1897 / 40 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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E E E L 3 M T De: A “Duifi cndin R A 30 002 E H bn dem E wi Es L E S

des Großen, namentlich auch durch Beflaggen der ihnen unterstellicn Staatsgebäude und, sofern an dem be- treffenden Ort eine allgemeine Jllumination stattfinden ollte, dur Beleuchtung derselben zu betheiligen. üglih r im Bereich der Kirhe und Schule zu veranstaltenden Gedächtinißfeiern wird das Erforderliche durch besondere Ver- fügung angeordnet werden.

Sachsen- Meiniugeu. __ Der Landtag lehnte in seiner Sißung vom 13. d. M- mit 11 gegen 9 Stimmen die freifinnigen Anträge auf Ab- änderung des Landtagswahlgeseßes ab.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser empfing heute den Minister dcs Aeußern Srafen Goluhowsfki und den Admiral Freiherrn von Sterneck. Gestern waren der russishe Botschafter Graf Kapnift, der franzöfishe Botschafter Lozé, der türkische Botschafter Mahmud Redim Bey sowie der serbische Nr « Branden Simitsh von dem Kaiser empfangen worden.

Im böhmischen Landtage begründete gestern der Abg. Schlesinger den Kurienantrag und bezeichnete denselben lediglich als Vorfrage, von der das Verbleiben der Deutschen im Landtage abhänge. Der Abg. Kaizl er- klärte den Antrag in der vorliegenden Faffung für un- annehmbar. Der Abg. Prinz Ferdinand Lobfkfowißtß führte aus, der Kurienantrag sei dem Großgrundbesiß nicht unsympathisch, die Frage sei jedoch heikel. Der Antrag des Abg. Schlesinger, die vorjährige Kommission zur Berathung des Kurienantrages zu reaktivieren, wurde angenommen, dagegen die in dcm Antrag enthaltene Bestimmung, daß die Kommission hinnen 14 Tagen berichten solle, abzelehnt.

Der ungarishe Staatsfkfassenausweis für das IV. Quartal des Jahres 1896 ergiebt an Einnahmen 1537 Millionen, an Ausgaben 1143 Millionen Gulden. Die Einnahmen stellen sih gegen das vorhergehende Jahr um 9,8 Millionen günstiger, die Ausgaben um 9 Millionen un- ünstiger. Die Einnahmen des ganzen Jahres 189% Fellen fich gegen das Vorjahr um 27,1 Millionen, die Ausgaben um 39,7 Miklionen höher ; die Bilanz ift daher um 126 Millionen Gulden ungünstiger. Das Mehr an Aue- ift aus\schließlich durch die im leßtcn Jahre für die

isenbahnen gemachten Aufwendungen veranlaßt. Von den Mehreinr ahmen des lezten Vierteljahrs entfallen auf die direkten Steuern 11/4 Villionen, auf die Verzehrungésteuer ebenfalls 11/2 Millionen, auf die Münze 4 Millioren, auf die Staatsbahnen 2,3 Millionen.

Großbritannien uud JFrlaud,

Die Kaiserin Friedrich hat fich gestern von Sandring- ham nach Windsor begeben, wo Allerhöchstdieseibe zum Be- H A der Königin Victoria einige Zeit zu verweilen gedenkt.

Das „Reuter she Bureau“ veröffentliht die folgende Mittheilung: Wenn Griechenland troß der an dasselbe gerihteten Ermahnung bei seinem gegenwärtigen Vorgehen beharrt, bleibt den Mächten nur übrig, Griechenland durch Anwendung von Gewalt zu zwingen, von seiner Haltung abzugehen. Dieser Schritt würde zwar vollständig gegen die Neigung der Mächte sein, aber die Haltung Griechenlands schaffe eine Lage, welche den europäischen Frieden so ernstlich bedrohe, daß ein folcher Schritt unvermeidlih werden könne. Was die Pazifikation von Kreta anbelange, so sei die türkische Regierung damit einverstanden, dieselbe in den Händen der Mächte zu lassen. Die Kabinette zählten in di:ser Hinsicht auf die Rathschläge der Schiffskommandanten. Wenn es erforderlich werde, würden die Kriegéschiffe jeder in Kanea ve! tretenen Macht Marine-Jnfanterie aus’ciffen, welche die Jnsel nach eincm in vielen Einzelheiten roch fesizusezenden Plane occu- ptieren werde.

Im Oberhause crklärte gestern der Premier-Minister Lord Salisbury: Bezüglih des Standes der Dinge auf Kreta könne über die Thatsachen kein Streit bestehen. Reformen seien vereinbart und deren Durhführung in An- griff genommen worden; da sei die griehishe Negie- rung, augenscheinlih unter dem Drucke der öffentlichen Meinung in Griechenland, dazwischen getreten und habe Schiffe nah den fkretishen Gewässern abgesandt. Alle Mächte ohne Ausnahme seien der Meinung, daß dies Vorgehen höchst anbedacht sci, und sie hätten, sobald irgend ein Anzeichen dafür bestanden habe, daß dasselbe geplant sei, dagegen Ein- spruch erhoben und ihre Meinung der grichishen Regierung in sehr eriusten Worten zum Ausdruck gebraht. Umsomehr hielten die Mächte bei dem neuen Stand der Dinge an ihrer Meinung fest, daß das Vorgehen Griechen- lands im höchsten Grade unklug sei, und er glaube, daß die Mächte in keiner Weise Neigung hätten, das- selbe gutzuheißen. Die britische Regierung bleibe bei ihrer bisher beobachteten Haltung, indem sie mit den übrigen euro- Pana Mächien zusammengehe und mit èenselben gemcin- chaftlih handle. Die Offiziere der britishen Flotte seien an- gewiesen, nicht isoliert, sondern mit den Offizieren der Flotten der übrigen Mächte gemeinsam vorzugehen. Natürlich sei cine der Folgen dieses gemeinschaftlichen Vorgehens, daß man nicht mit Sicherheit über die Richtungslinie sprechen könne, wclche die Mächte wohl einshlagen würden. Er könne daher lediglih sagen, daß das sympathische Einvernehmen der Mächte vollkommen bestehen bleibe und daß kein Grund zu der Annahme vorhanden sei, dasselbe werde geringer werden, oder daß bei den Mächten irgend eine Absicht bestehe, von der bisher befolgten Politik abzugehen.

Jm Unterhause theilte gestern der Parlaments-Sekretär

des Reußern Curzon mit, daß ter Regierung seit dem 20. Februar vorig-n Jaÿres keine Nachriht über Ma- tjaasa zugegangen sei; weder die Nachricht, daß demselben erlaubt worden sei, nah Samoa zurückzukehren, noch daß die ausländishen Konsuln hiergegen Einspruh erhoben hätten. Die Regierung habe gehört, Mataafa befinde sich noch in Zaluit; es sei keine unmittelbare Aussicht vorhanden, daß demselben die Rückkehr nah Samoa werde gestattet werden. _ Jn Glasgow wurde gestern an Stelle des Liberalen Trevelyan, welcher sein Mandat niedergelegt hat, der Liberale Lameron mit 4506 Stimmen zum Mitglied des Unter- hauses gewählt. Der unionifstishe Gegenkandidat Dikson erhielt 4381 Stimmen,

Frankreich.

Die „Agence Havas“ meldet: Die Uebereinstimmung der Mächte in der Richtung der Aufrechterhaltung des Friedens bestehe unershüttert fort. Die Bemühungen Griechenlands, den Frieden zu stören, würden gegenüber dem thätigen Willen der Mächte keinen Erfolg haben können.

Die Deputirtenkammer seßte gestern die Berathung des Budgeis fort. Die oi eig rg Le Hérissé und Jaurès äußerten den Wunsch, die Regierung über die fretishe Angelegenheit zu interpellieren. Der Minister- Präfident Méline erklärte darauf, es sei unmöglich, ohne Ag hteiles dem Hause zur Zeit Mitthei- lungen über diese Ange eei zu machen, und forderte die Vertagung der Jnterpellation als einen Vertrauensbeweis, dessen das Ministerium besonders unter den gegenwärtigen Umftänden bedürfe. Hierauf wurde die Vertagung der Jnterpellation mit ey gegen 170 Stimmen beschlossen und die Sißzung auf- gehoben.

Nah Meldungen der Pariser Blätter aus Toulon haben das Panzerschiff „Dévastation“ und drei Kreuzer Befehl erhalten, fih zur Abfahrt nah der Levante bereit zu halten.

Eine Note des Marine-Ministers, Azmirals Besnard theilt mit, daß franzöfishe Marinesoldaten auf der Tahiti benachbarten Jnsel Rajatea (Gesellscaftsinseln) infolge von Widerseglichkeit der Eingeborenen hätten einschreiten müßen, wobei mehrere Eingebor:ne getödtet und verwundet worden eten.

Rußland.

Nach einer Meldung des „Regierungsboten“ hat der Großfürft-Thronfolger Georg am 14. d. M. Abbas- Tuman verlassen und die Neise nach dem Mittelmeer an- getreten.

Ftalien.

Wie „W. T. B.“ aus Rom meldet, hat der dortige Veteranenverein an den griechischen Hof in Athen eine Di pesche gesandt, worin der Freude Ausdruck gegeben wird, daß der König und der Prinz Georg sih der Begeisterung des griehiscen Volkes angeschlossen hätten. Nach einer in Rom eingetroffenen privaten Mittheilung aus Mailand hat die Vereinigung der monarchistishen Studenten eine Petition an den Minister des Auswärtigen zur Unterschrift ausgelegt, in welher das Recht des fretishen Volkes, sich seine Regierung zu be- stimmen, anerkannt wird. Jn Genua haben der Mar- sala-Verein und der Verein Garibaldi’ scher Veteranen an den Präsidenten der griechischen Kammer in Athen Telegramme gesandt, worin sie ihrer Theilr ahme für den keroishen Kampf, den Griechenland be- gonnen, Ausckruck geben. Gestern Abend fand in Genua cine öffenilihe Kundgebung zu Gunsten Kretas statt, indem cine Volksmenge die Hauptsiraßen unter Hochrufen auf die Freiheit Kretas und auf Griechenland durhchzog. Die Polizei saÿ fih genöthigt einzuschreiten und versuchte, die Manifestanten zu zersireuen, wobei cs zu mehreren Ver- haftungen kam.

Die „Opinione“ bezeichnet diese Kundgebungen als unan- gebraht und geeignet, Verlegenheiten zu bereiten. Dieselben scien bei Vielen aus Theilnahme an dem Geschick der Kreter, bei Anderen aber aus bloßer Agitationssuht hervorgegangen. Welches aber auch der Beweggrund der Kundgebunzen sei, so seien dieselben mit dem Ernst des Augenblicks nit ver- träglich.

Türkei.

Dem Wiener „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ wird aus Konstantinopel berichtet, daß die dortigen Fremden- Schulen morgen, an dem Tage, an welchem der Sultan nach Stambul fährt, vorsichtshaiber geschlossen werden.

Einer nach Athen gelangten Meldung zufolge ist an Stelle von Berowitsch Pasha Jsmail Bey zum Gouver- neur von Kreta ernannt worden; zum Bürgermeister von Kanea ift der Mohamedaner Badries gewählt worden.

Die Pforte hat gestern den Botschaftern eine Note überreiht, worin sie auf den Zwischenfall der Beschießung des türfkfishen Avisos „Fuad“ hinweist, auf die Ge- fahren einer derartigen Handlungêweise im Frieden aufmerk- sam macht und um eine entsprechende Jntervention der Mächte ersucht, da fie fonst andcre Maßregeln würde ergreifen müssen.

Das Wiener „Fremdenblatt“ meldet, deß die Botschafter in Konstantinopel den Vorshlag Großbritaniens an- genommen hätten: Kanea, Herakleion und Nethymon durch Mannschaften der Schiffe der Großmächte zu be- jeten, die griehische Flotie von Kreia zu entfernen und die Entsendung von Verftärlungen für die türkishen Truppen zu verhindern. Der österreihish-ungarishe Schiffskommandant sei bereits angewiesen, mitzuwirken. Die Maßnahmen bezweckten die Hintanhaltung, eventucll gewaltsame Verhinde- rung weiterer feindseliger Aftionen der grichishen Schiffe. Ueber Maßregeln zur Verhütung des Blutvergießens auf Kreta ständen die Mächte vor einer Einigung, wenn diese nicht bereits erzielt sei. Die Chefs der Geshwader der Großmächte be- riethen unter dem Vorsiß des französishen Admirals, als des Rangältesten, auf Grund übrreinstimmender Jnstruktionen der Kabinette.

Mit Zustimmung der türkishen Behörden wurde, wie die „Agence Havas“ meldet, Kanea gestern von einem Detachement beseßt, welhes aus 100 Russen, 100 Fran-

zosen, 100 Engländern, 100 Ftalienern und 50 O-ster- !

reihern besteht. Das Dctachement wird von einem italienishen Offizier befehligt. Ein zweites Detache- ment von derselben Stärke und derselben Zusammen- lebung wie das ersiere, und zwar unter dem Befehl eines ranzösishen Offiziers, hält sih bereit zu landen. Die fran- C englische, russishe, italienishe und österreichische ahne find auf den Wällen der Stadt aufgepflanzt. Dem Kommandanten des griechishen Geschwaders wurde die Be- seßung von Kanea notifiziert.

Der griechishe Konsul in Kandia hat si, der „Agenzia Stefani“ zufolge, gestern auf dem griechishen Kreuzer ¿Admiral Miaulis“ eingeschifft, nachdem er an den General- Gouverneur die Erklärung abgegeben hatte, daß im Falle des Ausbruches von Unruhen die griehishen Kriegsschiffe ein Bombardement eröffnen würden. Der Konsul

dem britishen Konsul übertragen. Auch der griechishe Konsul

und der griechisch-orthodoxe Bischof in Kanea haben fih vor-

gen an Bord der „Hydra“ begeben, welhe um s Uhr achmittags in See ging.

t hat den ; Schutz der griechischen Unterthanen und des Konsulatsarchivs !

- Auf Befehl des griechischen Kriegs-Ministers Smole ist der N und Flügel-Adjutant des Könt Oberst Vassos gestern mit einer Truppenabtheilung bei S Laas in der Nähe von Kanea gelandet. Eine in

then veröffentlichte amiliche Bekanntmohung vom gestrigen Tage besagt: es sei Vassos Befehl erthcilt, von der Insel im Namen des Königs Georg Besiß zu ergreifen, die Türken zu eriagen und die Kestun en zu besegen. Bei der Landung erließ Oberst Vasscs eine Proklamation an die griechische Be- PETERS worin dieselbe aufgefordert wird, Kanea zu über- geben.

Geftern fanden, wie die rAgence Havas“ berichtet, auf der Halbinsel Akrotiri und im Bezirk vonSelino Schar- müßel statt. Jn Selino belagern die Christen die Unter- präfcktur. Die aufständishen Christen halten Kanea in ciner Entfernung von ciner Stunde umzingelt.

Griecheuland.

_ Auf die von dem franzöfishen Gesandten Bourée üúber- reichte Kollektiv-Verbalnote hat, der „Agence Havas“ zufolge, die Regierung erwidert, daß ihre Jatervention auf Kreta durch die dortigen Meßeleien gerechtfertigt und fkeines- wégs durch den Wursch, in dem Lande Unruhen hervorzurufen, veranlaßt sei. Die Regierung sei entschlossen, mit den Truppen- sendungen fortzufahren, um die Ordnung auf Kreta wieder- herzustellen.

Auf die Nachricht von der Landung ( riehischer Truppen auf Kreta wurden in Athen zahlreiche Kund- gebungcn veranstaltet. Die Bevölkerung war vor Freude außer sih. Eine große Menschenmenge durzog die Straßen unter dem Nuf: „Es lebe Kreta!“ bis zum Königlihen Schloß und brate dem König begeisterte Huldigungen dar. Die Menge wandte sih dann nach dem Finanz-Ministerium, wo der Minister - Präsident Delyannis von der Terrasse herab sprah, für die zum Ausdruck gebrachten Gefühle dankte und Ruhe anempfahl. Delyannis {loß mit den Worten: „Laßt uns hoffen!“ Auch aus den übrigen Städten Griechen- lands werden begeisterte patriotische Kundgebungen gemeldet, Die Deputirtenkammer war gestern von zahlreichen Personen umlagert, welche begierig auf Nachrichtei aus Rethymon, Kandia und Kanea warteten. Vorgestern um Mitternacht find zwei Dampfer mit Aufständishen von Griechenland nach Kreta abgegangen. Die Aufständischen sind in drei Abtheilungen getheilt. Die eine fsteht bei Rethymon unter dem Befehl eines Artillerie-Majors, die zweite in der Nähe von Candia unter einem Genie-Hauptmann, die driite unter cinem Artillerie - Hauptmann bei Kanea. Alle drei Führer find Offiziere, welhe ihren Abschied aus der griehischen Armee genommen haben.

__Berowitsch Pascha is gestern an Bord des öster- reihishen Dampfers „Saturn“ in Kalamata (Peloponnes) eingetroffen und nach Korfu weitergereist.

Serbien.

_ Der russishe Gesandte in Belgrad Baron Rosen ist, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, nah Japan verseßt worden.

Amerika.

Der argentinishe Kricgs-Minister Villanueva hat, wie „W. T. B.° meldet, sein Amt niedergelegt.

Afrika,

Der italienische Kommandant Coltelletti hat, wie die „Agenzia Stefani“ aus Aden erfährt, die Nachricht erhalten, daß ein Zug von mehr als 100 Gefangenen am 7. d. M. ix Burfa, ganz nahe bei Harrar, eivgetroffen sci. Ras Makonen ziehe die in der Gegend jenseits Adis Abeba zerstreuten Gefangenen in Harrar zusammen. Der General Albertone habe am 27. Zanuar die Nachricht nah Aden gelangen lassen, daß die Zusammenziehung aller übrigen Gefangenen in Adis Abeha nahezu beendet sei.

Parlameutarische Nachrichten.

_Die Berichte über die gestrigen Sihungen des Reichstages, des Hérrenhauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten uad Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (177.) Sigung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs-Schaßamts Dr. Graf von Posadowsêïy und der Kriegs - Minister, General- Lieutenant von Goßler beiwohnten, wurde die zweite Be rathung des Reichshaushalts-Etats für 1897/98 bei dem Etat des Reichshecres, und zwar bci dem Kapitel 19 der Ausgaben: „Höhere Truppenbefehlshaber“, fortg: egt. _ Hierzu liegt folgenzer Antrag dec Abgg. von Vollmar (Soz.) und Genossen vor: :

_eDen Herrn Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß bei

Au‘ft-lung des nächsten Etats der Grundsaß durchgeführt werd? daß Fouragerationen an Offiziere künftig nur für zum Dienft notb- wendige und jedenfalls nur für thatsähiih vorhandene Pferde geliefert werden“.

Berichterstatter Abg. von Podbielski (d kons.) s{lägt vor, den Antr=g der Budgetkommission zu überweisen, da dteselbe zwar in fiüberen Jahren, aber nit in diesem Jahre die angeregte Frage rer- handelt habe.

Abg. von Voli mar (Scoz.) erkiärt sih damit einverstanden.

Der Antrag wird der Budgetkommission überwiesen. Das Kapitel wird genehmigt.

Bei dem Kapitel „Geldoerpflegung“ bringt

Abg. Fritzen (Zentr.) die Lage der Militärärzte zur -Sprathe- Es handle si dabei nit um eine Parteifrage, denn Blätter aker Parteien hätten sih für eine Aenderurg ihrer Stellung ausgesprohen Im vorigen Jahre und in diesem Jahre feien die Stellen von 16 bezw. 17 Divificns-Aerzten bewilligt worden; aber damit seien die Wünsche ter Militäräczte noch nicht erfüllt. Die Obver-Stabs- ärzte hätten zum theil Rang und Getalt eines Bataillonck- Kommandeurs; man follte diesen Rang allen Oter-Stabeärzten verleiben. Die Stabsärzte bätten stets den Rang cines Haupt- manns zweiter Klasse und bl'eben darin, wätrend die Haup!leute nach wenigen Jahren Hauptleute erster Kiafie würden. Im Intereffe der Dienitfreudigkeit der Miklitärärzte scllte man ihre Lage so ge- stalten, doß fie nici auf die Prioalpraris angewiesen und damit alien Gefakren der Konkurrenz unter den A-rzten ausgeseßt seien.

Kriege-Minister, General-Lieutenant von Goßler: Den größten Tbeil der Auéführungen des Vorredners erkenne i für meine Per!9n als rihtig an. Ih stehe der Frage wohlwollend gegenüber und werde sie in diesem Sinne prüfen. i

Die Ausgaben für die Aerzte werden genehmigt.

(Schluß des Blattes.)

Das Herrenhaus nahm in seiner heutigen (9.) ia, in welher der Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen zugegen war, zunächst in einmaliger Schluß- herathung den am 4. Mai v. J. mit dem Groß- de ogtham Oldenburg abgeshlossenen Staatsver- trag wegen Herstellung einer Eisenbahn von Lohne nah jepe (Bramsche) oder einem anderen geeigneten Punkte der Slrbahn von Osnabrück nah Quakenbrück an, ertheilte der Borlage, betreffend die Rechtsverhältnisse der Auktionatoren im Geltungsbereiche der Versteigerunasordnung für Ostfriesland und Harlingerland, die verfassungsmäßige Zustimmung und seßte darauf die Berathung über die Anträge des Grafen von Frankenberg auf Tarifermäßigung für Produkte der Land- und Forstwirthschaft, sowie auf Förderung der As von Staffeltarifen auf den Staats- ¿isenbahnen fort. {Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (34.) Sizung, welcher der Justizz¿Minifter Schönstedt bei- wohnte, die zweite Berathung des Staatshaushalts- Stats für 1897/98 und zwar des Justiz-Etats bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ fort.

Abg. Dr. Arendt (fr. kons.) bemängelt, daß der § 57 des GSerihtsfoftengeseßes den Grundftücksverkehr ershwere, infofern er ine Sicherheitéleiftung des Käufers verlange; wo die Bonität des Fäufers nit in Frage stehe, solle vcn der Forderung einer folhen Sickerbeitsleiftung Abstand genommen werden. Redner bringt ferner zie Ernennung des früberen Direktors der Kolonial-Abtheilung Dr. Favser ¡um Senatêé-Präfidenten beim Reichsgeri&t zur Sprahe. Er chabe die Angaben des Direktors Dr. Kayser über seinen Verkehr mit ihm (dem Redner) wiedervoit als unwahr bezeichnet. (Präsident von Köller erklärt, daß er niht einsehe, wie dies m.t dem Iustiz-Etat zusammenkänge.) Das fei nur die Einleitung, er volle die Ernennurg tes Direktors Dr. Kayser b:\sprehen; wegen der ichweren Anariffe des Abg. Richter im Reichstage gegen ihn (den Redner) müfse er auf das persönlihe Gebiet cingehen. (Präsident von Köller erklärt, daß der Redner wohl die Ernennung des Direktors Dr. Kayser zur Sprache bringen, aber hier nit feine per- örlihen Differenzen mit jenem zum Austrag bringen könne.) Redner verzihtet nunmehr auf das Wort.

Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr. kons.): Ich glaube,

r fôöôrnen dem Herrn Iufti:-Minister unsere Anerkennung dafür ;olen, wie er geftern in der Frage der Allerböchsten Gnadenerlasse d aufgesproF#en: cr bat es auch wobl verstanden, die Grenzen ein- ¡uubalten, die der parlamentarischen Behantlung eines solchen Gegen- tandes gezogen sind. Wir können ibm aber aub dankbar fein cafür, daß er es so treffflich verstanden hat, die Mythenbildung, die fich in der Presse in Bezug auf dic Gnadenerlasse breit mate, in so scarffinniger und gerandter Weise zu zerstreuen. Er zat den Nachweis erbracht, daß von einer generellen Begnadigung für cewisse Vergeben und Ueberschreitungen der Amtèögewalt unferer Polizeiorgane nit die Rete fein kann, daß jeder Fall für fih genau ¡evrûst wird, und daß neben den Gnadenbewilligungen au eine große Zabl von Gnadenablebnungen einbergeht. Er bat namentlich in dem Falie Lorenz die Irreleitung der öffentlicen Meinung in wirkfamer Weise flargestellt und in einer zweckmäßiaen Art beseitigt. Nicht minder danfbkar find wir ihm für den Erlaß bezüglich des Studien- garg:s und ter Prüfungéordnung für die angehenden Juristen. Es ct ja nun richtig, daß uniere jungen Juriîten eine genügende Vorbiïdung im Privatrecht gewinnen, aber die Prüfungen und die Vorbildung in ftaatsrehtlihen Dingen auf unseren Universitäten genügt keineswegs. In einem Semester kann das deutihe und preußishe Staats- und Berroaltungérecht nit gründlih gerug gelebrt werden, zumal die Semesier so kurz find. Der Justiz-Minister mag durch vie Ansprüche bei der Prüfung dahin wirken, daß sh jeder Studierende eine bin- reibende Kerntniß dieser Disziplin verschafft.

Iustiz - Minifter Schsn tedt: Allerdings nehmen diefe Vor- lesungen nichi den genügenden Raum im Studium ein. Ih kann uf die Regelung des akadewishen Studiums nicht direkt ein- wirten, sondern nur auf dem vom Vorredner bezeichneten Wege. zie Prüfungsordnung fchreibt bereits die Prüfung in diefen Fächern vor. Wir verhandeln gegenwärtig über eine andere Ge- taltung der Vorbereitung der höheren Verwaltungsbeamten, und dabei wird auch diese Fraçe geprüft. Die Kürze der Semester infolge »er Ausdehoung der Ferien wird von der Verwaltung als Mißftand ?benfalls empfunden. Eine Anordnung über Beginn und SWluß der Vorlesungen ift auf Schwierigkeiten in_den betbeiligten Kreisen ge- ofen und bat sh nit durchführen laffen. Indessen Fnd wir be- Trebt, au diefen Mifßftand zu beseitigen.

Abg. Rickert (fr. Vag.): Das Begnadigungêreht hat niemand an- gctastet, Die Konservativen bestreiten die Berec;ticung der Diékussion über die Ausübung des Begnadigungsrecbts, aber ter Minifter hat diefe Be- reStiaung anerfannt. Das Begnadigungsreht darf nit im Wider- Pru mit dem Rechtsbewuttsein des Volks ausgeübt werden. Kein moderner Moenarch, glaute ich, hat eine parlamen- tarife Gröôrteruna darüber zu s{euen. Der Minrister hat dur seine Erklärungen dem Volk eine Woblthat erwiesen. Redner fragt an, ob die Beamten des Fürftenibums Waldeck, mit dem Preußen einen Accessionsverttrag geschlossen habe, bei den Bramtenkesoldungen ebenso bebantelt werden follen wie die preußi-

ben Beamten.

Justiz-Minister Sh önstedt erwidert, daf diese Frage noŸ nicht Vogenftand der Verhandlungen im Staats-Minifterium gewesen fei, ‘r also keine bestimmte Erklärung abgeben könne, Die waldecks{hen Beamten bätten ein Reht auf gleihe Behandlung nicht, aber die Verwaltung sei immer bestrebt gewesen, sie glei zu behandeln, soweit 5 die Finanzen Waldecks und die Zuschüsse Preußens gestatteten, 20 werde es au ferner gehaltea werden.

__ Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Die Vorbereitungen für das In- ¿tafftreten des Bürgerlichen Gese bus sind allerdings so große, daß :ch das Bedenken des Ministers, die Revision der Zivilprozeßordnung ader den nothwendigen Rahmen hinaus zu ersirecken, verstehe. Aber ‘ine umfassende Revision ist noihwendia, und wenn wir sie nit jeßt vekommen, köazen wir wahrscheinlich noch sehr lange darauf warten. Die Zivilprozeßordnung ift viel zu throretiscz gehalten, und manheRicßter aben rit die praftiiche Lebenterfabrunrg, um ihre Anwendung mit dem cidtigen Blick ten Bedürfnissen des praftishen Leb:ns anzupassen. Im einzelnen empfiehlt Redner Aenderungen in Bezug auf die Noth- ‘riten, die Berichtigung des Thatbeftandes und das Zwangsooll- ‘treckungéwesen; in leßterer Bezichung müsse den Veischierpungé- verjuchzen der bötwilligen Schvldner torgebeugt werden. Mit der Reform der Studienortnung sei er ganz und gar einverstanden. Das geltende R-cht müsse in dea Vordergrund des Studiums gerüdt werden; früker FEate das geilende Recht nur als unangenebmes Arbängsel neben dea alten Recht gegolten, Dem Wuniche des Abg. von Zedliß stimme er bei; azch über das Verwaltungsfireitverfabren müßten die Studenten untercihtet sein.

as Kronreht der Begnadigung sei garz zweifellos, die Hand-

bung im einzelnen könne nit fritisizrt werdzu. Aber der Minister habe die Verantwortung übernonnmen, und es set zt nur Teutselig, sondern staatsmännisch flug gewesen vom Minifter, fich auf cine offene Aussprachz cinzulassen. Er habe da- dur den Nebel zerstreut, der fih dur die Mittheilungen der Preffe äder die Begnadigungen zu erheben begann und der si üter ein Kronr:-ht nit erbeben sollte. &&8 si nur festgestellt, dafi systematish feine Begnadiaung bei Duellen eintrete. An- erkennen könne er ¡war die Ansichten des Ministers über den Zwang zu Duellen nicht, aber er wolle die Begnadigunger im einzelnen iht erörtern. Durch die neuen Erlaffe werde boffentli% eine

Befferung der Verbältnifse herbeigeführt werden. Auch in der Adels- Ceuofeniait und in akademishen Kreisen werde ja hon eine BVer- minderung der Duelle aagestrebt.

(Schluß des Blattes.)

Arbeiterbewegung.

In Leipzig sind, wie ,W. T. B.“ meldet, gestern auf dem Plaße der Sächsis-Tbüringishen Induftrie-Ausftelung bei zwölf Unternehmern insgesammt 320 Zimmerleute in den usftand ge- treten. (Vgl. Nr. 39 d. Bl.) Die kürzlih in Leipzig gegründeten Vereine der Arbeiter der preußishen und \ähsischen Staatsbahnen sind, wie das „Leipz. Tagebl.“ meldet, gestern polizeilih aufgelö worden, weil fie, entgegen den Beftimmungen des Verein8geseßes, mit anderen Vereinen in Verbindung getreten find.

In Lübeck wurde, einer Mittheilung der „Köln. Ztg.* zufolge, ein Arbeitgeberverband gegründet mit dem Zwecke, Streitigkeiten zwishen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf gütlihem Wege beizu- legen und gegebenenfalls den etwa unberechtigten Forderungen der Arbeiter zu begegnen. Die meiften Großindustriellen und viele Innungsmeister find dem Verbande beigetreten. E j

Aus Tr ieft wird der „Voff. Zta.* telegraphiert: Sämmtliche Arbeiterinnen der biesigen Kaffeeshälfabrik, ferner die Berg - arbeiter des Koblenwerkes in Carpano feiern weg?zn verweigerter Lohnerhöhung.

Kunft und Wissenschaft.

Ausgrabungen in Athen.

Am Nordabhang der Athenishen Akropolis finden seit einiger Zeit Ausgrabungen statt, welche auf Koften der griechi- hen archäologishen Gesellshaft Herr P. Kavvadias ausführt. Hier lagen im Alterthum, in Höhlen, Heiligthümer des Apollon und dee Pan. Welcvem von beiden man die immer {hon sihtbare Grotte hier zuschreiben sollte, war fraglih. Jeßt ist durch die Ausgrabungen, die eine ganze Anzahl von Jn- schriften zu Tage gefördert haben, gesichert, daß in der schon bekannten Grotte der Kult des Apollon Hypakraios (auch als Apollon unter den langen Felsen bezeihnet) angeseßt werden muß. Die Grotte des Pan sieht Herr Kavvadias in einer, erst von ihm dicht daneben aufgedeckten, mit mehreren Gängen tief in den Felsen fich erstreckenden Höhle. Die Vorftellung, welche wir aus dem Jon des Euripides und der Lysistrate des Aristophanes von dem Charakter der Pans3grotte gewinnen, stimmt dazu vortrefflich.

Für das neue Refraktorgebäude, das nebst zugebörigem Beamtenwohnbaufe auf dem Telegrapbenberge bei Potsdam errihtet werden soll, sind die technishen Vorbereitungen derart ge- fördert worden, daß sofort nach Eintriit günstiger Witterung mit der Aufmauerung des Festpfeilers zur Aufstellung des großen Fernrohres sowie mit den übrigen Maureracbeiten wird vorgegangen werden können. Das große Fernrobr selbst sowie die dazu gehörigen Linsen sind bereits seit einiger Zeit in Auftrag gegeben. ——

Die „Gesellschaft für die Erhaltung der geschict- lihen Denkmäler im Elsaß“ hat eine Preisaufgabe „Ueber die archäologishen Ergebnisse der vorrömishen Grabhügel- funde des Elsaß“ zur Bewerbung gestellt und giebt bierzu in der „Straßburger Post“ Folgendes bekannt: Für die Vorgeschichte des Elsaß baben Faudel und Bleicher eine Zusammenstellung der bisherigen Funde begonven; aber fie find über die Steingeräthe wenig hinaus- gekommen. Aus den folgenden Perioden fehlt nicht nur eine brauh- bare Uebersicht, sondern auch eine erste wissenshaftlihe Duich- arbeitung des vorhandenen Materials. Ueber die älteste Metall- zeit [äßt der Stand der Ausgrabungen ein befriedigendes Ergebniß auch faum s{chon erwarten. Dagegen is die spätere Bronze- periode mit den sogenannten Hallstadtfunden und die si daran anshließende vorrömishe La-Tène-Zeit in den Grabhügeln des Elsaß reihlich vertreten und besonders durh die im Unter-Elsaß vorgenommenen sorgfältigen Ausgrabungen bcstens zu illustcieren. Die Geselischaft wünscht eine ar&%äologishe Gesammt- darstellung der elsässishen Grabhügelfunde beider Perioden, in der die sich gleichbleibenden und die abweichenden Merkmale, sowie die etwaigen Uebergangstypen möglihst vollständig erörtert werden sollen. Auch die Keramik wird dabei besonders zu berüdcksihtigen sein. Diese Darftellung soll auf den Originalfunden be- ruhen, die Herkunft und den Aufbewahrungsort derjelben genau angeben und die vorhandene Literatur sorgfältig ver- zeihnen. Die Beigabe illuftrierender Abbildungen und eine karto- graphischen Uebersicht der Fundorte wird erwartet. Der Preis beträgt 600 Doch tebâlt die Gesellschaft si vor, wenn keine Gesammt- behandlung eingegangen ift, auch brauchbare Theilarbeiten aus dem Bereiche des Tbemas entsprehend zu honorieren. Du:ch die Preis- ertheilung erwirbt die Gefellschaft den Besiß des Manuskripts. Die Arbeiten können in deutscher oder franzötish?-r Sprahe abgefaßt werden und find bis zum 1. April 1898 an den Präsidenten der Ge- sellschaft einzureichen.

Literatur.

Jahrbuch der deutshen Gerichtsverfassung, ber- auêgegeben von Karl Pfafferoth, Geteimem Kanzlei-Rath im Neiehs- Justizamt. V1. Jahrgang. Berlin, Carl Heymarn's Verlag. Preis 5 #4 Der vorliegende Jabrgang dieses Jahrbuhs, welches für das aanze Reih etwas dem Aehnliches bieten soll, was das im Justiz - Ministerium redigierte Jahrbuch der preußisch:n Gerichts- verfassung für den größten Bundesstaat erstrebt, unterscheidet fih hin- sichtilih des Inhalts und ter Anordnung des Stoff:8 niht von den früheren Ausgaben, deren Unvollftändigkeit bier wiederholt bervor- geboben worden ist. Nach wie vor beschränft si der Verfaffer im systematischen Theil, wie ¿zwar der geringe Umfang seiner Darftellung, nicht aber der Titel des Bucbes vermuthen läßt, auf eine ganz fkurz gefaßte und allgemein gehaltene Orientierung über den wefentlichst:n Inhalt der Neichsgesetgebung auf dem Gebiete der Gerihtäverfassung.

Die preußishe Gebühreuordnung für approbierte Aerzte und Zahnärzte vom 15. Mai 1898, für die Bedürfnisse er ärztlihen und zahnärztlihen Praxis erläutert von Y. Joachim, Rechisanwalt am Kammergeriht, und Dr. G. Joachim, praftisczem Arzt. Berlin, Verlag von Oéëkfar Fobleny. Preis 3. 4 Die hier gebotene Erläuterung der Gebührenocdnunz für Arrzte und Zabnärzte, die au das am 1. Januar 1970 in Kraft tretende Bürgerliche Ges:8buch für das Deutscbe Reich derüdsibtigt, ersheint reht geeignet, dem Praktiker als Wegweiser für die Aufstellung feiner Liquidationen zu dienen und ihm das Verständniß der Bestimmungen der neuen Gekbührenordnung zu vermitteln. Obwohl die Form der Bearbeitung in erster Linie dem Bedürfnisse der ärztlihen Praxis angepaßt ift, so hat sie doch eine juristis{-wiffenshaftilihe Durchdringung und Erörterung des Stoffes, die au vorbandene Zweifel zu lösen sucht, niht gehindert. Die Arbeit wird sich daber az für die juristishe Praxis als brauchbar erweisen. Als nothwendige Ergänzung der Gebührenordnung sind die eseßlichen Beftimmungen über die Vergütung der dem Arzt von Be-

örden und Gerichten übertragenen Geschäfte beigefügt, und unter

Mittheilung vou Formularen zeigt der Verfasser ¡um Schluß den Arzt die Wege zur rihtigen Geltendmachung feiner Forderung.

Theater und Musik, Königliches Schauspielhaus.

Gestera Abend ging der erfte Theil von Shakespeare's Schauspiel „König Heinrich der Vierte“, in der Bearbeitung von W. Oechelbäuser, neu einstudiert in Scene. Den Königédramen ift die hinreißende Wirkung, welhe die großen Phantasiedramen Shakespeare?s feit Jahrhunderten auf die Zubörer immer aufs neue und unmittelbar auëüben, im Großen und Ganzen versagt. Der Cindruck wird gedämpft und die Stimmungsäußerung wird zurückgehalten durch die detaillierte Ausgestaltung von „der Parteien Zwift und Hader“ um Englands Thron und Herrschaft. „König Heinrich der Vierte“ aber hat fich fest in der allgemeinen Gunst er- balten durch die Gestalt des luftigen Prinzen Heinz, defsen braufender Jugendmuth fich zu edler Mannhbaftigkeit abklärt, und durch die Falstafff’s, des feiften Ritters mit der derben Lebentfreude und dem behenden Wiß. Schon die jungfräulihe Königin Elisabeth soll der Sage nach eine besondere Freude an der Figur Falstaff’3 gehabt baben, welche noh beute als der Inbegriff ursprünglihen Humors über die Bühne ziebt. Aus dem sicheren Gefühl von der großen Wirkung dieser beiden Hauptgeftalten beraus bat man im Deutschen Theater seit Jahren schon beide Theile von „König Heinrih der Vierte“ zu einem Theaterstück zusammengezogen, um in gedrängter Kürze alle Falftaffscenen an einem Abend darbieten zu können. Der Humor kam dabei zu feinem Recht; aber viele edle Theile der Dichtung, von der Goethe sagt, daß aus ihr allein Poesie und Rbetorik wiederher- geftellt werden könnten, wenn au alles verloren wäre, was je dieser Art geschrieben uns überkommen is|, mußten geopfert oder verstümmelt werden. Wir betrahten {hon aus diefem Gesichtspunkte, aber auch aus Gründen einfadœer Pietät die Auffübrung des Schauspiels in der ursprünglihen Form als einen Gewinn, zumal auch so einige Längen des Dialogs gekürzt werden fönnen. Die Neueinstudierung ift allseitig mit großer Sorgfalt vor- bereitet worden. Die Rolle des Prinzen Heinri wurde von Herrn Matkowsky in den Scenen des tobenden Jugendmuths mit derber, fast naläfsiger Ungezwungenbeit gespielt, unter welcher der Monolog „Jch kenn? Euch Alle*, der den Schlüssel zu Heinrich's Wesen enthält, etwas litt. Zu voller Größe aber entwidckelte ich fein Sviel, als des Prinzen adlige Seele reuevoll und that-n- durstig sich an des Königlichen Vaters Sch{merz läutert und be- geistert. Herr Ludwig baite als König Heinrich der Vierte gleihfalls in dieser Scene den Höhepunkt seiner Leistung, die jedoŸ au im übrigen in der Gharafteristif als tadellos bezeichnet werden darf. Die wichtige Nolle des Falstaff war Herrn Molenar anvertraut; der Künstler, dem die breit ausstrablende Fülle und Wärme des Huamors von der Natur niht gegeben zu fein scheint, erzielte doh derb fomishe Wirkungen, die fich in der Heiterkeit äußerten, mit der besonders im späteren Verlauf des Abends s{on das bloße Er- scheinen seiner umfangreihen Gestalt begrüßt wurde. Am glüdck- lichsten traf er den parodistishen Ton in der bekannten Wirthshausfcene. Herr Keßler verkörperte recht gut das aufbrausende Ungestüm und die treuberzige Rauhheit des Heißsporns Percy. Treffliche komische Figuren boten Herr ain als Bardolph und Frau Conrad in der Rolle des Küferjungen Franz. Die neuen Dekorationen und Kostüme vereinten Farbenalanz und barmonischz Stimmung, welchè namentlich dem Saal im Palast des Königs fo- wie dem Gemah auf der Burg Warkworth und dem Hof fn der Herberge zu Rechefter eigen waren.

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Konzerte.

Das Streichquartett der Herren Profefsor Hollaender, Nicktng, Rampelmann und Hekking gab am Sonnabend im Saal Bechstein seinen 111. Quartett-Abend, der dadurch ein besonderes íöInterefse erhielt, daß eine neue Komposition Wilhelm Stenhammar's zu Gehör gebracht wurde. Es war ein Quartett in C-moll, defseun melodisher ¿weiter Saß und glänzendez Finale, welches an die Kunst der Ausführenden große Ansprüche ftellt, befonders gefielen. Haydn's D-dur-Quartett (op. 76) und Shumann's Es-dur-Quintett, in welchen Herr Felir Dreyschock den Klavyierpart übernommen hatte, vervollständigten in einwandsfreier Ausführung das anziehende

rogramm. In ihrem zweiten Konzert, welches an dem- elben Tage in der Sing-Akademie fstatifazd, trug die Violin- Birtuosin Miß Leon ora JIackson Werte von Mendelssohn, Spohr, Bacþ und von H. Erxsi mit der an ibr {hon gerühmten behenden Technik, \{öner Fülle des Tons und beweglihem Aus®- druck vor. Das Philharmonische Orchester, welches unter der Leitung des Professors Mannfstaedt (für den behinderten Professor Fcachim) ftand, führte den orqchestralen Theil des Konzerts aus. Die Zuhörer spendeten allen Darbictungen lebhaften Bei- fall, auch dem mehr technisch s{chwierigen, als musikalisch s{önen Fis- moll-Konzert von H. Ernft.

In der Aula der höheren Töchtershule des Fräulein Agnes Dör stling (Schöneberger Ufer 36), deren Insiitut feit vielen Jahren wohlbekannt ist, fand gestern Nachmittag eine mu}ikalische Unterhaltung ftatt, zu der sch zwei Künstlerinnen, Mademoiselle Madeleine Walther (Gefang) und Miß Elife Hall (Kiavier) vereinigt hatten. Erstere, die ihre Ausbildung größtentheils dem Lehrer der Anstalt, Theodor Kraufe zu danken hat, trug mit . klangvoller, umfangreiher und fehr foloraturgewandter Sopranstimme mehrere Gesänge von E. E. Taubert, Schubert, Meyerbeer und Anderen mit angemessenem Aus- druck vor. Die Pianistin, die ibre Studien auf der Königlidhen Hoch- \hule g: macht hat, woselbst sie jüngst mit dem Mendelssobn-Preise auSgezeid:net wurde, erfreute durch den gelungenen Vortrag mehrerer Stüde ven Chopin, Schumann, Brockway uxd Salaman. Beiden Künstlerinnen wurde von seiten des zahlrei er- schienenen Publikums [ebbafter Beifall und Hervorruf zu theil. Am Abend gab die bekanrte Sängerin Fräulein Lydia Müller in der Sing-Akademie ein Konzert, das leider nicht der künstlerischen Bedeutung der Konzertgeberin entsprehend besucht war. Freilich ist dies, wenn man die Ueberfülle der allabendlih statifindenden musikalischen Veranstaltungen in Betracht zieht, umsoweniger verwunderlih, als schr viele, vielleiht auch die Mehrzahl der Konzertierenden, denen die Berechtigung, vor allem aber die Nothwendigkeit, in Beclin aufzu- treten, entihieden abgesprcchen werden muß, das Publikum den Konzertsälen entfremden. Die Künstlerin, welche vortrefflih diéponiert war, bot wenigsters den Erschienenen einen ungetrübten Genuß. Ihr Programm umfaßte cine Arie aus „Wilhelm von Oranien“ von Eckert, Lieder von Sbumoann, Brahms, Schubert und einen Cyclus , Liebesleben (aus Jul. Stinde's „Liedermader“) von E. E. Taubert. Leßteres Werk gemahnt sowohl dichteris% wie musikalisch an ältere Vorbilder, ist aber recht gefällig und wirkte durch den Vortrag. _Die Klavier- begleitung hatte die Schwester der Konzertgeberin, Fräulein Pia Müller, üternommen und führte sie mit mußkaliswemn Feingefühl dur. Das Publikum spendete lebhaften wohlverdienten Beifall.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Nicolai Gogoi's Luftspiel „Der Revisor“ in folgender T Rd in Scene : Anton Dmuchanowéfy: Herr Klein; feine Frau: Fräulein Abich; seine To&ter: Fräulein Hauêsner; Liagpkin - Tiapkin: Herr Keßler ; Klopow: Herr Heine; Klefstakow: Herr Vollmer; Visip: Herr Blende.

Mannigfaltiges.

Theobald Schellenberger (auch M. Be oder T. Berger), vor dem bereits im Juli v. J. an dieser Stelle

gewarnt worden ist, hat seinen Wirkungskreis vor einiger