1819 / 29 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 10 Apr 1819 18:00:01 GMT) scan diff

sumenten eigne Fabrikationen übernimmt. Glaubt man ein sólches Verfahren dur die Rücksicht auf den Vortheil der Staarskaße zu rechtfertigen, so verfällt man in einen andern Jrrthum. Das Wohlbefinden des Staates-beruht im Wohl der Einzelnen; dem Ar- beiter die Nahrung entziehn, fich der FJndustrie der Kapitalisten bemächtigen, heißt Alles verderben.

Unter den für einige Departements neugewählten Deputirten befinden sich Benjamin Constant, und Daunou, Mitglied des Junstituts.

Der Marschall Gr. Jourdan ist hier angekom- men, zwar noch leidend, doch außer Gefahr.

Der Kösnig ertheilte gestern dem Peisischen Bot- schafter eine feierliche Audienz in der Galerie der Diana, auf seinem Thron sißend, und umgeben von den Prinzen und Prinzeßinnen des königl. Hauses und vom Geblüt, in Gegenwart der Gesandten der auswärtigen Mächte und eines zahlreich versammel- ten Hofes. Am Fuße des Thrones hielt der Botschaf- ter seine Anrede in Persischer Sprache, die der Dol- metscher des Hofes Überseßzte. Nachdem er das Schrei- ben und die Geschenke seines Herrn überreicht hatte, antwortete ihm der König mittels des Dolmetschers. Mit demselben Gepränge, mit welchem er in das Schloß der Thuillerien eingeführt war, wurde er nah beendigter Audienz zurücgesühre. Mittags speiste er im Sehloße in den Zimmern des Herzogs von Angou- leme an. einer Tafel von 45 Gedecken. Der Herzog von Escars, erster Haushofmeister des Königs, machte den Wirth.

E Moniteur vom 29. d. enthält einen aus an- dern Journalen entlehnten Artikel, der dem Kriegs- minister ber die Organisation der Armee überhaupt, namentlich au einer Reserve: Armee, und über das Wohlwollen gegen die nicht : aktiven Officiere und Kriegsbeamten viel Schmeichelhaftes sagt. Heut enthält er in Bezug hierauf folgenden Artikel „Man hat in dem nicht - officiellen Theile des Moniteurs vom 29. d. ei- nen schon in andern Zeitungen gestandenen Artikel ge- lesen, daß der Kriegs - Minister sich mit der ODrganisa- tion einer Reserve- Armee beschäftige u. 0. w. Wir find ermächtigt zu erflären, daß man diesen wohl- wollenden Aeußerungen, die sich nicht auf Kenntniß der Sachen gründen und sehr oft von Privät- Absichten eingegeben werden, keinen Glauben beimessen möge. ‘“

London, vom 50. März. Der an den hiesigen h bestimmte Gesandte des Dey von Algier, Ali

eis, ist angekommen. Er kommandirte im Jahre 1816 die Flottille, als Lord Exmouth die Stadt Algier bombardirte.

Der vom Unterhause zu Untersuchung: der Bank- Angelegenheiten ernannte geheime Ausschuß hat seine Arbeiten beendigt. Man is hier auf den Erfolg sehr gespannt.

Die hiesigen Feuer - Aßekuranz - Kompagnien haben im vorigen Jahr eine Stempel - Abgabe von 466,870 Pfund bezahlt. i

Im Oberhause ist die Motion gemacht und bewil- ligt worden, eine Liste sowol der in Aktivität befind- lichen, als der abgetafelten Schiffe vorzulegen, um fich zu überzeugen, ob die Reduktion bei der Seemacht nicht zu weit getrieben werde. L

Jn mehren teutschen Zeitungen wird der vorma- lige Herausgeber des Rheinisch - Westphälischen Anzei- gers ein ed.ler Vertheidiger der Preßfreiheit genannt, nachdem ihn das Urtheil der zweiten Jnstanz von der Anklage, die Preße zu Beleidigungen des Militairs

* gemißbraucht zu haben , losgesprochen. Er hat zwar in diesem Prozeße nicht die Preßfreiheit vertheidigt, denn der beleidigend gefundene Aufsas hatte die Bil: ligung der Censur erhalten und dem öffentlichen Des bit des Blattes war nicht das geringste Hinderniß er- regt worden; er war vielmehr nur als sein eigner Ad- vofat wider Lie Beschuldigung aufgetreten, daß ex die

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der Kammer, nachdem die Ausschüße in ihren Arbei

München, vom 1. April. Die Berathungen dey Kammer der Abgeordneten in den lezten Sitzungen haben vorzüglich die Reform der Justizpflege zum Ge: genstande gehabt. Die Justizverwaltung ward von einigen Miigliedern gelobt, von andern getadelt. Bis jeßt hat man Über die Akten - Jnrotulation, Über die Abschaffung der Mittheilung der Original : Aften u die Kronfiskale, Über die Duellgeseze, und über die

Verbeßerung des Advokatenwesens gesprochen. Das

leßte, auf Antrag des Abgeordneten Häcker, gah |

dem Abgeordneten Köster (aus dem Rhein - Kreise) Anlaß, über die Vorzüge der im Rheinkreise geltenden Französischen Gerichtsverfaßung und der Oeffentlich: keit sih lobend zu äusern, welches von der Versamm:

lung und den Zuhörern mit Beifall gehört wurde, F

Auch Herr v. Aretin nannte die Oeffentlichkeit der

Justizpflege eine unabweisbare Foderung des- Zeital: F

ters. Ein Abgeordneter nannte das nicht - öffentliche Verfahren der Gerichte ein heimliches (wobei die Be: griffe verwechselt werden, denn man ist in seinen vier Pfählen nicht.- öffentlich, deshalb aber nicht heimlich,) Die Berathung. über die Duellgesebe ist noch nitt geschloßen; der Ausschuß hat auf ein Ehrengeritt | angetragen, weil der Zweikampf auf einem falschen Ehrgefühl beruhe. Der Abgeordnete Stephani de merkte in seiner Rede Über diesen Gegenstand, daß vor 26 Jahren bei seinem Aufenthalte auf der Akade: mie zu Jena jährlich 5 bis 400 Duelle daselbst vorge: fallen, daß dieses die Einführung der Ehrengerichte | zwar zur Folge gehabt, daß fïe aber von dem Mini: sterium zu Weimar nicht begünstkiget worden. Der | Redner fügte dem Antrage noch den Wunsch nah

einer organischen Verfaßung der Universitäten bei. |

Ueber den Entwurf einer neuen Verordnung über die Gemeinde: Umlagen (Geldbeiträge oder Natural: leistungen der Gemeindeglieder) haben die Disfkußio- nen angefangen. Die Redner brachten mehre Modi: fifkationen in Antrag.

Der Herr v. Hornthal hat einen Antrag dahin gemacht: „die Einleitung zu treffen, daß die geseßlich bestimmte Auslieferung des Stiftungsvermögens aus der Verwaltung der Regierungs : Central : Administra- toren an die Gemeinden, nicht länger unvollzogen bleibe.‘

tion vorgefallen, z. B. daß man das Vermögen von

Krankenanstalten in neue Bauten gesteckt, Palläste |

errichtet und nachmals feinen Fond für die Pflege und Heilung der Kranken gehabt; daß man für die fichern Kapitalien und das baare Geld eines andern Hospitals Staatspapiere eingetauscht, in den Hunger: jahren 1816 und 1817 aber keine Mittel beseßen ha- be, den Hunger der Hospitaliten zu stillen. „„Dank, sagte der Redner, dem Könige und der Verfaßung! dem Unfuge sind Schranken geseßt, die Verwaltung des Vermögens der Stiftungen ist den Gemeinden | übergeben, das heißt, durch das Geseß angeordnet ; wie aber wird es vollzogen? Lange schon ist die schleu- nige Auslieferung befohlen, aber auf vielfache Art wird der Vollzug verzögert und erschwert. '“

Unftreitig bemerkt man jeßt ein größeres Leben in

Er rügte hiebei große Mißbräuche, die wäh- | rend der Geschäftführung der Central - Administras |

ten thätiger vorrücken.

Preße gemißbraucht habe: möge man ihn aber einen | edlen Vertheidiger, oder einen edlen Märtyrer der | Preßfreiheit nennen, wir würden ihm den Siegeskranz, |

den ihm die Zeitungschreiber echten, gar nicht strei:

tig machen, wenn sie nicht ziemlich unverholen damit | umgingen, von der Preufischen Palme einen Zweig F

abzubrechen, um ihren Kollegen damit zu bekränzen.

Der Adel des politischen Schriftstellers ist die | Wahrhaftigkeit , weil sie allein die Rechtlichkeit seiner |

Gesinnungen und die Reife seiner Gedanken verbürgt,

weil sie allein auf der Bähn der Mäßigung und Be: F sonnenheit leitet, Hätte der vormalige Herausgeber F

des Rheinisch - Westphälischen Anzeigers dieser ehrwürdi- gen Göttin, und nicht einem falshen Gösen den Al- tar der Oeffentlichkeit errichtet, so würden seine Kämpfe mit der Censur entweder gar nicht entstanden, oder durch die obere Behörde zu seinen Gunsten sehr bald beendigt worden seyn. ;

Er nahm in das Blatt die ihm eingesandte Erzäh- fung eines Exceßes auf, den das Militair in einer nahmhaft gemachten Stadt verübt haben sollte. Kaum war es geschehn, als ihm der Einsender schrieb „er sey nicht gehörig berichtet gewesen, der Exceß sey nicht vorgefallen, der Anzeiger möge die Sache berichtigen. ‘“ Der Herausgeber des Anzeigers verweigerte diesen Wi- derruf nicht allein, sondern schrieb dem Einsender „er möge es doch nun einmal dabei laßen; es sey recht gut, daß dergleichen bekannt gemacht (also eine Lüge verbreitet) werde.‘““ Nur die Androhung einer Ord- nungstrafe von Seiten der Behörde konnte ihn spä- terhin zwingen, den Widerruf bekannt zu machen. Dieser Vorfall mußte wenigstens ein zweideutiges Licht auf die Reinheit seiner Absihten werfen, und das Vertrauen der oberen Behörden um so mehr entfkräf- ten, da er schon früherhin überwiesen war, daß er die Wahrheit der ihm mitgetheilten Thatsachen nicht un- tersuche *). Er hatte sich selbst, der Censur gegen- über, entwafnet.

Dennoch ist jede seiner, nur unbedeutenden, Klagen Über Censurbedrückung gehört worden. Er foderte eine bestimmte Jnstruction für den Censor, und erhielt zur Antwort, daß man es nicht ausführbar finde, eine solche auf alle möglichen Fälle berechnete, allen Dis- kußionen begegnende Jnstruktion zu ertheilen, daß er fich vielmehr in jedem einzelnen Falle an die dem Cen- sor unmittelbar vorgeseßte Behörde zu wenden habe **). Statt deßen lehnte er sich gegen die bestehende Ord- nung auf, und ließ Aufsáäse drucken, für die er das Imprimatur nicht erhalten hatte. Man mußte die Aufsicht auf ihn verschärfen, wozu auch die Bekannt- machung eines in der Handlung seines Sohnes feil- gestandenen Arzneimittels, welches die Medicinal - Pos lizei, als mit Arsenik versest, höchst schädlich gefunden, der Anzeiger aber als höchst wohlthätig dem Publikum dringend angepriesen hatte, das ihrige beitrug.

Die Censur verweigerte daher, ihr Imprimatur auf

ein schon abgedrucktes Blatt zu ertheilen, foderte viel- mehr, daß jederzeit die Handschrift eiugereiht werde. Dieses veranlaßte ihn, in einer besonderen, der Censur entzogenen Schrift „Preßfreiheit, Preußens Grundton“ einen Rekurs an die obere Behörde ein- zulegen, mit welchem er unter den vorliegenden Um- ständen nicht gehört werden konnte. Ob er die Her- ausgabe des Blattes wegen dieses Kampfes mit der Cen- sur eingestellt habe, laßen wir auf sich beruhen, und bemerken nur, daß es unter einem andern Herausge- ber, von welchem noch keine Censur- Beschwerde an die obeve Behörde gelangt ist, fortdauert.

*) Gewöhnliche Zeitungschreiber halten sich ihre bezahlten Korrespondenten und nehmen unbesehens, was diese schreiben, auf. Wie übel auch diejenigen Blätter, die sonst zu den geshäßtesten gehöôrcn, mit ihren hiesigen Korrespondenten berathen sind, beweisen fast alle Ar- tilel aus Berlin. Unter Tagneuigkeiten mögen indeß auch Mährchen und entstellte Anekdoten mit unterlaufen, aber der Hauptzweck des Westphälischen Anzeigers war offentlihe Belehrung.

**) Da die Kammer der Abgeordneten in München jest beshäftiget ist, eine solche Jnstruktion auszuarbeiten, so werden wir nunmehr vielleiht ein Problem entschieden fehen, an deßen Auflösung wir bisher verzweifelt. Un- streitig ist der Weg der Beschwerde in jedem einzelnen Valle sehr lästig, und würde für den vormaligen Her- ausgeber des Rheinish- Westphälishen Anzeigers ganz Unzureichend gewesen seyn z aber wo die ernste Beftrebung des Schriftstellers, sich úberall dem Geseg zu unterwer- fen, der Einsicht des Censors entgegenkommt, wird sch dur die einzelnen Entscheidungen der oberen Behörde vielleicht eine Art von Kodex bilden, der die Beschwer- den nah und nach entbehelich macht.

Weit entfernt, dem. vormalizen Herausgeber die Verdienste zu bestreiten, die er fh durch den Anzei- ger um seine vaterländische Provinz erworben, können wir hienach doch nicht zugeben, daß er um die Preß- freiheit mit den Staatsbehörden einen Kampf bestan- den, der auf ihrer Seite unedel gewesen seyn würde, wenn dem Gegner der Ruhm einer edlen Vertheidi- gung gebührte. Die Schuld war ganz auf seiner Seite, und der Censur fonnte nur ihr Daseyn zur Last gelegt werden.

__ In einigem Kontrast hiemit steht die Schadenfreude, die man in einigen Blättern darüber äußert, daß der Prof. Benzenberg von dem Tribunal zu Düßel- dorf in eine Geldbuße von 100 Frank verurtheilt worden, weil er durch einen Aufsaß im tentschen Beobachter einen Advokaten zu Dügßeldorf beleidigt. Die Sache scheint ziemlich dieselbe. Der Herausgeber des Rheinisch - Westphälischen Anzeigers war beschuldigt, das Preußische Militair, der Prof. Benzenberg, einen Advokaten beleidigt zu haben. Beide hatten von der Preße Gebrauch gemacht. Der eine wird losge- sprochen , der andre verurtheilt, und die Zeitungen freuen sih über Beides. Jndeß haben sie allerdings in beiden Fällen ganz recht, da sie sich nur darüber freuen, daß der Gerechtigkeit genug geschehen.

Was den Düßeldorfer Fall betrift, so giebt Prof. Benzenberg im 27stenStücke des Rheinisch : West- phâlischen Anzeigers eine ausführliche Rechenschaft über die Sache, die nur durch die Frage über die Kompe- tenz eine Erheblichkeit erhält. Herr Benzenberg meint, es sey hier der Fall der Herausgeber des Cen- seur zu Paris vorhanden, die, weil sie beschuldigt was ren, einige Personen in Rennes beleidigt zu haben, und weil der Censeur au in Rennes. verkauft wurde, vor dem dortigen Tribunal Recht zu nehmen genöthi- get worden, obwol sie selbst in Paris wohnten und das Journal daselbst erschienen. Der Kaßationshof zu Paris dagegen fand die Bes der Gerichtsbetörde zu Nennes unbegründet. Herr Benzenberg wohnt nicht unter der Gerichtsbarkeit des Tribunals zu Düßeldorf, obwol im Preußischen Gebiete, aber es scheint freilich, daß er, wenn der Wohnort des Beleidigten oder jeder Drt, woselbst eine Schrift verkauft wird, einen Ge- richtstand für den Beleidiger bestimmen könne, in Düßeldorf hätte Reht nehmen müßen, wenn er auch nah Amerika ausgewandert wäre. Ob es übrigens recht sey, werden, wie man sich von selbst bescheiden wird, die gerichtlichen Behörden den bestehenden Ge- seßen gemäß schon zu bestimmen wißen.

Ueber die Emancipation der Katholiken

in Frland.

Da es den Anschein gewinnt, als ob die sogenannte Emancipation der Katholiken in Jrland eine Bera: thung im Englischen Parlament während seiner derz maligen Sißung veranlaßen werde, die von großem Intereße seyn dürfte: so halten wir es nicht für un: angemeßen, einiges Historische über diesen Gegenstand aufzunehmen. :: 2A

Wenn jest noch von der Emancipation der Katholi- ken in Jrland die Rede ist, so versteht man darunter nur die Befugniß, im Parlament zu sigen und 342 wichtige Civil - Staatsämter (z. B. das des Statthal ters, des Lord - Kanzlers, eines Beisigers in den höchz sten Gerichten, eines Staats - Archivars, Staats - Ses retairs 2c.) nebst den Stellen des höchsten Befehlhabers der Armee und der Artillerie zu verwalten. Alle übrigen bürgerlichen Rechte sind den Katholiken schon im Jahre 1795 bewilligt, von jenen Aemtern aber sind se aus- geschlosLen, weil dazu die Leistung des Test: Eides (Prüf - Eides) erfodert wird, welchen der Katholik nicht schwören kann, da in ihm die Lehren von der Anbetung der Hostie, der Jungfrau Maria und der Heiligen als gotteslästerlih verworfen werden müßen.

Wenn das protestantische Parlament die vollstän- dige Emancipation der Katholiken bedenklih findet,

so ist unfehlbar die Besorgniß, daß die protestantische