1897 / 12 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

bandelt, zunächst dem Berliner Polizei-Schiffahrts-Bureau zur Prüfung vorgelegt werden müssen.

Ueber die Besuchszeiten des Reihs-Postmuseums finden sich in Tageszeitungen, Reise-Handbüchern, Adreßbüchern u. \. w. häufig un- zutreffende Angaben. ie aus der Aufschrift der am Haupteingang um T et (Leipzigerstraße 15) aufgestellten Tafel er- chtli, ift das Postmuseum geöffnet: Sonntags, sowie an den zweiten Feiertagen des Oster-, Pfingst- und Weihnachtsfestes von 12 bis 2 Uhr, an den Wochentagen Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 11 bis 2 Uhr. Geschlossen if das Museum eden Mittwoh und Sonnabend, ferner an den erften Feiertagen des

ster-, Pfingst- und Weihnachtsfestes, am Neujahrstage, am Char- fceitage und am Himmelfahrtstage. Eintrittsgeld wird nicht erhoben, weder an den Sonntagen noch an den Werktagen.

_In der gebrigen Sitzung der Stadtverordneten erstattete zunächst der Stadtverordnete Kyllmann namens des betreffenden Aus- \chufses Bericht über die drei Vorlagen, betreffend a. den Austausch von Flächen des Spreeschleusenkanals und des städtishen Grundstücks am Spittelmarkt, sowie die Fefistellung von Fluchtlinien für einen

Psgängerweg, bezw. die Wallstraße; b. den Erwerb der Grund- tüde Wallstraße 92—98; c. die Ertheilung der Ermächtigung zur freihändigen Veräußerung der Grundstücke am Spittelmarkt 4—7. Die Stadtv. Friederici und Meyer aria hierzu, die Vorlage an den Auéëshuß zurückzuverweisen. Der Ausshuß beantragte da- gegen: 1) dem die Angelegenheit ad a. betreffenden Vertrage mit dem Königlichen Fiskus vom 17./23. September 1896 die Zustimmung zu eben; 2) fich damit einverstanden zu erklären, daß. das Grund- tüd Wallstraße Nr. 98 im Wege der Enteignung erworben werde, und gleichzeitig den Magistrat um eine Vorlage zu ersuchen, durch welche die Wallstraße vom Spittelmarkt bis zur Neuen Grün- ftraße nah Maßgabe der festgeseßten Fluchtlinie durchgeführt wird; 3) die Ermächtigung zur freihändigen Veräußerung der Grundstücke am Spittelmarkt 4—7 zum Mindestyreis von 960 (6 für den Quadrat- meter zu ertheilen. Nach eingehender Debatte, an welcher sich außer den Genannten die Stadtverordneten Meyer, Voigt, Bergmann und

Kalisch, sowie der Ober-Bürgermeister Zelle betheiligten, wurden die Anträge des Aus\{usses angenommen. Mit der Festseßung des Gehalts

auf 5000 M für den neu zu wählenden Ober-Inspektor der Zentral-

Markthallen erklärte ich die Versammlung einverstanden, ebenso mit

der Gewährung eines abermaligen Beitrages von 500 Æ zu den

Kosten der Vorarbeiten für den Rhein-Weser-Elbe-Kanal. Die Versammlung erklärte sih ferner damit einverstanden, daß der An- theil der Stadtgemeinde an den Eisenbahn-Ueberführungsgebühren für

die vom und zum städtishen Vieh- und Schlachthofe gehenden Sendungen

ert Mde Massenartikel von 5,20 4 auf 3 A für den Wagen erabgefeßt werde, wenn die in Auésicht gestellte Ermäßigung des An- theils des Eisenbahnfiskus von 2 auf 1 Æ eintrete. Es folgte der

Antrag der Stadtverordneten Kyllmann und Gen.: „Die Versamm-

lung wolle beschließen, den Magistrat um Auskunft zu ersuchen, wie

weit die Reform des Müllabfuhrwesens Len ist.“ Der Antrag- steller führte aus, daß die Müllabfuhr infolge der theueren Preise, die der Magistrat auf dem städtishen Abladeplaße eingeführt habe, wieder auf den früheren Stand herabgesunken sei. Redner be- sprach sodann zwei Broschüren, welhe sih mit der Frage der Müll- abfuhr beschäftigen und mancherlei beachtenewerthe Anregungen ent- hielten, einmal eine Darlegung des Vorsißenden des Grundbesigter- vereins Nordwest Röhrecke, sodann eine Veröffentlihung des Profes)ors Vogel. Auf alle Fälle habe die Bürgerschaft ein Recht darauf, zu er- fahren, ob der Magistrat einen großen, allgemeinen Plan für eine Reform der Müllabfuhr in Aussicht genommen habe. Stadtrath Mielenß nahm die Straßenreinigungs-Deputation in Shuy. Die Erhöhung des Tarifs sei nothwendig gewesen, um Einnahmen und Auêegaben für die Ablade- pläße in Einkíang zu bringen. Von den verschiedenen Systemen der

{taubfreien Müllabfuhr, auf die man hingewiesen habe, be pe nament-

lid das System der Auswechselung der Kasten große Vortheile, aber

dennoch weise auch dieses System vielfahe Mängel auf, die seine

Durchführbarkeit als s{chwierig erscheinen ließen. Eine Verbesse-

rung der Verhältnisse werde sch {hon dann ergeben,

wenn die Hauébesißer eiserne Müllkasten einführen würden.

und Esmann sowie der Stadtrath Meubrink in dieser Frage das

Wort genommen hatten, wurde die Besprehun „FesGhlofsen. Zum

Schluß erklärte s die Versammlung mit dem uf des Grund-

flüds Bahnhofstraße 11 sowie mit der Beschaffung von Büsten

Melanchthon's zur Vertheilung an die ftädtishen höheren Schulen bei

L e des 400jährigen Geburtstages Philipp Melanchthon's ein- anden.

Die Gedächtnißfeier der hundertjährigen Wiederkehr des Geburtstages Kaiser Wilhelm's 1, die der „Kyff- häuserverband“ der „Vereine deutsher-Studenten ver- anftaltet, hat am Mittwoch Abend mit der feierlihen Begrüßung im Kasino des hiesigen Vercins begonnen. Die Vereine deutscher Studenten aus Breslau, Bonn, Charlottenburg, Dresden, Leipzig, Halle, Königsberg, Greifswald, Erlangen, Tübingen, Marburg, Göttingen, Gießen, Hannover, Heidelberg, Sonn ünden hatten Abordnungen entsandt. Außer- dem hatten der „Waidhofener Verband der Vereine deutsh-ôster- reichisher Studenten“, der Deutsche Lese- und Redeverein „Germania“ zu Wien, die Verbindung deutsher Studenten ays Böhmen „Hercynia“ in Wien, die Vereine deutsher Hochschulen „Phila- delphia*" und „Normania“ Vertreter geshickt. Gestern Vormittag versammelten sich die Chargierten aller Vereine mit den Vertretern der österreichishen Brudervereine in der „Philharmonie“, um ih von dort aus mit drei Chargierten zu Pferde in 22 Wagen mit 12 Bannern durch die Königgräßterstraße und den Thiergarten nah dem Mausoleum in Charlottenburg zu begeben. Dort legten als Vertreter des gesammten Kyffhäuserverbandes la Erster Vorsigender Cand. med. Peisfer-Breslau und der Vorfißende des Berliner Vereins Stud. cam. Graef an dem Sarge des ocseligen Kaisers Wilhelm 1. ein Gebinde von Palmen und Rosen für den „Kyffhäuserverband“ nieder. Außerdem erschien mit einem Kranz eine Abordnung des „Wartburgbundes", des Verbandes deutsher Jugendbünde aus Dresden. Der Zug begab \sich dann nach Berlin zurück, fuhr durch das Brandenburger Thor, die Straße Unter den Linden fowie die Markgrafen-, Linden- und Bellealliance- straße und machte endlich am Fuße des Kreuzberg-Denkmals Halt, zu dessen Plateau alle Chargierten hinaufstiegen. Stud. med. Peisfer hielt: dort eine Ansprache, die an die Zeit dec Erhebung Deutschlands zum Befreiungskampf anknüpfte und in einem Hoch auf das Haus Hohenzollern ausfklang. Nach dem Gefang der Nationalbymne und dem „Gaudeamus“ fuhren die Chargierten nah der „Philharmonie“ zurück, wo am Abend ein großer Kommers abgehalten wurde.

Die Einrihtung volksthümlicher Hochschulkurse, für welche die Comenius- Gesellschaft seit einer Reibe von Jahren gewirkt bat, mat jeßt an vielen deutshen Hochschulen erfreuliche Fortschritte. Die erste deutsche Universität, die voranging, war, wenn man von Wien absieht, Jena, wo die von der dortigen Comenius- Ble eigete Let seit dem September v. J. eingeleiteten Schritte _rasch zu erheblihen Erfolgen führten. Dann folgte München durch

Gründung eines „Volkshoch\{hul-Vereins“, an dessen Leitung mehrere Mitglieder der Comenius - Gesellshaft betheiligt sind. Ganz kürzlih sind dann auch Leipzig und Berlin gefolgt; an ersterer Hochschule haben die Vorträge am 11. Januar bereits be- gonnen; hier, in Berlin haben etwa zwanzig Dozenten eine Eingabe an den Senat geritet, worin sie diesen bitten, die Sache in die Hand zu nehmen und zunächst eine jährlihe Unterstüßung von 15 000 bei dem Ministerium der pee 2c. Angelegenheiten zu erwirken; man hofft dann im Novembec 1897 mit den Vorlesungen den Anfang maten zu können. Ueber die Entwickelung, welche die Bewegung bis dahin in Deutschland genommen hat, orientiert in vortreff- licher Weise ein Aufsaß von G. Hamdorff : „Anfänge von Volks- bohschulen in Deutschland“ in den „Comenius-Blättern für Volk serziehung“, pet 9 und 10 1896, das auch fonstige Beiträge über diese wichtige Angelegenheit enthält. Die S riften der Comenius-Gesellshaft (Geschäftsftelle in Berlin W. - Charlottenburg, Berlinerstraße 22) sind mit dem Beginn des Jahres 1897 in Kommissionsverlag von R. Gaertner's Verlag (Hermann Heyfelder), Berlin SW., Schönebergerstraße 26, übergegangen. Anmeldungen und Beiträge sind an das Bankhaus Molenaar u. Co., Berlin C., Burgstraße, zu richten. i

Nachdem noch die Stadtverordneten Gericke 1, Dr. Hermes

Die Reihe der Vorträge, welhe der Verein „Ber MTelte allwinterlich zum Besten seiner Ünterftüpungöfa en eter | altet, wurde gestern im großen Saake des Ar@itektenhausez dur die Herren W ilhelm von Polenz (Schloß Ober-Cunewalde)- und Georg Freiherr von Ompteda (Dresden), zwei jüngere aber bereits woblbekannte Dichter, eröffnet. Wilhelm von Polen; trug mit ruhiger, klarer Stimme eine Novellette „Die Glccken von Krummseifenbah“ vor, die sih der E tain pvr nah mit den Lebens. anshauungen der Bauern und orfbewohner beschäftigt. Die Theilnahme wendet \ich in der kleinen Dichtung vor allem der Ge- ftalt des Großbauern von Krummseifenbah zu, die in ihrer \{arfen und vom Ernst der Wirklichkeit burchdrungenen Charakteristik im Vordergrunde der Erzählung fteht. Sein hartköpfiger Widerstand grgen die Neuanschaffung von Kirchenglocken, seine troßige Verwahrung, a8 er e die alten Geiprun engl b a S ek leid die Er- üflung dieser eigenfinnigen Rede durch das al, obglei der al Bauer {ließli selbst der Fitche ein neues Glocktenspiel, das feinen Name trägt, stiftet, wird anshaulich und eindrucksvoll ge\childert. Dem Vortrage dieser Novellette folgten eine ernste und eine heitere Dihtun Georg von Onpteda's, In der Enge eines Eisenbahncoupés cu einer Fahrt nah Berlin begegnet der Dichter einem Kameraden aus der Jugendzeit, der ihm seine tragische Lebensgeschichte erzählt. “Jn tüchtiger, shlichter Arbeit auf dem ererbten Gute hat der Erzähler eine kurze Spanne Glücks im Besiße eines lieben, tapferen Weibes und zweier Kinder genofsen, die ihm in ihrer JIugendkraft und Sommerblüthe plöylih durch den Tod entrissen werden. Das wird in knappen Zügen, einfah und ergreifend, und doch ohne {chwächliche Sentimentalität dargestellt. In einer Humoreske schilderte G. von Ompteda alsdann mit drastisher Komik ein fleinstädtishes Schüßenfest, bei dem die Schwächen und Eigenheiten der ehrbaren und trinkfesten Mitglieder der Sa genge Dat in harmloser Fröhlihkeit und mit sprudelnder Laune geschildert werden. Die beluftigende Wirkung der kleinen Dich- tung wurde wesentlih erhöht durch den Vortrag des Verfassers, der die eingeftreuten Reden der Shütßenbrüder und ihrer Frauen im gemüthl:chen fähfishen Dialekt wiedergab. Beiden Vortragenden wurde reicher Beifall zu theil. :

Neidenburg, 14. Januar. Nah amtlicher Bekanntmachun ist die durch Schneeverwehung auf der Eisenbahnstrecke Nei d Eu burg—Soldau verursachte Betriebsftörung wieder beseitigt.

München, 15. Januar. Zur Vorberathung der Feier des 100jährigen Geburtstages des Kaisers Wilbelm I. trat estern Abend hier ein Comité von Herren aller Berufsklassen zu- ammen. Es wird eine großartige Feier mit einem Festakt im alten Rathhause und eine olfsfeier im Löwenbräukeller- saal geplant. Ober-Bürgermeister von - Borsht tbeilte mit, daß die s\tädtishen Behörden außer dem Festakt eine große Schulfeier beabsichtigen ; ferner wird die Stadt München an dem National-Denkmal Kaiser Wilhelm?s I. in Berlin einen Kranz niederlegen lassen. In den Price werden Festvorsiellungen ver- anstaltet werden. Von der râäsidentshaft der Beteranenvereine sind weitere Veranstaltungen geplant.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

_ Karlsruhe, 15. Januar. (W. T. B.) Fn der heutigen Sizung der Zweiten Kammer wurde nach längerer Debatte der Geseßentwurf, betreffend die Konversion der 4pro- zentigen Badischen Staatsschuld in eine 3!/zprozen- tige, in der Regierungsfassung einstimmig angenommen.

Wien, 15. Januar. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute den Minister des Auswärtigen Grafen G oluhows ki in besonderer Audienz. :

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

R

E vom 15. Januar, Uhr Morgens. —- Anfang 7} Uhr.

us m S

Stationen. Wind. Wetter.

u. d. Meeressp red. inMillim. in 9 Cel

“Temperatur

Anfang 7} Uh

Belmullet .. Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stoclholm . aparanda . osfau . .. Cork, Queens- town . .. Cherbourg . 5 I S5 mburg .. winemünde Neufahrwasser: Memel |_ 764 l T862 arlsruhe . . |- 762 Wiesbaden . | 763 München . . | 761 Chemniy .. | 765 Berlin ... | 765 Wien .... | 762 765

759 761

bededckt 3\wolkig wolkig bedeckt bededckt wolkenlos Schnee

halb bed.

QO C3 pin ps pk pam puri

[L

von Kleist. Rudolf Genée.)

E A

wolkig 3) bedeckt14)

Teja. Ms 74 Ubr.

pk Ou O OOOMPMOROORrM

Breslau . . . Jle d’Aix Triest . .…. i ed en. G 2 A6 es R 2 R Sens 3 nee. a neefall. Sypur- \chnee. #8) Hochnebel. O V Uebersicht der Witterung.

Ein Hochdruckgebiet liegt über Nordwest-Europa mit einem Maximum über dem nördlichen Norwegen egenüber einer Depression über dem westlichen

ittelmneer-Gebiéte, sodaß über Mittel - Europa nördliche bis öftlihe Winde vorherrshen, welche fast überall nur {chwach wehen. In Deutschland, wo etwas Schnee gefallen ist, ist das Wetter trübe, im Norden etwas kälter, im Süden milde; auch an der Ofsiseeküste liegt die Temperatur über dem Mittel-

werthe. j Deutsche Seewarte.

Uhr: Renaifsance.

nfang 74 Uhr. Sonntag,

s Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend : Opern- us, 15, Vorstellung. Das Heimcheu am Herd. er in 3 Abtheilungen ( nach Diens? gleih- namiger Lung, von A. M. Willner. Musik von Carl Goldmark. In Scene geseßt vom Ober-

Regisseur Teßlaff. Inspektor Brandt. Dirigent : Kapellmeister Dr. Muck.

Schauspielhaus. Trazödie in 5 Aufzügen und einem Nachspiel von Friedrih Hebbel. in Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober-Inspektor Brandt.

M Sonntag: Opernhaus. 16. Vorstellung. Rienzi, der Lette der Tribunen. in 5 Akten von Richard Wagner. Graeb. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 17. Vorstellung. Die Hermanns- \chlacht. Ein Drama in 5 Aufzügen von Heinrich (Mit Benußung der

Neues Königlich Klaus. Lustspiel in 5 Aufzügen von Adol Der Billet-Verkauf zu dieser Vorftellung findet heute und morgen in der Zeit 12—14 Uhr im Aämgligen Schauspielhause statt. Preise der Pläye: 3, 2, geld wird niht erhoben. Anfang 7# Uhr.

Deuvisches Theater. Sonnabend: Worituri. Fritzchen.

Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Die Weber. Abends 7F Uhr: Die versuukeune Glocke. Montag: Julius Cäsar.

Berliner Theater. Sonnabend, Nachmittags. Aschenbrödel. i

Sonntag, Nachmittags 2F Uhr: Die offizielle Frau. —- Abends U fh Montag: Renaissance.

Lessing - Theater. Sonnabend: Zum ersten Male: Die Wiederkehr. spiel in 3 Aufzügen von François de

ierauf: Neu eins

Nachmittags 3 Uhr (volksthümliche Preise): Die goldne Eva. 2 Abends 74 Uhr: Die Wiederkehr. (L’Invités.) Hierauf: Niobe. Montag: Heimath.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg. Sonnabend: Die Fraueujäger. (Le Dindon.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und für die deutsche Bühne bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 7# Uhr. - :

Dekorative Ginrihtung vom Ober- den 17. Januar,

Sonntag, ersten Male :

Matinée. Zum 16. Vorstellung. Genoveva.

Für die Bühne eiúgerichtet und Neues Theater

Direktion: Sigmund Marcelle.

Große tragische Oper

Ms Lindau. Ballet von Emil | Lautenburg. Anfang 7# Uhr.

earbeitung von | Georges Ohnet.

Anfang 7# Uhr. es Opern-Theater D: Doctor L’'Arronge.

von 9—10 und

1,50 M und 75 S§. Auf-

Male:

Sonntag, Nachmittags 3 Der Militärfstaat. Dornenweg.

Montag: Der Dorneuweg.

Das Ewig - Mäunuliche.)

s n Abends 74 Uhr: | Musik von Edmond Audran. vom Nentsseux Herrn Glesinger.

hr: Kaiser Heinrich. Kapellmeister Korolanyi. Anfan

von Narboune.

Maskeuball. i: (L'Invitée.) Shau- Gurel.

tudiert: Niobe. (Jenny Groß.)

(Jenny Groß.) Hermninn (Ienny Groß.)

(Louise Dumont.)

Bentral - Theater. Alte

Sonntag und folgende Tage: Die Frauenjäger- Mittags 12 Uhr:

Lustspiel in 4 Akten von P. H. Kirstein.

Siffbauerdaum 4a. / 5, Lautenburg. Sonnabend : Komödie in 4 Akten von Victorien Sardou. Für die deutsche Bühne bearbeitet von

In Scene geseßt von Sigmund

Sonntag und folgende Tage: Marcelle. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen : Der Hüttenbefizer. Schauspiel in 4 Akten von

Schiller-Thfeater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der Schierling. Die Komödie der Jrrungen.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Wilhelm Tell. Abends 8 Uhr: Ein Ehrenwort.

Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn- hof Zoologischer Garten.) Sonnabend: Zum ersten Der Dorneuweg. Schauspiel in 3 Akten von Felix Philippi. Aa 74 Uhr.

hr: Bei halben Preisen : Abends 74 Uhr: Der

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direction: Julius Frißs{he. Sonnabend: Neu ein- studiert: Gillette von Narbonne. Komische Oper Akten von Henri Chivot und Alfred Duru. In Scene geseßt Dirigent: Herr

74 Ubr. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr : el halben Preisen : Der Bettelstudent. Abends 74 Uhr :

Sonnabend, den 23. Januar: Zweiter großer

Thalia-Theater (vorm. Adolph Ernft-Theater). Dresdenerstraße 72/73. Direktion : Sonnabend: Frau Lieutenant. Vaudeville in 3 Akten von Paul Ferrier und Antony Mars. Deutsch von Hirschel. Musik von Gustav Serpette und Victor Roger. Anfang 7# Uhr.

Sonntag und folgende Tage: Fran Lieutenaut-

Jakobstraße 30,

Direktion: Richard Schulz. Sonnabend: Emil Thomas a. G. Eine wilde Sache. Große Aus- ftattunasposse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern von W. Mannftädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. Anfang 7{ Uhr.

Sonntag: Leßte Sonntags-Aufführung von: Eine wilde Sache. Junge Ehe. Konzerte.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Konzert von Sigrid Sundgrén (Klavier) mit dem Philharmonischen Orchester. Direktion: Ferruccio Busoni.

Konzerthaus. Sonnabend: 17, Operetten- Abend.

Saal Bechstein. Sonnabend, Anfang 74 Uhr: Konzert von Laura Stolzenberg-Biertz (Gesang) und Guftav Lazarus (Klavier).

Birkus Renz. Karlstraße. (Jubiläums- Saison 1896/97.) Sonnabend, Abends 7F Uhr: Gala-Vorstellung. Kolossaler Erfolg! Lustige Blätter! Neue Einlage. Leuchtende Karikaturen. Außerdem: 6 Trakehner Ropphengfte, vorgeführt von Herrn Rob. Renz. Grande Quadrille de la haute Equitation, geritten von 6 Damen und 6 Herren in Phantasie-Kostümen. Ferner: Das phänomenale humoristishe Rechengenie Mr.

naudi als Gast. Auftreten der neu engagierten pit da allererstea Ranges. Die vorzüglichsten

sIWns8.

Sonntag: Zwei Vorstellungeu. Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Bairen frei): Aufführung des großen militärishen Aus- stattungsstüdes: 1870/71. Abends 74 Uhr: Lustige Blätter !;

E D A D S E

Familien-Nachrichten.

Verehbeliht: Hr. Hauptmann Alfred Paris mit Frl. Gerta Grun (Breslau).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister Garl Grafen von der Goly (Berlin).

Gestorben: Fr. Staats-Minister Cora von Hof- mann, geb. Kekulé Gui Kadett Walther von Swhönfeldt (Groß - Lichterfelde). Verw.

Hasemann. L Güter-Direktor Ottilie Eckert, geb. Priesemuth

Kari Meyder - Konzert. und Walzer:

illette

W. Trachenberg i.. Schles.). Verw. Fr. Fabrik-

irektor Auguste Rauer, geb. Hofreller (Walden- burg i. Schl.).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. / Verlag der Expedition (Sch olz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags- Anftalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Me 12.

Berlin, Freitag, den 15. Januar

1897.

E E L E Ä E T Ä Ä T T E T E

: ‘Berichte von deutschen Fruchtmärkten.

Qualität

Außerdem

wurden am

Vers Dur(-

1897 gering | mittel

gut

Markttage

\hnitts- (Spalte 1)

kaufte

Jas

nuar (100 kg)

böôh- nie- fter | drigster

M M

nie»

nie- | hôh- drigfter

drigster | - fter

as A M

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

nah über- \{läglicher Schäßung verkauft Doppel- zentner

(Preis unbekannt)

preis für 1 Doppel- zentner

Menge

preis

Doppel- zentner

bô- fter

Mh 100 kg M

K Durchschnitts-

MW ei 15,30 80 14,90 20 16 00 50

11,80

A R O —— 11,80 Döbeln. . | |

l 12, 11,

|

12,20

Breslau . . . | 11,40 14,70 Ratibor . . . | 10,50 —— Mui a6 Döbeln .

Breslau * Ratibor :

ire, E

Döbeln. .

f

zen.

17,20 16,00 17,50 16,10

gen. 12,50 ¿ é E

17,15

Gersie.

12:50 E 1230 11,95 | 13.1

12,60

15,40

Deutscher Reichstag. 152. Sißung vom 14. Januar 1897, 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortsegung der zweiten Berathung des Neichshaushalts-Etats für 1897/98 bei dem Gehalt des Staatssekretärs des Reichsamts des Jnnern.

Abg. Reißhaus (Soz.): Herr von Heyl hätte sh statt der Konfektion einmal die ihm näherstehende Lederindustrie ansehen sollea, dann hâtte er sehen können, daß die Löhne der Hauktinduftrie dort auth sehr \{lecht find. Diz Löhne in der Damen- und Herren- fonfeftion find sehr niedrig, sie fiad zu gering zum Sattessen und zu groß um Verhungern. An die Reisenden aber werden Gehälter gezahlt bis zu 20000 46, ein Zeichen, A man hohe Kosten aufwenden fann. Konfektionsartikel werden gefertigt auf dem Lande in Näh- ftuben, wo 20 bis 30 junge Mädchen mit 1,50 46 Wochenlohn be- \@äftigt werden. Daß die Arbeiterinnen dabei sittlih und körperlich verkommen, ist felbstverständlih. Die Arbeiter der Konfektion haben auf dem Kongreß in Eisena die Unterstellung der Hausinduftrie unter die Gewerbeaufsicht verlangt, damit die dringendsten hygienishen Forderungen erfüllt werden. Die Eimichtung von Betriebs- werkftätten würde das Verschwinden der Zwischenmeister zur Folge haben. Aber solange der Staat niht dafür sorgt, daß die Uniformstücke seiner Beamten nicht in der Heim- indultrie hergestellt werden, solange denken die Unternehmer nicht daran, ibrerseits mit der Einrichtung der Beiriebswerkstätten vor- zugezen. Freilich muß dann auch dafür gesorgt werden, daß keine Arbeit mit nah Hause genommen wird; denn es ist vorgekommen, daß in Erfurt ein Konsektionär den Arbeitern am Sonnabend die Näbmaschinen in ihre Wohnung bringen ließ, damit sie am Sonntag arbeiten könnten ; wer nit gearbeitet hatte, bekam cm Montag einen Rüffel. Damit waren die Sonntagsruhe-Vorschriften einfach umgangen. In den urgesunden engen Räumen arbeitet die ganze Familie, auch die Kinder im zartesten Alter; die Noth zwingt dazu, um die Einnahmen zu vergrößern, daß der Lebensunterhalt geschafft werden kann. Die Beschäftigung der Kinder ist namentli gesundheitëgefährlich in der Srtelwaarenindustrie. Die Mädchen, welch2 bei der Herstellung von Wachéperlen beschäftigt werden, verlieren ihre Zähne. Also nicht bloß in der Konfektions-, sondern au in der ganzen Hausinduitrie sind die P S fodaß die Regierung etwas zur Verbesserung

un nuß.

Abg. Werner (Reform-P.): Der Staat als größter Arbeit- geber muß in seinen Betrieben die Arbeiter mit ihrem Loose zufrieden machen. Ob der Staat überall dieser Verpflichtung nac- iommt, lafse ih dabingestellt. Der Staat müßte einen Mindestlohn festsezen und einen Maximalarbeitstag je nah der Art des Betriebes. Insbesondere ist ein Marimalarbeitstag für die Bergwerksbetriebe nothwendig. Die Frauen und Kinder sollten von der Arbeit aus- geschlofsen werden. Die Sonntagsruhe muß möglichst respektiert werden. In der Postverwaltung ist die Sonntagêëruhe noch nit soweit durch- geführt, wie es möglih wäre. Die Handwerker warten noch immer auf die Erfüllung threr Forderungen bezüglich der Organisation und au bezüglih anderer Fragen. Besonders die Konkurrenz der Zuchthausarbeit müßte beseitigt werden. Haben wir Aussicht, bald ein Reichsvereinsgeseß zu bekommen ? Nach den Erklärungen des preußi- den Ministers des Innern scheint die Sache auf die lange Bank geschoben zu sein. Ich komme nun auf die Börse, welche nah Formen \suht, um die geseßlichen Bestimmungen zu umgeben. Die Sozial- demokraten reden immer vom Kapitalismus, aber wenn es si um die Eindämmung der Börse handelt, dann sind sie nit zu haben. Soll vas Reih sich den Widerstand der Börse gefallen lassen? Wir wissen, wie die Börsianer [8 die Taschen auf Kosten des Volkes gefüllt haben; das Volk ift tankbar dafür, daß die Re- gierung und der Reichstag endlich dazu gekommen sind, den Termin- handel abzuschaffen.

Abg. Dr. Schoenlank (Soz.) versuht den Nachweis, daß das Koalitionsreht der Arbeiter in Sachsen vernichtet sei durch die Maßnahmen der Polizei, welhe Versammlungen und Vereine von Ardeitern verbiete und auflöse, so daß die Réichstags-Abgeordneten niht einmal über die Thätigkeit des Reichstages berichten könnten. Die Mittheilung eines Führers der Buchbinder in Leipzig, daß über eine Werkstätte die Sperre verhängt werden würde, wenn die enkt- lassenen Arbeiter nit wieder angenommen würden, sei als versuchte A bezeichnet und mit Gefängnißstrafe belegt worden. Der sähsishe Justiz-Minister habe es ofen zugegeben, daß das Justiz- Ministerium bei ihm unrichtig ersheinenden Urtheilen außeramtlih vertrauliche Rücksprache mit den Nichtern nähme. Wo bleibe da die Unabhängigkeit der Richter ? ;

Abg. Dr. Graf zu Stolberg-Wernigerode (d.konf.): Die Wohnungsverhältnisse der Arbeiter sind mangelhaft. Das liegt an der “massenhaften Einwanderung der Arbeiter vom platten Lande in die Städte, wodur die Wohnungsverhältnisse verschlehtert werden. Die Leute, welche über die mangelnde Arbeit, die schlechte Woh-

nung u. \. w. klagen, sind fast alle aus einer kleinen Stadt oder vom Lande in die Grolle Stadt gekommen, weil fie geglaubt hatten, daß es ihnen in der großen Stadt noch besser gehen würde als in der Heimath. Wenn die Sozialdemokraten Einfluß auf die Arbeiter baben, dann follten sie den Zuzug zu den großen Städten ver- hindern ; die Leute werden dort, wohin fie gehören, Arbeit finden.

Königlich sächsisher Geheimer Regierungs-Rath Dr. Fischer: Jch bin durch eine eben jeßt stattfindende Bundesrathéfißung ver- hindert gewesen, den Angriffen, die, wie mir gesagt wird, der Abg. S@hoenlank gegen die sächsishe Regierung gerihtet hat, entgegen- zutreten. Es ist mir auch bis jet niht gelungen, das Stenozramm seiner Rede zu bekommen; ih hätte sonst niht Anstand genommen, scine Ausführungen zu widerlegen, obwohl der Abg. Geyer mir gestern die Befähigung, das Königreih Sachsen zu vertreten, ab- gesprochen hat. Das war ein persönlicher Angriff, auf den ih nicht gewohnt bin, persönli zu erwidern. Ih werde morgen auf Grund des Stenogramms auf diefe Rede zurückkommen.

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Der Staatssekretär von Boetticher hat erflärt, daß im Hamburger Hafenstrike das Koalitionsreht nicht angetastet sei. Man hat Arbeiter, die von ihrem Rechte Gebrauch gemacht, verhaftet und in Untersucbungshaft genommen; nachher wurden sie zu ciner Geldstrafe verurtheilt. Indirekt aber sind die Unter- nehmer von den Behörden auf Kosten der Arbeiter unterstüßt worden, fo durch Freigabe des Freihafengebietes zur Unterbringung der Strike- breher, tiroydem im Freihafengebiet niemand wohnen sollte. Die Strikebrecher verzehrten unverzollte Lebensmittel. Dhne_ dieie Unter- stüßung hätten die Unternehmer ten Vorschlag des Schiedsgerichts nicht zurückweisen können. Nachdem die Schuppen des Freihafens voll- gepfropft waren mit unverzollten Waaren, räumte die Zollbehörde Schuppen im Zollinlande ein, wo unverzollte Waaren geseßwidrig ohne Anmeldung zur Verzollung gelagert wurden. Aus welchen Gründen sind diefe gescß- und vertragswidrigen Dinge geduldet worden ? Die Heuer der Vollmatrosen wurden seit 1890 von 59,94 f auf 50,47 M. herabgeseßt. Der „Konfektionär“ rügte es, daß in sozialdemokratishen Geschäften die jungen Mädchen mit 50 f Monatslohn abgefunden würden; das sei ein Hungerlohn. Was be- deutet dann cin solcher Lohn für die Familie eines Vollmatrosen, der nit einmal das ganze Jahr hindur beshäftigt ist! Und warum wurde die Heuer herabgeseßt? Nicht wegen s{hlechter Geschäftslage, denn die Rhederei - Aktiengesellshaft hatte 1895 einen Ueberschuß von 14 Millionen. Auch das Konkurrenzinteresse nöthigte niht dazu, denn die oldenburgishen und die hannoverschen Rheder zahlten 60 4 Monatslohn. i L

Staatssekretär des Reichs - Shagamts Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Der Herr Vorredner hat den Hamburger Senat des Vertrags- bruchs bezichtigt; ih sehe mi veranlaßt, die irrigen Angaben des Herrn Vorredners richtig zu stellen. Zunächst die thatsächlichen

Verhältnisse.

Al3 der Strike ausgebrochen war, wurde von den Ham- burger Rhedern eine größere Menge inländisher Arbeiter zur Erseßzung der strikenden Arbeiter herangezogen. Für diese Arbeiter ließen si{ch im Zollinland niht sofort geeignete Massen- quartiere hHerrihten, und die Rheder wandten sich deshalb an den Hamburger Senat mit der Bitte, zu gestatten, daß Fabrik- räume und Niederlagehäuser im Freihafengebiet vorübergehend zu Wohnungen für diese Arbeiter eingerihtet würden. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)

Mit Rücksiht auf die Vorschriftea des Zollabkommens vom 95, Mai 1881 lehnte der Senat diese Forderung ab. Inzwischen mußten etwa 900 bis 1300 Arbeiter anderweit untergebracht werden und die Rheder brachten diese Arbeiter nun auf verfligbaren Schiffen im Freihafengebiet unter, welhe als Kasernenschiffe cingerihtet und mit Polizeimannschaften zur Aufrechterhaltung der Ordnung belegt wurden. Gegen diese Maßregel der Rheder hat der Hamburgische Senat Einspruch nicht erhoben und ebensowenig der mir nachgeordnete Reichsbevollmächtigte, und zwar aus einem sehr triftigen Grunde, weil für einen Einspruch jede fahlihe und geseßliche Begründung fehlte.

Ich gestatte mir zunähst den Wortlaut des Zollabkommens vom 25. Mai 1881 vorzulesen. Es heißt dort unter Nummer 1 Abs. 4 und 5:

„daß die zum Freihafenbezirk gehörenden Komplexe am nörd- lichen Elbufer zu Wohnungen sowie zum Detailhandel nicht be- nußt werden dürfen, und das Freihafenterrain am füdlihen Elbufer

nicht weiter, als es zu Betriebs- und zu Aufsichtszwecken dringend erforderlich ist, mit Gebäuden bebaut werden dürfe, welche zu Wohnunhen oder zum Detailhandel bestimmt find.“

Aus diesem Wortlaut des Zollabkommens ergiebt sih zunächst klar, daß eine Differenzierung vorgenommen worden i} in der Behandlung des nördlihen und in der Behandlung des \üdli hen Elbufers; am nördlihen Elbufer dürfen überhaupt Personen niht wohnen; am südlihen Elbufer dürfen Menschen nur wohnen infoweit, als es zu Betriebs- oder Aufsichtszwecken dringend erforderlich ift.

_ Nun {ließt der Herr Vorredner und die sozialdemokratische Presse aus diesem Wortlaut des Zollabkommens ohne weiteres : Also, da am nördlichen Ufer niemand wohnen darf und am südlichen nur solhe Personen, die zu Betriebs- oder Aufsichtszwecken unbedingt nothwendig sind, darf auch niemand auf dem Waffer ein Obdach haben, au niht vorübergehend. Meine Herren, darin liegt eben der Trugshluß der Deduktion. Es sheint im Gegentheil, daß man die Vorschriften darüber, unter welchen Bedingungen und wer vorüber- gehend seinen Aufenthalt auf den Schiffen, die innerhalb des Frei- hafens liegen, nehmen darf, absihtlih vermieden hat, weil es ganz außerordentlih \chwer ist, rein theoretish festzustellen; welche Per« sonen sind auf den Schiffen nothwendig als Matrosen, als Maschinisten, als Aufsihtsbeamte, welhe müssen dort vorübergehend fein und Obdach haben, und welche Personen sind unbedingt biervon auszuschließen. Man hat eben diese Ausführungsmaßregeln zunächst offenbar der loyalen Handhabung seitens des zuständigen Senats über- laffen.

Welches ist aber der Zwek dieser ganzen Vorschrift ? Diese Bestimmung des Zollabkommens hängt niht mit den Vorschriften des Unterstüßungsgeseßes oder mit der Steuerverwaltung zusammen, sie if vielmehr, wie der Herr Vorredner zutreffend ausgeführt hat, lediglih im Interesse der Zollsiherheit getroffen, und man ist allerdings bei Abs{chluß dieses Zollabkommens davon aus- gegangen, daß hierdurch der Personenverkehr an sih im Freihafengebiet so wenig wie möglich beschränkt werden solle. Es befindet sih des- halb im Zollabkommen hinter der Stelle, welche ich die Ehre hatte zu verlesen, unter Abs. 4 der folgende Zusaß:

Auch wird hamburgischerseits auf die Erweiterung der die Zoll- sicherheit fördernden Einrichtungen thunlihst Bedaht genommen werden.

Also der Zweck jener Vorschrift war lediglih die Zollsierheit. Die Hamburger Rheder wären sehr leiht in der Lage gewesen, diese Angriffe der sozialdemokratishen Partei zu umgehen, wenn man die zugezogenen fremden Arbeiter auf Schiffen innerhalb der Zollstadt untergebracht und sie jeden Morgen durch die kleinen Dampfboote zur Arbeit nach den Schiffen im Außenhafen befördert hätte. Aber gerade diese Manipulation wäre für die Zollsicherheit bedeutend ge- fährlicher gewesen, weil dann die Zolllinie von großen Arbeitermassen jeden Tag mehrere Male überschritten werden mußte. Es erschien deshalb im Interesse der Zollsicherheit vorzuziehen, wenn - der ganze Berkehr der Arbeitermassen zwishen den Kasernenschiffen und den Stiffen, auf denen die Leute arbeiteten, innerhalb des Freihafen- gebicts selbst sh vollzog.

Auch der Behauptung des Herrn Vorredners muß ih wider- sprechen, daß die Arbeiter mit unverzollten Lebensmitteln verpflegt wurden. Im Gegentheil geht sowohl aus der Sachdarstellung des Hamburgischen Senats, wie aus den mir von dem Herrn Reichs- bevollmächtigten erstatteten Bericht hervor, daß die Verpflegung nur erfolgt mit ausländischen verzollten Lebensmitteln, oder mit Lebens- mitteln, die aus dem freien Verkehr des Inlandes herrühren. Daß diese Bestimmung ausgeführt wird, ist dadurch gesichert, daß sich auf den Schiffen, wie erwähnt, Polizeimannsckaften befinden. Meine Herren, ih frage Sie auch: Würde wohl irgend jemand daran Anstoß nehmen, wenn, was Gott verhüte, fh in Hamburg eine große Seuche oder Feuersbrunst, oder eine Wassersnoth ereignete, und zahl- reid;e Menschen obdahlos würden, wenn diese obdachlosen Leute dann untergebraht würden auf Schiffen im Zollaus\schiußgebiet, sofern nur unbedingt die Vorschriften der Zollverwaltung beobahtet werden? Wenn also die Herren Sozialdemo- kraten hier daran Anstoß nehmen, so geschieht es sicher- li nicht deshalb, weil sie Besorgnisse haben für die Finanzen des Reichs und die Beobachtung der Zollgeseße, sondern weil ihnen selbstverständlih dieser Succurs der sogenannten Strikebreher höchft unbequem war. (Sehr wahr! rets.) Aber man kann es dem Hams- burger Senat au sier niht verdenken, wenn er innerhalb der zulässigen Vertrags- und innerhalb der geseßlichen Grenzen so weit gegangen ift, wie irgend möglih, um den {weren Schaden, der jeßt {on aus dem Hamburger Strike für das gesammte Erwerbsl[eben in Hamburg hervorgegangen ist, so weit zu mildern wie irgend mögli. Dieser Schaden Hamburgs und die Stockung in seinem Siffsverkehr wirkt aber niht nur zurück auf Hamburg selbst, sondern meines Erachtens auf das. gesammte Zollinland: denu wenn der Ham- burger Export lahm liegt, so shädigt das die gesammte Inlands- industrie und auch diejenigen Arbeiter, die an der Inlandsindustrie betheiligt sind. Jch kann deshalb nicht zugeben, daß der Hamburger Senat etwas geduldet habe, was gegen den Wortlaut der vertrags mäßigen Abmachungen spricht. Anderseits ist es selbstverständlich, daß, wenn sich Einrichtungen einbürgern follten, was aber vollkommen ausgeschlossen ist, kraft deren Personen dauernd ihren Wohnsitz auf Sgiffen innerhalb des Freihafengebiets nehmen, selbftverständli die bestehenden vertragsmäßigen Vereinbarungen einer entsprechenden Gr- gänzung bedürfen würden.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von

Boetticher :

Ich entnchme aus demjenigen Theil der Ausführungen des Hrn. Abg. Molkenbuhr, den ih gehört habe ih habe seiner Rede nicht vollständig beiwohnen können —, daß es nicht seine Absiht ist, hier den Hamburger Strike einer breiteren Besprechung zu unterwerfen.

Ih habe diese Absicht auch nicht, halte im Gegentheil dafür, daß