1897 / 40 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

a, ar R Ee L: Dav Bhée: M Apr M E A E e ari 2 M A E nei Ars wet a A A H E M E

der Pension in Zukunft, theils aber au in solhen Fällen dur die Zuwendungen aus den Unterstüßungsfonds, die dem Minifterium zur Disposition fteben. Wenn die Herren einmal die Listen durhsähen, so würden Sie finden, daß wir in reihliher Weise hiervon Gebrau machen. Derartige Fonds haben die Knappschaftskafsen nicht, da gebt es nach einer festen Regel, wir aber können die individuellen Verbältniffe in dieser Beziebung durch den Dispositionsfonds mebr berüdckfihtigen, wie das in der sozialpolitishen Geseßgebung möglich ift.

: Meine Herren, der Herr Vorredner hat die Lage einer Beamten- wittwe verglihen mit der Wittwe eines Bergmannes. Wenn nun einmal in Zukunft die Wittwenpensionen au generell eingeführt werden dur ein sozialpolitishes Gesez, wovon soviel die Rede ge- wesen ift, so müssen Sie die Rückwirkung der Minimalpension unserer unterften Beamten auf die dann zu greifende Bemessung der Er- böbung für die arbeitenden Klassen überhaupt in Betracht ziehen. Diese 216 Æ baben beute nah der Verstaatlichung der Eisenbahnen und bei ter Entwickelung unserer Betriebtverwaltungen, und nament- lih auch im Bergwesen eine ganz andere Bedeutung als früher ; denn jeßt haben wir - in einem solhen Maße die etatsmäßigen Stellen für die unteren Beamtenklafsen vermehrt, daß das Bild ein ganz anderes geworden ist. Wollen diejenigen Herren, die sch dem Studium unterziehen wollen, doch einmal vergleihen, wie fih die Zabl der unteren Beamten nicht bloß durch die Ansdehnung der Betriebe, sondern durh die ftarke Vermehrung der etatsmäßigen Stellen in einer ganz unglaublitßen Weise möthte ih fast sagen vermehrt hat. Wir haben jeßt eine große Anzahl von Beamten, die früher einfah auf Kündigung ftehende Tagelöhner waren, sie find jeßt Beamte geworden, sie haben ein Recht auf Wittwen- und Waisenpensionen; diese Beamten geben aus den unteren Volksklassen, aus dem gewöhnlichen Arbeiterstande bervor und für fie bedeutet das Minimum von 216 Æ etwas Anderes, als für unsere früheren Beamten, die zumeist eine böbere Bildung und eine böbere Lebenéstellung hatien. Auch das muß sehr wobl in Berück- sihtigung gezogen werden. Wenn man erwägen will, wie in Zukunft diese Ausgaben fteigen werden, so dürfen Sie ja nicht diese beiden Hauptpunkte außer Acht lassen: ein fortwährendes Steigen der Beamtenshaft aus zwei Gründen, einmal dur die Ausdehnung der Betriebe des Staats überhaupt und zweitens mit der größeren Zabl derjenigen Bediensteten, die niht auf Kündigung, niht im gewöhnlihen Lobnverhältniß steben, sondern die etatsmäßige Beamte geworden sind. Wir find vielleicht darin {on zu weit gegangen und viel weiter als in anderen Staaten. Wenn Sie Frankreiß oder Italien oder Oefterreih vergleichen, so werden Sie finden, daß wir in Beziehung auf die etatêmäßigen Stellen viel weiter gegangen find als dort.

Die Erhöhung des Durchschnitts der Pension um 20/9 bedeutet doch niht wenig, die Beamtengehalte follea durGschnittlih um 10 2/9 erhöht werden; hier soll für die Wittwen eine 20 %%ige Erböbung ein- treten, und das Minimum von 260 4 gegen 160 bedeutet eine Er- böbung um 359/69. Da kann man doch nitt sagen, daß wir allzu ängstlih gewesen sind. Es ist {wer zu berechnen, ja eigentlich mit Sicher- heit garniht zu berechnen, weil die Gruntlagen aus den eben bezeihneten Gründen fehlen, wie boch die Mehrbelastung des Staats fich dauernd ftellen wird aus diesem Gefeß; wir nehmen an, 7 bis 8 Millionen. Unmittelbar werden allerdings ja noch nit sehr erbeblide Kosten erwachsen, weil das Gesetz si ja nur bezieht auf diejenigen Perfonen, die später in die Lage kommen, Wittwen- und Waisenpensionen zu beziehen. Jch bin sebr erfreut, daß der Herr Vorredner nicht in seiner milden Auffassung dieser Dinge die rückwirkende Kraft gefordert hat. Meine Herren, wenn Sie das in das Geseg hineinshreiben würden, obwobl es ja ein natürliher Wuns jedes Menschenfreundes ist, so würde die Staatsregierung das er- kläre ih fofort absolut außer stande sein, darauf einzugehen. Wir würden alle unsere preußischen Grundsäße umstoßen, wir würden sofort die Nücckwirkung auf sämmtlihe Pensfionäre baben, wir würden in unübersehbare Verwidckelungen kommen. Wie sollte es dann mit den Witiwen fein, die vor 1882 Wittwen geworden sind ; wie sollte es mit deneca sein, die noch betheiligt sind bei den verschiedenen Wittwenkassen, bei den Verfiherungskafsen, beispielsweise der Privat- eisenbahnen? Es würden unübersehbare Schwierigkeiten und Verwidte- Lungen entfteben und dann hätten wir diefes Prinzip, einmal zugelaffen, für immer. Man hat stets daran festgehalten : ift die Wittwe oder der Beamte einmal penfioniert, fo liegt ein abgeschlossenes Rechtsverhältniß vor, und wenn der Staat später dazu übergeht, seine Beamtengehalte zu erhôben, fo kann das keine rückwirkende Kraft für dies Rehtsverbältniß baben. Würden wir dieses Prinzip preisgeben, so würde das daber ganz unübersehbare Konsequenzen auf alle unsere Verhältnisse baben. Es ifi ja anzuerkennen, daß es doch ein s{chmerzlihes Gefühl ift für diejenigen, die nun jegt {on Wittwen- und Waisenpensionen be- ziehen, in manchen Fällen \{lechter geftellt zu sein als die Wittwen aus derselben Beamtenkategorie, die nun in Zukunft verwittwet werden, und gerade deswegen haben wir im Etat eine Summe von 500000 Æ eingestelt, um im Falle der nachgewiefenen Bedürftigkeit gerade diese Differenzen auszugleichen. Ob die Summe genügt für diesen Zweck bei gewissenhafter, fo:gfältiger Prüfung der Fälle seitens der einzelnen Ressorts, das kann ih nicht übersehen, das werden auch Sie nit übersehen können. Würde fie u groß sein neben den anderen großen Fonds, so würde man den Fonds verringern können oder niht ganz auszugeben brauchen; würde fie aber zweifellos und nahgewiesenermaßen zu gering sein, und die finanzielle Lage des Staats würde das irgendwie gestatten, so kann man diese Position von 500 000 4 noch immer erhöhen, und ih glaube : gerade wenn folhe Fälle vorliegen, wie der Herr Vorredner erwähnt hat, wo die Wittwe ein kleines Kapital an- gelegt hat in 4prozentigen Konsols und nun ibre Lage durch die Konverticrung erbeblih vershlechtert wird, au für folhe Fälle kann man in dispositionsmäßiger Weise diese 500000 A mitverwenden. Wir sind also in der Lage, auch in dieser Beziehung eine Ausgleichung eintreten zu lassen, obwobl man bei dieser Frage do nit vergeffen follte, daß diejenigen Wittwen, die überhaupt kein Vermögen haben, doch noch viel shlechter daran sind, als die, die neben ibrer Penfion noch Konfols besißen. Das wird man nicht aus den Augen lassen dürfen. Und wie viele unserer Beamtenwittwen haben denn überbaupt 4/0 ige Konsols? Das if do im Ganzen eine sehr geringe Zahl.

Meine Herren, der Herr Vorredner hat aud die Bestimmung dieser Novelle erwähnt, die sih auf die Ausgleihung derjenigen Härten bezieht, die durch den § 12 des bestekenten Gesetzes

glaube, daß die Herren anerkennen werden, daß man diese Bestimmung niht ganz aufgeben kann, und daß der Mittelweg, den wir beschritten baben, um übermäßige Härten auszugleihen, am erften siŸ empfiehlt. If ein großer Altersuntershied unter den Ehegatten vorhanden, so fällt die Bedeutung desselben weg; wenn die Ehe lange troß: dem dauert, dann is kein Grund mehr, in vollem Maße wenigstens die Naththeile, die aus dem Alteréuntershied nah dem Geseg von 1882 entstehen, voll zur Geltung zu bringen. Und des- halb baben wir nah Maßgabe der Dauer der Ehe diese Nachtbeile abgemindert, bis fie {ließli ganz versGwinden. Jch habe noch vor furzem einen Brief von einem preußishen Beamten bekommen, der mir erzählt bat, er sei in der dritten Ebe, aber in diefer dritten Ebe sei er au schon 25 Jahre, und es sei doch gar fkeine Veranlaffung, fie in Bezug auf die Pension \{lechter zu be- bandeln, wie dies das Gesez von 1882 thut. Diese Ungleit- mäßigkeit wird in Zukunft wegfallen, und wir werden da die Klagen, s hier vielleiht mit Ret entftanden sind, in Zukunft verstummen afen.

H Meine Herren, ih möchte Ihnen z. Zt. nihts weiter über die Sache sagen ; ih möthte Sie nur bitten, das Gescß unverändert anzu- nebmen, wie es bier vorliegt. Wir sind wirkli bis an die äußerste Grenze gegangen. Wir wurden dur dieselben Ge- sihtspunkte bewogen , die der Herr Vorredner dargelegt hat: aber weiter zu geben neben allen wahsenden Ausgaben des Staats, tas ift im böchsten Grade bedenkliÞ. Wollen Sie nur er- wägen, daß wir im Begriff sind, mit 20 Millionen dauernden Aus- gaben für die Beamtenbesoldungserhöbung, wenn das Gesetz zu stande kommen sollte, den Staat neu zu belasten, daß wir für die Lebrer mehr ausgeben 10 Millionen, macht \{on 30 Millionen, daß wir in dicfem Geseze eine dauernde Verpflichtung bis zum Normalstande von mindeftens 7 bis 8 Millionen kontrabieren, daß wir Anträge hon baben wegen Verbesserung der Sebälter der Geist- lichen, daß die Lehrerwittwen auch nicht ausbleiben werden! Mit einem Worte: i könnte Ihnen noch eine ganze Menge Konsequenzen aus diesem Geseventwurf, die finanziell von Bedeutung sind, nennen. Wollen Sie dann erwägen, daß wir in diesem allergünstigften Jahre 1895/96 doh niht mehr als 60 Millionen Uebershuß haben, während die Ginaahmen von den Eisenbahnen uns noch keineswegs sicher sind, so, glaube ih, werden Sie mit mir sagea: wir sind eigentli {on in der vollen Linie, in der wir früher uns befanden, auf ganz urstichere schwankende Einnabmen dauernde Verpflichtungen des Staats zu ver- weisen. Alles das muß uns zur Vorsicht mabnen, und ih hoffe, daß das bobe vau®, in Anerkennung der großen Wohlthat für die Hinter: bliebenen unserer Beamten, das Gese fo annehmen wird, wie es bier vorgelegt if. (Bravo!)

Abg. Im Walle (Zentr.): Die Vorlage kommt einem dringen- den Bedürfniß entgegen und zeigt, daß die Regierung ein eros Herz für die Wittwen und Waisen ibrer Beamten bat, wie denn aub zu meiner Freude die Vorlage die Unterschrift des Finanz- Ministers von Miquel trägt. Der Gesetzentwurf verbessert die Lage der Relikten in viertaher Weise: er erböbt den Prozentsaß der Bezüge von 335 auf 40% der Pension des Mannes, er erböbt den Mindestjay auf 216 4 und dann den Höchstbetrag auf 2000, 2500 und 3000 4, je na der Rangklasse, und endli wird ein Anésglei h geshaffen für die Wittwen nah fünfjähriger Dauer ter Ebe. Es erübrigt nur noch, einige Punkte zu besprechen. Es fragt si, ob ein Höchfibetrag _festgesent werden so, oder ob man beffer eine bprozentuale Steigerung annimmt; es {eint mir durhaus richtig, bier eine Grenze zu zieben. Eine andere Frage ist die, ob nicht für die Kinder über 18 Jahre hinaus Bezüge gegeben werden sollen; erade in diesen Jabren befinden sich die Kinder der mitt- leren und hôbheren Staatsbeamten auf den böberen SHulen und der Universität; den Kindern der unteren Beamten würde das aber niht ¿u gute kommen, und es tönnte daber ein tiefgehendes Mifßi- bebagen plaßgreifen, wenn wir einen Unterschied zwischen den Kindern der Sudbaltern- und denen der böberen Beamten machen wollten. Redner bespriht sodann die Eintheilung der Bezüge na den Rangflafsen der Beamten. Dieser Punkt müße in der Kom- mission noch eingehend geprüft werden. :

Abg. von Brockhbausen (fkons.): Wir fteben ter Vorlage ebenso sympathish gegenüber wie die anderen Parteien. Der Staat muß angemeffen für die Relikten seiner Beamten sorgen, aber immer innerbals der Kräfte seiner Finanzen. Ib mache Herrn Sulz darauf aufmertsam, daß die Reliktenbeiträge der Beamten aufgehob-n find. Durch eine Lebenêversicherung können die Beamten ja selbft noch besser für ihre Familien forgen. Die Frage der Marximalgrenze der Bezüge werden wir mit dem Vorredner in der Kommission ein: gebend prüfen. Für die Ausbildungszeit der Söhne können wir nit besonders sorgen. Auch darin stimmen wir dem Finanz-Minifter bei, daß das Geseg keine rückwirkende Kraft erhalten kann. Wir wünschen ferner, daß für die Geiftlihen ebenso gesorgt wird wie für die Beamten durch tiese Vorlage. Mit der Ueberweisung an die Budgetkommissicn lind wir einverîtaaden.

Abg. Haade spri&t namens der Freikonservativen die Zustim- mung zu der Vorlage aus, bemängelt aber einzelne Bestimmungen derselben und wünscht eine gleiche Fürsorge für die Geistlichen. Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ich knürfe nur an die legte Bemerkung des Herrn Vorredners an. Wenn ich gesagt habe : es is ja nit unmög- li, man meldet sih [hon vou vielen Seiten, ein Antrag ist au schon geftellt, für die Geistlichen etwas zu thun, so habe ih damit kein bestimmtes Versprehen abgeben woll:n und können, weil die Frage im Staats-Ministerium noch nicht erörtert ift, Es finden gegenwärtig das kann ih mittheilen über die Lage der Geist- lichen und ihre Bezüge eingehende Ermittelungen statt, damit wir ein klares Bild davon demnäthst vor uns haben. Diese Frage wird aber nach meiner Ueberzeugung in dieser Session des Landtages ni&t mehr zur Erledigung kommen; mir müssen do klar und sicher Unterlagen in dieser Beziehung vor uns haben. Das kann ic allerdings sagen, daë, wenn die finanziellen Verhältnisse des Staats es zulassen, ih persôn- lih das Bedürfniß, mehr für die Geistilihen zu thun, anerkenne. (Bravo!)

__ Abg. Nadbyl (Zentr.) bittet unter Hinweis auf einige Peti- tionen beiagter Wittwen, daß man die Zuwendungen aus en Dispofitionsfonds von 500 000 Æ nit alljährlich von einer neuen g A Tit de ga tia made sondern daß, wenn einmal ) Urstigkeit einer Wittwe fe ellt sei, i i

dauernd bewilligt werde. Ms E S Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ih möchte tem Herrn Vorredner bemerken, taß auch jeyt son in vielen Fällen fortlaufende Unterstüßungen gegeben werden bis zum Widerruf. Diese Praxis wird natürlich beibehalten werden müfsen in denjenigen Fällen, wo es ih nit um vorüber- gebende Nothftände handelt, sondern die ganzen Verhältnisse so liegen, daß man die Dauer des Nothftandes oder der Hilfsbedürftigkeit an-

entstehen dur die Altersvershiedenheit unter den Gheleuten. Ih

den bereits bestehenden Unterstüßungsfonds in Kraft tritt, eine mg

gleihmäßige und dauernde, wenn die Verßältuisse irgend so liegen nit auf eine unbestimmte Zeit bereneie Unterstüßung zu geben ist nah den besonderen Zwecken des Fonds, welhe ja die Differenz der Bezüge der alten Wittwen, wenn ich ío sagen soll, der Wittwen vor dem Gesey und der Wittwen nah diesem Gese auszugleichen bestimmt if. Ich bin aber überhaupt der Meinung, daß, wenn die Lage der Dinge es irgendwie geflattet und man nit annebmen kann, daß in den Lebensverbältnissen bas Betbeiligten leiht Veränderungen eintreten, die eine Veränderung ter Unterftüßung nothwendig machen, es sehr erwünscht ift, den Zuftand der Sicherheit, der durch eine dauernde und ni§t auf kurze Zeit gewährte Unterftüßung für diese betreffenden Personen eintritt, möglichst zu befördern. Denn, meine Herren, es ift ja ganz richtig : wenn jemand nur auf eine kurze Reibe von Jahren eine Unterstügung ius gesidert bekommt, fo ist der ganze Zuftand für ibn viel unficherer und, wenn ih den Ausdruck gebrauchen darf, ungemütblicher, als wenn von vorn herein die Sicherbeit befteht, daß, wenn nitt veränderte Verbältniffe eintreten sollten, die Unterstützung eine fortlaufendz und dauernde sein wird. Wir werden darauf tbunli&| Bedatt nehmer.

Abg. Wetekamp (fr. Volksp.) sprit scine Frende über di Vorlage aus und ftimmt d Antr F Z die nainens seiner Partei zu. em age auf Kommissionsberatbung

Die Vorlage wird der Budgetkommisfion überwiesen. Siagtahanshalie: Elie ft 10706 O Stat fort : ür 7 beim Jufstiz-

ei den Einnahmen aus den Geri sten spri __ Abg. Kraus 4 “erie Bai (fr. konf.) are L E klärung der Regierung in der Kommission aus, taß im nächsten Jakre eine Nachweisung der Wirkungen des neuen Gerichtsfostengesezes vor- gelegt werden solle, und bemängelt die Höhe der Koften für uSzüge aus dem Handelsregister. Diese Auszüge würden doch öfter verlangt e I E Ae sei, und die Kosten seien deébalz 5 í Va C ; leicterungen eintreten lassen fühlbar. In der Praxis folle man Er-

Abg. Knebel (nl.) bemängelt die i äuf keiner rundftüde. Diese Belastung E Tue t ie besites widersprehe nationalêkonomischen Grundsäßen. Der Justiz, Minister folle hierin eine Reform eintreten lafsea. Redner führt einige besonders gravierende Beispiele ar.

Justiz-Minister Schön stedt:

Meine Herren! Der voa dem Herrn Abg. Knebel vorgetragene Fall ist auch in meinen Augen ein durchaus bedauerlier und, foweit ih dazu beitragen könnte, die Wiederkehr derartiger Fälle zu ver- hindern, würde ih gern dazu berzit sein. Ih acceptiere deshalb gern das Anerbicten des Herrn Knebel, mir die näheren Nachweise darüber, wie die hohen Koften im vorliegenden Falle entstanden sind, zu üker- geben. Nur zur vorläufigen Aufklärung mêödhte ih ein paar kurze Bemerkungen maden. Die Kosten, die hier in Frage steben, betreffen in den drei erften Posten nit, wie au shcn ar- gedeutet ift von Herrn Knebel, das Gericht, fondern die Kataster- verwaltung. Das sind die 1,50 6 für Zeichnungen, 4,30 „% uvd 2 Æ für Kataster-Auëzüge und weitere Zeichnungen. Diese Koften finden in dem Gerihtëkofi:ngeseß nit ihren Urfprurg und ihre Berechtigung. Dann kommen notarielle Gebühren von 4,95 Diese Kosten wären ohne weitzres zu vermeiden gewesen, da die Zus ziebung eine Notars überflüisig rar. Also auch da ift die Justizverwaltung nit in der Lage zu belfen, sondern es muß das dem Betbeiligten überlassen bleiben. Ucbrig bleiben dann als Giundbuhfsften 2,20 4 Wie die eniftanden find, übersehec ih im Augentlick nicht; die eigent liche Gebühr für die Eintragung bei einem“ Objekt von 15 4 würde nit mebr als 0,59 4 betragen haben. Es müfsen Nebexkcsteu ent- standen seien jür Schreitgebühren und andere Dinge, die ih so nit überseben kann, die aber mögliherweise einen größzren Umfang erreidt baben können, weil es au bei kleinem Objekt vcrfommt, daf umfang- reie Shreibarbeiten entstehen. Aus diesen Auéfübrungen des Herrn Abg. Knebel SLlüfse zu ziehen gegen die bei Berathung des Gerichtz- kostengeseßes aufzestellte Behauptung, daß für die kleinen Objektz dieses Geseß eine Ermäßigung der Kosien zur Folge haben werde, §25 würde, glaube ih, nicht berechtigt sein.

Abg. von Eynern (nl.) stimmt de ge des Abg. Krause bri In einé Falle Babe e “E E E E könne man fleine Prozesse überbaupt niht mehr führen. Jn Bree[a2 sei son eine Erleichterung dabia verfügt seitens des Ober- Verwaltung8g?erihis, daß bei Prozessen unter 370 M ftatt eix beglaubigten Autzugs eine blofe Angabe genügen solle.

Justiz-Minister Schön stedt:

Meine Herren! Jch glaube, mit der von dem Herrn Abg. von pnern foeben erwähnten Verfügung des Ober-Landesgerichts-Préêsi- denten in Breêlau bat es eine etwas andere Bewandtniß. Rechtlick liegt die SaBe so, daß es 1 bier um eine Frage handelt, die im Verwal- tungêwege nit mafgebend geregelt werden fann, sondern der Beurtt- lung der erkennenden Geri&te unterliegt, die Frage nämlich, ob, wenn cix Handelëfirma, eine Handelsgesellschaft flagt, von Amttwegen die Legitimation der Vertreter geprüft und der Nahweis der Legitimaticn dur Beibringung eines Auszugs aus dem Handelsregister gebracht werden muß. In dieser Beziehung ift die Praxis in den verschiedenen Ober-Lande8gerichtébezirken der Monartie eine außerordentli rer- schiedene gewesen ; in einigen Bezirïen hatte man eine sehr firenge Praxis und ¡war dabin, taß die Gerihte fih für verpfliitit bielten, in jedem Falle, wo cine Firma klagte, namentli eine Gesellschaftéfirma, den Nachweis der Legitimation des auftretenden geseßliden Ver- treters durch Beibringung eines Auszug:5 aus dem Handelê- register zu erfordern. Ueber diese Praxis sind vielfah Klagen laut geworden. Ih habe daraus Veranlaffung gencuimen, sie einmal näher untersuSen zu laffen. Es ergab ih daraus die Un- zulässigkeit, im Verwaltungswege Abbilfe zu schaffen. Jch habe deé- halb den Weg gewäilt, den {on der Herr Abgeordnete Krause an- gedeutet hat: ih babe veranlaßt, daß im nibtamtlihen Téeile des Juftiz-Ministerial-Blattes ein Aufsaß erschien, in dem!die garze Rechts- lage bezügli dieser Frage eingehend avéeinandergeseßt if, au der Hand der Gntstehungsgeshihte der Zivilprozeßordnung : an der Hand der Literatur, an ter Hand der Judikatur, und das Ergebniß dieses Aufsazes war, daß die weitüberwiegende Meinung der Rechtslehrer und die Rehtsprehung der meiften böberen Gerichte dahin ging, €S bedürfe niht in jedem Falle eines Nachweises ter Legitimation, fon- dern das Gericht habe ¡u entscheiden, ob nah Lage der Umftärde ein Grund vorliege, Bedenken gegen die Angabe der Partei zu erheben, und nur, wenn solche Bedenken fi ergeten, sei die Nothwendigkeit ge geben, einen Nachweis aus dem Handeléregister zu verlangen.

nehmen muß. Man fann sogar sagen und ih bin persönlih der Meinung, daß bier, wo es si um einen Fonte handelt, der neben

(Schluß in ter 2weiten Beilage.)

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 40.

(Schluß aus der Grften Beilage.)

Diese Mittheilung in dem nihtamtlihen Tbeil des Minifterial- Blatts hat ja für niemand verbindliche Kraft; aber es ift ein bekannt, daß das Minifterial - Blatt ni&ts bringt, au im nihtamtlihen Theile, was nicht mit der Auffaffung der Spihe der Justizverwaltung übereinstimmt , und insoweit konnte ih von diesem Aufsaß wenigstens eine gewisse moralishe Einwirkung erwarten, und ich glaube auch, daß sie eingetreten ift. Einè Folge dieser Verfügung wird auch das von dem Herrn Abg. von Eynern erwähnte Reskript des Ober-Landesgerihts-Präsidenten in Breslau Breélau gebörte nämli zu den Bezirken, in denen die strenge Auffäfsung berrschte; dort und in Naumburg war man dazu übergegangen, die Gerihte anzuweisen, in allen Fällen folhe Nachweisungen von den prozeßführenden Parteien zu erfordern. Nun von der Auffaffung ausgehend, daß ein Eingreifen der Verwaltung in dieser Frage überhaupt ausgeshkofsen sei, ift von mir der Ober- Landesgerichts - Präsident in Breslau und ebenso der in Naumburg veranlaßt worden, die Verfügung zurückzunehmen und die Entscheidung in bieser Frage den Gerihten zu überlaffen. Wenn nun in der Breélaner Verfügung zuglei eine Anweisung dahin gegeben sein jollte, die Gerichte möhten in allen den Prozefsen, in denen es fi nur um Objekte bis zu 300 4 handelt, also in Amtsgerichtpro- jeffsen, überbaupt von der Forderung eines folhen Nachweises absehen ich bezweifle, ob das in der Verfügung ftebt; aber wenn es darin stehen würde, so würde das nah meiner Meinung wieder über die Befugniß des Ober-Landesgerichts-Präsidenten als Aufsihts- und Verwaltungsbeamten Hbinausgehen, und ih würde nit in der Lage sein, diesem Beispiel zu folgen. Die Einnahmen werden bewilligt. Bei den dauernden Ausgaben, und zwar beim Gehalt des Ministers, bemerkt Abg. MunFel (fr. Volksp.): Der Justiz-Minister bat bisher einen Lwenmuth in den parlamentarishen Kämpfen bewiesen; möge er fih den erhalten auch beim Kampf um die Richtergebälter. Ich bin erfreut über die Verfügung des Ministers vom 11. Januar über die juriftise Vorbildung und die erste Prüfung. In Univerfitäts- kreisen hat man einige Bedenken, namentlih dabin, daß die praktische Arbeit zu früh stattfinde. Ein zweites Bedenken ift, daß dabei wobl das bürgerlihe Recht, aber nicht das Strafrecht berüdsihtigt werden solle. Das sieht so aus, als ob sich nur minderwerthige Elemente mit dem leßteren befafsen follten und als ob dieses bgeseßzt werden folle. Eine Verlängerung der theoretishen Vorbildung wünsche ih nichi. Die neue Juriëprudenz hat den Begriff des groben Unfugs weit über den engen gefeßlihen Sinn hinaus anggedeinh ih hoffe aber, daß au auf die” Recht- sprechung diese Verfügung des Ministers einen günstigen Einfluß üben wird. Dies wünsche ih auch bezüglih der regelmäßigen An- wendung des Begnadigungsrechts bei den Duellen und den Amts- übershreitungrn der unteren Exefutivbeamten. In beiden Kategorien von Gesezesüberschreitungen handelt es fi um eine gewisse Sthneidig- feit, die feine besonders lobenêwerthe Eigenschaft ift, keine Sympathie verdient und besonders bei der Justiz un- zulässig if. Redner führt verschiedene Fälle von Be- gnadigungen vcn Studenten und Referendaren bei Duellen an und erinnert an die Königsberger Börsengartenaffaire. Die Begnadigung soll die Ausnahme sein, bei Duellen ift fie aber die Regel. Giebt es überbaupt einen niht begnadigien Duellanten ? Das müßte ein ganz befonderer Fall sein. Mir ift diese Anwendung des Begnadigungêrechts zweifelhaft. Da ift entweder das Gesey zu streng dann muß es geändert werden —, oder es foll nit voll zur Anwendung kommen, aber dann stärkt das niht die Achtung vor dem Gesez. Bei Beschwerden über Beamte werden gewöhnlich auf Grund der Ausfagen von Beamten die Zivilisten verurtheilt. Jn Berlin sind Schußleute wegen Gebrauchs der Waffe vom Gericht über das Strafminimum erbeblih hinaus zu 7 Monaten Gefängniß verurtheilt worden, sie wurden begnadigt zu Geldftrafen von 150 #4 Einem Andern wurde die aberkannte Fähigkeit zur Bekleidung eines ¿ffentlihen Amtes durch die Begnadigung _ wiedergegeben. Zwei Wachtmeistern wurden niht nur die Strafe von drei Monaten, sondern auch die Koften erlaffen. Der Sergeant Lorenz, mit einem Jahr Zuchthaus bestraft, if infolge Eingangs eines Begnadigungs- gefuches vorläufig aus dem Zuchthaus entlaffen worden, was sonst nie vorkomme. Unter 44 Verurtheilungen wegen Majestätsbeleidigung ift

niht eine einzige Aenadignng, Da s\cheint die Beg gung Bos ondern

niht nach der besondern Beschaffenheit der einzelnen Fälle, generell na dew Charakter der Thaten gebandhabt zu werden. Ih wäre dem Minister danfbar, wenn er mir über diese Sache eine Aus-

kunft gäbe.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich danke zunächst dem Abg. Munckel für die Anerkennung, die er mir im ersten Theil seiner Ausführungen aus- gesprochen hat. Er hat zunächst sh anerkennend geäußert bezüglich der von mir in Uebereinstimmung mit dem Herrn Unterrihts-Minister unter dem 18, Januar dieses Jahres erlassenen neuen Prüfungs- ordnung, jedoch einige Bedenken bezügli der Einzelbeftimmungen dieser Prüfungéordrung geäußert.

Meine Herren, diese Prüfungsordnung ift das Ergebniß sehr eins gehender und ziemlich s{wieriger Erwägung gewesen. Es trat an die Justiz- und Unterrichtsverwaltung die Aufgabe heran, Für- sorge zu treffen, daß dem BürgerliGhen Gesezbuch im Rabmen der akademishen Vorlesungen der ihm gebührende Plat gesichert werde. Diese Aufgabe mußte gelöft werden ohne einen Eingriff in die akademis§be Lehr- und Lernfreiheit. Mit diesen Faktoren war zu rechnen. Die Verfügung, von der ih annehmen fann, daß fie denjenigen Herren, die sh dafür interessieren, bekannt geworden ift dur ihre Publikation, bezwecki nun nicht eine vollständige Neugestal- tuag des Rechtéstudiums; sie will nur insoweit eine neue Regelung herbeiführen, als dies durch die Aufnahme der Vorlesungen über das Bürgerliche Gesezbuch in den Lehrplan geboten if. Unter diesem Ge- sichtépunkt trifft sie darüber Bestimmung, welche Vorlesungen nah den Anschauungen der Verwaltung in Zukunft als wegfallend anzu- sehen oder wesentli einzushränken sein werden, und in welhem Um- fange an deren Stelle auf Grund der neuen Reichsgesegebung andere Vorlesungen zu treten haben.

Die Verwaltung sah fic hierbei zugleich vor die Frage geftellt, ob es

Zweite Beilage

Berlin, Dienstag, den 16. Februar

Studienzeit von 3 Jahren, wie vielfa namentli aus akademischen Kreisen gefordert war, zu verkürzen. Sie ift dabei von der Auf- fassung ausgegangen, daß eine solche Verkürzung durcaus unerwünsht sei und vermieden werden müsse, soweit es eben thunlih sei, und fie hat geglaubt, dur die nunmebr gegebenen Anweisungen den Weg gezeigt zu! haben, der es ermöglicht, die künftig von den Studierenden der Rechtswissenshaft zu lösenden Aufgaben innerhalb desselben Zeit- ruums wie bisher zu lösen.

M.ine Herren, ih erwähnte schon, es dürfte dabei niht ein- gegriffen werden in die akademische Lehr freiheit; man kann nicht den Unioersitätslehrern vorschreiben, wie und was fie lehren follen; es fann nur indirekt eingewirkt werden, und zwar dadur, daß man ge- wisse Voraussetzungen vorschreibt für die nah Abfolvierung des aka- demisGen Studiums abzulegende Prüfung und durch diese Voraus- fezungen den akademischen Lehrern eine gewisse Direktive giebt.

Es würde au, glaube ich, den in Deutschland berrshenden Auffassungen nicht- entsprechen, die akademische Lern freiheit über Ge- bühr einzushränken. Aber nichtsdestoweniger wird, glaube ih, das Bedürfniß allgemein anerkannt, nach Möglichkeit dafür Sorge zu tragen, daß den Studierenden, namentlih der juristishen Fafultät, dénen ja im böberen Maße wie denen anderer Fakultäten der Vorwurf des Unfleißes gemaht zu werden pflegt, hon in der erften Hälfte ibrer Studienzeit der Ernst der Sahe und der Umfang ihrer Lern- pflihten zum Bewußtsein gebraht würden.

Meine Herren, von diesem Gesichtspunkte sind die beiden Ver- waltungen ausgegangen und find nun zu dem Ergebniß gekommen, daß es geboten sei, für die Zulaffung zur erften juristischen Prüfung gewisse Vorausfezungen aufzustellen, die den Studierenden die Pfliht und die Nothwendigkeit auferlegen, auch son in den erften Sémeftern sch mit dem Studium, das sie auf die Universität geführt hat, ernfstlih ¡zu beschäftigen. Es foll aber nit geschehen in einer Weise, die den Studierenden unmöglih mat, au ferner die berehtigten Freuden der Jugend zu genießen.

Meine Herren, wir betrahten die von uns erlaffene Verfügung keineswegs als etwas Unfeblbares; es ist ein Versuch, der fi erst in der Praxis bewähren muß. Aber ih kann doch zu meiner befonderen Freude konstatieren, daß diese Verfügung in weiten Kreisen An- erkennung gefunden hat und daß insbesondere von hohangesehenen Suristenfakultäten die unumwundene Anerkennung der Gesichtspunkte, die hier zum Ausdruck gebracht sind, ausgesprochen ist. Es gilt das insbesondere von der juristishen Fakultät in Halle, die {hon in dem nächsten Sommersemester, obgleich hierzu eine Nöthigung für fie noch nit vorlag, ibren Lehrplan vollständig nah Maßgabe dieser Verfügung eingerihtet hat. Von anderen Fakultäten sind ähnliche Kundgebungen zu meiner Kenntniß gelangt.

Daraus ergiebt sich freilich nit, daß die Verfügung überall un- anfehtbar sei, vielmehr wird auf Grund der zu machenden Er- fahrungen später zu erwägen sein, ob und wo die befsernde Hand an- zulegen fein wird. Diese Erfahrungen, meine ih, wollen wir zunächst abwarten. Wenn nun einzelne Punkte von dem Herrn Abg. Murckel hervorgehoben worden sind, indem die Verfügung nah seiner Auf- fassung nit das Richtige getroffen habe, so glaube ih, find die von ibm angeregten Bedenken niht ganz zutreffend. Ich habe, wie gesagt, Werth darauf gelegt, daß schon in den erften Semestern die Studierenden zum ernsten Studium veranlaßt werden. Dazu gehört, daß ihnen ein Interesse für die Sache beigebracht wird, und ih glaube, der rihtige Weg dazu war: vorzuschreiben, daß auch son in den ersten Semestern die Studierenden ih an praktishen Uebungen betheiligen sollen, weil gerade diese in viel höherem Maße wie rein theoretische Vorträge geeignet sind, das lebhafte Interefse der Zuhörer zu weden.

Nun meint der Herr Abg. Munkel, es sei wünschenswerth ge- wesen, daß - diese praktishen Uebungen sich niht beschränken sollten auf deutsches und rômishes Privatrecht und auf das neue bürgerlihe Reht. Ja, meine Herren, daß weitere Uebungen nit hervorgehoben find, erklärt sih aus dem Umstande, daß der Rahmen der Verfügung enger gezogen ist. Das öffentliche Recht, das Strafrecht, dessen der Abg. Munckel Erwähnung gethan hat, liegen außerhalb des Rahmens derselben. Daß aber au für diese Disziplin an praktische Uebungen gedaht worden ist, ergiebt ich aus den Erläuterungen, die auf Veranlassung des Unterrichts-Ministers im „Reichs-Anzeiger“ zur allgemeinen Kenntniß gebraht worden sind; ein Blick in diese Erläuterungen wird Sie überzeugen, daß für die späteren Semester ebenso praktische Uebungen auf dem Gebiet des öffentlihen Rechts, des Prozefs:s u. #. w. vor- ausgese8zt sind; in der Verfügnng selbst war für solbe weitergehenden Anordnungen kein Raum.

Meine Herren, der Abg. Mundckel hat sodann einer Verfügung Erwähnung gethan, die seitens des Justiz-Ministers erlassen sei bezügli der Handhabung der Strafbestimmungen über den groben Unfug. Es ift eine solche Verfügung von mir erlassen worden zu Anfang des vorigen Monats. Sie war für die Oeffentlichkeit nit bestimmt; da sie aber einmal auf eine mir nit aufgeklärte Weise bekannt geworden ist, ss habe ih keine Veranlaffung, sie zu verleugnen. Ich bekenne mi zu ihrem Inhalt und hoffe auch, daß diese Ver- fügung eine heilsame Wirkung in der Praxis dahin ausüben wird, daß nicht in einer über die Absicht des Geseges hinausgehenden Weise ein ftrafbarer Thatbeftand konstruiert wird, wo es an den von dem Gesetzgeber gewollten Vorausseßungen feblt. (Bravo!) Ich will bierbei bemerken, daß diese Verfügung sich in voller Uebereinstimmung bâlt mit den Auffaffungen des Reichsgerihts und daß sie in dem weiteren Theile, der niht öffentlich bekannt geworden is, auf Entscheidungen des Reichsgerichts verweist, die, rihtig verftanden, zu derselben Auslegung der Straf- bestimmungen führen; es ift also selbstverständlih niht die Absicht der Justizverwaltung, die Staat38anwalte anzuweisen, fih irgendwie mit der Rechtsprehung des Reichsgerihts in Widerspruch zu seßen.

Meine Herren, dann hat der Herr Abg. Munckel und ich

1897.

mit der Frage der Begnadigungen beshäftigt. Ih freue mich, daß er hierbei niht den Versu gemacht hat, das Begnadigungsreht an fih einer Kritik zu unterziehen oder irgendwie auf eine Beschränkung . desselben binzudeuten. Ich glaube, daß in diesem Hause darüber wohl eine Stimme herrscht, daß das Begnadigungsreht als ein durchaus unbeshränktes Recht der Krone dasteht (sehr richtig! rechts), daß es au nit erforderlich ift, sich über die biftorishe Berehtigung und Entstehung desselben des weiteren zu verbreiten ; daß das Begnadigung8- recht in derselben Unbeshränktheit, wie es vor dem Erlaß der Verfaffung bestanden hat, durch die Verfassung sanktioniert ift, und daß Seiner Majestät in Ausübung dieses Begnadigungsrehtes von keiner Seite irgendwelhe Schranken gezogen werden können. (Sehr richtig!)

Die Ausführungen des Herrn Abg. Munckel richteten sh nur gegen die Mitwirkung des verantwortlihen Justiz-Ministers bei der Handhabung des Begnadigungsrehts. Meine Herren, ich will mich auch hier niht auf die Frage einlafsen, inwieweit eine folhe Verant- worilihfeit besteht. Bekanntermaßen gehen die Anschauungen unserer Rechtsgelehrten darüber weit auseinander; es giebt angesehene Rehts- lehrer, die den Standpunkt vertreten, daß überhaupt Begnadigungs- ordres einer Kontrafignatur durch den Minifter niht bedürfen ; andere beschränken die Verantwortlichkeit des Minifters nur auf die Frage der formellen verfassungsmäßigen Zulässigkeit auf diesem Standpunkt steht j. B. der Staatsrechtslehrer von Rönne, über defsen liberale Auf- fafsungen ja kein Zweifel ist —, andere endlich gehen noch weiter und maten den Minister auch verantwortlih für die Zweckmäßigkeix der Begnadigung. Meine Herren, ich will mih auf diesen Streit nit einlassen; denn ich fann unumwunden erklären, daß mir nihts ferner liegt als die Absicht, die mir verfassungsmäßig obliegende Ver- antwortlichkeit für die von Seiner Majestät erlassenen Begnadigungen irgendwie in formeller oder materieller Beziehung abzulehnen oder einzushränken. Ich trete in vollem Umfange für dasjenige ein, was ih durch meine Kontrasignatur als verantwortliher Minifter gedeckt

babe.

Nun, meine Herren, ift der Herr Abg. Munckel der Ansicht, daß ih auf gewifsen Gebieten dieser Verantwortlichkeit mir vielleiht nicht voll bewußt gewesen sei, indem nah seiner Meinung bezüglich einiger strafbarer Handlungen Begnadigungen gewissermaßen zur Regel geworden seien und dadurch die Anwendung des Gesetzes mehr oder weniger außer Kraft geseßt werde. Er hat in dieser Beziehung hervorgehoben einmal Urtheile wegen Zweikampfes und dann Urtheile wegen Amtéüberschre tungen von Polizeibeamten. Was zunächst den Zweikampf anbetrifft, so ist die Thatsache unbestreitbar, daß da sehr viele Begnadigungen vorgekommen sind. Ich könnte die Zahlen, die der Herr Abg. Munckel genannt hat, erbeblich vermehren, wenn ih die sämmtlichen Begnadigungen, die im Laufe des leßten Jahres geschehen sind, anführen wollte.

Nun glaube ih aber, es wird der Auffassung des Hauses nicht ent- sprechen, auf einzelne Fälle einzugehen (Sehr richtig ! rechts), denn das würde zu einer Kritik der Ausübung des Allerhöchsten Begnadigungsrechts führen, die nah meiner Meinung absolut ausgeschlossen if (Sehr rihtig! rechts) und von der ih annehme, daß sie niemand wünscht. Ich trete aber der Annahme entgegen, daß bezüglih der Begnadigung in Duellsahen von einer systematishen Nichtanwendung des Straf- gesetzes die Rede sein könne. Zunächst will ih bemerken, daß keineswegs alle Gnadengesuhe in Duellsahen Erfolge gehabt haben, daß vielmehr in einer Reihe von Fällen die Be- gnadigung abgelehnt ift. Aus den hon eben erwähnten Gründen lehne ih es selbstverständlich ab, hier diese Fälle näher zu erörtern. Ich will ferner erwähnen, daß die sämmtlihen Begnadigungen, die im vorigen Jahre vorgekommen sind, Duelle betrafen, die vor den aufregenden Debatten im April des vorigen Jahres lagen, dur welche die öfentlice Meinung in so hohem Maße in Anspru genommen und Erregung in weiteste Kreise getragen ist. Sämmtliche Duelle, die im vorigen Jahre Gegenstand der Begnadigung geworden sind, gehören einer älteren Zeit an. Nun würde es nah meiner Meinung niht gerecht sein, Stimmungen, die dur jene Debatten im Reichstage bervorgerufen sind, zurückwirken zu lassen auf die binter ibnen liegenden Vorgänge. Es würde nach meiner Aufs faffung niht den Grundsäßen gleihmäßiger Gerechtigkeit entsprochen baber, wenn man diejenigen Leute, die \sich des Zweikampfes schuldig gemacht haben, bevor der allgemeine Entrüstungsfturm gegen die Aus- shreitungen auf dem Gebiet des Duellwesens entfefselt war, darunter bâtte leiden lafszn, und fie strenger bâtte behandeln wollen als die- jenigen, die son früber in die Lage gekommen waren, die Allerhöchste Gnade anzurufen.

Meine Herren, ih halte es weiter für eine niht zutreffende Auf- fassung, wenn Herr Abg. Munckel meint, das Vergehen des Zwei- famvfîes babe weniger Anspruch darauf, mit Wohlwollen angesehen und der Allerhöchften Gnade theilbaftig zu werden, wie andere Ver- gehen. Ich glaube wenigstens so die Auffassung des Herrn Abg. Munckel verstanden zu haben. Dak gerade auf diesem Gebiete in zahlreichen Fällen shwerwiegende Milderungsgründe vorliegen, ih glaube, das wird man bei rubiger, objektiver Beurtheilung niht in Abrede ftellen können. Als s{werwiegendsten dieser Begnadigungsgründe erkenne ih an den nicht wegzuleugnenden Konflikt zwischen dem Staatsgeseß und den in weiten Kreisen der Bevölkerung hberrshenden Anschauungen, über die manher sich niht hinwegseyen kann, ohne den allergrößien Schaden an seiner Ehre und gesellschaftlichen Stellung zu erleiden. Wer vor die Wahl gestellt wird, ob er sh mit dem Strafgeses in Widerspruch seßen oder es über sih ergehen laffen will, daß er vielleiht aus dem Kreise seiner Standesgenossen ausgeschlossen wird, und wer sich dann für den ersten Weg entscheidet, dem kann, glaube ih, von vornherein ein gewiffer Anspruch auf mildere Beurtheilung nicht versagt werden, auf eine mildere au, als der Richter sie ihm vielfach zu tbeil werden lassen kann. Meine Herren, als Gründe, die für eine Begnadigung in Zweikampfsahen ins Gewicht fallen, kommen ferner in Betracht die Thatsachen, welche zu dem Zweikampf geführt haben und die das Verschulden des einen Theils oft sehr gering ersheinen lassen

mit Rücksicht auf das Bürgerliche Gesezbuch geboten fei, die biéherige

glaube, es war wobl der Schwerpunkt seiner Ausführungen fi