1819 / 102 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 21 Dec 1819 18:00:01 GMT) scan diff

und den Mittelpunkt dder das Centrum nennt. Die Die Abgeordneten pflegen nämlich während einer gan- en Sißung und während der ganzen Dauer ihres mtes diejenigen Pläbe beizubéhalten, welche sie an- fänglih eingenommen haben. Bei dieser Wahl der Pläte hangt manches vom Zufall ab; natürlich ist es jedo, daß Männer, welche einerlei Sinnes sind, sich nachbärlih vereinigen, und so sind durch jene Abthei- lungen des Saales zugleih Sonderungen der Pat? theien entstanden. Auf der rechten Seite sigen die- jenigen Deputirten, welche sich selbst Royalisten nen: nen, aber von ihren Gegnern mit dem Namen Ultra's bezeichnet werden. Wenn man manche Personen, die sich dieses Namens bedienen, fragen sollte, was fie eigent: lich darunter verstehen, so würden sie wahrscheinlich in einige Verlegenheit gerathen. Soll diese Venen- nung einen Sinn ‘haben, o wird wol ein Ultra- Royalist ein Mann seyn, welcher in seinen monarchi- schen Grundsägen noch weiter geht als der König selbst, also ein Mann, der, ohne dazu aufgefodert zu seyn, - dem Monarchen eine willkürliche Gewalt übertragen, und mithin die Charte vernichten, vielleicht wol- gar in Frankreich alles wieder auf den Fuß seben will, wie es vor der Revolution war. Es mag seyn, daß es in Frankreich Jndividuen giebt, welche für mg: lih holten das Geschehene ungeschehen, zu machen ; welche sih mit der Hoffnung shimeicheln, wiéder in den Besiß von Vorrechten zu treten, welche durch ein ganzes Menschenalter práscribirt sind: aber es würde unbegreiflich seyn, wie es solchen Leuten habe gelin- gen tönnen, als Repräsentanten der Gutsbesißer ge- wählt zu werden. Die rechte Seite der Kammer ent: Hält Männer von den größesten Jalenten, aber noch mehr zeichnet sie sich durch den edlen, unbescholtnen Karakter fast aller Glieder derselben aus. Diese Män: ner verdienen doch wol nach ihren Werken und Wor: ten beurtheilt zu werden, und es ist unwürdig, ihnen Gesinnungen und Plane beizumeßen, zu welchén sie ch nicht bekennen. Vielleicht haben einige derselben die Ueberzeugung, daß eine repräsentative Verfaßung Überhaupt, oder daß diejenige - welche nun seit fünf Jahren versucht wird, ohne dáß es noch gelungen wäre, ihr einen festen Gang beizubringen, für Franf- reich nicht tauge : gewiß ist wenigstens, daß diese Mân- ner im Jahr 1814 die Absicht nicht verhelten, dem Könige einigé Aenderungen der Charte vorzuschlagen. Allein man muß nicht vergeßen, daß diese Charte vom Könige im Jahr 1814 als ein erster Entwurf bekannt gemacht wurde, welcher mancherlei Berbeßerungen be: dürfe. Ludwig XVILIL. hatte selbst in der Rede vom Throne die Kammern aufgefodert , ihm deshalb Vor- \chläge zu machen. Als nachher der König sich be- wogen sah, seine Ansicht zu ändern, und er den Ent- \ch!uß erklärte , die Charte unverändert bestehen zu laßen, versprachen die Häupter der rechten Seite, sich genau an die konstitutionelle Linie zu halten. Auch gab der König der Kammer von 1815, als er sie ent- ließ, das Lob , sie habe ihres Gleichen nicht (1ntrou- vable). Wenn auch damals cinige Royalisten nur Un- gern sich verpflichtet haben mögen, ein zum voraus sür mangelhaft erflärtes Werk aufrecht zu erhalten, so ist es doch durch die von den Ministern begange- nen Fehler (denn man darf ohne Unbescheidenheit sie deren bezüchtigen , nachdem sie selbst ihren Jrrthum anerfannr haben) in Frankreich söweit gekomimen, daß den Freunden der Monarchie nichts Übrig gebliebeñ ist, als sih am Anker der königlichen Charte festzu- halten. Wie mannigfaltig aber auch die Ansichten -der Jndividuen seyn mögen , so weiß man wenigstens zuverläßig und darf kühn behaupten, daß nach der Meinung der angesehensten Mitglieder dêr rechten Seite, nur durch die genaue Beobachtung der Charte Frankreich gerettet werden kann, und sie sind unter den bestehenden Umständen die Einzigen , die sih mit Wahrheit fonstitutionell nennen dürfen. Es gehört übrigens zu den unzähligen im Auslande verbreiteten Frrthümern, daß diése Parthey größtentheils aus ehe: maligen Ausgewanderten bestehe. Die Wahrheit ist, _ daß sehr viele auf der rechten Seite sizende Depu- tirte nicht einmal zu dem Adel géhörén. Von de

zwei ausgezeihnetsten derselben, Villele und Cr bière, hat jener, ein Seeofficier, die ganze Epochéè der Revolution auf der Insel Bourbon zugebracht, wo seine Tugend allgemein verehrt wär, hachhet, seit 1807 lebte er in der Verborgenheit zu Touloufe; der andere ist ein Advokat aus Rennes. Ein dritter, Benoit, war bis 1814 Divisions: Chef im Miniz sterium des Innern. Der ebenso talentvolle als wahre haft religiósé Graf Maxrcellus hat die gánzè Zeit der Revolution in und bei Bordeaux zugebracht. Der Marquis de Bonold hat zwar in den ersten Kriegs- Fähren unter dem Gondéschen Korps für seinen König gefochten , ist aber schon im Jahre 1806 nach Franfkz reih zurückgefehrt, und war seit 1808 Mitglied des Conseil der Französischen Universität. des geringen Einflußes, das Volk ausübt, kann auch angeführt werden , daß kein einziger Bischof in. der Die rechte Seite ist ungefähr 70 Mann stark.

Das Centrum, bestehend aus dern, welche gewöhnlih mit den ist ungefähr eben #0 siárk. ungleiche Hälften z; die eine, von efwa 40 Personen; pflichtet unbedingt allem bei, was die Minister wün- \chen, zum Theil vielleicht, Q

Ministérn stimmen;

weil diese die Quelle det

Chrensiellen und Beförderungen sind, zum Theil aver | auch, weil es nah der Meinung dieser Deputirten zunt |

Wesen einer reprásentätiven Verfaßung gehört, daß die Minister in allen ihren Maasregeln auf terstüzung rechnen êönnen, Fällen der Stimmende anders dáchte. Hälfte, etwà von Z0 Kbpfen, stimmt in der Regel auch mit den Ministérn, doch hat fte

der Minister eine Veränderung verlangt. Wahlgeseßes der echemaligé Minister des] Jnteren, Lainé, der spezielle Freund des Herzogs vôn R i ch e: lieu ist. Allein schon béi den Wahlen von 1818 hat: ten sich alle von den Roÿàalisten, als Folgen der/elben,y

voráus verkündigten Uebel eingestellt, und bei Ri che: F

lieu und Lainé die Ueberzeugung hervorgebracht; daß sie sich in ihrer früheren Ansicht geirrt hätten; ds aber einige ihrer Kollegen diese Meinung nicht theilten, traten fle aus dem Ministerium. Der rechtschaffent

Lainé, welcher als Abgeordnêter von Bordeaux in det f fuhr jedo fort, seine ehemaligen Kolle: | gen in ihren Maasregeln zu unterstüßen, rodbei er fic | aber vorbehielt, auf derselben Sprecherbühne, wo e!

Kammer \i6t,

Allein es theilt sich in zwei | | ô

sih in der lebten | Sibung bei der Frage übet die Abänderung des Wahi: | geseßes von denselben getrennt, und gegen dén Willen | Es ist bè: | fannt, daß der Haupturheber des fo oft besprochenen

Depu: irtenkamimet siht: |

denjenigen Mitglie:

| eine Un: | selbs wenn in einzeinen | Die kleinere

anderthalb Jahr zuvor das Geseh vórgesczlagen hatte}

die Schädlichkeit desselben laut anzuerkennen.

Königl. General - Profurátor Bellart, mann, welcher dém Pariser Wadl- Kollegium in den Jahren 1817 und 1318 pcásidirt, und also Gelegen heit genug gehabt hat, fich von den heillosen Wir: kungen eines Geseßes zu überzeugen, welches den auf geklärtesten Theti der Nation, alle Richter und Rechtsge

lehrte, Lehrer an höheren und unteren Schulen, Schrift alle von máßijt | Einkünften lebende Personen, ste migen diesclben t | ziehen, in soset F}

steller, Staatsbeamte, überhaupt

Staate oder àus eigenem Vermögen sie nicht zugleich ein patentirtes Gewerbe treiben odel Gutsbesißer sind, von der Ausübung des Wahlrecht

ausschließt, währénd

folchen Menge Gutsbestser

werker in einer Majorität gegen die

Os Zu die: F ser Fraftion der Minifter - Parthei gehört auch def ein Ehren: |

cs dié dazu am meisten untau?} liche und leicht bestechliche Kläße der geringeren Hand} zuläßt, daß fie eint i bilden fönnet Teutsche Zeitungschreiber háäben häufig jeden Versu

dieses Gese zu ändern, als eineif Eingriff in die Kon

stitution verschrien; solches Geschrei raus irre mahen. Gerade weil die Charte

Dieselbe konstituirt e Ge:

Jahr 1816 gegeben worden. | hat auch das Red

walt, vón der es ausgegangen ist, es zu ändern *) / 7) Im 100. Stück dieser Zeitung sind die wenigèn Vétsb: gungen der Charte über das Wahlgeschäft angege":

: (Schluß folgt.)

Niemanlf* nur weni} Morte über die Wahlart sagt, ist das Wahlgeseß

f

Als ein Beweis | welchen die Geistlichkeit auf

Aügemeine

"Preußische Staats - Zeitung.

102! Sti.

Berlin, den 21}|en Deéeräber 1819.

l. Amtliche Nächrichtén.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 21. December. Se. Majestät der König haben dem Oberfsktlieutenant und Kreis- Brigadier der Ober- Schlesischen Gensd’àrmerie - Bri- gade von Kêmpsfi den rothen Adler: Orden dritter Klaße zu verleihen geruhet.

Des Königs Majestät haben den zeitherigen Pfarrer Auer in Weblarx zum katholischen Konsisto: rial- und Schulrathe ini Könsistorium und bei der Re-

ÎL. Paris, vom 11. December. Dér König hat, un: ter ven ihm vorgeschlazenen Kandidaten, den Herrn Ravez *) zum Präsidenten der Kämmer der Abgeord- neicn ernannt, welhé in ihrer Sigung vom 8. d. un- ter dem Vorfîge des Hetrn Gr. Angles die Herren aine, von Courvoisier, Bellart und, von Villele zu Vice - Präsidenten wählié. Die linke Séire gläubte in der Wahl der veidéñn leßten eincn Mangel der Formlig keiten u êrbliken, indem 14 Stim: men ni «t mitgezählt roorden, welche dem B. Savöies: Rollin die Mehrheit versh4sst haben würen, statt des Herrn von Bitlelé. Jhyre Misbil'igunz des Verfahrens blieb vhne Folgen.

In der Sibung vom 9. d: Übernähm Herr Rävez den Vors. Auf seinen Autrag ward dem bisherigen Prásidentet; Herrn Grafen Angles, den sein Aiter provisorisch dazu berufén, vvú der Versammlung eine Danksagung ertheilt. Mañ wählte die Sekreiärien in den Perscnen det Hern von Wendel, C af: saignòdllès, Dumeillét und Delokng, und dé: s§lo# nunmehr, det Kéánige und der Kammer det Pairs anzuzeigen, daß diè Kammex eingerictet fen. Von der Kammer der Pairs ging die Meldung ihrer vollständigen Einrichtung éin. Dek vöin Departement Vaucluse aewáählte Abgeordnete, Herr Puy, hat der Kammer erflärt, daß sein Gesundheits - Zustand ihnì nicht gestatte, sein Amt anzutreten. Herr Lambrech t 8) der von den Departements Untér? Setne und Niedet- Rhein gewählt worden, hat dié Wohl für däs lestê angenommen. Dié Departements Jsère (wegen Gr e- goire), Unrer- Charente (wegen Tarayre), Unter: Seine und Vaucluse müßen daher neue Wahlen vor- néhmeéen. Zu Kandidaten für das Amt des Rechnung: Führers der Kammer (Questeur) sind diè Herren B: Chabaud-Látour, B. Calvet von Madailian und Graf von Bondi gewählt. (Der Rechnung: Führer bézieht i5000 Fr. Gehalt nebst meublirter Woh: nung und Cgquipage.)

In der heutigen Sißung wähltfê dié Versammlung nean Mitglieder zum Entwurfe der Dank - Addreße ®) Hérr Ravèz, jeht étvà 50 Jahr alt ; hätte s{ch voùñ

Jugend auf der Advokatur gewidict, und gehdrte zu

den ausgezeichneten Sahwaltern in Lyón ‘und Bor-

deaux. Er ward 1815 und 1816 von dèm BDèpartez ment dér Gironde zum Abgeordnèéten in die Kammer gewählt, und har darin durch Mäßigung, Einsicht und

Beredsamkeit sich allgeimêèînèn Beifall erwörben:

gierung zu Koblenz ällergnädigst zu ernennen ünd di Bestallung allerhöchstselbst zu vollziehen geruhet. L

Das von Sr. Mäjestät dem Könige angeord: nete unterzeichnete Kollégium hat seine Geschäftfüh- rung in Gemäßheit der Königlichen Verordnung vom 18. Oktober dieses Jahres angefangen, und macht die- ses hiedurch bekannt. Berlin, den 17. December 1819.

| Königl. Preuß. Ober-Censur- Kollegium.

Zéitungs-Nachrichten.

an dén König. Man bemerkt unter ihnen det linken Seite, z. B. die Herrn Beni, Cie und den Márquís von Chauvelin. Herr Lainé ae d unter R drei anderen. ie Kämmer der Pairs hat bereits ihre, v ; zóôg vón Levis t tai Dée, Nbbéele as Un König gelangen laßen. Ganz in Beziehung auf di einzelnen Aeuserungen der Rede des Königes T2 ihrem Gänge folgend, s@ließt die Kammer: „Warum mitten unter diesen Elementen der öffentlichen Woÿhl- fahrt und dès Glüc‘es, warum müßen s{wanfende, aber ernste Besorgniße die Sicherheit eines Volkes béunru- higen, das nur Ordnung und Rußhé begeht ? Meiz nungen erwachen, von dénen Königreiche zu Boden getreten wuéden ; sie bediöhen die Einrichtungen, welch den Thron, wie die Freiheit beschüben. Die heili fen Gegenstände, die erhabeusten Häupter find vor diesér frévelhaf.en Angriffen nicht gesichert. Es ist Zeit, die Anschläge einiger Ruhestörer zu vertilgen. Die Er- haltung einer Berfaßung, die das erkenntliche Bater- land seinem Könige danft,; unsre National- Existen L Alles spricht gebieterisch dieses Verlang. n aus. En Mátiektät havku sich berufen erflärt, den Abgrund der Revolution zu schließen. Voll Srolz, Theil zu neh- men an dieser glorreichen Bestimmung, werden wir mit allen unseren Kräften Ihre groëherzigen Beskèe- bungen unterjtüßen ; wir werden die Anarchié unsern gemeinschaftlichan Feind, bekämpfen; wir werden allen Rechten, welche die Verfaßung verbürgt, diejenige voll- ständige Sicherheit verschaffen, die das Gesammewohl erfoderr, und das Vaterland wird Ew. Majestät frei: sinnige Einrichtungen danken, die auf den heiligen Rechten des Eigenthumes gegründet, dauethaft wie L Street und eines Régenten würdig sind B k T 3 e A S f L E taus den Frieden und die Freideit wieder- Die Sigzung dex Karimer der Abgeor j 6. d., in welcher die Nichtzulaßung FEPEI 2 eem schloßen wurde, hat die éffentlizéna Blätter von ällen Partheien einige Tagé hindurch in Bewegung geseßt. Indeß scheinen fêch alle darüber dèrubigen zu dürfen. Denn da die Frage weder dabin gëstellt wurdé; od der Gr. Gtregoire wegen Unregelmäfßigkeit der Wahl nicht zuzulaßen sey (wie die linke Seîté und ein Theil der Mitte fodèrte), noch dadin, db er als unwütdig niht in die Kamnier aufzunedmen (wie

die rechtè Seite und dér übrige Tdeil der Mitte ver: