1897 / 22 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

E O E aer C7 A O T T

erkengung und Vertrauen verdienen, sondern auch das Vertrauen -der- Arbeiter gefunden haben. Sollte sih das in neuester Zeit geändert

Grlaß des Herrn Reichskanzlers vom 4. März 1893:

reden ‘lassen. Jch will aber doch hier zur Rettung der Ehre der Schiedsgerichte niht unerwähnt lafsen, daß in den Geschäftsberichten des Reichs-Versicherungsamts, soweit sie diesen Punkt berühren, immer nur davon die Rede ift, daß die Schiedsgerichte wegen ihrer tüchtigen Leiftungen, wegen ihres Eifers und wegen déx sachlichen Behandlung der zu ihrer Entscheidung stehenden Prozeßsahen nicht allein An-

baben, fo würde man zu unterfuchen haben, worauf das zurückzuführen ist; aber das Reichs-Versicherungsamt hat, wie gesagt, den Schieds- geridhien ein durhaus gutes Zeugniß ausgestellt.

Nun, meine Herren, komme ih zu unserer Vorlage und ins- besondere zu den Bemerkungen, die am leßten Sonnabend hier über die Vorlage gemacht worden sind.

Der Herr Abg. Roeßicke und die Richtigstellung dieses Punktes liegt mir besonders am Herzen -— meint, daß doch zwischen dem Reichsamt des Innern und dem Reichs-Versicherungsamt nicht alles in Ordnung sein müsse, daß da Kollisionen vorgelommen wären, daß eine Uneinigkeit herrshe, und daß schon aus diesem Grunde Vorlagen, die aus der Schmiede des Reichsamts des Jnnern hervorgegangen wären, niht das volle Vertrauen verdienten. Ich habe darauf Folgendes zu erwidern :

Mir ift von Kollisionen nichts bekannt, mir is nur bekannt und das halte ih für etwas ganz Natürliches, zumal gegenüber einer Entwicklungsperiode, wie fie das Reichs-Versicherungsamt durhzumachen gehabt hat, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Neichéamt des Innern und dem Reihs-Versicherungsamt rück- sihilich der Stellung aufgetaucht sind, welche beide Behörden zu ein- ander einzunehmen haben. Alles, was darüber hinausgeht, oder darüber hinaus in der Presse behauptet wird, gehört in das Gebiet der Legende. Meine Herren, ein Organismus wie der des Reichs- Versicherungsamts, neu in Bezug auf die Abgrenzung der Thätigkeit, gestellt vor eine schwierige organisatorische Aufgabe, befaßt mit der Rechtsprehung an der Hand von Gesetzen, die in dieser Beziehung etnen vollständig neuen Boden bebauen, fößt natürlih bei seinen Einrichtungen, seiner Ausgestaltung und seiner Thöôtigkeit innerhalb der erften Jahre auf Zweifel und auf Schwierigkeiten. Jch habe von jeher den Standpunkt eingenommen, daß man einer solhen Behörde, zumal wenn sie unter die Leitung eincs verirauenswürdigen, tüchtigen Be- amten gestellt ist, durhaus freien Spielraum lassen müsse, daß man nur dann einzugreifen habe, wenn ein Uebergreisen in die Sphäre oder in die Interessen anderer Zweige des Staatsorganismus zu Tage triti. Ih habe noch niemals ex officio in die Thätigkeit des Reichs-Versicherungsamts eingegriffen, auch niht in den Sahen, die unzioeifelhaft unter die Aufsicht des Reichsamts des Innern fallen. Ich habe mich nur darauf beschränkt, die Beshwerden zu instruieren, die über die Thätigkeit des Reichs-Versiherungsamts an mih ge- langten. Nun, meine Herren, so erklärlih in der ersten Zeit der Ausgestaltung des Reichs - Versicherungsamts die Zweifel über die gegenseitige Stellung der beiden Behörden zu einander waren, so haben se doch aufgehört, exklärlih zu sein, und sind auch, soviel ih weiß, durchaus vershwunden, seitdem in dieser Beziehung eine Entscheidung des Herrn Reichskanzlers, dem die Sache vorgetragen wurde, ergangen ift, Jch nehme keinen Anstand, diese Entscheidung in ihrer Begrün- dung dem Reichstage mitzutheilen, damit daraus ersehen werde, daß die Ordnung -des gegenseitigen Verhältnisses durchaus im Einklang mit dem Geseye und im Einklang mit der Auffassung steht, welche auch hier im Reichétage die maßgebende gewesen ist. Es heißt in einem

„In allgemeiner Beziehung beschränke ih mich für jeßt auf den Hinweis, daß dem Staatssekretär des Innern, defsen Aufsicht das Reichs. Versicherungsamt unterliegt, niht nur eine Ueberwachung des Geschäftsganges. sondern auf dem Gebiete der eigentlihen Ver- waltung auch eine sa{hlihe Einwirkung auf die Geschäftsführung des Reichs-Veisicherungsamts zusteht. Die entgegengeseßte Auf- fassung würde mit der dem Reichskanzler verfassungsmäßig ob- liegenden Veraniwortlihkeit für die Thätigkeit der Reichsverwaltung und ihrer Organe niht vereinbar sein. Hätte das Reichs: Ver-

fiherungsamt auf dem Gebtet der ihm übertragenen Verwaltungs- *

befvgnisse einer jeden sachlichen Einwirkung entrückt sein follen, so hâtte cine folhe Sonderstelung im Gese ausdrücklich ausgesprochen werden müssen. Dies ist nit ges{hehen und kann insbesondere auh aus dem. als au8nahmeeinshränkend auszulegenden Sate des § 88 des Unfallversiherungsgesetzes :

„Alle Entscheidungen des Reichs - Versiherungsamts sind end-

gültig, soweit in diesem Geseße niht ein anderes gesagt wird“ nit gefolgert werden. Dics um so weniger, als in den parla- mentarishen Verhandlungen über das Unfallversihherungêgeseß von den Vertretern der verbündeten Regierungen, ohne Widerspruch zu erfahren, der Grundsaß ausgesprohen worden ist, daß das Auf- iihtsreht des Staatssekretärs des Junern nah der Seite der administrativen Aufgabe des Reichs - Versicherungsamts einen positiven Inhalt habe.“

Der verlesene Grlaß berocist, daß die Frage nah der Stellung der beiden Behörden zu einander Gegenstand einer Prüfung des Herrn RNeichbkanzlers gewesen is. Zu dieser Prüfung sind auch die Mit- glieder des Neichs-BVersicherungsamts, welche gleihzeitig dem Bundes- rath- angehôren, zugezogen, und diese Entscheidung muß nunmehr bis zu etwaiger anderweitiger geseßliher Regelung maßgebend bleiben.

Meine Herren, ih habe niht das Bedürfniß nah Machterweite- rung, im Gegentheil, ih fühle, daß mein Arbeitspensum ein so reich- lihes und ausgiebiges ist, daß auch ich wohl nach einer Entlastung streben könnte. Uvd von diesem Gesichtspunkte aus könnte ih nichts dagegen haben, wenn man dem Reichs-Versiherungsamt eine noh selbständigere Stellung geben wollte. Allein , meine Herren, f\taats- rechtlihe Bedenken und die Auffassungen der Regierungen, soweit sie mir békannt geworden sind, lassen diesen Plan der Erfüllung in naher: Zeit nicht entgegenreifen.

Man hat an diese Erörterungen sodann die weitere Bemerkung geknüpft: es sei bedauerlih, daß das MNetichs- Versicherungöamt bei dieser Novelle niht gehört rwoorden sei. Auch dies ist nicht richtig. Ich habe hier einen Aktenauszug vor mir, und die betreffenden Akten tehen den Herren, vie sih dafür interessiren, zur Einsicht zur Verfügung. Daraus ergiebt si, daß die ersten Schritte einer Kor- rektur unserer Unfallversichèrungs-Geseßzgebung und die ersten Ver- handlungen zwischen dem Reichsamt des Jnnern und dem Reichs-

well - mit zvelchen Modifikätionen. Jm November 1885 berichtet das Reihs-Vérsiche- rungsamt, es empfehle sih, die künftige Einbeziehung aller gewerb- lichen Betriebe als Ziel im Auge zu behalten; dagegen sei mit dieser Erweiterung nit \chon jeßt vorzugehen. Jm März

darüber aufgefordert, ob eine- Auédehnung der Unfallversicherung auf alle Betxiebe--des sep Bedüxfniß sei,

amt, und im Mai 1887 legt das Versicherungsamt eine Denkschrift lber die weitere Ausbehnung dex Unfallversiherung vor. Es äußert sich dabei dahin: für die Ausdehnung auf das Handwerk und alle sonftigen Kleinbetriebe, Hausindustrie, Kunst- gewerbe, Gastwirthschaft u. \. w. bestehe. ein dringendes Bedürfniß) für Handwerk und Kleingewerbe wird die Organisation in örtliche Verbände empfohlen, wie sie denn auch in dem vom Reichsamt des Innern ausgearbeiteten, im Jahre 1894 veröffentlihten Erweiterungs- geseßentrourf vorgesehen wurde. Im Juni 1890, aus Anlaß der Anträge der sozialdemokratishen Partei vom 7. Mai 1890, ist ein neuer Bericht erfordert, nah welhen Richtungen \fih das Bedürfniß geltend gemaht habe, die Unfallversiherungsgeseße abzuändern. Dieser Bericht ist im Oktober 1890 eingegangen. Das Reichs-Versicherung®s- amt berihtet darin nah Anhörung der Berufsgenossenschaften, daß in erfter Linie die Ausdehnung der Unfallversiherung auf Handwerk und Handelsgewerbe erforderlih sei; nur eventuell wird eine Reihe von Abâänderungsvorslägen befürwortet. Ferner sind in einer großen Anzahl von Fällen einzelne, an das Reichsamt des Innern gelangte Eingaben über Erweiterung und Abänderung der Unfallversicherungßs- geseße an tas Reichs-Versiherungsamt zum Bericht übersandt, und um- gekehrt sind vomReichs-Versicherunçctamt in großer Zahl Eingaben unter Bezugnabme auf die bezeichneten generellen und ausführlihen Berichte an das Reichsamt des Innern überreiht worden, sodaß das Reichsamt des Innern über die Anshauungen des Reichs - Versiherungsamts bezüglih der Reformkbedürstigkeit der Unfallversiherungsgeseße und bezüglih der Frage, nach welcher Richtung die Reform einzutreten habe, keinen Augenblick im Zweifel gewesen ist. Unter Berücksichtigung dieser Anschauungen is dann im Reich28amt des Innern zuerst im September 1887 der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Weiter- führung der Unfallversiherung, ausgearbeitet worden. Diesem Eniwurf wurde damals keine weitere Folge gegeben. Im Mai 1891 sind sodann im Reichéamt des Innern Grundzüge über die Aus- dehnung der Unfallversicherung, wobei gleichzeitig Abänderungen der bestehenden Gesetze vorgesehen waren, aufgestellt und dem Reichs- Versicherungsamt mitgetheilt worden, Am 29. Juni 1892 hat über diese Grundzüge unter Betheiligung des Präsidenten des Reichs- Veisicherungsamts und des ständigen Mitgliedes, Geheimen Raths Dr. Zaher eine Konferenz im Reichsamt des Innern ftattgefunden. Auf den bei dieser Besprehung gewonnenen Resultaten beruhen die Gesegentwürfe, betreffend die Erweiterung und die Abänderung der Unfallversiherung, die im Jahre 1894 dem Bundesrath vorgelegt worden sind, und auf denen die jeßige Vorlage beruht.

Also, meine Herren, eine Betheiligung des Reichs-Versicherungs- amts beziehungsweise seiner Vertreter hat stattgefunden, und wir haben auh anderweit reihlihe Information über die Anschauungen, die dort maßgebend find, gehabt. Denn einmal standen dem Reichs- amt des Innern verschiedene Arbeitskräfte, die vorher im Reichs- Versicherungsamt als Mitglieder thätig gewesen waren, zur Verfügung, und außerdem besißen wir in meinen verehrten Herren Kollegen vom Bundesrath, die heute auch zugegen sind, bereitwillige Mitarbeiter, die über die Rechtsanshauungen und die Erfahrungen des Reichs- Versicherungsamts, dem sie als nichtständige Mitglieder angehören, durchaus orientiert sind.

Man hat nun davon gesprochen, daß der gegenwärtige Geseßz- entwurf darauf ausginge, die Stellung des Reichs-Versiherungsamts berabzudrücken. Sie werden schon aus den Bemerkungen, die ih vorhin gemaht habe und die nun hoffentlih jeden Zweifel beseitigt haben, ersehen, daß es mir nicht einfallen kann, eine Behörde, deren Thâtigkeit ih in hohem Maße s{chäte, herabdrücken zu wollen. Aber ih werde auch die Ehre haben, an der Hand der Bestimmungen, welhe von Herrn Abg. Roesike, insbesondere und auch von dem Herrn Abg. Grillenberger, zum Beweise dafür herangezogen sind, daß, wenn nit absihtlih, doch wenigstens thatsählih eine Herabdrückung des Neichs- Versiherungsamts eintrete, den Beweis zu liefern, daß diese Behauptung der Begründung entbehrt.

Meine Herren, das Reichs-Versicherungsamt ift eine überats belastete Behörde; die Thätigkeit, insbesondere auch die Spruchthätigkeit, hat eine Ausdehnung genommen, von der wir, die wir seiner Zeit die Geseße gemacht haben, doch keine rechte Vorstellung gehabt haben. Das NReichs-Versicherungëamt selbst erkennt das Bedürfniß, entlaftet zu werden, vollständig an. Noch neuerdings ift ein Bericht einge- gangen, der ein solches Bedürfniß ausdrücklih anerkennt. Uad wenn wir nun bei der Prüfung, wo entlaftet werden kann, bei denjenigen Zweigen der Thätigkeit eingeseßt haben, die vorzugsweise diese Be- lastung herbeiführen, so wird man das doch niht mißbilligen können.

Der erste Paragraph, - aus dem eine Herabdrückung des Reichs- Versicherungsamts gefolgert wird, ift der § 46. Da liegt die Sache fo, daß, wenn die Schiedsgerichte ihre Thätigkeit über die Gebiete verschiedener Bundeëftaaten erftrecken, bisher das NReichs- Versicherungsamt im Einvernehmen mit den betreffenden Landes- Zentralbehörden den Sih dieser Schiedsgerichte festzustellen hat, wäh- rend der Entwurf an Stelle des Reichs-Versicherungsamts hier den Reichskanzler seßt. Damit nun auch hier nicht etwa eine Bosheit des Reichsamts des Innern vermuthet wird, kann ih den Herren sagen, daß ih an dieser Sache vollständig unschuldig bin; daß diesen Antrag auch nit Preußen, fondern ein anderer Bundesftaat im Bundesrath gestellt hat, und daß der Bundesrath diesem Antrage um deéwillen Folge gegeben hat, weil nah den bestehenden Grundsäßen den all- gemeinen Verkehr unter den Bundesstaaten, namentlich wenn es sich um die Feststellung eines Einvernehmens handelt, der Reichs- kanzler zu beforgen hat. Jch bin fest überzeugt, daß, wenn der Reichstag wünscht, in dieser Beziehung den alten Zustand zu konfer- vieren, au der Bundesrath aus dieser Frage keinen casus belli herleiten wird. Uebrigens hat ja der Bundesrath selber sich einer ähnlihhen capitis deminutio, wenn eine solhe darin gefunden werden könnte, unterzogen; denn ihm ift die bisherige Zuständigkeit, in \solhen Fällen die Zahl der Schiedsgerichte zu bestimmen, genommen.

Nun wird als zweiter Paragraph, welcher unzweifelhaft die Absicht ergeben soll, das Reichs - Versicherungsawt herunter- zudrücken, der § 63 angezogen, welher eine Einshränkung des Re-

Versicherungsamt bereits im Jahre 1885 begonnen haben. Im Juli 1885 wurde das Reichs-Versicherungsamt zur Berichterstattung

furses vorsieht insofern, als er die Rekursfähigkeit derjenigen Fälle

1887 fommt eine - erneute Anfrage. gn _ das__Versicherungs--7

verdienstes handelt. Meine Herren, wenn Sie den Geschäftsbericht des Reichs-V. rsichexungsamts vom vergangenen Jahre, der Ihnen unter Nr. 158 der vorjährigen Drucksachen vorgelegt if; und zwar die vergleichende Uebersicht über die Thätigkeit des Reichs-Versiche-

dort finden, daß eine erftaunlihe Vermehrung der Rekursfälle zu ver- zeichnen if. Während im Jahre 1887 nur 1200 Rekurse vorlagen, weist das Jahr 1888 {hon 2300, 1889: 2600, 1890: 3200, 1891: 4500, 1892: 5400, 1893: 6900, 1894; 8700. und 1895: 11 100 Rekurse auf. Meine Herren, das ist eine ganz kolossale Stet gerung, und die Frage ift doch wohl berechtigt: wo soll das hinaus, wenn wir niht auf Mittel sinnen, welhe die Rekurse beschränken ?

Ein solhes Mittel glaubt der Bundesrath jentdeckt zu haben -—— und ih meine, er hat Reht —, wenn er, in Anlehnung an Vor- schriften, die auf dem Gebiete der Bersicherungsgesezgebung bereits Rechtens sind, die Rekursfähigkeit gewisser Fälle beshränkt. Wir haben in dem Verfahren auf (Hrund des Jnvaliditäte- und Alters- versiherung8geseßes bekanntli den Rekurs überhaupt nicht, sondern nur die Revision, und diese kann nur eingelegt werden, wenn es sich entweder um die unrichtige Anwendung eines Rechts\satzes handelt, oder wenn gegen den klaren Inhalt der Akten erkannt ift oder wenn wesentlihe Mängel des Verfahrens vorliegen.

Meine Herren, die Revision wurde bei der Invaliditäts- und Altersversicherung anfänglich sehr bedenklih gefunden. Jch weiß, wir haben hier im Reichstage eine lebhafte Diskussion gehabt, ob es fh empfehle, ein Rechtsmittel einzuführen, was nicht für alle diejenigen Fâlle wirksam sei, in denen der Arbeiter den Wunsch hat , daß die Sache an die höchste Instanz zum Spruch gebraht werde. Die Revision hat sich aber gut eingelebt, und kat, wie ih bôre, auch im Reichs-Eisenbahnamt infolge der Erfahrungen , die man bei ihrer Anwendung gemaht hat, durhaus Freunde gefunden. Namentlich hat man auh die fcüher daran geknüpften Befürhtungen um deswillen fallen lafsen, weil sich gezeigt hat, daß die beftehenden Vorschriften völlig aus: reihen, um die Entscheidungen der Schiedsgerichte, soweit erforder- lih, zu berihtigen. Wenn hiernach die Einführung der Revifion statt des Nekurses auch bei ¡der Unfallversiherung an si wohl ftatt- haft erschienen wäre , so geht doh der vorliegende Entwurf nicht so weit; im Hinblick auf die Verschiedenheit der Rechtsgebiete enthält vielmehr die Vorlaze für die Unfallversiherung eine wentger weit- greifende Beschränkung des letztinstanzlihen Rechtsmittels, indem nur einzelne thatsächlihe Fragen von der Nachprüfung durch das Reichs- VersiWerungsamt ausgeschlossen werden sollen. Wir befinden uns aber dabei, nah meiner Meinung, nicht nur auf. einem tin der Arbeiterversicherungs - Geseßgebung schon betretenen Wege, sondern es werden auch sachlihe Bedenken gegen diese Einschränkung um fo weniger aufkommen können, als nah den für die Unfallversiherung geltenden Bestimmungen schon jeßt eine Beschränkung der Rekurxs- fähigkeit in ähnliher Richtung, nämlich in Bezug auf Renten für vorübergehende Erwe-:bsunfähigkeit, auf Kosten des Heilverfahrens und auf Beerdigungskosten zu Recht besteht. Dazu kommt, daß die Schieds8- gerihte nah ihrer Zusammenseßung für die in Frage kommenden thatsählihen Entscheidungen geeigneter sind als das NReichs-Versiche- rung8amt. Denn im Schiedsgericht sißen 2 Arbeitgeber, 2 Arbeit- nehmer und 1 Vorsitzender; also 4 Laien, die die Feststellung der Thatsache, inwieweit eine Verminderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt, besser vornehmen köanen als ein Kollegium, welches so zusammen- gesetzt ist wie die Hekursabtheilung des Reichs-Versiherungsamts, in dem das Beamtenelement überwiegt. Wenn wir diese. Einschränkung vornehmen, dann entziehen wir der Thätigkeit des Reichs-Versiche- rungéamts etwa 50 9/6 der Rekursfälle, führen damit also-eine wesentliche Eatlastung herbei, und diese Entlastung ist es, auf die es ja wesentlich ankommt. j

Man wendet ein : ja, aber die Einheitlichkeit der Nechtsprehung! Ja, die Einheitlihkeit der Nehtsprehung kann doch eigentlih nur dann in Frage fom:nen, wenn es sfich um die Auslegung der Gesetze, um Rechtsfragen, handelt; \{chwerlih aber dann, wenn es sich ledigli um die Feststellung und Würdigung von Thatsachen handelt.

Man hat weiter den § 87 als eine Beschränkung des Reichs- Versicherungéamts beziehungsweise als einen Beweis für die Herab- drückung seiner Stellung angeführt. Dieser § 87 sieht vor, daß an Stelle der vier Mitzlieder, die bisher der Bundesrath zu Mitgliedern des Reichs-Versicherungsamts zu wählen hatte, künjitig ses gewählt werden follen, und daß von diesen sechs nur vier dem Bundes- rath anzugehören brauhen. Meine Herren, diefe Vorschrift hat der Bundesrath noch in leßter Stunde auf Grund eines Antrags des prevßishen Herrn Handels - Ministers in den Entwurf aufgenommen, und wenn ich Jhnen die Motiviecung dieses Wunsches mittheilen werde, so zweifle ih niht daran, daß Sie diesen Wunsch für durchaus gerechtfertigt halten werden.

Der preußische Handels-Minister hat unter dem 18. Oktober v. I. dem Reichskanzler ten Wunsch nahegelegt, es möge die Zabl der vom Bundesrath zu wählenden Mitglieder des Reichs-Versicherungsamts erböbt werden. Er nimmt in seiner Begründung Bezug darauf, daf die vier näht Preaßen größten Bundesftaaten ein ihnen angehörendes Mitglied im Reids-Versicherungëamt haben, daß sie dadurch die Fühblung zwishen dem Reichs - Versicherungsamt und deu Landet- regierungen herstellen können, und daß diesen Vortheil die preußische Regierung entbehre. Der Herr Minister sagt:

Die genannten vier Bundesstaaten sind, da sie von der Be- fugniß zur Errichtung von Landes-Versicherungsämtern Gebrau gemaht haben, an der Rehtsprehung und Verwaltung des Reichs- Versicherungëamts weitaus weniger interessiert als Preußen, das ein Landes-Versicherungsamt niht besißt. Während jene Bundes- ftaaten dur ihre Landes-Versiherung2ämter, welcher ihrer Aufsicht unterstehen, jeßt in der Lage sind, über den Gang der Recht- sprehung und die Zweckmäßigkeit der geseßlihen Bestimmungen fi eingehend zu unterrihten, fehlt es Preußen an jeder Gelegenheit, die nöthigen Informationen zu erhalten und damit den Ueberbli® über die praktishe Gestaltung der Gesege und die Angemessenheit der Rechtsprehuns zu gewinnen. Der Mangel an jeglicher Fühlung mit dem Reich2- Veársiherungsamt tritt gerade in Preußen um \o störender hervor- als das Reiché-Bersicherungsamt vielfah in die Verwaltungssphärez der Landesbehörden eingreifen ober boch auf ihce Unterstüguns

rechpen muß.

beseitigt, in- denen - es sih-lediglih um die Frage der Verminderung - der Erwerbsfähigkeit und um. die Berehnung es Jahres. Arbeits

rungsamts auf Seite 15, eines Blickes würdigen wollen, so twerden Sie

Also, meine Herren, Sie schen: ein rein fahlider Grund hat zu diésen Vorschlägen geführt. Wenn man ih die Zahlen der Mit- glieder vergégenwärtigt, zu denen ih das Reihs-Bersihherungsamt außgewachsen: hat, wenn man. berüksihtigt, daß von anfänglich drei ständigen Mitgliedern es deren 38 geworden sind, und daß die nit ständigen Mitglieder, soweit sie den Arbeitgeber- und Arbeiterkretsen

- - -angebören, -von #+- auf 12 ‘gediehen sind, uñgerechnet die zahlreichen

Stellvertreter der leyteren, so werden Sie es an ih ganz begreiflich finden, daß der Bundesrath, gestüßt auf die Anregung der Regierung des größte Bundeéstaats, auch den Wunsch hat, die Zahl seiner Mitglieder vermehrt zu sehen. (Zuruf.) Der Herr Abg. Roesike wendet mir ein: „seiner Mitglieder“. Ich könnte ja diese Frage der Kommissionsberathung vorbehalten; ich will ihm aber gleich fagen: dem Herrn Königlich preußishen Handels-Minister kommt es wesentlich darauf an, daß jemand gewählt werde, der zu ihm in besonderen Beziehungen steht, über den er verfügen kann, von dem er jeden Tag die Information, die er bezügli des Reih3-Ver- fiherungsamts gebraucht, erhalten kann. Der betreffende Beamte fönnte ja auch zum Bundesrathsbevolmägßtigten ernannt werden ; dann wäre jeder Einwand abgeschnitten.

Nun komme ih auf einen andern, nicht minder stark betonten Paragraphen, den § 90, dur welchen die Besetzung der Spruch- kammer mit 5 statt mit 7 Mitgliedern eingeführt werden soll. Auch das ift cine einfache Fortbildung des bereits gewonnenen Nechtsbodens. Jn der Invaliditäts- und Altersversicherung haben wir die Vorschrift, daß die Spruhkammern des Reichs-Versicherungsamts aus fünf Mit- gliedern bestehen, und es ist ein sahliher Grund kaum zu finden, der, wenn es si einmal um die Entlastung des Reichs-Versicherungsamts handelt, dafür spräche, bei der Unfallversiherung den stärkeren Kräfteverbrauch auch ferner aufreckt zu erhalten. Daß ein Spruchkollegium, das aus 7 Mitgliedern besteht, um deswillen einen hervorragenderen Nuf genießen follte als ein Spru(hkollegium von 5 Mitgliedern, das wird doch niemand behaupten wollen. Das Spruchkollegium von 5 Mit- gliedern kann unter Umständen durch die Sahlichkeit seiner Leistungen einen viel besseren Ruf verdienen, als cin stärkeres Kollegium. Die Befeßung der Spruchkammern hat sich für die Inyvaliditäts- und Altersversicherung mit 5 Mitgliedern in der Praxis bewährt. Es ist daher in der That nicht abzusehen, weshalb man den gelungenen Ver- such, den man biéher gemalt hat, bezügli der Unfallversicherung nicht fortsegen follte. Außerdem hat der Entwurf das Korrektiv getroffen, daß dann, wenn von einem Rechtssaß, den eine Spruhkammer \{chon früher festgestellt hat, abgewichen werden soll, eine erweiterte Spruhkammer in Wirksamkeit tritt, die in der Beseßung von 7 Mitgliedern unter dem Vorsiy des Präsidenten zu entscheiden hat. Ih glaube, daß damit eine ausreihende Rechtsgarantie gegeben ist.

Dann hat man den § 106 angezogen. Man hat gemeint : dadurch, daß man dem Reichs-Versiherungsamt die Befugniß, über Straf- beshwerden zu entscheiden, wesentli eins{chränke voliständig woird sie ja nicht beseitigt —, trage man dazu bei, diese Behörde in ibrer Geltung herabzudrücken. Auch diesen Einwand kann ih nicht gelten laffen. Bei. den Strafbeshwerden, die niht mehr an das Reichs- Verficherungsamt gehen, fsondern von eixer dur die Landes- regierung bestellten Behörde en!shieden werden sollen, handelt es ih in der Hauptsahe um ganz geringfügige Dinge, die wegen des geringen Werthes, den sie haben, garniht vor einen fo ho- gestellten Gerichtshof, wie es das Reiche-Versicherungsamt ift, gehören. Ich behaupte geradezu, daß man, wenn man alle diese kleinen Dinge dem höchsten Richter entzieht, dadurch dazu beiträgt, seine Stellung ¡u heben.

Ich beschränke mich auf diese Ausführung zu der Frage, ob dur unsere Vorschläge eine Herabseßung des Reichs-Versicherungsamts herbeigeführt wird. Jh bestreite das und bestreite vor allen Dingen, daß an irgend einer Stelle die Absiht vorgelegen hat, auf diesen Gebieten einen Zustand zu schafffen, den ih selb für durchaus unbe- rechtigt balten würde.

Man hat dann noch die Vorschrift bemängelt, welche im § 91 über die Kosten des Verfahrens getroffen i Es liegt den verbündeten Regierungen durhaus fern, die Kostenfreiheit der Verhandlungen vor den Gerichten der Unfallversiherungsgeseßgebung aufzuheben; im Gegentheil, die Kostenfreiheit soll aufreht erhalten werden. Inzwischen hat fich abec das Bedürfriß herausgestellt, wenigstens gegenüber solhen Anträgen einen Riegel vorzuschieben, die als fripole und bewußt unsachliche erkannt worden ; man hat daher die Befugniß, nicht etwa die Nöthiguug, vorgesehen, in solchen Fällen Kosten aufzuerlegen.

Auch in dieser Beziehung enthält der Entwurf nichts Neues. Derselbe Say gilt bereits für die Invaliditäts- und Altersversiherung, dort allerdings nur für das schiedsgerihtlihe Verfahren, weil dort bei dem Verfahren vor dem Reichs-Versicherungsamt wegen der allein ¡ugelafsfenen Revision Anträge auf Beweisechebung nicht vorkommen. Hier hat man denselben Saß übernommen, nit in der Absicht wie der Hexr Vorredner Grillenberger sagt —, um jeden Renten- bewerber, dessen Anspruch sich als unbegründet herausstellt, damit zu strafen, daß man ihm Kosten auferlegt, sondern nur für den Fall, daß man fich Anträgen gegenüber befindet, von denen der Antragsteller wissen mußte, daß sie niht zum Ziele führen konnten.

Nachdem ih nun also uns gegen die erhobenen Vorwürfe aus- reihend verwahrt zu haben glaube, verweise ih alles, was sonst noch hier von verschiedenen Herren ausgesprochen ist die Zweifel an der Auslegung, die Klarstellung einzelner Vorschriften —, auf die Kom- missionsberathung, und ich glaube damit auch dem Interesse des Hauses zu dienen. Jch kann nur wünschen, daß dieser Gesetzentwurf, welcher vorgelegt worden is in dem Bestreben, die Mängel und Lücken abzustellen, die auf . dem Gebiete der Unfall- verfiherung hervorgetreten \ind und deren Existenz ja niemandem auffallen kann, der die Entstehung unserer Unfallversiche- rung ab ovo verfolgt hat, ich sage, ich kann nur wünschen, daß dieser Gesehentwurf zu dem erstrebten Ziele führen möge. Wenn ih aber zu meiner Freude aus den Vorträgen, die bidher zu dem Entwurf gehalten sind, die Ueberzeugung entnehmen darf, daß alle Parteten an dieser Korrektur mitarbeiten wollen, so zweifle ich niht, daß wir it einem guten Ende lommen werden, und vor allen Dingen dann, wenn wir uns immer gegenwärtig halten, daß die Unfallversicherung

nationales Werl von eminenter Bedeutung i}, dienend zum Frieden der arbeitenden Klassen. (Bravo!)

Abg. Dr. Hiye (Zentr.): Dle Wohlthaten der Unfall versicherung

erden vom ganzen Volke anerkannt, und dle Sozialdemokraten felb erkennen sie an, denn sle haben lhre ablehnende Abstimmung zu erx-

flären versucht. Wäre es auf die Abstimmung der Sozialdemokraten angekommen, so wären die Entshädigungen nicht gezahlt ‘worden. Wenn die Sozialdemokraten die Mehrheit erlangt hätten, so wäre ja vielleiht mehr geschehen ; sie haben aber immer ibren Eigensinn be- wahrt, und fogar beim Bürgerlichen Selcueus sind die Herren \{chließlih zu den Gegnern übergegangen. enn die Geseße wieder aufgehoben werden follen, dann ftimmen die Sozialdemokrater da- gegen, z. B. Herr. Grillenberger ge en die-- beantragte Aufhebung des Invalidenversicherungsgesetzes. iso muß die Gesetzgebung do gut sein. Die Sozialdemokraten verlangen die Aus ehnung der Unfallversiherung auf das Handwerk, die ausinduftrie 2c., also muß die Vorlage doch etwas Gutes enthalten. Vom Stand- punkt der Arbeiter thut wan n wohl, wenn tnan eine Aner- kennung dafür ausspricht, sonft kommt die Stimmung in den Vordergrund, daß die Arbeiter doch nicht zufrieden zu stellen find, also Stillstand der Sozialgeseßgebung. Für die Unfall- verhütung is Manchés geschehen; wenn es au nicht viel ift, so muß man doch dafür dankbar sein. Daß eigentlich die Arbeitgeber versichert sind, ist auch ein Fortschritt, denn dadur sind die verbitternden Haftpflichtprozesse verschwunden. Die Ausdehnung der Unfallversicherung auf Handwerk und Handel würde ih gern seben; aber ih muß den verbündeten Regierungen beitreten: die Kosten der Organisation würden außer Verhältniß stehen zu den sachlichen Leiftungen. Das zeigen schon die Schornsteinfeger- Berufsgenossenschaft und einige andere Ge- nossenshaften, die vorzugsweise kleine Betriebe umfassen. Die Sache ist auch niht mehr so N seitdem wir die Jnvalidenversicherung haben. Deshalb bin ih für die zweckmäßige Abcundung der Unfall- versicherung, welche die Regierungsvorlage bringt. Die Stellung der Arbeiter in den Berufsgenofsenschaften is noch nicht genügend ge- wahrt, sie könnte verbessert werden. Die Beiträge der Arbeitgeber find Theile des Arbeitslohnes, sie stellen die Risikoprämie dar. Die Arbeitgeber und die Arbeiter sind gleihberetigt bei der Unfallunters uchung, bei den Unfallverhütungsvorschriften, bei den Krankenkafsen und bei den Schiedsgerichten, sowie beim RNeichs-Versicherungsamt. Bei der ersten Petelung sollten die Arbeiter mitwirken, und die Berufsgenossen- chaften sollten nit selbständig Festseßung treffen können, wodur die Arbeiter an die Schiedsgerichte zu gehen gezwungen sind. Darin erbliden die Berufsgenossershaften wiederum ein ißtrauen. Die Mitwirkung der Arbeiter bei der ärztlichen Behandlung und bei den Heilanftalten sollte ebenfalls eingeführt werden. Die Arbeiter lassen nit gern von deu Persönlichkeiten der Berufsgenossenschaften über sich As wenn auch z. B. bei dem Mißtrauen gegen die Krankenanstalten inanes Vorurtheil mitwirkt. Daß die Wieder- herstellung der Arbeitskraft besser ist als eine Rente, haben die Sozial- demokraten oft genug selbst betont. Mitsprechen sollten die Arbeiter auch bei der Herabseßung der Renten, wobei die Berufsgenofsen- schaften oft willfürlih verfahren. Die festgeseßte Rente sollte unverändert bleiben, bis die Berufsgenossenschaft ihrerseits die Klage beim Schiedsgericht dur{bringt. Die Gewährung einer Rente von zwei Dritteln des Lohnes an Stelle dessen, was durch den Haftpflihtprozeß erzielt werden konnte, ift ein roßer Fortschritt : aber ih möchte doh anheimgeben, ob man nit die Rente auf drei Viertel erhöhen und überhaupt das Unfallversicherungsgese etwas auébauen könnte. Allerdings beziehen Arbeiter manchmal ua Beroilligung einer Rente ihren alten Lohn weiter; aber das sind Aus- nahmen, günstige Fälle; vielfah aber müssen die Leute erst überhaupt eine neue Arbeit suhen und finden sie niht immer zu dem ent- sprehenden Lohne. 90 9/6 der Zahl der Unfälle fallen den Kranken- kassen zur Last; aber die shweren Unfälle mit dauernder Erwerbs- unsäbigkeit fallen den Berufsgenossenschaften zur Last, und dem Geldbetrage nah werden diese 85 9/9 ausmachen, während die Kranken- kassen 15 % tragen. Von der d. bis zur 13. Woche trägt der Arbeitgeber gewisse Lasten; die Vorlage will diese Kosten der Berufsgenossenshaft auferlegen. Das ist niht gut durchführbar bei der Schwerfälligkeit der berufsgenossenschaftlihen Organisation, die sh z. B. über ganz Deutschland erstreckt. Mit older kleinen Fâllen sollte man die Berufsgenossenschaft niht belasten. Jh erkläre mich gegen iede Einschränkung des Rekursrehts. Es handelt ih hier um eine wohlthätig wirkende Gesetzgebung: da sollte man ni{t kleinlih verfahren, sondern dem Arbeiter jeden Schuß gewähren. Daß die Seeberufsgenossenshaft aus der Invalidenversiherung ausscheiden kann, begrüße ih mit Freuden, Es sollte Vorsorge dafür getroffen werden, daß die Berufsgenossenschaften, die es beantragen, ebenfalls aus der Invalidenversicherung ausscheiden können, namentlih wenn sie auch Wittwen- und Waisengelder gewähren wollen. Die Berufs- E sollten das Recht erhalten, die Arbeitszeit zu regeln, die Arbeitslosen-Versiherung zu übernehmen, das Lehrlingswesen zu ordnen u. st. w. Auf diesem Gebiete sind die Aufgaben der Berufs- genossenschaften noch niht abgeschlossen. Ein Vertagungsantrag wird hierauf angenommen. Persönlich bemerkt der

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Als der Staatssekretär von Boetticher von der Fürsorge der Arbeiter sprach, rief der Abg. Stadt- hagen dazwishen: „Soweit es Herr von Stumm erlaubt!" Jch muß bemerken, daß, soweit es auf meine Erlaubniß ankommt, diese Für- sorge einen sehr weiten Raum einnehmen kann. Denn eines der Haupterfordernifse, das ih {hon im Jahre 1869 und 1878 wieder verlangt habe, ist bis heute noch nit erfüllt: ich meine die Wittwen- und Waisenversorgung, und wenn Herr Stadthagen nun den Antrag ftellen will, daß die]es Postulat, das wichtiger ift und mehr Geld kostet als das, was Herr Grillenberger verlangt hat, er- füllt wird, so gebe ih ihm schon heute meine Erlaubniß hierzu.

Schluß 51/, Uhr. Nächste Sißung Dienstag 1 Uhr. (Fortseßung der ersten Berathung der Novelle zu den Unfall- versichherungsgeseßen, Wahlprüfungen und erste Berathung der Konvertierungsvorlage.)

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstag ist folgender Entwurf einer Grund- buchordnung zugegangen: Erster Abjschnitt. Allgemeine Vorschriften. 1

8 1. Die Grundbücher werden von den Grundbuchämtern geführt. Die Einrichtung der Bücher bestimmt sih noch den Anordnungen der A E soweit sie niht in diesem Geseyze geregelt isf.

8 2,

Die Grundbücher sind für Bezirke einzurichten.

Die Bezeichnung der Grundstücke erfolgt in den Büchern nah einem amtlihen Verzeichniß, în welhem die Grundstücke unter Nummern oder Buchstaben aufgeführt sind. Die Einrichtung des Verzeichnisses wird durch landesherrlihe Verordnung beftimmt.

& 3. Jedes Grundstück erbält im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des En Gesetzbuchs anzufehen.

Ucber mehrere Grundstücke desselben Eigenthümers, die im Bezirk desselben Grundbuchamts belegen sind, kann ein gemeinschaft- lies Grundbuchlatt geführt werden, solange hiervon Verwirrung

nicht zu besorgen ist. & H

Ein Grundstück foll nur dann cinem anderen Grundstück als Bestandtbeil zu, eschrieben oder mit ihm vereinigt werden, wenn bier von Verwirrung nicht zu beforgen ift.

8 6, Soll ein Grundftückstbeil mit elnem Rechte belastet werden. fo

i ex von dem Grundstü abzuschreiden und als selbständiges Grund

stück einzutragen. Js das Ret eine Dienstbarkeit oder eine Real-

laft, so kann die Abs reibun terbleib i Kit zu befopcen O g unterbleiben, wenn hiervon Verwirrung

8 7. Ist auf dem Blatte eines Grundftücks ein Erbb t ein- cbblatt A: auf Aue u Mie eme ein Zelouderes rund- _buchbl egen. e Anlegun - wenn das Recht veräu ert over belastet Werben e A, Die Anlegung wird auf dem Fus des Grundstücks vermerkt.

Rechte, die dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks stehen, sind auf Antrag auch auf dem Blatte dieses Grundstücks qu 1b git ien redtigt ist N 4 eg des Grundftüds,

, dessen Zustimmung na des Bürgerli Gefe E zu Auibebung Ut Rechts erforderli ift. O r Vermerk is von Amtéwe ti Necht geändert oder aufgehoben wird. A R N

8 9,

Urkunden, auf die eine Eintragung fi gründet oder Be nimmt, sind von dem Grundbuhamt aufzubewahren. Die aue gabe einer folchen Urkunde darf nur erfolgen, wenn ftatt der Ürkande eine S aLiUIe ALIQrNE aut A

Uber das einer Eintragungsbewilligung zu Grunde liegende Rechtsgeshäft eine Urkunde errihtet, so können die Betheiligtea die Urkunde oder eine beglaubigte Abschrift dem Grundbuchamt zur Aufs bewahrung übergeben.

8& 10.

Die Einsicht des Grundbuchs is Jedem gestattet, der ein te lihes Interesse darlegt. Das Gleiche gilt von Urkunden, auf eia Grundbu zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ift, sowie von den noh nit erledigten Eintragungsanträgen.

Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Abs, 1 bezeihneten Urkunden und der noh nit erledigten Eintragungsanträge geftattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Ver- langen zu beglaubigen.

8 11.

, Verleßt ein Grundbuchbeamter vorsäßlih oder fahrlässig die ihm obliegende Amtspflicht, so trifft den Betheiligten U die im § 839 des Bürgerlichen Geseßbuhs bestimmte Verantwortlichkeit an Stelle des Beamten den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienfte der Beamte steht. Das Recht des Staats oder der Körperschaft, von dem Beamten Ersaß zu verlangen, bleibt unberührt.

Zweiter Abschnitt.

Eintragungen in das Grundbuch. S Eine Eintragung soll, soweit niht das Geseß ein Ande s{reibt, nur auf Antrag erfolgen. Wi (6 Qn L AOe Antragsberechtigt is jeder, dessen Ret von der Eintragung he« troffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen fol

5 § 13. __ Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Bereh- tigten darf auch von demjenigen beantragt werden, welher auf Grund eines gegen den Berechtigten vollstreckbaren Titels eine Eintra ung in das Grundbuch verlangen kann, sofern die Zulässigkeit dieser Ein- tragung von der vorgängigen Berichtigung des Grundbuch3 abhängt. i : 8 14.

Iit die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar aufgenommen oder las so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberectigten die Eintragung zu beantragen.

8 15.

Einem Eintragungsantrage, dessen Erledigung an einen Vorbebalt geknüpft wird, soll nicht stattgegeben werden. A das

Werden mehrere Eintragungen beantragt, so kann von dem Antragsteller bestimmt werden, daß die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen soll.

S 16.

Werden mehrere Eintragungen beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, fo darf die spâter beantragte Eintragung nicht}vor der Erledigung des früher gestellten O erfolgen. au. E ad

Steht einer beantragten Eintragung ein Hinderniß entgegen, fo hat das Grundbuchamt entweder den Antrag sofort L, Angabe ad Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine Frift zur L des Hindernisses zu bestimmen. Im leßteren Falle ift der Antrag nah dem Ablaufe der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses 160 en ist.

8 . Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, desen Recht von ihr betroffen wird. N M E

§8 19.

Im Falle der Auflassung eines Grundftücks sowie im Falle der Bestellung oder Uebertragung eines Erbbaucehts darf die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderlihe Einigung des Berechtigten und des anderen Theils erklärt ift.

S 20

: 8 20.

Steht ein Neht, das durch die Eintragung betroffen wird, dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks zu, fo bedarf es der Be- willigung derjenigen, deren Zustimmung nah S 876 Sat 2 des Bürgerlichen Gesezbuchs zur Aufhebung des Rechts erforderlich ist, nur dann, wenn das Recht aus dem Blatt des Grundftücks ver- merkt ist.

8 21.

Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung desjenigen, dessen Necht von der Berichtigung betroffen wird, nit, wenn die Unrichtigkeit nahgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfüzungsbeschränkung.

Die Berichtigung des Grundbu{s durY Eintragung eines Eigen- thümers oder eines Grbbauberechtigten darf, sofern niht der Fall des § 13 vorliegt, nur mit Zustimmung des Eigenthümers oder des EGrbbauberechtigten erfolgen.

8 22.

Ein Recht, das auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt if, darf nah dessen Tode, falls Rückstände von Leistungen nicht aus- geshlofsen sind, nur mit Bewilligung des Recht8nachfolgers gelöst werden, wenn die Löshung vor dem Ablauf eines Iabres nad dem Tode des Berechtigten e:folgen soll oder wenn der Re&t2nadfolger der Löschung bei dem Grundbuhamt widersprochen dat: der Wider- spruh ist von Amtswegen in das Grundbuch einzutragen. If der Berechtigte für todt erklärt, so beginnt die einiädrige Frit mit der Erlassung des die Todeserklärung ausspreWenden Urtheils.

Der im Abs. 1 vorgesehenen Bewillizung des NoFtsnat#folgers bedarf es nicht, wenn im Grundbuch eingctragen ift, daf zur Lj des Rechtes der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen f

& 2.

Die Vorschriften des § 22 finden entspreSende Anwendung, wenn das Recht mit der Erreihung cines bestimmten Ledentalters des Be- rehtigten oder mit dem Eintritt cincs fonitigen destimmten Zeitpemkts oder Ercignisses erlischt.

Y A

Ist eine Vormerkung oder ein Widerspru auf Grund einer cinff- weiligen Verfüzung eingetragen, so dodarf es zur Löschung nit dex Bewilligung des Berechtigten, wenn die cinstwecilige Verfügung dur eine vollftre@bare Entscdetdung aufgehoben ift. Dicse Vorschrift ündet entsprechende Anwendung, wenn auf Grund cines vorläußg vollitroS baren Urtheils na den VorFSrifton der Zivilprozehordnung cine Vors merkung oder cin Widersprackd cingetragen tft.

Y WB

Soll die Uedertragung ciner Opotde? Srundi&uld oder Noutew- s{(uld, üder die ein Brief ertdeilt it, einaetragen werdrn Ïo org! eù, wenn an Stelle der Rintragungädewilliauna die Addees erklärung des didderigen SUadigert vorgelagt wird

Diete VorKdrift Fadet eutprodende Tmreendung ton dène Wo. lastung der Opotdek Sruwdöduld oder Nontoräuld der dir Uedore

L Z È S i T E E E 2 LACTRO 7 2 T f 5H E z SHES L en E E L R E A E B E A he E L Se: L Bi N: E E I Wei C S B p N E E S ie R, S F Q È 24 G aile an S a E i Mon 0 ai nad I o. N - M B & K A n E is M: L * iti Q L Belag Li Mid E o U E N TARL but T: S TI P I S Aa pt D E P E Dg 00A E g 0A 000A Stm E A A, Hz E E L UE U Bi ad V M A É ü Wz E M Hg & « # L E Ú e L d D Zit É E E E C is L M a E E L, E À q E is G O E H Ca CiER E R L I G N C E T A R E I P RE E B E R G aiten : T7 T f 7 j S E t pr Es u b * rad nin E E k: s 8 atn urn nas e L

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