1819 / 70 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 31 Aug 1819 18:00:01 GMT) scan diff

E. L I E R A S2 Li R E Es E a E ade R ad E E E e. L e E R N E R E A E A E B tis E d t N T e n O E Ls R L i E T E L

Marschal Brüne drei Verse, die zwar áus der Hen- riade genommen sind und vön Coligny sprechen ; die Geschichte wird aber zwischen Coligny und Brüne so wenig Unterschied finden, daß es der Poesie wol vergönnet seyn mag, sie zu verwechseln.“ Der Gene- ral: Advokat, obwöl er aus mehren Gesichtspunkten das Verfähren des Herrn Martaiùñville tadelhaft fand, glaubte doch, daß er von der Klage entbunden werden müße, weil Beschuldigungen, die sih auf Thätsachen beziehen welche, wahr oder fals, als der Historie angehörend betrachtet werden müßen, keine ftrafbarè Diffamation enthalten; und weil auch Be- schuldigungen gegen einen Verstorbenen dieses Verbre- chen niht mehr begründen. Die Vertheidigung des Herrn Marta inville selbst erregte Unwillen unter den Zuschauern und selbst bei dem Gerichte. Mar- schal Beüne war übrigens kein Buchdrucker, sondern vor der Revolution ein junger privatisirender Gelehr- ter (homme des lettres), von dem im Jahr 1788 einé empfindsame Reise von vièlem Geifte ershien. Jn die Revólution warf er sich mit den ganzen Feuer der Jugend und ward bei den etsten revolutionairen

Bewegungen in Paris einer der thätigsten Schrift-

steller, Redner, fa selb Handhabér. Zum Behufe der patriotischen Zeitung, die er schrieb, kaufte er sich eine eigene Buchdruckerei. Im Jahre 1790 trat er in die Nationalgarde; im Jahre 1798s findet man ihn \hon als Brigade - General der Ftalienischen Arrnee. Vonaparte rühmt bei mehren Anläßen seine Tapfer- keit. Seine nahmalige glückliche Laufbahn, und daß er irn Jahre 1807, nach der Unternehmung auf Sc{we- disch - Pommern, in die Ungnade dés dániáligen Kai- sers fiel, ist bekannt. Der Sachwalter seiner Wittwé rühmt seinen sanften Karakter und die Anmuth sei: ner Sitten. Er hat nur éin Vermögen von 15,000 Fr. Renten hinterläßen. :

Fn Bezug auf den Prozeß wider Herrn Dün d- ér, deßen wir im vorigen Blatte erwähnt, müßFfen wir noch hinzufligen, daß der Gerichtshof, der bei der einfachen Stimmenmehrheit von 7 gegen 5, hinzutre: ten muste, sich einstimmig für die Mehrheit; also für das Schuldig entschied.

Brüßel, vom 25. August. Der Herzog von Wellington hat sich nach Besichtigung der neuen Festungswerke am Rhein, an der Maas und an der Niederländischen Süd- Gränze, am 19ten d. in Ostende wieder eingeschisst, um nach Englánd zurückzukehren.

St. Petersburg, vom 14. August. Der Kai- ser hat vermöge Ufas vom 20. Julius und 1. Au- gust die Bischofswürde für die evangelische (reformirte und lutherische) Konfeßion in Rußland kreirt, Petersburg zum bischöflichen Sitze bestimmt und zut Verwaltung der Angelegenheiten der evangelischen Kirche eine besondere Behörde nnter der Benennung: (Foangelisches Reichs : General : Konsistorium, errichtet. Dieser Oberbehörde sind alle Konsistorien der Litthau- schen Synode und die übrigen geistlichen Behörden,

Rosto ck, voni 27 Augusk. Gestern, am Jahres: tage der ruhmyvollen Schlacht an der Kabbach, ward die aus Erz gegoßene Bildsäule des Preußischen Feld: marschals Fürsten Blücher von Wahlstatt hie: selbst, am Geburts8orte des Helden, auf dem Hopfen: markte, woselbst sie bereits verhüllt aufgestellt worden, feierli enthüllt. Morgens um 6 Uhr vertfündigten Geschüß und Glocken die Feier des Táges. Um 11 Uhr, durh Geschüß und Glocken eingeladen, versam: melten sih die Deputirten und die übrigen anwesenden Mitglieder der Ritter: und Landschaft auf dem Rath- hause, und im Größherzoglichen Palais die übrigen theils amtlichen, theils besonders eingeladenen Theil- nehmer an der Feierlichkeit, und begaben sich hies náchst, nachdem die Landmarschälle auch die anwesen- den Durchl. Mitglieder der hohen regierenden Häu: ser eingeladen hatten, auf den Pla, dem bereits der

Kirchen und Gemeinden des evangelischen Glaubens: | bekenntnißes unterworfen. Es besteht aus 1 Präsi: denten, 1 Vicepräsidenten, dem Bischof, 2 geistlichen und 2 weltlichen Mitgliedern. Die geistlichen führen | den Titel, Ober- Konfistorialräthe. Zum Präsidenten |" ist der Kurator des Dorpatschen Lehrbezirfes, General: |* Lieutenant Graf v. Lieven, und zum Vice- Präsiden: |" ten der Staatsrath Pesarovius ernannt. Den eron zu ernennen hat der Kaiser sich noch vorbe: alten. s

Nach dem erfolgten Abstérbéèn des Ministers de" Jnneren, Herrn wirklichen Geheimenrathes Kosoda:"*

lew ist die Verwaltung des Ministeriums des Jnneren

bis auf weiteren Befehl dem Minister dex“Jeistlichen Angelegenheiten und d. Volksauftlärung, Herrn Ge

heimenrath Fürsten Gollizyn übertragen worden. *

ihnea nachfolgend , einige teutshe Blätter erzählen," unter dem Artifel Karlsruhe, daß ein Preußischer" Offizier, ein Polizeikonmimißair und einige Gensd'ar: mes aus Berlin, in Baden die Papiere des Preuß schen Minister - Refidenten Herrn Varnhagen vo Ense versiegelt und ihn selbst nah Berlin abgefüh härten. Von diesem ist nit eine Sylbe wahr. De Preußische Gesandtschaftposten am hiesigen Hofe wurd shon bisher von dem Gesandten am Hofe zu Stutt gart, Herrn v. Küster, mit bekleidet, Herr Varn hagen von Ense war aber als Minister : Resident Þ

besonders angestellr. Der Preußishé Hof hat nun: mehr die Funktion eines Minister: Residenten neben" der eines förmlih affreditirten Gesandten entbehr: F" lich gefunden, und den Herrn Varnhagen v. Ense“ abgecufen. Dieses ist der ganz einfache Hergang der F Sache. Mehr hat man von hier nah Paris nit

berichten fönnen.

Hamburg, vom 27. August. Zwär hat sich auß

hier, wie an einigen andern Orten Teutschlands, éi:

f

niger Unfug wider die Jüdischen Einwohner entspon- E

nen, er ist aber auch hier im ersten Entstehen unter:

drückt worden, und hat feine weiteren Fole,en gehabt, F da die wohlgesinnten und wohlunterrichteten Bürger F der Stadr ihr ernstliches Mißfallen offenbarten und F die Anordnungen der Obrigkeit pünktlich und mit

Thätigkeit ausgeführt wurden.

Aurich, vom 21: August. Dié durch die Fran: l

zöfisch : Holländische Gèfezgebung in unser Land einge: f

führte allgemeine Gewerbefreiheit ist wieder einge F

schränkt, und die aufgehobenen Zünfte, Aemter und f Innungen sind, jedoch unter zeitgemäßen Modisiko | tionen, wiederhergestellt worden.

Inuland

Berlin, vom 30. August. Seine Excellenz de N

Königl. General der Fnfanterie und Gouverneur de"

Residenz, Herr Graf v. Gneisenau, ist seit einigen“ 5

Tagen von seinen Schlesischen Gütern hieselbst| wis der eingetroffen.

Name des Blücherplabes beigelegt worden. Nad dem Gesange des Liedes: Nun danket alle Gott, ward den beiden Großherzogen unter Pauken - und Trompt: tenschall ein Lebehoch gebracht und hienächst von deln} Landrathe von Oerzen neben dem Denkmale cin Rede gehalten, ‘an deren Schluße unter dem Don ner des Geshúßes und dem Schalle der Pauken un Trompeten die Hülle von dem Denkmal hinwegfieb um das Kunstwerk den Blicken der Zuschauer darz- steilen. Der Landrath von Oerzen rief sodann del Helden selbst ein herzliches Vivat, indeß Chöre jut ; ger Mädchen das Denkmal mit Blumen umstteut(#| und mit Kränzen umhingen. Nachmittag vecsammet F}

L 2 E Sen * A z s s ma Ñ gts B pati V R R E FBEO I Ats ey “F A R E

diè Bildsäule und drückten ihre Theilnahme in eineë Rede und durch ein Vivat aus. Ein glänzender Ball im Hôtel de Russie beschlóß den festlichen Tag. erx Direftor Schadow aus Berlin, der Meister des gelungenen, nach der Anleitung des Herrn von Göthe gearbeiièten Kunstwerkes, wohnte der Feierlich- keit bei. Sczon im December 1814 faßten die Meck: lenburgishen Stände den Entschluß, die Thaten ihres hochberühmten Landsmannes durch ein Denkmal zu ehren, und dem Herrn Direktor Schadow rourde, auf den Vorschlag des Herrn v. Göthe, der Auftrag, es zu verfertigen. : Mrs Die Stellung der 9 Fuß hohen Bildsäule ist mik dem linken Fuß vorschreitend; die rehte Hand füllt der Kommandosktab, die linke drückt auf den Knopf des frummen Säbels. Die Bekleidung is ein kurzer

Karlsruhe, vom 20. August. Französische, un Leibrock mit Aermeln und lange Beinkleider, der

Rücken durch eine Löwenhaut bedeckt, wovon der Ra- hen auf der Brust das Heft bildet. Das entblößté Haupt läßt die freie Stirn sehen. Das Fußgestell enthält vier Basrelieftáfeln in Erz. Die eine Seiten- tafel bezeichnet durch seine bildliche Darstellung, mit wmirflicher Abbildung vermischt, den 16., die andere den 18. Junius 18153 die Tafel der Vorderseite hat das Wappen des Heiden und dic Aufschrift: „, dem

| Fürsten Blücher von Wahlsiatt die Seinigen.

Die Tafel der Rückseite enthält die bedeutungsvollé Fnschrift unsers großen Dichters :

Jn Harren und Krieg,

in Sturz und Sieg,

bewußt und groß:

fo riß er uns

von Feinden los.

Das Fußgestell selbst, 9 Fuß hoch, ist aus vaterländi- chem Granit in Rostock gearbeitet.

Der Plat ist geebnet und mic schönem Rasen und freundlicher Pflanzung ausgestattet; er wird nun auch wit einem Gitterwerke von gegcßenem Eisen, 850 Fuß im Umkreise, umgeben werden,

Die Bildsäule kehrt den Rücken gegen Nordei, damit sie den Tag über ein Licht erhalte, welches ihre Theile abroechselnd hervorhebt. :

Erwähnung verdient noch, däß Herr Direktor Schadow zum Guß einen der geschicktesten Gießer in Paris, Herrn Lequine, und zur Ciselirung Herrn Cou é, gleichfalls von dorr her, gebraucht hat. Der Guß der Bildsäule selbst geschah in der Kanonengie- ßérei zu Berlin am 22. August 1818 und gelang voll: kommen, welches der Meister der Bedäthtigkeit und Einsicht des Franzésishen Formers und Gießers, s wie der Erfahrung und willigen Theilnahme der Kö- nigl. Beamten dankbar zuschreibt. Der Guß der bei: den Seitentafeln war zweimal mißrathen ; das dritte- mal gelang er volifkommen.

_ Die Französischè Zeitschrift Minerva enthält tinen Aufsaß B. Constant s „„üder den Zustand Eu- ropas in Hinsicht auf die Verfaßungen,‘‘ deßen rwe- sentlihen Jnhalt wir ganz auf sich beruhen laßen. Nur einige Stellen halten wir uns zu beleuchten ver: vflichtet, weil der Aufsaz auch in die teutschen Jour- nalê übergegangen ist. So heißt es:

__ on Preußen, Spanien und England offenba: ren sich heftige Bewegungen. ‘/

_ Wir rwoißen von sol%en Bewegungen gar nichts, befinden uns vielmehr von der Saar bis zur Dange tin der tiefsten Ruhe. Meint Herr B. Cönstant die Bewegungen der Federn, so wüßten wir in der That nicht, wo diese sich in heftigerer Bewegung befänden, als eben in Frankreich; selbst die Englischèn werden zum Theil von Frankreich aus ergrisfen. Was die bei Uns vorgefállenen Verhaftungen einiger wenigen Per:

ten si die Durchlauchtigsten und übrigen eingela& f fonen betrifft, fo hat die darüber erlaßene bffentlichè

nen Gäste der Ritter und Landschaft auf dem Kaisel ' saale zum Dinér. Abends trugen die Studirend®|

der hiesigen Ukademie unter Faelschein Kränze feyn können

Bekanntmachun ; 4 y g deutlich genug gesagt, daß von Unz ruhen im Preußischen Staate gar keine Rede habe

: Ward óber nicht noch ganz vor kurzem |

in der Französischen Kammèér der Abgeordneten und in mehren Zeitungen der Verhaft zur Sprahe ge- bracht, den einige Schrifisteuer wegen staatsgefährli- chèr Umtriebe, dié si in ihren Schriften osfenbact, erleiden, mußten ? und sollte die Regierung gegen einige Federn gar feinen Verdacht hegen ? |

Es heißt ferner: „Laßt uns endlich die Augen öff- nèn! laßt uns anerfennen, daß, wenn àuch nicht alles gut, doch in Frankreich alles beßer ist, als irgendwo in Europa! ‘’ i ] …_ Es würde uns gâr nicht {wer fallen, àus den Französishen Schriften aller Partheien nachzuweisen, daß, wie liberal auch die dur die Verfaßung hervor- gebrachten, auf ihr berußénden Jnstitutionen seyn msa gen, die Vertoaltung doch keinesweges zu rühmen, und in allen Zweigen wenigstens viél schlechter sey, als bei uns. Warum fodert das Volk liberale Fnsti- tutionen? dôch wol der guten Verwaltung wegen, Sie sollen diè gute Verwaltung garantiren. Aber, um nur bei einem der wesentlichslen Zweige, der Jus stizpflege, stehen zu bleiben: ist man nicht fast aüges mein einverstanden, daß die Jury, wie sie dermalen gestaltet , dieser vorzügliche Theil der liberalen Fnsti- tutionen, einer Total : Reform bedürfe? Wird Herr B. Constant von der Vortrefflichkeit der durch die Fury in den Preßvergehungs- Prozeßen wider die Herrn Martainville und Dunoyer gespröóhenen Ur- theile, durch die Rechtfertigungsgründe des ministeriel- len und döftriñnären Couriers überzeugt wörden seyn? Werden die liberalen Schriftiteller nicht besorgen müßen, daß an solcher Klippe auch ein anberer vorzüglicher Theil der liberalen Jnstitutionen, die Preßfreiheit, scheitern dürfte? Wir glauben dem Hérrn B. Cons stánt versichern zu können, daß Herr Dunoyer we: gen feiner Aeuserungen über die Töotung des trúuñk- nen Menschen bei uns schwerlich gesiraft, und daß diese Tödtutig von uns weit gründlicher untersucht worden wäre; daß dagegen die Schmähungen des Herrn Martainville schwerlich ohne geriptliche Ahndung gebliebén seyn dürften. Den Jnf|titutionen selbsk soll hier fein Vorwurf gemacht werden, wohl aber ihrer Anwendung, der Verwaltung. Eden so wetig woilen wiè in Abrede steilen, daß diè wachsarmmste Regierung Mängel und Mißbräuche *) zu bekämpfen habe, weil fie das unvermeidliche Loos aller meuschlichen Einrich- tungen sind.

_ Wißenschaftlihè Anzeige.

In Frankfurt am Main ist unläng!t erschienen: „Geschichte des Preußischen Staates vom Frieden zu Hubertsburg bis zur zweiten Pariser Abkunft; 1. B. 17653 1797.“

Der GeschichtsHreiber Friedrichs des Großen ist noch nicht aufgetreten; auch dieses Denfrmál haben die Drangsale des unruhigen; den Musen ungünstigen Zeitalters dem Helden bisher versagt, Johannes v. Müller ward anfangs durch den beklagenswerthen Wechsel der Begebenheiten, näachmals durch zu frühen Tod vón dem ruhmvollen Geschäfte abgerufen. Kaum dürfen wir erwarten, daß sein reichbegadter Nachfol: ger, durch andere Pflichten dem Studium der väter- iäudischen Geschichie ganz entzogen, Hand an ein Werk legen werde, weichem die Liebe für die Heimat das Siegel der Vollendung aufdrücken muß. Fried: rich wird indeß seinen Gescdichtsctreiber finden ; die Zeit toird genesen von den Thorheirten einer frankhaf- ten Gegenwart, von dem Schlafivandeln dér Afterphi- losophie, von dem Wahnwive der Mystik, dié, wie ein versengender Mehlthau, unsce Blüthen befallen hat.

*) Wér den Vérhändlungèn det Baiérshèù Stände mit Aufmerksamkeit géfolgt ist , wird sih bald unterrthtet haben, daß die Mißbräuchè der Vêrwaltung, welche darin von den Abgeordneten mit ruhm - und lobwürdi- gem Eifer für die dffentliGzeè Wohlfahrt zur Sprache gebracht wordén, so fremd ünd unbekannt unter uns sind, daß hon manches vorübergegangené Geschlecht Leinèé Spur mehr dâvon erblickt hat.