1897 / 19 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

werden, welche [edi

. (Fortsegung aus der Ersten Beilage.)

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Die Militärverwaltu bat sih nawdrücklih für einen Quebrachozoll ausgesprochen. Wenn ten Verbrauch des Publikums an lobgarem Leder zurückgeht, dann wird es \{ließlih dahin kommen, daß lobgares Leder t mebr bergeftellt wird. Die große Mehrkbeit für die Handelsverträge war nur bei dem österreihishen Vertrag vorhanden, weil dabei die «wirthschaftlichen

Verhältniffe im Vordergrunde standen. Aber beim rusfishen Vertrage war die Mehrheit geringer, und wenn diejenigen davon abgezogen

würde fich eine Minderheit ergeben. Vielfach hat man für den rufsishen Handelsvertrag auH nur gestimmt, weil dessen Ablehnung ein Affront q Rußland gewesen wäre.

_ Abg. Molkenbuhr (Soz.): Die Erklärung des Staatssekretärs wird große Beunruhigung in die Lederinduftrie bringen, die \sick& vor neuen Einrihtungen hüten und vielleiht bei der Gefahr der Ein- führung eines felhen Zolles über die Grenze gehen wird. Dur neue Erfindungen werden immer Exiftenzen geschädigt. Durch die Einführung des Thomas Gilcrist-Verfahrens für die Stahlerzeugung wurde das alte Verfahren, das Holzkoblen verwendete, verdrängt und die Holzkohblenproduzenten dadurh geshädigt. Redner führt dann Klage darüber, daß die Hamburgishen Zollbeamten niht dieselben Ge- bâlter bekämen wie die nah Hamburg kommandierten preußischen

- Beamten. Durch diese Gehaltsersparnisse würden Fonds gebildet, die sih der Kontrole entzögen. Den Beamten sollte zugewiesen werden, was das Reich für sie beftimmt habe.

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Die Koften füc die Verwaltung und Erbebung der Zölle und indirekten Steuern werden den einzelnen Bundesftaaten nach einem doppelten Syftem vergütet. Für die Koften, welche entftehen für die Bewachung der Grenze und die Erhebung der Grenzzôölle, wird ein Zollverwaltungs-Etat in jedem Bundesflaat aufgestellt, und die bier- dur entftehenden Beamtenbesoldungen werden nah einem gewissen periodishen Durchshnitts\saß festgeftelt und als Paushgquantum den einzelnen Bundesftaaten vergütet. Diejenigen Kosten aber, die für die innere Steuerverwaltung, d. h. für die Erbebung der indirekten Steuern und Abgaben, entstehen, werden nach bestimmten Prozentsäßen den Bundesftaaten vergütet, wie sie aus dem Etat über die Zolleinnabmen und Steuern, der dem Haupt-Etat als Anlage beigegeben ift, hervor- gehen. Die Bundesftaaten erhalten also sowohl für die Erhebung der Grenzzölle, wie der indirekten Steuern nur ein Paushquantum. Wie dieses aber auf die einzelnen Beamten vertheilt wird, darüber steht dem Reichstag und dem Bundesrath keinerlei Entscheidung zu. (Sehr richtig!) Denn die Erhebung und Verwaltung der Zölle ift verfassungsmäßig ein Neht der Einzelstaaten. Infolge dessen sind auch die Zollbeamten und die Beamten der indirekten Verwaltung Landesbeamte. Der Reichstag ift deëhalb meines Erachtens nicht befugt, darüber den Bundesstaaten Vorschriften zu machen; wie fie im einzelnen dieses Paushquantum zur Besoldung ihrer Beamten ver- wenden, das ift ihre Sache, ist Sache der Einzellandtage. Jh glaube, daß deshalb die Erörterungen, die der Herr Vorredner vor- getragen hat, nit zur Kompetenz des Reichstags gehören.

Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt.

__ Die Anträge der Abgg. Ulrich (Soz.) wegen Einrichtung internationaler Schiedsgerichte bei Zollstreitigkeiten und Lenz- mann (fr. Volksp.) wegen Einseßung von Reichsbehörden zur Auskunft über Zollangelegenheiten sowie zur Entscheidung von Zollstreitigkeiten werden abgelehnt.

Dagegen wird der Antrag des Abg. Dr. Hammacher (nl.) wegen der Errichtung einzelstaatliher Behörden für dieselben Zwecke, welhe im Antrag Lenzmann angeführt sind, gegen die Stimmen der Konservativen angenommen.

Bei der Ausgabe für die Universität Straßburg fommt der

Abg. Dr. Lieber (Zentr.) auf die Relegierung von Studenten zu \sprehen. Nach den Zeitungsberihten, führt Redner aus, hat fih der Rektor zu einem Kompromiß entschlossen und die Relegation zurückgenomnien. Eine solche Shwäche if bedauerlih. Man bätte vorsichtig und weise verfabren follen, damit man nit nachträglich ¡um Rückzug blafen mußte. Besonders mißlih aber war ein solches Verfahren für Straßburg, wo die Gegensäße gegen das Deutshthum neu geweckt und genährt werden. Allerdings trägt die ganze elsäfsische Politik dazu bei, daß die Verschmelzung mit Deutschland nur langsam vor fi geht. Es müßte alles vermieden werden, um den auffässigen Gegnern Deutschlands auch den Schatten des Vorwands zu nehmen, als ob sie über die deutshen Bebörden gesiegt hätten. Solche Mißgriffe der höchsten Behörde der Hochshule sind höchst unerwünschti und bedauerlich vom deutshen Standpunkt aus. Wenn die deutschen Interefsen gefährdet werden, fo haben wir keinen Anlaß, für die Universität Straßburg Zuschüsse zu gewähren.

__ Geheimer Ober-Regierungs-Rath und Ministerial-Nath im Mis

nisterium für Sn arun Halley: Die Universitätsbehörden sind in Diéziplinarsahen der Studenten völlig unabhängig; die Staats- regierung ist mit diesen Dingen in keiner Weise befaßt gewesen. Die Vorgänge felbst darf man nicht so tragish auffassen wie der Vor- redner. Sie sind entftanden aus einem Studentenscherz, wie er wohl überall vorkommt. Die Entscheidung war bart und batte un- angenehme Erscheinungen zur Folge, die ja jeßt beigelegt find. Die ¿weite Eingabe der Studierenden an die Universitätzbehörden erkennt an, daß die erste Eingabe nit in der rihtigen Form gehalten war. Damit ift die Autorität der Universitätsbehörden gewahrt. Es wäre erwünscht gewesen, wenn die Disziplinarbehörde geeignete Karzerräume zur Verfüguna gehabt bätte; auf folche Räume ist hiér keine Räcksicht genommen. Etwas Politik hat au dabei mitgespielt. Also es war nit einmal ein Uebershwang von Selbständigkeit, der die Studenten getrieben hat; fie wollten \hieben und find ges{oben worden und haben eine recht unwürdiae Rolle gespielt.

Abg. Dr. Höffel (Rp.): Die Vorgänge, die nur die Studenten allein angingen, wurden von der Presse parteipolitisch verwertbet, während die Aeußerungen des Rektors durchaus keinen Zweifel lassen, daß keine Voreingenommenheit vorhanden war. Ob die Studierenden das Recht haben, gegen Disziplinarmaßregeln zu protestieren, lasse ih dahingeftellt; jedenfalls bat man erfannt, daß die erste Eingabe ungeböcig war. Darauf wurde die Relegation zurückgenommen. Ob das richtig war, lasse ih dahingestellt. Die Berichte haben die politishe Seite übertrieben dargestelt. Straßburg wird eine Pflanz- stätte deutsher Wissenschaft und eine Brücke der Versöhnung bleiben.

Abg. Dr. Lieber: Eine durchaus nationale Zeitung hat darauf hingewiesen, daß die junge elsäsfser Generation sh viel mehr zurück- bält, als es früber der Fal war. Es wird gerade gesagt, daß die von altdeutschen Universitäten zurückehrenden Studenten die Zuftände in Elsaß-Lothringen unerträglih finden, weil sie täglich in die alten französishen Fußangeln fallen, die aufrecht zu erhalten die Regierung forgsam bemüht ist. Rühmlich mag die Haltung der Studenten nicht gewesen sein, aber rühmlich is auch die Haltung der Universitätsbehörde niht, welhe mit den Hörern zu folchen Kompromissen kommt. : ä

Die Ausgabe für die Universität Straßburg wird ge- nehmigt; ebenso die übrigen Ausgaben und die Einnahmen des Reichs-Schayamts.

Bei den einmaligen Ausgaben des Reichsamts des Junern, und zwar bei denen für die Betheiligung des Reichs an der Weltausstellung in Paris 1900, berichtet Abg. von Leipziger (d.konf.) über die Kommissionsverhandlungen,

ih aus Konsequenz dafür getiumnt- Haber [o

die zur Bewilligung der Forderung von 50000 4 geführt

Gebeimer Regierungs-Rath Dr. Ri hter: Deutsland beabsibtigt, 4 an 28 perebenen, Graven mit jenes Kugeln j beibllgen Staaten der Welt fih daran betheiligen wollen: beni das Terrain auloit nos nicht die Hälfte des Terrains der Ausftellung von Ghicago.

Ih als erfter Kommissar im Juli in Paris gewesen und habe Piave gefordert, deren Zutbeilung noch nicht ares ist. Aber jeden- als warde bie zugeD eie Plätze kleiner fein in Chicago. Auf lokalen Ausftellungen können E Gegenftände des marktgängigen Verkehrs und des täglihen Gebrauhes ausgestellt werden, auf Weltauétstellungen aber können nur die en Leiftungen ver- treten sein. Der Kampf auf der Ausstellung wird {wer und hart- nâckig sein. Die Jnduftrieprodukte der Berliner Gewerbe-Ausftellung werden im Auslande als minderwerthig hingestellt. Das sind natürlii maßlose Uebertreibungen und ungerehte Behauptungen. Aver es geht daraus hervor, daß man die deutsche Industrie herabzuseßen versuchen wird durch Wiederholung des S{lagwortes „billig und s{lecht“, troßdem das S{lggwort shon 1876, als es entstand, völlig unberechtigt war. Wenn das Gesammturtheil über die deutshe Abtheilung in Paris ungünstig ausfällt, so wird die Industrie auf Iabre hinaus geschädigt werden. In der französischen Abtheilung wird fein Artikel ausgestellt werden, der niht von zwei Inftanzen ét worden if. Es wird niht mögli sein, daß alle deutschen Ausstellung8gegenstände ebenfalls eine Jury passieren; die deutshen Industriellen L erfahren genug in Ausftellungssachen. Es follen aber Comités für die einzelnen Gruppen eingerichtet werden, und diese werden in Verbindung mit dem Reichskommissariat für die beste Ginrihtung der Ausftellung sorgen. ,_ Abg. Dr. Lieber: Wir ind zur Bewilligung der Koften für die Ausstellung bereit, weil wir in der Einladung und deren Än- nahme ein erfreulihes Zeichen der Annäherung zweier Kulturstaaten erblickden. Nach den Verhandlungen in der Budgetkommission herrscht heute wohl Einstimmigkeit darüber, daß mit Rücksicht auf den be- shränkten Raum und auf den Konkurrenzkampf nur die besten, ge- diegenften Erzeugnisse ausgeftellt werden dürfen. Wenn auch anzu- nehmen ift, daß die französishe Regierung den Wünschen unseres Kommissars möglihft entgegenkommen wird, so sollte doch zur Be- rubigung der Aussteller, die befürhten, daß fie wegen Mangels an Play nit recht zur Geltung kommen werden, für möglichft aus- Ttömmlichen Play gesorgt werden.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Ich bin dem Herrn Vorredner fehr dankbar dafür, daß er die Möglichkeit eines Verdachtes, als ob Deutschland von seiten der französischen Behörden disparitätisch behandelt werden könnte, aus- geschlofsen hat. Ih muß sagen, nach den Erfahrungen, die wir rüdsihtlih der Ausftellung bisher in unseren Beziehungen zu den französishen Ausfteäungsbehörden sowobl wie zu den französi- sckchen Staatsbehörden gemacht ktaben, würde cin folher Ver- daht bei mir garnicht auffommen können. Es ift nicht genug anzuerkennen, daß die französfishen Behörden, und zwar jzder Art, sowohl der Ausstellungs-Kommifsarius, als auch die französischen Staats- behörden ein weitgehendes Entgegenkommen uns bisher gezeigt baben sie baben es begrüßt, daß der deutshe Reihékommissarius für die Pariser Ausftellung als der erste am Plaß erschien, daß es ibnen da- durh ermögliht wurde, frühzeitig über die deutshen Wünsche unter- richtet zu werden, und sie haben bercitwillig erklärt, daß fie alles thun würden, um diesen Wünschen, selbftverftändlih nah Maßgabe der vorhandenen Mittel und der vorhandenen Möglichkeit, zu ihrer Erfüllung zu verhelfen.

Ich habe die Ueberzeugung, daß, so schwierig es für uns sein mag, auf beschränktem Platz ein vollständig ausreihendes und nament- lih ein folhes Bild unseres induftriellea Könnens und unserer Schaffenêkraft zu geben, wie wir das wünschen müssen, es uns gleih- wobl gelingen wird, auch in Paris in dersclben Weise, wie wir das in Chicago gethan haben, eine gute Ausftellung zu schaffen, die dazu bei- tragen wird, den Ruf der deutschen Industrie, den sie Gott sei Dank in der ganzen zivilisfierten Welt besizt, zu befestigen und, wenn mögli, zu erhöhen. (Bravo!) Dana glaube ic, meine Herren, die Be- fürhtungen, die fih etwa an die Plaßfrage von seiten unserer In- dustriellen, unseres Handwerks, unserer Landwirthschaft knüpfen möchten, zerstreuen zu können. Es fommt in der That nit darauf an, daß nun jeder, der auf einem bestimmten Gebiete etwas leistet, auf der Pariser Ausstellung mit seinen Leiftungen erscheint. Das nationale Interesse und das wirthschaftlihe Interesse unseres Landes erheischt es, daß wir das ausftellen, was wir für ausstellungswürdig halten, und von dem wir glauben, daß es, indem wir es der ganzen Welt vorführen, auch dazu führen wird, deutsher Arbeit neue Kunden zuzuführen, und wenn wir das thun, dann wird h auh der Industriele und der Handwerkck, der infolge des für die Beschikung der Ausstellung einzuhaltenden Ver- fahrens, infolge der Vorprüfung, die mit den Ausftellung3gegenftänden vorgenommen werden muß, nit zur Geltung kommt, der auf der Parifer Ausstellung nicht mehr Play findet, dann doch damit trösten können, daß au sein Können niht im Dunklen bleibt, sondern, daß nah der Anerkennung, welche die Leistungen seiner auss\tellenden (&r- werbsgenossen finden werden, au für ihn die vermehrte Nachfrage nah guter deutscher Arbeit von Vortheil zu werden verspriht. Die Plaz- frage ift ja bedauerlih in threr gegenwärtigen Lage, es ift aber daran nichts zu ändern, und wenn wir nur die Sicherheit haben, und diese glaube ih ganz bestimmt hier aussprehen zu können, daß wir gegen- über den kTonkurrierenden Nationen bei der Vertheilung des Plages in Paris nit zu kurz kommen werden, dann, meine ih, können wir mit gutem Vertrauen in die Ausftellung hbineingeben; denn die deutsche Arbeit wird zeigen, was sie vermag, und das, was sie vermag, wird einen guten Eindruck auf die ganze Welt machen. (Bravo!)

Die Summe von 50000 # wird bewilligt.

Zur Erforshung der Maul- und Klauenseuche durh Untersuchungen des Kaiserlihen Gesundheits- amts find 35000 M eingestellt.

_ Abg. Frank - Baden (nl.) verlangt eine ftrenge Anwendung des Viehseuchengeseßes, tas dem Bundesrath die genügende Befugniß gebe zur Abwehr der Seuhe von der Grenze durch Erhöhung der Quarantänefrift an der Grenze und durch einheitlihe ftrenge Ran im Innern des Landes. Sobald kein verseuhtes Vieh mehr über die Grenze komme, werde die Seuche verschwinden, denn fie entwickele sich nicht in Deutschland.

Abga. Graf zu Inn- und Knyphausen Q konf.): Die Ent- stehung der Maul- und Klauenseuche liegt noch vollständig im Dunkeln; man weiß nur, daß sie cine ganze Zeit lang latent ift und daher sehr leiht übertragen werden fann. er Schaden, den die Seuche unmittelbar und mittelbar anrihtet, ist ein sehr großer, größer als aller Schaden, der durch f{charfe Abwehrmaßregeln angerihtet werden kann. RONE baben die anzustellenden Versuhe einen Erfolg. Ein Mittel, welches bisher noch Geheimniß ist, wird ja schon an- gewendet. Gesunde Kühe werden in Versuchsftationen gebraht und

bleiben bei Anwendung des Mittels gesund. Die Einschleppung der

Seude ist aus Dênemark erfolgt; daher follte man die Quarantäne,

N Fr iven Gexir.): Die For dem Erreger

n : un n Krankheli sind ganz It, aber die Gta if rie Bente Eeder der diese erfolgt am beften durch die Sperrung der Gr even bie vez- seuhten Staaten. Dänemark gegenüber ift man strenge vorgegangen. Troß der Quarantäne ist kraukes Vieh über die Gren gekommen; da muß die Grenze ganz gesperrt werden. Den Land. pie, des Niederrheins ist die holländische Grenze gesperrt, sie wollen das gëschladfete Fleis fann it übertragea. *

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dx. von Boetticher:

Darüber, daß dic Maul- und Klauenseuche bei uns im Lande in einer großen Kalamität geführt hat, kann ja kein Zweifel sein, ebenso- wenig wie darüber, daß es eine der ernfteften Aufgaben der landwirtbschaftlihen wie der Veterinär-Verwaltung if, der Mauk. und Klauenseuche einen energischen Damm entgegenzuftellen. Jch babe mir das Wort erbeten, um einige von den Ausführungen der Herren Vorredner rihtig zu stellen, die wenigstens an der Hand unserer Beobachtungen sih nit bestätigen.

Der leßte Herr Vorredner hat seine Ausführungen damit geflossen, daß er als das wirksamste Mittel der Abwehr des Anfteckungöstoffes, der die Maul- und Klauenseuche bei uns verbreitet, eine Vieb, sperre gegen die nordiscken Länder bezeichnen müsse; er ist einverstanden mit der Sperre gegenüber den Niederlanden und hegt die Befürchtung bezw. behauptet, daß diese Befürchiung sich bereits bestätigt babe, daß über die dänishe Grenje die Maul- und Klaueuseuche fortgesetzt ein- geführt werde. Nach dem uns vorliegenden Material ift über die dänische Grenze noch kein mit Maul- und Klauenseuche behaftetes Stück Vieh nah Deutschland gekommen, seitdem wir unsere Quarantäne-Grrich- tungen getroffen haben. Das eine ift rihtig, daß perlsühtige Thiere über die Grenze gekommen find; es ift deshalb auch bereits die Tuber- kulinimpfung in die Wege geleitet. Diese Impfung wird zum 15. Februar, bis wohin die erforderli@zen Einrihtungen dazu getroffen sein werden, hoffentlih in sämmtlihen Quarantäne-Anstalten zur Einführung kommen. Es ift auch ganz erklärlih, daß aus den nor- dischen Ländern Maul- und Klauenseuche zu uns nicht eingeführt ift, denn nah den uns vorliegenden Berihten und diese Berichte be- ruhen auf den Beobachtungen, die durch unfere Konsuln an- gestellt werden und nach dem, was wir sons, z. L. aus den amilien Seuchenausweisen jener Länder erfahren, herrscht die Maul- und Klauenseuhe in Shweden und Norwegen überhaupt niht. Was aber Dänemark betrifft, so ift anzuerkennen, daß die dänische Regierung in jedem Falle des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche selbft außerordentli euergische Maßregeln gegen die Verbreitung der Seuche ergriffen hat. Noch im leßten Frübjahre, als ih mit meinem Herrn l[andwirthshaftlihen Kollegen von Hammer- stein auf einer Dienstreise begriffen war und uns die Nachricht zuging, daß auf der Insel Seeland ein Seuchenfall vorgekommen sei, wurden wir auf eine telegraphische Anfrage sofort davon verständigt, daß die dänische Regierung die strengsten Maßregeln ergriffen bätte, um jeder Gefahr für den Viehbeftand Deutschlands vorzubeugen ; insbesondere wurde sofort ganz Seeland gegen die Ausfuhr von Kleinvieh gesperrt. So bat die dänishe Regierung auch in den anderen Fällen verfabren, wobei ihr zu statten kam, daß die Seuche überhaupt nur auf wenigen leit

zu isolierenden Juaseln ausbrach. Nun sagt man: das Ausland muß

\chäârfer observiert werden, und es muß energisch gegen den Import von ausländishem Vieh vorgegangen werden. Damit bin ih ganz einverstanden, und Sie köanen fih darauf verlaffen, daß wir in der Reichêverwaltung, undzwar in voller Uebereinftimmung mit der preußischen Verwaltung und den Verwaltungen der übrigen deutshen Bundes- staaten, in jedem Falle, in dem eine Sperre nothwendig wird, sofort vor- gehen. So haben wir gegen Tirol, Vorarlberg, die Bukowina, Galizien u. f. w. unverzüglich gesperrt.

Aber und das ift auch ein Punkt, worin ih niht ganz mit dem Herrn Vorredner übereinftimmen kann es {eint nah unserer Statistik sowohl wie nah den gemahten Wahrnehmungen viel mehr die strenge Durchführung unserer veterinärpolizeilihen Vorschriften im Lande nöthig zu sein als wie eine noch vermehrte Vorsicht gegen- über dem Auslande (bört! böôct! links), die, wie ih mir auszuführen erlaubt babe, bereits im vollen Maße geübt wird.

Gestatten Sie mir cinige Zahlen, die doch sehr lehrreih find: Die Maul- und Klauenseucße hat seit einer Reihe von Jabren sowobl in Deutschland als auch in anderen Ländern mit einer früber nit geahnten Heftigkeit um si gegriffen. Sie hat in Deutschland den bödhsten Stand im Herbst 1892 erreiht. Damals waren 4910 Ge- meinden und 18 671 Geböfte verseuGßt. (Zuruf rechts.) Vorher eben weniger. Das ift der höchste Stand, den sie bisher gehabt hai, und zwar im Jahre 1892. (Zuruf rechts.) Das mag ja fein. Lafsen Sie mich zunächst meine Zahlen weiter vortragen, dann werden Sie bôren, daß ungeachtet der fortgeseßten Sperre die Seuche in Deutschland nah anfänglivem Rückgang doch wieder gestiegen ift. Also fie hat ibren bêôchsten Stand im Jahre 1892 gehabt, ift dann bis Ende 1893 und zwar ohne daß si die Viebeinfuhr erheblich vermindert bätte, ftark zurückgegangen. Im Jakre 1893, und zwar gegen Schluß des Jahres waren nur noch 132 Gemeinden und 268 Gehöfte verseudi. Sie sehen also eine ganz außerordentlihe Abnahme. Die Seuwe ist dann wiederum geftiegen, und am 31. Dezember 1896 war sie leider wieder verbreitet auf 3357 Gemeinden und auf 13945 Gehöften, troßdem die Rindereinfuhr von 274 000 Stück im Jahre 1892 auf 186 000 Stück in den erften 10 Monaten des Jahres 1896, und die Einfuhr der für die Seuche besonders empfänglihen Schweine v0 nabezu 1 Million Stük im Jahre 1892 auf 94 000 in den ersten 10 Mcnaten des Jahres 1896 zurückgegangen ift.

Also, meine Herren, Sie werden zugeben müssen, daß es ua diesen Zahlen den Anschein gewinnt, als ob die Einfuhr aus dex Auslande nicht auës&ließlich die Schuld trägt ih will mi ganz milde ausdrücken —, sondern als ob es darauf ankomme, noch im Binnenlande energishe Maßregeln zu treffen, um der Seuche Herr iu werden.

Ih habe mi gefreut, daß in den Vorträgen der Herrea Vor- redner hier im Plenum bisher niht die Auffassung zum Ansdruck gekommen ift, die neulich in der Budgetkommission von ver- schiedenen Seiten geltend gemaht wurde. Dort klagte mar vorwiegend über die Strenge der Abwehrmaßregeln, die auf Grund unseres Viehseuhengesezes getroffen worden sind. Heute hat ¡war der Herr Graf Knyphausen auch gesagt, taß diese Maßregeln ganz auße!- ordentli empfindlich wirken, aber er hat doch von sich und feinen Landsleuten bezeugen können, baß sie diese Maßregela gera über fi

n die Einfubr A R cue fels derur {ebf

wollen, und zwar zu Nuy nund Frommen des gesammten Biebstandes, der Seuche Herr zu werden. Dafür kann ih ihm und feinen Landsleuten nur dankbar sein.

Herren, ih stehe auf dem Standpunkt: Das Eine thun und Andere nit lassen Abwehr gegenüber dem Aus- lande, energishe Bekämpfung der Seuhe im Inlande, und

dieser energishen Bekämpfung der. Seuche. .im- Inlande wird uns entlich die Maßregel führen, zu deren Durchführung wir von en hier den Betrag von 35 000 Æ erbitten. Die Organisation der Versuche, welhe gemacht werden follen, den Krankheit8erreger der Maul- und Klauenseuße zu ermitteln- ja noch nicht vollftändig feft. Allein ih habe den Eindruck von bisherigen Vorarbeiten, daß wir hoffen dürfen, "auf diesem Wege m Ziele zu kommen, und daß, wenn wir viekleiht auch den Krank- heitserreger niht finden, wir doch Mittel und Wege entdecken werden, welhe die Weiterverbreitung der Klauenseuße wesentlih einshränken, und wenn wir dieses Ziel erreihen, meine Herren, dann, sage ih, haben wir eine der wihtigften wirtbschaftlihen Aufgaben erfüllt, die

ließen, weil fie in rihtigem vaterländishen Gefühl dahin un Vieh

uns gegeuwärtig beshäftigen.

Gegen 6 Uhr wird die weitere Berathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag.

Herrenhaus.

5. Sißzung vom 21. Januar 1897. Uebec den ersten Theil der Sißung if} gestern berichtet

worden. Nach der Wahl des Präsidenten ergreist das Wort der

Gewählte,

ürst zu Wied: Meine bochverehrten Herren! Durch die Wakl, die Sie soeben gethätigt haben, baben Sie mir eine roße Ehre erwiesen, und ih danke Ihnen allen von Herzen. S danke vor allen denjenigen Herren, die für mich ge- stimmt haben, ih danke aber auch denjenigen, welche, durch frühere Versprehungen gebunden, niht für mich stimmen konnten, von denen ih aber weiß, daß fie mir eine gütige und ver- trauensvolle Gesinnung entgegenbringen. Wenn ih Ihnen nunmehr erfläre, daß ih die auf mich gefallene Wahl dankend annehme, so geschieht das mit großer Zaghaftigkeit, und zwar einmal, weil ih überhaupt mi für unzulänglih für dieses bobe Amt halte, dann aber weil dur {were Krankheit vor vier Jahren meine Kraft abgenommen hat und ih nicht das Gefühl habe, fo ganz und voll für daë Amt ein- treten zu können, zu welhem Sie mich berufen haben. Ih muß also auch in Ee Beziehung um Jhre Nachsicht bitten. Jh danke nohmals, meine Herren, für die auf mich gefallene Wahl. Indem ih jeßt diesen Stuhl einnehme, bitte ich die Vertreter der Staatsregierung und die Mitglieder des boben Hauses um Nachsi&t und bitte in allen Dingen um Ihre Unterftüßung. Es fällt auf mich das Gefühl großer Ver- antwortung, das mi in diesem Augenblick etwas niederdrückt. Jch blie zurück auf die Reibe der ausgezeihneten und hervorragenden Mänuer, die vor mir diesen Stuhl eingenommen haben, und boffe, daß ich in demselben Geiste wie sie, in demjenigen der absoluten Unparteilichkeit die Verhandlungen des Hauses zu führen im ftande fein werde. Mein redliher Wille wird jedenfalls dieses Ziel immer fest im Auge haben. i i

Den übrigen Jnhalt der Tagesordnung bilden Kommissions- berihte über Petitionen.

Ueber die Petition der Weichensteller I1. Klasse Fröhling und Gen. um Erhöhung ihrer Gehaltsbe¡üge wird zur Tagesordnung über-

gen.

Die Petition des Kreisausschufses des Kreises Schlochau um den Bau etner Sekundärbabn von Schlochau oder Koniß nah Reinfeld an der Bahn Stolp—Neustettin überweift das Haus der Regierung als Material. : :

Ober - Bürgermeifter Struckmann berihtet namens der Peti- tionskommisfion über die Petition des Friß de Greiff in Krefeld, namens des Jagdshußvereins der Rheinprovinz, um Ergänzung des § 2 des Jagdvolizeigeseßes vom 7. März 1850 unter a. dahin, daß au Stienenwege als den Zusammenhang von sonst selbständigen Jagdbezirken niht unterbrehend anzusehen find. Die Kommiffion beantragt, die Petition der Regierung zur baldthunlichsten Berückfichtigung zu überweisen.

Graf zu Inn- und Knyphausen befürwortet dagegen die Ablehnung des Kommissionsantrages und die Annahme eines pon ihm eingebrachten besonderen Gef eyentwurfs, betreffend die Ergänzung einiger jagdrehtlihen Beftimmungen, durch welden das Jagdpolizei- gesey und die für Lauenburg und die neuen Provinzen geltenden jagdrechtlihen Vorschriften im Sinne des Petiturns abgeändert würden. Der betreffende Gesetzentwurf trägt 16 Unterschriften. Der Antrag- fteler führt aus, taß der von ihm vorgeshlagene Weg rascher und besser zum Ziele führe. Eile habe die Sache, da ein inzwischen in entgegengeseßter Richtung ergangenes Urtheil des Ober-Verwaltungs- gerihts in die eins{hlägigen Verhältnisse die größte Verwirrung binein- utragen drohe; namentlich würden die kleinen Gemeinden durch diefe Menbeciná der bestehenden Rechtsverhältnisse aufs empfindlichfte betroffen werden. A : : S

Hierauf nimmt der Minifter für Landwirthschaft 2c. Frei-

von Hammerstein das Wort, dessen Rede morgen im

orilaut nahgetragen werden wird.

Graf von Mirbach spricht sich für den Antrag des Grafen zu Inn- und Knyphausen aus, und zwar wesentlich im Interesse der wefstlihen Provinzen mit ihrem sehr entwidckelten Eisenbahnney.

Gei Hierauf R der us Grafen zu Jnn- und Knyphausen beantragte fegen1wurf fast einstimmig angenommen. i Bie Saa mumalkomumission beantragt, wie es {on im Vorjahre

bei Gelegenheit der Berathung derselben Petition geschehen ift, die

Petition dcs Bürgermeifters Dankers in Stade, namens des Provinzial-

verbandes der hannovershen Bürgervereine, um Abänderung der

hannovers{en Städteordnung vom 24. Juni 1858 durch Uebergang

s gung zu erledigen. Das Haus beschließt demgemäß

ohne te. =

In die Petitionskommission zurückverwiesen wird die Petition des Bürgermeisters Bender in Worringen um sofortige Ausbaggerung

der Rheinuferbucht in Worringen auf Staatskoften, nahdem ein

Regierungskommissar die Erklärung abgegeben hat, daß in der Sache neue Momente hervorgetreten seien, welche den Anspruch des Petenten als niht mebr so berücksihtigenswerth erscheinen ließen.

Damit ift die Tage nang, erledigt,

Den Fürst zu Wied dankt im Namen des Hauses dem Vize-Präsidenten Freiherrn von Manteuffel unter lebhaftem Beifall für die während der langen Krankheit des vorigen Präsidenten bethätigte eifrige Mühewaltung in der Führung der Präsidialgeschäfte.

Schluß 4 Uhr. Nächste Sißzung Freitag 1 Uhr. (Erste Verathung des Lehrerbesoldungsgeseßzes ; Petitionen.)

Haus der Abgeordneten. 23. Sigung vom 21. Januar 1897.

für 1SOTAR wied FeEUrA des Staatshaushalt s-Etats wird fortgeseßt. Ueber den Be

inn der Debatte ist ern berichtet wes g st gest

Geheimer Ober- Rath Bel ian bestreitet, daß die beamten \{hlechter e P iet als die beamten. Na dem lement von 1817 ständen die Räthe des Ober-

den Regierungs-Räthen gleih, während die Richter erster Inftanz niedriger ftänden. Hieran könne nichts geändert werden. Nachdem in den altzger Jahren die Verkältnisse der ‘Regierungs-Räthe sich verbessert hätten dadur, daß diese Räthe nah kürzerer pet zu böberen Gehalissäßen gelangten, sei eine gewisse Unzufriedenheit der Richter berehtigt. Heute bâtten sich aber die Verbältnifse geändert, und in absehbarer_Zeit werde die. _Wartezeit der .-Regierungs-Räthe| ebenso lang sein wie früher. Die Ober-Forstmeister und andere technishe Regierungs-Räthe könnten fu doch niht den Richtern erfter Instanz gleichftellen. Man könne fie auch nicht auênahmsweise höher befolden, das zerftôre die Einheitlichkeit. B

Abg. Gamp (fr. kons.): Ich bin tem Justiz-Minister dankbar, daß er auf die Bemerkungen des Abg. Rintelen über den Zeugniß- zwang nit eingegangen ist. Die Geseßgebung hat allerdings den Wirkungskreis der Richter zurückgedrängt, ih glaube aber nicht, daß die Besoldung der Richter ibrem Ansehen aeshadet hat. Das Ansehen der Landräthe hat unter dieser s{hle{ten Besoldung nit gelitten. Nur die gelehrten Richter baben an Ansehen verloren, weil fie die | nier mit dem praktishen Leben verloren haben, nicht aber die ndels- und Gewerberichter. Als früherer Beamter weiß ih, wie gerade die höheren Beamten ih Runge auferlegen müssen; manher böbere Beamte muß sich mit Rücksicht auf seine Kinder den Besuch des Theaters versagen; in Krankbeitsfällen müfsen sie fich häufig Geld mit Wucherzinsen verschaffen. Leider fehlt es hier an genügenden Staatsfonds. Man darf niht vergessen, daß die unteren und mittleren Beamten vom Staate mehr erhalten, als die gleihen Privat- beamten; nur die bögeren Staatsbeamten ftehen s{chlechter als die entsprehenden Privatbeamten. Buchhalter u. |. w. haben 800 Thaler und keine Penfion, überbaupt eine unsihere Gxriftenz, die Subaltern- beamten haben beides. Diese Beamten follten also niht immer den Staat mit ihren Forderungen übershütten. Wäre es nah mir ge- gangen, fo bâtte man die Konvertierung auf 39/9 vorgenommen , dann ätte man die nöthigen Mittel gehabt. Herrn Stöcker möchte ih fagen, daß Herr von Stumm mich autorisiert hat, zu erklären, daß er niemals weder Leckert noch Lüßow, n Tausch irgendwelche Aufträge gegeben bat. Wäre Herr Stöcker hier, so würde ih an sein Ghrgefühl appellicren, diese Beschuldigung zurückzunehmen. Jh versage mir, dies parlamentarisch zu kennzeihnen. Eine Besprehung der Produktenbörse fürhten wir niht, und von Herrn Richter wird man sagen: si tacuisses. Der I O wird ihm doch feine Scblagfertigkeit und Sachverständigkeit bewiesen haben, daß er der Zubilligung mildernder Umstände niht bedarf. Wenn die Allgemeinheit ein Interesse an der Börse hat, dann müssen au die anderen Interefsentenkreije eine Vertretung haben. Diese Vertretung ewährleiftet hon das Landwirthschaftekammergefeß in obligatorifscher

orm und ohne Rücksiht auf die Reichsgeseßzgebung. Die landwirthb- ichaftlihe Verwaltung hätte {on längtit auf diese Mitwirkung Hinwirken follen. Ih war damals im Handels - Minifterium ; in Stettin und Danzig sollten uur drei Landwirthe und zwei Ver- treter der Hilfsgewerbe in den Vorftand hineinkommen, in Königs- berg war es ebenso, in Magdeburg nur ein Landwirth. Ift das zu viel? In Berlin sollten allerdings zwölf Vertreter des Handels, fünf Vertreter der Landwirthschaft und zwei Vertreter der Hilfsgewerbe in den Vorftand kommen. Das wäre doch kein unerträgliher Zuftand gewesen. Wir wollen die Gntwickelung abwarten und glauben, daß auch eine geringere Zahl von Vertretern ausreihen wird. Die Entschädigung der Delegirten thut ihrem Ansehen keinen Eintrag. Ville Handelskammern haben sih ja auh dazu ents{lofsen, ibren Mitgliedern Diäten und Reisekoften zu gewähren. Was würden Sie dazu sagen, wenn die Mitglieder des Gisenbahnraths ih weigern: würden, mit den bezahlten Sekretären der Handelskammern zusammen zu arbeiten? Beiträge zur Börse bezablen nicht diejenigen, die die Aufsicht führen, sondern die Börsen- besuber. Höchstens käme für die fünf Vertreter ein Beitrag von je fünf Thalern in Frage. Die Angriffe der „Freisinnigen Zeitung“ gegen die Staatsaufsicht, den Fürsten Bismarck und meine bescheidene Person (Zuruf links: Sehr richtig !) es fommt darauf an, gegen wen ih bescheiden bin, ih bin es gegen den Fürften Bismarck, aber niht gcgen Herrn Richter, denn ih glaube in diesen Dingen mehr zu verstehen als er sind ja sehr alten Datums. Nah zwei Jahren wird man viel- leiht erkennen, daß das Geseg keine unbilligen Forderungen enthält. Die Preisnotierung des Getreides zu spezialisieren, ift durchaus richtig. Ich bedaure auch, daß die Sache so spât ins Leben getreten ift. Die Hauptschuld liegt aber an den Börsenvertretern, sie hätten schon bis zum 1. August ihre Berichte erstatten sollen; auch in Breslau hâtte das gesehen können. (Zuruf des Abg. G othein: Damals war der Erlaß noch nit da!) Das if allerdings bedauerli. Eine andere Frage ift die, ob die Organisation der Privatbörfe zulässig ift. Zweifellos handelt es sich um eine Börse, und die Regierung würde beredtigt sein, sie mit Gewalt zu s{hließen. Es wäre aber richtiger, die Frage beim Ober-Verwaltungsgeriht zur Entscheidung zu bringen und dann erft erforderlichen Falls die Gefeßgebung in Anspruch zu nehmen. Der Minister hat keineswegs die freie Vereinigung als legitim anerkannt ; dieser Behauptung der „Freisinnigen Zeitung“ muß entschieden extgegen- getreten werden. Der Minister hat auh den Agrariern keine Straf- reden gehalten. Er hat nur bedauert, was wir bedauern: einzelne Mißgriffe der Prefse. Solhe scharfen Worte sind sehr be- greiflih, wenn man sich z¿. B. die Angriffe der Aeltesten der Stettiner Kaufmannschaft vor Augen hält. Die Behauptung des Herrn von Mendel-Steinfels, daß an der Halleschen Börse Getreide 20—2% niedriger notiert sei, als es werth wäre, ift von der Preffe bestätigt worden. Von betheiligter Seite hat man dem auch nibt widersprohen. Im vorigen Jahr notierte die Berliner Börse Weizen viel niedriger als ausländische Börsen nah einem Artikel der „Freisinnigen Zeitung“, geschrieben von einem „Sach- verständigen“. Dies läßt faft darauf s{ließen, daß die Artikel der Freisinnigen Zeitung“ fon niht von Sachverständigen herrühren. Die Differenz betrug 25 M (Zuruf des Abg. Richter: Sie zitieren nicht richtig!) Wir haben mit dem Börfengeseß ein gutes Gese für das Land geschaffen, man führe es suaviter in modo, aber fortiter in re aus.

Abg. Kirsch (Zentr.) weist den Vorwurf zurück, daß die Richter keine Fühlung mit dem praktischen Leben haben; mit den Urtheils- sprüchen der Handelsrichter sei man auch nicht zufriedener als mit denen der gelehrten Richter. Um ein Streberthum im Richterftande zu verhüten, sei es vielleiht sehr angebracht, die Amtsrichter mit den Ober-Landesrichtern im Gehalt gleich zu tellen. Die Unterbeamten bätte man nicht vergessen folen troß der Verbefferung von 1891/92. Die Vorlage wäre leichter zu stande gekommen, wenn der Finanz- Minister den anderen Ministern die 20 Millionen gegeben und ge- sagt hätte: Macht damit, was ihr wollt! Daß der Reichskanzler und das Auéwärtige Amt au fernerhin die Hilfe der Gerichte gegen unberehtigte Angriffe in Anspruch nehmen wollten, beweise, eines wie bohen Ansehens die Gerichte fih erfreuten. Gs sei noch wünschenswerth, daß das Vereinsreht bald geseßlich geregelt werde.

Finanz-Minifter Dr. Miquel:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat den kühnen Ausspruch gethan, daß diese Vorlage wohl leichter zu fiande gekommen wäre, wenigstens in den Vorberathungen, wenn der Herr Finanz - Minister feinen Kollegen gesagt bätte: hier find 20 Millionen, macht damit, was Ihr wollt! Man kann dem Herrn Vorredner nicht vorwerfen, daß er die infimen Vorgänge innerhalb der Ressorts nicht kennt. Wenn er sie kennte, würde er fi hüten, eine folche Behauptung auf- zustellen. (Sehr richtig! rechts.) Dasallerdings istander Sache wahr, daß, nadem die Finanzverwaltung glaubte cine Summe von 20 Millionen dauernd entbehren zu fönnen, fie bezüglih der Verwendung dieser Summe im einzelnen für den Beamten oder für den Beamten kein Interesse mehr hat. Um fo unparteiisher und objektiver konnten

aber seitens der Finanzverwaliung die naturgemäßen Meinungêver- schiedenheiten innerhalb der einzelnen Ressorts behandelt werden, und ih glaube, obne die Mitwirkung einer solhen, in den wesent- lichsten Fragen finanziell nicht betheiligten Stelle wäre es noch viel \{chwieriger gewesen, zu einer Einigung über diese Vorlage zu kommen. Gewiß, diese Vorlage if ein Kompromiß, aber ein Kompromiß, dessen Nothwendigkeit sämmtliche Minifter ans «erkannt haben in der Ueberzeugung, daß ohne eine folhe Nachgiebig- keit überbaupt nicht mit biéset Vorlage zu “Enbe zu fommen se’. Es ift auch ein großer Irrthum, wenn Sie einen einzelnen Punkt unbedenklih berausgreifen zu können glauben und meinen, das bätte keine Konsequenz. Meine Herren, die Lehrer an den böberen Schulen ftellen z. B. das Verlangen : wir wollen gleiche Gehälter haben wie die Richter. Mit der Stellung der Lehrer au den höheren Schulen vergleichen fch die Oberförster und die Baumeister mit den leßteren. Wenn Sie also .die Richtergehälter ändern, \o riskieren Sie, die ganze Einigung, die auf allen diesen wichtigen Gebieten erfolgt ift, wieder ins Wanken zu bringen.

Meine Herren, zwei der Herren Redner, die Herren Rintelen und Brandenburg haben angedeutet, als wenn ih persönlih wenig Respekt vor der Bedeutung des Nichteramtes im Staate, vor seiner Stellung und dem nöthigen Ansehen desselben hätte. Diese Andeutung war ja nicht so ganz bestimmt ausgesprochen, aber im Ganzen klang sie do so. Wenn das gemeint gewesen ift, so muß ih diese Auffaffung und diese Insinuation mitder größten Entschiedenheit zurückweisen. Meine Herren, ih bin der Meinung, daß die Empfindlichkeit der Justiz und ihrer Organe in Betreff der Gehaltsnormierung viel tiefer liegt, als hier ausgesprochen ift. Ih s\preche das ganz ofen aus, ih habe au gefunden und imrmner bedauert, daß eine hiftorishe Entwickelung, die ih nicht näher charakterisieren will, bier in Preußen dazu geführt hat, daß die gesell- schaftlihe Stellung namentlich des Richterfiandes und die Wertbshäßung, die fih darin ausdrüdckt, einigermafien gegenüber den Verwaltungsbeamten zurüdcktritt. Wenn ein junger Affefsor verlanzt, man solle ihm den Titel Regierungs-Afsessor geben ih weiß, daß derartiges vorkommt und daß es bisweilen der Meinung dieser jungen Herren entspricht, als wenn fie besser wären, wie die Gerihts-Affessoren so ist für meine Ueberzeugung dies vollkommen deplaziert. Ih würde nie meine Hand dazu bieten, in irgend einer Weise die ganze Bedeutung des Richterstandes im Staate gegenüber der Aufgabe der Verwaltungsbeamten zurückzustellen, Jch bestreite aber, daß diese Vorlage das in irgend einer Weise thut. Diese Vorlage ift auch in diesem Punkt nit ein Produkt der besonderen Einwirkung des Finanz-Ministers, sondern des Zusammenwirkens des gesammten preußishen Staats-Miuifteriuums, welches die gesammte Hierarchie und Organisation des Beamtenthums zu vertreten hat. Jch babe {hon das leßte Mal, wenn auch nur leise, angedeutet, und muß das nah dem Gange der Diskusfion hier nochmals ent- schiedener betonen: die Frage der Regelung der Gehälter der ver- schiedenen Beamtenkategorien ifff unzertrennliß von der bestehenden Organisation unseres ganzen Beamtenthums, und wenn das Ab- geordnetenhaus vollkommen berechtigt i, formell be- rechtigt ist —, in dieser Beziehung sein Budget- und Etats- recht bis aufs äußerste zu gebrauchen, so muß es fich sagen, daß es dabei kollidieren kann mit großen anderen Staatsinterefsen, welche auch das Abgeordnetenhaus beachten muß; daëselbe muß daher vorsihtig sein in Beziehung auf die Anwendung seiner formalen Etatsbefugnisse.

Meine Herren, das Beispiel, welhes mein Herr Kommissar an- geführt hat in Beziehung auf die Regierung, ift dabet ganz charakteristisch. Unsere Regicrungen haben eine gemishte Zusammenseßung: theil- weise bestehen fie aus reinen Verwaltungsbeamten, die vom Affessor berauf dienen in den Regierungen, theilweise aber, zum erheblichen Theil, sitzen in den Regierungen tehnische Beamte aus den ver- iedenen tehnishen Zweigen, oder sachlichen Zweigen der Staats- verwaltung besser ausgedrüdt, die eine lange Dienstzeit hinter sih haben, die idre Carrière bis zum höchsten Punkt in der betreffenden fahlihen Richtung abgeschlossen haben ; sie rücken nun auch in die Regierungen ein. Sie können die Assessoren, die naher Regierungs-Räthe werden, die dieselben Befugnisse haben, die den Mitgliedern zustehen, die aus den fahlihen Verwaltungen hervorgehen, garniht verschieden befolden, Sie können abec unmögli einen Oberförster, dexr in seiner Stellung den höchsten Gehalt erreicht hat, und nun aufrückt in die Regierung als Forftmeister', Ober - Forstmeister, Forstrath, unmöglih behandeln wie einen jungen Assessor, der, ehe er zuerst Regierungs-Rath wird, möglicherweise im Verhältniß zu dem Richter der erften Instanz behandelt werden könnte. Wenn unsere Regierungen nur aus einfachen Verwaltungsbeamten beftänden, dann könnte man ja die Frage vielleiht allerdings beantworten, ob man die Regierungs-Räthe nit ebenso stellen könnte, wie die Landrihter. Ohne diese hierarhishe Rückicht auf unsere ganze Verwaltungs8organisation ist das aber unmöglih. Jch brauche garniht in der Geschichte der Erhöhung unserer Gehälter darauf zurückommen, daß die Richter erft im Jahre 1879 einen ganz außerordentlidßzen Vorsprung vor der ganzen Verwaltung bekommen haben. Jch brauche nit darauf hinzu- weisen, daß jeßt auch die Rihter in vollem Maße an den neuen Gehalts- zuwendungen partizipieren. Ih habe {hon hervorgehoben, daß der Prozentsaß der Aufbefserung der Gehälter über den Durchschnitt sogar geht. Wie kann man da überhaupt auf die Idee kommen, daß die Regierung die Stellung einer Beamtenklasse, die das fundamentum regnorum im Staate handhabt, gering achtet, geringer als die der reinen Verwaltung! Davon kann garniht die Rede fein.

Wir haben au garniht mecanisch die Ober-Landesgerichts8- Räthe mit den Regierungs-Räthen gleichgestellt, das ift uns garniht eingefallen. Die Ober-Landesgerichts-Räthe fangen mit einem größeren Minimum an von 5400 46 gegen 4200 4 bei den Regierungs-Räthben. Die Ober-Landesgerihts-Räthe Haben eine kürzere Ascensfion; in 9 Jahren erreihen sie das Maximum, die Negierungs-Räthe in 15 Jahren. Diese Verschiedenheiten sind weder Benachtheiligungen noch Bevorzugungen weder der Regierungs-Räthe noh derOber-Landesgerichts- Räthe, sondern sie entstehen ganz naturgemäß aus der Vorcarriòre, die beide maden, ebe sie, sei es in die Regierung, fei es an das Ober-Landes- geriht kommen. Aber eine mechanishe Gleichheit, davon werden Sie \ch in der Budgelkommission selb überzeugen, if ganz undenkbar, wenn Sie nicht unsere ganze Organisation, die bewährten Fundamente unserer ganzen Staatsordnung, über den Haufen werfen. Meine Herren, ich würde mir nicht erlaubt baben wie zwei der Herren Vorrdner, und namentlih

auch zu meinem Bedauern der Herr Abg. Gamp, die Meinung aus-