1897 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Chef-Sekretär fr Zrland G. Balfour erklärte, - dem, was Es hon für den Elementarunterriht in Jrland getan abe, könne niemand die Einrichtung eines besséren öheren Unterrichtswesens für die Katholiken beanstanden, aber vor der Einbringung einer neuen Vorlage müsse das Haus überzeugt sein, daß dieselbe den bestehenden Bedürf- nissen entsprehe. Er wünsche vor allem zu erfahren, welche Anschauungen in Jrland bezüglich der ein solches Jnstitut ver- maltenden Körperschaft herrshten. Sein aufrichtiger Wunsch sei, in dieser Frage alle Vorurtheile det Seïte zu segen und zu versuchen, den Wünschen Jrlands entgegenzukommen. Auf diese Erklärung hin zog Engledow seinen Unterantrag zurü. Howorth brachte einen Unterantrag ein, welcher die Erklä- rung der Regierung zur Rechtfertigung der Freilassung der irishen Dynamitverbrecher als ungenügend bezeichnet und für ge- eignet hält, zu solchen Verbrechen zu ermuthigen. Der Erste Lord desSchayes Balfour wies den Angriff Howorth's zurü, da seine Ausführungen niht nur die Urtheilskraft des Ministers des Innern, sondern auch dessen Ehre und die Ehre des Kabinets antasteten durch die Andeutung, daß das Vorgehen des Ministers von politishen Jnteressen eingegeben worden sei. Er sei überrascht, daß Howorth Führern folgen könne, von denen er eine so shlechte Meinung habe. Hierauf wurde die weitere Debatte auf Montag vertagt.

__ Gestern und vorgestern sind- Blaubücher, welche die diplomatische Korrespondenz über die orientalischen Angelegenheiten enthalten, ausgegeben worden,

_Das eine bringt Depeschen aus der Zeit vom Dezember 1895 bis August 1896, das andere umfaßt die Zeit vom 20. September 1896 bis zum 2. Januar 1897.

Wie „W. T. B.* berichtet, enthält das erste Blaubuch hauvt- fächlih Berichte der Konsuln in Kleinasien über die dortigen Megeleien und die allgemeine Lage der Armenier, sowie Einzelheiten über den Feldzug im Hauran im Juni 1896. Dasselbe veröffentlicht ferner ein von demBotschafts-Sekretär Herbert dem Premier-Minister Lord Salis- bury übermitteltes Schreiben des Sultans, in welhem si der leßtere bitter über die Unterstüßung der Armenier durh England beschwert. Während Enaland si früher der Wohlfahrt aller Ünterthanen des Sultans angenommen habe, scheine es jeyt lediglih die Armenier zu beshirmen. Es sei unmöglih, Reformen einzuführen und die Ord- nung aufrecht zu erhalten, solange die Armenier ihre gegenwärtige Stellung behielten. Der Sultan wünsche, daß den Armentern gute Rathschläge gegeben würden, sons müfse sich die Türkei die Freiheit ihrer Handlungen vorbehalten.

In dem zweiten Blaubuch beißt es: Nachden Lord Salisbury am 283. September v. J. die österreichisch - unga- rishe Regierurg uni ihre Ansi6t habe befragen lassen, habe er am 20. Dîitober an alle Mächte ein Zirkular rad mit dem Vorschlage, die Botschaften in Konstantinopel follten einen Reformentwurf abfassen, sowie dem weiteren Vorshhlage,

wangêmaßregeln zu ergreifen für den Fall, daß der Sultan sh weigern sollte, die von den Mächten genehmigten Reformen anzunehmen. Die Antworten der Mitglieder des Drei- bundes auf diese Vorschläge hätten bejahend gelautet. Der großbritannische Botschafter in Berlin, Sir Frank Lascelles, habe am 23. Oktober Lord Salisbury berichtet, er habe dem Staatssekretär Freiherrn von Marschall das Zirkularschreiben vorgelesen. Freiherr von MarsHall, der mit größter Aufmerksamkeit zugehört, habe geantwortet : er könne ohne eingehende Erwägung eines fo wihtigen Schrif!stücks keine endgültige Antwort geben, er könne indeß son jeßt sagen, daß Deutsch- land sih gern allen Schritten anschließen werde, über welche die Mächte sich zu dem Zwecke, die Integrität der Türkei aufrecht zu er- halten und die Lage aller tw. schen Unterthanen, ohne Unterschied, zu verbessern, einigen würden. :

Weiter wird darin gesagt:

Der Verweser des russischen Ministeriums des Aeußern, Schischkin, habe zuerst Einspruch gegen Zwangsmaßregeln erhoben, aber am 28. November habe der britische Botschafter in St. Peters- burg OD’Conor berichtet, der Kaiser habe Schischkin zu der Erklärung ermädGtigt, die russische Regierung werde, wenn der Sultan wieder feine gewöhnlihen Ausflühte in Betreff der Ausführung der von den Mächten empfohlenen Reformen gebrauchen sollte, es nicht ablehnen, den britishen Vorschlag, Zwargsmaßregeln zur Anwendung zu bringen, in Erwägung zu ziehen unter der Bedingung, daß unter den Mätten hierüber Cinmüthigkeit bestehe. Der fran- zösische Botschafter in Londoa Courcel habe am 23. Dezember Lord Salisbury eine Note übergeben, worin die dem französishen Botschafter in Konstantinopel Cambon ertheilten Instruktionen dargelegt worden seien. Diese Instruktionen hätten im allgemeinen ein Zusammengehen mit den übrigen Mächten vorgeschrieben, unter der Vorausseßung einer Verständigung über folgende drei Punkte: 1) Integrität der Türkei ; 2) Kein isoliertes Vorgehen ; 3) Kein Kondominium. In Betreff der Frage von Zwangsmaßregeln habe Frankreih ebenso wie Rußland eingewilligt, diese Frage einer Prüfung zu unterziehen, wenn die Mächte einstimmig Zwangsmaßregeln für durhaus nothwendig er- achten sollten. : s

Cecil Rhodes isi gestern an Bord des „Dunvegan Castle“ in Plymouth eingetroffen. Troß des herrschenden Schneejturms hatte sich eine zahlreihe Menge am Hafen ein- gefunden; Cecil Rhodes beschloß jedohch, nicht an Land zu gehen, und fuhr an Bord des Dampfers nah London weiter.

Frankreich. __ Das Uebereinkommen der französischen und der dänischen Regierung beireffend Tunis ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern unterzeichnet worden. er Senat verwarf gestern cinen die Abänderung der Shulgeseze bezweckenden Antrag und nahm im Ein- verständniß mit dem Unterrichts - Minister Rambaud eine Tagesordnung an, welche die Rechte der bürgerlichen Gesell- schaft anerkennt und die Anwendung der bestehenden Schul- geseße mit Festigkeit verlangt.

Die Deputirtenkammer nahm die Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Zu ckersteuer, wieder auf. Der Deputirte Trannoy vertheidigte die Vorlage, indem er aus- führte, daß die Zahlung von 12 Millionen Francs Export- prâmien eine Ausfuhr von 300 000 t Zucker ermöglichen würde. Der Deputirte Jumel bekämpfte den Entwurf im Jnteresse der Konsumenten. Der Berichterstatter Graux betonte, es sei nothwendig, Deutschland zu verhindern, niht nur den europäishen Markt, sondern auch noch den Welt- markt in Beschlag zu nehmen. Deutschlands Stärke beruhe in seinem Steuersystem, welches vor dem französishen einen Vorsprung von 50 Jahren habe. Redner hielt daran fest, daß eine theilweise Entlastung des Zuckers ein unwirksames Mittel sein würde, und shloß mit den Worten: es sei nöthig, den französishen Zuckermarkt zu vertheidigen durch Be- willigung einer der deutshen und österreichish - unga- rischen gleichkommenden Exportprämie, wenn man den Untergang von 25 Departements verhüten wolle. Der De- putirte Julien bekämpfte den Entwurf, welher nur für England vortheilhaft sein würde. Der Minister - Präsident Méline führte aus: Es handle sich um eine Frage der nationalen Vertheidigung; die Kammer sei mit verschiedenen Systemen befaßt worden, von denen keines vollkommen L Die

größte Stimmenmehrheit auf sich vereinigen werde, denn | mit einer Kammermajorität - würde die Regierung - die ht - sh an einer internationalen Kon- ferenz zu betheiligen. Ausfuhrprämien seien nöthig. Zwischen ie eih und Deutschland bestehe eine wesentli e Ungleichheit hinsichtlich der Produktion, die in Deutschland billiger sei als in Frankreih. Man verlange von den Konsumenten ein leichtes zeitweiliges Opfer bis ein neues Steuersystem durch ‘eine. internationale Konferenz aufgestellt sei. jera1 die Generaldebatte ges{chlvsset vie Dringlichkeit für die Vorlage erklärt. Die Kammer beschloß sodann zur Berathun Arn Artikel überzugehen. Die Sißung wurde hierauf aufgehoben.

Der Armee-Auss{chuß der Deputirtenkammer hat gern den Gesegentwurf des Kriegs - Ministers Generals

illot, betreffend die Bildung von vierten Bataillonen

bei den Jnfanterie - Regimentern, angenommen und den Abg. Mézières zum Bericbterstatter ernannt. i

Graf Rêmusat, welcher bei der Senatswahl in Toulouse gegen Constars gewählt wurde, ist gestorben.

« Rußland. 2

Das russishe Mittelmeer - Geshwader soll, wie „W. T. B.“ meldet, durch das Geschwader - Panzerschiff „Kaiser Nikolai T.“ ‘verstärkt werden.

Den „Nowosti“ wird aus Tiflis telegraphiert: 40000 armenische Ueber siedler seien auf russishem Gebiet unter- oe worden, davon 22000 im Gebiete von Kars, 14000 m Bezirke des Schwarzen Meeres und die übrigen in der Um- gebung von Eriwan. Zum Unterhalt der Uebersiedler bis um Frühjahre seien Provianisendungen aus Moskau und aus

strachan eingetroffen.

Ftalien.

Der General Baldissera is gestern früh in Brindisi gelandet und Abends nah Rom weitergereist.

Eine Note der „Agenzia Stefani“ erklärt die wieder- holt aufgetauhten Gerüchte, nah welhen der Gouverneur der Erythräishen Kolonie vor einigen Monaten eine Verstärkung von sechs Bataillonen verlangt habe, was die Regierung jedoch abgelehnt hätte, für unbegründet. Die Erwägungen der Regierung bezüglich einer Ent- sendung von Verstärkungen nach Erythräa hätten si auf gewisse Möglichkeiten bezogen, die jedoch nicht ein- etroffen seien. Der Gouverneur von Erythräa, weit entfernt, erstärkungen zu verlangen, habe vielmehr gegen Ende Dezember v. J. die Heimsendung zweier Bataillone beantragt, ju deren Beförderung die Regierung ein Paketboot entsandt abe, welches vorgestern in Massowah angelangt sei.

Dänemark.

._ Jm Folkething legte gestern der Finanz-Minister von Lüttichau den in der Sigung vom 21. Dezember v. J. an- gekündigten Gesehentwurf, betreffend die Einführung einer niedrigen staatlihen Ei nkommen- und Vermögenssteuer nach preußishemSystem, vor. Der Minister des Jnnern H ör ring brachte einen Geseßentwurf ein, nah welhem ein Theil der direkten Staatssteuer an die Gemeinden übertragen werden soll. Die Staatseinnahmen werden durch die beiden Vorlagen um 800 000 Kronen jährlih vermindert werden.

Amerika.

Dem „W. T. B.“ wird aus Washington berichtet, daß gestern, als im Senat der british- amerikanishe Schieds- gerichtsvertrag, Mie auf der Tagesordnung zu stehen, berührt worden sei, der Senator Sherman Amerika zu der großen That dieses Vertrages beglückwünscht und erklärt habe: der Ausshuß für die auswärtigen Angelegenheiten werde alles thun, um die Annahme des Vertrages gu fördern. Der Senator Stewart habe aus- geführt: der Ober-Schiedsrichter, der König von Schweden und Norwegen, sei ein Blutsverwandter der Königin Victoria und werde daher nicht unparteiish sein.

Aus Havanna wird berichtet, der General Weyler habe allen Besehlshabern befohlen, binnen einer Frist von drei Tagen sämmtliche Plantagen und Wohnhäuser in der Provinz Haa zu zerstören, um die Aufständischen zur Unterwerfung zu bringen.

Asien.

Nach Meldungen, die aus Manila in Madrid eingetroffen sind, hätten die Aufständischen bei einem belgishen Handels- hause in Hongkong 30 000 Gewehre bestellt. Kriegsschiffe bewachten die Küsten, um die Ausschiffung derselben zu ver- hindern. Das Kriegsgeriht habe 13 Ausfständische, darunter Mitglieder der revolutionären Regierung, abgeurtheilt. Man behaupte, daß die Anstifter des Aufstandes mit Japan verhandelt hätten. Personen, die aus dem Rebellenlager bei Cavite gekommen seien, gäben an, die Aufständischen seien 70 000 Mann stark, von denen 7000 gut bewaffnet seien. Dieselben errichteten vershanzte Lager. Nach Mindanao seien sechs Kompagnien entsendet worden, da man eine Meuterei der eingeborenen Truppen befürchte, Afrika.

Der „Agenzia E wird aus Agordat gemeldet, der General Vigano sei in der Nacht zum Freitag daselbst angekommen und habe zu den aufgeführten Vertheidigungs- werken seine völlige Billigung ausgesprochen. Das Operations- orps sei reihlih mit Munition und Lebensmitteln versehen, und die telegraphishen Verbindungen mit Kafssala seien gesichert. Es sei Vorkehrung getroffen, um über die Bewegungen und etwaigen Schwenkungen des feindlichen Heeres RNacdricdten zu erhalten. Die Hauptmacht der Derwische stehe bei Sciaglet Sthaghet 2 mit dem Vortrupp halbwegs zwischen Sciaglet und

gordat. Jn der Flanke stehe ein detachiertes Korps von etwa 1000 Mann bei Toculai (Tucualai ?) mit vorgeschobener Spiße. 400 bis 500 berittene Derwische streiften auf den Flanken, welche nicht weiter gedecckt seien, da die Einwohner mit ihrem Vieh und ihren Vorräthen {bon seit aht Tagen in die Berge geflohen seien. Sichere Anzeichen ließen darauf \hließen, daß die Gesammtmacht des Feindes aus 5000 bis 6000 mit Ge- wehren bewaffneten und aus mehreren Tausenden mit Lanzen E Derwische bestehe. us Suakin vom 20. d. M. wird dem „Reuter schen Bureau“ gemeldet, daß Osman Digma von Omdurman zurückgekehrt sei und demnächst bei Sinkat erwartet werde. Die Derwische zögen in der Richtung auf Tokar. Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus

Regierung meine, das beste System sei dasjenige, welches die

Hierauf. wurde /-

‘auf-ur M “Den “Bureau wird aus Bra f berichtet; selbst die Nachricht eingegangen, due N ; al noterTe der

seiner Ankunft in Kabba ge-

funden, Lab sid die gane A nden, ie ganze Armee d x Niger zerstreut habe. ats E Fullahs südlich vom

E nf Mi Zan

Parlamentäárische Nachrichten.

, Die Berichte über die gestrigen Sißungen Reichstages, des Herrenhauses u des Suusen s Zweiten

Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Beilage.

Jn der heutigen (160.) Sißung des Reichstage welcher der Staatssekretär des e O Staais-Mirifia bo: von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs-Scha amts Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, wurde zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1897/98 beim Etat der Reihsschulden fortgeseßt.

Das Wort nahm zuerst der E Dr. Lieber (Zentr.). Bei Schluß des Blattes \prach der Staatssekretär dez Reichs-Schagamts Dr. Graf von Posadowsky, dessen Rede am Montag nachgetragen werden wird.

Das Herrenhaus trat in der heutigen (7.) Sigu in welcher der Fuge Miifter Dr. Miquel, e Minister der öffentlichen rbeiten Thiclen und der Minifter für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein zugegen waren, in die Berathung der Jnterpellation des Grafen von Klinckowstroem ein, welche, wie folgt, lautete:

1) Ift es richtig, daß seit circa 2 Jahren die Königsberger Walzmühle Roggenmehl im Verhältniß von 874 : 100 (sogenanntes Neptunmehl) ausgeführt und dadurch den Staat um erhebliche Zollbeträge und die Landwirthschaft dur vermehrte zollfreie Einfuhr N Evan l, welhe Sh

entuell, welche ritte sind gethan, um den dadu entzogenen Zoll nahträglich S R E ey

Nachdem der Finanz-Minister Dr. Miquel si zur Beant- wortung der Jnterpellation bereit erklärt hat, bemerkt zur R E A

raf von Klinckowstroem: Meine Interpellation hat nicht den Zweck gehabt, irgend eine Mühle anzugreifen ; meine Suterpellatige befolgt weit wichtigere und höhere Zwecke. Es ist mir bekannt, daß nach tem Vorgang einer anderen, der Altonaer Mühle, die Königsberger Mühle die Erlaubniß angesucht und leider au er- halten baît, in derselben Weise zu verfahren. Der Zweck meiner Inter- pellation ift, für die Zukunft unmöglich zu machen, daß für dieses zur Einfuhr gelangte, nit gebeutelte Mehl zollfreie Einfuhrscheine ertheilt werden, wodurch die Landwirthschaft in doppelter Weise benahtheiligt wird. Von einem RNoggenproduzenten aufgefor- dert, irgendwelße Schritte zu thun, \{chickte ih das be- treffende Schreiben an den Finanz-Minister, ein zweites, von Mehl- proben begleitetes Schreiben desselben gab ih, nachdem noch fein Beseid eingegangen war und ih mir nit als genügend fahmännisch urtbeilsfähig vorkam, an den Vorstand der oftpreußishen Landwirth- shaftskammer, welde bei der Steuer-Direktion weitere Nah- frage hielt. In dem Schreiben der Steuer-Direktion wird aat. daß auf Grund einer Entscheidung des Finanz- inisteriums das Neptunmehl als gebeuteltes Mebl riht anerkannt werden kann. Troßdem hat die Mühle die betreffende Erlaubni egen die Vorschriften des Reglements erhalten, und z8 cut ift eine gegentheilige Verfügung ergangen, gegen welche die Walzmühle Widerspruch erhoben hat. Die Entscheidung steht noch aus. Was ih behauptet habe, ift also Thatsache. Wenn dieses Vehl mit 874 9/9 gezogen wird, bedeutet das eine sehr erheblihe Herabsetzung des Rendements, „Nah den ungefähren Zahlen, die ih habe ermitteln können, würde es ih um einen Zoll- betrag von 200000 4 handein. Die Weizenmühlen haben sich bekanntlich wegen der französishen Konkurrenz um die Herabseßung ihres MNendements von 75 auf 724 bemüht; alle Landwirthschaftskammern, bis auf eine einzige, baben fih dagegen er- klärt. Wenn die Mühlen selbständig Mebl von 874 9/9 ziehen, setzen sie damit das Rendement von 65 auf 48 berab, wodur die Einfuhr zollfreien Roggens ungemein begünstigt und gesteigert wird. Die oftpreußishe Landwirthschaft is durch den russischen Handelsvertrag _Und die Aufhebung der Staffeltarife son genügend geschädigt ; innerhalb des engen Raumes, der uns noh zum Leben gelassen i, müssen doch also wenigstens die Bestimmungen respettiert werden, welhe zu unseren Gunsten sprechen. Die Koatrole dieser Nendements ift ja sehr schwieriz; es müssen aber in E, bessere Kontrolmittel gefunden werden, um die Land- wirthschast zu chügen. Wird dieser Zweck dur die Interpellation erreidt, dann bin ich befriedigt. (Schluß des Blattes.)

Im Hause der Abgeordneten gelangte in der beutigen (25.) Sigzung, welcher der Minister für Landwirth schaft 2c. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, zunähst der Geseßentwurf, betreffend die Forstshußbeamten der Gemeinden und öffentlihen Anstalten im Regierungs- bezirk Wiesbaden mit Ausschluß des vormals Landgräf- lih hessen-homburgishen Gebiets und des Stadtkreises Frank- furt a. M., zur ersten Berathung.

Abg. von Tepper-Laski (fr. kons.) begrüßt die Vorlage namens seiner Freunde mit großer Freude, weil sie die Lage der Forfst- hußbeamten im Regierungsbezirk Wiesbaden verbefsere und für die Zeit ihrer Dienstunfähigkeit und für ihre Relikten sorge. Die Vorlage liege auch im Interesse der Gemeinden. Da der Etat jetzt die ftaat- lien Förster aufbefsere, erfordere die Gerechtigkeit, auch für die Gemeindeforstshußbeamten beffer zu forgen. Er empfehle die mög- list schnelle Annahme der Vorlage ohne Kommissionsberathung. Abg. Ca hensly (Zentr.) begrüßt ebenfalls die Befserstellung der Kommunalförster mit Freude, bemängelt aber einzelne Beftim- mungen der Vorlage und empfiehlt deshalb eine Vorberathung in der Kommission, welcher die hessi!he Landgemeindeordnung überwiesen fei. Abg. Dr. Lotichius (nl.) befürwortet gleichfalls Kommisfions- e L e die Abgg. Schaffner (nl.) und Dr. Bedck- mann (konf).

_ Minister für Landwirthschast 2c. Freiherr von Hammerstein theilt mit, daß die Vorlage zwar nicht dem Provinzial-Landtage, wohl aber einer besonderen Kommission desselben zur Begutachtung vor- gelegt worden “sei.

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Hofmann (nl.) wird die Vorlage der Kommission für die hessishe Land- gemeindeordnung überwiesen.

Es folgt die erste Berathung des Antrages der Abgg. Langerhans und Gen. auf Annahme eines Geseßzentwurfs, betreffend die Verpflichtungen der bürgerlihen Ge- meinden bezüglih der Bauten und Reparaturet von Kirchen-, Pfarr- und Küstergebäuden. Dana sollen diese besonders auf der E und Konsistorial- ordnung des Kurfürsten Johann Georg von 1573 und der

Sansibar wäre die Nachricht von einer lebensgefähr- lichen Erfrankung des Sultans unrichtig n bere

Flecken-, Dorf- und Ackerordnung vom 16. Dezember 1702 beruhenden Verpflichtungen aufgehoben werden.

h Gerüchten.“ Der ‘Sultan solle si vou. es sei da-

Langerhans (fr. Vgg.): Es muß wohl jeder damit ein- cin Fein, erb die gemeinden für sih selber sorgen müssen. Berlin ift aber durch Erkenntniß des Rei s zur

g für evangelische Kirchen verurtheilt worden auf Grund der alten von 1573. Die Visitationsordnung \chrieb zeitweise vorzunehmende tionen der Kirchen im Lande vor, und diebetreffende Kommission sollte danah Verbefserungen vorschlagen. Man follte meinen, daß diese alte Ordnung durch die Kirchengemeinde- und Synodalorduung aufgehoben sei, das Reichtgericht hat aber anders

Bisitationsordnun

entichieden, und deshalb bleibt nichts ÿbrig als. die Aufhebung iener 4. Ge

Die Dorfordnung von 1702 sagt ganz allgemein, es solle jegliher zu den Kirchenbaulasten bei- tragen. Damals gab es aber noch fkeine Organisation der FKirchengemeinden. rt. 12 der - Verfassung gewährleistet aber die Bildung befonderer Kirhengemeinden. Damit hat die Verfafsung doch iht etwa sagen wollen, daß5 aub andere, nicht zur Landeskirche gehörende Staatsbürger für die Landeskirche veitragen sollten. Jeßt find die evangelischen Kirhengemeinden organisiert, und die vereinigten Kreissynoden in Berlin haben auch das, Anleiherecht für Kirhenbauten erhalten. Nach der Berurtheilung der Stadt Berlin zur Beiträgsleistung verhandelte das Konsistorium mit dem Magistrat und wollte von seinem Recht feinen Gebrauch machen, wenn Berlin eine Abfindungssumme von 30 Millionen Mark gebe, welhe Summe sich im Laufe der Verhandlungen auf 5 Millionen ermäßigte. Die Stadtverordneten-Versammlung stimmte dem nicht zu, weil durch folche Verhandlungen das A selbst aht beseitigt werde. Dank der Fürsorge Ihrer Majestät der Kaiserin und des Kirchenbauvereins und dessen eifrigen Ge- shäftsführers Freiherrn von Mirbach sind jeßt eine große Zahl neuer Kirhen in Berlin entstanden, fodaß wir jeßt ir 18—19 000 evangelishe Einwohner eine Kirhe haben. Keine oie in Berlin ist so arm, daß sie niht selbst ihr kirhlihes Bepürfniß befriedigen könnte. König Friedrich Wilhelm 1V. hat sih dahin geäußert, daß ein Zwang zur Beitragsleistung nur Gehässigkeit gegen die Kirche erzeuge. Durch eine Vorlage von 1880 wurde ein ‘ranzösishes Geseß für das linksrheinishe Gebiet aufgehoben und damit dort die Verpflichtung der bürgerlihen Gemeinden zur Subventio- «terung der Kirchengemeinden beseitigt. Kein Mitglied des Zentrums, fein fatholiser Priester innerhalb und außerhalb dieses Haufes hat damals eine Abfindungssumme verlangt. Jch bitte um Annahme meines Antrags. E Hierauf nimmt der Minister der geistlichen 2c. Angelegen- heiten D. Dr. Bosse das Wort, dessen Rede am Montag im Wortlaut nachgetragen werden wird.

alten Bestimmungen,

Dem Herrenhause sind von dem Hause der Abgeordneten der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Tilgung von Staats- \hulden, fowie der Staatsvertrag zwischen Preußen und Oldenburg wegen Herstellung einer Eisenbahn von Lohne nach Hesepe (Bramsche) oder einem anderen geeigneten Punkt der Eisen- bahn von Osnabrück nah Quakenbrück, zugegangen.

Die Kommission des Herrenhauses für Vorberathung d2s Entrourfs eines Gesetzes, betreffend das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volks- shulen, hat sich konstituiert und Herrn von Puttkamer- Carzin zum Vorsigenden, Herrn Dr. von Leveßow zum Stellvertreter des Borsitenden, Herrn Zweigert zum Schriftrührer und Herrn Grafen von Hutten-Czapyski zum Stellvertreter des Schriftführers

gewählt,

Dem Hause der Abgeordneten if der vom Herrenhause auf Antrag des Grafen zu Jnn- und Knyvphausen beshlofsene Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ergänzung einiger jagd- rechtlichen Bestimmungen, zugegangen.

Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg berichtet das „Wolff’she Bureau“ zum Aus ftand dzr Hafenarbeiter: Die ausftändigen Hafenarbeiter und Seeleute richteten gestern ein Schreiben an den Arbeitgeberverband, worin sle erflären, daß die Arbeitervertreter keineswegs von ihren Kollegen beauftragt waren, die Entlassung aller neuen Arbeiter zu fordern, ¿0h hâtten die Arbeiter auf Erfüllung einer folhen For- derung beftanden, noch sei sie aus deren eigener Initiative estellt worden. Es sei lediglih darauf hingewiefen worden, daß es :m Interesse des Hamburger Gemeinwesens läge, die fremden Arbeiter zu veranlassen, in ihre Heimath z¿urückzukehren. Die- Vertreter der Arbeiter erfennen an, taß aus der plößlichen Entfernung sämmtlicher ‘remden Arbeiter einige Schwierigkeiten erwachsen dürften, doeh ¿lauben fie, das ihnen gewordene Antwortschreiben dahin deuten ¡u fönnen, daß au die betheiligten Herren Arbeitgeber ich bereit finden lassen, in Uebereinstimmung mit den Wünschen der gesammten Bevölkerung thunlichst den Arbeitern auf diesem Wege entgege"zukommer. Die Frage, betreffend die Entlafsung der fremden Arbeiter, könnte aus den eingeleiteten Verhandlungen ausgeschieden werden, wenn dafür die Arbeitgeber auch ihrerseits einen Waffenstillstand eintreten lassen und keinen weiteren fremden Arbeiter nah Hamburg ziehen, sowie weiterhin erklären, keine Maß- regelungen vornehmen zu wollen. Das Schreiben fährt fort : „Wir geben zu, daß die Abstellung der verschiedenartigen Mißstände im Hafen sich iht in wenigen Tagen durchführen läßt und die Berathungen ber die dazu erforderlihen Maßnahmen immerhin einige Zeit in Anspruch nehmen dürften ; dagegen sind wir alle der Meinung, daß h bezüglich der Lohnfrage und Negelung der Arbeitézeit der ver- ¡iedenen Kategorien hon in wenigen Tagea eine Verständigung erzielen läßt, und, um jedes Mißtrauen unter den Arbeitern zu beseitigen, ridten wir an die Herren Arbeitgeber nochmals das Ersuchen, sofort und vor Wiederaufnahme der Arbeit darüber mit uns in Unterhandlung treten zu wollen. Wir find der Ueberzeugung, daß unsere Kollegen sih mit diefen von uns gemachten BerGlä en einverstanden erklären, aber nach wie vor ohne vorherige Ver Snblzait über Lohn und Arbeitszeit die Wiederaufnahme der Arbeit einmüthig ablehnen werden. Wir ersu&en die Kommission der Herren Arbeitgeber nohmals, mit uns zusammenzutreten, um mit uns gemeinsam den Weg zur Herbeiführung des Friedens zu berathen und cas g eer ten Vorschlag beiden Parteien zur Annahme zu empfehlen.“

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Paris, 22. Januar. (W. T. B.) Dem „Temps* zufolge wurde der regelmäßig zwishen London und Paris verkehrende englishe Frachtdampfer „Mabel“ von dem Minister des Innern beauftragt, seine Fahrt zu unterbrehen und in Boug ival zu bleiben, angebli, weil er Waaren indischer “va an Bord habe. _ Bombay, 22. Januar. (W. T. B.) en Pilgerschiffen ist die Abfahrt von Bombay und Kurrachee verboten worden, In Kurrahee erkrankten 543 Perfonen an der Pest, 498 Personen tarben. Die Seuche ist auch in Tanna, Satara und im Innern der Provinz Sind ausgebrochen.

Theater und Musik. Berliner Theater.

dar : er- Todt gleihsam mit Borstellungen von der ernsten Lebens- weisheit der Gtiehen, von der sonnigen Klarheit ihxer Gedanken, von ihren mit attishem Salz gewürzten Reden. Die Sehnsucht, folhe Weisheit zu verkörpern, merkt man dem Dichter wohl an, aber ihr ift Erfüllung nicht zu theil geworden. Die Art, wie Aspasia einem griechishen Jüngling das Leben rettet, um ihn mit seiner jungen Geliebten zu vereinen, wirkt nüchtern und undramatisch. Fräulein Pospischil M Aspasia im griechischen Beæwande,- rof ewbetränzt,- ¡hot Tus,

für fich schon weitshweifige, wenn auch wohlklingende Vers\sprache im Vortrag noch übermäßig aus. 42

Wie anders wirkte Molière, der nah der „Weisheit der Aspasia* zum Worte kam, selbst in einer seiner weniger bewunderten Komödien. Die knappe Rede, die schnelle Folge der Geschehnifse in seinen,Spiz bubenstreichen“, wie Georg Droescher „Les Fourberies de Scapin“ überseßt bat, brahten sofort Leben und Bewegung auf die Bühne. Man nahm die burleske Komik, die in den übermüthigen Bedientenscherzen Scapin’'s zum Ausdruck kommt und die lebhaft an die derben Fastnahtss{chwänke des Hans Sachs erinnert, nah dem unbedeutenden, nur kla\sish angehauhten Schauspiel Loebel's mit verdoppelter, ungebundener Fröhblihkeit auf. Frau Prasch-Grevenberg führte die Rolle des lustigen, allezeit zu kecken Spißybübereien auf- gelegten Scapin mit prähtigem Humor dur. Von unwiderstehlicher Komik war aber das Spiel des Herrn Bassermann als Geront, des einen der beiden Väter, die durch Scapin’'s Streihe zu Gunsten ihrer verliebten Söhne überliftet werden. Auch Herr Hecht in der Rolle des Argant, des zweiten Vaters, trug zum fröhlihen Erfolge der Komödie bei.

au mén. Der Titel vert i aber m „als das line Drama

Konzerte.

Im Saal der Sing-Akademie fand am Dienstag ein Konzert des Fräulein Jeanne Golz (Mezzosopran) und des Herrn Alexander Heinemann (Bariton) ftatt, welhes gut besuht war. Die Sängerin, aus der Schule D. Eichberg?s hervorgegangen, besigt eine umfangreiche, besonders in der Tiefe wohlklingende und gut geshulte Stimme, ihr piano if von bestrickdendem Wohilaut und die Vortragsweise sowohl der ernsten wie der heiteren Gesänge belebt und harakteristis@----Diese - Vorzüge kamen in Liedern von Eckert, Brahms, Franz, O. Eichberg und R. J. Eichberg trefflich zur Geltung. Der lebhafte Beifall bewog die Künstlerin zu einigen Wiederholungen und zu einer Zugabe, bei welher fie si selbs begleitete. Herr Heinemann gebietet über eine fraftvolle und bis in die Tenorlage hinaufreihende Stimme. Bei dem bekannten Baritonisten Adolf Schultze ausgebildet, besigt er zugleih dessen edle und ergreifende Art des Vortrags. Fine bei Baritonisten seltene Koloraturgewandtheit kommt ihm zu statten, wie dies in der Arie aus „Samson“ von Händel zu erkennen war; mehrere Lieder von Franz, Jensen und Schubert, defsen „Ungeduld“ auf Wuns wiederholt wurde, folgten hierauf. Beide Konzertgeber trugen am Schluß des Abends noch zwei Duette von E. Hildach unter aroßem Beifall vor. Die Klavierbegleitung befand sich in den geshickten Händen des Herrn O. Bake. In ihrem zweiten Konzert, welhes ebenfalls am Lienétag im Saal Bechstein stattfand, erwarb fich die Pianistin Fräulein Augusta Cottlow durh den Vortrag der „Chromatischen Phantasie“ von Wah, des Scthumann’schen „Faschings\chwanks" und der leider niht häufig ge- spielten B-dur- Variationen von Schubert wiederum das Interesse und die Anerkennung ihrer Zuhörer. S

Am Mittwoch ließ Fräulein Gertrud Heinrich in demselben Saal ihren bellen, hohen, Sopran erklingen und gewann durch den weichen frischen Klang ihrer Stimme und ihre angenehme Vortrags- weise nell die Sympathie des Publikums. Ihre Tône klingen leiht und frei an, auch in der hohen Lage und entfalteten ihren Glanz in Liszt's effektvoller Scene „Jeanne d’Arc vor dem Scheiterhaufen“". Zwishen den Gesängen trug Fräulein Margarete Rusche niht ohne Talent und mit weit vorge- schrittener Technik einige Klavierkomyositionen vor. Sie spielte Beethoven's Sonate „appassionata“ flott genug. Durch das stets zu scharf und kurz genommene Sechzehntel des vierfah im ersten Saß wiederkehrenden Seitenthemas wurde die Schönheit der Melodie entstellt, und au die begleitenden Triolen traten zu hart hervor. Der Swhlußsag war recht behende durhgeführt und fand im Presto seinen glänzenden, raushenden Abs{luß. N

Eine interessante Konzert-Aufführung Hatte der Sän gerbund des Berliner Lehrervereins zur Feier seines zehnjährigen Be- ftehens am Donnerstag im Saale der Philharmonie veranstaltet. Der Sängerbund hat sich unter der Leitung des Professors Felix Schmtdt im Laufe der Jahre technisch fo vervollfommnet, daß er den s{wierigsten Aufgaben, die einem Männercor gestellt werden fönnen, fünstlerish durhaus gewachsen ist. Am Donnerstag gelangten zwei größere Chorwerke zum Vortrag, in denen die Sänger aufs neue ihce sorgfältige Shulung bewiesen, die in der Präzision und Reinheit der Einsäte, in der Einheitlichkeit und Fülle des Klanges und in der feinen dynamishen Abstufung zum Ausdruck kam. In dem mußikalisch reich ausgestalteten „Liebes- mahl der Apostel“ von Richard Wagner hätte man den ganzen Chor der Jünger seinen Theilen gegenüber etwas kraftvoller und mächtiger hören mögen, aber im übrigen ließ die Ausdruckss{härfe und der Wohl- flang faum etwas zu wünschen üprig. Die Kantate „Heinrich der Finkler* für Männerchor, Soli und Orchester von Franz Wüllner, die den Schluß des Konzerts bildete, steht kompositorish weit binter dem Wagner hen Chorwerk zurück; es man- geln ihr Mannigfaltigkeit des Autdrucks und jugendliche Frische, obgleih sie offenbar zu den älteren Arbeiten des begabten Tonsetzers gehört. Die Ausführung durch den Sängerbund und die Solisten, als welche die Herren Arth. van Ewcyk, Heinr. Grahl und

rancis Harford mitwirkten, war aber gleichfalls durchaus lobenswerth. tah dem Waguer’shen „Liebesmabl“ sang Frau Professor Marie Schmidt-Köhne einige Lieder von Brahms, Cornelius, Rich. Strauß, Humperdinck und Schumann temperamentvoll und den Stimmungsgehalt ershöpfend. Der Sängerin, dem Chor und den Solisten wurde reihster und wohlverdienter Beifall zu Theil. Im Saale der Sing-Akademie gaben die Hofpianistin Martha Remmert und Professor Waldemar Meyer an demselben Abend ihr zweites Kon- zert, in welhem die leßten Sonaten Beethoven's für Klavier und Violine in virtuoser Weise zu Gehôr gebracht wurden. Ebenfalls am Donnerstag fand im Saal Bechstein wieder ein Klavierabend stait, der nur spärlih besuht war. Die hier bereits früher gehörte Pianistin Frau Roger-Miclos (aus Paris) füllte den ganzen Abend allein aus, und zwar mit zwölf Klavierstücken meist neuerer Komponisten. Nah Schumann's Phantasie op. 17 folgten bekannte Stücke von Weber, Schubert, Chopin, C. Franck und Anderen, in deren Ausführung die Künstlerin eine brillante technische Fertigkeit und temperamentvollen Vortrag bewies; nur die Phantasie von Schu- mann e nicht tief genug erfaßt. Das Publikum fkargte nicht | mit Beifallsbezeugungen. /

B nicht ber Pianist es wagen sollte, einen Klavier-Abend ohne andere künstlerishe Mitwirkung zu veranstalten, ist oft in diesen Zeilen ausgeführt worden. Es giebt indessen Klavier-Abende, deren Berechtigung man anerkennen muß, und zu diesen find S des Hofpianisten Georg Liebling unbedingt zu zählen. Der zweite und leßte dieses Winters fand am geftrigen Abend in der ftattlih ge- füllten Sing-Akademie ftatt. Der Künstler, über dessen große Borzüge gelegentlich seines leßten Auftretens an dieser Stätte ausführlich berihtet wurde, hatte wieder ein außerordentli reihhaltiges Programm aufgestellt. Er spielte die Polonaise in As-dur, op. 93, von hopin, die „Appassionata"“ von Beethoven, acht kleinere Stücke von Scarlatti, Scarlatti-Tausig, Schubert, Shumann, Gluck - St. Saëns, Chopin und Schubert - Tausig, ferner Schumann's „Karneval“ (scènes mignonnes Sur quatre notes), einige Stüde eigener Komposition und Liszt's zweite Rhapfodie. Es gehörte gewiß cin kühner Wagemuth dazu, sich die Da tung einer so großen Auf-

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mit Schubert-Taufig's wirkfungsvollem „Miklitärmarsh“ \{loß, ate

für- den - lebhaften Beifall ein musikalisher Dank folgen; der- selbe bestand in einem einschmeihelnden Salonftückchen des Konzert- gebers. Der zweite Theil des Abends begann mit dem obenerwähnten eKarneval“, der troy charakteristisher und formvollendeter Wiedergabe dem Publikum niht ganz verständlich schien und welhem ein zierlihes Konzert-Menuett (op. 20) und ein „Nocturne“ (op. 19, 3), zwei ansprechende Kompositionen Liebling's, folgten. Den Schluß bildeten die populären Weisen der Liszt’shen Rhapfodie in außerordentlich

gespielte Bearbeitung des bekannten Jenfen'shen Liedes ,Murmelndes Lüftchen“. Zu gleicher Zeit fand im Saal Bech.st ein ein Konzert des Violoncelliften Sigmund Bürger (aus Budapest) unter Mit- wirkung der Konzertsängerin Frau Olga von Türk-Rohn ftatt. Beide haben \sich hier \chon einmal hören lassen. Zwei Sätze aus einem Konzert für Violoncello von Dvorák erôffneten die Rei der Vorträge. Herr Bürger bewies hierbei große tehnishe Sicherheit, wie dies z. B. in der rapiden Ausführung chrom&®ttischer Staccato- passagen, in der Reinheit seiner Dftavengänge und in den mehrtafktigen Trillerketten des Flageolets zu bemerken war. Sein Vortrag if| stets warm empfindend. Diese Vorzüge traten in glei glänzender Weise in Tschaikowsky's Variationen op. 13 und in ?inem inbalt- reihen Requiem für drci Violoncelli (neu) von D. Popper hervor, an dessen Ausführung sich die Herren Esvenhahn und Grlinfeld betheiligten. Die Sängerin besißt cine wohblklingende Mezzosopran- ftimme und belebte Vortrag8weise, nur beeinträchtigt ein Uebermaß des Tremolierens die Reinheit der Intonation und die Deutlichkeit der Aussprahe. Sie hatte Gesänge von Schubert, Schumann, Tappert, H. Becker und Anderen zum Vortrag erwählt. Das Publikum war zablreich zur Stelle und fargte mit seiner Anerkennung nicht.

Im Königlichen Opernhaus? geht morgen Meyerbeer's Oper „Der Prophet* unter Kapellmeister Sucher's Leitung und in folgender Beseßung in Scene: Johann von Leyden: Herr Sylva;

ides: Frau Götze; Bertha: Fräulein Reinl ; Wiedertäufer: Herren Lieban, Krasa, Mödlinger ; Graf Oberthal: Herr Krolop. Am Montag findet eine Aufführung von Lorßing's G en und Zimmermann“ in nahftebender Beseßung statt: Zar Peter: Herr Betz; Peter Jwanow: Herr Lieban; Marie: Frau Herzog; van Beit: Herr Krolop; Marquis von Chäâteauneuf: Herr Naval; Lord Lyndham: Herr Mödlinger. :

Im Neuen Königlichen Opern- Theater findek morgen eine Aufführung »on Gustav Freytag's Luftspiel „Die Journalisten“ in der bekannten Besetzung statt.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Friedrich S „Genoveva“ mit Fräulein Poppe in der Titelrolle in Scene.

en Pfalzgrafen Siegfried spielt Herr Ludwig, den Golo s ‘Matkowsky, die alte Margaretha Fräulein Haverland. Am Mon- tag wird „König Richard IT.“ gegeben. Den König spielt Herr Matkowéky, die Königin Fräulein Poppe.

Der Spielplan des Deutschen Theaters bringt diesmal fes Wiederholungen von Gerhart Hauptmann's Märchendrama „Die versunkene Glocke*, und zwar außer morgen Abend noch am Montag sowie am Mittrwooh, Donnerstag, Sonnabend und folgenden Montag ; am Dienstag wird „Morituri“ gegeben; am Freitag geht Henrik Ibsen's neuestes Schauspiel „John Gabriel Borkman“ ¿um ersten Mal in Scene und wird am nächstfolgenden Sonntag Abend wiederholt. Als Nachmittags-Vorstellungen sind für morgen „Der Kaufmann von Venedig“, für den nächstfolgenden Sonntag „Die Wildente* angesetzt.

Im Berliner Theater gelangt „Nenaifsance“ morgen zum 50. Male zur Aufiührung und wird am Dienétag und Freitag (20. Abonnements-Vorstellung) wiederholt. „Kaiser Heinrich“ geht am Mittwoch und nächsten Sonntag in Scene. Am nächsten Sonntag ift dem Publikum Gelegenheit geboten , ‘das Doppeldrama „Heinrih und Heinrih's Geschlecht“ an einem Tage zu fehen, da Nachmittags der erste Theil „König Heinrich“ zu ermäßigten Preisen es wird. Die Novitäten „Die Weisheit der Aspasia“ und „Spißtbubenstreice" werden am Montaa, Donnerstag und Sonnabend wiederholt. Am Mittwoh und Sonnabend Nachmittag finden Vorstellungen von „Aschenbrödel * ftatt. S ;

Im Lessing-Theater ist die Reihenfolge der zur Aufführung vorbereiteten Novitäten dahin abgeändert worden, daß zuerst das drei- akftige Schauspiel „Vor der CEhe* von Hans L’'Arronge zur Dar- ftelung fommt, und zwar wird die Premiòre dieses Werkes am Sonntag, den 31. d. M., "\ta!tfinden. Der Wochenspielplan wird durch die französis&en Vorstellungen der Tournée Marcelle IJofset ausgefüllt und bringt Montag: „Frou- Frou“, am Dienstag: „La Parisienne“ und „L’óté de la St. Martin“, am Mittwoch: „Marcelle“, am Donnerêtag: „L’âge difti- cile“ und Monologues von Marcelle Jofset, Jean Coquelin und Dumesnil, am Freitag: „Les Demi-vierges“. Am Sonnabend findet die Abschieds-Vorstellung der französishen Künstler statt. Als Nachmittags-Vorftellung zu ermäßigten Preisen gelangt morgen Ernst von Wildenbruch's vieraktiges Schauspiel „Die Haubenlerhe", am nächsten Sonntag Hermann Sudermann's Schauspiel „Das Glück im Winkel“ zur Aufführung. i

Im Sqiller-Theater kommt morgen Nachmittag zum Gedächtniß Franz Grillparzer's „Des Meeres und der Liebe Wellen“ zur Aufführung; in der Abendvocstellung wird Kretzer's Volksstück „Der Millionenbauer“ gegeben. Am Montag und Donnerstag gelangt der Moser-Girndt'she Schwank „Mit Vergnügen“, am Dienstag und Freitag „Der Schierling“ und Shakeîpeare's „Komödie der Irrungen“ zur Wiederholung. Am Mittwoch geht „Ein Wintermärchen*, Sonnabend „Der Sohn der Wildniß“ in Scene. Die Erstaufführung von Jbsen's Schauspiel „Ein Volks- feind“ i für Montag, den 1. Februar, in Auësiht genommen. Im Bürgersaal des Rathhauses findet morgen ein „Grillparzer- Abend“ statt. : E

Der Spielplan des Neuen Theaters wird auch in der nächften Woche von Sardou's „Marcelle“ beherrscht. Morgen geht Nach- mittags zu halben Preisen „Die Grille“ in Scene, während am 31. als Mittagévorstellung die dramatisde Gefellschaft Cäsar Flaischlen's Drama „Martin Lehnhardt“ zur Aufführung bringt. L

Im Theater des Westens ist dec Spielplan für die nächste Wode folgendermaßen festgeseßt: Morgen, am Montag, und am Donnerstag finden Wiederholungen von Moser-Trotha’s Lustspiel „Der Militärstaat*“ statt, am Dienstag wird „Die wilde Jagd“ gegeben ; am Mittwoh wird Moser-Schönthan's Lustspiel „Unsere Frauen“ dem Repertoire einverleibt und am Sonnabend und nächsten Sonntag wiederholt. Am Freitag findet eine Ausführung von Philippi's Schauspiel „Der Dornenweg“ statt. Morgen Nachmittag gelangt Keller- Herrmann's Volksftück „Schiedsmann Hempel“ und am nächsten Sonntag Nachmittag das Schauspiel „Treue“ von Alexander von Roberts zur Darstellung. i i

Im Theater Unter den Linden geht morgen Nahmittag „Der Mikado“, Abends Millöcker's „Bettelstudent“, mit allen erften Kräften beseßt, in Scene; leytere Vorstellung wird am Montag wiederholt. Am Dienstag kommen nach zehnjähriger Pause Franz von Supp6's „Flotte Bursche“ zur Aufführung; den “Abend bef ließt das unter Leitung des Balletmeisters Poggiole}i neu einftudierte Aus- stattungsballet „Rund um Wien“.

Mannigfaltiges

Der Vorftand des Comités für die Centenarfeier am 22. März d. I. erläßt nahstebenden Aufruf für Kombattanten von 1864, 1866 und 1870/71: “«ch E

„Für den Festzug der Berliner Bürgerschaft am 23. März gedenken wir eine besondere Gruppe zu bilden für die In- haber des Militär - Ehrenzeichens 1. Klafse und des Goldenen Verdienstkreuzes aus den Jahren 1864 und 1866 fowie der Ritter des Eisernen Kreuzes erster Klasse vom Feldwebel abwärts. Diese Kombattanten follen aus allen Provinzen eingeladen werden,

gabe überhaupt zuzutrauen; um fo größere Anerkennung muß man daher

Das einaktige Schauspiel „Die Weisheit der Aspasia“ von M. ao lel Latte Lofera bei feiner ersten Aufführung beifällig

der Ausführung zollen. Schon dem ersten Theil des Konzerts, welcher

um auf Kosten des Comités zwei Tage in Berlin zu ver-

aber fie behntee-dic and --feuriger Ausführung und dis Zugabe eine mit bestridenzem.Wohlklang -----—=--

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