1819 / 104 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 28 Dec 1819 18:00:01 GMT) scan diff

Die Herausgeber des Konstitutionel werden wegen eines vom königl. General-Prokurator anstößig gefunde- nen Aufsages über die Mißionarien zur Untersuchung gezogen werden.

Dem Herrn Lainé wird, wegen seiner Rede gegen Gregoire, durch einen bekannten Schriftsteller Eva- rist Dumoulin vorgerückt, daß er im Jahre 1795 zu Bordeaux die Jakobinermüße getragen, und im Jahre 1808 dem unbestrittenen Königsmörder Cam-: baceres, als derselbe in der Wahlversammlung des Gironde - Departements den Vorsiß geführt, auf un- würdige Art den Hof gemacht habe. Herr Laine leugnet beides und giebt nur zu, daß er im Jahre 41818 als Sekretair der Wahlversammlung gegen den hohen Beamten, der den Borsig geführt, seine Schul: digkeit beobachtet habe.

Mit unzeitigem Spotte hatte eine unsrer Zeitun- gen erzählt, daß der Abbé de la Mennais und der Baron von Puymaurin die Bestimmung erhalten hätten, in Spanien über die Jnquisition nähere Er- Eundigungen einzuziehen und sie nach Frankreich zu ver- pflanzen. Der Baron von Puymaurin bemerkt im Moniteur dagegen, daß er fich diesen Auftrag ver- bitten müße, weil er von der Jnquisition schwerlich gut aufgenommen werden würde. Denn er sey behilf- lih gewesen , ihr den zu seiner Zeit bekannten Dla- vides, einen Freund seines VateLs, der si vor ihren Verfolgungen aus Spanien nah Toulouse geflüchtet, zu entziehen. Der Graf Aranda, damals Botschaf- ter zu Paris, habe auf Befehl seines Hofes die Aus- lieferung des Herrn Olavides zwar begehren müßen, aber gleichzeitig den Bischof von Rhodez ersucht, ihn schleunig zu warnen, welches der Bischof dur den Vater des Herrn v. Puymaurin bewerkstelligt. Jn Auftrag desselben habe er alle Anstalten zur schnel: len und geheimen Abreise des Verfolgten_sò_glücklich getroffen, daß er am fólgenden Tage von dem Spani- schen Abgeordneten, der mit dem Auslieferungsbefehle in Toulouse erschienen, nit mehr gefunden und wohl- behalten nah Genf entkommen sey. Olavides, den er unter dem Namen eines Grafen Pilos in Paris später wieder gefunden , habe ihn deshalb seinen Ret- ter genannt. (Damals ward erzählt, der Französische Hof habe die Auslicférung verweigert und freundshaft- lich vorgestellt, daß man unter civilisirten Staaten die Flüchtlinge wegen solchen Vergehens, der Kehtzerei, nicht auszuliefern pflege. Dieses erzählt auch Bour- going in seiner Reise nah Spanien, doch ‘nur als Gerücht. Dagegen wird man der Theilnahme des Herrn B. v. Puymaurin an Olavides und sei: nem Schicksale gewiß um so mehr alleú Glauben schen- ken, als er, damals ein Jüngling, die Schreckniße der Jntoleranz an der in seiner Vaterstadt Toulouse vor- gefallenen Begebenheit der Calasschen Familie kennen gelernt und den Abscheu davor in sein Gemüth gewiß lebendig aufgenommen hatte.)

Ein in diesen Tagen von dem Assisengerichte zu Bor- deaux entschiedener Untersuchungs-Prozéß hat állgemeiné

Theilnahme! erregt. Der SchiffskapitainNogues hâtti das dortige Handelshaus Roze, Mieussens und Komp. beschuldigt, daß sie das Schiff Atalante; un: ter drm Vorwande, Waaren nach Kalkutta zu führen, zur Seeräuberei gegen alle Schisse ohne Unterschied der Flagge ausgerüstet. Als Theilnehmer an dieser rucchlosen Un: ternehmung nannte er die Schiffskapitaine Mongiù, Dupin und le Boutéiller, die man nebst ihm zur Führung des Schisses bestimmt, den Käufmann

Laurent und den Mäkler: Gehilfen Thonneins. e Mongin hatte gegen mehre Personen Geständniße L

gemacht. Roze war geflüchtet. Die übrigen leug: | neten die ganze Beschuldigung als eine Erfindung des f

Nogutes. Der Schisszimmermeister, der die Ata: F

lante für den Roze gekauft und in Stand geseht |

harte, bezeugte, wie die zur Untersuchung der Beschas: fenheit des Schisses abgeordneten Komumißarien, daß es

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ein bloßer Kauffahrer und als Korfar nicht brauchbar |

gewesen sey. Ueberhaupt war außer der beharrlichéèn "* Denuntiation des Nogues, den anfänglichen , nach: mals abgeleugneten Zugeständnißen des Mongin und t der Flucht des Roze wenig Erhebliches gegen die An- B Mieussens und Mongin erhieltèn das Nichtshuldig der Jüry. Gegen die An:

geklagten aufzustellen.

dern sprach sie das Schuldig „dés Vérsuchs der See: ráuberei, ohne dasselbé durch äusere Handlungen of | fenbart und ohne zur Ausführung den Anfang gemacht | zu haben.‘ Das Gericht sebte sie daher in Freiheit, |

doch mit Ausnahme des Mieussens, der auf die in: F zwischen erfolgte Anklage eines betrüglichen Banke: | routs in Verhaft blieb. Der junge Thonneins er ; flárte gegen seinen anwesenden Vater und Bruder, | der ihn vertheidigt hatte, nach dem Ausspruche der |

Jury in heftiger Gemüchsbewegung seine Unschuld. | Die F

Gegen Roze ist das Verfahcen vorbehalten.

Sache-schzeint keinesweges gründlich aufgeklärt zu seyn. y Vielleicht ist am währscheiniichsten, daß dié Unterneh: F mung, wie Roze behauptet haben soll, auf verbotenen Sflavenhandel gerichtet gewesen. (Daß die Entschei: F dung der Jury in verwickelten Kriminalfällen gewöhn: F lich einiges Bedenken zurüläßt, scheint auf eine Man- A

gelhaftigkeit des Verfahrens während der vorläufigen f

Untersuchnng schließen zu laßen. ) L

Der Kours der Renten steht 69 Franken 60 Ct, if also in álimäligem Steigen verblieben.

London, vom 18. December. Man war in den F lesten Tagen wegén der Unruhen besorgt, die dur F angekündigte Volksversammlungen in Manchester und F Glasgow veranlaßt werden fónnten, und man traf ei: F

nige ernsthafte Anstalten dagegen. Jndeß haben diest Versammlungen gar nicht stattgefunden, find vielmehr, F wie auch an anderen Orten, abgesagt worden. Die Nachrichten aus Manchester gehn bis zum 15., w0 Al- les ruhig war; doch hatte man den bekannten Schul: meister Harrison wegen Aufruhrs verhaftet. És scheint, daß dié Verhandlungen des Parlamentes auf die Häupter dêr Radikal- Reformers Eindruck gema!

habt, ganz vereitelt haben. E sichtmaasregeln zur Unterdrückung etwaniger Aus- brüche der Unruhen in den nördlihen Grafschaften niht aufgegeben. ) | nach Glasgow marschiren laßen und | umher sämmtliche Yeomanry der benächbarten Graf-

wenn sie überhaupt dergleichen ge:

‘und ihre Plane, Doch hat man die Vor-

Man hat ein Husaren - Regiment einige Meilen

schaften zusammengezogen. |

Die Gesehentwürfe wegen der aufrührishen Ver- sammlungen und wegen Wegnahme der Waffen sind im Unterhause zum drittenmale verlesen und mit großer Stimmenmehrheit angenómmen worden. Die Berathung über die andern Billen wird noch fortge- sezt. In Bezug auf die Unregelmäßigkeiten, welche bei der Parlamentswroahl in den wahlberechtigten Flek: ea Grampound vorgefallen, machté der junge Lord Russel Anträge, welche zwar auf keine allgemeine Reform der Parlamentswahlen zur Absteilung des jegt herrschenden Misverhältnißes in der Repräsenta: tion, sondern hauptsählich nur auf eine specielle Re- medur wegen des Fleckens Grampound gerichtet waren, aber doch insofern sich weiter erstreckíen, daß der Reds ner ein allgemeines auf alle ihr Wahlrecht misbrau- chende Flecken anzuwendendes Princip , nämlich den Verlust des Wahlrechtes, aufstellte und das Párla: ment einlud, in Erwägung zu nehmen, wie Bestechuná hei Parlamentswählen zu entdecken und zu verhüten sey. Lord Cástierèagh lobte die Mäßigung des Vorschlages und die Trennung desselben von der gro- fen Frage der allgemeinen Parlamentsreform, wünschte jedoch; daß det Lord nur ausschließlich die Sache we- gen Grämpound verfolgen möge, worin er keinen Wi- derstad finden wèrde, indem er den Grundsa6 , dáß ein solcheë Flecken sein Wahlreht zu verlieren ver: diene, gern zugebe, ein allgemeines auf alle Ortschaf- ten anzuwendendes Geseßz aber unpaßend finde und demselben sich wiederseßen werde. Die Oppósition er- theilte dem Lord Castlereagh ihren Beifall und Herr Thierñney besonders danfte demselben für das Anerbenntnis des Princips, und lud den Lord Russel ein, den Vorschlag des Lords Castlereagh anzuneh» men, welches in einer folgenden Sibung geschah, in- dem dér Lord Russel antrug, eine Bill einbringen zt dürfen, daß dem Flecken Grampoó und das Wahl: recht entzogen, dagegen dem Flecken Leeds das Recht beigelegt werde, 2 Mitglieder statt Eines zu wählen. Das Haus bervillizté den Antrag.

Für den Landdienst, mit Ausschluß von Ostindien und Frland, hat das Untérhaus 900,000 Pf. und für Irland 500,000 Pf. bewilligt.

Auf Anlaß der Erklärung des Lord Castlereagh über die Motion des Lord Russel sagt eins unsrer öffentlichen Blätter : „Die Erklärung des Lord Ca st- lereagh gegen Lord Russel ist ein Sprößlein, wenig- stens ein Blatt jenes Oelzweiges, der, herzlich dar: geboten, uns ¿um Frieden und zur Ruhe führen muß. Für theoretische Plane und allgemeine Experimentè sind wir nicht} wollen auch nit, behaupten; daß

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ein solcher Schritt nothwendig einen zweiten herbei- führen müße: abeè die Anerkennung des Grundsäßes, an einein Beispiel bewiesen, wird die feile Gesinnung gründlicher besiegen und alle Abneigung mehr entfer- nen, als hundert Parlaments-Aften oder die Vérineh- rung des Heeres um zehnmal zehntausend Mann; wir werden endlih etwas haben, däs wir mit hoffenden Augen anblicken dürfen. Nur müßen die Radikalen feinen Theil daran haben. Alles, was diese und ihre Führer gethan, hat nur gedient, die Sache der Reform zu verkehren; zu entehren, ihr zu shäden, sié hof- nunglos und fogar niht wünschenswerth zu machen. Sie is jet in den ehrenvollsten Händen,“

S Ar Burdett hat für den Hobhouse Bürgschaft geleistet, damit er zu Nêwgate im Hause des Gefangenwärters bleiben dürfe: Auch hat er eine Versammlung in der Kron- und Añëer- Taverne ver- anlaßt , worin gegen das angeblih Unförmliche Ver- fahren des Parlamentes wider Hobhouse protestirt und ihm selbst eine Dank:Addrèße über sein muthiges Be- tragen bewilligt wurde. as

Unsre Landmacht für den Dienst im Fahrt 1820 beträgt 91,825 Maün, welche 4,012,455 Pf. kosten. Hierin sind die unlängst einverleibten 120 Veteranen- Bataillons begriffen.

Der Statthalter von Botanybay hat zwei dorthin deportirt géweséne Weiber nach Enzland zurückgescchickt, weil sie sich nach seinem Bérichtè zu ehrlós betragen, als daß man sie in der Kolonie behalten éönnte. Das von der Newfoundland:Statión zurückgekom- mene Schiff Thanier ist am 22. Novemb. von Kadix abgegañgen. Noch am 21. wären 14 Personen am Sieber gestorben. Man schäßte, daß die 5 Linien- schiffe und 7 Fregatten zu Kadix êtwa 5000 Mann am Fieber verlôren hâtten, und glaubte, daß die Ex- pedition in 2 Monaten werde äbsegeln können. Nach neueren Briéfen aus Kadix vom 27. v. M. ivar alle Gemeinschaft zu Lánde und zur See völlig frei gege- ben. Es hieß, daß 5000 Mann nach Caracas znr Unterstübung Morillos abgéhèn sollten.

Nach Aierikanischén Berichten läßt unsre Regie- rug die Grenze von Ober- und Unter: Kanada schleu- nig in möglichen Vértheidigungstand seen. Es commen auf rnehren Punêten große Geshüßvorräthe an. Die Vereinten Staaten von ihrer Seite verstärken ihte Grän: zen ébénfalls durch Mannschaft und Verschanzungen.

Madrid, vom 7. December. Der Oberste des Regimentes Tóöledo hatte dem General : Jnspektor der Truppen, Grafen Villariejo, hieselbst gemeldet, daß er seinen Befehl, das Regiment sofort zusammen: zuziehen und auf Madrid zu marschiren; empfangen habe und ungesäumt ausführen werde, daß ër aber um Verstärkung der Regimentskaße bitten müße. Da der General - Jnspektor einen solchen Befehl nicht êrlaßen hat und diè Verfälschung erkannt worden ist, hat man allen Regiinents : Chefs Gegenbefehle geschickt, in der Voraussezung ; daß àuch diese durch eine erdidtete Otdre getäuschè wvordèn;