1897 / 34 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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S 6. “Die von- dem beamteten Thierarzt «in das -Kontr eingetragenen Bescheinigungen haben Gültigkeit auf 3 Tage (72 Stunden), auch wenn die Thiere. während dieser Frift H aues end dieser Frit cin An E MERIIEE, daß n Zu -

E j auf von Schweinen nicht fstatt- 6

; Z 6. Falls die eingeführten Schweine innerhalb des Regierungs- irls an einem Orte länger als 3 Tage zum Verkau p werden, ist die thierärztlihe Untersuchung von 3 zu gen zu wiederholen. g 7

Die Landräthe der an die Regierungsbezirke Frankfurt a. O., Posen und Breslau grenzenden Kreise nd Sri für die Einfuhr aus diesen Bezirken bestimmte Orte festzuseßen, über welche die Einfuhr aus\schließlich zu bewirken ist.

Diese Einbruchsorte werden durch das Kreisblatt des be- as v Kreises und durch das Regierungs-Amtsblatt bekannt

; S8. Die Kosten der thierärztlihen Untersuhung der Schweine- transporte hat der L Ne BIeE zu tragen.

Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden gemäß H 66 des Reichs-Viehseuchengeseßes vom 23. Zuni 1880 (1. Mai 1894) bezw. gemäß 8 328 des R.-Sir.-G. bestraft.

10.

__ Die Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Veröffent- lihung in Kraft. j 8 11.

Die landespolizeilihe Anordnung vom 7. November 1896 (Amtsblatt S. 304), betreffend Maßregeln gegen die Shweine- seuchen, ist mit dem Zeitpunkt des Jnkrafttretens gegen- wärtiger Anordnung aufgehoben.

Liegniß, den 283. Januar 1897.

Der Königliche Le von Heyer.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 6 des G S elehblaria” a E r. 2360 die Verordnung, betreffend Beschränkungen der Einfuhr aus Asien, vom 8. Februar 1897. ns N Berlin, den 9. Februar 1897. Kaiserliches Post - Zeitungsamt. Weberstedt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Geheimen Regierungs- und vortragenden Rath im Ministerium für Lan S Domänen und Forsten Schumacher zum Geheimen Ober-Regierungs-Rath, und

_ den bisher als Hilfsarbeiter im Ministerium für Land- wirthschaft, Domänen und Forsten beschäftigten Regierungs- Rath Küster aus Schleswig zum Geheimen Regierungs- und vortragenden Rath in diesem Ministerium zu ernennen.

Seine Majestät.der König haben Allergnädigst geruht:

__ den Regierungs-Rath Karbe zu Stettin zum Ober- Regierungs-Rath zu ernennen.

Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Der Cisenbahn-Bau- und Betriebs-Gesellschaft von Vering u. Waechter in Berlin ist die Erlaubniß zur Vornahme allgemeiner Vorarbeiten für eine vollspurige

ebeneisenbahu non Rybnik über Sohrau nach Pleß ertheilt worden.

Ministerium des Jnnern.

__ Dem Ober-Regierungë-Rath Karbe ist die Leitung der Finanz-Abtheilung bei der Regierung in Stralsund über- tragen worden.

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Die am 1. Juli 1897 zu tilgenden 31/5 prozentigen, O 2. Mai 1842 ausgefertigten Staats-Schuldscheine werden am Montag, den 1. März 1897, Vormittags 11 Uhr, Oranienstraße 92/94, eine Treppe rechts, im Beisein eines Notars offentlih durch das Loos gezogen.

Die verloosten Staats-Schuldscheine werden demnächst nach den Nummern und Beträgen durch die Amtsblätter und Zeitungen bekannt gemacht.

Berlin, den 5. Februar 1897.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.

Angekommen:

Seine Excellenz der kommandierende General des ŸVII. Armee-Korps, General der Jnfanterie von Goegze.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 9. Februar.

_ Seine Majestät der Kaiser und König hörten, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke, und empfin- N ags den chilenishen Militär-Bevollmächtigten, General

artinez.

eute Abend gedenken Seine Bld a der Kaiser Sich nah Potsdam zu begeben, um anläßlich dcs Erinnerungstages Ee vor zwanzig Jahren erfolgten Eintritts in das Erste Garde-Regiment z. F. im Kreise des Offizierkorvs diefes Regiments das Diner einzunehmen. j

__ Zum Ehrendienst bei Seiner Kaiserlihen und Könbuli N Hoheit dem Erzherzog Dit, von Oesterreich, Hohstwelher morgen Vormittag hier eintrifft, find kommandiert: der General-Lieutenant Freiherr von N LTERYRRjeNn, Kommandeur der 2. Garde-Jnfanterie-

ivision, und der Oberst und Flügel-Adjutant Graf von Klinckowstroem, Kommandeur des arde - Kürassier - Regiments.

Das Staats-Ministerium trat heute Nachmitta 2 Uhr im Reichstagsgebäude unter dem Votsih des nister, Pen Fürsten zu Hohenlohe zu einer Sizung zu-

Die türkishe Regierung hat neuerdings die für das ottomanische Reich geltenden Paßvorschriften wieder in Erinnerung gebraht. Jm Jnteresse der nah der Türkei reisenden Deutschen werden deshalb die bereits im Jahre 1895 bekannt gegebenen wesentlihen Bestimmungen des türkischen Ma Fre gle s (vergl. Nr. 263 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ vom 2. November 1895) natfolgend nohmals abgedruckt :

__ Ein Paßzwang besteht in der Türkei nah wie vor, und die Pässe müssen auch jeßt noch von der türkischen diplo- matischen Vertretung oder von einem türkishen Konsulat in dem Lande, von wo die Reise angetreten wird, mit einem im allgemeinen nur für eine Reise gültigen Visa versehen fein, wofür die bisherige E von 20 Piastern oder 4 M beibehalten ist. Kommt indessen der Reisende aus einem Lande,

auf der Reise cin Land, wo ein türkischer Vertreter wohnt, so braucht er jezt nicht mehr, wie früher, die Visierung seines Passes dort nachholen zu lassen, sondern es genügt ein ordnungsgemäß von der Heimathsbehörde ausgestellter Paß.

Fehlt diesen Vorschriften zuwider das Visa auf dem Paß des Fremden, so muß er die doppelte Visagebühr von 40 Piastern zahlen. Js er überhaupt ohne Paß, so muß er sich binnen 48 Stunden, während deren er polizeilih überwacht wird, einen von dem Konsulat seines eimath- landes ausgestellten Paß oder eine gleihwerthige amtliche Be- scheinigung verschaffen, widrigenfalls ihm das Betreten des türkishen Gebiets untersagt wird; außerdem muß dann die doppelte E s gezahlt werden.

Der Paß muß bei der Ankunft der zuständigen Behörde vorgelegt werden.

An Stelle des zum 1. Januar d. J. in den Ruhestand getrctenen Ministerial - Direktors, Wirklichen Geheimen Raths Dr. de la Croix if der vortragende Rath im Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal - Angelegenheiten, Geheime Ober-Regierungs-Rath von Bremen vom 1. Februar d. J. ab zum Mitgliede des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte ernannt worden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem- e Finanz-Minister Dr. von Riecke is von hier ab- gereist.

_Der Regierungs - Assessor Poleck zu Breslau ist dem Landrath des Kreises Deutsh-Krone zur Hilfeleistung in den landräthlihen Geschäften zugetheilt worden.

Hannover, 8. Februar. Der Provinzial-Landtag ermächtigte in seiner heutigen Dung den Provinzial-Aus\huß: a. dem Arbeiterinnen - Asyl Frauenheim vor Hildesheim für den Fall, daß das Vorsteheramt des Asyls niht mehr nebenamtlich verwaltet werden, sondern einem dem Landes-Direktorium genehmen Geistlihen haupt- amtlih übertragen wird, eine Beihilfe von jährlich 1800 zur Besoldung desselben zu gewähren, b. die Mittel dazu in den künftigen Haushaltsplan der Provinz unter Titel XVII

Beihilfen an milde Stiftungen 2c.“ in Ausgabe zu stellen, dem Arbeiterinnen-Asyl Frauenheim zu dem bereits empfangenen Darlehen von 35 000 ein ferneres uuverzinslihes und unfünd- bares Darlehen im Betrage von 15 000 ( zur Erbauung einer Dienstwohnung für den Vorjteher mitder Beslimmung zu gewähren, daß das Darlehen im Falle der Aufhebung des L ois zurück- gezahlt werden soll. Sodann wurde nah längerer Debatte der

ntrag des Provinzial-Ausshusses angenommen: dem Zentral- Ausschusse der Königlichen Landwirthschaftsgesell- schaft 1) behufs theilweiser Bestreitung der Kosten, welche dur seine Betheiligung an der in diesem Sommer von der Deutshen Landwirthschaftsgesellshaft zu ver- anstaltenden landwirthshaftiihen Ausstellung zu Hamburg ihm entstehen, eine Beihilfe von 20 000 4, und 2) behufs Errichtung und Unterhaltung einer länd [ichen R O Ae zu Celle für jedes der drei

ahre 1897/98, 1898/99 und 1899/1900 eine Beihilfe von 2400 # unter der Voraussezung zu bewilligen, daß seitens der Köni lihen Staatsregierung für diesen Zmeck eine jährliche eihilfe von 600 # geleistet wird, und die hierzu erforderlihen Summen von 20 000 # und 7200 # aus den Ueberschüssen des Vorjahres entnommen werden. Ebenso wurde der Antrag angenommen: der Stadt Göttingen für die Herstellung eines Gebäudes zur Aufnahme des dortigen Alterthumsmuseum einen Zushuß von 10 000 zu bewilligen. Der Bericht über die Ergebnisse der R - Verwaltung für 1895/96 und der

ericht über die Verwendung der Ueberschüsse aus den Vorjahren wurden genehmigt. Schließlich wurde der Antrag des Ausschusses: „1) den Provinzial: Ausschuß zu ermächtigen, die 4prozentigen Obligationen der Provinz Hannover, Serie V, über 7 500 000 # entweder auf einen nah dem Privilegium zulässigen Termin zu kündigen oder deren Konvertierung in 31/5 prozentige Obligationen herbei- zuführen, falls die Lage des Geldmarktes eine dieser Maßnahme günstige sein wird, 2) bezüglih der in Gemäßheit der Nr. 1 konvertierten Obligationen auf das in dem Privileg vor- behaltene Kündigungsrecht während eines Zeitraums von zehn Jahren zu verzichten,“ angenommen.

Vaden. Bei Zhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin hat,

wo sich keine türkische Vertretung befindet, und berührt er nur |

-Auges im Laufe des lezten den behandelnden Aerzten die ung- der Linse für noth wendig erahtet wurde. Diese Operation ift gestern vor- jhre Königliche Hoheit wird Oas Esnule M9 verlaufen wird zun ter ür

mehrere Wochen vieler Sihanniia bedürfen. E E

Oldeuburg.

Jhre Königlichen Hoheiten der Prin einri 1 Preußen und der Landgraf von Beifèn Lab R Emy tag Abend in Olbenburg eingetroffen und von Seiner König- lihen Hoheit dem Erbgroßherzog, Seiner Hoh:it dem Ag A Bais fa dem pEm Men as Bülow

angen worden. er Pri i heute nah Kiel zurü, T Ga Lan

Oesterreih-Ungarnu.

Der Kaiser empfing gestern den König Milan, we fast eine Stunde bei Allerhöchstdemselben verrontlte. 0 Der Shulaus schuß des niederöfterreihishenLand- tages hat beschlossen, den Landesaus\chuß aufzufordern möglichst bald einen Geseßentwurfvorzulégen, welcher die de utshe Sprache als auss\chließliche Unterrichts\prache in den öffentlihen Volksshulen und den Bürgerschulen Niederösterreihs festseßt. Jm Sinne des Staatsgrund- (esebes sei die deutsche Sprache ‘die auss{ließlich landesübliche Sprache in Niederösterreih; der Aus\huß erblicke daher in der Verleihung des Oeffentlichkeitsrehtes an die Komensky- Schule eine Verleßung des Staategrundgesezes. \ In „einer am Sonntag in Prag unter dem Vorsiz Dr. Rieger’s abgehalienen Versammlung der altezediten Vertrauensmänn er wurde eine Resolution angenommen, welhe Wahlkompromisse mit den anderen national-czehischen Parteien, insbesondere mit den jungczechishen, befürwortet. Dr. Mattusch theilte mit, daß darauf bezügliche Verhandlungen in der Schwebe seien. Prinz Friedrich von Schwarzen- berg trat für vollständige Vershmelzung der Altczechen und

Aen ini

er galizishe Landtag hat gestern unter Vorsitz de Landmarschall-Stellvertreters, des ruthenischen Bischofs gee dinals Sembratowicz, einstimmig unter langanhaltenden stürmischen Beifallsrufen einen von dem Landmarschakl Grafen Badeni vorgelegten dringlichen Antrag angenommen, welcher dahin geht, daß anläßlih des fünfzigjährigen Regierungs - Jubiläums des Kaisers das Königs- \chloß am Berge Wawel in Krakau aus Landes- mitteln als RKaiserlihe Refidenz hergerihtet und ausge- stattet werden und der Kaiser um Uebernahme dieser Residenz gebeten werden soll. Der Landmarschall Graf Badeni be- ründete den Antrag mit dem Hinweis auf die Dankbarkeit, nhänglihkeit und Treue der beiden Galizien bewohnenden Nationalitäten für den Kaiser. Jm Laufe der Berathung hob der Abg. Okuniews ki die Loyalität der Ruthenen hervor. Die polnishe Bauernpartei hatte hon in einer am

Sonntag abgehaltenen Konfcrenz dem Antrage zugestimmt.

Großbritaunien und Frland.

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses widerlegte der Parlamente-Sekretär des Auswärtigen Curzon die Gerüchte von neuea Megeleien in Kanea und führte des weiteren aus : das Feuer in Kanea sei von den fremden Kriegsschiffen mit Unterstüßung der christlihen und mohamedanischen Bevölkerung gelöscht worden; der Wassermangel sei groß gewesen, die tür- kischen Truppen hätten sich musterhaft benommen, und es sei nicht geplündert worden. Nach Berichten von gestern früh sei das Feuer vollständig gelösht. Fast 200 Häuser und große Oel- peicher seien niedergebrannt. Ueber 5000 Flüchtlinge hätten sich eingeschifft. Das Feuer um Kanea habe aufgehört. Jn Kandia seien Gewehre aus dem Arsenal von den Mohame- danern genommen worden; allein nach den neuesten Nachrichten herrsche jeßt in der Stadt Nuhe. Von Malta würden s echs britishe Kriegsschiffe nah den fkretischen Gewässern abgehen. Das Haus ging sodann zur Berathung des Armee- Etats über. Ein Zusagantrag Sir Charles Dilke's, welcher erklärt, daß das Haus, während es bereit sei, die nöthigen Gelder für eine wirksame Aufrechter- haltung der Heeresstärke zu bewilligen, davon überzeugt zu sein wünsche, daß das jegige System den Erfordernissen des Reichs entsprehe, wurde mit 197 gegen 63 Stimmen abge- lehnt. Jm Laufe der Berathung erklärte der Parlaments- Sekretär des Kriegsamts Brodrick es für zwecklos, die auf dem Festlande erzielten Ergebnisse mit den in England er- langten Resultaten zu vergleichen. Die jeßt vorgeschlagene Vermehrung des Heeres sei die größte seit 25 Jahren und be- friedige die Militärbehörden.

Frankrei.

Im Senat brachte gestern der Minister - Präsident Méline den Gesetzentwurf, betreffend die Dutersetes ein. Zn der Deputirtenkammer richtete der Deputirte De toncle an die Regierung die angekündigte Anfrage über die Rede, welche der britische Schaßkanzler Sir Michael O am Freitag im Unierhaus- gehalten hat. Der Deputirte wies darauf hin, daß diese Rede von den Führern der britischen Opposition als für Franfkreih und Rußland be- leidigend bezeihnet worden sei, und führte aus, Sir Michael Hicks- Beach habe, unter völliger Außerachtlassung jegliher Rücksicht auf die Verträge, erklärt, daß Großbritannien allein für die Sicherheit Egyptens verantwortlih sei und daß durch den Egypten gewährten Vorshuß von 20 Millionen die Occupation werde verlängert werden. Deloncle ersuchte s{hließlich den Minister des Aeußern Hanotaux, dem Parlament die Schrift- stücke vorzulegen, welche sih auf die Zwischenfälle bezögen, die in Egypten vorgekommen seien. Das Parlament werde keine Verleßung der Rechte Frankreihs zulassen. Es sei noth- wendig, die Rechte Frankreihs in Egypten ein für alle Mal genau festzustellen. Der Minister des Aeußern Hano- taux beantwortete die finanzielle Seite der Anfrage durch Ver- lesung der an die egyptishe Regierung gerichteten Note über den Egypten von Großbritannien zu gewährenden Vorschuß. In Betreff der im britishen Unterhause geführten Sprache erklärte der Minister: Solche Worte könnten in keiner Hinsicht so aufgefaßt werden, als ob fie in irgend einem Sinne die Lösung einer internationalen Streitfrage darstellen könnten, und fuhr sodann, wie „W. T. B.“ meldet, fort:

Ich habe bemerkt, daß man mit großer Lebhaftigkeit von der aug in Gerichtebarkeit in Egypten gesprohen hat, ja, man hat ogar deren bevorftehendes Ende vorausgesagt. Erlauben Sie mir

wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, die Linsentrübung des rechten

die Bemerkung, daß das vielleicht ein wenig {nell vorgehen heißt.

so zugenommen, daß von

die Meinung dieselbe en wäre in dem e, taß das Urtheil des Gerichtshofes in Ycran drien ein anderes wäre. Jedenfalls hatte man diesen Richter angenommen, vor ibm plädiert, also weshalb sich nit vor seinem Urtheils- gen ? Oder glaubt man, die Dinge in Egypten viel zu fördern, eine Einrichtung in Mißkredit gebrat hâtte, die von Europa chaffen und die aus dringenden und dauernden Bedürfnissen hervor- gegangen ift, und „unter deren Schutze die einheimischen Ls Und die fremden Kolonien in Frieden leben: eine Einrichtung, die seit Fahren fih bewährt hat und für die man vergeblih na einem Ersaß suchen würde? Im allgemeinen ist es die Unbesonnenbeit, mit der man an eine feststehende Ordnung der Dinge rührt, welche doch Egypten Jahre des Woblstandes gegeben hat, ist es diese Unbefonnenheit, die uns mit Recht mit Beunruhigung erfüllt hat über das, was vorgeht. Was uns anbetrifft, so glauben wir, daß wir besonders mit der in Betreff des Dongola-Feldzuaes getroffenen Entscheidung gerechten Grund haben, uns über den Stand und die Zukunft der egyptishen Finarzen zu beunruhigen. Deshalb verlangen wir auf Grund des Kontrolmandats, welches uns wie den übrigen europäischen Mächten übertragen ist, daß diese Fragen einer genauen rüfung unterzogen werden, ehe sie in dem Sinne ent ieden werden, in welhem man fie ifoliert zu lösen den Willen haben könnte. Im Laufe seiner Geschichte hat Egypten wieder- holt Versuche gemacht, \ih des oberen Nil, des Sudans und Abessyniens zu bemächtigen, und oft hat Egypten für solhe Erx- veditionen ungeheure Summen aufgewandt. Um nur von der modernen Zeit zu sprechen, fo is es unleugbar, daß der schlechte Stand der Finanzen, der die Intervention Europas in Egypten ver- anlaßte, hauptsählih auf die Bemühungen Mebemed Ali’s, Said's und Jômail’s, den Sudan zu unterwerfen und Abessynien zu bändigen, zurückzuführen ist. Kurz, der Sudan ist stets das Wahnbild und der Ruin Egyptens gewescn. Uns schcint, daß gerade in dem Augenblick, in welchem man Egypten in Abenteuer gleicher Art treiben zu wollen sheint, Abenteuer, welche die egyptishen Finanzen ernstlih sôren können und {on gestört haben, es Sache derer ift, welchen Europa die Finanzkontrole in Egypten übertragen hat, es Sache der Bondholders selbst ist, die Stimme zu erheben und die egyptische Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich für ein Interesse, welches vielleiht nicht einzig und allein das ihrige ift, auf den Weg der Ausgaben für glanzvolle Unternehmungen, den Weg der geheimen Rechnungsführung und \{ließlich des Fehlbetrages begiebt. Wir haben diese Warnung ertheilt, und wir üben dieses Mandat aus, weil es uns ebenso wie den übrigen Mälten Europas zusteht, und weil cs sih aus der Natur der Dinge selbst ergiebt; was mich anbetrifft, so zweifle ich nit, baß, wenn man die von uns ver- fohtene These irgend einem Richter, einem Schiedsgericht, einer un- rarteiishen Versammlung unterbreitet, sie {hließlich möge es ih um den Inhalt oder um die Form handeln als die allein legitime betrahtet werden muß, als die einzige, - die der guten Führung der egyptishen Finanzen, deren eifrige Vertheidiger wir abermals gewesen, entspriht. Ebe ih schließe, möchte ih nur noch ein Wort hinzufügen. In diesem hohen Hause ist sicherlich niemand, der niht den Werth kennt, welhen wir unter den de!likaten Umständen, in denen \ih Europa befindet, darauf legen müfsen, daß nichts das gute Einver- nebmen und die gute Harmonie, welche zwischen allen Mächten herrschen, stôre. Frankrei hat, so viel es konnte, für bie Aufrechterhaltung dieses Konzerts gearbeitet. Welchen Schwierigkeiten aub immer es dabei begegnen möge, seine Dispositionen werden dadurch nicht geändert werden. Man foll aber wissen, daß, welhe neuen Grklärungen auch immer in die Erörterung gebracht werden, nihis in der internationalen Lage geändert is, daß nichts unseren Entshluß der um so fester ist, je gemäßigter er ift ändern wird, keine Verleßung der Reckte zu gestatten, welche ih auf öffentlihe Akte, auf wiederholte Versprehungen, auf das wohlverfstandene Interesse Egyptens selbst und vor allem auf die Uebereinftimmung der Mächte stüßen, die durch internationale Akte, deren Autorität über jede Erörterung erhaben ist und die zu beeinträhtigen garnicht in Frage kommen Tann, festgestellt ist.“

Die Kammer nahm hierauf die Berathung des Budgets

wieder auf. Rußland.

Die „Geseßz-Sammlung für Finland“ veröffentlicht, wie „W. T. B.“ berichtet, cinen Kaiserlihen Ukas, welcher ver- fügt, daß im Großfürstenthum Finland in Zukunft bei allen Gelegenheiten nur die russishe weiß-blau-rothe Nationalflagge verwendet werden solle.

Ftalien.

Der Papst wohnte gestern in der Sixtinishen Kapelle dem Trauergottes dienst anläßlich des Todestages Pius’ IX. bei. Der Kardinal Vannutelli zelebrierte die Messe, nah welcher der Papst die Absolution ertheilte; das Ausschen des Papstes war, dem „W. T. B.“ zufolge, ein ausgezeihnetes. Der Feier wohnten die Kardinäle, die Bischöfe, die Prälaten, Mitglieder des diplomatishen Korps Ea Malteser Ordens, sowie zahlreihe Fremde aller Länder bei.

frage nit, ob

Portugal.

Der Kapitän Castillo, welcher als Marine-Minister in Aussicht genommen war, wird, nach“ einer Meldung des „W. T. B.“ aus Lissabon, zum Gouverneur von Jndien ernannt werden. Major Monzinho de Albuquerque bleibt Königliher Kommissar von Mozambique.

Türkei.

Das Wiener „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ meldet aus Konstantinopel, 4 nach den daselbst vorliegenden Be- rihten aus Kanea, die Kämpfe in der Umgebung der Stadt infolge des Mangels an Munition bei den christlichen Aufständischen etwas nachgelassen hätten. Die Konsular-Agenten in Reth ymon, welche bei den im Auftrage des Konsular-Korps in Kanea unternomme- nen Vermittelungsversuchen eingeschlossen worden waren, seien durch das österreichisch - ungarishe Kriegsschiff „Sebenico“ befreit worden. Die Militär-Attachés seien zur Nückkehr nah Konstantinopel ermächtigt, es sei ihnen jedoch freigestellt worden, zu bleiben, falls si ihnen eine Gelegenheit böte, mit Erfolg zu intervenieren. In den diplomatischen Kreisen Konstantinopels herrshe die Meinung vor, daß die Pforte nit gehindert werden könne, zur Unterdrückung der Bewegung Truppen nah Kreta zu senden.

Die „Agenzia Stefani“ berihtet aus Kanea: Daselbst herrsche Ruhe ; das Feuer, welches in den zahlreichen Oel- O Lg Nahrung gefunden habe, sei vollständig gelöscht. Der Palast des cviéhicen Bischofs und gegen 200 andere Gebäude seien niedergebrannt. Die italienischen Kriegs- schiffe „Stromboli““ und „Lauria“ seien in Kandia ein- getroffen. Die mohamedanische Bevölkerung habe einen Angriff auf das militärishe Arsenal gemaht und sich 2000 Martini-Gewehre angeeignet. Bei dem Zusammenstoß mit den Truppen seien zwei Mohamedaner getödtet und fünf ver- wundet worden.

Die „Agence Havas“ erfährt aus Athen, in der Umgebun Kaneas dauere der Kampf fort. Es heiße, die Christen außerhal Kaneas hätten die griechische Flagge gehißt und die Vereinigung mit Griechenland proklamiert. Eine provisorische Regierung solle in der Bildung begriffen sein. Die meisten Stadttheile, in denen

ohnt hätten, seien verödet, ein fe von Trüm- E An Bord des „Mikali“ befänden fich 67 Fiüchtlinge, darunter zwei Bischöfe. Der „Times“ wird aus Kanea von vorgestern gemeldet, die Stadt sei jeßt ausschließlich von eingeborenen Mohamedanern und türkishen Soldaten bewohnt. Die neu gebildete Gendarmerie könne unter den gegenwärtigen Umständen nur wenig thun, um die Ordnung wiederherzustellen. Es sei aus Konstantinopel den kretishen Behörden der Auftrag zugegangen, den Major Bor nicht als provisorischen Kommandanten der Gendarmerie anzuerkennen. : Dem „W. T. B.“ zufolge fanden am Sonntag in der Kathedralkirhe und in der Kirhe zu Galata Demonstra- tionen gegen den ökumenischen Patriarchen statt. Von heute wird aus Athen gemeldet, daß die Christen Haleppa weiter beseßt hielten und den Kampf fortseßten. Die Christen hätten die Dörfer Perikuro und Perivolia angezündet. Die Truppen nähmen an dem Kampfe theil.

Griechenland.

In der Deputirtenkammer brachte gestern, wie „W. T. B.“ berihtet, der Deputirte Stais im Namen der Opposition den Anirag ein, daß die Sißung für geheim erklärt werde. Der Minister-Präsident Delyan nis nahm die Berathung des Antrages an; die Sizung wurde hierauf für geheim er- klärt, und die Tribünen wurden geräumt. Während der geheimen Sizung erklärte der Minister-Präsident Delyannis, er sei ein Gegner geheimer Sißungen und werde nicht das Wort er- greifen. Die Führer der Opposition verlangten von der Re-

ierung, sie möge eine Erklärung über ihre Maßnahmen

in der fretishen Frage abgeben, und bestanden auf der Abhaltung einer geheimen Sizung. Der Antrag der Opposition wurde indessen bei der Abstimmung mit 102 gegen 51 Stimmen abgelehnt. Fünfzehn Deputirte von der Mazorität hatten für den Antrag gestimmt. : E

Das kretishe Zentralcomité soll, wie die „Agence Havas“ aus Athen meldet, einen Aufruf an das griechische Volk gerichtet haben, worin“ es heiße: das fretishe Volk, welhes den Kampf für die Freiheit beginne, appelliere an seine freien Brüder. |

Aus Athen meldet die „Agence Havas“ von heute: Das Amisblatt veröffentlicht ein Dekret, durch wel{hes die Indienstftellung fast sämmtlicher Kriegsschiffe ange- ordnet wird. Zwei Torpedoboote werden alsbald nach Kreta abgehen. i | i

Die aus Syra eingetroffene Nachricht, daß die Christen, welche außerhalb Kaneas versammelt seien, die griehische Fahne gehißt, die Vereinigung mit Griechenland proklamiert und den König Georg aufgefordert hätten, er möge von der JFnsel Kreta als einem wesentlihen und freien Theile des Königreichs Griechenland Besiß ergreifen, wird offiziell bestätigt.

Amerika.

Aus Washington wird dem „W. T. B.“ mitgetheilt: der Senat habe mit großer Mehrheit einen Antrag abge- lehnt, den british-amerifanishen Schiedsgerichts- vertrag in öffentliher Sißung zu berathen.

Afrika.

Die „Kölnische Zeitung“ meldet aus Tanger, der une Gesandte Freiherr Schen u Shweinsberg habe in den Lungen einen Aufruf veröffentlichen lassen, wona für die

rmittelung der Mörder des Kaufmanns Häßler eine Belohnung von 10 000 Pesetas ausgeseßt werde.

Nach einer der „Agenzia Stefani“ zugegangenen hi P aus Agordat vom 6. d. M. hat das Gros der Derwische sih in der Naht zum Sonnabend von dem Fuße des Berges Barbaro nach Elgheraf begeben, ist daselbst mehrere Stunden verblieben, um sid mit Wasser zu versorgen, und hat alsdann den Marsh in der Richtung auf den Atbara, immer in Fühlung mit der italienischen Vorhut und oft von den Banden der Barias angefallen, wieder aufgenommen und bereits Abugamel passiert. Die äußerste Vorhut der Jtaliener ist bis in die Nähe von Kassala vorgedrungen, während das Gros der Vorhut sih am Sonn- tag wieder nah Biscia wenden sollte. Die Ankunft daselbst wurde für gestern erwartet.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sizgung des Reichs- tages befindet sih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen E Sizung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieber- ding beiwohnte, standen zunächst Wahlprüfungen auf der Tagesordnung. :

Die Wahl des Abg. Neihmuth (Rp.) soll nach dem Anirage der Kommission für ungültig erklärt werden.

Berichterstatter Abg. Auer (Soz.) weist darauf hin, daß neues Material über die Wabl vorgelegt worden sei.

Auf Antrag der Abgg. Spahn (Zentr.) und Dr. von Marquardsen (nl.) wird die Wahl zur nohmaligen Be- richterstattung an die Kommission zurückverwiesen.

Die Wahl des Abg. Rother (d. kons.) soll nah dem An- trage der Kommission für gültig erklärt werden.

Abg. Ap Is (fr. Volksp.) weist auf die Behauptungen des Wahlprotestes hin, die man nicht überall berücksihtigt habe, obgleich offenkundige Wahlbeeinflussungen vorgekommen seien, welche die Un- gültigkeitserklärung der Wahl zur Folge haben müßten.

Abg. Dr. von Marquardsen (nl.) hält dafür, daß die nicht berüdsihtigten Protestpunkte fich nicht so in Ziffern umseßzen ließen, daß die Ungültigkeit der Wahl daraus gefolgert werden ane Nedner empfiehlt die Gültigkeit der Wahl, wofür fich auß Abg. Spahn (Zentr.) ausfpricht.

Die Wahl wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und freisinnigen Volkspartei für gültig erklärt.

Hierauf wird die erste Berathung des Handelsgeseß- buchs fortgeseßt.

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Roeren (Zentr.) das Wort.

Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg wird dem „Wolff’shen Bureau“ über die Eut- widckelung der Arbeiterverbältnifse nach der Beendigung des Ausstand es berichtet: Zahlreiche Arbeitsuchende haben geftern Beschäfti-

gung gefunden, obgleich die Gelegenheit zur Arbeit wegen des Eises und

des niedrigen Lalerfiandes nur gering war. Am Sonntag Abend kam es nur auf „Wilhelmsburg“ zu Ausschreitungen. Von der Arbeit kommende Leute wurden überfallen, segen fih aber zur Wehr und feuerten auf die Angreifer, wobei eine Person getödket, eine andere schwer an der Hand verleßt wurde. Gegen die am Sonnabend bei den Unruhen Verhafteten ift vom Gericht die Untersuchungshaft ver- fügt worden ; sie werden wegen Landfriedensbruchs unter Anklage ge- ftellt. Der gestrige Tag verlief, abgesehen von einigen kleinen Reibereien bei der Abreise fremder Arbeiter, bis zum Abend ziemlich rubig. Die früh und Abends von der Polizei ge- troffenen Vorsihtsmaßregeln erwiesen fch als praktis und ausreihend. Bon den fremden Arbeitern find am Sonntag und geftern sehr viele abgereist. Am glattesten vollzog sich die Einstellung einer rößeren Anzahl alter Leute bei E MATENE rt, da hier viele Fremde beim Antritt der alten Leute freiwillig um fofortige Ablohnung er- suhten. Am schlimmsten erging es den alten Arbeitern im Staats- Quaibetrieb, da die Ersayleute, von denen etwa 90 9%/ einheimische sind, fest angestellt waren und daher nit entlafsen wurden. Es wurde den alten Arbeitern anheimgestellt, fich als Hilfsarbeiter, welche für den Tag 3 Æ Lohn erhalten, zu melden, um fo allmählih wieder in ihre frühere Stellung einzurücken. Abends nah 8{ Uhr zogen sih die Shußmannschaften nah dem „Schaarmarkt“ zurück, auf dem bald wieder ein wüftes Treiben wie am Sonnabend be- gann, welches hauptsächlich durch halbwüchsige Burschen veranlaßt wurde. Die Schußleute mußten wieder von der Waffe Ge- brauch machen, ieben auf die schreiende und johlende Menge ein und nahmen mehrere Verhaftungen vor. Berittene Schuy- leute säuberten den Plaß und die angrenzenden Straßen. Verschiedene Personen wurden verwundet. Nach 11è Uhr Nachts entstanden in den Nebenstraßen des Schaarmarktes neuerdings starke Tumulte. Drei Schutzleute und mehrere Zivilisten wurden {wer verwundet. Jm „Großen Bäckergang“ drehte der Pöbel sämmtlicze Gaslaternen aus; aus den Fenstern wurde heißes Wasjer auf die Schußleute gegossen, Asche, Flaschen und Steine wurden gegen sie geschleudert. Die Schußleute zogen sich zurück, holten Verstärkungen, rückten dann 80 Mann stark vor und ließen die Gaslaternen wieder anzünden. Der Pöbel ‘hatte sid inzwischen in die Häuser und auf die Höfe geflüchtet. Gegen l Uhr Nachts war alles ruhig.

Aus Harburg wird der „Weser-Ztg.“ geschrieben: Wenn auh für die hiesigen Arbeitgeber der Ausstand am Hafen schon seit langer Zeit als beendet galt, da CIgens auswärtige Arbeitskräfte vorhanden waren, traten bo am Sonnabend Nachmittag, nachdem das Nesultat der Abstimmung in Hamburg bekannt geworden war, die Harburger Ausständigen, 280 an der Zahl, zu einer Versammlung zusammen und stimmten darüber ab, ob man au hier den Ausstand beendigen wolle oder niht. 240 stimmten für Wiederaufnahme der Arbeit am Montag und nur 40 stimmten dagegen. |

Aus Elberfeld meldet ,W. T. B.": Einhundert jugend- lihe Arbeiter der Kattundruclkerei von Schlieper u. Baum haben die Arbeit eingestellt, weil fe sih weigern, einer von der Firma eingerihteten, von der Düsseldorfer Regierung empfohlenen Zwangs- frankenkasse beizutreten. /

In Cassel hat, einer Mittheilung des „Hann. Cour.“ zufolge, eine Versammlung der Tischler und Tischlergehilfen mit 162 gegen 8 Stimmen beschlossen, in diesem Frühjahr in eine Lohn- bewegung einzutreten, Als Forderungen wurden aufgestellt: Be- {ränkung der Arbeitszeit, Abschaffung der Accordarbeit und Fest- seßung eines Minimallohns von 18 # für die Woche.

Kunft und Wissenschaft.

Bei den Ausgrabungen, welche von dem Kaiserlich deuishen Arch äologischen Jnstitut in der Nähe des Areopags zu Athen veranstaltet werden, ist dieser. Tage ein unscheinbarer Gegenstand gefunden worden, der ein eigenthümliches geschichtliches Jnteresse hat. Es ift das Bruchstük von dem Rande eines großen, shwarzgefirnißten Thongefäßes, in dessen Ober- De mit einem scharfen Werkzeug in alterthümlicher Schrift ie Worte Themistokles Phrearrios eingerigt sind. Offenbar ist damit der berühmte Staatsmann gemeint, und wir haben eine der Scherben vor uns, welche bei dem 470 vor Chr. abgehaltenen Scherbengeriht (Ostrakismos) abgegeben wurden, durch das Si in genöthigt ward, Athen zu ver- lassen. Derartige Ostraka sind bisher drei bekannt. Zuerst wurde ein auf der Akropolis gefundenes von Benndorf erkannt und veröffentliht, das den Namen des Megakles, des Hippokrates Sohn von Alopeke, des Oheims des Perikles trägt. M Veto, von der Burg stammt ein zweites, von Studniczka herausgegebenes Ostrakon mit dem Namen des Xanthippos, des Sohnes des Arriphron, des Vaters des Perikles, und denselben Namen zeigt ein drittes, in der Gegend des Kerameikos gefundenes, welches Lolling publiziert hat. Wenn sie auch unser Wissen niht unmittelbar bereichern, erwecken doch diese anshaulichen Zeugen der Parteikämpfe des alten Athen ein ganz besonderes “Znteresse.

{4 Wassili Weresthagin, der bekannte Shilterer des russish-türkischen Krieges, ist jeßt in den Räumen des alten Reich s- tagsgebäudes zum zweiten Mal mit einer umfassenden Aus- flellung neuerer Arbeiten vor das N F getreten. Der senfationelle Aufpuß, den er feiner ersten Berliner Ausstellung im Jahre 1882 (in Kroll's Sälen) zu - geben für gut fand, der mystishe Apparat von Harmoniumklängen, dunklen Räumen, fremdartigem Geräth 2c. ist diesmal erheblih ein- geshränkt, aber auch die Gegenstände der von Werestchagin gemalten Bilder sind niht so herausfordernd schauerlich, wie damals. Die Mehrzahl der größeren Gemälde behandelt die Schicksale Napoleon's 1. und feiner Armee in dem russishen Feldzuge von 1812. In diesem Cyclus legt der Maler, der einen ausführ- lichen Kommentar zu seiner Ausstellung hat drucken lassen, gewissermaßen die Ergebnisse seiner künstleriswen Geschichtsfstudien über diese tragishe Epoche vor. Von vornherein sei bemerkt, daß die Bilder mehr durch ihren Inhalt, als durch ihre malerishen Quali- tâten den Beschauer fesseln; ja, es ist niht zu leugnen, daß fie zum theil einen Rücks{ritt des Könnens gegen ällere Arbeiten des Künstlers offenbaren. Den Gestalten mangelt das innere Leben; troß der subtilen Pinselführung und der reihen Farben- skala, über die Weresthagin verfügt, behalten feine Formen etwas Hartes; bei allem panoramenartigen Naturalismus fehlt der Landschaft die rechte Stimmung; kurz, die Freibeit der künst- lerishen Persfönlihkeit wird durch die Gewissenhaftigkeit des Berichterstatters beschränkt. Das erste Bild des Napoleon- Cyclus ftellt den Kaiser auf der Anhöhe vor Moskau dar, wo er vergebens die Bojaren-Deputation erwartet, welche die Se der Stadt übergeben sollte. Aus den Nebeln, die über der arenstadt aufsteigen, hebt sich die gedrungene Gestalt des Kaisers der ranzosen in Rükansicht heraus, das ganze Bild beherrshend. Es ist gewissermaßen das Vorspiel des Schrekensdramas, das in den fol- genden Bildern si entwickelt. „Jn der Uspenski-Kathedrale“ zu Moskau, deren reicher osaiken- und Metallschmuck mit bemerkenswerther koloristisher Kraft wiedergegeben i, sehen wir die französische Garde: Kavallerie mit ihren Pferden Quartier aufs{hlagen. Der Brand des Kremls ist im dritten Bilde dargestellt; Napoleon, dessen Miene und Haltung hier recht theatralisch wirkt, blickt finster in die On des Zarenpalastes. Hart in der Formengebung wirkt die

chwadron der Garde-Kayallerie, die aus den Trümmern des M N zurückfehrt (Nr. 4 des Cyclus). In einer Block- ütte zu Gorodnja sit Napoleon über einer Karte brütend, während

die Generale des Kriegsraths {heu zur Seite stehen. Jn immer