1819 / 22 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 16 Mar 1819 18:00:01 GMT) scan diff

nen Arbeiten Dauer verschafft. Er ist der Freund des heimatlichen Bodens, er fürchtet alle Revolutionen, die ihn davon trennen könnten.“ Hier mischte der Redner eine Anekdote aus dem Leben Buonapartes ein. „Wie man auch über die Eigenschaften dieses außerordentlichen Menschen urtheilen mag, das kann ihm nicht bezweifelt werden, daß er zu herrschen ver- stand. Eines Tages war er, in meiner Gegenwart, mi¿ der Organisation seiner Wahlversamlungen be- schäftigt. Einige seiner Räthe machten ihn auf das Gefahrvolle seines Plans aufmerksam, indem die be- trächtlichsten Güter sih noch in den Händen der er- sten Besiger befänden, und die Wahl von 600 am meisten besteuerten Grundeigenthümern in jedem De- partement, früh oder spät, die Anhänger der alten Monarchie zusammenbringen könnte. Jhre Gründe machten ihn nicht irre. Seine Antwort, an der ih keine Silbe ändre, war: diese Leute, sagt ihr, sind große Grund- Eigenthümer. Sie wollen also nicht, daß der Boden zittre. Das ist ihr und mein Jntereße.‘‘

Der Beschluß der Kammer wurde dahin gefaßt: 7, Der König wird ehrfurc{chtvoll angetreten, den Kam- mern ein Geses vorlegen zu laßen, welches in die Or- ganisation der Wahlversamlungen diejenigen Modifi- Xationen aufnehme, die uneclaßlich nothwendig schei- nen fkénnen.“

Die Kammer der Abgeordneten hatte inzwischen in einer geheimen Sikzung den Antrag des Herrn La- fitte, den Konig in einer besondern Addreße um un- bedingte Aufrechthaltung des Wahlgeseßes zu bitten, in nähere Berathung gezogen. Der Justizminister stellte darin vor, daß ein solcher Schritt ganz unzeitig sey, da die Sache doch in ganz kurzer Frist an die Kammer gelangen müße, und mit einer entschiedenen Mehrheit ging man zur Tagesordnung.

In der Kammer der Pairs benutzten die Gegner der Minister ihr nunmehr erlangtes Uebergewicht, in der Sizung vom 4. d. M. das Geses wegen Abände- rung des Finanzjahres zu verwerfen.

Unter solhen Umständen schienen den Ministern nur zween Wege offen, entweder die Kammer der Ab- geordneten sofort aufzulösen, und eine neue Wahl vornehmen zu laßen, oder durch eine Vermehrung der Pairs ihren Einfluß in der ersten Kammer herzustel- len und zu verstärken. Jm ersten Fall blieb die Maasregel der Pairs ohne «allen Erfolg. Wahrschein- lich fanden sie das erste Mittel theils bedenklich, theils nicht ausreichend, sie entschloßen sich daher, dem Könige das zweite Mittel, als zur Erhaltung der offentlichen Ruhe nothwendig, vorzuschlagen, und der König ernannte folgende Pairs:

* Marschall Herzog v. Albufera, Marquis v. Angoße, Staatsrath Graf Argout, Marquis von Arragon, Marquis v. Aramon, Staatsrath Ba-

*) Die mit einem Stern bezeichneten Pairs sind bereits unter den 154 welche im Jahr 18374 ernannt wurden. Wegen der Begebenheiten des Jahrs 1815 wurden fie ausgeshloßen.

ron v. Barente, Generallieutenant Graf Bee: Präsident Baron Bastard von l’Etang, * Gre Belliard, Graf Raymond von Berenge} Marschall Herzog v. Conegliano, Generallieute : nant Graf v. Claparede, Graf Chaptal, Mar: 4 quis v. Catelan, * Herzog v. Cadore, "Graf Col! chen, *Graf Cornudet, * Marschall Herzog v0 Danzig, Graf Darü, Generallieutenant D ühbr«e| ton, Generallieutenaut Vicomte Dijeon, Graff d’Arjuzon, Graf Dejean, Marquis v. Danm:| pierre, Marschall Fürst von Eckmühl, Herze|“ v. Esflignac, Präfekt Graf Germain, Präfei Graf v. Germiny, Oberst Graf v. Grammont.| d'Aster, Graf Felix von Hünolstein, Vicomte} v. Houdelot, Marschall Graf Jourdan, Graf" Laforest, * Graf Lacepede, *Graf Latour- Mau: : bourg, Graf v. Montalembert, Generallieute:

nant Graf Moriz Matthieu, Staatsrath Baron

Monnier, Graf Mollien, Graf v. Montali:

vet, Generallieutenant Gr. Mareskot, * Graf v,

Pontecoulant, * Herzog v. Plaisance, Marquis

v. Pange, Staatsrath Graf Pelèt de la Lozère,

Staatsrath Graf Portalis, Generallieutenant Graf | / Reille, Generallieutenant Graf Rütty, General: |

lieutenant Graf Rapp, * Graf Rampon, General:

lieutenant Graf v. Sparre, Marquis v. Saint Simon, Graf v. SüÜßy, * Marschall Herzog von Treviso, Marquis v. Talhouet, die Vice - Admi: rals Grafen Trüguet und Verhüel. Die Namen von Zween sind nicht genannt.

Außerdem enthält der Moniteur eine Verordnung | des Königs vom 15. Mai v. J., nah welcher die

Pairwürde des Herzogs von Choiseul, im Fall sei:

nes Absterbens ohne männliche Nachkommenschaft, auf | seinen Schwiegersohn, den Marquis v. -Marmier, | übergehen soll, und eine andre vom 15. Sept. v. M die den Grafen von Greffülhe zum Pair ernennt. | London, vom 6. März. Die Weskminsterwahl ist zu Gunsten des Herrn Lamb beendiget, der durch

4465 Stimmen gewählt worden ist. Sein Nobenbuh-:

ler Hobhouse hatte 604 Stimmen weniger. Am Abend des Wahltages wurden von den Anhängern des leßten große Unordnungen begangen. Das Volk ließ besonders seine Wuth an den Kaffeehäusern, wo Lamb- sche Kommitteen waren, an den Büreaus des Kouriers

und d. Morning- Chronikle, und an einigen Privat- |

häusern aus. Auch in Lord Castlereagh?'s Hause sind die Fenstern eingeschlagen. Einzelne Menschen sind äußerst gemißhandelt worden. Die Polizei hat mehre der Unruhstifter verhaftet. Am folgenden Tage war alles ruhig. Welchen Gewinn das Parlement an Herrn Hobhouse gemacht haben würde, ergiebt eine seiner neusten Schriften, worin er unter andern sagt: ¡die bürgerliche Ruhe is kein Ersaß für jene immer- währende Unterwerfung unter Menschen und nicht un- ter Geseten, die selbst in der beschränktesten Mon- archie noch gefodert wird. Die Bürger der am schlech-

8

E f

* die Rede von Entwerfung eines Reglements über den Geschäftgang in der Kammer, wobei der Finanzmi-

testen órganisirten Republik haben Ursache, stolz zu seyn ; sie besien etwas, das mehr gilt, als jene Ruhe und jene bestehende Ordnung, welche gleichbedeu- tend ist mit ewiger Sklaverei.“

In der Sizung des Unterhauses vom 2. d. ging die Motion des Sir Makintosh auf Ernennung einer Kommitté zur Revision der Todesstraf - Gesete, mit 147 gegen 128 Stimmen durch; der General- Fisfal und Herr Canning sprachen dagegen.

Wegen Verhinderung des unerlaubten Sklaven- handels ist eine gemischte Kommißion von Englischer und Portugisischer Seite niedergese6t.

Der Präsident der Vereinigten Staaten in Nord-

Amerika hat am 15. Januar den Traktat mit England |

vom 26. Oft. v. J. wegen Verlängerung des Hand: lungtraftats auf 10 Jahre, wegen der Fischerei an den Küsten des nördlichen Amerika und bei Neufoundland, und wegen der Gränzlinie zwischen den beiderseitigen Staaten ratificirt.

Neu-Yor f, vom 5. Februar. Auf die dem Pr&- sidenten der Vereinigten Staaten vorgelegte Frage des Kongreßes: ob die Agenten unabhängiger Südameri- kanischer Provinzen anerkannt worden oder nicht, hat derselbe geantwortet: daß Herr Deforest das An- erkenntniß als General - Konsul (von Buenos- Ayres) nachgesucht habe, daß die Regierung ihn aber nicht habe annehmen können, weil sie dadurch die Unabhän- gigkeit des unter der obern Leitung Puerreydons stehenden Regierung anerkannt haben würde.

Stockholm, vom 2. März. Nach einem Be- riht des Herrn von Hjerta, Gouverneurs von D a- lefarlien, ist in dieser Provinz eine Hungersnoth zu besorgen, da sie nah seiner Versicherung vom An- fang des März an weder Brod noch andre Unter- haltmittel mehr besizt. Herr v. Hjerta ist jest selbst hier eingetroffen, um seine Anträge zu unterstützen und die von der Regierung zu nehmenden Maaßre- geln zu beschleunigen.

München, vom 6. März. Die Sibung der Kam- mer der Abgeordneten vom 5. d. war, in einer we- sentlichen Beziehung, die merkwürdigske der bisheri- gen Sigungen, weil die Freiheit der Berathungen “Und der Einfluß der Regierung auf selbige zur Sprache

kam. Der Finanzminister Freiherr v. Lerchenfeld

hatte der Sitzung vom 1. d. beigewohnt, sich in die j Diskußionen gemischt, die Kammer belehrt und auf © ihre Pflichten aufmerksam gemacht. Es war ¿- B.

ister bemerkte, er finde nöthig, die Kammer hiebei zu \ rinnern, daß das Reglement blos auf dem X. Edikt egründet werde, welches die wesentlichen Verfügun-

gen Über die Wirésamkeit und den Geschäftgang der

Versammlung enthalte, bei dem Entwurf eines Re- 8lements also zur Basis dienen müße; hiernächst müße - dieser in einem) Ausschuße [geprüft und zur öffentlichen "Diskußion gebracht werden, Ferner begehrte der Ab-

|

geordnete v. Horn'thal, daß ein von ihm eingereich- ter schriftlicher Antrag gegen die Abfoderung gericht= licher Akten von Seiten der Kronfiskale sogleich vov- gelesen werde, welches , in Folge eines über solche Vorlesungen schon früher gefaßten Beschlußes, geschah. Auf die verneinte Frage des Finanzministers : ob der Antrag schon dem Petitionsausshuße überge- ben gewesen sey, entspann si eine Diskußion über die Aufrechthaltung des Beschlußes wegen Ablesung der Anträge der Mitglieder, wobei der Finanzmini- ster die Kammer wiederum eriñnerte : sie möge wohl erwägen, ob über einen Gegenstand, wo es die Fests stellung eines Princips und die Bedeutung eines Ars tifels in der Verfaßung gelte, so leiht und ohne Weitres habe abgestimmt werden können. Er sey zwar überzeugt, daß die Kammer von den Bestimmungen der Verfaßung nicht abweichen werde, mache sie aber doch aufmerksam auf den §. 36., der eine besondre Verfügung über den vorliegenden Gegenstand enthalte. Die Kammer stimmte hierauf zwar von neuem abs bestätigte aber durch Mehrheit den früher gefaßten Beschluß: daß die Anträge ihrer Mitglieder auf deren Verlangen sogleich und ehe sie an den Petitionsaus- schuß gewiesen würden, verlesen werden sollten.

Auf diese Verhandlungen kam der Abgeordnete Sturz in der Sizung vom 5. d. wiederum zurück. Er äußerte, daß die Bemerkungen des Finanzminiz sters einen sehr unangenehmen Eindruck auf ihn ge® macht; es sey der erste Fall gewesen, wo ein Miniz ster an den Diskußionen der Kammer aktiven Antheil genommen, desto wichtiger sey, wie es geschehen. Die Kammer hätte mehr Schonung und einige Delikateße verdient ; die zarte Pflanze, die ein Sturm leicht zer- brechen könne, müße geschont werden. Die Acerbität der Form, in welcher der Minister gesprochen, sey un- verkennbar, und das Gesagte sey weder formel noch materiel innerhalb der Gränzen der durch die Kons stitution bestimmten Rechte der Minister gewesen. Die übereinstimmenden Gesinnungen der Abgeordneten hätten sich in Aufrechthaltung des Beschlußes gegen die Meinung des Ministers offénbart, und selbst die Gallerien sich hierüber geäußert. Er wolle nicht aufrei- zen, sondern besänftigen, könne aber nicht vergeßen, daß der Minister außeramtlich auf eine si nistre Art der Verhandlungen über die Abfaßung des Regle- ments, mit dem er (Sturz) beauftragt sey , erwähnt habe. Er finde sih daher veranlaßt, eine Motion zu machen über die Gegenwart und Theilnahme der Ministes an den Verhandlungen der Kammer. Er frage: ob die Minister aktiven Antheil daran nehmen könnten, ohne sich auf ihre Anträge im Namen der Regierung zu beschränken. Hätten fie ein solches Recht, so gebühre es allen Königlichen Kommißarien, und in diesem Fall, bemerkte der Redner, sehe ih schon die ersten und geschicktesten Agenten der Regie- rung in unsrer Mitte, Männer von großen Talenten, von großer Gewandtheit in der Unterhandlungskunfst. Wir von unsrer Seite sind meist Männer von gorins