S S T Ae S L A e
E E Mee r L I E S E E
Absi(ht hat, in illoyalfter Weife unseren Wünschen bezüglich des Eisen- bahngarantiegesezes Rechnung hu tragen. Aber es klang doch der stille Wunsch dur seine beutigen Ausführungen hindur, daß die Ueber- \chüsfse der Eisenbahnen zu allgemeinen Staatszwecken verwendet werden möchten. Ich meine aber, daß die Uebershüsse der Verkehrs- verwaltung auch dem Verkehr zu gute kommen müssen, namentlih binsihtlich der Ermäßigung der Tarife. Kommt aber das Eisen- bahngarantiegeseß niht zu stande, so bleibt garnihts weiter übrig, als die Uebershüsse zu Steuererleihterungen zu verwenden. Finanz-Minister. Dr Miguel: e-m Meine Herren! Nur ¿wei Werte! Ih wöchhte doch nit den Vorwurf auf mir sigen lassen, den der Herr Abg. von Eynern au®- gesprochen hat, daß ih niht den Resolutionen dieses Hauses die nöthige Beachtung schenke. Er führte als Beispiel an die Resolution, betreffend Erleichterung der Kommunalbesteuerung der Getränke. Jch bin in keiner Sache eifriger gewesen, den Wünschen des Hauses zu entsprechen, als in dieser Sache, denn wir haben sofort beim Reiche die erforderlihen Anträge gestellt. Wir haben an- gefangen mit der Weinsteuer, weil sie einen Schlüssel bildet für die ftärkere Steuer der übrigen Getränke, und der Reichstag hat gewissermaßew nur gegen die Stimme des Herrn Abg. Dr. Hammacher diese ganze Vorlage abgelehnt. Nun wüßte ih nicht, was ich noch mehr thun könnte. Wir haben auch jeßt wieder in Er- wägung gezogen, ob man diese Vorlage wiederholen solle. Der Reichs- Schatsekretär hat aber davon abgerathen, weil er glaubt, daß zur Zeit eine Vorlage im Reichstage gänzlih aussihtslos ist. (Sehr richtig! linke.) Mehr kann wirkliG die preußische Regierung nit thun.
Meine Herren, wenn der Herr Abg. von Eynern am Schlusse nun fragt: wenn nun die Uebershüsse der Eisenbahn nicht verblieben, sondern zu allgemeinen Staatszwecken verwendet würden, aber man auch da sih hüten müsse, auf diese shwankenden Einnahmen dauernde Ausgaben zu basieren, wo sollten dann die-Neberscüsse-kleiben ? — fo scheint er nicht zu beahten, was in der Vorlage stehi. Es werden eben die Uebershüfse zur Schuldentilgung verwandt. Und wir find alle damit einverstanden gewesen, daß eine kräftige Schuldentilgung gegenüber einer Schuldbelastung von jeßt {hon 7 Milliarden, felbst wenn sie mal in einem einzelnen Jahre etwas sehr hoh ift, doch im höhften Grade erwünshenswerth sei.
Meine Herren, der Herr Abg. von Eynen hat so einen leifen Wunsch für die Herabseßung der Steuern ausgesprohen. Ich will darauf nicht näher eingehen ; aber ih glaube, daß man si doch nicht zu einer Steuerherabseßung entschließen kann, welche in einem Jahre finanziell vielleiht möglich wäre, in einem anderen Jahre beim Nük- gang der Betriebsverwaltungen aber wieder zu einer Steuer- erhöhung führen müßte. Ein derartiges Schwanken in der steuerlihen Belastung i an und für \sch schon im hôhsten Grade bedenklih. Nun aber würde diese Steuer- entlastung, wenn sie sh nur beziehen kann auf die Ergänzungtfteuer oder auf die Einkommensteuer, doch viel weniger den unteren Bolks8- Élassen und den weniger bemittelten Klassen zu gute kommen, als denjenigen Klassen, die es gerade niht unbedingt brauchen.
Ganz anders läge die Sache, wenn man klar vor sich hätte: wir werden auf lange Zeit in der Lage sein, solche Ueberschüsse nicht zu brauchen, au nicht zur Schuldentilgung, wir hätten cs mit einem dauernden Zustande zu thun. Dann könnte man die Frage erwägen, ob niht ein Steuercrlaß am Plaß wäre. (Große Unruhe im Hause.)
Abg. Graf zu Limkurg-Stirum (konf.): Ich habe den Eindruck, daß das Zentrum augenblicklich noch niht die Absicht hat, eine Aus- einanderseßung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten zu erreichen. Kher es will eine gewisse Norm gewinnen. Jh glaube, daß auch das Zentrum zu der Ueberzeugung kommen wird, daß nur durch eine feste Finanzinstanz im Reiche die nöthige Sparsamkeit in den einzelnen
Refsorts zu erreichen ist. Jn dem Maße, in weldhem das Zentrum
fich als ausschlaggebende Partei fühlt, wird es sich diefera Veclangen niht verschließzen können. Das Bild des Herrn Lieber war nicht sehr shmeichelhaft, ih habe ihm aber im Reichstage darauf nicht ge- antwortet, weil i glaubte, daß er es niht fo {limm meinte, Nie- mand hat eine so gute Meinung von sih wie Herr Lieber, und daher ift es begreiflih, daß er auf uns herabsieht. Wenn wir das nicht einsehen können, so ist das nicht die Schuld des Herrn Lieber.
Darauf wird die Diskussion geschlossen und nach kurzer Spezialberathung der Gesezentwurf im Ganzen un- verändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen.
In dritter Berathung wird der Staatsvertrag zwischen Preußen und Oldenburg wegen Herstellung einer Eisenbahn von Lohne nach Hesepe (Bramsche) - oder einem anderen geeigneten Punkte der Eisenbahn von Osnabrück nach Quakenbrück angenommen.
2 hef die dritte Berathung der Novelle zum Geseß über die Fortbildungsschulen in den Provinzen Westpreußen und Posen.
Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) wiederholt seine Anträge aus der zweiten Lesung bezüglich des Unterrichtsverbots an Sonn- und Fetertagen und bezüglih der Ermäßigung der Strafen für Schulver- säumnisse. An Sonne und Feiertagen müsse man keinen Zwang zum Schulbesuch anwenden. Außerdem müsse es vermieden werden, daß ein Vater, wie es neuerdings nach der „Posener Zeitung“ vorgekommen sei, zu einer neunmonatigen Gefängnißstrafe verurtheilt werde, weil er die Geldstrafe von 1500 M nicht bezahlen könne.
Abg Möller (nl.) weist darauf hin, daß im Reichstage die Geistlichen si zur Abhaltung eines besonderen Gottesdienstes für die Schüler der Fortbildungsshulen bereit erkiärt hätten. Das möge Herr von Jazdzewski auch tn seinem Bezirk durchführen.
Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath Lüders betont, daß hier nur eine Bestimmung der Reichs-Gewerbeordnung zur Ausführung Ae solle. An die 1500 4 und die neun Monate könne er nicht glauben.
Abg. von Eynern bedauert, daß die Polen mit ihren Klagen, [ediglih geftüßt auf Zeitungsnotizen, den Minister überfallen, Das erwecke den Verdacht, daß sie den CEindruck hervorrufen wollten, day folhe Zuftände thatsählih in Posen beständen.
Abg. Dr. von Jazdzewsfi bemerft, daß auch der Minister die Notiz der „Posener Zeitung“ kennen müße; es bâtte also einer vor- herigen Mittheilung nicht bedurft.
Die Vorlage wird hierauf unter Ablehnung der polnischen Anträge“ im Ganzen unverändert angenommen.
Zn dritter Berathung genehmigt das Haus die Geseß- entwürfe, betreffend die, Heranziehung der Fabriken u. s. w. mit Voraueéleistungen für den Wegebau in der Provinz Pom- mern, und betreffend die Kirchengemcindeordnung für die evan- gelishen Gemeinden in den hohenzollernschen Landen.
Schluß 4 Lhr. Nächste Sizung Sonnabend, 11 Uhr. (Antrag Langerhans, betreffend die Abschaffung der alten Kirchenordnung von 1573, kleinere Vorlagen, Peutionen.)
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstage ist der nachstehende Entwurf - eines Geseyes, betreffend die Kündigung und Umwandlung der vierprozentigen Reichs- Anleihe, zugegangen.
T,
Die Schuldverschreibungen fin vierprozentigen Reichs-Anleihe
können zur Einlöfung gegen Bac, des Karitalbetrags binnen
einer dreimonatlihen Frist und die im Reihs-Schuldbuch eingetragenen } .-pierprozentigen—Bachscukder zur balten Rüaäblung bînnen einer
gleihen Frift gekündigt werden.
Die Kündigung geschieht unbeschadet der Bestimmung im § 16 des Gesetzes vom 31..Mai 1891, betreffend das Reihs-Schuldbuh (Reich:-Geseßbl. S. 321), durch öffentlißze Bekanntmachung des Reichskanzlers.
8 2,
» Bevor die Kündigung (§ 1) erfolct, is den Inbabern der Schuld- verschreibungen der vierprozentigen Reichs-Anleibe die Umwandlung dieser Schuldverschreibungen in solche der dreieinhalbprozertigen Reichs- Anleihe und den im Reihs-Schuldbuch eingetragenen Gläubigern der vier- prozentigen Reichs-Anleihe die Umschreibung in dreieinhalbpro- zentige Buchshulden durch ösffentlite Bekanntmahung des Reichs- fanzlers anzubieten. Das Angebot gilt für angenommen, wenn nicht binnen einer auf mindestens drei Wochen vom Tage iener Bekannt- machung ab zu bemefsenden Frist von den Inhabern der Neichs-Sculd- verschreibungen der vierprozentigen Reichs-Anleihe unter Einreihung der Schuldverschreibungen und von den im Reihs-Suldbuch eingetragenen Gläubigern von vierprozentigen Buchichulden die Baarzahlung des Kapitalbetrags beantragt wird.
Von dem Inhalt der öffentlihen Bekanntmachung des Reichs- fanzlers (Absfay 1) find die im Reihs-Schuldbuh eingetragenen Gläubiger von vierprozentigen Buchshulden außerdem \ckriftiich zu benahrichtigen. Die Wirkung des Angebois zur Umschreibung in dreieinhalbprozentige Bubschulden ift jedo von dieser Benachrichtigung nicht abhängig.
3. Die umzuwandelnden Schuldvershreibungen und die umzu- \hreibenden Buhschulden (§ 2) werden bis zum 30. September 1897 mit vier Prozent verzinst.
; & 4,
Die umzuwandelnden Schuldverschreibungen nebst Zinsscein- Anweisungen (Talons) und die dazu gehörigen, nah dem 1. Oktober 1897 fälligen Zinsscheine werden nah erfolgter Einlieferung mit einem die Zinsherabseßung autdrückenden Vermerk abgestempelt.
Die Abstempelung erfolat dur die der Reichss{hulden-Verwaltung unterftellte Kontrole der Staatépapiere, durh die vom Reichskanzler zu bestimmenden Reichskassen und zu bezeihnenden Reichébankanstalten, sowie durch die vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der Landes- regierung zu benennenden Landeskassen.
Auf Antrag der Inhaber von Schuldverschreibungen der vier- prozentigen Reichs- Anleibe foll statt der Abstempelung die kostenfreie Eintragung eines dem Nennwertbe der eingereiczten Schuldverschrei- bungen gleichen, vom 1. Oftober 1897 ab zu dreieinhalb Prozent ver- zinelihen Betrags in das Neichs-Suldbuch bewirkt werden.
_Der Antrag muß binnen einer vom NReichékanzler zu bestimmenden Frist eingereiht roerden.
§ 5.
Auf die gemäß § 4 Absfag 3 erfolgenden Eintragungen in das Reichs: Schuldbuch und auf die eingereihten Schuldverschreibungen fiaden die Bestimmungen des Geseßes vom 31. Mai 1891, betreffend das Neichs:-Schuldbuch (Neichs-Geseßbl. S. 321), mit der Maßgabe An- wendung, daß auf den Schuidverichreibungen befindlihe Prioat- Außerkurssezungévermerke für die Reichssulden-Verwaltung keine bindende Kraft haben.
8 6.
Eine Prüfung, ob der Verlust der Schuldverschreibungen der NReichs\{hulden-Verwaltung angezeigt ist (§ 6 des Gescßes vom 9. No- vember 1867 — Bundes - Gejeßbl. S. 157 —) oder ov die Schuld- e mit Beschlag belegt sind, findet bei der Abstempelung ni att.
S
Die nah § 2 zu bewirkende Umschreibung der vierprozentigen Buchschulden im Reihs-Schuldbuch erfolgt von Amtswegen. Den ein- getragenen Gläubigern ftebt jedo daz Recht zu, start der Umschreibung binnen einer vom Reichskanzler zu bestimmenden Frist die Ausreichung von treicinhalbprozentigen Schuldverschreibungen zum Nennwerthe pee vierprozentigen BuhsGuld gegen schung der leßteren zu ver- angen.
Einer Genehmigung der Unschreibung feitens dritter Personen, zu deren Gunsten dec eingetragene Gläubiger in Bezug auf die For- derung oder deren Zinsen durch einen Vermerk im Reichs-Schuldbuh beschränkt ist, bedarf es nick t.
Die Umschreibung in dreieinhalbprozentige Butschulden und die Ausreichung von dreieinhalbprozentigen Schuldverschreibungen erfolgen kostenfrei. g
8
Neue Eintragungen von vierprozentigen Bucshulten und Zus schreibungen auf den angelegten Konten folher Buhshulden finden fortan nicht mehr statt.
8 9. a
Die Bestimmung des § 4 Aktfag 2 des Gesetzes vom 31. Mai 1891, betreffend das Reichs. Schuldbuch (Reichs-Geseßbl. S. 321), findet insoweit keine Anwendung, als durh die Umschreibung von vierpro- zentigen in dreieinhalbprozentige Buhshulden mehrere Konten für densciben Gläubiger entstehen.
Die Vereinigung dieser mehreren Konten im Reichs-Schukdbuche kann auf Antrag des Gläubigers und von Amtswegen erfolgen. Jn beiden Fällen erfolgt sie kostenfrei.
8 10.
Die auf Grund dieses Gesetzes in dreieinhalbprozentige um- gewandelten oder gemäß § 7 ausgereihten R:ichs-Schuldverschreibungen und die im Reihs8-Schuldbuh umgeschriebenen dreteinhalbprozentizen Buchschulden dürfen den Gläubigern vor dem 1. April 1905 zur baaren Rückzahlung nicht gekündigt werden.
Die Kündigung darf nur auf Grund geseßli@er Ermäßtigung
stattfinden. S
Der im § 7 des Reichs-Stempelgeseßes vom 27. April 1894 (Reichs-Geseßbl. S. 381) angeordnete Anschaffungöstempel bleibt außer Hebung. & 12
Die mit dem Antrag auf Baarzablung des Kapitals eingereißtea (§ 2) Schuldverschreibungen werden mit einem entsprehenden Stempel- vermerke versehen und ebenso wie die in das Reichs-Schuldbuch ein- getragenen Forderungen derjenigen Giäubiger der vierprozentigen Reichs. Anleihe, welche das Angebot der Umschreibung in eine dreiein- halbprozentige Bub|huld nicht angenommen haben (§ 2), gemäß der erfolgenden Kündigung zurückgezahlt.
& 13.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, bis zu demjenigen Betrage, welcher erforderlih fein wird, um die Mittel der Baarzahlung der gekündigten vierprozentigen Reichs-Schuldvershreibungen und Buch- s{ulden (§ 12) zu beschaffen, eine nah den Bestimmungen des Ge- seyes vom 19. Jani 1868 (Bundes-Geseßbl. S. 339) zu verwaltende Anleihe aufzunehmen und Schaßganwcifungen auszugeben.
Die Bestimmungen in den §F§ 2 bis 5 des Geseyes vom 27. Ja- nuar 1879, betreffend die Aufnayme einer Anleihe für Zwecke der Mièarine- und Telegraphenverwaltung (Reichs-Geseybl. S. 18), finden auf die nach dem gegenwärtigen Geseye aufzunehmende Anleihe und auszugebenden Schaßanweisungen mit der Maßgabe Anwendung, daß Zinsscheine auch für einen längeren Zeitraum als vier Jahre aus- gegeben werden dürfen.
8 14.
__ Soweit zu der Hauptverwaltung der Staatsschulden her agene Dae mit der Bearbeitung von Angelegenheiten der Reichs, chulden- Verwaltung betraut werden sollten, haben dieselben zu Pro, tokoll zu erflären, daß fie den von ihnen na § 9 des preußischen G-, seßes vom 24. Februar 1850 (Geseßz-Samml. S. 57) geleisteten Cid auch für die durch das gegenwärtige Geseß ihnen übertragenen Ob, liegenheiten als maßgebend anerkennen.
Das Protokoll if dem Bundesrath und dem Reichétage vor- zulegen. L
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündigun Der Reichskanzler erläßt die zur Ausführung desselben a Anordnungen. : :
__ Die dem Geseßentwurf beigegebene Begründung lautet in ihrem allgemeinen Theile wie folgt:
__ Gegenüber den Anregungen auf Konvertierung der höher verzins- lien Reits-Anleihen, welche in den leßten Sessionen des Reichëtages wiederholt (69. Sißung vom 26. März 1895, 64. Sigvng vom 19. März 1896, 82. Sißung vom 2. Mai 1896) gegeben sind, hat die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, daß eine Umwandlung nur cinem Sinken des allgemeinen Zinéfußes folger, niht aber ihm vorangehen dürfe, und daß daber der Entshluß zu korvertieren, für das Reich in erfier Linie von der Ueberzeugung abhänge, daß der Zinéfuß allgemein und dauernd gesunken fei.
Dieser Zeitpunkt {eint nunmehr für die vierprozentige Reihhs- {huld gekommen.
Wie die Anlage A ergiebt, hatte der Kurs der vierprozentigen Reichs: Anleihe, welche zuerst am 10. Juli 1877 im amtlichen Kurs- zettel mit 95,50 notiert wurde, Ende 1880 das Pari überschritten. Nah langer Behauptung eines zwishen rund 106 und 108 fchwan- kenden Hôchstkurfes ift fie ia Erwartung der Korversion seit Herbst des legtvergangenen Jahres bis auf etwa 104 gesunken.
Die dreicinhalbprozentige Reichs- Anleihe seßte zwar bei ihrer erften amtliden Notierung am 27. August 1886 über Pari ein und vermochte — von einer kurzen Unterbri hung abgesehen — auf folcher Höhe sich ciniae Jahre zu haîïten, fant dann jedoch für längere Zeit unter Pari und hat erfi seit Eade 1893 wicder cine ft¿tig fteigende Tendenz angenommen, um fich seit Herbst 1896 dem Stande der vierprozentigen Reichs- Anleihe — unter geringem beiderseitigen Nah- lassen — bis auf roenige Zehntel Prozent zu nähern. Am 15. Ja- nuar d. J. notierte sie 103,70 9%, das ift 20 H§ niedriger als die vierprozentigen Titel.
Die dreiprozentige Reis-Anleihe erschien im amilien Kuré- zettel zum ersten Mal am 8. Oktober 1890 mit runo 87,70. Nat mannigfohen Schwar kungen begann fie seit Winter 1893/94 fändig zu steigen, um im Spätsomwer und Herbst 1895 den Parikurs zu erreidzen beziehungsweise zu Üverschreiten (hödfter Stand am 4. und 5. September 1895 mit 100,30). Seitdem hat sie bis auf die leßte Zeit nahe der Grenze der Parität (etwa 99) gestanden.
Diese Kursverhältnisse lassen unzweitelhaft eine sinkende Tendenz des Zinéfußes erkennen. Die vieiprozentige Neichs: Anleihe bleibt im steigenden Maße hinter dem normalen Verhältniß ¿u der drei prozentigen Anleibe zurück, Ihr Kurs zeigt seit längerer Zeit nur eine geringe Verschiedenheit von dem Stande der dreieinhalbprozentigen Schuldver s@rceibungen. Da diese Erscheinungesa offenbar auf der allgemeinen Erwartung der Besitzer beruhen, daß über kurz oder lang eine Herabseßung des Zinsfußes der vierprozentigen Reichs- Anleihe ftattfiuden werde, so ersheinen die Wirkungeu der leyteren bereits eskomptiert.
Wird des weiteren berücksihtigt, daß auf dem gesammten europäishen Geidmarft ein Herabgeben des Zinssatzes — insbefondere seit dem Jahre 1894 — unverkennbar zu Tage tritt, daß zahlreiche außerdeutsche Staaten und von den deutshen Bundeëstaaten kürzlich Bayern, Württemberg, Preußen und Baden mit: der Konversion be- ziehungêweise deren Einleitung vorgegangen sind, daß viele inländische größere Städte, Korvorationen, landscaftlihe Kreditinftitute und Hypothekenbanken Zinsherabsetßzungen vorgenommen haben, endlich daß auch der Zinsfuß der Privatbypotheken gesunken ift, so wird man sid auch bei weitgebender Vorsicht in der Beurtheilung des Kapital marktes der Ueberzeugung nicht entziehen kênnen, daß der allgemeine Rückgang des landesüblichen Zinsfaßes von Dauer fein werde.
Erfordert dana einerseits die Rücksicht auf die Gesammtheit der Steuerzahler, denen die Aufbringung der Mittel für die Verzinsung der Neichéshuld obliegt, daß mit einer Herabseßung des Z'néfußes nicht länger gezögert werde, so darf andererseits bei der Darhführung der Maßnahme der fiskalishe Vortheil nicht allein den Aus\chlag geben ; vielmehr wird es sich redtfertigen, die Bedingungen für die Erneuerung des Sculdverbältnisses so zu gestalten, daß sie angesichts der derzeitigen Lage des Geldmarktes den Interessen der Gläubiger weit entgegenkommen. :
Daß ein folches Verfahren dem Reichékredite für den Fall fpäterer SFnansprulznabme desfelben nur förderlih fein kann, bedarf feiner Ausführung. Mebr noh fällt ins Gewicht, daß die Reichs-Anleiben im wesentlihen in den Händen deutscher Gläubiger sih befinden. Nicht unerheblihe Beträge sind im Besiße von fkleineu Kapitaliften, welche fic zu einer dauernten Anlage bestimmt hatten. Das Gleide gilt von vielen Stiftungen, Kirhen und Pfarreien, fowie von Kassen und Instituten, welhe gemeinnüßigen Zwecken und dem Wohle der arbcitenden Klassen gewidmet siand. Die aus der Zinéreduktion si ergebende Minderung der wirthschaftlichen Lage und Lebenshaltung der an dem Zinsertrage Betkeiligten trifft bauptsählih Deutsche und iu nit geringem Maße die weniger bemittelten Bevölkerungsschicßten.
Schon diese Erwägungen legen es nahe, den Gläubigern nit durch cine zu große Zinsherabsegung begründeten Anlaß zu einer auë- gedehnten Forderung der Baarzablung zu geben, sowie au von einet rechilid zweifellcs zulässigen, bloßen Kündigung der Schuld zur Rüd- zahlung des verbrieften Kapitalbetrags abzusehen. Im allgemeinen Interesse muß thunlichst vermieden werden, den Befsigern vierprozet- tiger Neichs- Anleihe durh die Kenvertierung einen Anreiz zu bieten, ihr Besißthum unsiheren Sp-kutationen oder zweifelhaften ausländi- {en Anleihen zuzuwenten. Andernfalls entstände die Gefahr, daz besonders die g-schäftsunkundigen Gläubiger zu höher vérzinsliden Anlagen greifen, welden, wie die Virgangenheit gezeigt hat, nur zu oft der Verlust des Kapitals folgt. eiter aber ist es politis und volkéwirtbhs{haftlih von hohem Werth, daß das inländiiche Kapital durch umfangreiche Betbeilizung an den Reichs- Anleihen mit den Geshick des Reichs fest verbunden bleibt und daß die zur Verzinsung erforderlihen Mittel dem Inlande zu gute kommen. /
Eine Herabsezung des Zinsfußes auf 39% würde diesen Rüd- sibten niht ausreihend Rechnung tragen. Sie würde aber au infofern unbegründet sein, als der Zinsfag von 3/9 als ein landes üblicher gegenwärtig und wobl für cine absehbare Zeit nicht angesehen werden fann. Daß einzelne landschaftliche Kreditirstitute ihre Pfand- bricfe zum theil auf 3 °/9 konvertiert haben, ift nit auês\sclaggebend. Von wesentliherer Bedeutung ift der Umstand, daß au dic Bundet- staaten Bayern, Württemberg, Preußen und Baden bei ibren Kon- vertierungeu ein Herabgeben unter 34 9/6 niht als gerechtertigt ar erkannt baben. Zu der gleihen Erkenntaiß führt eine Prüfung der thatsählihen Durhschnittsver:insung der Reichs- Anleihen. Hier zeigt die Anlage B., daß dieselbe unter Zugrundelegung des Nettokapital- erlôses S a. bei der dreicintalbprozentigen Anleihe auch im günstigsten
Jaßre (1895/96) noch 3,35 9/6 beträgt, und daß sie ¿ b. bei der dreiprozentigen Anleihe si immerhin höher als 3 °% (zuleßt allerdings nur 3,02%) balt. 5
Von einem dauernden Herabsinken des Zinsfußes auf 3 ®% fan fomit noch nit die Rede sein. i ide
Endlich war nicht außer Ast zu lassen, baß bei einer gle zeitigen Konvertierung der v'er- und der dreieinhalbprozentigen. L Les Schuldverschreibungen in dreiprozentize im Zusammenhange E Z Umwandlung der bezüglichen Anleihen der Einzelstaaten so ungere ft Summen zur Konversion gestaudea haben würden, daß mit
ta Kraft, orderlichen
E
So F:
außerordentlihe Ershütterung des Geldmarktes und damit des due bshaftslebens zu erwarteu gewesen wäre. Auf allen diesen Erwägungen beruht der Vorschlag: egenwärtig nur eine Umwandlung der vierprozentigen ceichs-Anleihe und zwar in eine dreieinhalbprozentige eintreten zu lassen. - Es handelt sih dabei, wie aus der Anlage B des näheren ersidht- li, um einen Nominalbetrag von insgesammt 450 000 000 46
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Kunft “as Wissenschaft.
Die geftern ausgegebene Nummer 4 des „Justiz - Minifterial- Blattes“ veröffentli&t nachstehende Allgemeine Verfügung des Justiz-Ministers, vom 18. Januar 1837, betreffend die erste juriftishe Prüfung nebst einer darauf bezüglichen Zirkular- Verfügung des Ministers der geistlihen 2x. Angelegen- heiten an die Univerfitäten:
Der Abschluß des Bürgerli®Wen Geseßbuchs macht eine veränderte Einrichtung des Rechtëstudiums und der dadur bedingten erften juriftishen Prüfung nöthig: es kommt darauf an, das deutsche bürger- lihe Reht in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen, sodaß es im Lehrplan der Universitäten die Bedeutung g?ewinnt, welche gegen- wärtig den beiden Borlesungen über Pandekten und über deutsbes Privatie{Wt eingeräumt ift. Im Eirverständniß mit dem Herrn Unterrichts-Minister wird daher mit Bezug auf § 5 Abf. 5 Litt. b des Prüfungéregulativs vom 1. Mai 1883 (vergl. Allg. Verf. vom 3. November 1899 — Just.-Minift.-Bl S. 277 —) für diejenigen. Studierenden, welche sfich nah beendeter Studicnzeit der ersten juriftishen Prüfung unterziehen wollen, Folgendes bestimmt:
1. An Stelle der bisberigen Vorlesungen über: Juristis(e Encyklopädie Römische MRechtsgeshihte, Institutionen des Römischen Rechts, Pandekten, Deutshe Rechtsgeschichte, Deutsches Privatrecht, Preußisches Landreht, Nheini!h- Französishes Recht treten folgende Vorlesungen: L
1) Einführung in die Rechtswissenshaft, 2) Römishe Rechts- geshihte und System des Römischen Privatrehts, 3) Deutsche Rechtägeschichte und Grundzüge des Deutschen Privatrects, 4) Deutsches bürgerlihes Recht (Bürgerliches Gefeßbuh nebst reis: und landes- rechtilihen Ergänzungen) in eingehender dogmengeshi%tliher Ent- wickdeluna, 5) Uebersicht über die Nechtsentwickelung in Preußen mit RBüdsiht auf die einzeinen Landestheile.
Die Vorlesung zu 4 über bürgerlides Recht ift in der Regel innerhalb der eisten Hälfte des Rechtsftudiums zu hören, Wird sie als Doppelvorlesung in einen ersten und einen zweiten Theil zerlegt, fo sind die beiden Theile der Vorl-sung nit in demselben Semester, der zweite Theil nir vor dem ersten Theile zu hören,
11. Von den exeg:tiscen, praktischen oder fonstigen Uebungen des Studierenden (vergl. Allg. Verf. vom 3. Norember 1890 — Just.- Minist.-Bl. S. 277 — §8 4 Nr. 3, 5, 6; Berf. des Min. der geistl. x. Angelegenheiten vom 7. Dezember 1885 und vom 2. Juni 1890 — Z.-Bl. f. U..V. S. 563) muß a. in die erste Hälfte der Studien- zeit mindeftens eine Uebung im deutschen bürgerlichen Rechte, þ. in die zroeite Hälfte der Studtenzeit mindestens eine Uebung im deutschen bürgerlihen Rechte und eine zivilvrozefsualische, das bürgerlihe Recht mitumfafsende Uebung fallen. Als Uebungen im Sinne dieser Bor- schrift gelten nur folhe, weile mit |chriftlihen Arbeiten ver- bunden find. Z e : :
I[1. Dem Gesuch um Zal-ssung zur ersten juristishen Drüfuag sind Arbeiten beizufügen, welche in den unter Ila, b bezeichneten Uebungen vom Kandidaten angefertigt und vom Lehrer oder defsen Assistenten \chriftlih z7nsiert sind. Aus den Zensuren muß si er- geben, daß die Arheiten mit dem Kandidaten besprochen sind. Auch ist ein Gesammtzeugniß einzureichen, welches dartbut, daß der Kan- didat mit Fleiß und Erfolg an der Uebung theilgenommen hat.
1V. Snwieweit die Nichtbeahtung der Bestimmungen urter 1 bis ITI die Ann:ÿme eines ordnungêmäßigen Rechtsstudiums aus- ließt, hat der Vorsitzende der Prüfungéko:nmission zu entscheiden. Liegt nah dieser En1ischeidung cin ordnungemäßiges Rechtsstudium niht vor, so wird der Kandidat auf ein oder mehrere Semester zurückgewiesen. F
V. Als genügend entschuldigt ist die Nichttheilnahme an einer Norlesurg oder Uebung namentlich dann anzu?ehen, wenn diese an der Universität, auf welcher fih der Studierende befand, nit oder nur in einer dem NRzhmen tes gesammten Studienplans nit entsvrechenden Siundenzahl gehalten worden is und der Studierende den Umständen nah nit in der Lage war, eine andere Universität zu beziehen. Jn Betreff der Frage, ob die für eine Vorlesung oder eine Uebung an- gesetzte Stundenzahl als eine unvekhältnißmäßige anzusehen ist, hat die nabftebend auszuaëweise abaedruckie Lerfü,ung des Herrn Unter- rihts. Ministers vom heutigen Tage als Anhalt zu dienen.
V1. Diese Vo: schriften finden auf diejenigen Studierenden, die ihr Rechtsftudium vor dem 1. April 1898 begonnen haben, nur inso- weit Anwendung, als sich nicht mit Rücksiht auf die Zahl der von ihnen bereits zurückgelegten Semester Einschränkungen ergeben und es au nah allen fonft in Betracht kommenden Gesichtspunkten der Billigkeit angemessen erscheint.
Berlin, den 18. Januar 1897. i
Der Justiz-Minister. Schönstedt.
Der juriftishen Fakultät lasse ih biernebea die im Einverständ- nifse mit mir erlaffene Allgen:eine Verfügung des Herrn Justiz- Ministers, betreffend die erfte juristishe Prüfung, vom heutige Tage mit folgenden Bemerkungen zur gefällizen Kenntnißnahme zugeben.
1) Bezüglich der zu 1 1 bis 5 der Verfügung genannten Vor- lesungen ift im allgemeinen davon ausgegangen, daß eine Uebers(rei- tung der wöchentlihen Gesammtftundenzahl, welhe für die künftig wegfallenden Vorlesungen biéther üblih war, um fo weniger rathsam erscheine, als in der Verfügung auf die Theilnahme der Studierenden an den Uebungen erhöhter Werth gelegt ift.
2) Im einzelnen ift dabei an folgende Stundenzahlen gedacht :
a. Einführung in die Rechtöwissenschait 2 bis 3 Stunden, b. Römische Rechtsgeshichte und System des Römischen Privatrechts zusammen 8 bis 10 Stunden, c. Deutsche Rehtsgeschichte und Grund- ¿üge des Deutschen Privairehts zusammen 6 bis 8 Stunden, 4. Deutsches bürgerlihes Recht 16 bis 20 Stunden, s. Uebersicht über die Re:httentwiÆelung in Preußen mit Rücksicht auf die einzelnen Landestbeile 1 bis 2 Stunden. | /
3) Die zu Il der Verfügung bezeihneten Uebungen find auf etwa 2 Stunden wöcentl.ch veranschlagt. Mit Bezug auf 11 Abf. 2 der Verfügung ift es erforderli, die Uebungen, welche mit schriftlichen Arbeiten verbnnden sind, in den Vorlesungsankündigungen ausdrüdck- lih als solze erfennbar zu maen. Z
4) Zur Gewinnung von Assistenten (IT1 der Verfügung), soweit folhe sich im Interesse der Uebungen als nôthig erweisen, is der Herr Justiz-Minister gereigt, Beamten des höheren Justizdienstes, wele zu dieser Funktion von mir erbeten werden, den erforderlichen Urlaub zu gewähren.
Berlin, den 18. Januar 1897.
D:r Minister : der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.
offe. In die juriftishe Fakultät der Königlichen Fricdrih-Wilhelms- Unicersität hierselbft. j h (Gleichlautend an sämmtliche Herren Universitäts- Kuratoren.)
Aus den Sizungsberichten der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
In der Gesammtsißung vom 7. Januar (Vorsitzender Sekretar :
ae Waldeyer) las Herr Fischer „über die Konstitution des Caffeins,
nthins, Hypoxanthins und verwandter Basen“. Es wurde das
Gelingen der Synthese aller dieser Stoffe erwähnt und daraus die Struktur derselben abgeleitet. — Ferner wurden folgende Mittheilungen gemacht: Die Akademie hat ihrem Mitgliede Herrn Harnack für die Vor- arbeiten zu ibrer aus Anlaß des 200 jährigen Jubiläums abzufafsenden Geschichte 2400 4 bewilligt. — Die pbysikalish-mathematisce Klasse hat zur Unterstüßung wissenschaftliher Arbeiten bewilligt: dem Pro- fessor an der Universität Freiburg i. Br. Herrn Dr. H. E. Ziegler zu entwickelungsmechanishen Studien an
Echinodermen- und Ktenophoreneiern 600 A; die philo- {gphisch-bistorische: - dem Professor an der Universität Halle Herrn
r.
600 #, dem Oberlehrer Herrn Heinrih Winkler in Breëlau zur Fortsetzung seiner altaishen Sprachstudien 850 4, der Verlag8buch- bandlung Georg Reimer hier zur Drucklegung von „Gerhard, etrus- kishe Spiegel“, Band V Heft 14, 180 4 — Unterm 14. Dezember 1896 geruhte Seine Majestät der Kaiser und König die Wahl des ordentlihen Professors der Geschichte an der hiesigen Universität Dr. Marx Lenz zum ordertlihen Mitgliede der vhilofscphish-historishen Klasse der Akademie zu genehmigen. — Die Akademie bat am 26. De- ¿ember 1896 durch den Tod verloren: das, ordentlihe Mitglied der physikalisch-mathematishen Klasse Emil du Bois-Reymond.
In der am 14. Januar abgehaltenen Sizung der physikalisch- mathematischen Klasse (Vorsißender Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr Hertwig „über einige gm befruhteten Froshei durch Zentri- fugalkraft ber vorgerufene Meanomorphosen“. Unter dem Einfluß der Zentrifugalkraft [äft si, roie der Vortragende ausführte, die polare Differenzierung des Froscheies noch fo weit steigern, daß seine Ent- wickelung in vieler Hinsicht eine große Aehnlichkeit mit der Entwickelung meroblaîtisck(er Eier erhält. Der boloblastishe Typus läßt sich dur den äußeren Eingriff gewissermaßen in den meroblastishen Typus umwandeln. —- Herr Hertwig demonstrierte hierauf eine größere An- zahl von Korrosionspräparaten der Nierengefäße, welhe Herr Lommen aus Dakota (Vereinigte Staaten von Arnerika) unter Verbesserung des Hyrtl’schen Verfahrens dur JInjektion von Nieren verschiedener Säugetbiere im hiesigen ¿weiten anatomishen Institut angefertigt hat.
In der Sigung der philofophisch-historishen Klasse am 14. Ja- nuar (Vorsißender Sekretar: Herr Vahlen) legte Herr Erman Bruch- stücke der foptishen Volksliteratur vor. Diese. bestanden aus Liedern, einem Märchen und Theilen einer poetishen Beschreibung der Legende des b. Archellites, von denen besonders die letzteren als die ersten sicheren Proben foptisher Metrik von Wichtigkeit sind.
Die Gedächtnißfeier für den verstorbenen Geheimen Ober- Medizinal-Rath, Professor Dr. du Bois-Reymond, welche von der Berliner Physiologischen und der Pbhysikalischen Gesellschaft gestern Abend im großen Hörsaal des Physiologischen Instituts veranstaltet wurde, gestaltete sich äußerlih als eine einfache gemein- schaftlide Sitzung dieser beiden gelehrten Vereinigungen, denen der Dahingeschiedene als Präsident bezw. Ehren-Präsident angehört hatte. Hinter dem Katheder erhob sich auf dunkel draviertem Postament seine Marmorbüste ¿wishen Blatipflanzen. In Vertretung des Ministers der geiftlihen 2c. Angelegenheiten erschien Geheimer Me- dizinal-Rath Dr. Pistor, för den gleichfalls dienstlid verhinderten General-Stabéarzt der ‘Armee der Ober-Stabsarzt Schierning, als Vertreter der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militäräritliche Bildungswesen der General. Arzt Grasnick. Für das Sanitäts. Offizier- korps der Marine wohnte General-Arzt Gutshow der Feier bei. Die medizinis@e Gesellshaft wurde dur die Geheimen Medizinal-Räthe Profesor Dr. Virhow, Professor Dr. von Bergmaan und den Professor Dr. Senator vertreten, welher Leßtere zugleih die Gesellschasi der Charité-Aerzte zu vertreten hatte. Rechts von der Büste saß der Vor- stand der Physikalishen Gesellshaft: Geheimer Regierungs-Rath, Pro- fessor Dr. von Bezold, Professor Dr. Warburg, Profefsor Dr. Kohlrausch, E Arthur König, Professor Planck, Professor Bornstein, Ger
eimer Regierungs-Rath, Profesor Dr. Lampe und der Festredner, Professor der Physiologie Dr. Rosenthal aus Erlangen; auf der linken Seite der Vorstand der phyfiologiscen Gesellschaft: die Pro- fessoren Herrmann und Immanuel Munk, Zun, Thierfelder, Fritsch und Dr. Sflarek. Das Auditorium war dicht gefüllt. Die Familienangehörigen des Verewigten wohnten der Feier ebenfalls bei: neben der trauernden Wittwe der Sohn René, der, wie sein Vater, Pkbysiologe if und sih am gestrigen E als Privatdozent an der Berliner Universität habilitiert hatte. Geheimer Regierungs- Rath, Professor Dr. von Bezold eröffnete die Feier mit einer furzen Ansprache. Es ist ein trauriger Anlaß, fo etwa führte er aus, der diese ge- meinsame Sitzung veranlaßt hat. Gilt es do, das Andeoken eines Mannes zu feiern, der beiden Gesellschaften seit ihrem Bestehen angehört bat, der Physikalischen also 52, der Physiologishen Gesellschaft 32 Jahre, und beiden bis zunt Tode das größte Interefse entgegenbrachte, überall und immer reie Anregung spendend. Kaun jemals verbrachte er, von den Ferien abgesehen, einen Freitag Abend anderswo, als in einer dieser beiden Gesellschaften, welchz alternierend Freitags ihre Sitzungen abhalten. Hierauf gab Professor von Bezold das Wort zur Gedächtnißrede dem zu diesem “ads aus Erlangen herbeigeeilten Professor Dr J. Rosenthal. Jn klaren Zügen schilderte der Redner zunächst, wie du Bois, von der Theologie ausgehend, bei der Medizin anlangte und auf diesem Wege der große Pbysifer uud Physiolog wurde, und was er ‘in dieser Wissenschaft in einer langen Reihe von mehr als 50 Jahren geleistet habe; er sfkizzierte darauf einleitend des Heimgegangenen Bedeutung für die Entwickelung der Elektrizitätslehre, scin Inter: se für die Lehre von der Diffusion und feine Vorliebe füc die mathematische Auêdrucksweise. Dann ging der Nedner auf das eigertlichhe Lebens8- werk du Bois! ein, auf die Untersuchungen der elektromotorischen Erscheinung im thierishen Gewebe, und gedachte dabei auch der An- griffe, die due Bois durh seinen früheren Lieblingsschüler, den Pro- fessor Hermann in Königsberg, erfahren: Angriffe, die an den thatsätlihen Festftellungen du Boie? nichts geändert haben. Im weiteren Verlauf seiner Rede wandte er sich dann den Studien zu, die du Bois dem Problem dec elektrischen Fishe gewidmet, und erinnerte an die dem Heimgegangenen zu danfende Autgestaltung des physiolozishen Unterrichts, an die Heranbildung junger Kräfte und an du Bois? Bestrebungen zur Aus- breitung naturwissenshaftliher Erkenntniß au außerhalb seiner Zu- hörerfreise sowie an sein Wirken in der Akademie. Der Redner kam zu dem Schluß, daß der Heimgegangene stets redlih bemüht gewesen, die Anschauungen, die er als die Frucht seiner Studien erkannt, mit logi- {her Schärfe und tapferem Freimuth zu vertheidigen. — Nah Been- digung des Vortrags erbob sih auf Aufforderung des Geheimen Regierungs-Raths, Professors Dr. von Bezold bie Versammlung zu Ehren des Heimgegangenen von den Pläyen.
Land- und Forftwirthschaft.
Die Deutsche Landwirthschafts - Gesellschaft beab- sichtigt, in diesem Winter cin System von Felddüngungs- versuchen mit Kalk und Mergel zu beginnen, das h auf 5 bis 7 Jahre und über ganz Deutschland erftrecken soll. Man will tadurch möalihft zahlreihen Landwirthen vor Augen führen, wi? wichtig als Voraussezung anderer Düngeranwendung und wie lohnend Kalkdüngung ift ; man hofft aber au das Verhalten einiger wichtigen Pslanzen, wie Lupinen, Serradella, Kartoffeln, zu dem Kalk im Boden festzustellen. Es sind dazu erhebliche Mittel bereit gehalten, und zur Beaufsichtigung ist die Mitwirkung der Wanderlehrer in Ausficht gestellt.
Zur Betheiligung an der Herftelung eines „Deutschen Rinder-Merkbuches“ erlassen die Herren Dr. E. Ramm, Profeffor an der Königlichen lantwirtbschaftlihen Akademie Bonn- Poppelédorf, und Dr. Parey, Inhaber der Verlagsbuch- handlung Paul Pareÿ (Berlin SW., 10 Hedemannstraße), eine Aufforderung an Züchter-Vereinigungen und
Benno Erdmann zu psyho- physischen Erperimentaluntersulaängen -
Einzelzüchter, der Folgendes entnommen ift: Das ge- plante „Deutshe Rinder-Merkbuch“ soll den Produzenten vo uht- und Nutzvieh Gelegenheit geben, alle Thatsachen, welche den erth der betreffenden Zuchten bedingen, einem möglihf|# großen Kreis von Interessenten zugänglih zu machen und auf der anderen Seite den Konsumenten von Zucht- und Nutvieh als Nachschlage- bu dienen, mit Hilfe dessen fie sch am schnellsten darüber orientieren können, wo* se das findeu, was ihren Zwecken und Bedürfnissen am meisten entspricht. In dem Merkbuch follen alle diejenigen Rinder - Rafsen und St&läge- Aufirahme-finden; die füt bie deuts Landwirthschaft irgend von vraktishem Interesse sind, vorwiegend also einbeimishe Zuchten, daneben aber au diejenigen der ausländischen, welche für dic deutsche Landwirthschaft unentbehrlich oder beachtenswerth erscheinen. Die Anordnung erfolgt zunächst nah großen Gruppen, und innerhalb des- selben Schlages werden Zuchtgenossenshaften und andere Züchter- vereinigungen * vorausgehen; ihnen s{ließen sh alcdann Einzel- züchter detselben Schlages und derfelben Zuchtrihtung an. Wenn das Merkbuch seinen Zw-ck erfüllen foll, so muß es in möglichst vielen Exemplaren Verbreitung findes und also mögli@st billig her- gestellt werden. Dies ift aber nur dann mögli, wenn dîe einzelnen Züchtervereinigungen und Züchter einen Theil der Koften tragen. Die Verlagsbuhbandlurg berehnet pro Druckseite inkl. einer zinko- graphishen Abbildung 15 H Dabei bat der Anmeldende eine brauchbare Photographie (mindestens im Maßstab von 13 C 18) fosleilos Wt Uéfern, dle im Abb dœ Bie lagsbuchandlung verbleibt. Es ist dem Belieben des An- melders8 überlassen, wieviel Seiten er seinen Zwecken eingeräumt wissen will. Zu jeder Seite gehört aber eine Abbildung. Diese Abbildungen sollen natüclich das Beste von dem bringen, was die betreffende Zucht bietet. Für den Fall, daß einer Zut mehrere Seiten, also mehrere Abbildungen eingeräumt werden, empfiehlt es i, in den leßteren die hauptsächlichsten Nußungérichtungen zum Ausdruck zu bringen, also eine Milchkuh, ein Paar Zugowsen, ein Stück Fettvieh 2. akbzubilden. Die hierzu bestimmten Thiere follten #ch in einer solhen Kondition befinden, wie sie für gewöhnlih genutt werden. Außer den {warz in den Tert einge- druckien Abbildungen können auf Wunsch der Anmelder auch farbige Abbildungen beigegeben werden. Die Kostcn einer solchen betragen 1090 A Auth in diesem Falle is eine gute Photographie feitens des Anmelders kostenlos zu liefern. — Die Eintihtunz des Merkbuches, tie Autfübrung der Abbildungen 2c. geht aus den dem Prospekte beigegebenen Beispielen hervor. Auf Wuns werden aber auch noch andere zur Beurtheilung des Wertbes der betreffenden Zucht dienende Mittheilungen aufgenommen. Dahin gehören na- mentlih periodise Wägungen von Jungpvieh, aus denen die Wücbsig- keit resp. Frühreife der betreffenden Thiere heroorgebt, und ähnliches. Alle diejenigen Züchtervereinigungen und Einzelzühter, welche in dem Merkbuch vertreten zu sein wünschen, werden gebeten, ihre Anmeldungen bis spätestens 1. März 1897 an Herrn Professor Dr. Ramm, Bonn a. R., gelangen zu lafsen. Dem Anmelder wird fofort nach erfolgter Anmeldung ein Frage- bogen übersandt, in welchen die zur Abfassung des Tertes nöthigen Mittheilungen einzutragen sind. Das „Deutiche Rinder- Merkbuch" soll erstmalig im Laute dieses Jahres erscheinen. Neue Auflagen find vorgesehen, weil infolge der neuerdings eingeleiteten Leistungs- messungen (Probemelken mit Fettgehaltsbestimmung, Wägungen von Mastvieb, Zugprüfungen) hierzu in Bälde ein Bedürfniß wvor- liegen wird.
Handel und Getverbe.
Die strengen Vorschriften, welhe in Spanien über die Zollbehandlung der in Briefpostsendungen eingehenden zollpflihtigen Waaren gelten, haben durch eine Königliche Verordnung vom 29. November 1896 hinsichtlih des Buch- handels eine Milderung erfahren. Nach dieser Verordnung dürfen nunmehr nah Madrid, Barcelona, Sevilla und Coruña mit der Briefpost Bücher und Drucksachen cin- geführt und an den Empfänger gegen Zahlung des ein- fachen Zollbetrages, also ohne die in solhem Falle auf Grund der Königlichen Verordnung vom 9. Juni 1896 bisher er- hobene Zollstrafe, ausgeliefert werden, vorausgeseßt, daß es sich um keine anderen als die unter XVIIT Ziff. 1 der Voll- zugsordnurng zum Weltpostvertrag vom 4. Juli 1891 auf- geführten Drucksachen handelt, und daß die Ziffern 4 und 5 der 14. Bestimmung des E und die übrigen für den Handel mit Büchern und Drucksachen in Spanien be- stehenden Bestimmungen b:obachtet sind.
Täglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Dberschlesien.
An der Nuhr sind am 22. d. M. gestellt 14 052, niht re&tzeitig geftellt keine Wagen. : :
én Oberschlesien find am 22. d. M. gestellt 4807, nicht reÞt- zeitig gestellt keine Wagen.
Zwang8-Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 20. und 21. Januar die nachbezcihneten Grunbstücke zur Ver- steigerung: Bremerstraße 44/45, den Bauunternehmern Wilh. Osftwald und Val. Günther gehörig; Flähenraum 9,29 3; Nutungäwerth 13 690 6; Meistbietende blieb Frau Zimmermeister Bolkmer, geb. stel, zu Berlin mit dem Gebot von 171 100 — Birken straße 22, dem Rentier Otto Gaertner gehörig; Fläctzenraum 10,13 a ; Nußung8werth 13 490 4; Meistbietender blieb Kaufmann Max Meßner zu Berlin mit dem Gebot von 223 000 A — Vinetaplat 4, dem Schlossermeister Emil Riey zu Berlin gehörig ; Flächenraum 3,41 a; Nutzungswerth 7100 4; Meistbietender blieb Maurermeister A. Jänicke, Hafenplay, neben Köthenerftraße 26, mit dem Gebot von 95100 — Alt-Moabit 44, dem Zimmer- volier Otto Schulze gehörig; Flächenraum 11,27 a; Nußungêwerth 14400 4A; Erstehecrin wurde die G. m. b. H. Immobilien- Komtor, Kucfürftendam!n 245, für das Meistgebot von 216 000 4 — Aufgehoben wurde das Verfahren wegen des Grundstücks Demmitnerstraße 50, dem Kaufmaun Aug. Kun s gehörig.
Notierungen der amtlihen Notierungs-Kommission am 22. Januar 1897, Butter: (Preise im Berliner Groß- handel zum Wochendurhschnitt (per comptant) per 59 kg. Hof- und Genossenschafts - Butter Ia. 93 A, Ila. 90 4 Ila, — 6, do. abfallente 88 #4, do. Land-, Preußishe 80—83 A, do. Neubrücher 80—83 4, do. Pommersche 80— 83 4, do. Polnische 80— 83 M, do. Bayerische Senu- 88—90 Æ, do. do. Land- 78—80 , do. Sdlesishe 80—83 M, do. Galizishe 70—73 4#— Margarine 30—53 Æ — Käse: Schweizer, Emmenthaler 80—90 M, do. Bayerischer 58—63 M, do. Ost- und Westyreußischer 1 a. 66 bis 72 M, do. do. Ila. 40—55 Æ, do. Holländer 70—80 46, do. Lim- burger 39—42 #4, do. Quadrat-Magerkäse 1a. 20—25 Á, do. do. 11 a. 12—15 — Schmalz: Prima Western 17 ‘“/6 Tara 28,90 —29,90 4, do. reines, in Deutschland raffiniert 30,50 4, do. Berliner Braten- \hmalz 31,50—32,50 — Fett, in Amerika raffiniert 23 #, do. in Deutschland raffiniert 29 46 Tendenz: Butter: ruhig. Schmalz: feft.
— Vom obersHlesischen Eisen- und Zinkmarkt be- rihtet die „Sl. Ztg.*: In dea günstigen Verhäitnifsen auf dem oberichlesischen Eisenmarkte hat sih auch während der verflossenen Woche nichts verändert. Das Noheisengeshäft ging in angercgter Weise vor sich und sämmtlihe Hochöfen fanden für ihre Produkte \chlanken Absatz; zeitweise konnte die Nachfrage fogar nicht befriedigt werden, weil sich au der Versand von Gießereiroheisen in der leyten Zeit erbeblih gehoben hat. Unter solhen Umständen ift eine
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