1819 / 96 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Zeiten, die verkehrtesten und abéntheüerlichsten Folge rungen ‘gezogen, und Stoff zu tausendfältig wieder: holten Anklagen ‘gegen die edelsten teutschen Fürsten géshöpft hat. Es mag dem künftigen Geschichtfor- scher vorbehalten bleibèn, nach ‘glaubwürdigen Urkun: den auszumitteln, von wem denn eigentlich, wo,

wänn, in welchen Worten, in welchem Sinne jene so vjel besprohnen, und so seltsam zu Tage gekommenen

Verheißungén ergangen sind. Gewiß bleidt immer, daß die ersie ausdrücklihe, mit geseßliher und völ- Eerrechtlicher Sanction versehene, mithin wahrhaft ‘verbindliche Eréfiärung über die konstitutionellen Ver- hältnife der teutschen Staaten dicjenige war, welche der 15te Artikel der Bundesafkte enthält.

‘Die ‘der Bundesversammlung übertragene Erläute-:

‘rung dieses Artikels konnte keinen anderen Zweck ha: hen, als den, den wahren Sinn desselben ‘gegen fals e Auslegungen zu vindiciren, den Begriff einer land- ständischen Verfaßung, nicht nah irgend einer will: Eürlichen Theorie, sondern so wie ‘er von jeher in der Geschichte, im Staatsrechte, in der Sprache der teut- Achen Völker bestanden und gelebt hatte, aufreht zu erhalten, um in einex Angelegenheit von #6 großem Gewichte, wenigstens künftigen Jrethümern und un- heilbarer Verwirrung vor¡ubeugen ; ein Geschäft, das nur zu wohlthätigen Resultaten führen, und keinen Freund gese6mäßiger Freiheit und ähter Repräsenta- tion einen Augenbiick beunruhigen konnte.

Was hat nun dieser untadelhafte Schritt mit ge- brocnen Berheißungen, mit betrogenen Erwartungen, mit Unterdrücckungeplanen, und alien den frevelhaften Béschuldigungen gemcin, wodurch man Unwißende zu bethöten, und shwacye Gemüther zu erschüttern sucht ? Wir finden im Texte der Präsidialproposition kein ' Work, das den leisesten Vorwand dazu hergäde. Heißt " ‘es, die landständischen Verfaßungen aus Teutsc;land - verbannen, wenn man den Wunsch äusert ,, daß sie in allen den Bundesstaaten, wo sie nicht bereits ihre feste Existenz haben, ohne weiteren Aufenthalt, ja mit verdoppelter Thätigkeit ins Werk ge- richtet werden mögten?“! Heißt es, aus treulosen Ab- sichten Unméglichkeiten fodern, wenn man ausdrülich anerkennt ,, daß der 13te Artikel nicht in ailen Bun- desstaaten in gleihem Umfange und in gleicher Form vollzogen werden könne?‘ Nein! Die ein: zigen bestimmt ausgesproc-nen Beschränkingen sind die ,„, daß sie der Aufrehthal:ung des monarchischen Princips, und der Aufrecthaltnng der Bundeseinheit nicht widersprechen sollen.“ Und nut Der, welcem der Umsturz der Throne, oder die Anarchie in T-utsche land willkommner wären, hat recht, solche Beschräù- kungen zu verdammen.

Die im zweiten Abschnitte der Präsidialproposition ausgesprochenen Grundsäze Über die geseßgebende Kraft der Bundesbeschlüße, fließen so unmittelbar und noth- wendig aus der Natur eines Staatenvereines, und stehen der Aufrechthaltung der vollen Souverainität der einzelnen Bundesglieder so wenig im Wege, daß es feiner großen Geistesanstrengung bedärf, sie zu rehtfertigen. Zur vollständigen Berichtigung der übe diesen Punkt noch obwaltenden Misverständniße ist hier nicht der Ort. Wir besorgen ohnehin nicht, daß irgend eine teutsche Regierung ihren sicheren und wür? devollen Standpunkt im teutschen Bunde verkennen, und den eirlen Vorspiegelungen derer, welche die Lo- kal -Souverainität als durch die Bundes - Aurorität bedroht darstellen, Gehör geben sollte. Um hierübeë ganz beruhigt zu seyn, dürfen wir uns nur erinnern, voù welcher Seite die Klagen Über die vermeinte Un- verträglichkeit dèr dem Bundestäge beigelegten Ge- walt mit den einzelnen Landesverfaßungen, zuerst aus- gingen, mit welhen Gründen man diese Klagen zu

unterstüßen suchte, und wie wenig Die, welche sie q

stimmten, von dem Wunsche oder Triebe, für N, géntenmacht zu kämpfen, beseelt waren. Sehc schenswerth aber ‘ist es, daß die Grundlösigtett solzy * Darstellungen , wovon unwißende oder feindselig q" sinnte Ausländer Sioff hernehmen, den inneren 2, stand Teutschlands mit den ungünstigsten Farben shiidern, im teutschen Publikum allgemein erkany und unter uns wenigstens das Verhältnis zwiicha | dem Bundesvereine und den darin begriffenen ein nen souverainen Staaten in seiner wahren Gestalt ay

gefaßt werde. :

Wenn der Bundestag als Repräsentant der tey * schen Föderarivmacht ailgemein - gültige Bescylüße y * faßen derecchziget ist, so darf es ihm auch an den zy * Vollziehuny derjelden erfoderlichen Mitteln nicht f“ len. Dieser Sab ijt nirgends angefochten, vielme ist Über die Abwesenheit solcher Vollziehungsmitt als über eine wesen:liche Lücke in der Vundesyq # faßung, häufig geklagt worden. Die in diescr Hinsi

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jeht angeordneten proviforishen Maasregeln ëöonng E um so weniger Anstoß geben, als sie sich bios auf schlüße, weiche die Erhaltung der inneren Ruhe uy * Sicherheit in Teutschland zum Zweck haben, beschräy Bon bewaffneten Tribunalen, wande:n. en Cy

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kutions - Kolonnen, und aüen ähnlichen, ia dem pq

brannten Gehirne Französisher Demagogen eize: gg Schrebildein, sehen wir nirgends eine S |

laßen uns auch ‘in voller Zuverficht, der durch d Eintracht der Fürsten und das Uebergewicht der Gut“ gesinntcn hinlänglich gerechtferiig.en Hesfnunga, daj

der Bundestag so leit nicht iu den Fall komma werde, die hm anvertrauten außerordentlichen Vol *

maciten zu gedrauchen.

Was die Maasregeln gegen den Misbrauch de! Preße berrisft, so ließ si voraussehen, daß sie in: und außerhalb Teutschland eine Menze von Geg nern finden würden. Ju Frankreich, wo mq nach vieljährigen Debatten, mehr aus Ermüd: ng

aus Ueberzeugung, die Schriftsteller endlich sich («Wt dieser Theil der B u deshe: È

úberlaßen hat, fonnte : shlüße von feiner Seite großen Beifall erwar: en, E

Nicht aüein die Organe jener Parthei, die alies, wai"

zu ihren Zwecken nit taugt, als Barbarei urnd| Knecitszaft verschreit, auch Tagblätter von begerem! Karakter, die im Uebrigen (wie das Journal des Debats u. a.) von den Frankfurter Verhant lungen mit Acztung und Einsicyt, und in den löbvlichsten

Gefinnungen sprachen, geben hier ihre Unzufrieven:

heit zu erkennen. Wir wollen nicht mit ihnen dar über rechten, daß sie eine Freiheit, die (wie fie aud unter andern Umiiänden vielleiht davon urtheilen würden) in der Lage, worin ske sich gegenwär tig befinden, großen Werth für sie hat, mi Wärme vertheidigen. Eben so wênig wollen wir untersuchen, ob in Zeiten, wie die unsrigen, eine regelmäßige Regierung neben uneingeschränktä Preßfreiheit in irgend einem Europäischen Staat! lange bestehèn könne; eine Frage, die, was man auf sagen mag, noch nicht entschieden ist, ob sie glei ihrer Entscheidung täglih näher rückt. Wir bleihet in den uns angewiesenen Gränzen. von dutch und dur prafiischer Natur, und wobei al:

S pur, úbaE A * Statt haben konnte.

Ticher Prüfung auständigem Tadel des Fehlerhafien, auch woh!gemeinten

Cin Gegenstand f

Beilage zum 96ften Stücke der Allgemeinen Preuß1shen Staats-Zeitung, vom zostezi November 1819:

Fraûzösishe Kritik dér keutshen Bundes: Beschlüße:. (Schluß.)

Alle verständige und rectlice Männer, wie ver- chieden auch sonst ihre politis&en Ansichten seyn ögen, waren über die Thatsache einig, daß mnährend

der lebtverfloßenen Jahre die Preße in Teutschland aufs äüserste gemifibraucct worden. Dem Uebel durch Sirafgeseße abzuhelfen, war unmcglich. Denn wenn auch das auf Strafgeseße gebaute System in anderen Sráaten ausführbar, und auf die Dauer ausführbar seyn sollie: so lehrt doh ein einiger unbefangener WBlick auf die gegenwärrigen Verhältniße Teutf ch- Lands, daß es bei uns feine Anwendung litt; daß in einem Vereine von dreißig und mehr unabhangi: gen, großen und klëinen Staaten, auf folie Bedin- gungen Friede und Ordnung nicht bestehen konnien. Ueberdies wär dás Censursystem nur in wenig Bundes: staaten aufgehobenz der bei weitem größere Theil der: selben war feft entschloßen, es aufrecht zu halten. Der Vundesbeschluß hat also blos dem Grundsaze desselben die Allgemeinheit versichert, ohne welche ein gleich: förmiges Verfahren in allen Bundesstaaten, deßen Nothwendigkeit sih gar niht verkennen ließ , nie Selbst aus dem Gesi{tpunkte des wahren Vortheiles der schreibenden Klaße betrach:

" tet, ist dieser Beschluß gerechter, milder und beruh1-

gender, als diè Strafgesezgebungen benachbarter Län- der, und als es eiw ähnliches System, stark und strenge genug, um in Teutschland Ordnung zu er- Halten, gewesen seyn würde.

Wie die Maasregeln gegen den Misbrauch der Preße auf die Freiheit des Geistes wirken werden, hangt allein von ihrer Vollziehung ab ; vnd wer den bisherigen Gang der sämmtlichen teutschen Negie-

rungen beobáchtet hat, der fann von dieser Seite un:

möglich wahre Besorgniße nähren. Von Veriilgung der Preßfreiheit ist nie die Rede gewesen. Die Drohung Französischer Allarmisten, als werde nun ¿das Licht in Teutschland bis auf den leuten Funken erloschen,‘ können Beßer- Unterrichtete ge: trost verlachen. Die Fortschritte oder Rüetschritte des Lichtes in der intellektuellen un» moralisc en | Welt find an Geseße gebunden, die mit den Poli- zeimaasregeln, welche die offentliche Ordnung gebie: tet, nichts gemein haben. Ueber diesem Gange wal: ten ganz andere Gestirne. Noch giebt es kein Bei- spiel, d: Schriften von entschiedenem und bleiven: dem Werthe, für die Meiscoheit bedeutende, auch

nur für dieses ôder jenes Land wah: haft eësprießli-

"_che Schriften, durh Censoren oder Preßfgeseté zu- rückdgehalten worden woärcn. Die guten Schriftsteller werden nie versturnmen; die mittelmäßigen und . schlechten nie füh genug; die Wißensch:ftén werden uti-

gehindert ihren Gang gehen. Auch ruhiger und gründ: der óffentlihen Angelegenheiten; aueh

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Verdeßerungsvorschlägen wird nirgends det Zugang ver- schloßen seyn. Wir find ohnedies von staatswißenschaft: F lichen Jdeen und Träumen seit einigen Jahren so

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les auf Zeit - und Ortverhältniße anfommt, läßt "#

sich nicht nach allgemeinen Grundsäßen behandeln, "* ba kam diefe darauf an, db unbeschränkte Preßfrei: heit in diesem oder jenem Lande, unter diesen odet * (j j ; ; ih die

jenen Umständen unschädlich sey: die teutschen Rei“ q Glúck wünschen soute, wenn es gelänge, ih dieser

gierungen hatten zu bestimmen, ob fie in Teutsch-: land, wie es heute beschaffen, georènet oder niwf geordnet ist, zugelaßen werden fonnte.

(Schluß in der Beilage.)

Beilage.

A Ubdersättigt, daß jeder vernünftige Mann sich selbst, “seinen Freunden , besonders ober den Führern der Stäa: ten, deren Geschäft heute sicher nicht leicht ist, aufrich- vilden und wüsten Bewegung einen kurzen Ruhepunkt ium N-ochdenten, zum WVerarbei'en des angehäuften Ltoffes, zur Ergrlindung der Wahrheit, zur Berichti: 4 [loser Ftrthümer 2c. zu finden. Jn sofern aber “durch die lebten Beschlüße, jenen frevelhaften Mishand-

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f langen der Religion und ihrer Diener, denen wahrlich nicht zut Ehre Teutschland s, ein so großer Theil un:

“erer Zeitschriftèn bisher besonders gewidmet schien, je: nen täglich wieberfehrenden Verunglimpfungen und Bet: “spottungen aller öffentlicher Macht, und jenem ra1tlo- ‘fen Streben, alle Noth und alles Elend der Zeit, der

Uv fähigteit oder dem bösen Willen der Regierungen

aufzubürden, und so, zux geinüthlichen Unterhaltung derer, denen es wohl geht, die wirkli Leidenten, weit entfernt, ihr Schicksal zu beßern, noch in Muchz losigkeit, Erbitrerung und Verziveiflung zu stürzen : insofern diesen und manchen ähnlicten Uebeln ein Ziel geseßt werden fönnte, wäre die Beschränkung der ÞPicpe eine nicht genug zw preisende Wohlihat, gegen weiché der Unmutih einiger, durch lange Zügellosigkeit ver- wohnten Zeitungschyreiber und Sthrifcsteller gar nicht in Anschlag gebracht werden fkönnre. ;

Das Geschrei über Ünterdrücckung ber Universi- täten ist, wo möglich, noch ungerechter als jeneè über die vorgedliche Vernichtung der Prepfreiheit. Umsonsk wird die feindseligste Tadelsucht in der P indicl Moe position und dem darauf erfolgten Beschluße irgend eine Aeuserung aufzutreiben suchen , die der unsinniè gen Anklage „es sey auf Zerstörung der teutszeu Üni- versitäten abgesehen“! nur einen Vorwand liefern könüû- te. Obgleich die Gebrechen des Universitäts: Wesens mit Ernst und Strenge gerügt worden, war doch dié Absicht so unverkennbakx, die Ueberzeugung von dent hohen Werthe jener Lehr Anstalien sd wenig zweifelz haft gelaßen, und dec Wunsch, sié nih: blos von vorübergehenden AuswüÜüchsen, die ganz Teutsch- land erfannt und gefühlt hatte, zu reinigèn, sona dern auch auf gründlichen Wegen ihres alten vérdtetn: ten Ruhmes würdig zu erhalten, so Uunzweitéutig ausgedruckt, daß man Misverständniße kaum für mög- licy gehalten hätte. Auch hieëüber wöllen wir ruyig die Zukunft erwarten. Ansteckende Thorheriten und Berirrungen haben, wie ansteckende Krankheiten, zuni Troste der Menschheit, ihre Zeitz und der Augen: bli ist vielleicht vicht fern, wo allè gute Vater üt Teutschland erkennèn werden, daß das, was Ver- blendi:ng oder Erbitterung „, den Todesstreich de: uts schen Universitäten ‘“’ nannte, der Anfang ihrer" Wiez dergedurt war. i _ Die muthwilligen Deklämatiòdnen gegen bie zu Mainz erriÞtete Untersuchungs- Kommißion sind sammtlich auf eine und dicselde grobe Unwahrheit gebaut, und fallen mi ihr zu Bod. n. Die Kommißion ist fein Tribunal; und der Ünsiard, man dié Wahl ihrer Mi glieder auf Männer b. s{rärkte „die in richterlihen Verhälrmßen gejtänden, oder wichtige Unz tersuchungen geführt hatten ‘“’ beweiser nur die rühm: liche So: gfalt, mit welcher män den Sciein eines ra: schen öder unrégelmäßigen Verfahrens von ihren Berz handlungen zu entfernen gesucy: hat. Sie hat weder Vollmacht! ; Urtheile zu sprechen, noch auch nux in ju- ridischen Sinne des Wortes Pro,-fe zu instruirèn } selbs Individuen, die sfe vernehmen zu müßen glaüdt, kön- nen nicht ohne Mitwirkung des Staates, dem sie ange: hören , vorgefodèrt werden. Der Bündestag hat sich vorbehalten, erst „näch Maasgäbé der Resultate det Untersuchung die iveiterèn Beschlüße zür Einleitung des gerihtlihen Verfahrens zu faßen.““ Hieë ist vón keiner Verlebung des Gerichtstandes, vön fei: ner willtuürlihen Prozedur, vón keiner Verurtheilung ohne Gehör, von feiner Militair: oder Preodtal Justiz die Rede. Das wußten die Gegner so gut, wie wirz denn wenigstens mußten sie döch die Aktenslüe, die sié brandrmnarken wollten, flüchtig gelesen habeti. Da aber in ihren Augen jede von einer Regierung ergrisfené Sicherheit - Maasregel ohne weitetes Gewaltthät und Tyrannei, und jeder Feind der öffen:lihen Ordnung ein unschuldig verfolgter guter Vürger ist: s muß des teutsche Bundestag sich wol gefallen laßên, mit Syllaz Tiberius und Röbespierre in einé Klaße zu wandern. i

Von dem wahrscheinlichen Ausgangé der Untersuüz chung wäre és unzeitig und vermessen zu reden. Ueber die Kömmißion selbst erlauben wir uns einige Bemets fungen, die mit dem Ganzer dèer lehten Bündes -: Bez s{lüße in naher Verbindung stehen. Die Ernennung ciner solchen Behörde, obgleich nur für ein bestimmtes,