land seinen von Alters her berühmten Lehr - Jnstitu- ten einen Theil des Ansehens und des damit verfnüpf- ten Ranges im Europäischen Gemeinwesen verdankt, ‘den es bis hierher glücklich behauptet hât, und an deßen unverfkürzter Érhaltung Se. Majestät jederzeit den wärmsten und thärigsten Antheil nehmen werden. Daß der wirkliche Zustand der teutschen Universî- täten, mit einigen allgemein anerkannten ehrenvollen Ausnahmen, ihrem in beßeren Zeiten erworbenen Ruhme von vielen Seiten nicht mehr entspricht, kann wol \chwerlich fin Zweifel gezogen werden. Schon {eit geraumer Zeit haben einsichtvolle und wohldenkende Mánner bemerkt und beklagt, daß diese Institute ihrem ursprünglichen Karakter, und den von ihren glorreichen Stifiérn und Beförderern beabsihteten Zwecken in mehr als einer Hinsicht, fremd geworden seyen. Von dem Strome einer alles ershütternden Zeit mit fortgeris- _sen, hat ein großer Theil der akademischen Lehrer die roahre Bestimmung der Universitäten verkannt, und ihr eine willführliche, oft verderbliche, untrergeschoben. Anstatt, wie es ihre erste Pflicht gebo , die ihnen an: vertrauten Jünglinge für den Staatrsoienst, zu wel: chem sie berufen waren, zu erziehen, und die Gesin- nung in ihnen zu erwe@en, von welcher das Vater: land, dem sie angehörten, fich gedeihliche Früchte ver: sprechen konnte, haben fie das Phanióm einer soge: nannten weltbürgerlichen Bildung verfolgt, die für Wahrheit und Jrrthum gleich empfänglichen Gemü- ther mit leeren Träumen angefüllt, und 1hnen, gegen die bestehende gesehlihe Ordnung, wo nicht Bitrtter- keit, doch Geringschäßung und Widerwillen eingeflößt. Aus einem so verkehrten Gange hat sich nach und nach, zu gleich großem Nachtheile für das Gemein-Beste und für die heranreifende Generation, in dieser der ' Dünkel héherer Weisheit, Berachtung aller posi:iven Lehre, und der Anspruch, die gesclschastliche Ordnung nach eigenen unversucten S ysiemen umzuschassen, er- zeugt, und eine beiráchtlicze Anzahl der zum Lernen bestimmten Jünglinge hat sich eigenmächtig in Lehrer und Reformatoren verwandelt.
Diese gefahrvolle Ausartung der Hohen - Schulen is den teutschen Regierungen bereits früher nicht entgan- gen; aber theils ihr löblicher Wunsch, die Freiheit des Unterrichtes , so lange sie nicht unmittelbar und zerstörend in die bürgerlichen Verhäliniße eingriff, nicht zu hemmen, theils die durch awanzigjahrige Kriege herbeigeführten Störungen und Drangsale? ha- ben sie abgehalten, den Fortschritt des Uebels mit gründlichen Heilmitteln zu bekämpfen.
Seitdem aber in unseren Tagen, wo sih unter dem wohlthätigen Einfluße des wied-rhergestell'en âu- eren Friedens, und bei dem redlichen und 1hatigen Bestreben so vieler teutschen Regenten, ihren Völ: kern eine glücfliche Zukunft zu bereiten, mit Recht erwarten ließ, daß au die Hohen -Sa ulen ín jene Schranken zurükehren würden , innerbalb deren sie vormals für das Vaterland und die Menschheit #0 rühmlich gewirkt hatten, gerade von dieser Seite her die bestimmtesten Feindseligkeiten gegen die Grundsäbe und die Ordnung, auf welcher die gegenwärtigen Ver- faßungen und der innere Friede Teutschlands beruht, ausgegangen ; seitdem, sey es dur sträfliche Mitwir: kung, sey es durch unverzcihlie Sorglosigkeit der Leh rer, die edelsten Kräfte und Triebe der Jugend zu Merkzeugen abentheuerlicher politischer Plane, und, wenn gleih ohnmäcktiger, doch darum nickt minder frevelhafter Unternehmungen gemisbraucht worden sind; seitdem diese gefahrvollen Abwege sogar zu Thaten ge- führt haben, die den teutschen Namen befleckèn, würdé eine weiter getriebene Schonung in tadelnswürdigé Schwäche ausarten, und Gleictgiltigkeit gegen ferneren Misbräuch einer so verunstalteten akademischen Frei-
heit die sämmtlichen teutschen Negierungen bei der Bot: und Nachwelt verantwortlich machen.
So bestimmt lindeßen auch in dieser bedénklicven Lage der Sachen, die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung jeder anderen Rück1cot vorangehen muß: fo wenig werden doch die Negierungen der Bundes staa- ten die große Frage „wie den inneren vielleicht sehr tief liegenden Gebrechen des Schul - und Untversiräts- wesens überhaupt abzuhelfen, und besonders eier zu: nehmenden En'fremdung der Hohen - Schulen von 1H: rer ursprünglichen und einzig wohlhätigen WBestimm ng vorzubeugen sey‘/ aus den Alugen verlieren; und Se. Majestät halten dafür, daß die Bundesversammlung verpflichtet ist, sich mit dieser für die Wißenschaft und für das ésfentliche Leden, für das Familienwoohl und für die Festigkeir der Staaten gleihwitigen Frage, anhaltend zu beschäftigen, und nicht eher davon abzu: laßen, als bis ihre Bemühungen zu einem gründlichen und befciedigenden Resultate geführt haben wer? en.
Zunachst aber muß dem uninittelbar drohenden Unheile begegnet, und durch wirksame Maasregeln da: für geforgt werden, taß unbesonnene Schwärmer, oder erklärte Feinde der bestehenden Ordnung in dem ge: genwärtig zerrißenen Zustande mehrer teutschen Uni- versitáren, kiwt ferneren Stoff zur Au'!regung der Gemüther, oder verblendete Werkzeuge zur Beforde- rung unsinniger Plane, oder Waffen gegen die perjón- liche Sicherheit der Staatsbürger auffuchen können.
Se. Kaiserl. Majestät nehmen demna keinen Anstand, in Folge des über diese Angelegenheti [n ek- haltenen vorläufigen Gutachtens, die in dem betliegen- den Entwurfe vorgeschlagenen provisoriswen Maasregeln dieser Versammlung zur ungesäum en Berücksichtigung und weiteren Berathung zu empfehlen.
: LV.
Mißbrauch der Preße. Die Druckpræbe überhaupt, besonders der Zweig derselben, weicher jeßt die Tagblätter, Zeit - und Flug: schrifien ans Licht förcert, hat während der leßten Jahre in dem größeren Theile von Teurschiand eine fast ungebundene Freiheit behauptet. Denn selbst da, wo die Regiecungen sich das Recht, ihr durch präven- tive Maasregein Schranken zu sien, vorbehalten hat- ten, war die Kraft soichec Maasregeln durch bie Ges walt der Umstände häufig gelähmt, uno folglich allen Auesci: weifungen ein weites Feld geéffnet. Die durch den Misbrauch dieser Freiheit über Teutschland ver- breiteten zahllosen Uebel haben noch einen bedeuten: den Zuroachs erhalten, seitdem die in verschieden ei Sraaten eingeführte Oeffentlichkeit der ständifchen Ver-
‘handlungen und die Ausvehnung derselben auf Gegen:
stände, die nie anders als in regelmäßiger feierlicher Form aus dem Heiligthume der Senate in die Welt dringen, nie eitler Neugier und leichtsinniger Kri- tik zum Spiel dienen follten, der Verwegenheit ber Schriftsieller neue Nahrung bereitet , und jedem Zei- tungschreiber einen Vorwand gegeben hat, in Ange: legenheiten, welche den größten Staatsmännern noch Zweifel und Schwierigteiten darboten, scine Stimme zu erheben. Wie weir diefe verderblichen Anmaßun: gen endlich gediehen, welche Zerrüttungin den Begrif- fen, welche Gährung in den Gemüthern, wel e Her- abwürdigung aller Autorität, welcher Me’! tstreit der Leidenschaften, welche fanatischen Verirrungen, welchè Verbrechen daraus hervorgegangen sind, beda:f feiner weiteren Erörterung; und es laßt sich bei dem gukge- sinnten und wahrhaft aufgeklärten Theile der teutschen Nation Über ein so notorisches Uebel kaum noch irgend eine Verschiedenheit der Ansichten und Urtheile vore aussegen. (Fortsezang in der Beilage.)
mini i täten teatereiens
Beilage
zum gosten Stüdcké der Allgémeinèn Preußischèn Staáts- Zeitung, von 5 ten Oktöbéë 1819. |
4 Fortsehung von No. E L
_ Dié Eigenthümlichkeit des Verhältnißes, in wel- em die Bundesstaaten gegen einander stehen, giebt von êiner Seite den mit der Ungebundenheit der Preße verfénüpfren Gefahren eine Gesialc und eine Richtung, welche sie in Stáaten, wo die óberste Gewalt in ei- nem und derselben Mittelpunkte vereinigt ist, nie än: nehmen können, und s{ließt von der andern Seite die Anwendung dèr gesezlihen Mittel, wodurch man in diesen Staaten deni Misbrauche der Preße Einhalt zu thun sucht aus. Jn einem Staatenbunde, wie der welcher in Teutschland unter der Sânktion aller EU- ropäis hen Mächte gestiftet wdrden ist; fehlen seiner Natur nach jene mächtigen Gegengewichte, die in ge- \hlóßenen Monarchien die öffentlich? Ordúung gégen die Ängrisfe vermeßener oder übelgesinnter Schriftstel- ler hügen. Jn einem solchen Bunde kann Friede, Ein? tracht und Vertrauen nur durch die sorgfältigste Ab- endúng aller wechselseitigen Störungen und Ver- e6ungen erhalten werden. | A
Aus diesem obersten Gesichtpunkté , der mit der Geseßgebung anderer Länder nichts gemein hat, is ín Teutschland jede mit Preßfreiheit zusammenhangende Frage zu betrahten. Nur im Zustande der volltom- mensten Ruhe könnte Teutschland, bei seiner derma: ligen Föderaätiv - Verfaßung, uneingeschränkte Préßfrei- heit, in sofern sie sich mit dicser Verfaßung überhaupt vereiñigen läßt, ertragen. Der gegenwärtige Zeitpunkt ist wenigèr als jeder andeïè dázu geeignet. Denn das so vielen Regierungen obliegende Geschäft, die jevige und künftige Wöhlfahrr ihrer Völker durch gute Ver- faßangen zu g-ünden, fann unter einem wilden Zwié: spalte der Meinungen, kann unter einem töglich erneuer- ten, aile Grundsäge ershütternden, alle Wahrheit in Zmwei- fel und Wahn auflbsenden Kampfe unmöglich gedeihen. __ Dié bei diesen dringenden Umständen gegen den Mißbrauch der Preße zu ergreifenden einstweiligen Maasregeln, sollen keinesweges den Zweck haben, die Thätigkeit nüblicher und acztungwerther Schriftstel:- ler zu hemmen, dzn natürlichen Fortschritten des menschlichen Geistes Feßeln anzulegen, oder Mirthet? lungen und Belehrungen irgend einer Art, \o lange fe nur innerhalo der Gränzen bleiven die noch keine bisher vorhandene Gesehgebung zu Überschreiten er- laubt hat, zu verhinoern. Daß die Oberaufsicht Über die periodischen Schriften nicht in Unterdrüéung aus: arten werde, dafür bürgt die Gesinnung, welche sämmt- Îiche teutshe Regierungen bei jeder Gelegenheit deut: lih genug offenbärt haben, und die den Vorwutf, daß sie Geistes - Tyrannei beabsichteten vôn feinem Freunde der Wahrheit und der Ordnung zu befürchten häben. Die Nothwendigkeit einer solchen Oberaufsicht aber kann nicht länger in Zweifel gezogèn werden, und da Se. Mäjestär über diesen wichtigen Gegenstand dúurch- aus übereinstimmende Ansichten bei allen Bundesre- gierungen erwarten dütfen: so ift die Práäfidial -Ge- sandtschaft beäuftragt, den Entwurf eines provisori: schen Beschlußes zu Verhütung des Misbrauches der Druckpteße, in Bezug auf Zeitungen, Zeit - und Flug- \chrifrten, der Bundesversammlung zur ungesäumte Prüfung und Beräthung vorzulegen.
Ernénnuñg einer Central-Untérsuchungs-
; Kommißion.
“ Näf den in den vorhergehenden Abschnitten in
Vorschlag gebrachten Berathungen und Beschlüßen;,
möchte noch , sowòl zum Schus der éffentlichen Ord: nung, als zur Beruhigung aller Gutgesinnten in Teutsch- land, eine Maasregel erfoderlich seyn, die Seine Kai- serliche Majestät der Bundesversammlung zur unmit- telbaren Berücksichtigung empfehlen.
Dié in verschiedenen Buüdesstaätèn zu gleicher Zeit
gemarh:en “Entdeckungeu haben auf die Spur einer ausgedehnten, in mehren Theilen Teutschlands tháti- gen Verbindung geführt, die in mannichfaltigen Ver? zweigungen, hier mehr dort weniger ausgebildet; zu bestehen, und deren fortdauerndes Bestreben nicht blos auf möglichsie Verbreitung fanatiscver, staategefährli- cher, unbedingt revolutionairer Lehren, sóndern selbst auf Beförderung und Vorbereitung der frevelhaftesttn Anschläge gerichtet scheint. : _ Wenn gleich der Urifáng und Zusammekhhäng die? ser sträfiichen Umtriebe no% nir völlstándig ausge- inittelt werden fonnte, #ó ist doch die Masse der bei reits gesanimelten Thátsachen, Aktenstücke und Be- weise so bedeutend, daß die Wirklichkeit des Uebels sich nicht füglich mehr bezweifeln läßt. Jmmerhin möge über die Größe der davon zu besorgenden Gefahr dié Meinungen geheilt seyut és ift genug; däß so schwere Verirrungen in Teutschland um sich greifen konnten, vaß eine becräch liche Menge vón Individuen wirklich davón hingerißen ward, und daß, wenn fogar das Ganzë nur als eine Kranfheit des Geistes betrachtet wérden dUrjte, die Vernachläßigung der dagegen zu ergreifen: Zen Mittel die gefährlichsten Folgen nah sih ziehen önnte. | __ Eiñé gründliche Untersuchung der Saché is dahèr von unumgäiglicher Nothwéndigkeit. Sie muß, in einem oder dem andern Sinne, zu einem heilsamen Ausgange führen, indem sie die roahrhäft Schuldigen, wenn der auf ihnen lastende Verdacht sich hinreichend bestätiget, entwassnen und zur Sträfe ziehen, den Ver? führten, über den Abgrund vor welchem sie stehen, die Augen öffnen, und Teutschland in den Fáll seßen witd, weder über wahre Gefahren getäuscht und in falschè Sicherheit gewiegt, noch durch Übvertriebene Besôrge niße beunruhigt und irre geleitet wérden zu könüen.
Soll diese Untersuchung aber ein gedeihliches Rè- sultat liefern , fo muß sie vom Bundestrage, als von einem gemein{chastlichen Mittelpunkte ausgehen, und nnter deßen ünmiitelbarer Aufsicht eingeleitet werden. Die bisher entdeckten Umtriebe und Pläne sind eben so sehr gegen die Existenz des teutshen Buündéès, als gegen die einzelnen teutshen Fürsten und Stáaten gerichtet; michi ist der Bundestag unstreitig zugleich kompetent, und dutch den 2. Artifel der Bukdesakte ausdrüélich verpflichtet ; Kenntnis davon zu nehmen. Ueberdies wird eine so konstituirte Centrál : Behörde weit beßer als jede von einzelnen Regierungen zu ver? anstaltènde geeignet seyn, die bereits vorhandènen und noch auszumittelnden Data zusammen zu stellen, sie in ihrem vollen Zusammenhange mit Gerechtigkeit und Unbefangenheit zu prüfen, Und zu einer umfäßenden Uebersicht des ganzen Thatbestandes zu verhelfen.
Endlich wird, dürch die am Schluße der Unterfuz chung zu verfügende öffentliche Bekanntmachung der gesammten Verhandlungen dieser Behörde, die Furcht, Unschuldige verleßt, voder Schuldigè der verdienten Sträfe entzögèn zu sehen, aufs Wirksamste beseitiget werden, und in jedem Falle durch vollständigè ufêlä- rung der Saché vielen Zweifeln, Besorgnißen und une ruhigen Bewegungen ein Ziel gese6t werden,