unserm Staats : System unverträglih finden; und wenn wir von jedem, der unter uns aufgenommen seyn will, fodern, daß er sih entweder in unsere Form füge, oder sich des Antheils an unsern bürger- lichen Verhältnißen entschlage, so sind wir nicht un- duldsam, sondern gereckt. i :
Die Mennoniten sollen aber nicht erst jest unter uns aufgenommen werden. Sie befinden sich seit Jahrhunderten als Staatsbürger unter uns; sie waren ursprünglih aller bürgerlichen Rechte theilhaftig, und erst im Jahr 7789 wurden sie in der bisher unbedingt ausgeübten Befugniß, Grund: Eigenthum käuflich zu erwerben, eingeschränkt; sie waren namentlich dur die landesherrlihe Urfunde vom 29. März 1780 ge- gen eine jährlihe Geldabgabe von 5000 Rkhlr. zum Kadettenhause in Kulm, von der [Enrollfrung und dem Nâturál- Militairdienske auf ewig befreiet und souten bei dem Genuße ihrer Glaubensfreiheit, Ge- werde und Nahrung nach den iun Königreich Preußen eingeführten Landesgeseßen ungestört gelaßen und ge- shüut werden. i
Die Westpreußischen Mennoniten, die bei weitem gréfere Zahl, wurden bereits im 16ten Jahrhunderte von dem Könige Sigismund August von. Polen aufgenommen. Sie mächten die Weichsel - Niederun- gen urbar, und schufen sich ihr ueues Vaterland. Zwär blieben sie nicht ohne Verfolgungen; üöch in der leßten Hälfte des 17ten Jahrhunderts suchte der Woiwode von Pommerellen unter dem DeckEmäntel des Gläubetns, in der That, weil er näch ihren Gütern lüstern war, auf einem Landtage zu Marienburg ihre Vertreibung auszuwirken, aber die anderú Landbote schüßten sie durch die Erklärung ,; daß die Mennoni- ten forgfälrige Wirthe wären, ihre Häuser und Aecker in gutem Stande hielten, bei den Ausbrüchen der Weichsel, bei Beßerung der alten und Aufführung
der neuen. Dämme de größten Dienste thätèn und"
man leicht merken könne, wo ein fauler und versosf- ner Bausr oder ein arbeitsamer und der Nüchterkeit beflißener Menonit wohne.“ ( Lengnich Preußisché Ge- schichte B. 8. S. 126). :
Bei dem allgemcinen Aufrufe zur Vertheidigung des Vaterlandes im Jahr 18215 kam die bisherige Exemtion der Mennoniten zuer wiedér in Anrégung. Sie weigerten sich, im Landsturm und in der Land- wehr Dienste zu leisten, dch haben die Litthauischen, nach dem Berichte der Behörde, eine Zeitlang an den Uebungen des Landsurmes Theil genommen. Dukch die Kabinets - Ordres Sr. Majestät vom 13. April und 25. August 1815 würden sie, dámit kein Gewißenzwang stattfinde, von der persönlihen Theilnahme befreit, und die Ost- und Westpreußischen Gemeinen bezahlten ein Geld: Aequivalent von 60,000 Rthir. zur Bil: dung der Landwehr. ;
Das Edift vom 5. Sept. 1314, welches jede bis- herige Exemtion durch die a!lgemeine Bestimmung, daß jeder Ingeborne dàs Vaterland ua vertheidigen verpflichtet sey aufhob, erwähnt der Mennoniten und ihrer bisherigen Befreiung nicht. Aber durch die spä- tere Kabinets - Ordre vom 5. Junius 1815 haben Seine Majestät festgesest, daß sie keinem Gewißenszwange un- terworfen und auch in der Folge vom Kriegsdienste frei feyn, dagegen durch eine angemeßenere Geld : Ab- gabe sich ausgleichen sollen. Es scheint auch, als oh eine andre Modifikation sh nicht fänne aufstel: len laßen, ohne in einen Glauben- und Vewißen- zwäng auszuarten, der auf die Regierung einen so gez häßigeren Schatten werfen wü: de, aus er von jeher ihrem Karakter véllig fremd gewesen ist. Jeder Fanatis: mus is verderblich, dec religiöse nicht allein... Aüer- dings darf man erwarten, daß ein streng gehandhabter Befehl, entweder die wassenfähigen Mennoniten ohne weiteres für den Kriegsdienst augzuheben, oder ihnen die Wahl zwischen dem Militairdienste und der Aus-
wanderung zu laßen, Einige vermögen werde, satt des |
väterlichen Erbes den väterliczen Glauden zu veriäug: nen: aber es dünkt uns, daß die ehrwür0:ge Scheu vor der unverlevbaren Freiheir der Gêwißen j: den evn: gelischen Christen mit einem Schäuder vor unniitrel(: barer Gewalt, wie vor den energisen Mitteln der Inquisition, so vor den gelinderen ¿es Miliräirzwanges, durchdringen müße. Uebrigeas würde die Ausbeute sehr gering seyn, den Veriust von Tausenden guter Bürger mit dem Gewinne einigéc Dugzend \chle4,ter Soldatén zu erkaufen. Niemand wird es verkennen, daß die etwanige Maasregel unsrer Regieruñgy: die Mennóöniten ihres Glaubens halber Landes zu verwei: sen, mit der Maasregel Ludwigs ALIV gégen die Protéstanten sich nicht vergleichen laßez aber wir be:
sorgen sehr, daß es denno ein unaus{esæ%hliczer Fled F
in der Geschichte unseres Vaterlandes biciben würde, bei dem undeëeutend perssnlichen Beitrage, deu die mennónitishen Gemeinen dem Militairgescße doc nuè darbringen könnten, auch da keine Ausnahme ge!attet
zu haben, wo die Rücksicht auf einen religiösen Jrr: |
thum um so mehr es wenigstens entschul.diget hatte, als die Glaubenslehre, die den Mennoz.iten den Kriegs: dienst untersagt, ihre Friedenstugenten, ihren Gehor: sam gegen das Geses, ihre Liebe zur bürge:l14 en Ord: nung und die Einfalt der Sitten vorzüglich bejörderi *).
Man bemerft vielleicht nit ohne Grund; daß es
insonderheit den Nachbarn dèr Meunoniten ein bitteres | Gefühl erwecke, durch ihrèn Militairdienst in Frievens- |
und Kriegs - Zeiten diefe wasfenlosen Nachbarn über: tragen zu müßen ; der Regierung werden gewiß auch béi ihnen Cin: gang gewinnen, scbald sé solche nur kennen, und nicht durch einen leiden sHäftlichen falschen Cifer oder durch andre von Jrrthum oder Scyeelsucht in Be- wegung geseßte Triebfedecrn in einem Haße bestärkt werden, den sie sonst nicht kannten. Jst in den an- dern Staaten, deren Konscriptions - System Tie Stell: vertretung gestattet, jemais eine Feindshzaft der äâr- meren Kiaßen gegen die reicheren, derèn Svhne si den persönlichen Kriegsdienst durch Steilvertréter ábfaufen, entstanden? Wir wißèén zw1r;, daß die bürgerlichen Tugenden dér Mennöóniten hin und wieder in Schat- tén gèstellt werden, aber man hat hierüber nienals Thatsachén , sondern nur Meinungen angeregt. Las Schlimmiste, was von den West: und Oft - Preußischen Mennoniten gesagt werden kann, is in einem Aufsabe : Ueber das Toleranz-Systemin Ansehung der Mennonisten-Sekte inPreußen (örittes Sup- plemencstück zum Jahrgange 1801 der Blätter für Po: lizei und Kultur) enthalten. Dieselben Vorwüirfe wer: den noch jest aus denselben Queüen gesczöpft. (Der Beschluß folgt. )
Die Bremer Zeitung {( wahrs{einlih auch an: dere, welche die Staats: Zeitung nicht lesen ) führt aus der Bairischen Landtags -: Zeitung an, daß die Abgaben in Baiern nicht 22 Rthlr., sondern 3E RNthir, auf den Kopf betragen. Diesen Druckfehler hatte die Siaats: Zeitung schon im 20sten Stücke berichtigt.
*) Wie zerstörend es wirke; wenn der religidse Glaube gleichgültig behandelt wird, zeigt gerade das Beispiel der Taufgesinnten in Nordamer1ta. Seit ste das Oogma: keine Waffen zu führen, nicht weiter achten, hat auch ihr frühères excmplarishes Leben eine Aenderuug erlit- ten. So heißt es in dem seit 1812 zu Philadelphia er- scheinenden evangelishen Magazine „, es sieht unter fei- ner Parthei trauriger aus, als unter den Wiedertäufern. Ihre Jugend if ausgelaßen und kehrt sih nicht mehr an die liebenswürdige Sitten - Einfalt ihrer Väter. Sie wächst ohne Religions - Unterricht auf, lebt häufig ohne Gnadenmittel und wird lasterhaft.‘“
aber die sconenden Rücksichten |
Allgemeine
reußishe Staats - Zeitung.
31% Stück. Berlin, den 17ten April 1819.
l. Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Der Königliche Hof legt Sonnabend den 17ten d. die Trauer für Se. Majestät den König Karl 1V. von Spanien auf 5 Wochen án.
Berlin , den 16. April 1819.
von Buch, Schloßhauptmann.
Die Damen erstheinen die ersten aht Tage mit shwarzen Kopfzeugen, Handschuhen und Eventaillen; die beiden lezten Wochen mit weißen Kopfzeugen, Handschuhen und Event-.illen.
Die Herrn, die ersten acht Tage mit angelaufenen
Degen und Schnallen, und die lezten Wochen mit weißen Degen und Schnallen.
Berlin, vom 174. April. Se. Majestät der König haben dem Kaiserlih Rußischen wirklichen Staatsrathe, Doktor Rühl[, den rothen Adler : Drden der zweiten Klaße zu verleihen geruhet.
Se. Majestät der König haben dem Divistons:- General: Chirurgus Schwindt zu Breslau den ros then Adler: Orden dritter Klaße zu verleihen geruhet.
Se. Majestät der König haben dem Bedien- ten Ruppelit, zu Baumgarten, das allgemeine Ehreus zeichen zweiter Klaße zu verleihen geruhet.
IT, Zeitungs-Nachrichten.
Ausland.
London, vom 7. April. Der General Gour: gaud, vormals Bonapartes Adjudant, und bes kannt durch seine Geschichte tes Feldzuges von 1815, hat dem Unterhause eine Bittschrift einreichen laßen, uah England fommen zu dürfen, und diejenigen ge: ricótlih zu belangen, welche durch feinen Verhaft, durch seine Hinwegschasfung aus dem Reiche und durch Wegnahme seiner Papiere die Landesgeseße verleßt haben. Ungeachtet der Gegenbemühungen der Mi: nifterial - Varthei ward verordnet, daß die Bittschrift auf die Tafel gelegt und gedruckt werden solle.
Der Antrag: daß dèr Bank untersagt werden möge, ihre ia den Jahren 18316 und 1817 ausgegede- nen Noten in Golde einzulösen, auch fleine Summen unter 5 Pfund baar zu bezahlen, (ein Antrag, über deßen Nothwendigkeit zur Beförderung der baldigen Wiederherstellung einer allgemeinen Baarzahlung die Ausshüße zur Untersychung der Bank- Angelegenheiten übereingekommen) ward bewiüigt. Auch im Ober- hause ist dieser Antrag genehmigt.
Lord Castlereagh bemerkte bei der zweiten Vor- lesung der Bill über die Entschädigungen wegen der Ansprüche an Frankreich, daß die Zahl der Refla- manten in 1046 Personen bestehe, und daß auf die etwa 8 Millionen betragenden Foderungen F aner: kannt sey and jetzt bezahlt werde.
Die Ausfuhr an Produften und Manufaktur: waaren aus Grosbritannien betrug im Jahre 1817 43,626,253 Pfund, die Einfuhr 53,965,251 Pfund ; die Ausfuhr im Jahr 1818 war 48,903,760 Pfund, die Einfuhr 40,157,634 Pfund. Das öffentliche Einkommen hat, nah dem Kourier, in den 3 ersten Monaten dieses Jahres 10,482,000 Pfund betragen.
Der Marquis v. Landsdown wird über die etr wanigen Verhandlungen zwischen England und Nord: amerika, wegen Abtretung der Florida’s, eine Vill in das Dberhaus bringen.
Jn einer jebt erschienenen Schrift: Entdeckung des Verfaßers von Junius Briefen, wird behauptet, daß Boyd und nicht der türzlih verstorbene Sir Francis diese Briefe geschrieben habe.
Nach Briefen aus St. Helena vom 29. Januaë hat Bonaparte einen leichten Anfall von Schlag- fluß gchabt, deßen weiteren Folgen durch die Mittel, die von dem an Herrn O. Meara*s Stelle getrcte- nen Arzt Stok oe soglei ángewandt wurden, vors gebeugt worden isk. Herr Stokoe hat indeß bald darauf die Junsel verlaßen müßen und kehrt nah England zurück, weil er sich die Unzufriedenheit des. Gouverneurs zugezogen.
Die Nachrichten aus Ceylon lauten wieder un-
ün tig.
s Nach Briefen aus Kadix werden daselbst die Rüs ungen gegen die Jusurgenten mit großem Nach- drucke betrieben, und man hofft im May, spätestens im Junius, auslaufen zu fönnen. Die Seemacht be- steht aus 4 Linienschiffen, 6 Fregatten, 12 Briggs und Schoonern und 26 Kanonenuböten, die alle schon im Hafen bereit liegen. Außer den 15,0c0 Mann, welche gegen Buenos - Ayres bestimmt sind, sollen auch 5000 nach Lima gehen. Zur Beskreitung der Kosten hat der Hof unter andern eine päbstliche Bu'le aus- gewirkt, wodurch die Regierung ermächtigt wird, ein Zehntheil der Einkünfte der geistlichen Beneficien füx jenen Zweck zu verwenden.
Paris, vom 7. April. Unter den einzelnen Ge- suchen, über welche der Kammer der Deputirten in der Sizung vom 5. d. cin Bortrag gehalten wurde, erregte der Antrag der Viehhändler: die Kaße von Poißy auf uhcben, einige Diskußion. Auf dem Viehse markte zu Poißy, 7 Lieues von Paris, werden 37 Pros cent von dem Kaufpreise jedes Stückes Vieh, das das selb verkauft wird, zum Besten der Kommunal - Kaße der Stadt Paris erhoben. Jm Jahr 1791 ward diese Abgabe abgeschafft, aber im F. 1811 wieder hergesteit.