1819 / 43 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 29 May 1819 18:00:01 GMT) scan diff

die Art und Weise, wie diese Oeffentlichkeit in Aus- führung gebracht werde. Nach ihm trat der Abgeord: Behr auf, und sprach für die Oeffentlichkeit unb für die Schwurgerichte. Er wunderte sich, wie nah 18 Jahren über das philosophische Jahrhundert hinaus, noch die Frage davon seyn fönne, ob eine so wichtige Sache, wie die Gerechtigkeitpflege, ein Kiud der Fin: fterniß seyn solle, oder nicht. Die Oeffentlichkeit führe ein weit höheres öffentliches Leben herbei. Sie zeige dem Betheiligten, ob sein Rechtsbeistand sein Retter oder sein Verräther sey. Welcher Vortheil schon, daß alle Richter zu gleicher Zeit von einer Sache in Kenntniß gesezt werden e. Den bisherigen Justiz: beamten scheine die Oeffentlichkeit in der Ferne ein Gespenst, das sie aber bei näherem Betrachten gewiß lieb gewinnen würden. Auch der Advokatenstand werde ‘veredelt. Man brauche feine rednerishen Künste, fon- dern nur einfachen und gründlichen Vortrag. Nur wenn beide Theile es verlangten y kónne die Oecffent- lichkeit ausgenommen werden 2c. Er scy überzeugt, daß unsere Egoisten fich vor ganz Europa nicht ärger hbeschimpfen könnten, als wenn sie durch Formen 2c. die- sem köstlichen Gute entgegen seyn wollten. Hicrauf betrat Hr. v. Hornthal die Rednerbühne. Ex schloß fih ganz der Meinung seines Vorgängers an, und führte aus seiner Erfahrung, wie er fagte, sieben aëten- mäßig belegte Beispiele (jedoch ohne Namen -: Nennung) von sehr übel verwalteter Justiz an. Er schloß mit der Bemerkung: der geheimen Justiz sey alles môg- lih, und es sey ein großes Unglück für ein Volk, sich durch Geheimschreiberei in rechtlichen Formen gemiß- handelr zu sehn. Nach ihm sprachen in gleichem Sinne noch Köster, v. Aretin, Häcker, v. Frank und v. Nothhaft. Die Abgeordneten v. Klosen und Egger sprachen für die entgegengesete Meinung. Die Sizung dauerte bis Mitternacht, bei immer ge- drängt voller Galerie.

Jn der Sißung vom 19- wurden die Verhandlun- gen über die Oeffentlichkeit der Rechtspflege fortgesebt, und gleich anfangs v. Hornthal aufgefodert, scine jüngst angeführten Beispiele näher zu belegen und be- sonders Namen zu neunen. Er weigerte sich, dies in sffentliher Sißung zu thun. Die Kammer, be- merkte er, sey nicht da, um Anschuldigungen zu ma- chen, und den Mitgliedern müße wol Vorsicht erlaubt seyn, um nicht, nah geshloßenen Sißungen und bei der Heimkehr, Haß und Verfolgung zum Lohne zu

haben für gesagte gute Wahrheiten; zugleich ersuchte

er den anwesenden Justizminister um Schus in dieser Art für alle rückehrende Mitglieder. Als es zur Abstimmung kam, war die Mehrheit für die Deffent- lichkeit der Rechtspflege.

Weiter stattete der Abg. Schulz, als Sprecher des fünften Ausschußes, Bericht ab über 56 Eingaben, von denen die meisten, als nicht geeignet, bei Seite gelegt, andre den Ministerien empfohlen und eine (die Kistlerschen Erben fodern 200,000 Fl. vom Fiskus) der Kammer zur Berathung überwiesen wurde. Abg, v.

Hornthal merkte dabei an : dies sey eins seiner vor- gestrigen Beispiele; und während die Kammer hier siße, sey von einer königl. Stelle der lebte Bescheid in die- ser Sache dahin gegeben worden: es sey dies feine Rechtssache, und würde es zu hart für den Fisfus seyn, wenn er- alle so alte Foderungen zahlen solle. Am Ende der Sibung wurde beschloßen , diese Sache, die freilich vom Spanischen Erbfolgekriege herstammt, den Ministerien der Justiz und der Finanzen drins gend zu empfehlen.

Karlsruhe, vom 18. May. Die Ständevere sammlung arbeitete in den lebten Tagen in ihren Aus- schüßen oder Abtheilungen. Zu Bericht- Erstattern über die jüngst in Aatrag gebrachte éffentliche Ge- rihtspflege sind, wie verlautet, für das peinliche Ver- fahren der Abg. D uttlinger, und für das bürger=- liche der Abg. Ziegler ernannt. In der gestrigen Sizung entwickelte der Abgeordnete Buhl seinen Uns trag auf Verminderung des Wildstandes, Er entwarf ein mit Schärfe und sprechenden Details ausgemaltes Bild von den Verheerungen und vielfachen Nachtheiz len eines übermäßig gehegten Wildstandes, unter wel? chem einzelne Theile des Landes zu leiden hätten. Dec Antrag wurde unterstüßt, und zur Berathung an die Abtheilungen verwiesen. Der nämliche Beschluß ers folgte auf die Entwickelung der Anträge des Abgeord- neten Hübner, auf Nevision des Staatsdiener -Editres, und des Abg. Dreyer, in Betreff der kir-lichen Staatsverfaßung des Großherzogthums. Hübner wünscht Aenderung der Artikel 1. und 5. des Cdiftes, und Dreyer Auflösung der katholischen Kirchenscktion and der damit in Verbindung stehenden Regiekosten- faßie. Ju der nämlichen Si6ung hatte die Dis kußion des Antrages des Abg. v. Lobe ck in Betreff des freien Handelsverkehrs statt. Cornelius und v. Liebens stein sprachen für den Antrag. Nach geschloßener Diskußion wurde der Antrag einstimmig angenommen. Die nächste Sißung ist auf morgen anberaumt.

Frankfurt am Main, vom 20. May. Jn der 17ten Sibung der hohen Bundesversammlung vom 15, d. M. wurde von der in der 17ten vorjährigen Sißbung gewählten Kommiffion, bestehend aus den Herrn Ges sandten von Oesterreich, Preußen , Baiern, Hanover und Oldenburg, wegen der bedeutenden Foderungen an die ehemalige Reichs - Operationskaße, ein Vortrag gehalten und ein Gutachten abgegeben; der Vortrag selbst aber, behufs der darüber zu erstattenden Berichte und einzuholenden Junstruktionen, loco dictaturae ges druckt, und soll über diesen Gegenstand binnen 8 Wos chen abgestimmt werden. Jn derselben Sibung hat der an die Stelle des Herrn Senators Dr Hach zun Bevollmächtigten und Gesandten am teu;shen Bun- destage für die freie Stadt Lübeck ernannte Hr. Syne difus Dr. Gutschow feine Vollmacht übergeben.

Der auf die Dauer einiger Wochen nach Oldens burg abgereiste Herzogl. Holstein: Oldenburgshe Ges sandte, Hr. Präsident v. Berg, hat den Großherzogl, Heßischen Hrn, Gesandten v. Harnier substituirt,

Mien, vôm 15. May. Se. Kaîïserl. Hoheit der Großfürst Michael trafen am 15. d, abends um 10 Uhr aus Ftalien in erwünshtem Wohlseyn hier ein und stiegen in der Kaiserl. Hofburg ab. Während des Aufenthaltes dieses Prinzen in unserer Kaiser- stadt, der gegen 14 Tage dauern soll, werden verschie- dene Feste und Militairübungen stattfinden. Der Major Graf Clam-Mar tiniz war Ihm von hier aus entgegengesandt worden, und der General la Harpe in Triest zurückgeblieben.

Paris, vom 18. May. Jn der Deputirtenkam- mer hatten die Disfußionen über die Nechnungen der verfloßenen Jahre noch immer lebhaften Fortgang. Nach einem langen Vortrage des Bericht -Erstatters der Kommißion, Herrn Ro i, trat Herr Gani lh mit eini- gen andern Anträgen auf, welche dahin gingen, daß, hevor nicht ein Gesoß über die Organisation und Rech- nungsablegung des Königl. Schaßes gegeben und dadurch eine Vorschrift wegen Beobachtung der Formen festgestellt worden, der definitive Beschluß über jene Rechnungen aufgeschoben werden müße. Aber diese Anträge, wie- wohl sie Constant und andere unterstüßzten, wurden mittels der vorläufigen Frage (question préalable) beseitigt. Dagegen aber beschloß die Kammer, daß ein von dem Entwurfe der Regierung abweichender Entwurf des Präsidenten der Kammer, über die Be- gulirung obiger Rechnungen, vor jenem der Adjtira- mung unterworfen werden solle, obgleich der Siegel: bewahrer und der Kommißair der Regierung das Ge: gentheil verlangten.

Merkwürdiger ist die Sißung vom 17. d, auf welche das Publikum äußerst gespannt war, weil darin über die sämmtlichen Bittschriften für Zurücberufung der verbannten Franzosen ohne Unterschied, Bericht erstat- tet werden sollte. Eine ungewöhnlich große Anzahl Zu- höórer hatte sich eingefunden ; aber die Entscheidung der Kammer, welche, gemäß dem Derichte der Kommißion, über die Zurückberufung der Verbannten in Mas8e mit großer Stimmenmehrheit zur Tagesordnung über- ging, schien nicht nah ihrer Erwartung ausgefallen zu seyn, indem fie sich gleich darauf entfernten. BVor- züglich der Siegelbewahrer hatte in einer ausführlichen Rede für die Tagesordnnng gesprochen,

Gegen den befannten General Donadieu is eine {were Anklage erhoben , namentlich deshalb, daß er, kraft einer telegraphischen Depesche, ein außerordentli: ches Gericht gebiidet, welches an Einem Tage ein und zwanzig Personen, worunter ein Kind, zum Tode verurtheilt hatte.

London, vom 19. May, Im Hause der Lords (Oberhause) gab es am 17. eine lebhafte und anhal- tende Debatte über die Emancipation der Katholiken nach

dem längst bekannten Vorschlage des Lord Donoug h-

more. Unter andern sprach der Herzog v. Wellin g- ton dagegen, und der Graf Gray dafür. Nach einer Deliberation, die bis nah 1 Uhr früh dauerte, wurde die Motion mit 147 Stimmen gegen 106 verworfen,

Im Hause der Gemeinen machte gesiern Herx Tierney seine Motion wegen Ernennung eines Kom- mité zu Untersuhung der gegenwärtigen Lage der Nation. Es war im Grunde ein Sturm auf das jevige Ministerium, und obgleih, wie vorauszufe- hen war, der Sturm abgeschlagen wurde (bei der Stimmensammlung am Ende der Debatten fanden sich 178 Stimmen dafür und 357 dagegen): so hatte doch seit langer Zeit keine Motion die besten Redner beider Partheien so in Bewegung gebracht als diese. Man rühmt in der Rede des Herrn Tier: ney den ihm eigenen treffenden Wiß, und hebt aus der des Baronet Francis Burdet sein bekanntes Lieblingsthema, die radikale Parlaments : Reform her: aus, wogegen Herr Canning mit aller Kraft fei: ner geistreichen Beredsamkeit auftrat und den Bara- net mehr als einmal dem Gelächter der Anwesenden Preis gab. Auch Lord Castlereagh sprach viel und mi: Erfolg. (Wir behalten uns vor, intereßante Ein- zelhciten aus diefer lebhaften Sigung künftig beizu- bringen. ;

No melden die neusten Londoner NachriŸHten, da in der London - Taverne etwa dreißig Kaufleute zweimal eine Versammlung gehalten, um sich über eine bei dem Parlament einzureichende Bittschrift zu besprechen, daß nicht durch eine erzwungene, schnelle und widerrehtlihe Verringerung des Geldes oder der kurrenten Uustauschmittel der Handel erschwert, der Werth der Güter vermindert, und der Staats- fredit u. st. w. beeinträchtigt werde. Bei der zweiten Versammlung erfchienen auch der bekannte Hunt, Major Cartwright und Watson und brachten durch Einmischung fremdartiger Bestandtheile die Versamm-

lung von dem beabsichtigten Gegenftand ganz ab.

Auch ist noch zu erwähnen, daß Lord Whitz worth, über deßen Reise nah Paris sich die Fran- zösischen Zeitungen in allerlei Mutrhmaßungen verlo- ren, wieder nach England zurüEgekehrt ist.

Zu Montevideo is, nah Londoner Berichten, eine Verschwörung gegen die Portugiesen entdeckt worden, die sich bis Santa - Fe erstreckt, und zu deren Ober- haupte sich der ausgewanderte Bonapartische Unterpräe fekt Robert aufgestellt. Mehre Franzosen sind mit arretirt. Untern andern is deshalb auch Bonplandt, Alexander v. Humboldts Reifegefährte, zu Prota- fol vernommen worden.

Nordamerita. Der Senat hat noch vor dex Beendigung der diesmaligen Kongrefßsibung den von Hrn, Galatin, Staatssekretair im Departement des Juneren, auf Befehl des Präsidenten vorgelegten grd=- ßen Plan zu einer engeren Verbindung der verschiedes nen Staaten des Bundes durch Anlegung neuer Heer- straßen und Kanäle genehmigt. Der Kostenaufwand ist zu 20 Millionen Dollars angeschlagen, wovon in jedem Jahre zwei verwandt werden follen, so daß das ganze Werk in zehn Jahren vollendet seyn wird, Die gewöhnlichen Staatseinnahmen find hinreichend befunden worden zu Deckung dieser Kosten-