1819 / 9 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

éhrwürdige Scheu vor der persönlihen Freiheit mag auf sih beruhen. r L IEE A Daß die Erbuñkerthanen die Auflösung ihres Ver- hältnißes nicht wünschen, weil sie sich wohl dabei be: finden, ist ein leidiges altes Lied. Alle Sachwal: ter der Leibeigenshäft haben es mehrmal gesungen. Fúr die preußischen Staäten vor i807 müßen wir aüs der cigentlihsten und zuverläßigsten Erfährung es be- stréiten. Für Mefklenburg können wik es nicht ab- leugnen, weil wir nicht unterrichtet sind; aber die Be: schrèibung der dortigen Verhältniße, die der Aufsaß in den Staatsanzeigen , wahrscheinlih noch zu s{önend, uns liefert, stéllt sie freilih drückender där, als sie bet uns es waren, daß alsó in den dortigen Erbunter- thanèn. wohl auch dasjenige Gefühl der Menschen- würde verloren gegangen seyn mag, welches in den insrigen sih bewahrt hatte. Denn zugegeben, daß die Leibcignen ihreù Zustand ñiht verändern wollen, so folgt dáraus weiter nichts, als daß die Geschlechter, äbgestumpft und entartet, unter vielhundertjährigem Druúck gewohnter Feßeln, auch den edelsten Trieb det mens{lichen Natur eingebüßt häben. Was kann der Leibeigne beim Näámen des Vaterlandes empfin- dén? Ihm ist es ganz gleihgültig, ob der Stamm der alxen Obotritenfürsten, oder ein korsischer Flibustkier an den Ufern der Osisee hetrscht. Nur ein freièr Bauer kanu deù Herzog seinen Herzog nennen; der Leib- eigne kennt nur seinèn Guts: und Frohnherrn. Nur

ein freier Baùer bann das Hèrz dankbar zu Gott er: °

hebèn, während das Herz des Leibeignen, zusammen- gebróchen wie dec Branddrief des alten Bettlers Zäuß; nicht fühlt, nicht weiß, wofür und wem es danten soll.

Hören wir äber diesen Advokatén der Leibèigenschaft mit seinen eignen Worten w: iter:

„Muß es nicht äußerst befcemden, wenn man ge: wahr wird, dáß dieselben Stimmen, die sich so laut gegen die Leibeigenschaft erheben, von einer andern neuern Einrichtung entweder ganz schweigen, odér dieselbe wohl gar billigen und rühmen, welche doch in der That ein viel hérteres und drückenderes Foch für die Üutérthänen ist? ich meine die in vielen Ländern eingeführte Militairpflichtigkeit. Findet hier hnicht ebenfálls persénlicer Dienst statt ? und ist nicht der Militäirpflichtige wvirklih noch viel mehr eigen, als der Unterthänige, némlih nicht blos mit seinem Leibe, sondern sogár mit seinem Lében? ist aber von dieser persöulihen Dienstbarkeit nicht auch die Landeshö- rigkeit unzertrennlich ? und ist von dieser doppel:en Untheèrthänigkeit wohl auf anderè Weise irgend ein Erlaß möglich, als durch eine noch viel härtere Schif: fung Gottes, nemlih durch Gebrechlichkeit ? (auch das nicht einmal, landeshêrig blicbe ja der Gebre(h- lichè doch!) Beruhet- aber von der andern Seite diese Art vôn Leibeigenschäft eben so gut, wie jene andrè, àuf einem wirklichen Verträge? Gehen hier auch Pflichten und Nechte, Beschwerden und Vor- theile, ausgleichend neben einander? Leuchtet die Nüblichkeit und Wohlthat dieser Dienstbarkeit dem

flichtigen hier eben so ein, wie dort ? (einleuchten ! Wohlthat der Leibeigenschaft, dem Leibeignen !Þ) und wenn endlich die Gefinnung, als das legte und sicherste Band aller menschlichen Verhältniße und Ver: bindungen betrachtet werdey muß, werdèn äàuch hier wie dort die schónen Gefühle der Neigung und Erge- benheit, Fürsorgè und Dankbarkeit sich so leicht und dauernd entwickeln können? (die schönen Gefühle der Dankbarkeit des Leibeignen! ) Werden nicht vielmehr in einem Verhältniß, das ganz und gar auf sirengem Befehl und blindemn Gehorsam, auf harter Disciplin und stummér Unterwerfung beruht, natürlicherweise nür Mißtrauen oder Furcht einen Spielraum finden? Und fkänù nicht solcherweise in das Edelste was ei- nèm Volk angehört, in die empfänglichen Herzen sei:

werthen , wohirwöllenden, edêln und rußigèn Enipftu:- dungén, nach und nâch der Samé der Uñrüße, der Härte, des Chrgeizès und der Selbstsucht gesireut werden ; der dann am Ende zum Verdérben des Va- térlandès aufshießt2 409M

Wenn man dieses âbschreibt, sd frogt man ver: wundert, wie der Nôtarius den ‘testirenden Leibgeber »dieses und dérglèichen bring? ih zu Papier 3 Es steht

Begriffen angefüllt nd. Mein freilih, wem die r: mise Lyra nicht mehr frèudig zutent: i isf, und rußmvoll, sterben fürs Vaterland!

dem. inögen die Ketten des älgierisczen Sklaven er: |

gliche Mufik seyn.

Dié allgemeiné Militairpflichtigkeit, det èhcenvolle Beruf eines jédeù Mannes, der éin Vaterlaud hot, scin Vaterland mît den Waffen zu vertheidigen , sein Weib Und Kind, den Thrön seines angestammten Für: sten, die Ælräte seines Giaubens, die Freiheit von geistiger und leiblicher Küechtshaft, dafür zu bluten und zu sterben das heißt hier eine neuerè Ein- richtung. Wie? ist Lconivas erst vorcestern bei Ther: mopylä gefallen? hat Hermann erst gesleru die rénmisz schen Legionen vernichtet 2

Und dieser Beruf soll die edelfèên Erapfindungen dès menschlichen Gemüths zeritoren ? wird mit dem arnseligen Loose der Leibeignen nicht blos vérglicen , sondera tièéf darunter geseßt ? dürfen uns weitreèë Bemerkungen biilig enthalten; det Verfaßer gehört nicht ¿zu Uns, vènèn vitae sócia vir tus, nortis cowes gloria. Er hat für uns das Maaß uicht. Wenn ex aber auch ein Quäker ift; so möge er sich aus der Schrift belehren: daß ein Christ auch das Leben laßen müße für die Brüder *).

Dieser Beruf | Wiè |

*) Wir habèn uns zwar deutlich êrklârt, so daß alles, was |

ivir von der Leibeigenschaft gesprochen, nur auf diese und auf kein andres Verhältniß dès dienènden Bauerstandès gedeus tet werdén kann. Indeß bemerken wir noch ganz besonders, daß wix nur die pèecsônlihe ELbnntecthunigkeit, Gutspflich- tigêeit, Eigènhörtgkeit, Leibèigenschaft oder wie män sie sonst

nennen wollè, vor Augen haben, daß wir diese, als göttli2 |

chen und menshlichen Rechten entgegen erkläcen, daß wir |

meinéèn, der Staat kônne sie nicht dulden, weil sie scinèni Begriff und Zwéeck widersprèche. Als man bei der Mobilmaz chunz im Jahr 1805 dem Bewirthschafter beträchtlicher Nit- térgüter, woselbst nur mit Erbvunterthanen, mehreèntheils Tagelöhnern, gewirthschaftet wurde, ein Bedauern über den Verlust, deù èêr dur die Entziehuñg manchès Arbeiters werde erlitten haben, Zu ertenneù gab, vèrsicherté eé, daß er auch niht Einen Mann verloren hàbè, niht eininal Einen Trainkneht hattè man herausfinden können. im Phyfischen

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noch \{limmer im Geistigen. Ganz anders verhält es jich ü Bézug auf die Dienste, die der Vauer nicht als Erbuntéèrè |

than , sondern als Erb- oder Zeitpächter des Bauechofs dem Heërn leisten müßte. Hier fand und findet gewiß uo auf manchen Gütern èêin wahrhaft patriarhalishes Ver- hältniß statt, besonders auf Mazoräten und Lehnèn , hièr knüpfte wechselseitige Zunéigung die Bauerfamiliè, Geschlecht auf Geshleht, àa den gütigen Hertn, und seine Nach- kommen, die in den Gesinnungen des Ahnen verharrtèn. Wenn solhe Gutshèrrn innig trauern, daß neuere Gesebe

wir ihre Klage, bitten \siè aber zu erwägen, daß das Gez

Ausnahme willen von seiner Regel niht abweichen dürfe, besonders aber, daß n cht das Geseß, sondern die fortschrèis

tende Zeit neue Formen, statt der abgestorbènen, gestalte. |

Das Geseg spriht nur das vorhandene Bedürfniß der Zeit aus. Doch diesèr Gegenstand gehört einer andern Un- tersuhung Uber die Regulirung ver gutsöherrlihen und

À rz Î bäuerlichen Verhältniße an. ner männlithen Jugend statt der ihnen so [wünschens- :

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diesem Verhältnißeè. keinen Förtbéstand zusihern, so achten

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sch um weniger ohnehin nicht dauerhaft zu verbürgender / 6, von ebam Sr enne abstanimt, hatté der Straf Laureguais schon im Jahr 1817 das Herz des êrsten

Grenadiers von Frankreih empfange,

Allgemeine

'Preußishe Staats - Zeitung.

aber wörtlich und buchsätlich also dà, ais Fragen, | wie es heißt, die eines Teutschen würdig sind, dié | aber auch nux von einem Teuts{en, der sein WVäter- | land kennt und liebt, beantwortet wetden tönnen, | nicht aber von sóôlHen; derèn Köpfe nur mit römischen |

gte Stu. Berlin, den Zosten Januar 1819.

Zeitungs-Nachrichten.

A usland.

Paris, vom 20. Januar. Die Kammer dèêr Paits hielt gestern eine Sißung, worin der Bericht über den Antrag wegen gänzlicher Abschaffung des droit d’au- baine und des Abschoßes erstattet wurde. Die Kam- mer verordnete den Druck und die Vertheilung des Berichts.

Der Herzog von Richelieu zeigte dér Kammer

schriftlich an, daß er seiner Gesundheit wegen den Rest

des Winters im mirtäglichen Frankreich zubringen werde.

Díe Handelskammer und der Municipalrath zu Strasburg haben Deputationen hieher geschickt, um wegen Verlängerung des Tabak: Monopols Vorstel- lungen zu thun. Das Tribunal der korrectionellen Polizei des Seine- Departements hat den Obersten Fabvier und den Herrn von Sainneville der Verläumdung des Generals Canuel sÿuldig gefun- den, doch in Rücksicht auf die eintretenden Milderungs- gründe nur eine unbedeutende Geldstrafe von 100 Fr. wider den Ob. Fabvier, und von 50 Fr. wider den Hrn. v. Sainneville erkannt. Auch Canuel, dern der Ob. Fabrier die Prozeßkosten erstatten muß, ist in 50 Fr. Geldbuße verurtheilt.

Nach Briefen aus Neuyor®k ist die Niederlaßung der

verbannten Franzosen in der Provinz Texas vereitelt, und Champ d’Asyle nur von kurzer Dauer gewesen.

Das Herz des Marschalls Türenne, welches sonst in der Abtei Cluny vertvoahrt, und den Zerstö- rungen der Revolution durch den dôrtigen Maire ent- zogen wurde, ist auf Befehl des Königs der Familiè zurückgegeben und von dem General, Grafen von Là- tour-d’Auvérgné:Laureguais in Empfang ge: nommén worden. Als Haupt des Zweiges dèr Famis-

(Der erste

\ Grenadier von Fiankreih, Theophil Malo von Lâà: * tour d’Auvergne, war kein ächtèr Sproß der Fa-

milie; er führté den Beinamen CorLet, abér der unehlihe Sohn einés Herzógs von Bouillon, deßen Mutter eine Demoiselle Corret war, hatte die Er-

laubniß erhalten, den Namen Latout Auverzne anzunehmen. Von diesem Cörret stammte der erste Grenadier ab, deë àm 25. Nov. 1743 geborèn wak und am 27. Juni 1800 bei Oberhausen in Baiern blieb.)

London, den 20. Jan. Das Parlament wurde am 14. d. M. durch fünf Lords, statt des Prinzen Regenten, eröfnet. Der Sprecher des vorigen, Here Manners Su tton, ist vòn neuem gewählt worden. Eine der ersten Beschäftigungen des Parlaments wird die Vorsorge für des Königs geheiligte Person zum Gegenstände haben, um zu bestimmen, wem, statt der verewigten Königin, diese Sorge zu Übertragen fey. Eine Fußverlezung verhindert Jha, ih die Bews- gungen zu mächen, welche èr sih gewöhüt hatte.

Man erwartet, daß fih die Englischen Häfen ant 15. Febr. für die Einfuhr dès Waizens aus den H&z fen zwischen der Eider und dem Bidaßaò in Spanien {ließen werdèn. Alle übrigen Getraideärten stehen noch zu hôch im Preise, als dàß ein Einfuhrverbot zu erwarten wäre.

Der deutsche Hofprèdiger Hèremäann Giefé ist gestorbèn, so wie im 82sten Jahr der unter dem ÑNa- men Peter Pindar soûf sehr bekännte Dr, Wo l- co ck. Hofpoet, wòzu ihn eine Zeitung macht, wär ev nicht; eher Anti- Hofpoet.

Ber n, deù 6. Januar. Die Säcularfeier des Res formatiónsfestes in Zürich war ihres hohen Gegenstandes würdig. Zuni drittèn Male wurde dieses Glaubensfest dort bégángen, niè aber mit allgemeiner Theile nahme , als gègenwärtig. Früher hatté män es nus wissenschaftlich geehrt, in Schulen und gelehtten Ans stalteû geéfeiertz jeht wat es èin ächtes religiöses Volksfest, und ünvérkènnbär äußerte sich in allen Stänz den und Altèrn dâs rèinstè, innigste Jntèréße àn dent erhabenen Gegenstände desselben. Zürich bewährte seis neñ älteù Ruhr, als trèuè Bewahrerin und Pflege riù des réinêñ Lichtès bes Evaügeliuins, als eidgénoßische Verfechrerin dêr Glaubensfreiheit , als gründliche Leh: rerin der Wißenschaft, als ähte Bildüierin dèr Künste, :

Dié Feier daueúté vier Tágé lang. Sie wurde am 31, Decbr. v. J. durch eine lateinische Rede des Hauptes der Geistlichkeit, Antistes Heß, im Saale