1819 / 84 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 19 Oct 1819 18:00:01 GMT) scan diff

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schreibungen fortfahren. Als die Stände nicht be- wiltigen wolltên, fo ließ €r sie auseinandër gehen, und bezahlie ihnen ihre Dieten nicht, was sie, nah den Auszdrücken in ihrer Beschwerdeführung beim Kai- ser zu schließen, fast noch üdter empfanden, als die große Ausschreibung, zu der fie selber nichts beizutra- gen hatten, da sie si schon seit €0 Jahren Felber steuerfrei gemacht. ;

Die Stände gingen nun an den Kaiser, nachdem sie durch Notarius und Zeugen, nach damaliger Gewohnheit, protestirt hatten. Auch ließen sie ihre Bittschrift an den Kaiser, nebst allen darauf Bezug habenden Afktenstücken im Jahre 1721 in Gent beim Buchhändler Steinhaus drucken. Diese Verhand- lungen bilden einen mäßigen Folianten, aus dem diese Nachrichten gezogen find.

Die Stände sagen in ihrer Bittschrift an des

Kaisers Majestät, daß durch die Steuer: Empfänger

schon weit Über die 600,000 Rthl. eingezogen worden. Dieses ist für die damalige Zeit eine solhe Summe, daß man kaum begreift, wie es möglich, daß die Lande Folche aufgebracht haben.

Nach dem Elberfelder Marktverzeichniße kostete im Jahre 1719 das Malter Korn 37 Rthl. Die beideùñ Herzogthümer mußten ‘alfo 171,000 Malter Korn ver- kaufen, um ihre Grundsteuer von 600,000 Rthl. auf: zubringen. Nach einem Berichte des Ministers Mar- quis d’Jtter war damals die Hälfte alles Bodens steuerfrei, da sie dem Adel und dexr Geistlichkeit ge- hörte. Wenn man auch annehmen will, daß die An- gabe des Ministers etwas übertrieben sey, da damals Leine genaue Statistik des Landes bekannt war, so ist doch so viel sicher, daß wenigstens ein Drittel alles Bodens steuerfrei war. Also 80 Quadratmeilen muß: ten diese Summe aufbringen, da beide Herzogthümer nur 120 Quadratmeilen groß waren. Jede Quadrat- meile mußte also 2137 Malter Korn an Steuer be- zahlen oder deren Werth in Silber.

Vergleicht man nun die damaligen Steuern mit den gegenwärtigen, so findet man Folgendes :

Nach den Angaben der Staats- Zeitung bringen die beiden Rheinischen Provinzen im Jahre 181g an allen direkten und indirekten Steuern auf: 5,151,000 Rthl. Die Gréße dieser beiden Provinzen ist nach der offiziellen Statistik 445 Quadratmeilen. Jede Quadratmeile bezahlt also 11,575 Berl. Thl. oder 15,049 Rthl. Bergis, wenn man nach dem jeßigen Kourse den Berl. Thl. zu 78 Stüber Bergisch rechnet.

Im Jahre 1819 kostet das Malter Korn (altes Maas ) in Elberfeld 10 Ntbl. Die Quadratmeile muß also 1,505 Malter Kora oter deren Werth in Silber an Steuer aufbringen.

Wir haben demnach Folgendes: Jm Jahr 1719 bezahlte jede Quadratmeile in Berg und Jülich blos an Grundsteuer . 2137 Malt. Korn. Im J. 1819 bezahlt jede Quadrat- meile in den beiden Rheinischen Pro- vinzen, an Grundsteuer, Patentsteuer, Salzsteuer, Tranksteuer, Stempel è¿c. 1505 *#__*

weniger 632 Malter

Die Quadratmeile bezahlt also jest am Rheine 632 Malter Korn oder nach den jeßigen Preisen 6320 Thaler Bergisch weniger, als sie vor 100 Fahren blos in der Grundsteuer bezahlte. Damals sind auch schon indirekte Steuern auf Bier, Brantwein :c. erhoben worden, wie man in diesen Landtagsverhandlungen sieht ; allein da man deren Ertrag nicht angegeben fin- det, so kann man auf sie keine Rücksicht nehmen, sondern blos im Allgemeinen sagen: In der Grund- steuer allein hat im Jahre 1719 die Quadratmeile 2137 Malter Korn aufgebracht, ohne zu rechnen, was sie in den andern Steuern aufgebracht hat, die, wie alle Nachrichten sagen, auch schon sehr hoch gewesen.

Wenn man bedenkt, wie ungemein geringe damals die Steuerkräfte der Landschaften, gegen jeßt gerech: net, waren, so begreift man kaum, wie es möglich ge- wesen, daß die Steuer.- Empfänger diese Summen haben einziehen können. Aus den Verhandlungen geht hervor, daß sie sich aber auch wirklih die größte Härte gegen die Steuerpflichtigen haben ¡u Schulden kommen laßen.

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etwa 2000 Scheffel Korn gegeßen.

Die beiden Herzogthümer mochten damals eine Bez völferung von 3 bis 400,000 Seelen haben, denn die große Bevölkerung im Bergischen ist mit dem dorti- gen Fabrifflore erst später entstanden. Rechnet man 350,000 Seelen, und das Malter Korn zu Berl. Scheffel, so brachten diese 600,000 Scheffel Korn auf. Also 1000 Menschen 1700 Scheffel. Mun haben in dem Hungerjahre 1817 in Elberfeld 1000 Menschen Also haben die Menschen damals nahe so viel Korn an Steuern gez geben, wie sie auch gegeßen haben ; oder wenn man die Grundsteuer durch eine Mahlsteuer aufgebracht, o hätte der Fisêéus so oft, als 37 Scheffel zur Mühle fommen von diesen 17 für sch genommen.

Jn Hungerjahren eßen fich die unteren Stände nur halb satr, und da diese überall die zahlreichsten find, \o ‘entsteht hiedurch eine solche Ersparung an Lebens- mitteln, daß das wenige Korn, was gewachsen, doch endlich für alle reiht, ohne daß Jemand verhunzgert, obgleich Viele hungern. Hohe Steuern bringen die: selbe Wirkung hervor. Man darf wol annehmen, daß damals die geringen Bauern sich auch nicht ha: ben satt eßen dürfen, um nur so viel mehr Lebens- mittel verkaufen, und die Steuern“ bezahlen. zu tôn- nen. Der Uusdruck der Landstände: daß dem Bauer „nichts zur Erhaltung seines armseeligen Lebens übrig ¡1bleibe‘' ist wol buchstäblich wahr gewefen.

Wenn man Urkunden und Aktenstüke aus früheren Zeiten liest, und dieses gehört do mit zur histori- schen Schule: so siezt man, daß es jegt beßer in der Welt ift wie früher. Denn der jecige Zustand der Gesellschaft wobei es den Bauern viel beßer geht als früher, muß doch auch wirklich der beßere seyn, da dee Stand der Ackerbauern Drei Viertel der ganzen Bez völferung ausmacht.

Die Bauera haben aber offenbar seit dem Jahre 1719 am Rheine ungemein gewonnen, obgleich dex Stand der Geistlichen und derx der Edelleute sehr verz loren haben mag, welches schon daraus hervorgeht, daß beide beinahe völlig erloschen sind.

Berechner man die Steuern von 1719 nach den damaligen Fruchtpreisen, und reducirt diese auf bte jesigen Silberpreise : so findet man, daß damals in den Ländern Berg und Jülich auf den Kopf 4 Berl. Thl. blos an Grundsteuer tamen, so in die landesherrli- chen Kaßen gingen, Außerdem hafteten noch 2 Mill. Gemeindeshulden auf dem Lande, von denen die Ge- meinden die Zinsen unmittelbar beizubringen hatten. Da alle diese Abgaben blos vom steuerbaren Gute mußten beigedrachi werden, iudem die Besisungen des Adels und der Geistlichkeit (die im Herzogthume Jü- lich bestimmt die Hälfte betrugen, in Bery etwas we- niger) hiezu nichts beitrugen, so mußte der Werth des Bodens ungemein gesunken seyn, da er weiter nihts mehr war, als eine landesherrliche Plan- tage, diedersogenannteEigenthümer gegen Erlegung der Steuer baute. Und wirklich fin- den wir, daß in den Gegenden des Jülicher Landes, wo je6t der Köllner Morgen Ackerland von 224 Rheini- sen Ruthen mit 200 und 250 Rthlr. bezahlt wird, damals für 10 bis 15 Rthir. ist verkauft worden. Diese Angaben findet man in den alten Kaufbriefen, fo aus den Jahren 1710, 1720 und 1730 sind. Ja alte Leute erzählen noch wol, daß sie von ihren El- tern gehört, daß damals eine so beklemmte Zeit ge- wesen, daß steuerbares Grundeigenthum fast völlig ohne Werth war, und daß öfter ein Morgen Land des Abends im Wirthöhause für einige Màas Bier sey verkauft worden.

Wenn also bei uns von der guten alten Zeit die Rede if, so, kann man diese fügliczerweise nicht darun:- ter verstehen.

Auch kann man die von Karl Theodor nicht wohl darunter verstehen, wenn man bedenkt, daß im Fahre 1791 (als man im Obec- Bergischen einen Bauern - (ufruhr wegen des Wildschadens befürchtete) den Kurfürstlichen Kommißarien 8000 Stück Hirsche vorübergetrieben wurden, als die Düßeldorfer Megie- rung den Königsforst bei Bensberg mit dem großen Jagdzeuge hatte umstellen laßen, so damals auf dem Düßeldorfer Jägerhofe war.

r Ez L E Lat Semer aene

Beschlüßen der teutschen Bundesversammlung, die je:

Allgemeine

PYreußishe Staats - Zeitung,

84e Stück, Berlin, den 19ten Oktober 1819.

l. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Gerlin, vom 19. Okcober. Se. Majestät der König haben den bei der hiesigen Regierung als Rath und Ju!litiarius angestellten Geheimin Regierungsrath Grano zum Mitgliede der nah dem Beschlupye der Bu :desversammlung vom 20. v. M in Mainz beste ten Central- Untersuchungs - Kommißio0oa zu ernennen geruhet,

Des K bnigs Majestät haben mittels Kabinets

Ordre vom 25. Jul. d. J. der landwir:hsch%afli „en Anstalc zu Mögelin das Prädikat einer afademi- schen Lehr- Anstalt des Landbaues zu bewilli- gen, auch zu bestimmen geruher, daß die bei derselb¿n angestellten Lehrer als öffentliche Beamte angesehen, und in idrem Range denen der Gymnasien gleich de:

hanoelr werden sollen.

Il. Zeitungs-Nachrichten.

Ausland.

Paris, vom 9. Ofrober. Der König hat durch eine besondere Verorduung die Beschränkungen, denen ein Gese vom 28. Aug. 1816 die Eigenthumer von Privat : Waldungen in Ansehung des Schissbaudolzes, unterworfen hatte, wieder aufgehoben, un: vas Gejcß vom 15. April 1811 hergesteür, welches diefe Privat- Eigenchümer nur 6 Monate vorher zu einer Anzeige

verpflichtet, wenn sie Eichen und Rüjslern von E

gerißen Größe im Walde zu schlagen beabsichtigen, damit die Beamten des Seewesens ste besichtigen und

sich überzeugen fönnen, ob sie zum Sciffbau taug: lich sind. 7 Einige der ernannten Erzbischöfe und Bischöfe haben bereits ihren Eid in die Hände des Königes ab: } gelegt. S : Unsere Weinlese übertrisst, in Rückficht auf die Quaniität, alle Erwartängen. Aa Eine nah Si. Petersburg bestimmte Franzöfische Brigg, der Merkur, hat in einem Sturme Sciifbruch gelitten. Einige Reisende uno ein Theil der Yann- \chaft sind ein Raud der Weiien geicorden; unter mehren Sachen auch 1000 Exemplare der Fran osiszen Vebersebung des 7ten Theiles von Karamfins Ge: chichte des Rußisci,en Reiches. Der Ueberscher, D a1 ut h omas, macht indeß für die Unterzeichner bekannt, daß er diese 1000 Exemplare bereits von neuem drut- Len lape. : Jn Ermangelung anderweiter Materialien, und da die Hunischen Unruhen in England kein Resultat ge- währen, beschäftigen fih unsre Journalisten mit den

der von ihnen in die Farbe fleidet, welche er felbst

trägt. Die Bescheidneren bemerken, daß die gans

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Sache uns nichts anzugehen scheine, weil Jeder am be: -

sten thue, vor seiner eignen Thür zu fegen. (Was

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die sogenannt ultraliberalen S:yriststeller betrifft, #04

wißen die Teutschen ihre Freunde sehr wohl zu unter- scheiden. Diejenigen sind es nit, denen der Rhein in âllen Adern fließt, welhe niht müde werden, die Vertreibung der Bonaparctischen Emporkömmlinge von den teurschen Schenkungen als einen Raub an der Französischen Nation zu betrachten und Ersay dafür zu fodern, welche die in gerèctem Kriege ersoigre Wie-

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dereroberung der in Paris aufgehäuften Kunstschäte, die Beute meistentheils ungerechter Kriege, einen Diebs- stal nennen, welche sih nicht eniblóden zu behaupten, day die Französische Nation im Friedenstraf:a: von 1815 mchts stipulint habe. Die PYèeinungen diesex Parthe: fónnen uns nicht irre machen; es 1st noch immer dieselbe, von der zu semer Zeit das Feldgefct rei ausging: „Krieg den Paläjien! Frieve ëen Hütten ! ‘s Die teutschen Hütten sind es gewohr worden. Was die Teutschen unter sich auszugleichen haben, werden sie mit Besonnenheit, Redlizzkent uno wei, feiseitiem Vertrauen, ohne Einmischung eines Dritten und sei- ner guten Rathschläge, schon auszugleichen wipen. Mes, Toul, Verdun und das Elsas ermnneru lebhaft, wie theuer der inheimische Zwiespalt bezahit werden müße.)

Eins unsrer Blätter bemerkt, daß man im Jrr- thume sey, wenn man glaube, daß die Jesuiten unter dec Benennung „, Váter des Gilaudens ‘‘ erst im Jahre 1815 nach Frankreih zurückgekehrt seyen. Sie hât: ten sch vielmehr schon im Jahre 18c6 unter diesem Namen eingeschlichen, und an vetschiedenen Orten, unter dem Scuße der Murt:er Bonapffortes und des Kardinals Fesch, ihre Schulen errichtet. Aber gegen Ende des Jahres 1807 habe die Regierung eine Korrespondenz zwischen den Vätern des Glaubens und den Jesuiten in Rußland und Teu?:schland euide@ckt, wodur Bonaparie, der das Streben dteser g-i|k- lichen Geselischaft gegen die Autorität des Staates nicht vertanni habe, veranlaßt worden sey, ale ihre Schulen auf der Sielle zu schließen, um das Uebel gleich an der Wurzel zu vernichten. Ler Kardinal Fesch sey eine Zeit lang vom Hofe entfernt worden.

Ein Landmann tritt gegen die nunmehr gesc;lozene JFndustrie - Aufstellung mit’ einigem Bedenken zu Gun»

1, iten des Ackerbaues auf, zu welchem, uno weniger zu

den Gegenständen des Luxus, die Kapitalien sic» wen- den müsten. Erwa xés des Bodens werde hinreichend gut, ein weit größerer Theil mittelmäßig «nd der allergrößte ganz abscheulic bearbeitet. Dieser lebte Theii versprecve dem Anbauer mehr Vortheile, als die Kultur der Wildnis am Ohio. Bemerkenswerth sey, daß während die Regierung den Fabrikanten die streng- sten Maasregeln gegen die Einführung fremder Ma-