitet von Carl Blum. j bom ODber-Regifseur Tetlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober-J E a: Slavische Braut- Zanzbild komponiert und arrangiert von P. Hertel. (Mit I. Brahms.) Bennhold. Anfang Ubr. Schauspielhaus. 12. Vorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Nie- mann. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. Anfang 7} Uhr. Mittwoch: Opernhaus. venuto Cellini. Oper in 3 Aufzügen von de Wailly und Barbier. Deutsche Bearbeitung von Peter Cor- nelius. Musik von Hector Berlioz. Anfang 74 Uhr. Schauspielhaus. naliften. Lustspiel in 4 Aufzügen von Freytag. Anfang 7x Uhr. A. M.

Deutsches Theater. Dienstag: Die ver-

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vom 11. Januar, M orgenéê.

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: N utenburg. Theater.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- haus, 11, Vorstellung, Fra Diavolo, Komische

sunkene Gloee.

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Anfang 7# Ubr.

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Anfang 7# Uhr.

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Jacobson.

Direktion: Marcelle.

Sonntag,

Mittwoch: Die versunkeue Glocke. Donnerstag: Die Wirldente.

Berliner Theater. Dienstag: Renaifsance.

Mittwoch: Kaiser Heiurich. Donnerstag: Renagiffauce.

Lessing-Theater. Dienstag: Wer wars?

Mittwoch: Wer wars 2 Donnerstag: Wer wars?

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg. Dienstag: Die Franenjäger. (Le Dindon.) C ften von Seorges Feydeau, überseßt und für die deutsde Bühne bearbeitet von Benno L Anfang 74 Uhr.

Mittwoch und folgende Tage: Die Frauenjäger.

Neues Theater.

Sigmund

Komödie in 4 Akten von Victorien

Sardou. Für die deutise Bühne bearbeitet von In Scene gesezt von Sigmund

Anfang 74 Ubr.

Mittwoch und folgende Tage: Marcelle.

den 17. Januar :

ersten Male: Junge Ehe.

auf die Scene hrt bat, bat sich ebenfalls der Gesellschaft an- geshlofsen. Das Unternehmen wird sih auf ein Repertoire stüßen, das aus\{ließ;lich aus modernen Bühnerwerken zusammengeseßt ift, die zum theil schon auf dem Sesling-Theater selbft in deutscher Sprache zur Aufführung gekommen sind. Eine genaue Feftftellung des Spielplans wird am Schluß dieser Woche erf

Im Theater Unter den Linden wird, nahdem die Audran’\che komische Oper „Gilette von Narbonne“ eine Wieder- aufführung erfahren, ein Cyclus aller oder doch der meisten Operetten von _ Johann Strauß zur Aufführung vorbereitet. Den Anfang dieser Vorstellungen wird die Operette „Indigo“ machen, welche in großer Ausstattung mit Ballets gegeben werden foll. Sodann follen sch die folgenden Werke des Komponisten anschließen : „Der Karneval in Rom“, „Die Fleder- maus“, „Prinz Methusal-m*, „Der lustige Krieg“, „Sine Nacht in Venedig“, „Der Zigeunerbaron* und „Jabuka“. Die Aufführungen werden sorgfältig vorbereitet, neu infceniert und mit allen erften Kräften in den Hauptrollen beseßt sein.

Der Sängerbund des Berliner Lebrervereins (Dirigent: Seplchor Felix Smidt) veranstaltet zur Feier seines 10 jährigen Be- stebens am 21. Januar in der Philharmonie cin-großes Konzert, in weldem die Chorwerke „Das Liebesmahl der Apostel“ von Rihhard Wagner und „Heinrich der Finkler“ von Fr. Wüllner zur Auf- fübrung gelangen. Als Soliften wirken mit: Frau Profefsor Schmidt- Köhne, fowie die Herren van Ewebk, H. Grabl und P. Schilf.

Bei dem Orgelvortrag in der Marien-Kirhe am nächsten Mittwoch, Mittags 12 Uhr, wirken Fräulein Johanna Haacke aus

lle, Fräulein Marianne de Beaulieu und Herr Organist Paul Veuer mit. Der Eintritt ift frei.

olgen.

Die von Carl Grüninger in Stuttgart herausgegebene „Neue Musik-Zeitung“ brachte in den sechs Nummern des verflossenen Quartals eine poetishe Novelle von Peter Rofegager fowie Er- zäblungen von Clara Nast und H. von der Rbön, ferner musikgeshickt- lide Effsays, Auszüge aus neu erschienenen Memoiren von Musikern, einen intereffanten Aufsay über die Harmonik Richard Wagner?s von W. Mauke, Biographien von deutshen Komvonisten, von Vokal- und Inftrumental-Virtuosen (mit Porträts) und musikpäda- gogishe Artikel. Den weiteren Inhalt bildeten Texte für Lieder- komponiften, Berichte über neue Opern und Konzertwerke, Nachrichten über das Musikleben der Gegenwart, Urtbeile über Erschet- nungen der Literatur, Besprehungen neuer Musikalien, heitere Künstleranekdoten 2c. Die zablreihen Musik. Beilagen boten aus- aewählte Klavierstüdcke, Lieder, sowie ein Duo für Violine und Klavier. Probenummern der „Neuen Musik-Zeitung*® (Preis vierteljährlich 1 _Æ) versendet die Verlagsbuchhandlung von Carl Grüninger in Stuttgart kostenfrei.

Mannigfaltiges.

Derr Profefsor Linde, dessen Methode zur „Verflüssigung der atmosphärishen Luft“ so berechtigtes Aufsehen erregt, hat seinen Apparat der alten „Urania * (Invalidenstraße) für zwei Vor- träge zur Verfügung geftellt, welhe Herr Dr. Spieß morgen und am Mittwoch daselbst balten wird.

Das Ballfeft des „Vereins Berkiner Kaufleute und Induftrieller“ fand am Sonnabend in den Räumen des Neuen Königlichen Opern-Theaters (vormals Kroll) statt, dessen großer Bübnensaal in seinem Schmuck von Tannenzweigen und Guirlanden bunter elekftrisher Glübfkörper einer festlichen Ein- druck machte. Der Beginn des Balles war auf 97 Uhr an- gefeßt, und bereits in der elften Stunde war die Gesellschaft vollzählig, welhe zusammengekommen war, um das erste öffentliche Tanzfeft dieses Winters zu begehen. Unter den Theilnehmern über- wog das jugendlige Element und die Tan;lust war daber voa Anfang an eine sehr rege. Gegen MitternaGt erhob fich der Vorhang der Bübne und eröffnete den Auéblick auf einen fih über den ganzen sftattliden Raum tes Podiums hinziehenden Garten, in deffen Mitte ein Springbrunnen plätscherte. Jm Hinter- grunde des Gartens, zu weldem vom Saale aus teppihbelegte Treppen führten, war der Königliche Opernwor in altdeutsher Tracht aufgestellt, um zunächst die Kücken'sche Festpolonaise vorzutragen, nach deren Klängen die Gâfte, von ciner Schaar von Lanzknechten angeführt, in langem

SVchiiler-Theater . Dienstag,

In Scene | Der Pfarrer vou Kirchfeld.

nspektor Brandt. Dirigent:

von Emil Graeb. Musik

Dirigent: Herr ftaat. Anfang 73 Ubr. Mittwoch: Der Militärstaat.

Freitag: Der Militärstaat.

12, Vorstellung. Ben-

Theuter Unter den Linden. Dircttion: Julius Fripsche. Schmetierling.

13. Vorftellung. Die Fe: weiser Benutzung

uftav fremden

einer

von Carl Weiuberger. Anfang 74 Mittwoch: Der Schmetterling

Anfang 73 Ubr.

Dresdenerftraße 72/73, Direktion

Hermann Hirschel. Musik von und Victor Roger.

Benitral - Thester.

Alte

pofse mit Gesang und Tanz in

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Mittwoch: Eine wilde Sache. Sonnabend, den 16, SJanuar: Eine tolle Nacht.

Mittwoch, Abends 8 Ubr: Der Millionenbauer.

Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn- hof Zoologischer Garten.) Dienttag: Der Militär-

Donnerstag: Der Militärftaat.

Dienstag: pereíte in 3 Akten (mit tbeil-

Willner und Berah. Buchbinder.

Thalia-Theater (vorm. Adolph Ernst-Theater). : W. Hasemann. Dienstag: Frau Lieutenaut, Vaudeville in 3 Akten von Paul Ferrier und Antony Mars. Deutsch von

Mittwoch und folgende Tage: Frau Lieutenaut.

Direktion: Richard Sulz. Dienstag: Emil Thormat a. G. Fine wilde Sache. Große Ausftattuncs-

. Mannstädt und Julius Freund. Julius Einödéhofer. Anfang 7} Uhr.

e Saal und Bühne umschritten. Auch später wurde n elten und gesungenen Weisen dem Tanze lebhaft S proEen: Erwähnevswerth sind ferner die den Gästen pendeten Gaben, bestehend aus einem zierlick gebundenen Büch welhes die Festordnung enthielt und gleichzeitig als Tanzfarte u benußen war, sowie einem kleinen Fächer für die Damen. Diz Festtbeilnebmer seten sich zumeist aus den großkaufmännischen Kreisen erlins zusammen, unter denen vereinzelt einige Künstler von der Bübne Das in jeder Hinsicht bis zulegt anhaltend

und aus dem Konzertsaal zu erblicken waren. gut geleitete und gelungene Fest nabm einen anregenden Verlauf.

In der Deutschen Gefellfchaft Naturkunde wird am nächsten Bürgersaal des Ratbbaufes),

l für volkstbümlihe- Mittwoch, Abends 8 Uhr (im | : u r Kustos Dr. Tornier einen öffent, lichen Vortrag halten über „Das Entstehen der Thierarten*, ver, bunden mit Demonftrationen. Am darauffolgenden Sonntag findet ein Befu des Berliner Aguariums unter Führung des Direktors Dr. Hermes ftatt. .

__ Dem Zoologischen Garten hat die glüdÆlich verlaufene deutsGe Expedition in das bieher unbÆannte Innere von Neu- Guinea werthvolle Bereicherungen gebracht. Herr Tappenbeck hat dem Garten zwei junge Kafuare und zwei Haushunde zum Ge- [her gemacht. Die leßteren find zoologisch besonders inter, efsant. Bekanntlih fehlen in Australien, auf Neu:Guinea und in Polynesien alle Raubthizere und damit auch die wilden dunde, von denen vielleiht die dortigen Haushunde abstammen önnten. Es muß also angenommen werden, daß diese Haustkiere von irgend wober eingeführt worden sind. Die Kasuare sind noch nichi bestimmt worden, weil sie noch das Iugendkleid tragen. Mz; kennt von Neu-Guizea nicht weniger als sechs Formen dieser Vêz-! von denen wahrscheinli jede einzelne cin beshränftes Gebiet bewo? nr.

Thorn, 9. Januar. Jn Seyde bei Leibitsh stürzte cine Kiesgrube ein. Drei Arbeiter wurden, dem ,W. T. B.“ zufolge, getödtet, ein vierter crlitt einen Beinbruch.

Rheydt, 10. Januar. Heute wurde das biesige neuerbaute Rathhaus in Anwesenheit des Präsidenten des Neichs- Versicherungs amts Dr. Boediker feierlih cingeweiht. Der Regierungs-Präsident Fteigerr von Rheinbaben vollzog, wie „W, T. B.“ berichtet, die

eibe des prôhtigen Gebäudes. Alsdann überreihte der Bürger- meister Dr. Strauß den Ebrenbürgerbrief an den Präsidenten des Reihs-Versicherungéamts Dr. Boedifer, welcher ia ber;lihen Worten dankte. An Seine Majestät den Kaiser und König wurde ein e, geistertes Huldigungs-Telegramm abgesandt. Nah der Feier fand ein Feftessen statt, welhes einen glänzenden Verlauf nahm. Die Bürger- [chaft veranstaltete Abends ein Festmahl. ;

London, 10. Januar. Die Königin hat 509 Pfd. Sterl. zu dem Hilfêsfonds zur Bekämpfung der Hungersnoth in In dien beigesteuert.

Sevilla, 9. Januar. Der Guadalquivir ist um 9 m über den gewöhnlihen Wasserstand gestiegen und überflutbet die Straßen und Promenaden. Von den Behörden wird überall Hilfe geleiitet. Die Eisenbahnverbindung mit Madrid ift infolge der Ueberschwemmung unterbrohen. Auch die Flüsse Henares und Jarama Knd auê den Ufern getreten.

, Chur, 9. Januar. Bei starkem Föhn wurde beute das Dorf Zizers von einer Feuersbrunst beimgesucht; 29 Häuser und 20 Ställe find, wie ,W. T. B.* meldet, ein Naub der Flammen ges worden. Ein Verlust an Mensch-:nleben ifff nit zu beklagen. 33 Familien sind obdatlos.

Kristianstad (Schweden), 9. Januar. Heute früh 3 Uhr wurden in der hiesigen Gegend zwei von beftigem Getöse begleitete Erdftöße verspürt, welhe Thüren und Fenster erzittern machten,

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Zirkus Renz. Karlstraße. (Jubiläums- Saison 1896/97.) Dieastag, Abends 7x Ukr: Gala-:Vorftellung. Kolossaler Erfolg! Lustige Vlätter! Neue Einlage. Original! Leuchtende Karrikaturen - Kavalkade. Aus dem equestrischen “Theil tes Programms sind besonders Hervorzubeben : 6 Trakehner Fuch8hengste, in Freiheit dre. u. vorgef. v Herrn Hugo Herzoz. Das Non plus ulira aller Pferdedressur. Chicago, Rappbengst, dress. und ge- ritten von dem berühmten Schulreiter Mr. Gaberel. Außerdem Auftreten des phänomenalen humo- ristischen Rechengeunies Mr. Juaudi (als Gast). Mitiwo&, Abends 7+ Ubr: Luftige Blätter! Auftreten des phänomenalen humoriftischen Rechengenies Mr. Juaudi (als Gast).

Abends 8 Ubr:

Behrenftr. 55/57. Der

Ebiubee Ma Zuli eg. . Familien-Nachrichten.

Berlobt: Frl. Maria Katharina von Arnim mit Hrn. Gerichts-Assessor und Sec.-Lieut. d. N. - mann von Norden|kiöld (Berlin). Frl. Mar- garete von Winterfeld mit Hrn. Rittergutsbesiter und Prem.-Lieut. d. R. Wilbelm von Massow (Neustettin—Groß-Volz). Frl. Elisa Simmer- macher mit Hrn. Lieut. d. R. Adolf Gontard (Estancia la Gerwania und Buenos Aires). Frl. Johanna Unverdorben mit Hrn. Fabrik- besißer Dr. Hans Sauermann (Dahme, Mark).

Seboren: Ein Sohn: Hrn. Major von Goßler (NRaftatt). Hrn. Hans von Göß (Hoben- boda). Hrn. General-Major Grafen zu Eulen- burg (Königsberg i. Pr.). Hrn. Landrath Dr. Engelhard (Iohannisburg). Eine Tochter: Hen. Amtsrichter Ulke (Frankenstein). Hrn. Prem.-Lieut. Hermann Pinder (Berlin).

Gestorben: Hr. General-Major a. D. von Utk- mann (Wiesbaden). Hr. Konsiftorial-Rath und

Neu einstudiert: Be D. Wilbelm Krafft (Bonn). Hr.

olizei-Lieut. Hans Große (Berlin). r.

Kanzlei - Rath Wilhelm Elden (Breslau).

Uhr.

Guftav Serpette

Isokobstraße 830,

6 Bildern von Muß? von

Konzerte, Konzerthaus.

S@iffbauerdamm 4a. / 5, : Dienstag: Ouverturen

Lautenburg. Dienêtag : „Das

bon Thomas. Neinecke). Ungarishe Rhbapsodie

Matinée. Zum | Fuchs (Herr Werner).

Karl Meyvder - Konzert.

von Auber, „Semicamide“ von Rossini, „Le Caïd* : . Walzer „Mein Ideal“ von Blon. „Cavatine* für Violine von Raff (Herr Schmidt-

„Webers leßter Gedanke“ für Cornet-à-Piston von

Hr. Geheimer Regierungs - Rath a. D. Rathjen (S(hleswig).

eherne Pferd“ Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Erpedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagt- Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr, 32.

Sieben Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Nr. 2 von Liszt.

(484)

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Erste Beilage zum Deutschen Reihs-Anze N

Berlin, Montag, den 11. Januar

iger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

1897.

Verichte von deutschen Fruchtmärkten.

Qualität

gering

mittel | gut

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1)

Durth- \schnitts-

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 14. Sißzung vom 9. Januar 1897.

Auf der Tagesordnung steht die Besprehung der am Freitag verlesenen und beantworteten Interpellation der Abgg. Dr. Stephan-Beuthen und Stanke (Zentr.) über die Auflösung politisher Versammlungen in Oberhlesien, in denen die Redner sih nicht der deutschen Sprache bedienten.

Ueber den Beginn der Debatte ist vorgestern berichtet

worden. Abg. Dr. Stephan -Beuthen (Zentr.): Das Urtbeil des Ober-

Verwaltungsgerihts stellt den Gebrauch der fremden Spraten in Versammlungen als berechtigt hin, €s sei denn, daß der Gebrauch in fraudem legis benutt werde, um der Polizei die Ueberwahung unmöglih zu machen. Das ift in den betri fenden Fällen aber nicht nahzuweisen. Wenn der Beamte das Wasserpolnishe verstand, aber nit das Hochpolnische, so hätten die in der Versammlung an- wesenden Perfonen ja den Redner auh nit verstehen können; dann ätte die ganze Versamolung gar keinen Zweck gehabt. Der Unterschied zwishen Wasserpolnish und Hocpolnish ift nicht arößer als der zwischen Berliner und gutem Deutsch. Redner geht nohmals auf dag Urthcil des Ober-V-erroaltunasgerihts ein, welches die in Oberschlesien vorgekommenen Fälle vollkommen treffe, und bestreitet, daß eine hopolnishe Agitation zum Zwecke der Loëslösung polnischer Landestheile bestebe. Wenn Herr von Zedliß dem Zentrum Mangel an Nat onalgefühl vorgeworfen habe, fo tônne ihm vorgeworfen werden, daß er einen Mangel an Gerechtigkeitägefübl bewiesen habe. In Oberschlesien überwiege die Zahl der polnisch sprechenden Katholiken; es sei desbalb durchaus nicht auftällig, daß ein polnifhes Weihnachtsstück aufgeführt werden solle. L

Abg. Dr. Krause (n1.): Es sind mande Dinge bier zur Sprache gebraht worden, die zur Interpellation gar niht gehören. Dazu rechne ih auch die Anführung des § 8, in LBezug auf den ih allerdings auch wünsche, daß das im Reichstage zugesagte Gese über die Aufhebung dezselben baldi„st ergehen möge. Es bantelt sich nur um die Frage, ob Verbote voa Versammlungen zulässig sind, wenn polnisch gesprochen wird. Die Vertächtigung der Berichte der Be- amten war garz unangebracht. Die drei Falle, welche vorgt bracht sind, find wohl die drei einzigen, die vorgekommen sind. Der Fall ia Beuthen scheidet aus, weil die Versammlung von dem Vorsigenden feshlofsen und nit von der Polizei aufgelöst wurde. In Wi-e]howa st die Auflösung wahrscheinli auf Grund des § 8 des Vereine- geseßes erfolat. Es bleibt alfo nur der Fall in Beneschau übrig. Das Urtheil des Obei-Verwaltungszerihts stellt keine Rectsarund- ek auf, fontern fpriht nur über den einzelnen Fall, dessen Trat- bestand allein entsbeidend ift. Od nicht in Beneschau eine A-sicht vorgelegen hat, das Ueberwachungérecht illusorisch zu machen, köanen

Weizen.

Roggen.

wir bier nicht entshe-den, auch wenn wir mehrere Tage darüber rer- andeln. Glaubt man, daß Unrecht geschehen ist, so soll dagegen

17,33 1061 16,47 12 16,80 ° 16,20 19 16.80 23 17,30 250 16,38 573 17,33 102 15,80 :

16,70 16 00 20,00

14,88

16,20 16,70 16,95 15,11 15,86

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15,11 75 11,50 24 11,60 12,40 12,00 39 12,30 11,89 14,19 95 13,84 23 13,70 12,80 L s °

12,90 13,09 14,00

st e. 16,54 12 85 13,00 13,20

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14,00 13,12 13,24 14,00 : 14,50 13,10

15,60

r.

15,38 13,20 13,20 1420 13,00 14,30 16,13 16,55 13,00

13,40 1380

9 016 14,38

1 769 13,20

12,85 13,95 14,65 14,57

514 1813 1216

842

797 | 10243 | 1286

Besbwerde erboben werden. Wenn troß der s{webenden Gerichts- verhandlung bier die Interpellation eingebracht wird, so will man nur damit politisch Kapital berauss{chlagen. Wenn die nationalpolniscke Agitation zugenommen bat, so liegt die Schuld daran, daß man nit zeitig genug energish dagegen vorgegangen ift. Bei einer energischen A»webr folcher Agitationen wird die Regierung unsere Unterstüßung finden. Die Gesetzgebung reiht auch dazu vollkommen aus, sie braucht niht verschärft zu werden. Die ganze Interpellation ist ein Schlag ins Wasser gewesen; die Mehrheit des Hauses ift sih darüber einig, daß in Preußen nach Recht und Geseß gehandelt werden soll und daß ein Zuwiderhandeln dagegen niht festgestellt ist.

Abg. Motty (Pole): In Oberschlesien wird seit Jahrhunderten polnisch gesprohen; da kann man doch nicht bon einer fremden Sprache reden. Die Polizeiverwaltung geht mit großer Schärfe gegen die Polen vor in allen ehemals polnischen Landestheilen. Redner wendet fsih gegen die Auétführungen der einzelnen Redner und bestreitet, daß eine großpolnishe Agitation in Oberschlesien vor- banden sei. Die Leute in Oberschlesien sind, führt er aus, sich ihrer Nationalität und ihrer Muitersprahe bewußt geworden vond vertheidigen sich gegen die Angriffe der preußischen Behörden. Wenn die Agitation aus den öôffentlihen Versammlungen verdrängt würde, so würde sie sich in die Heimlichkeit flüchten und viel gefährlicher werden.

Abg. Wolczyk (Zentr.) bestreitet, daß die wasserpolnische Svrache si von der bo{polnischen untersheide. Die Pflege der Muttersprache sei in Oberschlesien in der Schule nit gestattet; wo solle sie anders gepflegt werden als in Vereinen, deren eine Menge entstanden seien, um die Leute vor der Sozialdemokratie und vor dem Schnaps zu bewahren, indem man ibnen edlere Erholungen biete? Was folle es nun bedeuten, daß man die Aufführung harmloser polnifher Theaterstüke verbiete ? :

Abg. Rickert (fr. Vag.): Es handelt sich um eine Frage nicht der Politif, sondern lediglich des Geseges. Oberschlesien wird allerdinas ein preußischer Landestheil bleiben ; dagegen wird niemand Widerspruh erbeben. Ein Vertreter Overschlesiens, Herr Szmula, hat es auf das bestimmteste zurückgewiesen, daß seine Freunde irgend- wie von Preußen loëkommen wollen. Solchen bindenden Erklärungen gegenüber folit: man doch nit mit Zweifeln fommen. Daß jeder polnishe Mitbürger deutich lernen möze, wünsche ich im Interesse der Leute selbst ebenfalls. Aver auf dem Gebiet des Vereins- und Versammlungèrehts liegen die Mittel nicht, um dafür Propaganda zu machen. Das wäre ein verfehltes Mittel, den Leuten die deutsche Sprache beizubringen. Seit dem Polengesetz is das Verhältniß von Polen und Deutschen nit befser geworden. Ich habe das Gegentheil wahr„zenommen und au fonservative Männer fiad der Meinung, daß die Polengeseye nit den beabsichtigten Erfoly gehabt haken. Es handelt sich bier ni&t um den Schuy des Staates gegen gefähr liche Elemente, sondern um die Handhabung des Vereinsgesetßzes gegen die Polen, denen gegenüber man Ausnahmemaßregeln anwendet. Jch freue mich, daß Herr Kraufe namens feiner Freunde erklärt hat, daß die b.stehen- den Gesetze vollkommen ausreichen. Das ift auch meine Meinung. Ich

hätte mich gefreut, wenn der Minister erklärt bätte, daß er die Gründe des Ober-Verwaltungsgerihts in seinem Erkenntnisse von 1876 voll- kommen theilt. Seine Gründe decken \sich aber nicht mit denen des Erkenntnisses. Hätte der Minister auf das Ergebniß der verwaltungs- gerichtlihen Verhandlungen vertröstet, so wären wir befriedigt ge- wesen. „Aber er ift weiter gegangen, er hat eine Verschärfung der ge- seßlihen Bestimmungen angeregt. Wir haben mit Rüksicht auf die Erklärung des Reichskanzlers davon Abstand genommen, das Vereins- . wesen im Bürgerlichen Geseßbuch zu regeln. Wir wollen warten, troy aller reaftionären Bestrebungen , die sch bemerkbar gemacht baben. Ohne Widerspruch von seiten der Regierung babe ih die Erklärung abgegeben, daß wir die Worte des Reichskanzl-rs dabin auffassen, daß keine reaktionären Maßregeln bezüglich des Vercinégeseßes ergriffen werden sollen. Aber man hört nih1s davon, daß dieses Versprechen eingelöst wird. Der Minister des Innern erklärt dagegen, daß er auf dem Wege der Gesetzgebung Abhilfe shaffen will, wenn die Prüfung der Verhältnisse ergeben follte, daß die geseßlichen Be- stimmungen nit ausreihen. Liegt der preußishen Regierung daran, einen Konflikt mit dem Reichstage hervorzurufen? Diejenigen, welche sich einbilden, daß sie den Reichstag, wie er jeßt ift, niederdrücken können, müssen mit dem Staatsstrech rechnen. Bei den nächsten Reichstagëwahlen wird tcoß der Agitation des Bund-s der Landwirthe eine Aenderung nicht eintreten in politisher Beziehung. Das Bei- spiel von Hamburg und Sachsen mit ihren \chärferen Verei 8geseßen zeigt, daß troßdem die Sozialdemokratie triuumpbiert. Mir dem Polizeistock und mit kleinlihen Maßregeln wird man politis nichts ausrihten, auch nichts bezüglih der Germanisierung.

Minister des Jnnern, Freiherr von der Recke:

Meine Herren! Ich habe mi geftern, glaube ic, so unzwei- deutig über die der Interpellation zu Grunde liegenden Verbältniffe ausgesprochen, daß ih feinen Anlaß finde, diesen Ausführungen noch eiwas hinzuzufügen. Das gilt auch für die heute bier angeregten, aber nicht nothwendig mit der Interpellation in Verbindung stehenden Gebiete, insbesondere von tem au von anderen Rednern gestreiften Punkt der Modifikation des § 8 des Vereinsgesetzes, den soeben auh der Herr Abg. NRickert wiederum hervorgehoben hat. Es wird selbft der Beredfamkeit des Herrn Abg. Rickert niht gelingen, mih bei dieser Gelegenheit aus der für mich gebotenen Reserve berauêszudrängen, und ih fann dem Herrn Abg. Rickert nur anbeimftellen, die Ent- wicklung der Dinge abzuwarten. (Bravo! rechts.) Wir haben ja aller Wabrscheinlihkeit noch die Freude, die Herren noch ret lange hier zu seben, und es wird sich schon rechtzeitig heraus8- stellen, mit welhen Absichten sch die Königlihe Staats- regierung hbinsihtlich der MNRegelung des Bereinswesens trägt. Hinsichtlich des von mehreren Rednern auch heute wieder berührten Untershiedes zwischen dem wasserpolnishen und dem hochpolnischen Idiom will ich nur no. bemerken, daß ih eine vergleihende Zus sammenstellung einer großen Anzahl von Worten beider Idiome habe machen laffen, welhe ich denjenigen Herren, die sih für diese Frage interessieren, zur Verfügung stelle. Sie werden, glaube ih, daraus entnehmen, daß meine Behauptung die rihtige gewesen ist.

Was mich eigentlih dazu veranlaßt hat, mir noch das Wort zu erbitten, meine Herren, das sind Punkte allgemeiner Natur. Der eine be- zieht sich auf eine Aeußerung des Herrn Abg. Kir, der in meiner Meinung nach durchaus unzulässiger Weise hier die Glaubwürdigkeit von Be- amten bezweifelt hat. Zu meiner großen Freude hat sowobl Herr Abg. Freiberr von Zedliß, als auch Herr Abg. Dr. Krause be- reits erklärt, daß es auch nah ihrer Auffassung vollständig unzulässig ist, den treuen preußishen Beamtenstand in dieser Weise anzugreifen. Daß Fehler hier und da einmal vorkommen seitens der Beamten, das wird keiner bestreiten wollen, und das bestreite ih am aller- wenigsten, der ih vielfach Gelegenheit habe, in diefe Sachen Einblick zu gewinnen. Ich balte es aber für vollständig unthunlih und un- billig, daß man aus einem einzelnen Vorgang die Berechtigung her- leitet, den ganzen Beamtenstand anzugreifen. (Sehr ridtig! rets.) Wir haben alle Veranlassung, unsere Beamten hoh zu halten, um welche uns alle Länder beneiden. Um so bedauerliher ist es, wenn aus dem hohen Hause einer der Herren Veranlassung nimmt, die Beamten herabzuseßen und die Glaubwürdigkeit derselben zu bes zweifeln. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, ih möchte nun noh eingehen auf eine Aeußerung, die zunächst von dem Herrn Abg. von Heydebrand gemacht worden ist und die nachher angeklungen if in den Reden der freikonservativen und der nationalliberalen Partei. Meine Herren, der Herr Abg. von Heydebrand wies darauf hin, daß nach seiner Meinung in Oberschlesien, welches früher keine großpolnische Agitation gekannt habe, ih die Anzeichen mehrten für das Wachsen einer \solhen. Er sprach dabei der Königlichen Staatsregierung das Vertrauen aus, daß dieselbe ver- stehen werde, diefen Agitationen gegenüber mit Erfolg vorzugehen. Meine Herren, ih freue mi, konstatieren zu können, daß die König- lihe Staatsregierung mit dieser Auffassung des Herrn von Heyde- brand sih in der erfreulichsten Uebereinstimmung befindet. (Bravo ! rets )

Ich kann es nit leugnen und habe geftern au \chon darauf hingedeutet, daß es namentlich auch in Oberschlesien an Anzeih:n für ein Wachsen der Agitation im großpolnishen Sinne nicht fehle. Sie zeigen sih auf den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Lebens. Sie zeigen sich in den Vereinen, in Versammlungen, auch in den Schulen und namentlich auch in der Presse. Die Königliche Staatsregierung ift der Meinung, daß diesen Agitationen mit aller Energi2 entgegengetreten werden muß. (Bravo! rechts.) Es geht niht an und das gilt zu gleiher Zeit in bervorragender Weise natürlich auch von den eigentlih polnishen Landestheilen —, daß sich hier gewifsermaßen ein Staat im Staat bildet. Es geht niht an, daß die Bevölkerung vergißt, was sie sein soll, daß sie das Bewußtsein verliert, preußish zu sein. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, sollte diese Bewegung nicht nur eine ganz vorübergehende fein, follte sie fortbestehen oder gar si mehren und stärken, so ist die Königliche Staatsregierung sest ent- s{lossen, mit allen ihr zu Gebote ftehenden Mitteln energi'ch da- gegen einzuschreiten. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Aba. Dasbach (Zentr.) : Der Minister bält seine Le:mten für

glaubwürdiger als die Angaben eines Abgeordneten, der Augenzeuge der Vorgänge war. Dagegen wandte \sih der Abg. Kirsch; einen