1897 / 37 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

s

E O O

E S ; “F E L Y - j H 1 L L 4 [ E 3

E E D E E E S

Die näthste Novität des Berliner Theaters, das vierakti Shauspiel „Der Gymnasialdirektor“ von Erden abel ad ift Bod, wird mit Augufte Prasch-Grevenberg, Terefina Gefiner und B I in den Hauptrollen in der nächsten Woche in Im Sqiller-Theater kommt morgen statt der im Spielplan angeküudigten Vorstellung von „Ein Volksfeind“ das Lustspiel ‘Eine Palastrevolution* zur Anführer nner ibe

Fräulein Ida Hiedler hat am vergangenen Dienstag am Stadt- Theater in Magdeburg mit glänzendem Erfolge die Elsa im =IEeRgOR gesungen Der Künstlerin wurden vielfahe Hervorrufe zu theil, und die dortigen Blätter sind voll des Lobes über ihre bervorragenden Leistungen.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten erstattete der Stadtverordnete Cassel zunächst Bericht über den R der Stadtverordneten Stadthagen und Genossen, sowie über die Vorlage, betreffend die Uebernahme von Zweigen der Ortépolizeiverwaltung und der Feuerwehr in die städtishe Verwaltung. Der Berichterstatter empfahl namens .des Ausschusses eine Resolution des Inhalts : daß die Stadtverordneten-Versammlung mit dem Magistrat an der Ueber- zeugung fefthalte, daß die Uebertragung der polizeilihen Funk- tionen auf allen Gebieten, deren sonstige Verwaltung der Stadtgemeinde obliegt, an die Stadtgemeinde durchaus erforderli sei. Zugleich ersuhte die Versammlung den Magistrat, in einer Denkschrift die rehtliche und verwaltungstehnishe Seite dieser Frage klarzustellen. Die Refolution wurde angenommen. Der Stadt- verordnete Dr. Schwalbe erstattete hierauf Bericht über seinen Antrag, betreffend die Ginrihtung öffentlicher Ubren, und empfahl im Namen des Ausschusses folgende Beschlußfaffung: „Die Versammlung ersucht den Magistrat in Gemäßheit des Beschluffes vom 21. Mai v. F., ihr noch vor der diesjährigen Etatsberathung eine Vorlage über die Ginrihtung öffentlicher zentralregulierter und selbständig kontrolierter Uhren in den äußeren Stadttheilen zugeben zu lassen.“ Der Aus- s{ußantrag gelangte zur Anüahme. Es folgte die Vorlage, betr. die Feier des 100 jährigen Geburtstages des Hochseligen Kaisers Wilhelm I. seitens der Stadt Berlin und die Bewilligung der aus dieser Veranlafsung entstehenden Kosten. Die Anträge der gemischten Deputation sind bereits mitgetheilt (vgl. Nr. 28 d. Bl.). Stadt- verordneter Kreitling verlas eine Erklärung, welche von den Stadt- verordneten Brake, Deter, _Dinfe, Fasquel, Försterling, Dr. Ginêberg, Goldschmidt, Hellriegel, Kalish, Kreitling, Ladewig, Paul, Perls, Plischke, Dr. Ruge, Schulz I., Ullstein, Vortmann, Weiß, Wittkoweki, Wohlgemuth unterschrieben ist. Die Erklärung lautet: „Auch wir find gewillt, des hundertjährigen Geburtstages des verewigten Kaisers Wilbelm in Ghren zu gedenken, wir wünschen aber nicht, daß die zu bewilligenden Mittel für eine vorübergehende Ver- anftaltung hergegeben werden, für eine Veranstaltung, welche in kurzer Zeit verschwinden und der Vergessenheit anheim gegeben wird. Wir wollen, dem s{hlihten Sinne des verewigten Kaisers folgend, den Betrag einer dauernden, woblthätigenStiftung widmen, in welcher das Andenken des Kaisers für immer erbalten bleibt. Deshalb beantragen wir: Die Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen, die Punkte zehn und elf der Magistratëvorlage abzulehnen, dagegen zum Andenken an den 100jährigen Geburtstag Kaiser Wilhelm's 1. die zur Aus- schmüdung der Feftstraße beantragten 120 000 46 der Kaiser-Wilhelm- und Augusta-Stiftung zu überwetsen.** Der Stadtverordnete Cassel beantragte die Ueberweisung der Vorlage an. einen Auëschuß und begründete feinen Antrag mit dem Hinweis auf einige Be- denken, welche bezüglich der Höhe der geforderten Summen erhoben worden seien und nun im Auss{uß einer Prüfung unterzogen werden sollten. Den Standpunkt, welhen der Stadtverordneter Kreitling und seine Freunde in ihrer Erklärung einnähmen, könne er nit theilen

verordnete Mommsen in ähnlichem Siane \ih geäußert und betont hatten, ¡das Beciin an einem solchen Nationalfeft- als Reichshaupt- stadt die Pflicht habe, für eine würdige Auss{chmückung Sorge zu tragen, wurde die Vorlage einem Auëshuß von 15 Perforen zur Vor- E überwiesen. Auf die öffentlihe folgte eine geheime

In dem gestrigen, vom Verein „Berliner Presse“ arrangierten Vortragéabend, der, wie die vorbergebenden, im großen Saale des Architektenhauses stattfand, kam Herr Hof-Kapellmeister Felix Wein- gartner zum Wort. Er las seinen neuesten Efsay „Die Sym- phonie nah Beethoven“ vor und gewann si damit berzlihen Dank und warmen Beifall von seiten der zahlreihen Zuhörer- shaft. Sein Vortrag if fo glatt in der Form, so charafteristisch, furz und bündig im Ausdruck, er umfaßt so knapp und kräftig die weite Fülle seines Stoffes, daß sihtlich alle Zubörer, au die weniger musikalishen unter ibnen, durch Form und Inhalt gleichmäßig gefesselt, vom ersten bis zum leßten Saß mit lebhafter Spannung den Ausführungen des Redners folgten. Er deutete einleitend auf den Unterschied in der Entwickelung der ver- schiedenen Zweige der Tondihtung hin: Das Lied und das musikalische Drama, die Oper, entfalteten sich andauernd in aufsteigender Linie und fanden neue zeitgemäße Formen für ibren Inhalt. Im Gegenfagz dazu ist der Höhepunkt der symphonischen Dihtung Beethoven's neunte Symphonie geblieben, die wie ein erbabener, Schnee bedeckter Berg- riese emporragt au über alles, was nah ibr kam, und der gegen- über die späteren sympbonishen Kompositionen wie riedrigere Höhenzüge erscheinen, lieblih und eigenartig anzushauen, wenn man dem Bergriesen den Nücken gewendet und s aus dem Gesichtskreis ausgesclofsen hat. Um si zu folcher Macht und Höbe, wie bei Beethoven, zu entwickeln, sind für die Symphonie nur 63 Jahre gatbig gewesen: Haydn's erste Symphonie ershien 1760 und Beetboven's „Neunte“ 1823; in ibr hat die Kraft und Tiefe des Geistes die sympbonishe Form fo innig und rei erfüllt, daß si- beinabe sprang. Alles was in den mehr als siebzig Iabren nach ihr geshrieben wurde, mußte binter ibr zurückbleiben. Die Nathfolger auf dem Gebiet der sympbonischen Dichtung versuchten ihr Heil auf zwei verschiedenen Wegen: der eine Theil bielt an der alten klassischen Form fest, und diese Komponisten bilden die neuklassische oder romantische

ichtung; der andere Theil fagte sih von der alten festgefügten Form der Symphonie los und suhte für seine musikalischen Gedanken ein ibnen jeweilig nah ihrer Eigenart angepaßtes Gewand; bierher gehört die fogenannte Programmmusif. Als die leitenden Kräfte der neu- klassischen Richtung, wie sie sich an Beethoven anschlossen, schilderte nun_ der Vorleser, immer im Hinblick auf ihre symphonischen Söpfungen, in überaus lebentvoller Form den genialen Melodien- reihtbum und die Gedankenkraft des zu jung verstorbenen Franz Schubert ; dann die lieben#würdige Vorrehmbeit und tadellose Formvollendung der Schöpfungen Felix Mendelsfobn's, der mit seiner Ouvertüre zum Sommernachtêtraum s{on als Jüngling wirkli wie ein vom Himmel gefallener Meister erschien, jedo keine fernere Entwicklung aufwies, wie die übrige Musik zum Sommernahtstraum erkennen läßt, die nit lange vor Mendelsfohn's frühem Tode geschrieben ift, aber mit der Ouvertüre wie aus einem Gufse geschaffen erscheint, troßdem die ganze musikalische Entwickelung seines Schöpfers da- zwish-n liegt. An ihn {loß sich eine Charakteristik des eigentlichen „Klavierpoeten*“ Robert Schumann an, dessen Ge- danken und Tbhemen, vorzüglich für Klavierkompositionen, für die Weite einer großen orchestralen symphonishen Dichtung aber zu klein ers{einen. Bei Jobannes Brahms wies der Vortragende darauf hin, daß auf geniale Gedankenblige in seinen Svpmphonien öfters grüblerishe, mehr mit dem Verstande erdahte als mit dem Herzen empfundene Theile folgen, die einen fast trockenen Eindruck machen ; aber die Form beberrst er meisterhaft im Gegen- faß zu Anton Bruckner, der etras {wer in der Form, dafür aber von einer blühenden, strablenden Phantasie erfüllt sei. Hiermit

und billigen. Nachdem Ober-Bürgermeister Zelle und der Stadt-

wird die neufklafsishe Richtung vorläufig abgeschlossen, und der

Redner wandte \sich der ¡weiten Richtung, t gramm Etwas von dieser Form, die sih ausgefpr Eo

Eedanken anléhnt, und erläuternde Ueberschriften für

Säße oder längere Erklärungen giebt, findet ran bei Beeth seiner „Pastorale*, und dieser fand sie auch bei seinen Zeitgenoßen \ in vor. Kräftig ‘tritt diese Form zuerst bei dem genialen Fr

tor Berlioz, hervor, der in feiner Sinfonie fäntasti :

Wege für die Sympbonie suchte ; die Umrisse der alten Form shimm in ihr nur noch schwa bindur, er ift auch der Vorläufer Richard Wagner's in Bezug auf das sogenannte „Leitmotiv“. ‘Berlioz n diese wiederkehrende. aber versiedenartig m ish eingefleitun Melodie eine idée fixe, die man in den vers, en Sägen seie Sinfonie fantasíique verfolgen fann; - bierzu g E Weingartner eine Erläuterung auf dem Klavier. Jn Berlioz? an „Romeo und Julie“ angelehnter Komposition tritt der Drang, einen Text musikalisch umzushafen, noch ftärker hervor so ftarf, daß es manhmal fast lächerlich wirkt. Berlioz verlangt bie- von der Musik, daß sie wirklihe Vorgänge s{hildere, während di Musik nur die Empfindungen und Seelenstimmungen ausdrütFen taa und foll, welde durch bestimmte Vorgänge hervorgerufen wies In diefen Irrthum verfiel auch später Franz Liszt, besonders in feiner „Idealen ; dagegen hat nah Weingartner?s Meinung Liszt in feinem e Mazeppa und feinem ¿Opis eine dem dihterishen Vorbilde voll ständig und künstlerish vollendet angepaßte Form gefunten. Einen ergreifenden Eindruck mate bei der Erwähnung des Musikers Liszt die Lobethymne, die der Vorleser dem Men)chen Liszt widmete, den er in Bezug auf seine unbegrenzte Liebeéfülle und srankenlofe Hilfsbereitshaft allen jungen strebenden Talenten gegenüber den a e E ante ¿Uuter E neueren Tondichtern

b F. ngartner noch als bedeutend Sinding, Borodin, i Richard Strauß und G. Makler bervor. S O,

_ Koblenz. Ueber die Bauten an dem Provinzial-Denk für Seine Majestät den Hochseligen Kaiser Wilhelm 1 s DOILORE weir geméthét, das das Mauerwerk bis zur Platt-

ellt ift; mi ü î Tod besbottia. em Aufführen der Quaimauern if man

_ Glasgow, 11. Februar. Einer bier eingegangenen Meldunc zufolge ist der Dampfer „Cyanus“, von Bilbao nach Glad unterwegs, in der Näbe von Ouessant gänzli verloren geganger Von der Mannschaft, die aus 21 Köpfen beftand, wurde nur ci Yann gerettet. i

__ Messina, 12. Februar. Kurz nah Mitternaht wurde hi ein Erdstoß und ein 8 Sekunden währendes Erd N versphE Auch in_ Catania, in Mineo, Oppido-Mamertina, Syracus und Neggio-Calabria wurde das Erdbeben wahrgenommen. Stodckholm, 9. Februar. Die anhaltende große Kälte (in vergangenen Woche 33 Grad Celfius) hat die E, an den Ge bäuden für die Allgemeine Kunft- und Industrie - Aus, stellung 1897 in keiner Weise beeinträhtigt. Die Weiterfübrunz derfelben hat man dadur ermöglicht, daß Arbeiter aus dem boben Norden berangezogen wurden, denen selbst dieses Klima noch gewifser- maßen milde ershien. Einzelne der Baulichkeiten sind im Innern bereits vollständig fertiggefteli. Die Wohnungéfrage für den er- warteten Zuftrom von Besuchern während der Ausstellung if dadur größtentheils erledigt, daß die Ausftellungsleitung selbst eine Anzabl stattliher Neubauten in der Nähe des Auéftellungégeländes über- nommen hat und dieselben als Hotels einrichtet.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

L E L R L L R A A Arr 5’íe rir r e r E E S r” Im

Wetterbericht vom 12. Februar, 8 Uhr Morgens.

|

Oscar Blumenthal. In Scene geseßt vom Ober- Regisseur Mar Grube. Anfang 7# Uhr. Sonntag: Opernhaus.

; Eine Palastrevolutiou. 40. Vorstellung. Undine. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr:

Schiller-Theater. Sonnabend, Abends 8 Uhr :

Konzerthaus. Karl Meyder - Konzert.

Sonnabend: 21. Operetten- uud - Romeo nund | Abend. y S

Berichte vou deutschen Fruchtmärkten.

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 12. Februar

Qualität

gering s mittel j gut

Ver-

(100 kg)

nie» | hôd- | nie- drigfter | fter |drigster| fter [drigfter |

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

| nie- | bè- fter ¡entner

M unbekannt)

ratur 49 R.

elsius

Stationen. Wind.

| G

v, Meeressp. r’d. inMillim

5 Tem in 9

59%GC.

Bar. auf 0Gr.

U.

764 768 754

Belmullet . . Aberdeen . Christiansund Kopenhagen . | 758 holm 750 aparanda . 746 T 1 T0D

P O O D A A D

b

G

x

53

s

E i

Cork, Queens- | t l 0E 765 1 468 L O8 l 5 winemünde | 759 Neufahrwafser 753 | n... 190 | 2j Münster... | 766 | 1'bedeckt Karlsruhe . . | 767 | 3\wolfenlos Wiesbaden . | 767 1 beiter München .. 765 1|Schnee Chemnig . . | 765 3!Schnee Berlin .…. | 761 4'halb bed. a. | 68 3|balb bed. Breslau... | 760 3\bedeckt

E... 762 | still bedeckt Uebersicht der Witterung.

Ein Hochdruckgebict erftreckt ih von den Britischen Inseln südostwärts nah dem Alpengebiet und liegt gegenüber einer Depression über dem nörd- lihen Shweden. Dementsprehend weben über Zentral- Europa nördliche bis westlihe Winde, die in Süd- norwegen stürmish auftreten. In Deutschland ift das Wetter kälter und beiter, am Morgen herrscht leihter Froft, in den südlihen Gebiets8theilen ift überall Niederschlag gefallen, stellenweise in erbeb-

Tiher Menge. Deutsche Seewarte.

S B T CRE E E N I E R I Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 39. Vorstellung. Taunhäuser nud der Sängerkrieg auf Wartburg. Romantische Oper in 3 Akten von Nichard Wagner. Ballet von Emil Graeb. In Scene geseßt vom Ober-Regifseur Teglaff. Dekorative Eincihtung vom Ober-Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 44. Vorftellung. Abu Seid. Luftspiel in 1 Aufzug von Oscar Blumenthal. Fn Scene geseßzt vom Ober-Regisseur Mar Grube. Das zweite Gesicht. Lustspiel in 3 Aufzügen von

E 22

D O m Mm fn i O E r n n EETES

S

HMIIONIOMRR O IDOOHR T1

J |

Romantische Zauber-Over in 4 Akten von Albert Lorßing. Tert nah Fouqué's Erzählung frei be- arbeitet. Tanz von Emil Graeb. Anfang 7x Uhr.

Schauspielhaus. 45. Vorstellung. Der Biblio- thekar. Schwank in 4 Aufzügen von Gustav von Moser. Anfang 7 Uhr.

Neues Königliches Opern-Tbeater (Kroll). Der Königslieutenaut. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Gußkow. Der Billet-Verkauf zu diefer Vorstellung findet heute und morgen in der Zeit bon 9—10 und 12—1# Uhr im Königlichen Schauspielhause ftatt. Preise der Pläge: 3, 2, 1,50 A und 75 „». Auf- geld wird nit erboten. Anfang 74 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Die ver- sunkenie Glocke. Anfang 74 Ubr.

Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Die Weber. Abends 7F Uhr: Die versunkene Glocke.

Montag: Die versunkene Gloee.

Berliner Theater. Sonnabend, Nabmittags 3 A Aschenbrödel. Abends 7F Ubr: Mutter- rechte.

onntag, Nahmittags 27 Ubr: Die Jungfrau von Orleans. Abends 735 Uhr: Nea

Montag: König Heiurich.

Lessing - Theater. Sonnabend: Zum erften Male: Meerleuchten. Schauspiel in 4 Aufzügen von Ludwig Gangbofer. Anfang 7ck Uhr.

Sonntag, Nachmiitags 3 Uhr (volkstbümliche Preise): Der Probepfeiï. Abends 74 Uhr: Meerlenchten.

Montag: Der Fall Clémencean.

Residenz-Theater. Direktion : SigmundLauten- burg. Sonnabend: Affociés, Lustspiel in 3 Akten von Leon Gandillot. Deutsch von Max Schönau. Anfang Uhr.

Sonntag und folgende Tage: Affociés. D anan s Ut Bei halben reisen : er enbefizer. Schauspiel i 4 Akten von Georges Ohnet. s

Uenes Theater. Schiffkauertamm 4 a. / 5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: S E Me v GREN von Victorien Sardou. Für die deutf übne bearbeitet vca Paul Lindau. In Scene gesezt vou Sigmun Lautenburg. Anfang 74 Übr ley s , eas gf Jae HNe! Marcelle. Sonntag, Mittags r: Matinée der Dra- matischen Gesellshaft. Agnete.

Juiia. Abends 8 Ubr: Der Millionenbaner.

Theater des Westens. Kanistraße 12. (Babn- bofZoologisher Garten.) Sonnabend : Der Militär- staat. Anfang 7# Ubr.

Sonntag, Nachmittags 3 Ubr : Bei balben Preisen : Sreee Frauen, Abends 77 Uhr: Wilhelm

ell.

Die x. Abonnenten werden böflichft ersucht, die Billets zur zweiten Hälfte des Abonnements im Bureau des Theaters des Westens bis 15. d. M. ab- bolen zu wollen.

Theater Unter denLinden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritsche. Sonnabend: Der kleine Herzog. Operette in 3 Akten von Meilhac und Halévy. Musik von Charles Lecocq. Dirigent: Herr Kapellmeifter Korolanyi. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Der kleine Herzog.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei bis zur Hälfte ermäß'gten Preisen: Der Obersteiger.

Mittwoch, den 17. Februar: Strauß-Cyclus. 1. Abend: Indigo und die vierzig Räuber. Große Ausftattungsoperette.

Thalia-Theater (vorm. Adolph Ernft-Theater). Dresdenerstraße 72/73. Direktion: W. Hasemann. Sonnabend: Frau Lientenaut. WVaudeoille in 3 Akten von P. Ferrier und A. Mars. Deutsch von H. Hirshel. Musik von G. Serpette und V. Roger. Anfang 7# Ubr.

Sonntag und folgende Tage: Frau Lieutenaut.

Sonutag, Nachmittags 3 Ubr: Triiby.

Bentral -Theater. Alte Jakobstraße 830. Direktion : Rihard Schulß. Sonnabend: Emil Thomas a. G. Novität! Ein fideler Abend. Burleske dramatische Nevue in { Vorspiel und 3 Bildern von I. Freund und W. Maznstädt. Musik von ver- schiedenen Meistern, arrangiert von Julius Einsds- bofer. Anfang 7} Uhr. es und die folgenden Tage: Ein fideler

Konzerte.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: EL. Konzert von Leonora Jackson (Violine) mit dem Philharmonischen Orchester, unter gütiger Leitung des Herrn Professor J. Joachim.

Saal Bechstein. Sonnabend, Anfang 74 Uhr : E E E DATELRNE: Nicking, ampelmaun, ing. itwirkung: Herr Feli Drevyschock (Klavier). E Bs

Zirkus Renz. Karlstraße. (Jnubiläums- Saisou 1896/97.) Sonnabend, Aber ds 7# Uhr: Varade-Gala-Vorftellung. Auffübr. der Novität: Durchshlagender Grfolg! Anus der Mappe eiues Riesengebirgs - Phantaften. Eine romantisdy phantastisde Handlung von Direktor r. Renz und dem M eczoas heisischen Hof - Balletmeifter August Siems. Außerdem die hervorragendften Nummern des Revertoirs. Früblingsreigen, geritten von ò Damen. Donner und Darius, Rapphengste, vorgeführt von Herrn Robert Renz. 6 Trakehner Fuchsbengfste, dreffiert und voraeführt von Herrn Hugo Herzog. Auftreten des Schulreiters Mr. Gaberel mit dezr Schulpferd Albarac.

Sonntag: Zwei große Vorftellungeu. Naw- mittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren frei): Luftige Blätter! Großes elek- trishes Ballet. Abends 75 Ubr: „Aus der Mappe eines Riesengebirgs:-Phautasteu“.

F E E E C E Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth Sibeth mit Hrn. Hauptmann Otto von Fumetti (Güftrow i. M.). Frl. Hildegard Herrmann mit Hrn. Regierungs- Affefsor und Prem.-Lieut. d. R. Hugo Gansfe (Scheitnig—Breékau). Frl. Else Brunnemann mit Hrn. Gerichts-Assesor Paul Chrenberg (Lauban-— Landsberg a. W.).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Regierungs-Affefsor M. von Brakenhausen (Neu-Ruppin). Hrn. Pi maun LILUG (Oppeln). Hrn. komm.

eis-Schulinspektor Thaer (Schwelm).

Gestorben: Hr. Major a. D. Dietrih Mens (Charlottenburg). Hr. Amtsgerihts-Rath a. D. Guftav Bochkoly (Straßburg i. E.). Hr. Se- beimer Ober - Justiz - Rath Adolf Etienne (Göttingen). Hrn. Amtsrath Richter Tochter Gretchen (Frauendorf).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagt- Anftalt Berlin SW., Wi ftraße Nr. 32.

Sechs Beilagen

(eins@ließlid Börsen-Beilage), und die Gewinnlifte der dritten Klafse der

crften Weseler Geld:Lotterie.

Ï K

Weiz 13,10 | 13,60 # 14,00 | 14,70 î? 15,10 | 15,50 | 15,50 | 16,00 | 16,50 | 16,50 | | L15201 14,70 | 15,20 | 15,70 | 16,00 ! 16,40 ! 15,50 | 15,50 | 16,00 | 16,50 | 16,50 | Rogg |— #1230 | 12,30 | 12/50 | | | 10,80 | 11,30 | 11,30 | es | 12,00 | 11,30 | 11,50 | 11,60 | 11,70 | 11,90 | ! 10,80 | 11,30 î 11,30 |

11,20 | 11,90 | 1220 | 12,55 | 16,80 | 11,00 | 12,00 | 13,00 | 13,30 | 14,50 |

Haf 12,00 | 12,00 | 12,60 | 12,60 | 12,95 l 1060| A | | 11,60 | 12,10 | 12,30 | 12,50 | 12,90 * 13,10 | S L 60

Bemerkung. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Dur-

hnittépreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

Deutscher Reichstag. 173. Sigzung vom 11. Februar 1897, 1 Uhr.

Das Haus seßt die am Donnerstag, den 4. d. M., abae- brohene Berathung über den Antrag der Abgg. Au er (Soz.) und Gen. wegen des Achtstundentages fort.

bg. von Puttkamer-Plauth (d. konf.) wendet sih_gegen den Antrag, der nur der Agitation diene und \{ließlich zur Schädi- gn der Arbeiter führe, wie ja auch der Hamburger Ausftand zum ahtbeil der Arbeiter ausgeshlagen sei und zu blutigen Zu- sammenstößen gefühnt habe. Deshalb müsse man den fozialdemo- fratishen Forderungen gegenüber sehr vorsihtig sein. Die Ver- fürzung der Arbeitäzeit werde zu einer Verminderung der Arbeit und des Arbeitslohnes führen; wenn der Lohn derselbe bleiben solle, daun müßte man von den Arbeitern befsere Leistungen verlangen, wozu nit alle im ftande seien. Die {wachen Kräfte würden dann entlaffen werden. Von einer Reservearmee Arbeitslofer könne man nit sprechen, denn in den Großstädten finde jeder Arbeitswillige Be- \chäftigung. Wenn man den Arbeitern helfen wolle, dann folle man vor dem Zuzug nah den großen Städten warnen. Mit dem Zebn- ftundentag habe man angefangen; wenn man_den Achtstundentag erreiht habe, werde die Agitation für den Siebenstundentag be- ginnen. Deutsch seien solhe Anträge nit, denn die deutshen Arbeiter wollten durch Arbeit und Selbsthilfe vorwärts kommen, von der follektipistishen Arbeit wollten sie nihts wissen. Von dem Boden der Kaiserliten Botschaften entferne man sich nit; man habe freudi die schweren Lasten der Verficherung der Arbeiter auf fi genommen. Daß Kaiserliche Verfprehungen nicht ein- gelôft seien, dem müsse entshieden widersprochen werten. Der Kaiser theile die Souveränität im Reiche mit den anderen Bundeéfürsten. Nach dex Intentionen des Kaisers sei die soziale Gesetzgebung geschaffen, die viel mebr für die Arbeiter bedeute, als alle fozialdemokratische Agitation. Wenn in einigen Betriebszweigen die Arbeitszeit zu lang fei, dann sollten die Sozialdemokraten ih s{riftlich an den Bundes- rath wenden, der ja nur zu leiht auf folbe Anregungen eingebe, wie die den Kleinbetrieb {wer \{ädigende BäKereiverordnung beweise. Aber freilich, bei einem solhen Vorgeben fehle die öffentliche Agitation, die doh der Hauptzweck sei. Es herrshe überall das Gefühl, daß für die kleinen Unternehmer in Gewerbe und Landwirthschaft au einmal etwas geschehen müsse; denn ihnen gehe es meist s{lechter als den Arbeitern. Der Hinweis auf England sei nicht maßgebend, denn der englishe Arbeiter sei geshickter und lebe besser. Mit der verbesserten Technik seien die Löhne gestiegen und sei die Arbeitszeit verkürzt worden. Der Anirag zeige, daß die Zeit der Wahlen beranrücke. Seine Partei lasse ich von solhen Rücksichten nicht beeinflufsen, selbs auf die Gefahr eines Stimmenverlustes hin. Die Mehrzahl der nicht irre geführten deutschen Arbeiter ftehe hinter ihr. : A : Abg. Hüpeden S k. F.): Weite Kreise der Arbeiter bedürfen einer Verkürzung der Arbeitézeit nit, aber den Dienstboten 3. B. wird ihre Sonntagsruhe dur die Geselligkeitspflege am Sonntag gekürzt. Hier und bei den Handlungsgebilfen müßte geholfen werden, aber der Antrag if zu umfassend und deshalb niht annehmbar. pebeyingt kann man ater nit zugestehen, daß der fleine Betrieb längere Arbeitszeit brauche; ein Kleinbetrieb kann sih nicht auf Kosten der Gesundheit seiner Arbeiter erbalten. Von der freien Ent- [Wliesung der Arbeiter, ihre Kräfte auszunußzen, karn hierbei nit die Rede sein. Je weniger man den Arbeitern Selbsthilfe durch die Organisation gestattet, desto mehr muß man mit der Staats- bilfe hervortreten. Die allzulange Arbeitszeit führt zur Trunksucht und zur Gntwöhnung von höheren Genüfsen. Man follte etwas muthiger sein. Die Gebildeten kommen ja allmählich zu der Ein- ficht, daß den Arbeitern hier geholfen werden muß. Der Vorredner hat wenigftens nit behauptet, daß die Februar-Grlasse von 1890 ausgeführt seien. Der Handels-Minister von Berlepsh hat erklärt, daß fie noch nicht erfüllt sind. Wo wären denn auch die Einigungë- ämter, die Organisationen der Arbeiter? Der Hamburger Ausftand gt daß die Arbeiterfrage eine Orgauisationsfrage ift. Wenn dem rrer Naumann ein Play bei den Sozialdemokraten angewiesen wird, so hoffe ih, daß er bald in der Lage sein wird, sih hier einen laß zu suchen. Die gewerkshaftlihe Bewegung, auf welche der dfarrer Naumann die Arbeiter verweist, ift keine grundsäglih fozia- istishe; die leßtere, die mehr politishe, lebt von der Hoffnungs- losi der beutigen Zustände. Abg. Dr. Freiherr von Hertling (Zentr.) legt den Standpunkt des

Gerfte.

en. 16,30 s s s s ° É 17,00 16,75 | 10. 2. 30 15,70 x : j Ï ° N

16.70 : Ï E E 17,00 16,00 | 11.2.

C 12,70 Î i 5 L ; 11,80 é 11,55 | 10. 2. 12,20 : : : R

12,10 s s L 11,80 2E 11,30 | 11.2.

16,80 15,40

er. 13,60 s . ¿ 12,69 40 484 12,10 12,00 : . ° 13,20 s 5 jz 12,60 50 605 12,10

12,07 | 10. 2.

12,10 | 11. 2.

63 Stunden zum Auêsdruck gekommen fei, und vertheidigt folgenden,

das den Fall der Ablehnung dieses Antrages gestellten Eventual-

antrag:

„Die verbündeten Regierungen zu ersuhen: 1) Erhebungen, insbesondere unter Befragung der Gewerbeaufsihtsbeamten, der Krankenkafsenvorstände und -Aerzte, sowie dur Vergleihung der Statistik der Krankenkassen und Inbvaliditätsanstalten darüber anzustellen, in welchen gewerblihen Betrieben durch übermäßige Dauer der täglicen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird; 2) auf Grund dieser Erhebungen überall dort, wo eine solche Gesundhbeitsgefährdung vorliegt, in Ausführung des § 120 8. Abs. 3 der S O O Ann dur entsprehende Verordnungen die Arbeitszeit zu regeln.“

Der sozialdemokratishe Antrag beziehe sich nur auf die gewerb- lihen Arbeiter und degradiere dadur die landwirthschaftlichen Arbeiter. Schon 1882 babe er unter Verwerfung allzu weit gehenden Zwanges den SWuyz der Persönlichkeit des Arbeiters, insbesondere der Frauen und der jugendlihen Arbeiter verlangt. Die Gesundheit der Arbeiter gehe allen fonstigen Interessen der Betriebe voran.

Abg. von Kardo rff (Np.): Ich glaube nicht, für den ursprüng- lihen Antrag des Zentrums stimmen zu Fönnen, wohl aber für den Eventualantrag. Die Sozialdemekraten verwahren fih dagegen, daß ihr Antrag lediglich agitatorisch sei; sie weisen auf die Betriebe hin, in denen der Achtstundentag schon eingeführt ist. Wenn die Fabrikanten selbst den Nußen erkennen, dann werden fie sich nicht aus bloßer Nea gegen denselben sperren. Die Wirkungen des Acht- tundentages kann man heute faum statistisch feststellen. Sollte die intensivere Arbeit niht zur Schädigung der Gesundheit führen ? Der beste Interpret der Kaiserlichen Erlasse von 1890, Herr von Berlepsch, hat in denselben feine Befürwortung des Normalarbeitttags für erwachsene Arbeiter gefunden. Herr von Berlepsh wird seinen Poften wobl verlassen haben, weil er bezügli der Arbeiterorganisationen nit mit den verbündeten Regierungen übereinftimmte. Der Reichstag und die NReatierung werden den sfozialdemokratishen Antrag nicht annehmen. Die Regierung thäte am besten, den Antrag damit zu beantworten, daß sie die Bäkereiverordnung suspendiert, bis die vom Vorredner beantragte Enquête angestellt sein wird. Aus allen Theilen Deutshlands babe ich Zuschriften erhalten, daß die kleinen Betriebe bei der Verordnung nit bestehen und die damit verbundenen Polizeimaßregeln nicht ertragen können, daß die Ge- fellen Sozialdemokraten geworden sind und das gute Verhältni zwischen Gesellen und Meijter aufgehört hat. Der Achtstundentag ift feine Maßregel der Evolution, sondern der Revolution. Der Kultur- fortsritt berubt auf der größeren Herrschaft über die Kräfte der Natur, folche Anträge aber hindern den Fortschritt. Ein Druck auf die Völker kann ja eine Revolution hervorrufen, die Evolution ift aber eine sehr langsame. Der Antrag hat nur den Zweck, die Sozial- demokratie zu rehabilitieren nah dem Fiasko des Hamburger Aus- standes; deshalb sollte der Bundesrath die Bäkereiverordnung auf- beben und die Bedrohung der Arbeitswilligen seitens der Ausftändigen durch geseßliche Mittel verhindern. :

Die Abgg. Rösicke (b. k. F.) und Dr. Pachnicke fr. Vgg.) beantragen, die Nr. 2 des Eventualantrages des

entrums folgendermaßen zu fassen:

„Auf Grund dieser Erhebungen für diejenigen Betriebe, in welchen eine solhe Gesundheitsgefährdung vorliegt, in Aus- führung des § 1206 Ubsay 3 der Gewerbeordnung oder im Wege der Reichsgeseß gebung die Arbeitszeit zu regeln.

Abg. Hilpert (b. k. F.) erklärt sih gegen den Achtftunden- Arbeitstag und gegen die DES Ee eng,

Abg. Rösike (b. k. F.): Der sfozialdemokratische Antrag hat keine sozialistishe Tendenz, ebensowenig wie der Antrag des Zentrums, der den bygienishen Maximalarbeitstag verlangt. Wenn man neben den bygienishen Gründen auch wirthschafiliche und _„ethische hineinzieht, so wird der Antrag dadurch noch nit revolutionär. eine internationale Regelung der Frage nicht möglich ift, fo würde eine Regelung in Deutschland allein Fbr unvertheilhaft sein, zumal der Unterschied zwischen der bestehenden Arbeitszeit und dem Acht- ftundentag eine zu große ist. Es foll nur bewiesen werden, daß alle Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokratie nicht arbeiterfreundlih find. Hätten die Sozialdemokraten die Mehrheit, fie würden den Antrag aus wirthschaftlihen Gründen niht annehmen. Ver- fürzte Arbeitszeit kann eine Mehrleistung zur Folge haben, aber nicht, wenn man von 10, 11 oder 12 Stunden auf 8 Stunden zurüdgeht. Es wird also eine Lohnverkürzung eintreten, der die Arbeiter nicht

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 37.

1897.

mit den niedrigsten Löhnen und der längften Arbeitszeit. Jedenfalls kann man nicht überall R verfahren. Redner verweist auf die Aptibhomng des 8& 1208 der Gewerbeordnung, aber unter Zu- stimmung des Reichstages.

Abg. Dr. Graf Udo zu Stolberg-Wernigecod e (d.konf.): In den Kaiserlichen Erlafsen war ein Maximalarbeitêtag für erwachsene Arbeiter niht vorgesehen. Der Prinzipalantrag Hiße ift überflüisig für die Fabriken und schädlich für die Kleinbetriebe. Die Arbeitszeit an sich ist niht maßgebend, sondern die damit verbundene Gesund- heitsgefährduna; die legtere if bezüglih der Bätereien niht er- wiesen. Die Statistik sollte erst die Gesundheitsgefährlichkeit der ver- schiedenen Betriebe nahweisen. Deéhalb ftimmen wir für den Eventualantrag des Zentrums.

Abg. Schall (d.fons.) s{liest sfih den Ausführungen des Vor- redners an und bedauert, das Geistlide so weit gingen, sih auf Seite der Arbeiter allein zu ftellen. Es fei Schwäche des Kirchen- regiments, daß sie das dulde. Wenn Herr Naumann in den Reichs- tag komme, dann habe er hoffentlih den Pastor abgelegt; denn eine solde Kollegenshaft würde ihm, dem Redner, unangenehm fein. Wenn die Staatsbetriebe mit der Verkürzung der Arbeitszeit vor- angingen, dann würden die Privatbetriebe benattbeiligt in ihrer Konkurrenzfähigkeit.

Abg. Dr. Förfter- Neustettin (Reformp.) beantragt, in den s Hitze die 63 flündige Normalarbeitswohe auch für das erkehrswesen einzufügen.

Abg. Dr. Schneider (fr. Volksp.) beantragt, den § 120 e ledigli im Wege der Gesetzgebung, niht im Wege der Verordnung aus- zuführen; der Widerstand, den die Bätereiverordnung gefunden habe, beweise die Nüßlichkeit der Mitwirkung des Reichstages.

Abg. Legie n (Soz.) ftellt fest, daß die Regierung keine Stellung zu dem Antrage genommen habe. Agitatorish sei derselbe nit; denn da der zehnftündige Arbeitstag bereits im vollen Umfange be- ftehe, kônne man nicht mehr für denselben eintreten. Herr von Hertling sei im Gegensaß zu dem Abg. Hitze der Vertreter des Unter- nehmerthums im Zentrum. Redner führt verschiedene Beispiele an ¡um Beweise, daß die Arbeit in kürzerer Zeit intensiver, die Löhne höher würden, und weist die Behauptung zurück, daß der Auéftand in mburg zu Erxcefsen geführt hätte. Der Abg. Schneider ftelle ih mit den Hir!ch-Duncker’shen Gewerkvereinen in Widerspruch, denn diese hätten 1894 einen neunstündigen, für gesundbeits\chädlihe Be- triebe einen ahtstündigen Normalarbeitstag verlangt.

Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen. Nach persönlihen Bemerkungen der Abgg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.), Hüpeden, Freiherr von Hertling und Schall erhält außerhalb der Tagesordnung das Wort

Abg. Graf von Mirbach (d.kons.): Ih war gezwungen, wenige Stunden nah der Sißung am Freitag in dringlichen Angelegenheiten nah Hause zu reisen, und habe aus Zeitungsnachrihten und dur Einsicht in das Stenogramm gefunden, daß der Abg. Dr. Lieber einen überaus scharfen Angriff gegen mih ausgesprochen hat. Er erklärte: wenn meine Erklärung im weiteren Verlaufe der Sißung erfolgt wäre, so würde er von seinem Standpunkt aus befriedigt worden sein. Herr Dr. Lieber bätte Gelegenheit gehabt, damals si sofort gegen mi zu wenden, und ih bätte damals sicher jedes Bedenken in Bezug auf meine Loyalität zerstreut. Statt dessen haben fehr heftige Angriffe gegen meine Person \sich vollzogen. Meine Bemerkung im Zusammen- bange mit der Erklärung, die ich im weiteren Verlauf der Sitzung gab, sollte nihts Verleßendes haben. Wenn troß dieser Erklärung derartige Angriffe wie die des Herrn Dr. Lieber, von einer anderen Seite des Hauses erfolgt wären, würde ih kein Wort darüber verloren baben. Ganz anders liegt die Situation, wenn ein derartiger s{arfer Angriff aus den Reihen des Zentrums vorliegt. Ich kann nachweisen, daß die Herren vom Zentrum keinen Grund haben, meiner Perfön- lihfkeit irgend welches Mißtrauen entgegenzubringen. Ich bitte, mir aus meiner recht langen parlamentarishen Vergangenbeit nachzu- weisen, ob jemals in irgend einem Falle, wo eine Meinungsverschieden- heit zwishen den Herren vom Zentrum und mir bestanden hat, ih irgend welhe Schärfe angewendet habe. Ich habe niemals von seiten der Herren vom Zentrum irgend eine Anerkennung oder einen Dank, aber ih hâtte von ihnen eine gerechte Beurtheilung erwartet. Es fei bei mir ein ‘Mangel an vornehmer Haltung bemerkbar ; das ist eine persönliche Verleßung, wofür bei noch so unfreundliher Interpretation meiner Bemerkung ein Analogon meines Erachtens nicht zu finden ift. F{ch will hier nicht allgemein die Frage stellen, ob ih den Herrn Dr. Lieber als kompetent anerkennen würde für die Entscheidung der Frage, was vornehm ist. In einer sahlihen Diskussion im Parlament ift eine vornehme Tonart etwas, was von großer Bedeutung if. Ich glaube, die rechte Seite des Hauses brauht ein Urtheil nah diefer Richtung nicht zu sheuen. Da ich in Anklagezustand verseßt bin, fo darf- ih über mich hier niht sprechen. Ich resümire mich dahin: ein so scharfer Angriff ift nicht gerechtfertigt gewesen, und ih weise diesen \harfen Vorwurf auf das entschiedenfte zurü. A Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Herr Graf von Mirbach hat gemeint, ih bätte Gelegenheit gebabt, mih sofort nah seinem Ausfalle gegen ihn zu wenden. Ih muß geftehen, daß Herr von Mirbach Recht hat, und ih muß zur Erläuterung des Umstandes, daß ih mich erft am folgenden Tage gegen ihn wandte, dem Haufe mittheilen, daß ih au die Absicht hatte, mich sofort gegen ihn zu wenden, und daß ih von dieser Absicht nur Abstand genommen habe, weil mir von Freunden des Herrn von Mirbach eine befriedigende Erklärung am Schlusse der Sizung in Aussicht gestellt war. Da diese Erklärung auch nah Ansicht meiner politishen Freunde niht befriedigend war, mußte ih es am folgenden Tage thun. Er scheint mir vorzuwerfen, daß ih das in seiner Abwesenheit gethan habe. In der Regel versteht man unter Angriffen auf Abwesende Angriffe auf solche, die einem Parlament nicht angehören; von einem Parlamentsmitglied wird vorausgeseßt, daß es seine Pflicht erfüllt. Er kann fsih aber um so weniger über diese Abwehr meiner Partei, muß ich sagen, seines An- griffs beshweren, als ich ausdrüdlih mein lebhaftes Bedauern darüber ausgesprochen habe, iha nit an seinem Plage zu sehen. An seiner Abwesenheit bin ih meinerseits absolut unschuldig, und eine andere Gelegenheit, ihm zu antworten, als an diesem folgenden Tage hatte ih niht. Nun hat der Graf Mirbach geglaubt, nur ein Zweifel an der Loyalität seiner Person, nur ein Mißtrauen gegen seine am Schluß der G e abgegebene Erklärung habe mi zu einem solhen Urtheil berehtigen können. Graf Mirbach hat entweder nicht gelesen oder nicht verstanden oder nit verstehen wollen, daß ih in meinen Darlegungen selbst wie in der Entgegnung gegenüber dem Vorsißenden der konservativen Partei aus- drücklih darauf aufmerksam gemacht habe, daß die persönliche Seite für mih nah feiner Erklärung vollständig aus scheide und daß ich nur im Willen meiner pclitishen Freunde, und, um meinen eigenen Gefühlen zu genügen, mich gegen den von ihm geseßten und nicht zurückgenommenen objektiven Thatbestand gewendet habe. Wie nun Graf Mirbach aus dieser meiner Erklärung einen Zweifel an feiner Lovalität, ein Mißtrauen gegen seine Erklärungen \{chlechthin, die ih acceptirt habe, herleiten will, verstehe ih nicht. Ich muß das wiederum nur als einen Ausdruck der Verlegenheit betrachten, in die der Herr Graf sich selbst , nicht aber ih ihn gebraht habe. muß ihm Servauvs das Recht bestreiten, über Abwesenheit eines Abgeordneten hier Beshwerde zu führen. Hat etwa der Graf Limburg,

Fertrums dar, wie er in dem auf die Kaiserlichen Erlasse von 1890 berufenden Antrage Hitze wegen Einführung einer Arbeitswoche von

entgegentreten können. Besonders geschädigt würden die Arbeiter

obwohl er Mitglied des Reichstages ist, trgend welhe Bedenken ge-