1819 / 102 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 21 Dec 1819 18:00:01 GMT) scan diff

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langte), sondern nach dem Vorschlage des Herrn R a- vez ganz allgemein, ob er zuzulaßen sey oder nicht: so hat Jeder seiner Abstimmung denjenigen Beweggrund unterlegen können, den er nach seiner gewißenhaften Ueberzeugung allein für entscheidend hielt. Ueber die Nichtzulaßung selbst, ohschon aus dem Grunde der Unregelmäßigkeit der Wahl, ist auch die erste Parthei einverstanden gewesen, und der Graf Lambrechts eint bei dem Aufrufe zur Abstimmung nur aus ene rständnis sich erhoben zu haben. Denn die Mit- glieder der Kammer von der linken Seite hatten vor Eröf\nung der Versammlung den Gr. Gregoire

durch die Herrn von Argenson, Manuel, Cau:

martin, Düpont und Gray ersuchen laßen, frei: willig Verzicht zu leisten, welches er jedoch verweigern zu müßen glaubte. :

Der Marquis von Latour-Mauburg *) hat den Eid als Kriegsminister in die Hände des Königes abgeleistet. : i

Durth eine königliche Verordnung ist der Beigedrd- nete des Maire zu Brest, Herr Kerdanet, entseßt worden, weil er sich geweigert, die Che eines Prote- stanten mit einer Katholikin, welcher die Geistlichen des Ortes die priesterlihe Einsegnung versagt hatten, auch bürgerlih zu legalifiren. , :

Aus Saargemünd wird in einer unsrer Zeitungen der, durch eine andre, verbreiteten Nachricht widerspro- «hen, als ob die Jüdischen Einwohner des Ottes von den Christen feindselig behandelt worden wären, viel: mehr wird dás vollkommenste Einverständnis bezeugt.

Der Moniteur bis zum heutigen Tage enthält nöch Leine königliche Verordnung wegen Zurückrufung der Verbannten. Es is also álles zu frühzeitig, was dars über allgemein und wegen einzelner Personen verbréi: tet worden. -

Das Journal vom Nieder : Rheine versichett, báß die durch mehre teutshe und Französische Zeitungen verbreitete Nachricht, als ob eitie Anzahl Teutscher eine Zusammenkunft in Strásburg gehalten, völlig ungegründet sey , und daß von den in der Liste dieser Fremden genannten Personen sich nur ein einziger daselbst befinde. :

le Die Adutie der Renten schwanken zwischen 69 u. 68.

Lohñdon, vom 10. December. Die gewöhnliche amtliche Meldung der Aerzte vom Befinden des Ks: niges enthält, daß Se. Majestät von einer leichten Unpäßlichkeit hergestellt worden, sich in Ihrem Zu- stande nichts verändert habe, und die leibliche Ge: sundheit gut sey. (Die durch einige Zeitungen ver- breitete Nachricht ven lichten Zwischenëäumen ist also eben fo grundlos, als die von der zunehmenden Hin- fälligfeit und dem báld zu besorgenden Ableben des

onarchen.) i as: Doite Häuser des Parlamentes haben sich in ihren lehten Sihungen haupisächlih mit der Berathung über die Geseg - Entwürfe, welche zur Unterdrückung der Volksbewegungen bestimmt sind, beschäftiget. Die Minisier erfahren von der Oppositionsparthei nur {wachen Widerstand, da auch die meisten Mitglie: der derselben von der Nothwendigkeit ernsthaftert und durchgreifender Maasregeln überzeugt find.

Angemeßenen Modifikationen geben dagegen auch die Mwnister von ihrer Seite Gehör. S0 haben sie uachgegeben, daß das Geseh wegen der Volksversamm-

*)_ Eine Zeitung von Königsberg widerruft die aus der Staats - Zeitung aufgenommene Nachritht, daß der Mar- quis von Latour-Maubourg derselbe sey, der bêi Leipzig verwundet worden, weil dieser, nach der Ver- sicherung des Herrn Venturiñi, an seinen Wunden verstorben. Dies ist jedoch ein Jrrthum. Bedenklicher ist, daß er dem Egyptischen Feldzuge beigewohnt , wels ches aus der ,„ Biographie speciale des pairs et des deputés du Royaume, Section de 1845,” éínèm unzu- verläßigen Buche, genommen ist. Kleber hatte einen Adjutanten Latour, der bei El- Arish verwundet wurdez ob es der Kriegsminister sey, wißen wir nicht. Auf jeden Fall müßte er alsdann vor dem 18, Brü mairé nah Frankreih zurückgekehrt seyn,

lungen nicht fortdauern, söôndern áuf 5 Yahré beschränke |

seyn solle. Die beiden Geseze wegen der Wegnahme der Waffen und wegen der Waffenübungen sind im Oberhause bereits zum - dritténme# verle:

sen und angenommen worden. Gegeh die erste haben | verschiedene Mitglieder des Obechauses, unter ihnen der Herzog voû Sußex, eine Proteftation eingelegt | und solche öffentlich bekannt gemacht. Bei den De: |! batten über das Geseß wegen der Libelle ward ein Zusaß des Lord Ellenborough, betreffend die ns | here Bezeichnung eines Libells, dahin angenommen, daß ein Libell eine Schrift sey „deren Jnhalt dahin | abzweckte, den König, die Regierung oder die beiden Häuser des Parlamentes in ein gehäßiges und ver: | achtliches Licht zu stellen, oder das Volk zu bewe: |

gen, die besiehenden Gesege auf eine unrechtmäßige Art

zu verändern.““ Mit diesem sehr wesentlichen Zusabe |

ist die Bill im Oberhause durci gegangen.

Im Unterhaufe ilt die Bill wegen dec Waf: fenübungen glei@zfalls son zum dritten Male verle- sen und ohne Widerstand angenommen worden z die dem Hause gemachten Anzeigen, daß die militairischen Uebungen nit allein iu mehren Grafsæ%zaften fort: dauerten, sondern noch vermehrt würden, hat eine solche Beschleunigung, welche selbst von Herrn Tierney un- terstüßt wurde, veranlaßt. Dieses Geseß, durch wel: ches den Personen, die niht im Militairdienste stehen, die militairische Uebung verboten werden soll, wird daher zuerst und wahrscheinli noch heute die Bestä- tigung des Prinzen Regenten erhalten.

Bittschriften gegen die Billen sind in beide Häu- ser gebracht worden; auch hat der Gemeinderath von London Befchlüße gegén dieselben gefaßch. WMan wird diese Widersprüche, unter den vorliegenden Ums ständen, unberüdsichtiget laßen.

Nach der Erzählung einer Zeitung haben 7 der angesehensten Viesigeri Bucphändler dem Lorv Livers pool erklärt, daß sie den Buchhandel aufgeben müß- ten, wenn die auf Beschränkung ver Preße gerichte- ten Billen vollzogen würdei.

Die durch Mitglieder des Parlaméntes veröreitete Nagricht, als db 10 bis 15000 Koóoßÿlen - und Eisenarbeiter sich in Waffen an der Tyne gezeigt, ja, daß man die bewaffnete Menge mol auf 100,000 Per- sonen annehmen könne, hat teine Bestätigung erhal- ten. Auch hat die Regierung, mie es scheint, von dieser Naciricht keine Kenntnis genomu:en.

Man hat in den Provinzen verschiedéne Personen wegen Hochverrath:s verhaitet.

Die Manufakturist-n von Norwich haben eine Bittschrift wegen Aufhebvng des erhöheten Einfuhr- Zolles auf fremde Woüe an das Parlament gel :ngen lagen, weil dieser Zoll den Preis dec Wolle um 20

__ bis 30 Procent gesteigert habe.

Am 21. v. M. wurde hier die neugebaute Kirche der teuischen reformirchen Gemeinde, im westlichen Theile der Stadt, feierlich eingeweiht

Der Auf\stánd auf der Jnsel Santa Máura ist noch nicht gänzlich unterorückt, da viele Einwohner sich in die Gebirge geflüchtet haben.

Nacdbrichten aus Boston bestärigen das fortdauernde freundschafiliche Verhältnis zwischen unsrer Regierung Und den Vereiaten Staaten von Nord - Amerika.

München, vom 30. Novémber. Unsere heutige Staats - Zeitung enthält einen Aufsäß, von dem wir Folgendes als dás Wesentlichste augcheben.

¡Man muß billig darüber erstaunen, wièé es mg? lich ist, daß der Geist, welcher heut zu Tage die soge- nannten Oppotitions : Blätter in England und Frank- reich belebt, jemals auch ‘Theilnahme in Teuts4land finden konnte, wo der gerade rechtliche Sinn jede absichtliche Uebertreibung, jede Entsiellung der Wahr- heit, jeden Ausbruch niedriger Partheisucht mit Ver- achtung von sich weisen sollte. Und was lesen wir in diesen Morning: Chronicles, Liberals, in diesen Jn-

, dependants, Renomméees 2c. als Erdichtungen, gehäßig€

Ausfälle auf Junheimisches und Fremdes, als Einges

hutigen des Parthèihaßes und Beschimpfungèn der nie- drigsten Art ? : i Auch Teutschland wurde in den lesten Jahren mit einer Menge von sogenannten Oppositions - Journalen versehen, und manche Städte wetteiferten mit einan: der, wer diese Waare beßer zu liefern verstehe; und so trugen wir, wie vieles Fremde, auch diese Aus- wüchse der politischen Litteratur an unserem Körper! Es scheint, man wollté sih neuerdings in Teutsch: land auf eine gleiche Linie mit England und Frank: reih stellen. Aber diese Ländek haben eine historische Vergangenheit, die keine Aehnlichkeit mit der unsrigen hat, und was dort noch heut zu Tage sich umtreibt und in so auffallenden Formen hervortritt, kann nicht als Gégenstand der Nachahmung, als Vorbedeutung ähnlicher Ereigniße, als Geseh für uns betrachtet wer- den. Für Teutschland können: nur Germanische Jnstitu- tionen froinmén, und wir sind nie ein mit frecher An- maßung über Thron und Altar, über Kirche und Staat,

über Richter und Géseg aburtheilendes Volk gervesen,

sondern haben immer treu zu unseren Fürsten gehal: ten, wie diese zu uns, und haben immer alte Rechte geehrt und alte Zeiten geliebt, weil wir beständiger sind in unserem Denfen und Handeln, nnd mit un- serem Herzen mehr als die enge Gegenwart umfaßen.

Freilich, die abentheuerlichen Vorfälle der Franzö- fischen Revolution, die Katastrophen des Französischen Kaisertreiches, die großèn Schlachten des Befreiungskrie- ges haben das neugierige Publikum an starke Reiz- mittel gewöhnt, und Preßfreiheit , Burschenfeste, rez präsentative Verfaßungen 2c. haben es nachher auf gleiche Weise befriedigt. Es ist dadurch ein phantasti- scher Gescchmack im Volke herrschènd geworden, der sch nur an Nordlichtern, Kometen, Erdbeben und Eruptionen der Vulkane auch in der politisczen Welt érgóben möchte. Die Gährung ist gewiß nicht zu leugnen, und was Arndt und Jahn, kühn und trosig, zu Jünglingen geredet, und was Görres und Okten, kühn und trozig, für Männer geschrieben, machte bereits hie und da Miene, kühn und trobig ins Leben zu treten. Reformirende Brauseköpfe be- gannen mit Regierungen zu rechten, Buchhändler spe- fulirten auf die Erträgniße allarmirender Schriften, Jünglinge griffen nah Dolchen und Lehrer billigten ihre Thaten, Demagvgen predigten Aufruhr, und an den Juden schien män sich zu versuchen !

Mögen unsere oberflächlichen Raisonneurs nur ersk

zur Besinnung kommen! Jhr Geist wird bald mehr

über Begebenheiten nathdénken, wenigèer fle von Begebenheiten lesen, und sie werden um so tiefer in die Zeit eindringen, je mehr sie xuhig dabei verweilén. Und zudem haben die Menschen volauf in ihren Bet rufsfreisen zu thun; es soll sie nur, wenn sie nach Unterhaltung und Zerstreuung verlangen, vorerst ihe häuslicher Bezirk, ihr Amt, ihre Kunst oder ihr Ge- werbe wieder feßeln; sie sollen aus dem langèén Tau- mel des Zeitlihen auth wieder ‘zu etwas Götrlichem erwachen, sie follen zunächst für Erhaltung des Be- stehenden sorgen, statt auf Einführung von Neueruns gen zu denken : und ich wette; in kurzem wird Nie- mand weiter Lust daran finden, halbe Tagè über Res gierungen zu- raisónniren und fich an VOppositions- Artifeln zn laben, vielmehr wird diejenige Zeitung bald die gelesenste seyn, welche am meisten Liebe zum Va- terlande, Vertrauen in den Regenten und seine Räthe, Hoffnung zu dauerndem Frieden und Glauben an Gott und die Tugend verbreitet.

Die elterlihe Erziehung liegt in unseren Tagen danieder, Religion und Moral sind gesunken und die Gemüther erstarrt und verwildert. Drum is es Zeit, von der Außentwvelt die Blicke wieder abzuwenden, und auch ins Jnunere zu kehren, drum i} es Zeit, im Schooße des Friedens die beseligenden Güter aufzu- suchen, welche die meisten bisher so wenig fannten, und die, wenn wir sie suchen, unser Stand, unser Haus, endlich unser eigenes Herz uns gewähren! Für den wahren Patrioten , der den Frieden Teutschlands auf- richtig liebt, und der nicht täglih nur neue Bege- benheiten aufzuraffen strebt, sondern einen seiner würdigen Genuß darin findet, die Vergangenheit ru- hig zu Überdenfen, und aus ihr die Gegenwart ernst zu bemeßen, ist unsere Zeit noch nicht arm geworden

“an Stoff zur Betrachtung z und weit entfernt, Worte

zu deuteln und Absichten zu verdrehen, faßt er zu dem Geiste Vertrauen, ‘der die Jdee einec heiligen Allianz, eines teutschen Bundes und des einem jeden Staate angemeßenen Rechtes in die Herzen der Fürs sten gelegt!‘

Hamburg, vöm 17. December. Gestern, am Geburtstage des verstorbenen Fürsten Blücher von Wahlstatt, beging der hiesge Blücher - Klubb unter dem Vorsiée des Herrn Ober : Präsidenten Gras fen von Blü/cher-Altona in dem zur festlichen Trauer geschmückten großen Saale unserer Börsenhaile die Todtenfeier des dahin gegangenen Helden,

R R Ä S D T T I Ä E S e e wt e,

Ueber die Partheièn in Frankrèi ch. (Schluß. )

Zu der Sectión der Ministerial : Parthei, an deren Spize Lainé steht, gehörte auch der Baron Pas:- quier, Dieser ist nun wieder in das Ministerium eingetreteu; überhaupt muß die legte Ministerial : Re- volution im Stande der Paëtheien eine Aenderung bewirken. Gerade wie im Dezember 1818 hat si das franzosische Ministerium im November 1819 bei Gelegenheit der Disfußion über die Modifikation des Wahlgeseßes aufgelöst; derselde Minister, welcher da- mals sich jeder Aenderung dieses Geseßes widerseßte,

| hat sich jet für ihre Nothwendigkeit erklärt, und

seine Kollegen, die damals eingetréten waren, um seine Parthei zu verstärken, sind genöthigt worden, sich zu entfernen. Welchè Aenderungen vorgeschlagen wer- den sollen, wird die Zeit lehrèn!*) aber die Debatten über dieselben können nit anders als höchst inter- eßant für Frankreich; ja für ganz Europa seyn, wel: dem an der Erhaltung der Französischen Monarchie s0 viel gelegen is. i Die Deputirten der Lainé schen Parthei machen den äusersten linken Flügel des Centrums aus. Je mehr wir uns nun auf die line Seite selbst wenden, desto mehr entfernen fich die Partheien von dem Sinne *) Die Zeit hát {on gelehrt, daß der Minister liebér eine Aenderung der Konstitution als eine Modifikation des Geseges vorschlagen wollte,

der Regierung, welcher sich durch die Minisker aus: spricht. Die ganze linke Seite, 110 Köpfe stark, macht die beständige Opposition gegen die Royalistèn und in ullen nichr revolutionaiten Maasbregel gegen die Minister aus. Aber diese Seite theilt sich wiedet in drei Fragmente. Zuerst kommen die sogenanntèn Doktrinairs eine Parthei; welche am schwersten de- finirt werden kann, vielleicht weil sie selbst noch nit im Reinen mit ihren Planen ist. Man thut diesén Männern wol Unrecht, wenn mañ ste für Feinde des Thrones hält ; sie wollen eine monarchishe Regierung, aber unter der Bedingung, daß sie ihrem Talence hul- dige und sich ihnen in die Arme werfe. Dunkle Me- thaphysik und unbegränzte Eitelkeit karakterifiren diese Leute. Jn den beiden vorigen Sißüungen haben sie, zufolge einer, wie sie behaupten, in ihrem Systeme liegenden Konsequenz), häufig in den Debatten gegèn die Minister gesprochen, aber beim endlichen Stimmen

fich bald gegen die Royalisten, bald gegen die linke

Seite, mit den Ministern vereinigt; und so geholfen, dieselben Vorschläge, die sie mir Gründen bekämpft hat- ten, zu Gesegen zu erheben. An ihrèr Spige steht Royer-Colard, ein Mann von Verdienst, twelchèr bei mehr als einer Gelegenheit Beweise eines kraftvol- len Karafters gegeben hat. Während der Revolution, von den Jahren 1797 bis 1804 gehörte er zu der , geheimen royalistischen Comité in Paris, welches au der Rückkehr der Bourbons arbeitete; nachher wurds