1897 / 43 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

F L E 9 1) wos terf a of riemiigetN MEA- » ck9 Mia dr Amk A-L 4 tw 24 Sre ir d * ee Msi 4 Aa E “di EA s

werden. Das Gutskaus in Gryzlin ift zu einer Pfarrerwohnung durch Anbau vergrößert.

An zur Vergebung an Ansiedler gelangenden, also niht öffent- lihen Zweck°-n dienenden Bauten wurden 1896 u. a. aufgeführt: 6 Kruggehöfte, von denen 3 erft im Robbau obne die Nebenanlagen hergeftellt find, ferner 2 Krugstallbauten, die infolge von Brand- schäâden auf alten Geböften nothwendig wurden, endlih einige Wohn- bâufer, Ställe und Sckeunen, die zunächst zwar im großwirtbschaft- lihen Snterefsfe zur Ergänzung unzureihender Gutsgebäude, jedoch gleichzeitig im Hinblick auf künftige Verwerthung als Arsiedler- gebäude amget wurden. Die übrigen, auf den Gütern Gulbien, Dchowo, Strzydzew, Groß-Tilliy, K3rberhof, Groß-Rybno und Wysefa errichteten Gebäude sind als fiékalishe Hofbauten zur Ver- gebung an Arsiedler auf geeigneten Anfsiedlerftellen aufgeführt. Hierbei ift zum ersten Male in durchareifinder Weise der fiskalische Regiebau ¿ur Anwendung gekommen. Damit ift der erfte Schritt auf dem Wege gethan, dessen Betretung in den Ausführurgen am Schlusse des Absatzes über das Ansiedelungêsgeshäft im Jahresberichte für 1895 in Auésiht genommen war. Hierbei sind sorgfältige Beobachtungen der Ansiedler bei den von ihren im Eigenaufbau aufgeführten Höfen und die Erfährungen bei den fiskaliswen Hofbauten verwerthet worden.

In den Jahren 1888 bis 1892 sind fitkalischerscits etwa 170 An- siedlergehöfte erbaut. Die Ausführung wurte an Unternehmer ver- geben, nachdem die Projekte in allen Einzelheiten vorher auêgearbeitet waren. Die Bauten wurden mit voliftändiger innerer Einrichtung in derselben Art wie Krüge und Schulen fertig bewohnbar bergerichtet.

Nach einer Vergleichsrehnung, die sih über 25 derartiger Ge- böfte auf 8 verschiedenen Gütern erstreckt, ftellten sich für Arsiedler- gehöfte auf Landparzellen von 8 bis 25 ha die durschnittlihen Bau- kosten auf rund 500 Æ pro 1 ha. Diese Gehöfte find meist nur verpahtet worden. Bei den Arsiedlezrn waren fie niht beliebt. Jhr Hauptfebler war der, daß alle Näume zu klein waren. An den Ab- messungen war nämli gespart, um für den inneren Ausbau Mittel zu bebalten und die Gesammtkoften nit zu hoh auflaufen zu lassen.

Diese Gehöfte waren aber niht bloß eng, sie waren auch theuer; denn der Aufbau einzelner Bauerngehöfte auf dem Lande ift für den Bauunternebmer, der bier zu Lande nur in den Städten zu finden ift, eine unbequeme Aufgabe, für deren Erfüllung er eiren nit unerheblihen Gewinn fordert. Es war daher bald fklargestellt, daß diese fiskalishen Gehöftsbauten theurer waren, als wie sie die An- fiedler si selbft berftellten. Die Folge war eine erbeblihe Ein- schränkung des fisfalishen Geböftbaues. :

In den Jahren 1893—1895 sind dann nur noch etwa 40 Geböfte hergestellt. Man korrigierte \sih einigermaßen, machte die Projekte der Ställe und Scheunen crheblih größer, ließ aber die Wohnungen in thunlichst kleinen Abmessungen und sparte an der inneren Ein- richturg, tie oft ganz fortgelafsen und dem Ansiedler öberlafsen wurde oder doch nur auf den allernothdürftigsten Ausbau beschränkt blieb. Auch wurde vermieden, kleine Stellen, die einen kostspieligen Bau viel weniger vertragen können als große, mit Getäuden auf fiskalische Kosten zu bebauen. Der Unternehmerbau wrourde mangels eines Besseren beitehalten. Da inzwishen auch die Ziegelpreise und die Bauausführvngskosten in den Änsiedelurgsprovinzen stetig und erbeblih zurüdgegangen waren, gelang es, auf diesem Wege die fiskalischen Baukosten fo zu drücken, daß sie nah einer Vergleibsrechnung über 25 allerdings ohne inneren Ausbau hergestellte Gehöfte von 8 ver- schiedenen Gütern bei Parzellen von 14—37 ha auf durs{nittlich 250 pro 1 ha zu stehen famen. Diese billigeren Gehöfte fanden zwar größtentheils Abnehmer, ohne sich jedoch einer besonderen Be- [iebtbeit bei den Ansiedelungélustigen zu erfreuen, offenbar wegen des Eindrucks der Dürftigkeit und Unvollkommenheii, den fie bei dem

ehlen des inneren Ausbaues und den geringen Abmefsungen der

ohnräume maten. Auf zwei Gütern, wo die Besiedelung aus anderen Grüaden nur langsam vor sich geht (Wydzierzewice und Trzek), waren sie bisher sogar unverkäuflih. Damit war der Beweis ge- liefert, daß auch die neueren billigen fiskalishea Geböftsbauten rit geeignet sind, die Stellenbegebung in einer unbeliebten Situation zu beschleunigen. :

Diese Erfahrungen sowie Fehler und Uebervortheilungen un- erfahrener Ansiedler bei dem Eigenaufbau forderten dringend zu einer erneuten Thätigkeit der Ansiedelungskommifsion auf dem Gebiete des Ansiedlerhofbaues auf. i:

Wollte man die schwierige Frage der Ho einrihtung des An- fiedlers im Sinne der aus Westdeutshland anziehenden, kapital- fräftigeren Ansiedler lösen, so mußte man Geböftbauten schaffen, welche weder zu gering in den Abmessungen noch zu hoch in den Kosten und auch wieder niht zu dürftig in der Ausstattung sein durften. Das zu erreichen {hien nur im Wege der Bau- ausführung ta fisfalisher Regie, also obne Zuziebung von Bauunternehmern, möglich. Der Verwalter des Ansiedelungs- guis wurde der eigentlich auëführende Bauherr. Soweit erforderli, wurde ibm ein Bautechniker zur Hilfeleistung zugetheilt. Es wurden Baukafsen eingerichtet, aus denen die Löhne und Materialien dirckt bezablt wurden. Holz, Kalk, Steine wurden in Vorrath be- \ckchafffflt. Die Bauprojekte aber wurden so auskêmmlich, wie gend mögli, aufzestellt. Statt der früheren s{hematishen Behandlung der Projefte wurden dieselben individuell den Stellen angepaßt und in mannigfacher Weise rariiert. Hierbei wurde au darauf ge]eben, den Höfen eine möglichst gefällige äußere Erscheinung zu geben und Be- guemlifeiiëteinrihtungen ju treffen, welche als bei den Ansiedlern be- sonders beliebt erkannt sind. A

Bisher sind etwa 20 Höfe in dieser Weise aufgebaut, zum theil sind sie erft im NRobbau hergestellt. Sie kommen erft im nächsten Atübjabr zur Begebung, daber läßt sih über den praftishen Erfolg dieser Maßnahme noch Bestimmtes nicht sagen. Scviel fteht aber fest, daß diese Bauten die lebhafte Aufmerksamkeit der umwohnenden Arssiedler erregt und anscheinend auch Beifall gebabt haken, der {on feincn Ausdruck in Anfragen aus Wesideutshland nah diesen fertigen Höfen gefunden hat. :

Dagegen ift die Kostenfrage schon jeßt ziemlih genau zu über- sehen. Es ergiebt sih bei 17 Stellen von 10 bis 35 ha Größe ein Durchschnittsaufwand von 310 Æ pro Hektar. Hierbei sind 3 in Drhowo ausgebaute Arbeiterstellen von nur 15 ha Größe nicht be- rüdsihtigt. Diese Preislage muß als günstig bezeihnet werden. In Sulbien beträgt sie, bezogen auf die bebaute Fläche :

e E 25 Æ pro qm Wohnhäuser mit Stallung . . A E R «E S Les Ia Orchowo sind bergeftellt : die Wohnhäuser für . . . . . 21—25 Æ pro qm Wohnhäufer mit Stallung für 18-19 , , E a S 6 E D

Bei einem kleinen Arbeitcrhause, weles Wohnhaus, Stall und Sheune vereinigt, beträgt der Einheitévpreis pro Quadratmeter 19,5 4

Aehnlich sind die Preise in Groß-Rybno, Wyzoka, Groß-Tillit und Körberhof. Etwas theurer fommen die Bauten in Strzydzew. Hier hatte das Holz von den Händlern bezogen werden müssen, es war von der Verwendung von Luftsteinen und Sparmörtel abgesehen worden, die Wafsert eshaffung und Anlage der Brunnen war s{wierig gewesen und endli sind die Bauten in der Grundrißanordnung und im Auébau kemfortatler ausgestattet, um sie den Wünschen der Be- werber aus dem Westen,“ welche hier allein in Frage kommen, an- zupafsen. Die Gehöfte bilden die Umgebnng ver neuen fatholischen Kirche und Probstei und find zum theil genaue Nahahmungen voa westfälishen oder {lesien Anlagen der benachbarten Ansiedelungen.

Immerhin kosten auch hier nur:

die Wohnhäuser. . ., . , . 27—28 M pro qm die Vereinigung von Wohnhaus,

Stall und E D 9 die von Stall und Scheune . . E

Bei solhem Kostenaufwand müssen diese Ergebnisse fiskalischen Regiebaues als recht gute angesehen werden, und es fann ein weiteres

Fortschreiten auf diesem Wege ia Ausficht genommen werden, voraus3- ee dn diese Auffassung durch schnelle Vergebung der Stellen be- wird. Es sei noch bemerkt, daß in Orhowo und Strzydzew abge- sehen von den allgemeinen Gründen. noch der Gedanke zum fiskalischen Gehöfttau geführt kat, daß für die auf freiem Felde errihteten Kirchen si die Anlage einer thunlihs einbeitliken Um- gebung von foliden Gehöften empfahl, deren planmäßige Errichtung überdies noch das erwünschte Ziel einer ges{lofsenenen Dorflage

erreichen ließ. Das Ansiedelungsgeschäft.

Der Verkehr mit Ansiedelungélustigen hat sich während des Berichtsjahres bei dem Zentralbureau zu Posen auf der Höhe der Vorjahre gehalten. j Z

Auf den Ansiedelungen selbft sheint der Verkehr von Anficdelungs- lustigen stärker gewesen zu sein, als in den Vorjahren.

Dazu mag beigetragen haben: 1) die größere Aufmerksamkeit, die die öfentlide Presse seit jüngfter Zcit den Anfsiedelungen \chenkt, zumal dadurch, dos sie ihre Berichterstatter die Ansiedelungen bereisen ließ; 2) die Beziehungen, die einzelne Gutsverwalter der Ansiedelungs- kommission mit den Kreisen, aus denen fie zumeist das Ansiedler- material für ihre Ansiedelungen bezieben, dadurch angeknüpft baben, daß sie diese Gegenden perfönlih besfucht und dort nah vorher ge- gangener Anmeldung bei den Behörden Vorträge über die Ansiede- lung aus dem Geseße vom 26. April 1886 gehalten baben; 3) die Anknüpfung von Beziehungen zu der bäuerlihen Bevölkerung des Westens durch die diesfeitige Bestellung von Vertrauer8männern im Einverständniß mit den Kreis-Landräthen. : S

Dabei war namentlih der Wursh maßgebend, die Kenntniß des öftlihen Ansiedelungswesens auch in gewisse Gegenden mit gesunden bäuerlichen (nit industriellen) Verhältniffen wie Hannover und Schleswig-Holstein zu tragen, wo sie bisher gänzlich fehlte. Es ift nämlich eine charafkteristis@e Erscheinung, daß, mangels irgend einer reklameartigen Thätigkeit der Ansiedelungskommifsion, bisher nur wenige kleine Bezirke an der Gefteüung der aus dem Westen kommenden Ansiedler betheiligt waren. So die niederrheinishen Kreise Kleve und Rees, die westfälishen Kreise Warburg, Hörter, sowie Minden, Herford, Bielefeld nebt dem angrenzenden Fürstentbum Lippe-Detmold und einige andere. Mebr oder minder zufällig sind offenbar die ersten Verbindungen mit diesen Bezirken entstanden. Dann haben günstige Berichte der Vorangegangenen Verwandte und Bekannte nachgezogen, und daraus hat si {ließli ein einigermaßen ständiger Zuzug entwickelt. Dagegen sind weite andere Gebiete West- deutshlands von dieser Bewegung noch völlig unberührt.

Es ift zu hoffen, daß die Bemühungen, auch hier nunmehr An- {luß zu gewinnen, die natürlich in diesem Jahre auf den eigent- lihen Kaufabshluß noch nicht wirken konnten, sich bereits im nächsten Jahre in einer Steigerung der Zabl der Stellenvergebungen bemerkbar machen. Immerhin steht einem \chnellen Erfolge nah dieser Richtung das in der That auffallend starke Mißtrauen der westländifcen bäuerlihen Bevölkerung cegen die Exiftenzbedingurgen in den Ländern des deutschen Ostens sowie auch der Umstand ent-

egen, daß nah der Praxis der Ansiedelvngékommission die Voraus- eßung für ein gedetblihes Fortkommen des Anfiedlers ein immerhin vit unerbeblihes Vermözen ist, das forgfältig gehütet und ungern in niht ganz fiher ersheinender Anlage aufs Spiel gefeßt wird.

In dieser Hinsicht von der seitherigen Praxis abzulaffen wo- mit fih selbstverftändlich der Kreis der Ansiedler fofort erheblich erweitern würde —, fann nach den anfänglih gemahten Erfahrungen und den Beobachtungen, zu denen neuerdings Privatparzellierungen Anlaß bieten, niht in Frage kommen, es fet denn, daß man fich von vornherein auf erhebliche fiéfalishe Opfer gefaßt machen wollte. Es ift daber auch an eine ausgiebige Verwendung wenig bemwittelter ländlicher Tagearbeiter aus dem westlihen Deutschland als Ansiedler nicht zu denken. Diese kleinen Vermögen reihen nicht hin, um die Gefahren des selbständigen Betriebes einer bäuerlichen Nahrung zu bestehen, und die kleine Arbeiterstelle, wie sie das Gesetz vom 26. April 1886 vorsieht, it nicht verführerisch genug, um zur Abwanderung in die Ansiedelungsprovinzen Veranlassung zu geben. Der westdeutshe Tagearbeiter ziebt eben nit nach dem Osten, um hier auf einer Tagearbeiterstelle mit ländlicher Tagearbeit sein Leben weiter zu fristen, sondern er thut's nur dann, wenn er ein Grundstück erwerben kann, von dem er, ohne Arbeitsverdienst auf- fuchen zu müssen, leben kann. Das if aber nur mögli, wenn ein Kapitalvermözen von wenigstens 2000—3000 Æ vorbanden ift.

_Das Verhältniß zwischen der Z2bl der Bewerbängen aus den Ansi-delungéprovinzen zu denjenigen der Westländer ift dasfelbte ge- blieben wie bisher. Sie balten siv ziemlih das Gleichgewicht.

Zum Abschluß von Punktationen führten die Verhandlungen in 275 Fällen, alfo eiwas mehr als im Iahre 1895 mit 255 Punkta- tionen. Als unerledigt aus dem Vorjaßhre übernommen wurden 24, sodaß im Berichtéjahre zur Entscheidung standen 299. Das End- ergebniß in den Zusclagsertbeilungen ift au dieses Jahr dur zahl- reie Nüdtritte der Bewerber und durch Nichterfüllung ihrer Ver- tragépflihten, die zur Versagung des Zuschlages gezwungen hat, herabgedrückt worden. Auf diese Weise find 78 Punktationen zurück- gegangen. Jn weiteren 30 Fällen hängt die Entscheidung noch von dem Ergebniß der Ermittelungen über die persönlihen und die Ver- mögensverbältnifse oder von der formellen Erledigung einiger hinficht- lich der Preisfeststellung bestehender Anstände ab. Durch Ertheilung des Zuschlages sind erledigt 191 Abschlüfse gegen 186 des Vorjahres.

Die bei den Rücktrittserklärungen angegebenen Gründe bleiben die gleichen wie bisher: Unverkäuflihkfeit des Grundbesiges in der Heimath zu einem „angemessenen“ Preise und Abneigung der Familie gegen diz Uebersiedelung.

Es find bis zum 31. Dezember 1898 zu Ansiedelerreht begeben 34 689/2504 ha mit einem Werthe von 22129 661,79 4 an 1975 Ansiedler. Es entfallen mithin im Durchschnitt auf einen Ansicdler 17,596 ha mit einem Schäßungswerth von 11 205 4

Wird nun in Rechnuna gezogen, daß die Landdotationen für öffentliche Zwecke reihlih © 9% des Stellenareals ausmachen, fo ist das vergebene Land auf rund 36420 ha zu s{hägen, das find etwa 39,7% des Gesammterwerbes von 92724,27 ha. Die übrigen 60,3 %/% des bizverigen Grwerbes und die mit dem Reste des gee noch fkäuflihen Grundstüde stehen zur Besiedelung noch zur

erfügung.

Nach Abstammung sind Ansiedler aus den Ansiedelungsprovinzen 808 = 40,9 9%, Arsiedler aus dem übrigen Deutschland 1086 = 55.0 9/9, Ansiedler von außerhalb Deuischlands 81 = 4,1 9%.

Rechnet man die noch s{webenden, bei der Vorlage dieses Be- rihts vorauésichtlich genehmigten weiteren 30 Punktationen ein, fo ift biermit das zweite Tausend der angeseßten Ansiedlerfamilien erreicht. Ueberwiegend (zu 97%) in geschloss:znen Maßen angeseßt, werden diese Leute in der Lage fein, cin ihren Gewohnheiten entsprehendes kommunales Leben zu entwideln. Der Rest von 39/9 betrifft ver- einzelt in gemischtsprachlihen Gemeinden angesiedelte E: Für geordnete Kirhen- und Schulverhältnifse ift überall gesorgt. Bis auf sehr wenige Ausnahmen ist bäuerlihe Lebenshaltung die Regel. Der Kopfzahl nah wird diese Ansiedlerbevölkerung auf mindeftens 10 000 Personen zu schäßen sein. Das von den 2000 Stellen nah Ablauf der Freijahre ausfommende dauernde Soll an Renten und Pachten wird rund 590 000 Æ betragen. Schäßungéweise ift anzunehmen, daß noch ctwa die dreifahe Anzahl von Stellen auf dem unvergebenen Theil des biéherigen Erwerbes und auf den mit dem Rest des Fonds noch fäuflihen Grundstücken wird begründet werden fönnen.

Beaufsichtigung der Ansiedler, ihre finanzielle Lage; Organisation zu Verbänden.

Eine organisierte Beaufsichtigung der Ansiedler hinsichtlih ihrer privaten Wirtbschaftsführung ift jelbstcedend nicht eingerichtit, es kann aber im sozialpolitishen Interesse auf ein unausgeseßtes Studium der wirthshaftlihen Entwick-lung gewisser Gruppen von Anstiedlern, die unter charafteriftisch zu unterscheidenden Existenzbedingungen leben, z. B. auf verschiedenen Besißzgrößen nicht verzihtet werden, ebenso wenig auf die Beobachtung des Verhältnisses zwischen der hiesigen Geschäfts-

welt und den Ansiedlern. Biskßer haben der Ansiedelungékommission in den Verwaltern benachbarter, noch in eigenzr Verwaltung ftebender Ansiedelungs8güter ausreihende Kräfte zur Ausübung der Aufsichts- funktionen zu Gebote geftanden.

Wie im vorigen Jahresberi@t bereits in Ausficht gestellt, haben sih die dort als „verfehlte Besiedelungen“ bezeichneten Fälle von Nichrbebauptung der beseßten Arsiedlerstelle um weitere drei vermehrt. Von Haus aus unzulänglihe Mittel, Untüchtigkeit im Beruf, un- ordentlicher Lebenswandel allein oder in Verbindung mit einander sind îín der Regel die Ursachen des wirtbschaftlichen Niederganges, der \{ließlich zum gänzlichen DERLIRn en führt Trogz aller Sorgfalt und Peinlichkeit bei Feststellung und Prüfung der persön- lichen Verbältnisse der Ansiedelungs“ewerber werden immer einige mit folhen Fundamentalmängeln bebafiete Persönlichkeiten mit dur- \{lüpfen, jedoch läßt si weder eine absolute noch eine prozentuale Zunahme diefer Fälle von Jahr zu Jahr beobachten.

Von dem vertrag8smäßig dem Fiétkus eingeräumten Rückaufsreht bei Rentenansiedelungen hat in dem Berichtëejahr in keinew Falle Ge- brauch aemaŸt werden müssen. Es fteht dies jedoch in einem Falle in Aussicht, weil der betreffende Ansiedler entgegen der im Renten- gutévertrage eingegangenen Verpflihtung auf feiner Stelle fortgesetzt Spirituosenverkauf und Winkelschank betreibt und damit auf die wirth- schaftlibe Entwidelung eines Theils der Gemeinde einen \ihtlih ungünstigen Einfluß ausübt.

Ein Rentenansiedler ist zum Pachtansiedler gemacht worden, weil sih ergab, daß er die rund 89 ha große Stelle mit unzureichenden eigenen Mitteln gekauft Fatte. Dur den Verkauf der von ibm erribteten Gebäude an Fiékus hat er die erforderlihea Betriebsmittel zur Pachtung der Stelle in die Hand bekommen.

__ Im Wege der Zwangsversteigerung haben 3 Ansiedlerstellen den Eigenthümer gewechseit, nahdem alle Versuche, die Ansiedler zu balten, feblgeschlagen waren.

Die Versteigerung ift in allen drei Fällen von der Ansiedelungs- kommission felbst beantragt, um auf die Dauer unhaltbaren Verhält- nissen ein Ende zu machen. Jn zwei Fällen war unordentlicher Lebenêwandel und Vernachläfsizung der Wirthschaft Grund des Ver- mögens8verfalls, in einem Fall ungünstige Vermögenslage, die {hon zur Zeit des Erwerbes der Stelle vorhanden und nit zur Kenntniß der Behörde gekommen war. Zwei der verfteigerten Stellen hat Fiéfus erstanden, die dritte ist in die Hand eines Hypothekengläubigers gefommen, der sih nur als vorübergehender Besiger betrachtet und bemüht ist, sich des Gutes durch Weiterverkauf an einen geeigneten Ansiedler wieder zu entäußern.

__ Kündigungen von Pachtverträgen mit Ansiedlern sind im Berichts- jahre nit au8gesprohen worden.

Im Interesse der wirths{chaftliGen Entwickelung der übrigen Gemeindemitglieder wird auch weiterhin gegen folhe Elemente, die dur ihre mangelhafte Wirthschaft ungünstig auf die Umgebung ein- wirken und als unhaltbar anzusehen find, ohne Rüksihtnahme vor- gegangen werden müfsen.

__ Das Ge'ammtfoll an Renten und Pacht für die Jahre 1886/87 bis 1895/96 beträgt 1 445 383,56 Æ, das Gesammt-Ift 1 324 196,75 M; mithin bleibt am 1. April 1896 ein Rest von 121 18681 46 Das find 8,4 92/0 des Solls gegen 10,4 9% des Vorjahres und 15,8 % am 1. April 1894. Bezabit find im Jahre 1895/96 in Prozenten des Gesammtfolls 91,6 °/9 gegen 89,6 9/9 des Vorjahres.

In diesem Gesammtsoll sowie in den Reiten von 121 186,81 4 find aber noch mitenthalten die sämmtlihen Erlasse an Renten und Pachten, wie solhe {hon in den Vorjahren in einzelnen älteren Ansiedlergemeind:n etner Mehrzahl von Anfiedlern gewährt und im Iabre 1896 erheblich erweitert sind. Es handelt sich bei diesen neuen Erlaffen um Restbeträze aus den Jahren 1891 bis 1893, die wieder- holt geftundet waren, auf deren Einziehung man aber noh nicht hatte verzihten wollen, um unter den Ansiedlern nit die Vorstellung aufs kommen zu laffen, als fei der Ansiediervertrag eine Formalität, von deren Unhaltbarkeit die Ansiedelungskommission zu überzeugen die ribtige Sluldnerpolitik sei. ;

Wie in den Jahresberihten wiederholt crörtert, waren die be- treffenden Güter zu einer Zeit, wo der Behörde die später gemachten Erfahrungen noch fehlten, fehr schnell besiedelt worden, ohne daß vorher ibr gesunkener Kulturzustand durch eine E fiskalisbe Veiwaltung foweit gehcben war, wie es erforderli ift, wenn Ansiedlern mit geringer Kapitalkraft eine erfolgreihe Wirth- schaftsführung ermögliht werden foll. In Anerkennung dieser Um- stände batte die Ansiedelungskommission, als mehrere Mißernten zu einer bedenklihen Entfkräftung dieser von vornherein {wachen Gemeinden zu_ führen drohten, den Betroffenen zunächst eine mebrjährige Stundung der rückständizen Gefälle und eine vorläufige Ermäßigung der laufenden Abgaben bewilligt, Nach- dem leßtere mehrere Jahre hindurch mit befciedigender Pünktlichkeit gezahlt sind, erschien nunmehr eine endgültige Negelung der An zelegenßeit unbedenklih und unvermeidlich. Um eine dauernde Heilung der in der Anlage dieser Kolonien vorhandenen Schäden herbeizuführen, wurde auf Grund einer Revision der Bonitierung und unter Berücksichtigung der versönlichen Verhältnisse der betreffenden Ansiedler eine theilweise Herabsezung der Rentensäge dieser An- siedelungen um durhshnittlid §5 vorgenommen. Zugleich wurden die Rückstände der Jahre 1891—1893 erlassen, um nicht dur das Ve: langen ihrer Abzahlung von vornherein wieder eine Belastung zu schaffen, die unter den jeßigen landwirthschaftlichen Verhältnissen uners{hwinglich is. Der Betrag tieser Nachlässe ift 48 255,43 4 Betheiligt sind daran drei Gemeinden.

Hier ijt zu erwähnen, daß die Erlasse, von denen in früheren Jahresberihten die Rede ift, dieselben und drei andere Gemeinden aus der erften Zeit der Ansiedelungsthätigkeit betreffen, bei denen die gleihen allgemeinen Erwägungen den Erlaß rechtfertigten. Rechnet man dazu 588,83 #, die in vier kleinen Beträgen mit Rücksicht auf befondere persönlihe Verhältnisse erlassen find, so stellen si diefe früheren Erlaffe auf 35 329,41 4, die mit denen des Berihtéjahres zu 48 255,43 4 den Gesammtbetrag von 83 584,84 4 auêëmadchen, d. h. 5,78 9% des Gesammtsolls der Jahre 1886/87 bis 1895/96 von 1445 383,56 :

Bringt man diese ee in Abzug, fo waren am 1. April 1396 in Rest 37 601,97 A Dieje Reste haben ih bis zum 1. Oktober 1895 vermindert auf 13 811,10 # und bis zum 1. Januar 1897 auf 7973,91 4A Von diesem leßteren Betrage sind abzuseßen 2403,27 4A Nüd- stände von zwei der subhastierten Stellen, die aus dem Meistgebote voll zur Deckung gelangen, ferner 339,43 , die thatsächlich gezahlt, aber noch nicht verrechnet find. Nach Abzug dieser Beträge verbleibt am 1. Januar 1897 ein Rest aus Vorjahren von 5231,21 4, d. b. 0,38% vom berihtigten Gesammtsou der Jahre 1886/87 bis 1. April 1896. E3 find dies (mit Ausnahme von 12073 #, die von zwei im Vermögensverfall begriffenen Ansiedlern geshuldet werten durdweg Rückstände, die azs Anlaß von Mißernten und augenblick- lichen persönlihen Notbftändena zur ratenweisen Abzahlung gestundet waren und daher zur Zeit niht fällig find. An diefen Resten find betheiligt insgesammt 15 Ansiedler in 8 Gemeinden, während am 1. April 1896 38 Gemeinden rüdckständige Ansiedler aufzuweijen hatten. Es haben also ganz erheblihe Abzahlungen auf die Reste aus den Vorjahren stattgefunden.

__ Dabei sind au die Zahlungen des laufenden Etaisjahres bisher mit erfreuliher Pünktlichkeit eingegangen und zur Zeit bei einem Halbjahresfoll (vom 1. Oktober 1896) von 214 626,28 4 nur 9829,79 M, d. h. niht ganz 3 °/9 des Halbjahreësolls, rüdständig, und zwar in der Hauptsache auf Grund kurzer Stundungen. Betbeiligt s an diesen Resten im Ganzen 37 Ansiedler, darunter wiederum ie beiden fubbastierten Stellen, deren Kaufgelderabrehnung ihre sämmtlichen Refte deckt.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 43.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Dieë günstige Ergebniß iff wesentlich der befferen Ernte des Jahres 1896 zu danken, wie fih denn überhaupt der Einfluß der einzelnen Ernte auf die Zahlungéfähigkeit der Ansiedler auffallend stark bemerkbar maht. Es gilt dies namentlich von denjenigen An- fiedlern, die fih in den erften Jahren der Rentenzahlung befinden. Troy des geforderten Vermögensnachweises und der fiskalischen Ergänzungsdarlehne nimmt offenbar ein großer Theil der Ansiedler für die erftmalige Einrichtung seiner Stelle noch in ziemlih erbeblidem Maße den privaten Personalkredit, insbesondere das

aefährlihe Abzahlungêgeshäft bei ‘Maschinen u. dergl. ir Anspruch. Bis dieje Schulden dann abbezahlt und neben der Rente und dem Unterhalt der Familie baare Ersparnifse aus der Stelle herauszuwirthschaften sind, befindet sich der Ansiedler in einer Art von Krisis, die mit typisher Regelmäßigkeit bei den meisten Kolonien wiederkehrt und in Bezug auf die Gewährung von Stundungen und sonstigen Hilfen mit Wohlwollen , aber vor allem auch ohne Senti- mentalität behandelt sein will. Längere Beobachtung und eingehende Erkundigungen laffen annehmen, daß im allgemeinen auc in dieser Periode eine erbeblihe Sparthätigkeit stattfindet, die allerdings nicht sewohl in der Ansammlung baarer Mittel, als vielmehr in der Ab- ftoßung lästiger Schulden zu besteben pflegt. Das wird namentlih auch bestätigt bath die Geschäftsergebnisse der Darlehnéskassen. Eine An- frage hierüber fonnte, um den Anschein unberehtigten Ein- dringens in Privatverhältnifse zu vermeiden, fih nur auf ganz all- emein gehaltene Fragen und Antworten beschränken. Immerhin hat fie ergeben, daß die Kassen von den Anfiedlern zwar mehr als Dar- [ehns- wie als Sparkaffen benußt, daß aber andererseits in der Form der Abstoßung von Kassenshulden niht unbeträchtliche Ersparnisse ge- macht werden.

In einigen älteren Ansiedelungen, wo diese Krifis glücklih über- wunden ift, scheinen sich die wirthshaftlihen Verhältnifse in erfreu- liher Weise zu befestigen. U. a. wurde im Berichtéjahre beobachtet, daß eine Ansiedelung, der vor wenigen Jahren die benahvarten Grund- besißer die shlechteste Prognose stellten, fi jeßt in niht unerheblihem Made durch Aktienerwerb an einer benahbarten Aktienzuckerfabrik hat betheiligen können und allgemein als in guter Wohlstandsentwickelung befindli bezeihnet wird. i 7

In anderen Ansiedelungen macht sih die Besserung der Lage auh wobl dadur bemerklih, daß ein Theil der Ansiedler, nachdem fe über die daraus entstandenen Schwierigkeiten glüdcklich Hbinaus sind, offen das Geständniß machen, daß fie das bei der Nieder- lafiung von ibnen angegebene und eingezahlte Vermögen zum theil garniht als ihr eigen:s besessen, sondern nur von Verwandten ent- liehen baben, denen sie schon in den Freijahren erheblihe Rückzahlungen hatten machen können. :

Eine wesentlide Erleichterung iff den Ansiedlern durch die Herabsetzung des Zinsfußes und die Abänderung der Rückzahlungs- bedingungen für die ihnen gewährten fogenannten Ergänzungsdarlehne vershaft worden. Diese Darlehne, deren in der Denkschrift für 1893, Seite 9, Erwähnung geschieht, und die den Ansiedlern im Falle der Noth (d. h. wenn die nachgewiesenen Mittel ohne ihr Verschulden ¡um Aufbau und zur Beschaffung des Inventars nicht ausreichen) im Verhältniß zu ihrem mitgebrahten Vermögen gewährt worden, waren bisher mit 49/9 verzinsliß und wurden în 40 gleichen Halbjahres- zablungen also binnen 20 Jahren zurückgezahlt. Dur Beschluß der Ansiedelungskommission vom 14. November 1895 is der Zins\aß niht nur für die künftig zu gewährenden, sondern au für die bereits früher fontrahierten Darlehne vom 1. April 1896 ab auf 35 vom Hundert herabgeseßt und sind die Rückzahlungsbedingungen dahin ab- geändert worden, daß nicht nur eine \sih gleihbleibende Tilgungs- quote neben den bei jeder Rückzahlung kleiner werdenden Zinsrathen zu entrihten, fondern eine bis zur vollständigen Tilgung unveränder- lihe Annuität an Zinsen und Rückzahlung von 7 9/9 des ursprüng- lihen Darlehnskapitals verabredet ift, dur deren Zahlung die Amor- tisation binnen 20 Jahren herbeigeführt wird. Abgesehen von der effektiven Zinsermäßigung liegt in diesem Modus für die Schuldner die große Begemlichkeit, daß sie die Höhe der Zahlung bei jedem einzelnen Fälligkeitstermin niht erst festzustellen brauchen, und der Vortheil, daß sie alsbald nah- Aufnahme des Darlehns, aljo zu einer Zeit, wo ihre Vermögenslage präsumtiv shwac ift, gernaere und erst gegen das Ende der Amortisationsperiode stärkere Rückzahlungen ju machen haben. N : j

Die beshlofsene Zinsermäßigung beruht auf der Erwägung, daß bei dem Herabsinken des landeëüblihen Zinsfußes unter 4%/9 an diesem böberen Zinssay nicht festgehalten wecden könne, und ist soweit durch den Beschluß ein Erlaß bestehender Vertragsverbindlich- keiten herbeigeführt ist formell dur eine Allerhöchste Kabinets- ordre gerechtfertigt. S

Die Organisation der Ansiedler zu Genossenshaften und Ver- bdänden hat in dem Berichtsjahre weitere Fortschritte gemacht.

Raiffeisen’she Spar- und Darlehnefkassenvereine find in größerer Anzabl “neu gegründet worden, wobei die Ansiedler durch Beihilfen zur Anschaffung der Geshäftsbücher und Geldschränke aus dem Dis- dositionsfonds des Präsidenten der Ansiedelungskommission unterstüßt wsrden find,

D e enossenschaften zur Unterhaltung der von der fiskalischen Verwaltung ausgeführten Drainagen sind in Komorowo, Kornthal, Sonnenthal, ers Woizichau, Wilhelms8au— Wreschen, Kaifersaue und Buchenhain theils begründet, theils in der Begrün- dung begriffen. E |

Erfreuliche orishritte zeigt das Genefsenschaftswesen auf dem Gebiete der Milchverwerthung. j

Die Ansiedler in Oftwehr, Kreis Inowrazlaw, haben sich der Molkereigenofsenschaft in dem Nachbarorte Freitagsheim angeschlossen.

In Biechowo Kreis Wreschen haben die Ansiedler aus dieser Ge- meinde sowie aus der benahbarten Ansiedelung Scherze eine solche Genoffenschaft begründet und die Kosten der Anlage aus eigenen Mitteln aufgebracht. 5 :

Auf dem Ansiedelungsgut Myslontkowo befindet \sih eine Ge- nofsenshaftêmolkerei, in die der Fiékus nach Umwandelung der Ge- nossenschaft in eine folhe mit beshränktec Haftpflicht eingetreten ift mit dem Vorbehalt der späteren Abtretung feiner Antheile an Ansietler.

Anerbenrecht.

Mit dem 1. Oktober 1896 is das Geseg vom 8. Juni 1896 über das Anerbenrecht bei Renten- und Ausiedelungëgütern in Kraft ge- treten, dessen Bestimmungen au die auf Grund des Geseges vom 2. April 1886 zu Eigenthum vergebenen Stelien unterworfen find. Gemäß § 2 des Gesetzes find sämmtliche Eigentbümer von Ansiedler- stellen darüber gehört worden, ob sie mit der Eintragung der Anerben- putteigenschaft in das Grundbuch einverstanden seicn. Die Mehrzahl bat si biermit einverstanden erklärt, jedo sind auch einige Wider- sprüche erhoben worden. Diese beshränken sich nun niht auf die beiden im Gese allein zugelassenen Gründe, nämlich die man- gelnde wirtbschaftlihe Selbständigkeit oder das Vorwiegen gemein- wirtbshaftliher Interessen gegen die Aufrechterbaltung dieser Selbständigkeit, sondern fie richten sich zum theil auch gegen die Tendenz des Gesezes und kommen in der DLRE, zum Aus- druck, daß durh die Verfügungsbeschränkungen des Geseyes die Möglichkeit der Weiterveräußerung beeinträchtigt und dadurch der

Berlin, Freitag, den 19. Februar

Kaufwerth der Stellen herabgedrückt we:de. Daß dies Widerstreben weniger auf Verständniß des Inhaltes und der Absichten des Geszges als auf einem allgemeinen Mißbehbagen gegenüber einem angeblich ge- übten geseßlichen Zwange beruht, ergiebt sich son daraus, daß der von den betreffenden Ansiedlern in freier Vereinbarung unterzeichnete Rentengutsvertrag bereits dieselben und viel weitergehende Be- \hränkungen der Veräußerungsfreibeit enthält als die des Geseßes. Soweit Widersprüche niht erhoben sind, ift die Eintragung der Anerbengutseigen {haft im Grundbuch bereits herbeigeführt. Hiermit wird nah Erledigung der Einsprüche weiter fortgefahren werden.

Finanzielles Ergebniß abgeschlossener Besiedelungen.

In den Anfiedelungen Feldern, Friedrihsort, Wilhelmêau bei Wreschen und Lulkau haben fich die Aufwendungen für die kirhlihe Versorgung der Ansiedler in mäßigen Grenzen gehalten, weil besondere Kirchenbauten niht n3thig waren. Bezüglich Friedrihshöhe schweben die Verhandlungen über eine bessere fkirchlive Verforgung dieser Ansiedelung durch einen Bethausbau. Bezüglich der kirchlichen Bauten in Wilbelmsau und Lulkau wird auf das unter „Hochbauten“ Gesagte hingewiesen. Die bisher von 13 Ansiedelungen vorgelegten Ergebnisse weisen nah, daß das fisfkalisherjeits mit 4683 360,07 Æ angelegte Kapital (inbegriffen die Aufroendungen für öffentlihe Zwedte) mit 2,72 9/9 verzinst wird.

Maßregeln zur Hebung der Rindviehzucht in den Ansiedelungen.

Die Anträge der Ansiedler auf Ueberlassung von Nutvieh aus den eingerihteten Viebdepots gehen außerordentlich zablreih ein, fo daß sie bei weitem nit alle berücksihtigt werden föônnen und auf die- jenigen Fälle beshränkt werden müssen, in denen es fich um Unter- stüßung vorübergehend bedürftiger Ansiedler durch Verkauf von Vieh auf Abschlagszablungen handelt. Behufs Vermehrung des abgebbaren Bestandes sind die Gutsverwalter mit ausführlicher Ss ver- sehen worden, welche bezweckt;, aus der eigenen Aufzucht ein gesundes, nicht zu \hweres, genügsames Viehmaterial von guten Körperformen zu gewinnen, das zur Abgabe an bäuerliche Wirthe geeignet ist. Bis- her sind im Ganzen 472 Kühe und Färsen für einen Gesammtpreis von 95 263,50 #4 an Ansiedler verkauft worden; davon im Berichts- jahr 100 Stück für 20 736,70 A Gezahlt sind auf die Kaufpreise im Ganzen 71 474,26 4. Verluste hat Fiskus bei diesem Geschäfte bisher nit erlitten.

Versorgung der Ansiedler mit Obstbäumen.

Au im Berichtsjahre sind den Ansiedlern zur Anlegung von Gärten Obstbäume in der Weise geliefert worden, daß Fiskus bei den von Rentenansiedlern bestellten Bäumen F der Anshaffungskofsten übernahm, während die Kosten der für die Pachtstellen oder die Dotations- ländereien bestimmten Bäume ganz aus fiskalishen Fonds bestritten wurden. Im Höchstfalle werden 40 Bäume für eine Stelle in zwei Jahreslieferungen gegeben. Im Jahre 1896 wurden 6031 Bäume bestellt, von denen jedoch infolge Rücktritts einer mit der Lieferung von ca. 2000 Bäumen betrauten Firma nur 4089 Bäume zum Durch- \chnittspreise von 1,16 4 geliefert worden sind. : i

Die Bäume werden lest aus\{ließlich aus den öôstlihen Provinzen bezogen; der etw18 höhere Preis wird durch das befsere Gedeihen der an die hiesigen Klima- und Bodenverbältnifse gewöhnten Bäume mehr als ausgeglichen.

Uebergang von Ansiedlerstellen in die zweite Hand.

Derartige dur freiwilligen Vertrag herbeigeführte Besißwechsel sune im Berichtsjahre 39 zu zählen, wovon 4 Fälle Pachtstellen be- treffen.

In 17 Fällen hat sih der Wechsel innerhalb des engsten Familien- kreises zwishen nahen Verwandten vollzogen. _ A

Welches der finanzielle Erfolg der Veräußerung für die erste Hand gewesen, ob Gewinne erzielt oder Verluste eingetreten find, 1äßt fich in den wenigsten Fällen mit Sicherheit ermitteln, weil die Angaben über die bewilligten Preise und den Werth der sonst be- willigten Vermögensvortheile vielfah nicht wahrheitsgemäß gemacht werden; immerhin lassen mehrere Fälle, wo der verkaufenden erften

and das Geschäft leid und der Versuch gemacht wurde, den Prä- identen der Ansiedelungskommission zu bewegen, das Geschäft durch Versagung seiner Geneliürigung 9 des Rentengutsvertrages) rüd- gängig zu machen, entnehmen, daß die Ansiedelungen nach der Jn- betriebseßung nicht unerheblich im Werthe steigen.

Nr. 6 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts“", heraus- egeben im Ministerium der öffentlihes Arbeiten, vom 16. Februar, fat folgenden Inhalt : Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : vom 3. Februar 1897, betr. Beförderung von nasser Baumwolle mit der Eisenbahn; vom 4. Februar 1897, betr. Ausftellung der Fracht- briefe über Sendungen nah Kleinbahnstationen und Bekanntmachung der Eröffnung von Kleinbahnstrecken; vom 4. Februar 1897, betr. Aufnahme neu eröffneter Eisenbahnstationen in direkte Tarife; vom 9. Februar 1897, betr. höchste Fahrgeshwindigkeit von Kleinbahn- oûgen. Nachrichten.

Statistik und Volkswirthschaft.

Kohlen- und Se Ober-Bergamtsbezirk alle.

Steinkohlen wurden im Ober-Bergamtsbezirk Halle im leßten Viertel des Jahres 1896 auf zwei Werken wie im Vorjahre ge- fördert. Die mittlere Belegschaft betrug 43 (1895 44) Mann, von welchen 22 (1895 26) eigentlihe Bergarbeiter waren. Die Förderung betrug mit Einschluß von 689 t Bestand 3004 (1895 3037) t; ferner betrug der Absay 2330 (1895 1981) t, der eigene Bedarf 2c. 463 (1895 479) t, sodaß Bestand blieb am Ende des Jahres 211 (1895 577) t. Der Werth der verkauften Steinkohlen be- lief fich auf 16144 (1895 18811) G, d. i. für eine Tonne dur(schnittlich 6,91 (1895 9,50) #f Braunkohlen wurden auf 270 (1895 275) Werken gefördert, deren mittlere Beleg- saft 26 387 (1895 25 705) Mann betrug; von diesen waren 18 749 (1895 18 778) eigentlihe Bergarbeiter. Die Förderung mit Einschluß des Bestandes von 334 597 (1895 317 985) t betrug 9 797 871 (1895 5 304 408) t. Verkauft wurden 4 460 332 (1895 4052 098) t; der eigene Bedarf 2c. betrug 1042 104 (1895 947 224) t, sodaß am Fahres\chluß Bestand blieb 295 435 (1895 305 086) t. Der Werth der verkauften Braunkohlen belief sich auf 10 371 511 (1895 9 614 294) #, d. i. durshnittlih für 1 t 2,33 (1895 237) G ,

Steinsalz-wurde im legten Vierteljahr 1896 wie im Vorjahr auf 5 Werken gefördert, deren mittlere Belegschaft 459 "(1895 464) Mann betrug; von tiesen waren 306 (189 322) eigentlihe Bergarbeiter. Die Förderung mit Einschluß des Bestandes von 2797 t 607 kg (1895 2113 t 813 kg) betrug 77759 t 733 kg (1895 58 533,8 4). Der Absay mit Einschluß der Deputate belief sich auf 56 868,4 (1895 38505,9) t; zur Bereitung anderer Produkte 2c. wurden 18 589,9 (1895 17655) t verwendet, sodaß am Jahressluß ein Bestand blieb von 2301,2 (1895 2372,7) t. Kalisalz wurde wie im Vorjahre auf 6 Werken gefördert, deren mittlere Belegschaft 3358 (1895 3121) Mann betrug; von diesen

1897.

waren 2531 (1895 2292) eigentlihe Bergarbeiter. Die Förderung mit Einschluß des Bestandes von 3612,5 (1895 7383,1) t betru 315 212,2 (1895 269936 1) t. Der Abfatz belief fih mit Ein\schl

der Deputate auf 3115677 (1895 265 849,7) t, sodaß am Jahres- {luß ein Bestand blieb von 3644,5 (1895 4086,3) t. Siede- falz wurde wie im Vorjahre auf 6 Werken gefördert, deren mittlere Belegschaft 672 (1895 666) Mann betrug; von diesen waren 252 (1895 256) eigentlihe Bergarbeiter. Die Förderung be- trug mit Einshluß des Bestandes von 6298,8 (1895 5541) t: 1) an Speisesalz 35120 (1895 348594) t. Der Absaß mit Einschluß der Deputate belief fich auf 27818 (1895 27 598,5) t; zur Bereitung anderer Produkte 2c. wurden 2244,8 (1895 2408,9) t verwendet, fodaß ein Beftand blieb am Jahres\{luß von 5057,1 (1895 4851,8) t. 2) An Vieh- und Gewerbefalz wurden mit Einschluß des Bestandes von 352 (1895 362,6) t ge- fördert 2608,3 (1895 2784) t. Der Absatz belief sich auf 2459,9 (1895 2502) t.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Venedig, 18. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der internationalen Pestkonferenz verlas der Vorsitzende ein Telegramm des Königs, in welchem Allerhöchstderselbe den Vertretern der Staaten für die Gefühle dankt, die dieselben bei Beginn der Arbeiten für das Königlihe Haus und Jtalien ausgedrückt haben. Die Kon- ferenz ernannte sodann mebrere tehnishe Aus\hüfse für die Erörterung wichtiger gesundheitliher Fragen.

St. B etecobura. 18. Februar. (W. T. B.) Nath bier ein- gegangenen Nachrichten is Afghanistan pestfrei. Die Entsendung von russishen Aerzten nah Persien is verschoben worden. Der Admiral Fürst Schakowskoi reist heute mit Vollma®ten nah dem Küstengebiet des Schwarzen Meeres, um die Maßregeln gegen die Einschleppung der Pest in Rußland zu leiten.

Bombay, 18. Februar. (W. T. B.) Seit dem Ausbruch der Pest sind nah dem amtlichen Ausweise hier 6853 Erkrankungen und 5447 Todesfälle vorgekommen. Davon entfallen auf die vergangene Woche 893 Neuerkrankungen und 866 Todesfälle. Bis zum 14. d. M. baben in der ganzen Präsidentshaft 9911 Erkrankungen und 8006 Todesfälle stattgefunden. Man erblickt hierin einen Beweis dafür, daß ih die Pefl allmählichß nah dem Inneren des Landes ausbreitet.

Handel und Gewerbe.

Nach der Wochenübersicht der Reihs8 bank vom 15. Februar 1897 zeigt der gesammte Kafsenbeftand von 945 470 000 (1896 988 019 000) 4 der Vorwoche gegenüber eine Zunahme um 26 168 000 (1896 um 12 223 000) #; der Metallbestand von 907 866000 (18396 952 217 000) M allein hat fich um 22 180 000 (1896 um 8 458 000) A vermehrt. Der Bestand an Wechseln von 514157 000 (1896 500 938 000) A hat sich um 41 593 000 (1896 um 10 429000) 4 vermindert, während der Bestand an Lombardforderungen von 99 752 000 (1896 78 229 000) M eine Zunahme um 7 789 000 (1896 Abnahme 4 830 000) A erkennen läßt; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ift also ein Rückgang um 33 813 000 (1896 um 15 259 000) 4 eingetreten. Auf passiver Seite erscheint der Betrag der umlaufenden Noten mit 973 009 000 (1896 1 005 677 000) A um 36 950 000 ins um 37 055 000) # fleiner als in der Vorwoche, dagegen

aben die fonstigen täglih fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) mit 470 018 000 (1896 444 055 000) 4 eine Zunahme um 25 967 000 (1896 um 33 702 009) Æ erfahren.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 18. d. M. geftellt 13 803, niht rehtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 18. d. M. gestellt 4641, nicht recht- ¡eitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 17. Februar 1897. Auftrieb und Markt- preite nah Schlachtgewiht mit Ausnahme der Schweine, welhe nah

ebendgewiht gehandelt werden. Rinder. uftrieb 331 Stü. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— 5%, IT. Qualität —,— 4, III. Qualität 82—90 #4, I1V. Qualität 74—80 A Schweine. Auftrieb 8333 Stück. (Durhschnitts- preis für 100 kg.) Mecklenburger 106 „6, Landschweine: a. gute 100—104 5, b. rge 90—98 #, Galizier —,— H, leichte Ungarn —,— M bei 20 °%/ Tara. Bakonyer —,— 4 bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1985 Stück. (Durchschnitts- preis für 1 kg.) I. Qualität 1,10—1,14 Æ#, IL. Qualität 0,94— 1,06 A, I. Qualität 0,80—0,90 G Schafe. Auftrieb 1020 Stück. (Durchschnittspreis für 1 ke) I. Qualität 0,88— 1,00 A4, II. Qualität 0,80—0,84 #, III. Qualität —,— #

In der gestrigen Sizung des Verwaltungsraths der Ber - liner Handels-Gesellschaft wurden die E der Berliner Handels-Gesellschaft und der Bankfirma Breest u. Gel pcke für das abgelaufene Geschäftéjahr vorgelegt. Die Bilanz der Bankfirma Breest u. Gelpcke stellt fich wie folgt: Aktiva: Baarbestände und Giro-Guthaben 1 003 345 Æ#, Wechselbestände 1 149 413 #4, Reports 14 003 429 Æ, Kuponsbestände 165 169 4, Bankgebäude 1 600 000 4, Eigene Effekten 1 382 034 #4, Debitoren 15 255 101 # (wovon etwa 4 Million Guthaben bei Bankfirmen und etwa 14% Millionen gedeckte Debitoren). Passiva: Kommandit - Einlage der Ber- liner Handels. Gesellshaft 15 000 000 #4, Kreditoren 11 567 960 A, Accepte 7 047 503 4, Anweisungs-Konto 73 065 A, Pensionsfonds 24 333 M, Gewinn- und Verlust-Konto 845 631 A Bon dem er- zielten Ueberschuß werden 77324 A zur Delkredere-Reserve ab- geschrieben; die Kommanditeinlage der Berliner Handelsgesellschaft wird mit 99% = 750000 Æ verzinst und der Rest von 18307 M auf neue Rechnun vorgetragen. In der Bilanz der Berliner Handels-Gesellschaft it ein zu Abschreibungen ver- wendeter namhafter Betrag diesmal vorweg abgeseßt; als- dann ergiebt der Abschluß einschließlich des aus dem Ver- jahre übernommenen Vortrages von 449997 #4 einen Brutto- Gewinn von 9328 804 4, welhem im Vorjahre nah Abzug der Abschreibung ein Brutto-Uebershuß von 7 792542 #4 gegenübersteht. Hiervon entfallen auf Zinsen-Konto einshließlich der Verzinsung der Kommandit-Einlage bei Breest u. Gelpcke 4 263 257 gegen 3 768 307 4A in 1895, auf Wechsel-Konto 629 709 # (1895 562 157 M), auf Provisions-Konto 2188 141 4 (1895 1 926 785 46). Die Effekten- und Konsortial-Konten, von deren Erträgnissen die erwähnte Ab- schreibung vorweg abgebuht wurde, weisen einen Gewinn von 1 797 699 Æ aus, während fich solher im Vorjahre nah Abrehnung der Abschreibung von 2 Millionen Mark auf 1349899 A bezifferte. Von dem erzielten Brutto-Gewinn sind die Verwaltungskosten mit 1007517 (1895 851 560 p die reftlihen Baukosten für den Umbau im Bankgebäude mit 31 923 M und die Steuern mit 354694 4 (1895 332 954 46) abzu- lesen alsdann bleibt ein Reingewinn von 7 934668 gegen 6 576 027 Æ für 1895 verfügbar. Die allgemeine Reserve is aus dem bei der Durchführung der Kapitalserhöhung um 15 Millionen Mark erzielten Gewinn mit 4002 500 Æ dotiert worden ; außerdem