1897 / 20 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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höchsten Gehaltsklasse ein) Dienflalter von 29 Jahre 11 Monaten hatte nit seitäseiner ersten Anstellung, sondern seit seiner Er- nennung zum Assessor, Dieser Zustand kann sih jeden Augenblick ändern ; wenn nur ein paar Richter ‘der höchsten Gehaltsklasse ab- gehen, so ist es* sehr wohl denkbar, daß die demnächst einrückenden er- heblich jünger sind, und daß dann ein Zeitraum von 27 statt von 29 Jahren herauskommt.

ausseßung einer Fortdauer der bestehenden Zustände das Höchstgehalt nur in einem Lebentalter von 60 Jahren erreiht werde. Das Durch- \hnittsalter bei Ablegung der großen Staatösprüfung bewegt sich ¿wischen 28 und 29¿Jahren; wenn man dazu 29 Iahre hinzurechnet, so kommt man avf |57bis 58 Jahre, sodaß im erst 6. Dezennium nur unter besonders ungünstigen Umständen das Marximalgehalt er- reiht wird.

ohne Zweifel eine frühere Erreihung der höchsten Gehalts- stufe zur Folge haben. Damit ginge wieder Hand in Hand die Verschlehterung für die "unteren Klassen, daß nämlich die mittleren Stufen um fo langsamer. erreiht würden, je stärker die Besetzung der unteren Stufen ist. Also auch hier bedarf cs einer vorsichtigen Ab- wägung von Vortheil und Nachtheil.

Nachtheil, der mögliherweise mit der Einführung eines Ge- sammlverbandes 7 für alle Richter] erster Inftanz verbunden

ich allerdings den Verglei gebraucht zwisGen Wolf und Lanm und ¡war in der Weise, daß ih die ftarke Seite auf seiten der Städte gefunden habe und die \{wüächere und bilflose Seite auf der Seite der Lehrer. (Heiterkeit.)

Nun frage ih, ob darin eiwas Böswilliges liegt? Jedenfalls hat es nicht darin liegen sollen. Es ift mir nicht im Traum ein- gefallen, den großen Städten in dieser Weise kränkend entgegenzutreten, (Bravo! rechts); ih will ausdrücklih wiederholen , daß id alles, was

und dankbar anerkenne.

Damit ließt die Generaldiskussion. Auf Vorschlag des Herzogs von Ratibor wird die Vorlage an eine besondere Kommisfion verwiesen. Die Mitglieder ... dieser Kommission werden sofort durch Zuruf gewählt. 2 ** [8 i

Auf der Tagesordnung stehen noch zahlreiche Petitionen. Vom Mirsien zu Putbus wird Vertagung beantragt und dieser Antrag nah längerer Debatte angenommen.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sißung: Sonnabend 12 Uhr. (Inter ellation Klinckowstroem, Anträge Franckenberg, Peti- tionen.

Haus der Abgeordneten. 24. Sigung vom 22. Januar 1897.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Regelung der Richtergehälter.

Ueber den Beginn der Debatte ift gestern berichtet worden.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Jch muß es mir versagen, auf einen großen Theil der heutigen Ausführungen einzugehen, weil dieselben nach meiner Auffäfsung niht im Rahmen der heutigen Tagesordnung liegen. Dke Frage der Abmefsung der Richtergehälter war Gegenstand der gestern

zum Abschluß gekommenen Generaldebatte über den Etat und die dazu ergangene Denkschrift. Das heute zur Berathung stehende Gesetz seßt die Abmessung der Gehälter nah oben und unten, sowie die Höhe des Durchschnittsgehalts als etwas Gegebenes voraus und hat nur zum Gegenstand die Frage der Abstufung und Vertheilung dieser Gefkhälter im einzelnen. Jh halte mi daher niht für berechtigt, wieder zurüdckzugreifen auf die gestrige Diskussion, ob bei der Ab- meffsung der Richtergehälter überall das Richtige getroffen ist, und ob die heute vorgebrahten Vorwürfe berechtigt sind oder niht. Ich glaube aud) das Nöthige dazu hon vorgestern hier erklärt zu baben.

Soweit die Herren \ich lediglich mit der Vorlage beschäftigt _baben, haben sie die Hauptstreitpunkte hervorgehoben. Die Vorlage findet ja im wesentlihen Zustimmung auf allen Seiten des Hauses; ftreitig bleibt nur zunä&st die Frage, ob für die Land- und Amts- rihter das vorges{lagene Svstem, also das alte, die Beibehaltung des gegenwärtigen Svftems zu billigen sei, oder ob niht aub für fe zum Dienftalterftafenspstem übergegangen werden muß.

Die Gründe, die die Staatêregierung bestimmt baben, den in der Vorlage betretenen Weg zu beschreiten, habe ih im allgemeinen {on bier zum Auêdruck gebracht. Jch will es nur noch einmal aus\pre{en, daß nach meiner Ueberzeugung, wie einmal die Verbält- nisse in der 5 Justiz liegen, die Einführung des Dienstalter- stufensystems für die Land- und Amtêrihter, troß der prinzipiellen Vorzüge dieses Systems, eine Vershlechterung des bisberigen Zu- standes sein würde, wenn es niht gelingen möchte, für die Richter gewisse Privilegien in der Regelung des Dienstalterstufensystems hberbei- zuführen, die ich für unerreihbar und unberechtigt halte. Aus dieser Auffafsung heraus hat sich die Staatsregierung auf meinen Antrag ih übernehme die volle Verantwortlichkeit dafür einverstanden er- klärt, daß es für die Richter erfler Instanz bei dem bisherigen System

bleibe. : i Die zweite wesentliche Frage, die den Gegenstand der heutigen

Verhandlung gebildet hat, ift die: ob niht bei Beibehaltung des gegen- wärtigen Systems sch doch gewisse Aenderungen der Vor- lage zu Gunsten der davon betroffenen Richter erreichen lassen würden. Insbesondere is der Herr Abg. Lohmann zurückgekommen auf diezVorshläge, die {hon in der Generaldebatte von Herrn Dr.[Friedberg vorgebraht worden sind. Es ist insbesondere wieder geltend; gemaht worden, daß eine Verminderung der Gehalts- abstufungen nothwendig sei, um eine raschere Erreichung des Höchstgehalts zu ermöglichen. Hier glaube ih einem Mißverständniß entgegentreten zu müssen: Es scheint vielfach die Ansicht verbreitet zu sein, daß nah der Vorlage überhaupt die Erreichung des Höchslgehalts für die Richter erster Instanz nur inner- halb eines Zeitraums ¡{von 29 bis 30 Jahren möglih sei. Meine Herren, das „ist nicht zutreffend. Die Zahl 29 Jahre 11 Monate stellt nur das Ergebniß dar, das sih aus dem augenblicklichen Richterstande ergiebt; es sind die Berechnungen, die nah dem that- \sächlihen Stand der Richter vom 1. Oktober vorigen Jahres aufgestellt worden sind. Diese haben ergeben, daß damals der jüngste Richter in der

Garz richtig ift au nit die Berechnung, daß unter der Vor-

Eine Verminderung. der? Gehaltsklafsen würde an und für fich

Von dem Herrn Abg. von Eynatten ist hingewiesen worden auf einen

absolut garnichts.

namentlih von der rechten Seite, daß die Justizverwaltung Gebrauch machen möge von dem ihr zuftehenden und zuerkannten Auswahlrecht. Für den Augenblick und für eine Reihe von Jahren würde auch damit sehr wenig zu erreichen sein. Denn darüber war auch {hon im Vorjahr kein Zweifel, daß die strengeren Bestimmungen, die damals in Aussicht ge- nommen waren, denen niht zum Nahtheile gereichen dürften, die unter anderen Vorausseßungen in den Justizdienst eingetreten sind;

sein könnte, wenn derfelbe zur Folge haben möchte, daß in

größerem Umfange als bisher die Richter aus einem Bezirk in einen anderen mit ihnen ganz unbekannten und fremden Verhältnissen verseßt würden. Eine solche Konsequenz ergiebt ih aus dieser Regelung absolut niht. In dieser Beziehung hat die Justizverwaltung auch in Zukunft keine größere Freiheit, als sie ihr hon jeßt zusteht; sie wird lediglich nach sachlichen Rücksihhten bei solchen Verseßungen der Richter vorgehen, die ih übrigens nah vielen

glüdlih geshäßt, daß es mir vergönnt war, in einer ganzen Reihe bon Provinzen thätig zu sein; es hat mir nicht geschadet. Ih habe da- dur meinen Gesichtskreis erweitern können und viele Dinge kennen gelernt, die mir in den Bezirken, in denen ih vorber thätig war, unbekannt geblieben waren. :

Meine Herren, der zweite Punkt: die Erreihung des Marimal- gehalts nah Ablauf eines gewissen Zeitraums, der von dem Abz. Herrn Friedberg angeregt war, is von Herrn Dr. Lohmann gleichfalls wieder aufgenommen worden. Jh glaube au bier wieder sagen zu können: es würde das die Bedeutung haben, daß den Richtern die Vortheile beider Gehaltssysteme zu gute kommen sollen, was nah meiner Mei- nung ausges{hlossen ift.

Wa3s die Ermöglihung einer Beförderung obne Gehaltsverlust angeht, fo will ich den Erörterungen, die ih vorgestern gemacht babe, nur das eine hinzufügen, daß, wenn ein derartiger Grundsaß auf- gestelt werden sollte, derselbe im Resultat dabin führen könnte, daß, wenn jeßt jüngere Richter nach dem neuen System in neue Stellen befördert würden, fie erbeblich besser ständen als diejenigen Richter, die sh {Gon in höheren Stellen befinden und früher unter den ungünstigeren Bedingungen befördert worden sind. Jch glaube, es würde das eine Unbilligkeit sein, die zu lebhaften Beshwerden Anlaß geben würde. In der vor- jährigen Vorkage war allerdings der Weg gegeben, wie man dur Uébergangsbestimmungen diese Unbilligkeit ausgleihen könnte ; da sollte auch den bereits früher in höheren Stellen beförderten Richtern noh nahträglich ein Ausgleih geboten werden. Das war aber nur dadur ermöglicht, daß für die Land- und Amtsrichter das Dienstaltersstufen- syftem auh in Aussicht genommen war und man auf Grund dieses Systems nun die fiktiven Gehälter ermitteln konnte, die diese Richter gebabt haben würden, wenn zur Zeit ihrer Beförderung das Dienst- alters\tufensyftem {on in Geltung gewesen wäre. Diese Grundlage feblt nah der gegenwärtigen Vorlage, und deshalb kann auf ihr nicht weit gebaut werden.

Meine Herren, ih glaube deshalb, fo sehr ich wünschen würde, daß die Kommission in der Lage wäre, wirkliche Verbefserungen an der Vorlage herbeizuführen, daß doch die entgegenstehenden Schwierig- keiten nidt so leiht überwindbar find.

Es ift nun au heute wiederholt darauf hingewiesen worden, daß der Grund, der beftimmend gewesen if für die Beibehaltung des gegenwärtigen Gebaltssyftems, nämlich die große Ueber- füllung des Juristenstandes, im Verwaltungswege beseitigt werden könnte durch Ausübung der der Regierung ver- fafsungêmäßig zuftehenden Rechte, und einer der Herren bat die Aeußerung gethan, ob denn niht wenigßens im Verwaltungswege gelegentlih eine recht eindringliße Warnung vor Beschreitung der juristishen Laufbahn am Platze und davon eine heilsame Wirkung zu erwarten sein würde. Nun, meine Herren, eindringliher wird vor dem Betreten dieser Laufbahn niht wohl gewarnt werden können, als dies bei den Verhandlungen im Vorjahr der Fall gewesen ist, und ¡war sowobl vom Regierungstishe aus als aus der Mitte des Hauses. Die Verbandlungen, in denen die außerordentlih ungünstigen Aussichten für das weitere Fortkommen in der juristishen Laufbahn hier erörtert worden sind, baben im Monat März des Vorjahrs ftattgefunden, es war also jedem von den jungen Leuten, die damals noch einen Entschluß zu faffen batten, welchem Beruf sie sich bei dem Beziehen der Universitäten widmen wollten, die Gelegenheit zu einer eingebenden Prüfung der Frage gegeben. Und was i das Nesultat, meine Herren? Im Sommer-Semester 1895/96 betrug die Zahl der preußishen Rehtsstudierenden an den preußischen Universitäten 2960, und im Sommer-Semester des Vor- jahrs also unmittelbar nah diesen Verhandlungen ist sie gestiegen auf 3205. Das ift der Erfolg gewesen. Ih mukf; in dieser Beziehung die Zahl, die ih vorgestern genannt habe, bericktigen: i habe damals nur von annähernd 3000 gefprohen; in Wirklichkeit waren es 3205, gegen eine Zahl von 1690 im Jahr 1886/87.

Und wenn die Herren glauber, daß eine Warnung etwa im „JIustiz-Ministerialblatt“ wirksamer sein möchte wie die Verhand- lungen in diesem Hause, die außerdem in der gesammten Presse die eingehendfte Besprehung baben, dann glaube ih diese Ansicht nit theilen zu können und versprehe mir von einer derartigen Warnung

Meine Herren, ich bin dann wiederum bingewiesen worden, und

für diese waren Uebergangöbestimmungen vorgesehen. Aber auch ab- gesehen davon, wenn Sie sorgfältig die gesammten Verhandlungen des Vorjahres nachprüfen, so werden Sie, glaube ich, dem Justiz-Minister darin Recht geben, daß er niht ohne weiteres dazu übergeht, von diesen seinen verfassungsmäßigen Be- fügnissen rücksichtslosen Gebrauh zu madhen. Einigkeit war allerdings darüber vorhanden, und darüber fann auch kein Zweifel sein, daß die Justizverwaltung in der Lage sein müsse, zweifellos ungeeignete Glemente aus der Justiz auszuscheiden und von der Anstellung auszuschließen. Aber die Sache liegt thatsächlich fo, daß wir niht bloß mit ungeeigneten Glementen, sondern mit einer großen Zahl von an \ih geeigneten, aber in zu großer Zahl vor- handenen Elementen zu thun haben, und die Auswahl unter diesen zu treffen, ohne daß ein Geseg den Justiz-Minister ausdrücklich ermähtigt, hierbei nah eigenem Ermessen zu verfahren, das ift eine Zumuthung an die Justizverwaltung, die ih nicht obne weiteres accextierzn kann; ih bin auch fest überzeugt, daß, da es nothwendigerwei)e dabei ¿u Fehlgriffen und unrichtiger Auswahl, zu unbilligen Zurückseßungen kommen müßte,

Nihtungen-bin- für «-wünfchenswerth--halte: Jh selöst he mich

der bisherigen Praxis verließe.

Also, meine Herren, vorläufig kann ich den Weg nicht betreten, Falls etwa das Dienstaltersftufensyftem gegen . die Vorlage eingeführt werden möchte, dann würde allerdings die Justiverwaltung vor die Fr gestellt sein, ob sie, um die damit sonst nothwendigerweise verbundenen Verschlehterungen für den Richterstand abzuwenden, nicht genöthigt

fehtungen auszusetzen.

Meine Herren, das ift das, was ih zur Sache Jhnen beute nog zu sagen habe. Ueber die geshäftlihe Behandlung der Vorlage tft ein Antrag gestellt von dem Herrn Abg. Kirsch, der dabin geht, es möge eine besondere Kommission mit der Berathung des Geseßzes betraut „werden. Nun bin ich mir wohl bewußt, daß die Staats. regierung eigentlich in diese Frage nicht hineinzureden hat, daß es sich dabei um ein Internum des Hauses handelt ; aber ich möchte doch um die Erlaubniß bitten, auf die Be- denken aufmerksam zu machen, die nah meiner Auffafsung ih glaube au, nach der Auffassung des Herrn Finanz-Ministe:8 einer solchen geshäftlihen Behandlung der Sache entgegenftehen würden, Ich meine, gerade die heutige Diskussion hat den sprehendften Beweis dafür geliefert, welch inniger Zusammenhang zwischen dieser Vorlage und der Etatêvorlage besteht, daß die Materien gar niht von eine ander geschieden werden können, und daß eine Besprechung und Behandlung dieser Vorlage kaum mögli i, wenn nicht fortwährend gleichzeitig auch die Rückwirkung übersehen werden kann, die irgend eine Aenderung dieser Vorlage auf die Besoldungzs- vorlage baben würde, und umgekehrt. Ich meine, die Dinge greifen so eng in einander, daß ih es für in hohem Grade wünschen8werth halten würde, wenn dieselbe Kommission, d. h. also die verstärkte Budgetkommission, auG mit der Vorprüfung dieser Vorlage betraut würde. Jh möchte also anheimgeben, ob nicht das bobe Haus diesen Weg vorzieht.

Abg. Jm Walle (Zentr.): Wir gönnen den Verwaltungsbeamten ie Verbesserung ihrer Lage, aber die Richter müssen au zu ibrem

echte kommen. Ih vermisse in der Vorlage Uebergangsbestimmungen darüber, daß die Richter, welche jeßt bereits höhere Bezüge haben, durch die* Vorlage niht \{chlechter eftellt werden. Dem Andrang der Juristen könnte man auf dem Verwaltungöwege dur Zurüwelsung ungeeigneter Elemente steuern. Jh möchte bitten, die Vorlage einer besonderen Kommission zu überweisen, wie wir es im vorigen Iabre gethan haben.

Gebeimer Ober-Finanz-Rath Belian bestreitet, daß au die höchsten Richter den entsprechenden Verwaltungsbeamten im Gehalte nachstehen würden.

Abg. Brandenburg (Zentr.) empfiehlt eine besondere Kom- misfion, da es sich hier weniger um Rehnungsfragen, als um Internù * Mh De Dts (0) I zuf Ueum 14 S,

. Dr. Lohmann (nl.) stellt auf Grund des steno Bericts. fest, daß 1879 Versprechen, wie sie der Ab Daner badi der Verwaltungsbeamten angeführt hat, nit gema§ht worden sind.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Jh kann ja augenblicklih nicht kontrolieren, was damals hier im Hause der eine oder andere Abgeordnete gesprochen hat. Darauf kommt es auch garnicht an; denn das Haus bedeutet doh wesentli nur in seiner staatsrechtlichen Stellung etwas, wenn es Beschlüsse faßt; ob der einzelne Abgeordnete dies oder das sagt, ist an sich irrelevant, aber nicht irrelevant ift, welche Stellung damals die Staatsregierung zu diesem Vorgehen des Hauses wegen der einseitigen Erhöhung der Richtergehälter eingenommen hat. Da kann ih nur voll bestätigen, was Herr Abg. Hansen gesagt hat, daß auf Grund eines Beschlusses des Staats-Ministériums, welches damals garnicht darüber im Zweifel war, daß bei einer Fortseßung der Ge- halisauftefserung auch für die Verwaltungsbeamten die Regierungs- Räthe den Ober-Landesgerihts-Räthen gleichgestellt werden sollten, der spätere Minister Dr. von Scholz ausdrückli hier als Regierungs - Kommissar erklärt hat: man stimme nur zu unter der Vorausfeßung einer demnähstigen entsprehenden Erhöhung der Gehälter der Verwaltungsbeamten. Das war die Stellung, die damals die Staats- regierung einnabm. Da nun die Staatsregierung auch einen Faktor der Gesetzgebung bildet, fo ist darauf allerdings wenigstens für die Staatsregierung einiges Gewicht zu legen. Das wird man nicht bestreiten können.

Im übrigen if die Sache so viel diskutiert, und man hat hier die verschiedenen Anschauungen so ausführlih gegeneinander ausgetauscht, daß ih nicht nöthig habe, auf die Sahe noch einmal ¡urückzukommen. Wir werden abwarten, welche Vorschläge in der Kommission gemacht werden. Anerkannt ift ja von den meisten Seiten, daß es berehtigt ist, daß die Gehaltsbezüge, einerlei in welcher Form, der Landräthe etwas Höher sein dürfen als die der Land- und Amisrichter, mit Rücksicht auf die besonderen Ausgaben, die den Landrath kraft seines Amts erwarten.

Im übrigen ist in niht ganz klaren Wendungen, und ohne bestimmte Vorschläge in dieser Beziehung zu machen, über Zurückseßung der Richter gegen die Verwaltungsbeamten geklagt. Wir werden sehen, wie diese allgemeinen Meinungen \ih später in bestimmten Vorschlägen in der Budgetkommission krystallisieren, und dann werden wir hoffentlich zu einem Einverständniß kommen. Wenn nit, so würden wir bedauern, daß an dem Widerstande gerade der- jenigen Herren, die die Interessen der Richter zu vertreten meinen, die gesammte Vorlage möglicherweise ins Wanken kommt. (Nufe: Oho !)

Abg. von Tiedemann- Bomst (fr. kons.) beantragt, die Vorlage

der verstärkten Budgetkommission zu überweisen.

Das Haus beschließt diesem Antrage gemäß.

(S{luf in ber Zweiten Beilage.)

die Justizverwaltung den lebhaftesten Angriffen ausgeseßt sein würde,

wenn sie ohne Ermächtigung dur ausdrücckliches Gesey den Boden 4

sei, nunmehr in einer rücksihtslosen Weise von ihrem Anstellungsrecht Gebrauch zu machen, auf die Gefahr hin, fh ‘babei “lebhaften Ans

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Zweite Beilage E zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger

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Berlin, Sonnabend, den 23. Januar __

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(Schluß aus der Erften Beilage.)

Es folgt die dritte Berathung der Schuldentilgungs- vorlage.

Abg. Dr. Hobrecht (nl.): Ich hätte den Wunsch, daß wir uns auf cine S{uldentilgung von è 9/6 beshränkt hätten, will mih aber bescheiden. Eine lex imperfecta |chaffen wir allerdings, aber sie ift deswegen niht werthlos. Dieser Vorwurf könnte nicht erboben werden, wenn wir den Ausgleisfonds geschaffen hätten. Das von uns gewünschte Eisenbahngarantiegeseß will der Verwendung der Eisenbahnübershüse zu allgemeinen Staats- ¡wecken gewisse Grenzen segen. Dafß® es der Eisenbahn- verwaltung an eigenen Verwendungszwecken nicht fehlt, liegt auf der Hand. Jch erinnere nur an den weiteren Ausbau unserer Sekundärbahnen, namentlih im Interesse unserer ärmeren Ostprovinzen. Die Uebex- | \{üfse der Eisenbahnen haben wir doch nur zum theil den günftigen Konjunkturen zu verdanken, in der Hauptfache aber der Sparsamkeit in der Anstellung von Beamten. Ueberschüsse zu erzielen, is nicht die eigentlihe Aufgabe der Eisenbahnverwaltung, wie bei der Berg- werks- und Forstoerwaltung, fondern die Förderung und Erleichterung des Verkehrs. Ich will nit behaupten, daß der Verkehr unter diefer Sparsamkeit \ch{on gelitten hat. Wir sind aber an einem ge- wissen kriti:chen Punkte angekommen, und es würde die Dienst- freudigkeit der Beamten s{hwinden, wenn der fisfalishe Standpunkt zu fehr in den Vordergrund träte. Wir feten ooraus, daß auc der Eisenbahn-Minister unsere Resolution freudig begrüßt; fie verbürgt ihm die Prosperität der Eisenbahnen. Die Staatsregierung follte diesen günstigen Moment nicht vorübergehen lassen, ohne diefe Frage ¿u ordnen.

FinanpMinister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ueber die Nothwendigkeit der Einführung einer obligatorishen Schuldentilgung werde ih mich jeder weiteren Aus- führung enthalten, da die große Mehrheit dieses Hauses sich in dieser Beziebung vollkommen auf den Boden der Staatsregierung ge- ftellt hat.

Was die Höhe der regelmäßigen gesetzlichen Schuldentilgung an- betrifft, so kann ich namens des Staats-Ministeriums erklären, daß dasselbe gegen die in der zweiten Lesung beschlossene Erhöhung von 1/30/90 auf 3/5 9% Einwendungen nicht erhebt ; wir wären also in dieser Beziehung einig, daß wir die Beschlüsse der zweiten Lesung unbedenklich wiederholen können.

Meine Herren, über die Resolution mich zu erklären, bin tich niht ermächtigt. Diese Resolution enthält, wenn sie zur Wahrheit werden sollte, cine wesentliche Aenderung in unserem ganzen preußischen Finanzwesen. Es siad dabei alle Ressorts und alle Interessen fo erheblih betheiligt, daß natürlih nur das Staats. Ministerium nah Vorprüfung durch die betheiligten Ressort: Minister der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen über eine solche Resolution sh entscheiden fann, namentlich wenn dem Staats-Ministerium bestimmte konkrete Vor- {läge von den Refsort-Ministern gemaht werden können. Jch bin also nit in der Lage, mi darüber zu äußern.

Meine Herren, ih habe bei Gelegenheit der Berathung des hier vorliegenden Gesetzes, als verschiedene Herren den Versußh machten die in ‘der Resolution jeßt auêgesprochenen Gedanken formuliert als Amendement zur Vorlage einzubringen, mih dem widerseßen müssen, weil wir es hier lediglih mit einem Finanzgeseß zu thun haben, aber nicht mit einem Eisernbahngarantiegeseßy, und man beide Gesichtêépunkte nicht verquicken kann. Dann aber habe ih gegen die Formulierung im einzelnen Bedenken erhoben. Nun bemüht fh der Herr Abg. Hobreht, mir klar zu machen, daß diese Resolution auch ein ganz bedeutendes Interesse für den Finanz- Minister habe, und daß in dieser Beziehung ein harmonisches Zu- sammengehen zwishen dem Finanz- und dem Eisenbahn-Minister möglih und sogar geboten sei. In manchen Beziehungen ist dies durhaus richtig. Meine Herren, ich verfolge ja seit Jahren das Ziel bisweilen vergeblid, im großen Ganzen aber, dank der Unterstüßung dieses Hohen Hauses, mit Erfolg —, daß man si hüten soll, auf s{wankende unsfichere Einnahmen dauernde Ausgaben in ungemcssener Weise zu basieren, und es ist vollkommen zutreffend, daß die zeitweiligen großen Uebershüsse der Eisenbahn- verwaltung die allgemeine Neigung im Lande, zum theil auch in den Parteien außerordentli verstärken, nun au zu einer gewaltigen Steigerung der Ausgaben überzugehen und so auch aus dem Hause ein Druck geübt wird sogar gegen die Regierung, welhe vielleicht nach dieser Nichtung vorsichtiger ist, was auch ganz natürlich und ihre Pflicht ift, solche Maßnahmen zu trefffen, die dann, wenn die s{wankenden Einnahmen verschwinden, die Ausgaben aber bleiben, nothwendig den Staat wieder in eine s{lechte Finanz- lage bringen. Wenn Maßregeln getroffen werden, welche diese Ge- fahr abshwächen oder wenigstens abmildern, so ift das auch im Interesse einer Finanzverwaltung, die sich zur Aufgabe stellen muß, nicht bloß augenblicklich für einige Jahre gute Finanzen zu haben, sondern die Finanzen des Staats dauernd zu konsolidieren, sodaß der Staat in seinen Finanzen allen Wechselfällen der Zukunft gewachsen ist. Ih sage: es stimmen die Gedanken der Antragsteller da

ganz genau überein mit dem Ziele, das eine solche Finanzverwaltung verfolgen muß. Jusofern, meine Herren, was das Ziel betrifft, wenn flar wäre was ih zur Zeit nicht bejahen oder verneinen will —, daß die vorges(lagene Reduzierung der zu staatlichen Zroecken zur Disposition ftehenden, aus den Uebershüfsen der Gisenbahnen ers wachsenen Mittel wirklich dahin führte, daß die Erreichung dieses Zieles unterstüßt würde, so wäre das allerdings ein sehr erheblihes Moment, um eine solche in der Resolution vorgeschlagene Maßnahme ¿u treffen. Aber wenn man nun das Ziel als nothwendig und richtig zugiebt, wenn man ferner zugäbe, daß diese vorge|chlagene Maßnahme die Ecreihung des Zieles wesentlich unterstützte, so käme doch noch in Betracht die Frage dèr Schwierigkeit ihrer Ausführung, eine große Betriebsverwaltung auszusondern aus den allgemeinen Grundsäyen, die in der Staats. Finanzverwaltung in Preußen bisher stets gegolten haben, der unbedingten Einheit der Staats- Finanzverwaltung, der freien Ditposition über alle dem Staate zustehenden Mittel ; wenn man alles dies bejaht, so wird man doh, fage ih, immer noch vor der Frage der Schwierigkeit der Ausführung stehen. Ich sage das ausdrülih, weil die Versuche in der Kommission ja schon die Richtigkeit

leichter wenigstens zu einem Versu nach der Richtung hin entscheiden.

dieses Satzes bewiesen haben; sie wurden von sehr fahkundigen Kennern unserer Finanzen gemacht, und sie sind dabei nach ihrem eigenen Zugeständniß niht zum Ziele gekommen.

Meine Herren, felbst wenn man aber darüber hinwegkäme, so stehen wir noch immer vor der Frage der Opportunität im gegenwärtigen Augenblick, und ih habe doch das Gefühl gebakt, daß auch für die- jenigen Herren, welche unbedingt auf dem Standpunkte der Resoluticn ftehen und ibre fofortige Durhführung verlangen, diese Frage von Bedeutung ift.

Meine Herren, und da kommt mir die Frage der Unsicherheit unseres preußishen Finanzwesens gegenüber dem Reihe. Hätten wir bloß mit preußis{en Zuständen zu thun, dann könnte man sich viel

Aber wie sind denn heute die Verhältnisse Preußens zum Reih? Wir haben hier gesehen, daß der Herr Abg. Richter unaufhsörlih sowohl in der freisinnigen Presse der Volkspartei als hier dur seine Reden im Hause seinen Unmuth über die großen Uebershüsse, die uns jegt in Preußen zur Disposition stehen, ausgesprochen bat, beklagt hat gewissermaßen, daß wir in einem folhen reihlichen Finanzzustande uns befänden, immer davon geredet hat, wir sammelten hier Schätze ohne Noth, die eigentlich zu Steuererlassen verwendet werden müßten. Meine Herren, in der Zeit des Defizits, in der Zeit, als die Schäßungen unferer Eisenbahn- überschüfse zu hohe waren und sich hinterher in der Rehn ung beraus- stellte, daß fie irrig gesetzt waren nah oben hin, da hat der Herr Abg. Richter sich nie beklagt, er hat- überbaupt über den Zustand des Defizits sich nie ungebalten geäußert. Aber in dem Augenblick, wo der Staat sih nun in seinen Finanzen konsfolidiert, da tritt der Un- muth diefer volkzwirths{haftlihen oder politish parlamentarischen An- \chauung ich weiß nicht, wie ih es bezeihnen soll in den Vordergrund.

Allerdings, meine Herren, erklärt fih das aus der Gesammtlage. Meine Herren, heute entscheidet die Mehrheit des Reichstages, wie dies die Erfahrung gelehrt hat, über den Bestand einer großzn orga- nishen Finanzinstitution im Reihe. Von Jahr zu Jahr kann fie anders entscheiden. Sie kann die gesammten Ueber- s{chüsse, Ueberweisungen, die den Einzelstaaten nach der Franckenftein’s{hen Klausel zufallen soll, in einem ganzen Jabre voll- ständig vershwinden lassen, indem sie die gesammten Uebershüfse auf Anleihen verrechnet; dazu ist sie formell berehtigt sie kann die Ueberschüfse zur Hälfte renen, sie hat es in der Hand, auf die höheren Matrifkfularumlagen bestimmend einzuwirken nah Maßgabe der jeweiligen Budgetbeschlüsse. Sie hät dadurch die Möglichkeit, niht bloß in einer entscheidenden Weise die Finanzen des Reichs zu be- einflussen, sondern indirekt auch die Finanzen aller Einzel- staaten. Dadurch entsteht eine Abhängigkeit der Finanzgebahrung in den Einzelstaaten von den jeweiligen Beschlüffen des Reich5tages, die im höchsten Grade zur Vorsiht auffordert, und wenn wir in Preußen jeßt in der Lage sind, au einen starken Stoß nah dieser Richtung zu vertragen, so können wir uns gegenüber den unorzanischen Verhältnissen im Reih sehr darüber freuen. Herr von Puttkamer- Plauth hat mit gutem Grund ausgesprochen, daß man allerdings eine ftärkere Regierung vor sich habe, wenn dieselbe sich nicht in Finanz- nôöthen befindet, und daß die Regierung um so s{hwäher sei, je {chwächer ihre Finanzquellen sind. Nun diesen Zustznd der Finanzen dur irgend welhe Maßnahmen, die wir in Preußen selbst treffen, vielleißt noch zu vershlimmern, in dieser Beziehung aus der günstigen Position, in der wir uns gegenwärtig befinden, uns herauszubegeben, das wird mir der Herr Abg. Hobrecht zugeben is wenigstens doch auch noch eine Frage, welche sehr erwogen werden muß.

Fch will mit all diefen Dingen durchaus nicht sagen, daß die Regierung nicht irgend Maßnahmen trifft im Sinne der R:folu tion. Ich erkenne ja ausdrücklih an, daß die Ziele, die hier verfolgt werden, im großen Ganzen mit meinen Anschauungen von der Finanzverwaltung, wie sie in Preußen nothwendig ist, übereinstimmen. Wir werden die Sache durchaus na allen Richtungen hin objektiv prüfen; ih werde die Erfahrungen, weiche wir mit dem Garantiegeseß von 1882 gemacht, auch vom Standpunkt der Finanzverwaltung gemaht haben, gewiß nicht außer Augen lassen; wir werden mit anderen Worten aus der Refolution die Anregung nehmen, diesen Fragen nochmals aufs neue in eingehender Weise näher zu treten, und natürli nicht verfehlen, demnächst dem Hause von dem Ergebniß dieser Prüfungen die er- forderlihen Mittheilungen zu machen.

Meine Herren, Sie dürfen mir glauben, daß, wenn ich Bedenken äußere gegenüber dieser Resolution, ih keine andere Absicht habe, als von vornherein das hohe Haus auf die Schwierigkeit der Durch- führung derselben aufmerksam zu machen und den Glauben zu zer- stören, der etwa auffommen könnte, als wenn die Finanzverwaltung gewissermaßen in einer Art Souveränitätsdünkel si scheute, irgendwie h binden zu lassen. Solhe Erwägungen liegen mir vollständig fern. Wir werden die Sache ganz objektiv prüfen, nicht allein vom Ressoctstandpunkt aus, sondern vom Standpunkte der allgemeinen Staatsinteressen aus. Í i

Meine Herren, der Herr Abg. Hobreht sagt: er hätte weniger j Interesse für die Tariffragen, für die Herabfezunz und Aenderung der Tarife, als dafür, daß die Verstaatlihung der Eisenbahnen do den guten Zweck erfülle, auch in solchen Gegenden neue Eisenbahnen zu bauen, welche der Hilfe bedürfen, wo die Eisenbahn eigentli als Landesmelioration fungiert, ohne daß man unbedingt auf eine Rente zu sehen braucht; das ist doch wohl der Sinn der Sache. Ja, meine Herren, ich erblickde genau in derselben Richtung die segensreihen Erfolge der Eisenbahnverstaatlihung ; aber ih möchte doch auch daran erinnern, daß wir seit der Ver- staatlihung, wenn ih die Zahl augenblicklih richtig im Kopf habe, zwischen 9000 bis 10 000 km Sekundärbahnen gebaut haben und daß davon eine große Zahl gebaut ist gerade in diefen bezeihn eten Ge- genden. Ich stehe auf dem Standpunkt des Herrn Abg. Hobreht,

im vorigen Jahre durch die Anleihevorlage den Beweis gegeben, daß die Staatsregierung defsfen auch durchaus willens ift. Ich bin nicht der Meinung, daß das vollständig abaesGlossen sein soll. Ih glaube auch, daß, wenn wir so erhebliche Uebershüfse aus den Eisenbahnen berauszieben, wir weniger ängstlih zu sein brauchen, auch ma! Bahnen zu bauen, von denen wir kaum mehr als die Betriebékosten erwarien. Das ift vollständig meine Ansicht. Aber ih möchte Herrn Abg. Hobrezt auch noch darauf hinweisen, daß die Frage der Rentenbildung, der Reduzierung der Ueberschüfse, der BVer- wendung der Uebers@üsse für allgemeine Staatëzwecke bis zu einer bestimmten Summe an der Frage, glaube ich, nihts änderî. Na der Richtung kommt die Frage nicht in Betracht.

Nun sagt der Herr Abg. Hobrecht, die Finanzverwaltung folie erwägen gewissermaßen das psyWGologishe Moment, daß die Eifen- bahnverwaltung in der Lage sein müsse, auch freudig zu sparen an unnöthigen Betriebsautgaben und Betriebskosten, wenn sie das Gefühl habe, sie arbeite dabei gzwissermaßen theilweise für sh selbft, für die ihr am nähstliegenden Interessen einer guten Gestaltung der Eisenbahnen. So kann man nit bloß verfahren seitens der Finanzverwaltung, sondern fo bat auckch die Finanzverwaltung verfahren. Ich babe das schon in der Kommission mitgetheilt, daß die Eisenbahnverwaltung durch eine höchst intelligente und pflegsame Behandlung ihrer Ausgaben große Ersparungen an Betriebskosten gemaht hat, an den ordinären Titeln, und ich hätte vielleiht wobl verlangen können, daß diefe großen Ersparungen, wenn

‘sie sih zu fo vielen Millionen anbäufen, {ließli in die allgemeine

Staatëkasse abgeführt würden. Ich habe das nichi gethan. Ich habe die freie Disposition über diese übertragenen Fonds der Eisenbahn- verwaltung gern gelassen, weil ih ganz auf derselben Standpunkt in diefer Beziehung stehe wie der Abg. Hobreht. Im Extraordinarium ist das noch in viel größerem Maße der Fall.

Also wir brauchen eine folhe Einrichtung, wie sie hier vor- geschlagen ist, niht, um das Ziel auch auf andere Weise dur eine verständige, nicht kleinliche fiékalishe Behandlung dieser Frage seitens des Finanz-Ministers zu erreihen. Ich glaube, daß die Herren, die die Resolution beantragt haben, selbs die Schwierigkeit der Sache anerkennen. Da Sie aber fehen, daß ih in dieser Beziehung dur(- aus niht grundfäßlich von Jhnen abweihe, so wird die Resolution in jedem Fall der Staatsregierung eine gute Anregung geben, dieser Frage aufs neue mit Entschiedenheit näher zu treten.

Abg. von Dallwißtz (kons.) erklärt, für die Vorlage stimmen zu wollen. Seine Freunde würden auch für die Resolution stimmen, in der Hoffnung, daß der Ausgleichsfonds in veränderter Form und an anderer Stelle wieder erscheinen werde. Jedes Etatsjahr in si ab- zuschließen, sei bei unseren {wankenden Einnahmen nicht möglich.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Ich acceptiere gern das Einverständ- niß; des Finanz-Ministers mit den Zielen der Resolution, und ih hoffe, daß das Staats-Ministerium in dieser Beziehung zu einer Einigung fommen wird. In der Kommission konnte es zu ciner solhen CEini- gung nicht kommen, weil der Finanz-Minister sich auf eine Kritik beshräntkt hat. Von einer Ausfonderung der Eisenbahn-Verwaltun aus der innigen Verbindung der gesammten Staatsverwaltung ift b unserem Vorschlage niht die Rede. Andererseits enthält diefer einen großen Anreiz zur Förderung der Eifenbahnen. Mir stelen der Regierung gewissermaßen die Mittel zur Ver- fügung zum Bau von nicht ganz rentablen Eisenbahnen. Gerade der gegenwärtige Augenbli ift zu diesem Schritt geeignet. Geben wir nicht so vor, fo werden die Ansprüche an die Staatëverwaltung so groß werden, daß kein Finanz-Minister sie zurückhalten kann. Es muß ein festes Verhältniß zwischen dem Reich und den Einzelstaaten hergestellt werden, das bisher durch die Defizits verhindert wurde. Der Vorschlag des Abg. Lieber im Reichstage {üßt die Einzel- staaten niht vor Zugriffen durh das Reich. Uebrigens ist es wunder- bar, daß Herr Lieber uns über seine Ansichten hier nit Rede fteht. Er zeigt sich hier feinem Volke nur felten und hält lieber Thronreden im Reichstage. Herr Lieber lehnt es ab, daß man hier über den Reichstag „zu Gericht sigt*". Das Recht der Kriti? lasse ich mir niht absprechen. Herr Lieber hat sich in höhnisher Weise über mich ausgesprochen, er sprach_ von einem Puppenspiel an der Hand von Drahtziehern am Dönhofféplaz. Ist es ge\chmackvoll, fo über Ab- wesende zu sprechen, während er in der Lage war, hier das Wort zu nehmen? Wie kommt er denn zu einer folhen Bebauptung ? Wir brauchen dagegen nicht zu protestieren, das wäre eher Sache des Zentrums. h

Abg. von Strombeck (Zentr.): Herr Lieber hat auch Pflichten im Reichstage, er kann nicht hier und dort sein; troßdem greift Herr Sattler ihn heute in seiner Abwesenheit an. Mit den ?/s 9% Schuldentilgung bewilligen wir eigentlih eine Ausgabe für die Zukunft, obne daß wir wissen, ob die Eisenbahnen auch fernerhin Ueberschüsse ergeben werden. Diese Amortisation wird nur bewirken, daß unsere Sculdenlast etwas höher anwächst. Zu einer effektiven Amortisation können wir nur kommen, wenn wir den Weg des ewigen Schulden- madhens verlassen. Den Bau neuer Sekundärbahnen halte ih au für wünschenswerth, aber es fragt sich, ob es sih niht empfiehlt, etwas mehr zum Privatbbahn- oder Kommunalbahnsystem zurüdck- zukehren. Baut der Staat selbst, so wachsen seine Schulden, wenn er Zuschüsse machen muß; baut er nit selbst, so braucht er keine neuen Anleihen aufzunehmen. Vielleiht wäre es auh gut, wenn man private Parallelbahnen baute, um die Legung dritter Geleise zu

vermeiden. i i 4 Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr. kons.): Jch

1 schließe mih den Ausführungen des Abg. Sattler gegen Herrn Lieber

an. Ich habe mich über die staatsrechtlihen Ungeheuerlichkeiten des Zentrums feiner Zeit {hon ausgesprowen. Wir werden der Vorlage auh in dritter Lesung zustimmen. Wir erwarten dabei, daß die Regierung unserer Resolution die gebührende Beachtung schenken wird, „wozu nah der Erklärung des Herrn Finanz-Ministers volle Auósicht ist. Jhm wird es gewiß auch hier gelingen, die Schwierigkeiten spielend zu überwinden. Auf eine reinliche Scheidung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten können wir noch lange warten. Wir müssen eine feste Regel der Aasgabenvermehrung vorziehen. L

Abg. Dr. Ham macher (nl.): Der Vorschlag des Abg. von Strom- beck widerspriht den Interessen des Staats. Parallelbahnen wären Konkurrenzbahnen, und das ist ein ungeheuerliher Gedanke.

Abg. von Eynern (nl.): Wir betrachten Herrn Lieber als her- vorragenden Führer des Zentrums. Er hätte seine Worte im Reichs- tage mehr erwägen sollen. Herr Sattler ist nicht Mitglied des Reichstages, H.rr Lieber aber Mitglied des Abgeordnetenhauses. Herr Lieber hätte also die Pflicht gehabt, hier zu erscheinen und fi zu vertbeidigen. Hoffentlich thut er dies wenigstens in einer persön- lihen Bemerkung, um den starken Tabak, den er verzapft hat, etwas abzumildern. Das ganze Haus hat den Aus,„leichsfonds abgelehnt,

wenn er wünscht, daß man damit fortfahren soll. Wir haben aber

und ih habe die Ueberzeugung, daß der Finanz-Minister diesmal die

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