1819 / 32 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 20 Apr 1819 18:00:01 GMT) scan diff

Von dem Unterschiede zwischen England und Franf- xeih in Bezug auf die Preßfreiheit sagte er Folgendes : „„ Die Verfaßung, der Nationalgeist, die Sitten sind in beiden Ländern ganz verschieden. Im System der Englischen Verfaßung muß die Meinung auf die Rée- gierung wirken; man kann sie nicht hindern, dur das Mittel der Preße diè Minister anzuflagen und ihre Handlungen zu beurtheilen. Seit 80 Jahren besteht diese Gewohnheit, ohne verderbliche Folgen zu äußern, weil die Verfaßung und die Sicten bas Gegengewicht halten. Der König ist das Oberhaupt der Kircez éine wohltegründete Aristokratie ist jederzeit im Stände, das Volk im Zaum zu halten; das Volk ist zu roh, um durch Schriften und Reden in Bewegung ges-bt zu werden. Und doch is es nicht gewiß, ob die Ge- gengewichte immer stark genug seyn, 0b die Ausschwe!- fungen der Preße nit auch England einmal umfed- ren werden.

Aber in Frankreih bei einem Volfe von schneller Faßungskraft, von ‘lebhafter Cinbiidung, empfänglich für jeden starken Cindru@, würde die unbeschränkte Ee nur traurige Folgen haben. Was gewann er Herr von Brienne damit, daß er die Cinsichten von allen Seiten herbeirief, und die Schriftsteller in Bewegung sehte? Nichts als die Schrift von Si -c- yes „was ist der dritte Stand‘ und den Unter: gang der ganzen Verfaßung. Man begreift nicht, wie eine unbeschränkte Preßfreiheit sih mit unsrer jeßigen Organisation vereinigen laße. Nun, und welche Früchte trägt es denn in England, daß man ganz ungebunden ivider die öffentlichen Beaniten drucien läßt, was man will2 Werden sie dadurch anders ? Beßert es ihre Sitten? Jm Gegentheile, da die Großen überzeugt sind, daß man sie angreifen werde, sie mögen si bec: tragen, wie sie wollen, so nehmen sie die Larve ab, machen es sich bequem, laßen die Leute reden, und werden nur um so {chlechter. Selbst Fox war üter: zeugt, daß die Ungebundenheit der Preße in Ergland ein ungeheurer Mißbrauch sey. In der That hat Fiat: reich àuch jest keine Preßfreiheit, weil man doch nicht Über jeden Gegenstand s{reiben darf. Man wird es z. B. nicht leiden, daß ein Schriftsteller den Vor: zug et früheren Einrichtungen vor den jesigen be: aupte *). Y In der Sibung vom 15. Decemb. 1811. äußerte er gegen vie Gese: Entwürfe, nach welchen eine Ab- gabe auf Journale und Leißbiblioheken gelegt werden sollte, er fönne sein Erstaunen nicht verbergen, daß man das ‘ganze Land wieder einer Kloster- Zucht un-

ck») Sv ist es auch bei uns. An einigen Orten in Teutsch- land ift eine verfaßungëmäßige Preßfreiheit; man läuft aber Gefahr, wenigstens getreten zu werden, wenn man eine \hlechte oder abgeshmackte Meinung drucken läßt, so daß es in der That nur eine einseitige Preßfreihcit giebt, nemlih für die Tuger.dhaften und Weisen, welche den Lafterhaften und Einfältigen treten, sobald auch er fih der Preßfreiheit bedient. Da aber Tugend und Weisheit, nah göttlichen und menschlichen Rethten, über Laster und Dummheit den Sieg behaupten müßen: #o ist dieser Preßzwang, diese wchlthätige Censur der Leh- rer und Lichter des Erdkreises, auch hinreichend gerecht- fertigt Und wenn die getretenen Bösewichter fragen, ob es denn gar keine Polizei mehr im Lande gebe: sto antworten die Heroen der Tugend ganz cecht: Nein, die Polizei ist zu willkührlich ; es bedarf nur der Justiz, und diese wird auch gepflegt, indem wir euch gehörig treten.

terwerfen wolle. Solche Beschränkungen und Chifa: nen wären gar uicht in scinem Sinne. Es sey ganz recht, daß sittenverderbliche Bücher nicht in den Schu: len zugelaßen würden, aber außerdem müße man jeden lesen laßen, was er wolle, Wozu mische ffckch die Yo:

Ih pil

lizei in Gewißenssachen 2 Diese außeroidentitce Lhéil:

nahme dec Polizei an den guten Sitten sey eine wah Tyrannei. Das beste Miitel, gefährliche Bücher zuy verbreiten, scy ohnehin, wenn man sie Überall verfolge, Er fenne Parny’s Werke nicht und wolle fie gar nicht gutheißen ; daß man sfe aber verboten, habe nur aufmerksam darauf gemacht und die Neugier erret, Das Volk lese von Paruy nichts, und was {d er in den Bibliotheken? Aus den Katalogen mög man ein schlechtes Buch ausstreichen , Übrigens abe diè Augen zuraachen, und kein Mensh würde dan auf das Buch Acht geben. „Das Beslè . wird seyn,“ fuhr er fort, „wenn ih die Bücher - Dircktion wied} aushebe. Sie maßc sih einer Menge kleiner Befuz:| niße an, wodurch die Leute chikanirt und gequält mer: den, Jch fürchte die Aufflärung gar nit. Dur} sie ist Fraukreih nicht untergegangen. Unter Lud: | wig XLV./ wußte man Alles, woas raan heut zu Taz weiß, und das Reich gerieth in keine Bewegung Nur die Schwäche und die Ungeschictlic{ keit der vori: gen Regierung haben die Revolution herbeigeführt. Die Bücher : Direktion muß nothweudig von liberalen] “deen ausgehn. Man kennt ihre Mißbräuche recht gut. Von aüen Seiten beflagt man si, daß ste die Werêée willführlico fkonfiscirt und nach Gutdünkten an sich behâit. die Censur nur gegen die Libelle, die den Aufruhr | predigen, eingerichtet hade. Im übrigen muß ste die Thorheiten der Pceße ertragen. Es it z. B. füc den ‘Staar ganz gleichgültig, wenn ein Narr sagt, daß kie Revolution von Ludwig KI. ausgegangen scy. Nun will sie sich noch mehr Feinde machen, Privatbiblio: theken visiiren, Lese- Kabinette besteuern. Man mat viel zu viei Verordnungen. Es giebt eine Menge v Sachen, die eine verständige Regierung ihrem natür: lichen Gange ÜüÜberlaßen muß. Dae Sercben nach dem Beßern bringt nicht immer das Gute hervor, und die

gefunden, die Zabl der Druckereien zu verraiudern., Las war der Erfolg? Man hat die besten zer|törr Laße man doch die Sachen, wie sie sind.‘ Diese Ver: minderung war von ihm selbs ausgegangen. (Linie Staatsräthe, namentlih der jeßige Finanzminister hatten Bedenken dagegen geäußert. Cr beskand aver auf seiner Meinung, daß die Anzahl der Druckereien in jedem Die Druckerci sey kein bloßes Geroerbe; die Politik fomme dabei ins Spèel, und sie müße also auch dar über entscheiden. Der Souverain könne nicht gestat:

ten, daß der Erste Veste das Volk haranguire.

Sie soilte do nit veigeßen, daß ich}

Neuerungen sind selten glücklich. Man hat z. B. gut}

Departement ein Maximum haben müße. f

Man hat uns gesagt, daß der Verfaßer des i de!

Preßfreiheit, in einem hiesigen Blatte, dem Be me ter, habe drucken laßea: er könne in seinem Bache nic! finden, gesagt zu haben, daß Censur und Yreßfreihei! eins und daßelbe sev, wie wir behauptet. Seite 26!

sperrter Schrift gedruckt, die Augen ganz besonders au

1 sich zieht.

Staats - Zeitung angezeigten Werkes: Censur un?

wird er es um so leichter bemerken, da es, mit g: F

boch den j! s Ï : x ierten Theil des Bedarfs aus dem Auslande beziehe.

Allgemeine

Preußishe Staats - Zeitung,

32S Stuck, Berlin, den 20sten April 1819,

L. Amtlihe Nachrichten.

Kronik des Tages.

| Betlin, vom 20. April. Se. Majestät der König baben den Justizrath Friedrich August Ha- now zu Treuenbriegen in den Adelstaud zu erhe- ben geruhet.

Se. Majestät der König haben dèm Grafen zu Stollberg-Stollberg den Königl. Preußischen St. Johannitér: Orden zu verleihen geruhet.

Se. Majestät der König haben dem Grafen Morib-v. Hopfgarten die Kammerherrn - Würde zu ertheilen geruhet.

i Seine Königliche Majestät habèn den bishe: rigen Regierungs - Direktor Meding zu Danzig a

die Posensche Regierung unter Beilegung des Karakters áls Regierungs: Vice - Präsident zu verseßen geruhet. Seine Königliche Majestät haben den Ober- Landesgerichtsrath Simon zum Geheimen Obew Justiz und vorträgenden Rath im Ministerio zur Re- vision der Gesé6gebung uud Justiz - Organisation in den neven Provinzen zu ernennen und die ihm erz theilte Bestallung Allerhöch zu vollziehen geruhet. Des Königs Majestät haben den bisherigen Aßeßor Schwinck zum Regierungsrath bei der Regie- rung zu Gumbinnen allergnädigst zu ernennen geruhet. : Des Königs Majestät haben den bisherigen Regierungs - Aßeßor d u Vignau béi der Regiernng zu Minden, zum Regierungsrath daselbst ¿u ernen:

nen geruhet.

n Zeitu ngs-Nachrichten,

Auslánd.

i Pâris, vóm 10. April. Unter den Rednérit für die sjährige Verlängerung des Taback- Monopols zei- nen sich der Graf Beugnot und der Staäktsrath Batrente, Genéèral- Director der indirekten Abga: ben aus. Der erste suchte befonders darzustellen, daß die von dem Ausschuße vorgeshlagnen Mittel, das Ein: kommen des Monopols, etwa 41 Mill. Fr. zu decken,

theils unzureichend seyn, theils ihrèn Zweck die Ta:

bas: Kultur weniger zu beschränken, ganz verfehlen betden. Der Aüsschuß hat zur Deckung vörgeschlagen è 8) einen Eingangzoll auf fremde Tabacke, die etwà den

4ten Theil dés Verbrauchs ausmachen, à 10,500,000 Ft. b) eine VerbrauMsléuer U. . . , 30,000,000 s ©) eine Gewerbsieuer von den Taba:

Babrikaütei , . 2,600,000 : 43,100,000 Fé. Eingangzoll als ein Verbot

S S

Der Redner behauptete, dâß der 350 Fr. auf 100 Kilogramme so gut

sey und âllé Nachtheile desselben in Beförderung des Schleichhandels herbeiführen werde.

i : ; Sehe man aber davon aüch ab, fo beschränkè és inheimischen ¡Tabackbau, wenn man den

Wäs die Verbrauch steuer betreffe, fo träumé

der Redner éin, daß béêi den von dev Kommißion vorgeschlagenen Systeme der Tabacbau sich über das ganze Reich verbreiten, und daß überall eine Menge größer und fkleiner Fabriken entstehen werde Nun sey aber die Steuer 27 Mal höher, als ini Jaht 1810 (vor Einführung des Monopols); und wolle man auf ihren etatmäßigen Sikbana: red: nen; so müße män auch versichert sevn, daß Produ cent und Fabrikant, ohne zu defraudiren, ste be- zahlen werde, tvoran, da eine hinreichende Kontrolle praëtisch nicht auszuführen, bei der Höhe der Steuer sehr zu zweifeln stehe. Wie wolle man den Produ- centen verhindetn, den Rauchtaback selbst zu fabriciren, rvelches so leiht sey? Wie wolle man die fleinen Fa: brifent im Lande kontrolliren ? Mirabeau habe m Recht behaupteêt, daß der unbeshränfteste Degpotigs mus solche Mäáasregèln nicht durchführen föntue, und Bonäâparte habe dârauf Verzicht thun müßen. Dâáß die Gewerbsteuer, die auf 300 Fabrikanten zu 2000 Fr. und auf 40,000 Kleinhäudler zu 50 Fr. bez rechnet worde, eingehen werde, sey nicht zu bezweie feln: Uber man dürfe mit Gewißheit erwarten, - daß die großen Fabriken die kleinen zu Grunde richten, und das Monopol, welches jest der Staat benute an sich bringen würden. Mit einèm solchen Spsteme ses