1819 / 75 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 18 Sep 1819 18:00:01 GMT) scan diff

etwas beschließen kann. Unfkreitig aber gehöre és zum definitiven Reglement, zu desdtesen „1, daß die Nie- derländische Regierung auf ihrem hein: Gebiete den Verfügungen der Wiener Akte nicht nachleben dürfe, sondern daß sie alles erfülle, wenn Le solche nur nicht verlege.‘“‘ So wenig hienach die Frage ¡in welcher Art die Niederländische Re Es die Beschlüße der Miener Akte auf ihrem Rbein » ebiete auszuführen verpflichtet sey ‘’ zu einem Gegenstande der interimisti- sen Jnstruktion gemacht werden kann: so wenig kann die Frage über die Aufhebung des Kölner und Main- ger Umschlages dahin gerenet werden. Auch diese muß dem definitiven Reglement vorbehalten bleiben. Sie gehört zur neuen Ordnung der Dinge, denn der 19. Artikel hebt den Umschlag unstreitig auf, aber die neue Ordnung beginnt erst nach erfolgter Sanktion des definitiven Reglements ; und die von der Central : Kom: mißion wiederholt gemachten Versuche , die Aufhebung der Umschlagrechte durch die interimistische Junjtruk: tion âuszuführen, können nur ein seltsames Abirren vom streng konventionsmäßigen und sicher zum Ziele füh- renden Wege genannt werden. Es is daher zu be: dauern, daß sich die Verhandlungen der Kommißion, wie man aus der Rede des Großherzoglich Badischen Bevollmächtigten sieht, fast nur um diesen Punkt ge: dreht haben, statt zum Entwurfe des definitiven Re- glements zu schreiten. Hat man Zeit verloren, so ist Preußen deshalb nicht anzuklagen, denn es hat jeder: zeit auf die volständige Ausführung der Wiener Akte Eonventionsmäßig hingearbeitetz und hat es jenen Ver- suchen eine Zeit lang stilshweigend zugesehen und selvst seinen Bevollmächtigten von der Theilnahme daran nicht zurückgehalten: so geshah es in der Aus: sicht, daß sich vielleiht durch eine von allen Seiten einander entgegentkommende Bereitwilligkeit ein Re- sultat zur Befriedigung aller billigen Wünsche dens noch gewinnen laße. Jnzwischêèn zeigte sich bald die innere Unmöglichkeit, dur die interimistische Jnstruk- tion die Umschlagrechte aufzuheben, weil auf ihnen die vielseitigen Anordnungen der Konvention vom 15. August 1804, die doch im Ganzen bis zur Sanktion des definitiven Reglements beibehalten werden sollten, größtentheils beruhen. Man gerieth in Widersprüche, und hievon abgesehen, ergab sich, daß einer so übereil- ten Ausführung des 19. Artikels eine völlige Anarchie auf dem Rheine gefolgt seyn würde, weil es noch an allen andern mit der Aufhebung des Umschlages zu- fammenhangenden Bestimmungen fehlte. Man mußte also von selbst darauf zurlicktommen , daß die Aufhe: bung der Umschlagrehte nur durch das definitive Ne- glement ausgeführt werden könne; und die Preußische Regierung ist unter den vorliegenden Umständen nicht allein berechtigt, die Erfüllung der Verbindlichkeiten, welche fie für den allgemeinen Zweck übernommen hat, bis zur gleichzeitigen Ausführung aller durch das de- finitive Reglement auszuführenden Bestimmungen der Rheinschiffahrt : Akte zurückzuhalten , sondern sie sieht sich hiezu sogar als verpflichtet an, weil die Stadt Köln erst in jener allgemeinen, durch das definitive Reglement zu bewirkenden Freiheit des Rheines we- nigstens einigermaßen éine Entschädigung findet. Daß dieses ganz im Sinne der Miener Akte sey, ergiebt der Jnhalt des 19ten Artikels von selb, indem es heißt „der Unischlag der Stádte Köln und Mainz soll aufgehoben werden, damit die Schiffahrt auf dem gan- zen Laufe des Rheinstromes von der Schiffbarkeit des: selben bis an seinen Ausfluß in das Meer frei sey.‘ Diese Freiheit aber gewinnt die Schiffahrt nicht eher, als bis auch die Bestimmungen der Akte auf dem Men Stromgebiete durch das definitive Ne- glement in Wirksamkeit geseht seyn werden. Nur durch die Ausarbeitung dieses Reglements kann die bishe: rige Verwirrung ein Ziel erlangen.

Man ersieht aus dieser Darstellun 1) daß Preu- ßen für die ee der Wiener Akte, mithin für S freie Schiffahrt auf dem Rheine, von der Fahrbar-

cit des Stromes bis an seine Mündungen, und so-

nah ini allgemeinen teutschen Gewerb : Jntereße gear: beitet hat.

2) Daß es hierin von der Mehrheit der Centrals- Kommißion nicht unterstüßt worden ist, indem dieselbe

3) nur die Aufhebung der Umschlagrechte der Städte Köln und Mainz becrieden, die fxeie Schiffahrt auf dem Niederländischen Stromgebiere aber unbeaqztet gelaßen hat, obwol die legte für das teutsche Gewerbs bei weitem wesentlicher ist, als die erste, die sich von selbst ergiebt, sobald die zweite fejigestelt worden.

4) Könnte es zweifelhaft ersheinen, ob die Cen- tral: Kommißion nicht berechtiget sey, gemäß der Bes stimmung des 1gten Urtifels oer Wiener Akte, durch die interimistis;,e Fnsiruktion auch die Aufhebung der streitigen Umschlagrehte auszusprechen: so müßte es eben so zweifelhaft seyn, ob sie nicht berechtiget sey); ihre interimistische Jnstruktion auf die freie Schiffahrt im Niederländischen Stromgebiete zu erstrecken. Beide fino in deutlichen Bestimmungen der Wiener Akte ent- halten. Denn der erste Artikel sagt, daß die Schif- fahrt auf dem ganzen Rheine von seiner Schiffbarkeit an bis zu seinen Mündungen frei seyn soll; und der 19te enihäli , daß die Umschlagrechte der Siädte Köln und Mainz aufgehoben seyn sollen. Wäre die Cens tral - Kommißion hienay und in Bezug auf den 31sen Artikel berechrigt, durch ihre interimistische Jnstrufk- ¡ion die Umscylagrechte für wirklich aufgehoben zu er- kláren : so wäre sie eben jo berechtigt, die Schiffahrt auf dem Niederländischen Stromgebiete durch diese Jn- struktion für frei zu erflären. Da sie aber zu beiden Arten der Erklärung die Wirksamkeit der behörigen Uferstaaten nöthig hat: so härte sie von selbst ermeßen soüen, daß eben so wie die Anordnungen in Betreff des Niederländischen Stromgebietes, auch die Anord- nungen wegen der Umschlagrechte, zu denjenigen ge- hören, die der Sanktion der Uferstaaten bedürfen, daß sfe also nicht durch die inrerimistishe Jnstruktion, son: dern durch das definitive Reglement zu beseitigen seyen.

5) Empfehlen wir diesen Fall wiederum den Ta- gosschriftstellern zu einiger Aufmerksamkeit, Wir le- sen in einem teutshen Blatte: „fünf Monate sind bereits verfloßen, seitdem die Central: Kommißion das dringende Verlangen zu erkennen gegeden, daß nun- mehr, nachdem alle Übrigen mit der Nieder- ländischen Regierung einverstanden, von Preußischer Seite nicht länger Anstand genommen werden möge, dem Vertrage gemäß, den Umschlag zu Köln für alle paciscirende Staaten, und namentlih auch für die Niederländische Schiffahrt aufzugeben, und noch findet sich die Cen- tral - Kommißion ohne Antwort. ‘’ Eben die Blätter, die für die teutshe Gewerbsamfkeit gegen die Bedrük- kungen der Fremden so tapfer kämpfen, die den Vers ein des Herrn List, gewiß in redlicher Ueberzeugung, obwol in völliger Unkenntnis der Lokalverhältniße be: aünstigen : eben diese laßen sich bereit finden, die freie Schiffahrt des Rheines den Feßeln der Hol: lánder Preis zu geben, und diese Feßeln als ein Nationalglück, welches Preußen den übrigen Teut- schen mißgönnend vorenthalte, zu beneiden! Sind denn Köln und Maynz, wenn es nur auf diese ankom- men sollte, nicht auch teuts&e Städte? Soll man ih- nen den Erwerb entziehen, um ihn den Fremden auf den Grund eines Vertrages zuzuwenden, den diese Fremden nicht respektiren ?

Wir schließen eiñe Stelle aus den „, Bemerkungen des Herrn Geh. Referendair Nebenius, über den Zustand Grosbritanniens in staatswirthschaftlicher Hinsicht‘“ an, die in der Rede des Grosherzoglih Ba- dischen Bevollmächtigten angeführt is, und den vor: liegenden Gegenstand speciell berührt.

„Jede vertragsmäßige Bestimmung Über Rheins

\chifahrtgebühren: Erhebung in Holland ist illuforish und ohne Werth, so lange es Transitogüter mit will: kürlihen Steuern belegt, so lange Alles, was über Holland. bezogen oder versendet wird, den Douanen-

Gesegen dieses Landes nicht entgehen kann ; denn läßt es anch mit der einen Hand alie Ottroi - Gebühren nach, so steht es ihm frei, mit der andern das Dop- pelte und Dreifache, unter dem Namen -von Tran- fitozóllen oder Seerechten zu nehmen.“

„Daher mag man im eigentlichen Sinne nicht sa: gen, der Rhein sey frei für alle Nationen ; denn in der Wirklichkeit ist nur der teutshe Rhein den Hollän- dern so wie den Schweizern und Franzosen freigegeben ; der Holländische gehorcht aber dem wilikürlichen Geselze der Nation, welche die Mündungen des Flußes besigt.‘“

„Was foll aus der Rheinschiffahrt werden, wenn jeder Staat, deßen Gebiet der Fluß durch strômt, nach Belieben sein Douanen - System mit dem Transit zu Waßer in Verbindung seyt, die Ladungen visitiren, plombiren läßt, detailirte Defklarationen fodert, den Transit besteuert oder ganz aufhebt; der eine, weil die Waare zu seinem alten Handel gehört den er un- gern verliert; der andere, weil er den Zwoischenhandel an sich zu reißen gedenkt; der dritte, weil er ein Pro- dukt, das er selbst verarbeitet, uns von einem dritten, der es beßer oder wohlfeiler liefert, nicht zukommen laßen, sondern uns seine Waare aufdringen will?“

„Erkennt man auch die Befugnis Hollands an, neben den eigentlichen Rheinzöllen noch für die Ha: fen: und Schiffahrt : Anstalten an der See besondere Abgaben zu erheben, und seßt man au, wie billig, voraus , daß die Holländische Regierung ein solches Recht nie zum Drucke der rückwärts liegenoen Staa- ten ausüben werde: so ist doch eine feste, vertragsmä- fige Bestimmung jener Abgaben nothwendig, wenn man nicht annimmt, daß die Wiener - Konvention den teutschen Staaten die Verbindlichkeit auferlegt habe, von Holländischen Transitogütern nur die gemeßenen Schiffahrt- Gebühren zu erheben, Holland aber ge- statte, neben gleichen gemeßenen Abgaben, noy unge- meßene Zölle zu beziehen.‘

„Wenn der Pariser Vertrag sagt: man wird ch auf den künftigen Kongreß mit den Grundsäßen be- schäftigen, nach welchen sich die Erhebungsrechte der Uferstaaten auf die gleichförmigste und dem Handel aller Nationen günstigste Weise einrichten laßen, und wenn der Artikel 5 der Wiener - Konvention jene Principien festsett: soll man dei diesen klaren Bestim- mungen annehmen, daß es nur die Absicht gewesen, Holland zu verpflichten , seine wilikürlichen Steuern von den Transitogütern gerade bei der Ausmündung des Rheines in die See, und an keinem andern Punkte zu erheben? und ist es für den Engländer,

- Rußen , Teutschen 2c. nicht ganz gleichgiltig, ob er

unter diesem oder jenem Namen, da wo der Rhein sich in die See ergießt, oder mitten in Holland , oder an der Gränze dieses Landes gegen Teutschland, von seinen blos transitirenden Gütern die verlangten Ah: gaben bezahlen muß ? ‘“

Stuttgart, vom 9. September. Unsre in Lud- wigsburg versammelten Stände haben bereits einige Kapitel der Berfaßungsurkunde berathen und im We- sentlichen angenommen. Der Jnhalr dieser Kapitel war indeß wenig geeignet, lebhafte Diskußionen zu veranlaßen, doch wurde jede einzelne Stelle gründlich erörtert.

Der König is ersucht worden, die Oeffentlichkeit der Berathungen zu bewilligen, obwol einige Mit- glieder diese Oeffentlichkeit dem Wesen einer konstituis- renden Versammlung nicht angemeßen finden wollten.

Braunschweig, vom 9. September. Dureh eine Verfügung vom 6. d. sind die Landstände des Herz0g- thums Braunschweig und des Fürstenthums Blanken: burg auf den 12. Oft. d. J. zusammenberufen. Jn der Verordnung selbst heißt es: „Die solchergestalt versammelten Stände werden aus den Propositio- nen, welche Wir denselben zu machen befohlen haben, sodann die Ueberzeugung entnehmen, daß Wir eben so sehr die wohlerworbenen Rechte thunlichst zu erhalten, als die durch die Umstände nöthig werdenden Modifi:

fatitnen ia der Verfaßung herbeizuführen bedacht ge: esen. ‘‘

Aarau, vom 4. September. Die Tagsatzung hat dem Jnhalte des Berichtes ihrer Kommißion gemaß be- shloßen, daß die Schweiz von dem 25\ten Artikel der Militair: Kapitulation mir Frankreiq nicht ab- weichen und die eigenthümliche Geri chtsbarkeit der im Französihem Solde stehenden Spweizertruppen niht aufgeben könne. Hienacy sollen die Antrage des Franzosischen Gesandten beantwortet werden. Jn Ansehung der zur Sprache georachten Auflösung der Kapitulationen war die Kommißion der Meinung, daß man allem was Pflicht und Ehre fodere, treubleivend, die Zukunft ruhig erwarten soile.

Petersburg, vom 31. August. Am 29. d. M. ward in der Kirche zu Pawlowskt die Taufe der neu- gedornen Grosfürstin Maria Nikolajewna nah einem von des Kaisers Mazjestät genehräigten Ceres moniel durch den Beichvater des Kaisers voizogen. Taufzeugen waren Ihre Majestäten die Kaiserin Vi as ria, der König von Preußen und der Kaiser. Die Erzbischöfe von Nowogrod und Petersburg verricpteten das Gebet.

Nach der kirchlichen Feierlichkeit, der eine Salve von 201 Kanonenschüßen folgte, legte die Kaiserin der Neugebornen den St. Katharinen-: Orden an.

_ Mittags war große Tafel dei oer Kaiserin Ma- ria, wobei unter Ubfeurung der Kanonen und oen Schale dec Pauken und Trompeten das Wohl der Ne u- gebornen, derbeidenKaiserinnen, des Königs von Preußen, des Kaisers, des Grosfürsten Nit olas, der Grosfürstin Alexandra, dex ganzen Kaiserlichen Fanulie, der Geifstlichèeit und aller getreuen Üncertha- nen ausgebracht wurde. Abends waren Petersburg und Parwroiowsk erleuchiet.

Paris, vom 11. September. Seit Herr Royer Colaro, der für das Haupt der doktrinairen Parthei gili, seine Steüe als Chef der Kommißion des öffents lichen Unterrichtes wiréklih niedergelegt hat, werden Gerüchte von Ministerial - Veränderungen rege, die den Scarfsian der Müßiggänger deschäftigen.

Der General Baron Augier ist verstorben. Da er Abgeordue:er des Cher- Depariements war, so müßen sich auch dort die Wähler versammeln.

Der Moniteur enchäâli die Rede, die der Papsk in der Versammlung der Kardinäle zu Rom am 23. v. M. über die kirhlihen Angelegenheiten Fcankreics gehal» ten hat. Der Papst macht ihnen ekannt, daß er, weil die auf dem Königreiche noch ruhenden Lassen ‘ie Errichtung von 93 neuen Bisthümern, wie solche nah dem Konkordate vom 11. Jun. 1817 organisirt » er- den foilten, nicht gestatten, auch andere Hinderniße dec Ausführung dieses Konkordates entgegentreten, eine provisorische Maasregel getroffen habe, um die Ver- wirrung zu beendigen , die jest über die katholischen Kirchenangelegenheiten in Frankreich herrsche. Ec habe nämli beschloßen , die Diócesen vorläufig in dee Lage und in dem Umfange zu laßen, worin sie sich jet befinden, und die auf die Ernennung des Königes von ihm neu bestellten Bischöfe hiernach noch zur Zeit auser Wirksamkeit zu stelen. Da, wo die Biscyof: stühle schon erlediget sind und noch erlediget werden, follen die von dem Könige ernannten Jndividuen die kanonische Einsezung nach erwiesener Qualifikation in der üblichen Form erhalten. Jn dieser Art sollen so: gleih 6 erledigte Bischofstühle besegt werden. Die Kirche von Avignon, für die nach dem Konkordate ein Erzbischof bestimmt war, soll von General Vikarien, oder, wenn der König es beßer findet, von einem Bi- schofe in partibus verwaltet werden.

Ein leichter Anfall von Gicht hat den König ver- hindert, die auf gestern angesagte Musterung der Na- tionalgarde abzuhalten.

Der Herzog und die Herzogin von Clarence haben sich am 8. d. zu Calais eingeschifft, um nah England zu gehen. .