1819 / 79 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 02 Oct 1819 18:00:01 GMT) scan diff

verblirgten Friedens, aus der Hand ihrer Fürsten zu Theil werden sollen, für die Zukunft gefichert und be- festiget werden können, in ernste Betrachtung zu ziehen.

Die Quellen des Uebels, deßen weiterem Fortschritte Schranken zu seßen gegenwärtig die heiligste Pflicht der sämmtlichen teutschen Regierungen ist, liegen zum Theil zwar in Zeitumständen und Verhältnißen, auf welche keine Regierung unmittelbar und augenblick: lih zu wirken vermagz zum Theil aber hangen sie mit bestimmten Mängeln, Jrrthúmern oder Mißbräu- chen zusammen, denen allerdings durch glückliches Einverskändnis und reiflich erwogene gemeinschaftliche Maasregeln abgeholfen werden kann. Unter den Ge- genständen , die in dieser lehten Hinsicht die nächsté und sorgfältigste Erwähnung verdienen, zeichnen fich ganz besonders folgende aus:

1. Die Ungewißheit über den Sinn und die dar: aus entspringenden Misdeutungen der Bundesakte.

2. Unrichrige Vorstellungen von den der Bundes- versammlung zustehenden Befugnißen, und Unzulängz: lichkeit der Mittel wodur diese Befugniße geltend zu machen sind.

5. Die Gebrechen des Schul - und Universitäts- wesens.

4. Der Misbrauch der Preße, und insdbesonderè der mit den Zeitungen, Zeit- und Flugschriften bis- her getriebene Unfug.

Diescm Vortrage zu Folge legte die Gesandschaft die einzelnen Entwürfe der hienach zu treffenden vor- läufigen Anordnungen vor, und es ward einmüthig beschloßen, daß in deren Gemäßheit :

ad 1. Nach dem Sinne des monarchischen Prin- cips und zur Aufrechthaltung des Bundesvereines, dié Bundesstaaten bei Wiedereröfnung der Siküungen ihre Erklärungen über eine angemeßene Auslegung und Erläuterung des 15ten Artikels der Bundesakte ab: zugeben haben.

ad 2. Daß inzwischen, bis eine definitive Exekus tionsordnung durch die beabsichtigten weiteren Bera- thungen zu Stande gebracht werden könne, zur nô- thigèn Handhabung und Ausführung der nach dem oten Artikel der Bundesakte für die innere Sicher: heit im Bunde zu faßenden Beschlüße und erfoderli- chen Maaßregeln, eine provisorische Executionsordnung nach dem vorgelegten Entwurfe eingeführt werden soll.

ad 5. Daß mit Vorbehalt der weiteren Verathun- gen des Bundestages zur gründlichen Verbeßerung dés Schul : und Universitätswesens, den Gebrechen desselben zunächst und ungesäumt durch Ergreifung von proviforishen Maasregeln abgeholfen uud dieser: halb der behörige Entwurf angenommen werde.

ad 4. Daß zur nöthigen Oberaufsicht über die Druckschriften und zu Verhütung des sich ergebenden Mißbrauchs derselben in Bezug auf Zeitungen, Zeit- und Flugschriften eine provisorische geseßliche Verfü- gung nah dem vorgelegten Entwurfe allgemein einges flihrt werden soll.

Hiemit ward die weitere Untersuchung der gegen:

- wärtig in mehren Bundesstaaten entdeckten revolutio-

nairen Umtriebe in Verbindung geseßt und

ad 5. beschloßen, daß eine Central: Behörde aus: fchließlich zu dieser Untersuhung nah dem gleichfalls vorgelegten Geses : Entwurfe bestellt und angeordnet werden soll.

Da diese Geseßé besonders werden bekannt gemacht werden, so begnügen wir uns für jezt nur die we- sentlichsten Artikel zu bemerken :

A. Wegen der in Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maasregeln.

1. Es soll bei jeder Universität ein außerordentli- her landeshecrliher Bevollmächtigter entweder in der Person des bisherigen Kurators oder eines anderen túchtig befundenen Mannes angestellt werden.

Sein Amt soll seyn: über die strengste Vollzie-

hung der Geseße und Disciplinarvorschriften zu wa-

chen, den Geist in welchem die akademischen Lehrer bei ihren öffentlichen - und Privatvorträgen verfahren sorgfältig zu beobachten, und demselven, jedoch ohne unmitcelbare Einmischung in das Wißenschaftliche und in die Lehrmethode, eine heilsame auf die künftige Be- stimmung der Jugend berechnete Richtung zu geben, endlich Allem was zur Beförderung der Sittlichkeit, der guten Ordnung und des änseren Anstandes unter den Studireuden dienen kann, seine Aufmerksamkeit zu wiomen.

2. Die Bundesregierungen verpflichten sih gegen einander, Universitäts - und andere ösentliche Lehrer, die durch Abweichen von ihrer Pflicht oder durch Ueber- schreiten der Gränzen ihres Berufes, durch Mißbrauch ihres rechtmäßigen Einflußes auf die Gemüther der Jugend, durch Verbreitung verderblicher, der offent: lichen Ruhe und Ordnung feindseliger oder die Grund- lagen der bestehenden Staatseinrichtungen untergra- bender Lehren ihre Unfähigkeit zur Verwältung eines solchen Amtes an den Tag gelegt haben, von den Uni- versitäten und Lehranstalten, auf den motivirten Bes richt des Regierungs - Bevollmächtigten zu entfernen. Ein solcher ausgeschloßener Lehrer darf in keinem an- deren Bundesstaate bei irgend einem öffentlichen Lehr- institute angestellt werden. ;

3. Geheime oder nicht authorisirte Verbindungen auf den Uni-ersitäcen, namentlich auch die Burschen- schaft, sollen nicht geduldet werden.

4. Ein verwiesener Studirender oder der nicht befriedigende Zeugniße seines Wohlverhaltens aufzu: weisen hat, soll auf keiner anderen Unioersität angez

nommen werden.

B, Entwurf des Preßgesetzes.

1. So lange als der gegenwärtige Beschluß in Kraft bleiben wird, dürfen Schriften, die in der Forn täglicher Blätter oder heftweise erscheinen, desgleichen solche, die nicht über 20 Bogen in Druck stark sind, in keinem teuishen Bundesstaate ohne Vörwißen und

| vorgängige Genehmhaltung der Landesbehörden zum

Hruck befördert werden. Andere Schriften werden fernerhin nach den erlaßenen oder noch zu erlaßenden Gesezen behandelt.

2. Jeder Bundesstaat ist für die unter seiner Oberaufsicht erscheinenden Druekschriften niht nur dem unmittelbar Beleidigten, sondern auch ber Ge- sammtheit des Bundes verantwortlich; zu welchem Zweck sämmtliche Bundesmitzglieder die feierliche Ver: pflihtung gegen einander übernehmen, die Aufsicht auf die in ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit - und Flugschriften mit wahsamen Ernste hand: haben zu laßen.

5. Die Bundesversammlung kann auf angebrachte Beschwerde einer Regierung nach vorgängiger kommis- garisher Untersuchung, die Unterdrückung einer Schrift entscheidend verfügen, in welchem Falle der Redakteur binnen 5 Jahren in keinem Bundesstaäate zur Redaktion einer ähnlichen Schrift zugelassen werden darf.

4. Alle in Teutschland erscheinende Druckschriften müßen mit dem Namen des. Verlegers, und insofern sie zur Klaße der Zei ungen oder Zei: schriften gehören, auch mit dem Namen der Redakteurs versehen seyn. Andernfalls dürfen sie in keinem Bundesstaate in Um- lauf kommen,

5. Dieser Beschluß bleibt fünf Jahre laig in Wirk: samkeit. Vor Ablauf dieser Zeit soll am Bundestage gründlich untersuch! werden, auf welche Weise die im 18. Art. der B. A. in Anregung gebrachten gleich- förmigen Verfügungen über die Preßfreiheit in Er- füllung zu segen seyn möchten, und demnächst ein De-

| fiairiv:- Beschluß über die rechtmäßigen Gränzen der

Preßfreiheit in Teutsa land erfolgen.

C. Bestelluig der Central - Behörde zu Untersu: chung der revolutionairen Umtriebe.

1. Jnnerhalb 14 Tagen versammelt sich in Mainz eine außerordeincliche Central - Untersuchungs : Kom: mißion aus! 7 Mirgiiedern, mit Einschluß des Präsi: denten.

2. Jhr Zweck is, gemeinschaftliche möglichst gründ: liche und umfaßende Untersuchung und Feststellung des Thatbestandes, des Ursprunges und der mannichfachen Verzweigungen der revolutionairen Umtriebe und dema- gogischen Verbindungen, von welchen näherte oder ent-

ferntere Judicien bereits vorliegen oder sih noch ergeben,

5. Die Mitglieder werden von sieben durch die

: Bundesversammlung zu wählenden Bundesgliedern

ernannt, und mäßen Staatsdiener seyn, die in dem

Staate, der sie ernannt, in richterliven Verhältnißen 4 steha oder gestanden, oder wichtige Untersuchungen 4 inftrairt haben. Der Vorsißende wird von den sieben Bundes -Komißarien gemeinschaftlih ernannt.

4, Die bisher schon verhandelten Aften werden an die Kommißion abgeliefert.

5. Bei von der Centräl:- Kommißion anerkannter

j Nothwendigkeit sind die zu vernehmenden Jndividuen

auf deren Requisicion zu verhasten und na Mainz

Stuttgart, vom 23. September. Die Beras thungen der Ständeversammlung über den Verfas- gungs - Entwurf des Königreiches Würtemberg sind nunmehr vollendet.

Zu welchen lebhaften Erörterungen einzelne Punkte zuweilen auch Veranlaßung gaben, so ist doch keinen Augenblick die Besonnenheit, Mäßigung und Würde verlezt worden, welche der König und das Vaterland von den Berathungen der Versammlung zu erwarten berechtigt waren. Der Abänderungen und Zusäge sind verhältnißmäßig nur wenige.

Da die Urkunde, nach erfolgtèr Bestätigung des Königes, nunmehr in abgeänderter Gestalt erscheinen wird, so behalten wir uns vor, sie den Lesern voll- ständig mitzutheilen, und dabei die wesentlichsten Ab- weichungen von dem ersten Verfaßungs: Entwurfe zu bemerken.

Den meisten Widerspruh der ständishen Abge- ordneten erwartete man gegen die im Entwurfe ange: nommenen zwei Kammern der Stände. Er ist auch nicht ausgeblieben, Da jedoch der König zuvor schon erklárt hatte, daß er von dieser Einrichtung, als einem wesentlichen Bestandtheile der fon jlirutionellen Monarchie, untér keinen Umständen abweichen werde: so erklärte die Versammlung in Beirritt zu der Ab: stimmung des Abgeordnèten Schott, daß die Ein- theilung der Stände in zwei Kammern gegen die Wünsche ihrer Kommittenten und gegen ihre eigene Ueberzèugung sey, daß sie aber der unaustveichlichen Nothwendigkeit nachgebe. Auf den Vorschlag des Abgedrdneten Uhland beschloß jedo die Mehrheit der Versammlung, dem Könige vorzustellen, daß die Versammlung nichr aus eigner Neigung in diese Ab: theilung der Kammern eingegangen sey, und daß sie hoffe, der König werde in gerechte Erwägung zieben, ob diese, weder vom Volke noch von der gegenwärti- gen ständischen Versammlung gewünschte Einrichrung durch die Zeitumstände unabwendbar geboten sey.

Befremndend erscheint die beschloßene Annahme eines gegen den Jnhalt des Entwurfes gemachten An- trages des Bischofs von Evara „, daß eine besondere Uebereinkunft mit dem Oberhaupte der katholischen Kirche die Verhältniße derselben zum Staate bestim- men solle. ‘‘ J

Die Abänderungen des ursprünglichen Entwurfes und die besonderen Anträge der ständischen Bersamm-: lung sind im Königlichen Geheimenra:he unter dem Vorsiße des Königes bereits berathen worden. Es hat feinen Zweifel, daß die Königl. Sanktion unter eini- gen Modifikationen erfolgen werde. Man glaubt hie- nah, das ganze Verfaßungswerk bis zum 2ssen d. zu beendigen.

Hier sind einige Personen , die der Volksaufwiegelung beschuldiget sind, verhaftet und der gerichtlichen Untersuchung Übergeben worden. :

Der Grosherzog hat, durch unbescheidene Gesuche

Darmstadt, vom 21. Sept.