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ja vorgestrigen (75.) Sißung seßte das Haus der Ab- seid Abänderungen der kirhenpolitishen Geseße
lem R lle hatte zu bemerken, daß derjenige Theil meiner gestrigen uésührungen,
L Natal von Schärfe gelitten hätte, der blos auf meine Er-
dung zurüzusühren sei, so muß ih meinerseits bekennen, daß der
wfnshen nihts übrig.
zum Deutschen Reichs-Anzeiger
i 125,
C E E E
L R E S E E S I T A
Nichtamtlicßes.
Preußen Berlin, 31. Mai. Jm weiteren Verlaufe
ordneten die erste Berathung des Geseßentwurfs, be- ach dem Abg. Frhr. von Zedliß und Neukirch ergriff isr der geistlihen 2c. Angelegenheiten von Putt- (mer, wie folgt, das Wort: E cine Herren! Der Herr Vorredner hat in einer für mi im nen überzeugenden Weise diejenigen Gesichtépunkte noch ein- saimmengestellt, welche für die Vorlage sprechen ; und wenn er
welche sih auf den eventuell künftigen Gebrauch, den ron der Vorlage machen würde, bezog, an einem ge-
diefen meinen Mangel auf das vollfte supplirt hat — S ließen an Entschiedenheit und Schärfe gewiß zu
Vos nun diejenigen Bemerkungen des Herrn Vorredners betrifft, jj «c anknüpfte an die einzelnen Artikel, namentli an Art. 4 und
b ja bereits geftern - zu erklären die Chre ge- e E e taaiêregierung sich jedem eingehenden Ver-
orlage in ciner Weise zu gestalten, daß ihr Wte 0 Veiipiellee Kern unberührt bleibt, von Herzen (m usdließen würde, Sie wird si gemeinscaftli% mit der Kom- nis, von der id nach den Ausführungen des Herrn Vorredners wil imehmen darf, daß sie konstituirt werden wird, bemühen, alle dijnhen Verbesserungen in das Gefeß bineinzubringen, welche unbe- jade seines prinzipiellen Charakters von der Regierung konzedirt
nf 4 B , ,
E e row einmal um das Wort gebeten, und ic bitte um (nlsuldigung, wenn ih cs jeßt noch einmal ergreife. Jch werde nid in aller Kürze fassen, ‘um den nachfolgenden Rednern die Zeit ud den Raum nit zu sehr zu beshränken. Ich habe mir heute wesentlih um deswillen das Wort erbeten, um einen kurzen Rü- bid zu thun auf einige, in der gestrigen Debatte hervorgetretenen, tir besonders interessante Gesichtspunkte. Das Charaëtteristische derjenigen Aeußerungen, die wir gestern vernommen haben, liegt mner Meinung na darin, daß die Vorlage von zwei sich extrem gegenübersiechenden, {h einander priozipel ausschließenden
Auffassungen auf da3 Entschiedenste verurtheilt worden f O e Dr. Falk und der Abg. Dr. Windt- horst teen darin überein, daß fie die Vorlage grund-
säylih perhorresziren. Der Akg. Falk aber sieht in der Vor- laçe den ganz unverhülllen Gang na Canoffa, und der Abg. Windt- horst verwirst se, weil fe die katholische Kirde mit gebun- denen Händen der Diniyotenz des Staates überliefert. Meine «Herren, diese beiden - Gegensüße mit einander zu vereinigen, geht doi ganz gewiß nit, wnd ih ziehe daraus für mich zu Gunsten der Vorlage den ganz einfahen Schluß, daß sie nad den Regeln der mitileren Proportionale das Richtige getroffen Yat. Meine Herren, die Vorlage ist, glaube i, von den beiden er- 'wähnlen Herren Abgeordneten mit einer gewissen, ihrer prinzipieklen Stellung entsyredenden Uebertreibung behandelt worden. Das ist
tis die ganz einfahe Lösung dieses Räthsels. Die Vor- e will weiler nizts, als auf dem Boten der ge- Yeten Landesgesezgebung die Möglichkeit \{afsfen, dur eine Miche und bersöhnlihe Handhabung unserer Maigesezgebung den Ushwerden unserer kaiholiswen Mitbürger Abhülfe zu sassen. Das tir Zweck und kein anderer, weder ist ein sGreägliWe Zurlük- dien von dem früheren Standpunkte ihr zu imputiren, noch die- ilen Gesihispur kte, welche der Abg. Windthorst in einer, meines (dts nit glücklihen Weise unter dem Namen Korruption (fin zu bezeichnen si veranlaßt fühlte. Jch will aker doch noch (1 cinige Einzelheiten zurückommen und wende mi zunächst an lu hin Abg. Windthorst. Er vermißt die Vollständigkeit des Altmmaterial8, welches vielfach in der Debatte angezogen worden ift. ( hilt dieses Aftenmaterial für unvollständig und für unklar und it daran das Verlançen, daß die Regierung doc alles veröffent- 1 môge, was in diesen Phasen der Verhandlung überhaupt an Edriflstiden gewechselt worden ist. Ich kann nit die Erklärung ten, daß die Regierung tiesem Verlangen nachkommen. werde, se hit ni@t die Absicht gehabt, ein Blaubuc vorzulegen, welches t vollständige Darlegung der ganzen fkirhenpolitiscen Ver- futlugen ¡wischen Berlin und Rom darstellen sollte, fon- „ié Veröffertlihung jener Depeshen hat lediglich den Unittlbaren und ich glaube, sehr praktischen Zweck gehabt, die int der Vorlage zu erläutern und zu vervollständigen. Ich glaube, i die Regierung nicht verpflichtet is, weiter zu gehen, als dieser \ A ocdert. Ich bin deshalb zu meinem Bedauern nit in t e, den Herrn Abgeordneten Windthorst in dieser Beziehung dgn ¡u können, hoffe indessen auch, daß sein Verlangen als y Wéraus fundamentales und nah jeder Beziehung nothwen- Bn ifm bezeichnet worden ist. Sodann klagt der Herr Ab- aja 4 Windthorst darüber, daß die Regierung sich nicht dazu habe bim können, dem Pronuxtius in Wien diejenigen Verhandlungen ¿hilen, welche vor dem Staatéministerialbes{luß vom 17. März halb der Staatéregierung gepflogen seien. inge Herren, hierauf babe ih zu erwidern, daß solche Ver- gen vor diesem Beschluß überhaupt gar nickt stattgefunden Vi sondern die Sache ist, - wie ich gestern {on erläutert habe, lh fo verlaufen. Nachdem die Wiener vorläufigen Be-
\réhungen zum Ab {luß gebracht waren, nachdem unser h zaehrter R ets uns darüber referirt hatte,
© Regierung in ernste Erwägungen darüber ein. J dine diese B stünden konnten nicht die allerkürzesten Yard, t tminenten Wichtigkeit der Punkte, um die es si hier dieser B Die wort {auf die Frage, welche der Pronuntius in önnen, wiubung n unseren Botschaster irgendwie hat rihten welder alle el die Mittheilung jenes Beschlusses vom 17, März, é sid tier tuen Gesichtspunkte ja vollständig enthält, um die
,_ l Üebrigen tei s D) ; : ti 1 eine Herren, steht nun der Abg. Windthorst in fien Dor pw wenn it so N darf, ganz auf dem päpstlichen nd ent; © Gr sagt, der heilige Vater ist ja mit ausgestreckter Ubi Negeenommen, hat si in jeder Beziehung versöhnlich erwiesen Meno eg hathierauf nit die volle befricdigendeAntwort ertheilt. Wund Herren! Ih glaube, daß die gestern von mir mitgetheilten Mun Materialien doch eigentlih das Gegentheil beweisen. Jch bur a haben eine uns entgegengestreckte Hand gesehen, aber sie bh, egegengestreckt zum Nehmen und nit zum Geben. Wir ln en ganzen Verhandlungen — ich muß darauf zurüd- einig ha gleich ih das früher {on nachgewiesen — nicht eine h he Fpole zu verzeichnen, von der wir sagen könnten, bier liegt tit E Art von Sicherheit vor, daß das unsererseits be- tierun vegentommen Erwiderung findet. Also wenn man der lo Wödte vorwirft, daß sie es an Versöbnlihkeit habe fehlen lassen, it Musi, E Hrn. A Windthorst dringend bitten, sich von i zu machen. ih unit dann ferner, die Beleuchtung der drei Geseße, an welche ewveisführung geknüpft habe, habe ihn in keiner Weise
Erste Beilage
Berlin, Montag, den 31. Mai
S E S S S S S S L E E E S E L E E
befricdigt, denn die Verhandlungen über den recursus ab abusan hâtten ja ganz deutliß gezcigt, daß die Regie- rung lange nicht fo weit entgegengekommen, wie es nöthig
gewesen sei. Keine Kirche könne sich diesen Rekursus gefallen laffen, und der Hr. Abg. Dr. Windthorst hat dann bezweifelt, daß, wie ih mitgetheilt, der Kardinal-Erzbischof von Geißel diesen Rekursus als eine organische Institution der Kirdbe anerkannt habe, . und er hat gesagt, sollte Geißel dies gesagt haben, danr sei er allerdings im Unrecht. Nun, meine Herren, ih komme auf diesen Punkt zurü nit etwa ‘deshalb, um die Wahrhaftigkeit dessen, was ih gesagt babe, zu beweisen, denn i halte?mich überzeugt, daß der Hr. Abg. Windthorst darin keinen Zweifel seßt, — sondcrn ih komme darauf zurüdck im Interesse der Sache und weil diese Aeußerung allerdings ein carafteristisches Licht auf die Versciedenheit der Auffassungen wirft, in denen wir uns bewegen und Sie müssen mir darum er- Tauben, das bocinteressante Aftenslück au den betreffenden Stellen zu verlesen. Ih schicke voraus, daß der verewigte Kardinal diese Aecuße- rung abgegeben bat zu einer Zeit, als er noch% Bischof in Speier war, zuglei auch designirter Koadjutor von Cöln, also zu einer Zeit, wo er nit ctwa als Friedesudbender und Bittender sich darstellt, fondern als erfolgreiher Unterhändler, der im Vollgefühle dessen, was er erreict hat, dasteht und der deshalb wirklich nicht mehr zu konzediren braucht, als was von seinem Standpunkte aus absolut nothwendig ist. Es ist Ihnen bekannt, meine Herren, daß Hr. von Geißel durch die Vermittelung des Howbseligen Königs Ludwig von Bayern und auf Wunsch von dessen Königlihen Schwager be- wogen wurde, das Koadjutoramt von Cöln anzunehmen. Die Stelle befindet sih in einem Briefe vom 22. Juni 1841, im Aatwort- {reiben auf die an ihm gerichtete Bitte tes Königs {sich diesem mübe- und ehrenvollen Berufe zu unterziehen. In diesem Briefe, der ein im höcbsten Maße beahtenswerthes Akte 1stück ist und der eine große Reihe von Drudckfseiten eincimmt, motivirt unter ander n der Kar- dinal die vorläufige, später von ihm nicht aufrecht echaliene Ab- lehnung des Kommissoriums, Indem er das thut. çeht er alle diejenigen wichtigsten Institutionen und Organisationen der Kirche dur, von deuen er erwarten und wünschen mußte, daß sie zu seinen Gunsten und zu Gunften derjenigen Auffassung, die er vorführt, ge- regelt sein mußte, bevor er das Amt übernehmen könne.
Das schickte ich voraus, meine Herren, um Ihnen den ganzen bedeutsamen Zusammenhang diese Stelle vorzuführen. Es war dem Erzbishof Droste-Vischering zum Vorwurf gemacht worden, daß er die jungen Priester zu einer reversalmäßigen Unterschrift verpflichtet habe, niemals gegen ein firchlihes Disziplinarurtheil an irgend eine Behörde, es sei denn eine kirchlihe, zu appelliren, und darauf sagt der Erzbischof von Geißel wörtlih Folgendes :
Offenbar bezwecke der Hochwürden H. Erzbischof dur jene These nihts anderes, als die kirhlide Sicherung des natürlichen dreifawen Instanzenzuges rein geistliher, die . Lehre und die Disziplin betreffenden Verhandlungen, lediglich auf kanonishem Gebiete, und es konnte seine Meinung nicht sein, seine Untergebe- nen, wenn sie in vorkommenden Fällen nach Durchgehung jenes Fanonishen Inftanzenzuges si gravirt glauben würden, die ihnen noch zustehende appelatio ex abusu an die Staatsgewalt abzu- \chneiden. Kein katholiswer Bischof wird ciner solWen Appella- tion entgegen sein, wenn der Appellant vorerst die kirhlihen In- tanzen einzuhalten hat und eine Gravamen über Amtsüberfcrei- tung zu formuliren im Stande ist; allein gegen Eingreifen der weltlichen. Gewalt in den fanonishen Prozeßgang in-Sachen der Lehx- und Kirchendisziplin Ute pendente und bevor nicht der Quärulant die kirchlichen Gerichisstellen zurücgelegt hat, muß jeder Bischof protestiren.
Das ist ungefähr der Standpunkt unserer Maigesegebung, ab- gesehen von den Koerzitiv- und Strafbestimmungen. Nun sagt der Hr. Abg. Dr. Windthorst, das kann keine Kirche acceptiren, während ein im Auftrage der Kurie handeluder Kirchenfürst autdrücklih erkläut, nicht nur er, sondern überbaupt kein fatholisber Bischof Tônne die Legitimität des recursus ab abusn verkennen. Ueberhaupt kann ih hier an die allgemeine Bemerkung knüpfen, daß, wenn man sich diese Korrespondenzen vergegenwärtigt, die das höcbst interessante Buch „Die kirchlichen Zustände in Preußen, und die Berufung und Thätigkeit des Hrn. von Geißel als Kölner Oberhirt“ enthält, so gelangt man zu dér in der That frappanten Wahrnehmung, daß die da- malige Anschauung der hohen Prälatur in Deutschland eine ganz erheb- liche Annäherung an unsere jeßigen Maigeseßze enthielt. Sie finden in diesem Buche eine ganze Anzahl von Meinungsäußerungen von Geißel, die eine so freundliche und eine so wenig prinzipiell dem Staatsinteresse entgegengesezte Richtung bekunden, daß man in der That von unserem Standpunkte aus dadurch nur auf das aller- wohlthuendste berührt werden kann, deéhalb meine ich doch, meine Herren, man sfollte damit etwas vorsichtig scin, immer bei jedem Diskus : onspunkt gleih zu sagen: Das kann d keine Kirche ge- fallen lassen. Die Kirche läßt manches zu, temporum ratione habita, — das ift eine uralte Erfahrung und die Regierung nimmt an, daß auch in der jeßigen Phase die Kirche sih diesem Gesichts- punkte nit verschließen wird, und darauf beruht ja der ganze poli- tische Hintergrund unserer Vorlage; ih habe mich deshalb verpflichtet gehalten, aus diesem Grunde nochmals auf die Sace zurlicklzukommen.
Der Hr. Abg. Dr. Falk hat nun erklärt — ih sche ihn zwar nicht auf seinem Plate, ich werde aber doch wohl, da i nicht beabsihtige ihn anzugreifen, berechtigt sein, {hon jeßt auf seine Aeußerungen zu kommen — der Hr. Abg. Dr. Falk sagte im Eingange seiner Rede: ih hätte in zutreffender Weise hervorgehoben, daß der Staats-Mini- sterialbeschluß vom 17. März den Standpunkt, der auch nah seiner Ansicht der korreïte sei, vollkommen wiedergebe; cr mat si also diesen Staats-Ministerialbeshluß in allen scinen Punkten vollkom- men zu eigen, ih nehme an, au in dem Punkte, wo von der even- tuell zu ertheilenden Vollmacht die Rede is. Db der Hr. Abg. Dr, Falk in diesem Ausdruck ganz und voll die Meinung der linken Seite des Hauses vertreten kat, kann ich allerdings nit beurtbeilen, denn als ich gestern dasselbe ausspra, wurde mir lebhafter Wider- \pruch entgegengeseßt, — indessen das ist ein uebensäGlicher Punkt. Also der E Abg. Dr. Falk sagt: dieser vortreffliche Staats-Mini- sterialbeschluß enthält nah jeder Richtung hin Dasjenige in Bezug auf die kirenpolitische Haltung, was auch i vertreten haben würde, — und nun doch diese Vorlage! Ja, meine Herren, doch diese Vorlage, von der ic dem Abg. Falk durchaus bestreite, daß sie im Wesen und in der Sache irgendwie hinter den Staats-Ministerial- beschluß zurückweicht, oder dem Standpunkt des Staats irgend eiwas vergiebt. Meine Herren, wovon geht der Staats-Ministerialbes{chluß aus, was bezweckt er? Er spricht aus, die Regierung wollte fih eine Vollmacht geben lassen zu einem nabsibtigen Entgegenkommen auf dem kirchlih- politishen Gebiet, sobald sie ein sichtliches Zeichen davon haben wird, daß die vom heiligen Vater kundgegebene versöhr- liche Gesinnung au in die That überseßt werde. Das war für die damalige Situation ein vollkommen nothwendiger und korrekter Ausspruch, aber materiell, meine Herren, sagt doch dieser Beschluß nichts Anderes, als, das thatsächliche Entgegenkommen der Regierung wird daun stattfinden, wenn die Regierung die Sicherheit haben wird, daß man auf der anderen Seite der friedlihen Gesinnung, die theoretis% ausgesprochen ist, auch den thatsählihen Nachdruck geben wird. Was thut denn die Vorlage? Giebt sie etwa diesen Standpunkt auf? Nein! Keineswegs, sondern sie verlangt auch nur
eine Vollmacht, und zwar eine Vollmacht, von welcher die Regierung dann Eebrauch machen wird, wenn das thatsähliche Entgegenkommen
und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
1889,
von der anderen Seite stattgefunden haben wird. Das habe i gestern ausdrücklich erlärt, und es steht ¡anz ausdrüdlich in der De pesche vom 14. Mai, wele ja in den Hän.den der Herren ist, in der das thatsächlihe Entgegenkommen darin gefunden wird, daß die Bi- öfe, sci es die künftig zu ernennenden, wel.be auf ihre Pläße zu- rüdfehren, die Anzeigepflicht erfüllen, Also, m eine Herren, die geseß- lihe Möglichkeit zu einer versöhnlichen Handha.bung der Geseze vor oder nah der Erfüllung jener Vorausseßung ist do wahrlich gar nicht als etwas Unterscheidendes hervorzuheben, sondez'n das Entscheidende ift das, daß thatsächlich | das staatliche Entgegenkommon sowohl nah der Vorlage, wie nah dem Staats-Ministerialbeschluß gekuüpft wird an die zu erwartende veränderte Haltung der kirchliwen Organe. Ünd nun frage ib Sie, meine Herren, wenn Sie dies als konstatirt anuehmen, wenn Sie ferner bedenken, daß die Vorlage keinen einzigen der Grundpfeiler erschüttert, auf welchen unsere kirdenpolitishe Gesetze gebung beruht, sondern ja sehr zum Bedauern der Herren vonr Centrum weiter nichts enthält als die Verheißung, daß bei An- erxtennung der Verpflichtung, die die Organe der katholischen Kérbe gegen uns haben, eine versöhnlihe Praxis eintreten werde, wenæ Ihnen die Garantien dafür gegeben sind, ih will von meiner Person niht sprechen, aber in die veröffentlihten Depeshen des Neichs+ anzlers, daß streng auf dieser Linie verfahren wird — dann, meine Herren, kann ich in der That den Ausspruch des Abg. Dr. Falk, daß es sich hier um eio bedenkliches Schwanken in der kor- reten Auffassung vón der Souveränetät der Gesetze handele, in keiner Weise für zutreffend halten.
Der Hr. Abg. Dr. Falk meint nun, ja wenn wir diese Vollmacht geben, so wird die Regierung aus Schwäche sich von einer Ctappe- zur anderen drängen lassen, und Ste sollen einmal sehen, diese even- tuellen Vollmachten werden bis auf den leßten Buchstaben auszenußzt werden, oÿne daß wir das Entgegenkommen auf der anderen Seite finden, und er erninnert dann mit großer Emphase warnend an jene Epoche von 1839, wo der Staat sich in einer ähnli s{wierigen Lage der Kirche gegenüber befunden, aker doch nit so {wah be- nommen habe, wie es jeßt der Fall sei. Selbst der Erzbischof von Droste-Vischering, der doch now nicht so {limm gewesen \ei, wie die jeßigen Bischöfe, habe nicht wieder in sein Amt zurückehren dürfen, sondern habe {ih gefallen lassen müssen, daß ein Koadjutor angestellt worden sei. Sehr rittig, aber der Hr. Abg. Dr. Falk hat vergessen hinzuzufügen, daß es zu jener Zeit noch einen anderen kirenpolitishen Konflikt gab, nämli denjenigen mit den Erzbisbof Dunin, und daß der Erzbiscof Dunin in sein Amt zurüdgekehrt is unter den damaligen konstitutionellen Formen die jekt in Art. 4 der Vorlage si etwas anders gestalten. Der Erzbishof Dunin war durch ein gerichtliches Urtheil seines Amtes entseßt, und nachdem er seinen Frieden mit dem Staat ge- {lossen hatte, ist er durch einen Königlichen Gnadenakt ganz ruhig bis zum Ende seiner Tage friedlich auf einen Posten zurückgeführt worden, und hat feinen Frieden gemacht unter, ich will nit sagen, dem Staate ihm diktirten, aber beiderscitig genehmigten Friedens
bedingungen. Also auch aus jener Epoche des Konflikts vom Jahre 1839 und 1840 und den daran geknüpften Verhandlungen und &olgen wird mir der Hr. Abg. Dr. Falk doch toahrlich nit einen Schatten ron Besorgniß entgegenhalfen können, daß wir nur bei der gehörigen Gelegenheit, wo es sid darum handelt, dur geseßliche Vorlagen einen Konflikt zu s{li{chten, mit einer Shwäche vorgehen würden, die allerdings, wenn sich das bestätigen sollte, was besorgt, ganz unerhört jein würde und dea Beifall und die Zustimmung der Volksvertretung gewiß nicht verdiente. ; i Aber woraus wird denn nun diese Besorgniß gefolgert ,- daß die Regierung sich in einer solchen \{chwächblichen Haltung werde hinein- drängen lassen von einer Stellung in die andere? In dieser Bezie- Hung sagt der Herr Abgeordnete Dr. Falk nun Folgendes; Früher habe die Regierung zäh und stramm an der Ausübung der Mai- geseßgebung festgehalten; seit einem Jahre sei ein bedenkliches œæwanken eingetreten, der jeßige Kultuésminister habe eine Reihe von Konzessionen gemacht, und die haben der katholischen Partei: den Kamm s{chwellen machen. So ungefähr war, wenn auch nicht genau, der Ausdruck, doch „aber der Sinn seiner Ausführungen. Also es soll cine milde Praxis, die, wie ich dies ja anerkenne, seit cinem Jahre besteht, erzwungen worden sein dur ein gewaltsames Drängen von Seiten der katholischen Partei im Volk! Der Herr Abgeordnete hätte der Verständigktit halber noch hinzuseßen können, daß er durch dieses T rängen etwa aus seinem Portefeuille herausgedrängt worden ift, was er gewiß nicht anerkennt, was auc historish unrichtig wäre, denn es ist ja notorisch, daß Herr Dr. Falk diesem Drängen nicht gewichen ist. Also ih sage, die milde Praxis seit einem Jahre soll erzwungen da sein durch die energische. und siramme Haltung der katho-- ishen Unterthanen. Daraus wird nun deduzirt: nahdem nun diese ein Jahr dauernde mildere Handhabung gewonnen sei, habe man nun noch mehr Muth ges{öpft und habe nun weiter gedrängt, und daraus nun das Produkt dieser Vorlage, und wenn nun diese Vor- Tage Geseß geworden sein wird, dann wird die Regierung aus: Schwäche den Vorbehalt, den e an die Aanahme der Vorlage knüpft, die Anzeigepflicht auc fallen lassen und wird si \chließlich auch alles Denkbare abdrängen lassen. Meine Herren, is es mögli, den Zusammenhang der historischen Thatsachen mehr zu verkennen -
als diese Darstellung? Ich sprehe niht von der Periode von 1840 bis 1870, sondern von der seit einem Jahre. Als ih die Chre hatte, in das mir anvertraute Amt zu treten, habe ih mir ganz einfach dic Frage vorgelegt:
Ist es denn niht möglich auch bei fortdauerndem Konflikt den be- stehenden Geseßen eine Auslegung und eine Anwendung zu geben, die nah Möglichkeit versöhnend, beruhigend in. die Interessen unserer katholishen Mitbürger s{onend wirkt? Das ist das einfahe Bild dessen, was ih feit Jahr und Lag gethan habe. Ich habe nit die Beobachtung gemacht, meine Herren, daß diese von mir inaugurirte, , übrigens auch von dem Hrn. Abgeordneten Dr. Falk {on begonnene
len einer agitatorishen Bewegung im katholischen Volke zur Folge gehabt La Gegentheil, nah meinen Beobachtungen ift, Gott sei Dank, dasjenige erreiht, was ih zu erreihen gewünscht habe, nämlih eine allmähliche Beruhigung und eine allmählihe CEinkehr der Be- sonnenheit in die früher schr aufgeregte Stimmung.
Und nun die Vorlage, meiue Herren, ist sie denn entstanden aus dem Anschwellen eines solhen Drängens? Auch hier wieder, meine, Herren, widersprechen die Thatsachen ganz absolut den Behagupse. tungen des Herrn Dr. Falk. Die Vorlage ift entstanden, wie Sie Alle wissen und wie ich, glaube ich, mit ermüdender Auss führlihkeit gestern Us eitnbetäelebt habe, aus einem vollkommen freien und spontanen Entschluß der Königlichen Staatsregierung, det fe gezogen hat aus den Resultaten desjenigen großen Kreises von Verhandlungen, die seit Jahr und Tag ges{webt haben. Wo ift darin das Drängen von dem Standpunkte einer strafen aber noth». wendigen Ausführung der Geseße zu einer Konnivenz, wie e hier näher bezeichnet ist? Der Hr. Abg. Dr. Falk räth vor allen Dingen Zähigkeit und Ausdauer in dem noch fortdauernden - Kampfe. Sehr wohl, meine Herren, ih wciß das vollkommen zu würdigen und ih bin überzeugt, daß der. Hr. Abg. Dr. Falk niht der Meinung ist, daß ih für meine Person von ‘der Würde und von der Wichtigkeil; der unverkürzten Aufrehterhal4ung der Staatsgeseße andèrs denke e er. Aber in eincm Punkte, glaube i, allerdings unterscheiden wir uns von cinandezce, Ihm geht durchaus und
die unbedingte korrekte, Tonstitutionelle, politishe Steung, I
Praris — i sage das zu seinem Lobe — ein sehr großes Ansbwel- *
rinzipiell vor, :