1897 / 59 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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3) Zu S 13. Der Disziplinarhof ba zwei Siegel (ein großes und ein fkieines Siegel). Das größere Siegel wi S bei Ausfertigungen der Endent}cheidungen (8 13) gebraucht.

_Der vorstehenden Geschäftsordnung der Disziplinar- behörden für die Schußgebiete wird gemäß Artikel 9 der Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse der Landesbeamten in den deutshen Schußgebieten, vom 9. August 1896 hierdurch die gung ertheilt.

Berlin, den 3. März 1897. Der Reichskanzler.

Fürst zu Hohenlohe.

Dem Kaiserlihen Konsul Weber in Georgetown (Demerara) ist die erbetene Entlaffung aus dem Reichsdienst ertheilt worden.

Dem Regierungs- und Schulrath Dr. Stehle ift die Stelle des Regierungs- und Schulraths bei dem Bezirks- Präsidium in Straßburg übertragen worden.

Das erste Heft des zwölften Bandes der im Reichs- amt des Jnnern herausgegebenen „Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs“ ist im Verlage von L. Friedrichsen. u. Co. in Ham- burg erschienen und zum Preise von 2,25 # zu beziehen. Mit diesem Hefte wird das Register zum elften Bande der ‘Entscheidungen zum Preise von 0,50 F ausgegeben.

Nichtamtliches.

Deutsches Rei. Preußen. Berlin, 10. März.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heuie Vormittag um 10 Uhr den Vortrag des Chefs des Zivilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus entgegen und empfingen um 111/, Uhr den Landrath Stuben- rauh und den Baurath Schwechten in Sachen der Errichtung eines Kaiser Wilhelm-Thurms seitens des Kreises Teltow.

Die Zahl der im Reichsamt des Jnnern eingehenden Gesuche um Eintrittskarten zur Feier der Enthüllung des National-Denkmals für den Hochseligen Kaiser Wilhelm den Großen wächst von Tag zu Tag. Ueber die zur Verfügung stehenden Pläße ist bereits verfügt, sodaß der- artige Gesuche um Eintrittskarten eine Berücksichtigung nicht finden fönnen. Eine Bescheidung haben die Gesuchsteller in keinem Falle zu erwarten.

Der Regierungs-Assessor Steinbruck zu Hannover ist der Königlihen Regierung daselbsi, der Regierungs-Afessor von Bülow in Berlin dem Königlichen Polizei-Präsidium zu Hannover und der Regierungs-Assessor Dr. jur. Abicht der Königlichen Polizei-Direktion zu Aachen zur dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Laut telegrapßisher Meldung an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Seceadler“, Kommandant Korvetten-Kapitän Coerper, am 8. März in Lourenzo- Marquez angekommen und beabsichtigt, am 11. März nach Sansibar in See zu gehen.

Danzig, 9. März. Der 20. Westpreußishe Pro- vinzial-Landtag ist gestern von dem Königlichen Kom- missarius, Ober-Präsidenten, Staats-Minister Dr. von G oßler mit folgender Rede eröffnet worden:

Hochgeehrte Herren!

An einem Tage, welcher die heiligsten Erinnerungen in unseren Herzen watruft, tritt der Westpreußishe Provinzial-Landtag zusammen. Vor neun Jahren {loß Wilhelm der Große feine irdishe Laufbahn ; in Liebe und Verehrung blickt Sein Volk zu ihm empor. Ihm danken wir Wesipreußen unfere provinzielle Selbständigkeit, die Grundlage für die freie Entfaltung unseres fommunalen Lebens, und wir sehnen den Tag herbei, wo Sein Denkmal in der Hauptstadt der Provinz sh erheben und Zeugniß von der westpreußishen Treue ablegen wird.

Auch in diesem Jahre haben wir mit Dank gegen Gott zu bekennen, daß die Befürchtungen, welhe sch an die Stärke der Eisbildung und die Höhe des Schneefalls knüpften, nicht in Erfüllung - gegangen find. Der Eisgang und das Frübjahrsbechwafser auf unsern heimathlihen Strömen sind ohne ernste Gefahr verlaufen und, soweit bekannt, unsere Mitbürger vor {weren Verlusten bewahrt geblieben. Die mit Ihrer Unter- stüßung bewirkte Eindeibung der Münsterwalder Niederung hat ihre Probe bestanden, und die Hoffnung erscheint begründet, daß in den Ttommenden Monaten auch für die Nefsauer Niederung das ersehnte Schuzwerk zur Auéführung gelangt.

ank des beiderseits bewiesenen Entgegenkommens, hat ih die Vertheilung der ftaatlihen und provinzicllen Mittel zu Meliorations- ¡weden ohne Schwierigkeit vollzogen und, soweit der Mangel an Er- fahrung und die Eigenart der vorliegenden Anträge es gestatteten, ift schon die Aufstellung einheitliher Gesihtépunkte für die Ver- wendung der Fonds gelungen, welhe eine braubare Grundlage für weitere Beschlüsse bilden. Bei Fest- stellung dieser Grundsäße is im Hinblick auf das Anwachsen der encfjenshaftlihen Bewegung in Wefipreußen zu erwarten, daß die andwirtbs{aftlihen Meliorationen mehr noh, wie bither, von Ge- nofsenshaften in die Hand genommen 1zerden.

Im Mittelpunkt des Interefses der Kreisverwaltungen, wie Ihrer Berathungen steht die Verbesserung der Verkehrêwege. So bedeutend auch die Entwidelung des Neyes befestigter Straßen zufolge der reichliden Bewilligungen der Provinzialvertretung, so er- beblich auch hierdurch die Steuerkraft der Provinzialeingesefsenen in Anspruch genommen ift, so macht sih Loch unter den Betheiligten die Ueberzeugung geltend, daß die gebrahten Opfer hinter den erlangten Vortheilen zurückbleiben und der Chausseebau einer weiteren Ent- widelung fähig, aber auch bedürftig ift.

___ In den landwirtbschaftlich fortgeshrittenen Kreisen, namentlich in den Niederungen im Mündungsgebiet der Weichsel und Nogat, ge- winnt die Bewegung zu Gunsten tes Kleinbahnbaues an Bedeutung.

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afti ahrungen über den Wertb, die Lei ähigkeit und Pealtithe Vefaßrangen Ther den: Gert, de SEua ging a von Schhmalspurbahnen mit Dawmpfbetrieb für den öffentlichen Ver-

die Ergebnisse der fogenannten Rübenbahnen in den Ni

kreisen Danzig und Marienburg und in dem auf den Grenzen der Kreise Dirshau und Marienwerder belegenen Gebiete zu der Ansicht, daß diese Bahnen bei intermittierendem Betriebe zur Beförderung landwirthschaftliher Mafsenfrahten auch vom finanziellen Standpunkt wobl geeignet find und mittelbar zu einer erbeblihen Verminderung der Unterhaltungéfkoften der mit Pflaster oder Schüttung versehenen Straßen führen. /

In einer erhebliden Zahl von Kreisen gelangen feit Monaten Kleinbabnprojekte zur Erörterung, und die Prommperiueinag, wird voraussihtliÞ in den fommenden Sißungen noch oftmals Veran- lafsung finden, ih mit dieser chwierigen Frage zu beschäftigen.

In der begründeten Zuversicht, daß auch Ihre bevorstehenden Beschlüsse das Wohl der Provinz zur Vorauëfeßzung und zum Ziel- punkt haben, erkläre ich als Königlicher Kommissarius kraft Aller- bôdhsten Auftrages den 20. Westpreußischen Provinzial - Landtag

für eröffnet. Reuß ä. L.

Jhre Durchlaucht die verwittwete Prinzessin Marie von Ysenburg, geborene Prinzessin Reuß ä. L., ift vor- gestern nach längerem Besuch am Fürstlihen Hofe, welcher nur durh einen kurzen Aufenthalt in Dresden unterbrochen wurde, von Greiz abgereist.

Oesterreich-Ungarn.

Wie die „Politishe Korrespondenz“ meldet, liegt der Torpedokreuzer „Tiger“ in Pola ausgerüstet und zur E bereit, um für den Fall einer Blockade zu dem öster- reihisch-ungarishen Geschwader zu stoßen. :

Bei den gestern vorgenommenen 20 Reichsraths - Wahlen der allgemeinen Wählerklasse in Nieder- Oesterreih, Mähren, Schlesien, Kärnten und Salzburg wurden gewählt: 9 Chrisilichsoziale, 3 Sozialdemokraten, 2 Deutsch- nationale, 1 Katholish-Konservativer und 4 Czechen. Außer- dem is eine Stihwahl in Brünn erforderlich. Jn Wien unterlagen alle sozialdemokratishen Kandidaten mit zusammen 88 000 Stimmen. Die gewählten 5 Antisemiten, unter ihnen Vize-Bürgermeister Lueger, erhielten 115 000 Stimmen; die deutsch-fortschrittlihen Kandidaten erhielten 7000 Stimmen. Die Ruhe ist nirgends gestört worden.

Bei der gestern im ungarischen Unterhause fort- geseßten Spezialberathung des Kultusbudgets erklärte sich bei der Pofition „Volksschulen“ der Kultus-Minister Wlassic s gegen die Verstaatlichung der Schulen und widerlegte die Behauptung, daß die Schulen, welche eine staatlihe Unter- ftüßung in Anspruch nähmen, Belästigungen unterworfen seien. Des Weiteren erklärte der Minisier, die Regierung werde einen Katholikenkongreß behufs Berathung über die den Katholiken zu gewährende Autonomie einberufen; doch würden die Wahlen hierzu nicht nach dem allgemeinen Stimmrecht erfolgen.

Großbritannien und JFrland. -

Das Ministerium hielt gestern, wie „W. T. B.“ meldet, im Unterhause eine besondere Sißung ab.

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses fragte Mac Neill die Regierung, ob ste, ebenso wie die französische Regierung, dem Hause die Versicherung gebe, daß ohne dessen Zustimmung keine feindseligen Schritte oder Zwangsmaßregeln gegen Griechen- land erfolgen würden. Der Parlaraents-Sekretär des Aeußern Curzon erflärte, er könne ohne genügende vorherige Anzeige die Frage nicht beantworten. Labouchère wünschte Auskunft darüber, ob die Regierung dem Hause die Absichten der Mächte mittheilen werde. Am Schluß der Sißung erklärte der Erste Lord des Schaßamts Balfour auf eine Anfrage Sir W. Harcourt’s: Der leßtere lasse der Regierung nur Gerechtigkeit widerfahren, wenn er sage, daß die Re- gierung bemüht sei, eine freundlihe Lösung der fkreti- schen Fcage herbeizuführen; die Regierung könne je- doch dem Verlangen Sir W. Harcourt's nicht nachkommen, die Versicherung zu geben, daß britishe Streitkräfte ohne vorherige Zustimmung des Parlaments nicht in Aktion treten sollten. Eine solche Zusage sei unangebraht und dem kon- stitutionellen Herkommen zuwiderlaufend. Die Regierung würde sehr enttäuscht sein, wenn die Verwendung britischer Sireit- kräfte nöthig werden sollte. Sie glaube, daß ihre Politik eine Politik der Freiheit für Kreta und der Erhaltung des europäischen Friedens sei, und fönne diese Politik nicht durch eine Zusage an das Parlament gefährden, welche im fritishen Augenblick die Aktion behindern fönnte. Er glaube nicht, daß die Utkter- handlungen bis Donnerstag so weit gediehen sein würden, daß an diesem Tage weitere Erklärungen abgegeben werden fönnten.

__ Der parlamentarishe Untersuhungs-Aus\chuß über den Einfall Jameson's in Transvaal hielt gestern eine Sißung ab. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain stellte mit Louw, einem Mitgliede des Kap- Parlaments, ein Verhör an. Louw sagte aus, die Kolonisten in Rhodefia würden die Chartered Company

da die Ansichten der Chartered Company mehr mit denen der olonisten hinsihtli*G der gegenüber den Eingeborenen in Anwendung zu bringenden Politik überein- stimmten. Die Eingeborenen müßten sirenger, wenn auch gerecht, behandelt werden; es dürfe denselben niht erlaubt werden, Waffen und Munition zu tragen, sondern sie müßten zur Arbeit angehalten werden. Graham Bower, Sekretär des High-Commissioner von Kapland , bezeugte: Jm Oktober 1895 sei Rhodes in sein Bureau gekommen und habe ihn gebeten, ihm sein Ehrenwort zu geben, was er ihm erzählen werde. Hierauf habe Rhodes gesagt, er stehe in Betreff der Uebertragung des Protektorats und der Polizeigewalt in Betshuanaland an die Chartered Company in Unterhandlung. Wahrscheinlich werde in Johannesburg ein Aufstand ausbrechen, und er wünshe zum Schuße der Eisenbahn eine Sireitmaht an der Grenze zu haben. Rhodes habe hinzugefügt, die Kapitalisten hätten sich mit der National-Unioa in Johannesburg vereinigt. Der High- Commissioner und die britishe Regierung seien zu langsam, er (Rhodes) werde handeln, wenn diese es nicht thäten. Bower hat diese Acußerungen Rhodes? der britishen Regierung nicht mitgetheilt, da er sein „Ehrenwort“ gegeben hatte. Rhodes erzählte Bower am 28. Dezember 1895, er habe Geld für die Revolution in Johannesburg beigesteuert. Als Rhodes dann

später Bower mittheilte, Jameson habe die Grenze überschritten, habe Rhodes ernstes Bedauern über das Geschehene gezeigt.

kehr, liegen für unsere vinz noch nit vor; wohl aber berehtigen liegen für unsere Provinz n el i

der Verwaltung durch die britishe Regierung vorziehen, -

das niht weiter zu verbreiten,

Der Senat berieth gestern das Budget des Marins- Ministeriums. Jm Verlaufe der Debatte erklärte Le Marine-Minister, Admiral Bes nard: Der Stard der ite S gegenwärtig gut, die Flotte brauhe aber Verstärkungen

sonders im Norden, denn den ritten der Gegner müsse nageeifert werden. Die Bedeutung der Unfälle, welche einigenSchiffen zugestoßen seien, werde übertrieben. Jn Anbetracht der Vermehrungen der fremden Flotten müsse das Programm von 1894 revidiert und erweitert werden. Die Regierung werde die nöthigen Kredite beantragen; die Schiffsbau-Gesellschaften seien heuie vollständig gerüstet. Der Minister {loß: Die lotte arbeite, Frankrei dürfe Vertrauen zu seiner Mari aben; es sei unrecht, ihr „Routine“ vorzuwerfen, denn ie Marine mache bedeutende Fortschritte und beabsichtige auf diesem Wege zu verharren, das heiße zu arbeiten und immer wieder zu arbeiten. Der Regierungs - Kommissar General Laroque erklärte: Die Umwandlung der Geschütze alten Modells in Schnellfeuergeshüße habe zu a iEe neten Ergebnissen geführt. it diesen Geshüßen könnten mindestens sieben Schuß in der Minute abgegeben werden. Außerdem werde die Marine nächstens über Geschüße starken Kalibers verfügen, mit denen viermal so schnell gefeuert werden könne, als mit den jegzt im Gebrauch befindlihen. Alle egen- wärtig benußten Geschosse seien ausgezeihnet. Nach seiner Ueberzeugung seien die französfishen Geschüße denen des Aue- landes überlegen.

Jn der Deputirtenkammer wünschte der Deputirte Millerand die Regierung darüber zu interpellieren, was sie in Anbetracht der von der griechisdfen Regierung auf die identische Note der Mächte ertheilten Antwori zu thun gedenke. Der Minister des Auswärtigen Hanotaux erwiderte, die Regierung habe die Antwort Griechenlands in der ver- gangenen Nacht erhalten. Er, Hanotaux, habe den griehishen Gesandten erst im Laufe des Tages gesehen und bitte, es der Regierung zu überlassen, einen nahen Zeit- punkt zu bestimmen, an welhem die Jnterpellation berathen werden könne. Der Deputirte Millerand erklärte, das 1870 besiegte Frankreich könne das Recht der Völker, frei über sih selbst zu verfügen, nicht verkennen. Die Regierung müsse einen Tag bestimmen, an welchem fie der Kammer Aufklärungen geben werde. Der Minister-Präsident Méline sagte: Es liege der Re- gierung daran, der Kammer baldigst Aufklärungen zu geben: bei auswärtigen Angelegenheiten müsse man aber an die Wirkung denken, welche täglih an die Regierung gerichtete Interpellationen im Auslande hervorriefen. Die Taktik der Opposition mache der Regierung die Erfüllung ihrer Aufgabe urmöglih. Jedermann werde begreifen, daß nah der Antwori Griechenlands die Regierung in Verbindung mit den Mächten treten müsse. Eine Regierung, die das nicht thäte, würde alle ihre Pflichten vernachlässigen. Die Angelegenheiten Frank- reichs seien ernst genug, daß die Kammer der Regierung für einige Tage Vertrauen schenken könne. Der Deputirte Millerand bestand darauf, daß ein Tag für die Berathung der Interpellation festgeseßt werde. Mit Zustimmung des Minister-Präsidenten Méline wurde s{ließlich mit 342 gegen 205 Stimmen der nächste Donnerstag hierfür festgeseßt.

Türkei.

Das Wiener „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ meldet aus Konstantinopel, daß die Redif-Brigade von Salo- niki nah Seres und gegen die bulgarische Grenze dis- [ociert worden sei. Nach dem allgemeinen Aufmarschplan gegen Griechenland sollen sih bei Fanina 11/5 Fnfanterie-Divisionen, 6 Gebirgs-Batterien und 2 Schwadronen, bei Elassona 2 Jn- fanterie-Divisionen, 12 Feldbatterien und 4 Schwadronen, bei Levthokaria (?) (Elevthochori?, Letcchori?), Selfidsche, Grevena und Tschai-Hissar fstrategishe Gruppen zu 20 Bataillonen, 4—6 Feldbatterien und 1—2 Schwadronen und bei Kailar die Reserve konzentrieren. Die Theilgruppierung bleibe dem Dber-Kommandierenden überlassen. Die Besaßung der 120 Grenzblockhäuser sei verdoppelt und der Grenzwacht- dienst durch Streifkommandos in Stärke von einer Kompagnie versiärkt worden.

Aus Kanea berichtet die „Agence Havas“, der Kommandant der gemishten Besazungstruppen moretti habe den griehischen Vize-Konsul Baraklis aufgefordert, Kreta zu verlassen, und hinzugefügt, er werde bis zum Augenblick seiner Abreise als Gefangener betrachtet werden. ierauf habe Baraklis erwidert, er werde sich nur der Ge- walt unterwerfen. Amoretti habe sodann erklärt, daß er nicht zögern werde, Gewalt anzuwenden. Diese Maß- regel sei auf alle in Kanea wohnenden griechishen Unter- thanen, darunter drei Zeitungsberichterstatter und das Personal des Konsulats, ausgedehnt worden. Die betreffenden Personen. hätten fich infolge dessen gestern Nachmittag eingeschifft.

Der britishe Major Bor hat sih geweigert, die Ent- scheidung, betreffend die Entlassung der internationalen Gendarmerie, anzuerkennen, und erklärt, er verlange cin Jrade des Sultans.

Die „Agenzia Stefani“ berichtet aus Kanea: Die vor einigen Tagen gemeldete und später in Abrede gestellte Nieder - meßzelung von Mohamedanern bei Sitia werde jeßt be- stätigt. Die fremden Konsuln in Kandia hätten auf Grund von Zeugenausfagen und mit Hilfe von Namenslisten festgestellt, daß: 400 Personen in den Ortschaften Dathnes, Alhania, Siva und Episkopi getödtet worden seien. Jn Siva seien 66 Männer -„ 32 Frauen und 71 Kinder getödtet worden, wobei die nicht identifizierten Opfer niht mit inbegriffen seien. Die Zahl der in der Ortschaft Kaunioni Getödteten sei nicht bekannt.

“Die Nachrichten von einem gestern Vormittag von Baschibozuks unternommenen Angriff über die Posten- kette der regulären türfishen Truppen bei Kanea hinaus werden bestätigt. Das Konsular-Korps hielt gestern eine Versamm- lung ab, in welcher beschlossen wurde, den Admiralen die Lage- gr Kenntniß zu bringen und fie zu bitten, Maßregeln zur

erhinderung des Umherstreifens der Baschibozuks und der Plünderung der Ortschaften durch dieselben zu treffen.

Nachdem die Aufständischen eine Sommation an die Türken im Fort Hierapetra gerichtet hatten, sih zu ergeben, und die Türken die Uebergabe verweigert hatten, er- öffneten gestern die Jnsurgenten das Feuer auf das Fort. Der auf der Rhede liegende italienishe Kreuzer feuerte, um die Aufständischen fern zu halten.

Wie die „Köln. gie aus Kandia von geftern erfährt, haben vor den Thoren Kandias Kämpfe zwischen Baschibozuks und den Aufständischen stattgefunden; die Türken verloren 60 Todte und Verwundete. Das Feuer dauerte gestern noch fort, und die Erbitterung war im Wachsen. Der Stadt Kandia soll mit Brandlegung gedroht worden sein.

| von Ar ta eingefahren und blo

Dessterre i heit genehmigt.

„Reuter’shen Bureau“ wird aus Kanea berichtet,

Len irkisches Transport\chiff, welhes aus Kisamo tirfishe Soldaten und mohamedanische Einwohner der Stadt drahte, gestern in Kanea eingetroffen sei. Die Sanitäts» hehörde habe indessen nit die Erlaubniß zur Landung er- theilt, da fich unier den agieren ein an den Pocken Er-

franfter befunden habe. Sri Minister des Aecuß ie von dem griehi]chen nister eußern D is an die Vertreter der Mächte gérichtete Delyann ü laut: Note hat, dem „W. T. B. zufolge, nachstehenden Wortlaut : “Herr Gesandter, ih habe die Note empfangen, welhe Sie mir

.. Œ| erwiesen haben, im Auftrage Ihrer Regierung unter dem die Ehre } S ETUAE Y 9. Márz mir zuzustellen. Die Königliche Regierung hat mit all der Aufmerksamkeit, welche sie verdienen, die Punkte geprüft, über welche die Großmächte sich geeinigt haben. In Anbetracht der außerordent- lichen Wichtigkeit derselben wegen der Ergebniffe, die deren oe fein werden, hält es die Regierung Seiner Majestät für ihre Pflicht, Herr Gesandter, den Großmächten ihre Meinung über die angeordneten Maßnahmen zu unterbreiten, eine Meinung, welhe das Ergebniß lancer Erfahrung und gründlicher Kenntniß der Lage auf Kreta ist. Durchdrungen von den Gefühlen, welche die Großmäte beseelen, sowie von derer Sorge um den allgemeinen Frieden, wird die hellenische Regierung diese Pflicht zu erfüllen nit verfehlen, da auch Griechenland den heißen Wunsch hegt, zur Aufrehthaltung des Friedens beizutragen und die so hart geprüfte und so viele Male dezimierte Bevölkerung der nsel vor dem völligen Untergang zu bewahren. Wir glauben, daß Las neue autonome Regime, welches die Großmächte foeben ange- zommen haben, Teider nicht den edlen Absichten wird entsprechen #önnen, welche dasselbe eingegeben haben, und daß es das Swisal der verschiedenen Verwaltungssyfteme erfahren wird, welche zu ver- s{tedenen Malen und obne Erfolg in Kreta versucht worden sind. s ist nicht das erste Mal, daß Kreta sih in diesem Zustande der Erhebung befindet. In den jüngsten Zeiten haben mehr als fechs Mal die Greuel der Anarchie seine Existenz ershüttert und gefährdet. Wenn daber das neue Regime, mit welckem Kreta bedacht werden soll, nicht pon der Art ist, um die Ordnung in endgültiger Weise wiederberzustellen, so hat die bellenishe Regierung keinen Zweifel an der Unmöglickeit, dem gegenwärtigen revolutionären Zustande ein Ende zu seßen. Die Anarchie wird fortfahren das Land zu verheeren. Feuer und Schwert in den Händen eines blinden Fanatismus werden ihr Werk der Zerstörung und der Vertilgung eines Volkes fort- seßen, welhes sicherlich ein solhes Schicksal nicht verdient. Bei einer solhen Perspektive würde unsere Verantwortlichkeit enorm sein, wenn wir nit die Großmächte dringend bitten würden, nicht auf dem angeordneten System der Autonomie zu bestehen, sondern Kreta das wiederzugeben, was es {on zur Zeit der Befreiun der anderen Provinzen gehabt hatie, welche das hellenische Königrei bilden, und es zu Griechenland zurückzuführen, welchem es schon zur Zeit der Präfidentshart Capo d’Iftria's gehörte. Angesichts der jüngsten Scenen von Meyeleien, Plünderungen und Bränden in der Stadt Kanea, angesichts der entseßlihen Qualen, welchen die Bewohner von Kandia ausgeseßt waren, bedroht von der Wuth des muselmanishen Pöbels, der sich der Abreise der chrift- lihen Familien nach Griechenland widerseßte, welHes von jeher der von der Vorsehung gegebene Zufluchtsort aller diefer unglücklichen Existenzen geworden ist, quälten unfer ganzes Land Gewissensbisse wegen der Verantwortlichkeit, welhe es im leßten Jahre übernommen hatte, indem es dur seine Rathschläge die Kreter bestimmte, die Waffen niederzulegen. Die Leiden, welche hieraus gefolgt find, erlauben uns nicht, noch einmal diese Aufgabe auf uns zu nehmen, und wenn wir sie unternommen hätten, würde unsere Stimme sicherlich zu schwah sein; ijr Echo würde niht bis zum fkretishen Bolke gelangen. Da nun das neue Regime der Autonomie nah unserer Meinung dem edlen Ziele der Mächte nicht würde entsprechen fönnen, ift es flar, weldes die Lage der unglüdcklichen Insel von heute bis zu der Errichtung dieses Regimes sein wird, wenn die Groß- mäâdte glauben, bei ihrem Beschluß verharren zu müssen. Jn diesem Gedankengang und im Namen der Menschlichkeit, wie auch im Interesse der Pazifikation der Insel, welhe das einzige Ziel der Bemühungen der Großmächte ausmacht, zögern wir nicht, an dieselben zu appellieren wegen einer andern Maßnahme, nämlich der Rüberufung unserer militärishen Macht. In der That, wenn durh die Anwesenheit der vereinigten Geschwader der Großmächte in den fkretishen Gewässern und auf die Ueberzeugung bin, daß diese Flotten eine Ausschiffung türkisher Truppen auf der Insel nicht gestatten würden, die gleichzeitige Anwesenheit aller Schiffe der grieishen Flotte, welGe fit gegenwärtig vor Kreta befinden, niht für nothwendig erahtet wird, so ist och andererseits das Verbleiben der griehischen Armee auf der Insel geboten durch das Gefühl der Humanität, ebenso wie durch das Interesse an der endgültigen Wiederherstellung der Vrdnung felbst, Besonders gebietet uns unsere Pflicht, das kretische Volk nicht auf Gnade oder Ungnade dem mohamedanischen Sanatismus und der türfishen Armee preiszugeben, welche jederzeit wifsentlich und im Einverständniß an den aggressiven Handlungen des Pôbels gegen die Christen theilgenommen hat. Vor allem, wenn unsere Truppen auf der Insel, die des vollen Vertrauens der Groß- mächte würdig sind, den Auftrag erhielten, das Land zu beruhigen, jo würden die Wünshe und Absichten der Mächte fehr bald die vollkommenste Befriedigung finden. Alsdann würde es nach Wiederberstellung der Ordnung auch möglich sein, die freien Wünsche des kretishen Volkes, über sein eigenes Shitfal tennen zu lernen. Die Greuelthaten, welhe sich auf Kreta seit mebreren Jahrzehnten von Zeit zu Zeit wiederholen, voll- ¿iehen sih niht nur nit, ohne das griehische Volk bis aufs tiefste zu erregen, fondern fie unterbrehen auch die foziale Thätigkeit und stôren das Wirthschafts- und Finanzwesen des Staates auf das lhwctiie. Angenommen selbst, daß es uns möglich wäre, für einen Augenblick ¡zu vergeffen, daß wir Glaubensgenossen des kretishen Volkes find, daß wir, von gleiher Abkunft, mit ihm dur das gleihe Blut verkaüpft lind, fo kônnen wir es do vor den Großmächten nicht mit Still- \{weigen übergehen, daß der griehishe Staat derartigen Erschütte- rungen nicht mehr lange würde widerstehen können. Deéhalb richten wir einen Appell an die bohberzige Gesinnung, von welcher die Großmächte beseelt find, indem wir fie bitten, dem fkretiswen Volk zu erlauben, fi darüber zu äußern, wie es regiert sein will.“

“D Regierung hat, wie der „Times“ aus Athen von gejtern berichtet wird, den Obersten Vlassos angewiesen, jeden Konflikt mit den Streitkräften der Mächte zu vermeiden und 1h nah dem Jnnern der Jnsel zurücßzuziehen. 300 Mönche vom Berge Athos, welche der Regierung ihre Dienste als

öreuvillige angeboten haben, werden morgen in Piräus er- wartet. Ein griehisches Na er ist in den Golf

iert cinige türkishe Schiffe, die dort vor Anker liegen. Die „AFence Havas“

meldet aus Athen, daß die

Reservisten fortgeseßt herbeiströmen und unter E e

gan Fahnen Kundgebungen veranstalten. Zahlreiche italieni &reiwillige seien unter lebhaflen Kundgebungen in Athen ein- getroffen; auch die Ankunft Cavallotti’s werde als nahe evorstehend gemeldet.

Serbien. :

fink ibt um Reserve und R Miligaufgebate eilungsweise zu je achttägigen Uebungen im März

und April einberufen Vdrbe. s E a8 : Vulgarien. : Die Sobranje hat gestern die Handelsverträge mit ch-Ungarn und mit Serbien mit großer Mehr-

„der Republik und

! Gebieten zu gute g

Durch Maueranschläge wurden geftern, wie „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro meldet, die Republikaner zu einer Versammlung aufgefordert, in welcher über die Mittel zur Rettung u einer Gedenffeier für den Obersten Meoreira berathen werden sollte.

Asien.

Eine in Madrid eingetroffene amtlihe Depesche aus Manila meldet die Einnahme von Salitrain (?). Die Spanier nahmen die Verschanzungen mit dem Bajonett. General Zaballa fiel an der Spize seiner Kolonne: 10 Sol- daten wurden getödtet, 5 Offiziere und 25 Soldaten verwundet. Die Aufständischen hatten 76 Todte.

Afrika,

__ Aus Djibuti wird der „Agenzia Stefani“ berichtet, daß ein Zug von 100 aus der abefsynishen Gefangenschaft ent- lassenen Jtalienern gestern in Zeila eingetroffen sei und heute nah Massowah eingeschifft werden sollte.

Das „Reuter she Bureau“ meldet aus Prätoria von genen der Präsident Krüger habe sich nach Bloemfontein egeben, um über die Frage eines engeren Zusammenschlusses zwischen Transvaal und dem Oranje-Freistaat zu verhandeln.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (188) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats - Minister Dr. von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs- Schagamis Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, ehrte das FOO zunächst das Andenken des verstorbenen Abg. Dr. Rudolphi (Zenir.) in der üblihen Weise.

Auf der Tagesordnung stand die Berathung zweier auf die Zollkredite für Getreide bezüglihen Anträge. Der Antrag des Abg. Grafen Schwerin (d. kons.) s{hlägt einen Geseßentwurf vor wegen Beschränkung des Zollkredits bei der Einfuhr von Getreide :

Danach soll die Zablung des Zolles spätestens vierzehn Tage nah der Einfuhr erfolgen, und follen bei der Abfertigung der Waare auf Transitlager die freditierten Zollbeträge und die Mühlenkonten mit vier vom Hundert verzinst werden. Die ausgestellten Einfußhrscheine follen niht erst nach vier Monaten, fondern sofort in Zz1blung ge- nommen werden können.

Der zweite Antrag des Abg. Dr. Paasche (nl.) lautet:

„Die verbündeten Regierungen zu erfuhen, dahin wirken zu wollen, daß bei der Einfubr von Weizen, Roggen, Hafer, Hülsen- frühten, Gerste, Navs- und Rübsaat, soweit sie niht auss{ließlich zum Transitverkehr bestimmt find, eine Kreditierung des Eingangs- ¿olles niht mehr stattfindet.“

Der Abg. Dr. Paasche zieht seinen Antrag zurück, worauf der Abg. Graf von Schwerin das Wort zur Begründung des von ihm eingebrachten Geseßantrages nimmt. Bei Schluß des Blattes dauerte seine Rede noch fort.

Der Bericht über die gestrige Sizung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (46.) Sigung, welcher der Minister der offentlichen Arbeiten Thielen beiwohnte, ehrte das Haus der Abgeordneten zunächst das Andenken des verstorbenen Mitgliedes Dr. Rudolphi (Zentr.) in Kalk, Abgeordneten für den Landkreis Köln-Bergheim-Euskirchen, in der üblichen Weise und seßte dann die zweite Berathung des Staats- haushalts-Etats für 1897/98 bei dem Etat der Eisen- bahnverwaltung in der gestern abgebrohenen Debatte über

das Kleinbahnwesen fort.

Abg. Böttinger (nl.): Jch erkenne die segentreihe Wirksamkeit des Kleinbahngeseßes für die Hebung der lokalen Verkehrsinterefsen an und sprehe dem Minister für dieses Gese meinen Dank aus. Die große Anzahl der Konzessionsgesuhe beweist dies am besten; aber gerade diese große Anzahl verzögert die Erledigung der Gesuhe, da die betreffenden Beamten diese Arbeiten nur im Nebenamte mahen. Es müßte ein ganz anderer modus procedendi eingeführt werden. Und wenn \chließlich alles erledigt is, dann macht noch die Neichs-Postverwaltung die allergrößten Schwierigkeiten, indem fie verlangt, daß die Telegraphen- drähte und Telephondrähte unterirdish gelegt werden, was für manche Bahnen einen Mebraufwand von 15 bis 20 Tausend Mark erfordert. Ich bitte den Minister, aufdie Beseitigung dieses Uebelistandes hinzuwirken. Der Verkehr kann fich nur gut entwick:ln, wenn man ihm die nöthige Freiheit [äßt in der Vermehrung der Züge. Im Wege des mündlihen Verfahrens müssen die Konzessionsangelegenheiten vor einer ständigen Kommission gewissermaßen in erster Instanz in gemeinsamen Besprechungen mit den Vertretern der Interessenten erledigt werden. Dann ginge die Abwickelung der Geschäfte zweifellos rascher, als wenn die Behörden allein unter ih die Konzessionsgesuche prüfen. Der Minister hat selbst in einer Verfügung bereits auf die möglichst rasche Abwickelung der Geschäfte hingewiesen. Zeit ist hier Geld. Ich hoffe, daß wir in der Zukunft eine rashere Erledigung der Konzessionsgesucße haben werden.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen: Die Verzögerung der Erledigung der Gesuche in einzelnen Fällen ist niht in Abrede zu stellen, die Schuld liegt aber nicht an den Behörden, fondern in der Schwierigkeit der betreffexden Verhältnisse selbst. Die rasche Zunabme -des Kleinbahnwesens hat die Bezirksregierungen und die Eisenbahnbehörden plößlich sehr ftark in An- spruch genommen. Es ift schon ein fürzerer und raserer Geschäftsgang angeordnet worden. Zuerst ift die Vorfrage zu ent- scheiden, ob die betreffende Bahn überhaupt als Kleinbahn anzusehen sei. Ist dies entschieden, dann macht die Aufstellung des Projekts vielerlei Schwierigkeiten. Zu den tehnishen Schwierigkeiten kommt die Schwierigkeit hinzu, daß bei voraussihtlich rentabeln Bahnen mehrere Konzessionsgesuche eingehen. Dadurch ist namentlih im Westen eine erheblihe Verzögerung der Konzessionsertheilung herbeigeführt. Durch die Bildung einer ständigen Kommission als Unterinftanz würde die Sache keineêwegs beschleunigt werden. Es würde nur noch eine Instanz mehr geschaffen werden. Es muß erft eine Heraus- kryftallisierung fester Grundsäße erfelgen; wenn erst folche Grund- äße feststehen, werden die Angelegenheiten des Kleinbahn- wesens, das ja noch ganz neu is, s{chneller von ftatten gehen.

indernd tritt uns oft in den Weg, daß, wenn ein Projekt aufge- fllt ist, andere Interessenten, die niht berücksihtiat find, dagegen protestieren. Alle diese Projekte, die eine folofsale Schreiberei veranlassen, müssen eingehend geprüft werden. Die betreffenden Maß- regeln werden allmählich zu festen Grundsäßen und demnach auch zur raséreai Erledigung der Konzessionsgesuche führen.

Abg. Schmieding (nl.): Ih erkenne an, daß der Erlaß des Ministers über das Kleinbabnwesen vom 25. Januar d. J. zu billigen ist und daß erst die Praxis richtige Grundsäße zeitigen werde. Es bestanden am 30. September 1896 im Gan-en in Preußea 186 Klein- bahnen, darunter 129, die erft nach dem Inkrafttreten des Geseßzes ins Leben gerufen sind. Jch kann mich au einverstanden erklären mit der Verwendung und Vertheilung der 13 Millionen Mark Staats- zushüfse, die für diefen Zweck vom Landtage bewilligt find; 7061 000 4 find bereits verwendet. Us find 1022 km ge chert. Ich freue mih au, daß diese ZusGüfse auptsählich den landwirthschaftlichen ommen find. Für 13 Kleinbahnen liegen noch

Anträge auf die Gewährung von Staatêëunterstüßung vor, wofür weitere 4 700 000 4 erforderlich sein werden. Ih bitte den Minister, bei der weiteren Gewährung von Zushüfsen ebenso loyal zu verfahren wie bisher. Erfreulih if die Einsicht, daß auch das Privatkapital sich dieser Unternehmungen an- zunehmen hat. In der Budgetkommission schien man vie Befürchtung zu haben, daß das Kleinbahnwesen fih zu ftark entwickdeln könne, und auch die Staatseisenbahn-Verwaltung {hien eine gewisse Besorg- niß vor dem Worte „Konkurrenz“ zu haben. Finanz- Minister erklärie in der Kommission, es e ein \chwieriger Fall, wenn Private eine Bahn bauen wollten und dadurch das Monopolinteresse des Staats gefährden könnten. Vor der Ein- führung des Staatsmonopols hieß es aber, daß dieses hauptsächlich der Erschließung des Landes dienen sollte. Man hütete sih aber da- mals, das Ding bei dem rihtigen Namen „Monopol“ zu nennen. Nachdem der Staat nun einmal das Monopol bat, follte er liberaler den Privatunternehmungen gegenüber fein. Nach den bestehenden Be- dingungen ist keine Gefahr, daß der Staat unter deren Konkurrenz leiden fönnte. Manche Bahn bewilligt der Minifter nit, weil er sagt, der Staat habe an dieser Linie selbft ein so großes Interefse, dal er fie felbst zu gegebener Zeit bauen werde. Jn fol, Fällen sollte fich der Staat schnell zum Bau entschließen oder ihn den Privaten über- lassen. So ist es z. B. bei der Angerthal-Bahn und den Linien Wandsbeck—Triptau—Mölln und Osterfeld—Hamm gewesen. Ein wunder Punkt ist, E der Staat viel zu hohe Anforderungen an die Interessenten stellt. Es muß ausgleihende Gerechtigkeit zwischen derm Staat und den Gemeinden herrschen, sons haben wir schließlich glänzende Staatsfinanzen und übershuldete Gemeinden. Kleinliche fiskalishe Motive müssen vermieden werden, sie sind aber gerade in der Eisenbahnverwaltung vielleiht noch stärker als in anderen Refforts.

(Schluß des Blattes.)

____— Dem Reichstage is eine Denk rift, betreffend die finanzielle Entwickelung der Invaliditäts- und Alters - versiherungsanstalten und der zugelassenen besonderen Kasseneinrihtungen, zugegangen.

Arbeiterbewegung.

Aus Barmen berichtet die „Brm. Ztg.* zum Ausstand der dortigen Tischler (vgl. Nr. 58 d. Bl.): In einer Tischlerversamm- lung wucde am Montag beschlossen, daß die unverheiratheten Gesellen auf Geheiß der Lohnkommission abzureisen haben; 30 von ihnen sind {on am Sonntag abgereist, und 10 find auf dem Arbeit2nahweis nach auswärts gesucht worden. Ferner wurde bekannt gegeben, daß noch 8 kleine Meister die Fordecungen bewilligt baben. Die Ver- sammlung wies die Ferderung der Meister, die neunstüadige Arbeits- zeit fallen zu laffen, zurü.

In Erfurt soll am 18. April d. J. ein Kongreß der Sattler Deutschlands eröffnet werden.

Aus Mainz wird der „Frankf. Ztg.* geschrieben: In einer Tüncher- und Malerversammlung erstattete am Montag die Lobhnkommission Bericht über die Verbandlungen mit den Arbeits gebern. Die geforderten Z1schläge für Ueberstunden mit 10 4 und für Nacht- und Sonntagsarbeit mit 20 4 Z sowie die zehnstündige Arbeitszeit seien zugestanden, die Abschaffung der Accordarbeit dagegen abgelehnt, und ftatt der geforderten allgemeinen Lohnerhöhung um 10 A für die Stunde für alle Gebilfen seien 3 4 für bessere Arbeiter angeboten worden. Die Lobhnkommission babe infolge dessen die Verhandlungen mit den Meistern abgebrochen. Die Versammlung beauftragte die Lohnkommission, das Gewerbegericht als Einigungsamt anzurufen.

Aus Offenbach wird dem „Vorwärts" telegraphiert, daß der Schuhmacher-Ausftand begonnen habe. Die größten Fabrikanten lehnen Unterhandlungen ab. Mehrere kleine Fabrikanten haben be- willigt; andere unterhandeln noch. Ausftändig sind 1000 Arbeiter und Arbeiterinnen. (Vgl. Nr. 57 d. B\.)

In Düsseldorf ist nah demselben Blatt der Ausftand der Zimmerleute beim Rheinbrückenbau durch die Bewilligung der Arbeiterforderungen beendet worden. (Vgl. Nr. 55 d. Bl.)

Hier in Berlin sind, einer Mittheilung der Berliner „Volk8- Ztg.“ zufolge, die Holzarbeiter der Firma Steiner und Kuhnert sowie die Arbeiter der Pianofortefabrik von Overholthaus wegen Lohnstreites in den Ausstand eingetreten.

In Aarhus ist der „Köln. Ztg.“ zufolge der Ausftand der Hafenarbeiter für diese erfolglos beendet worden.

Aus Bern meldet „W. T. B.*: Die. heute bei dem Scbweizer Bahn - Departement angelangte Antwort der Nordost-Bahbn auf die Arbeiterforderungen lautet unter Hinweis auf die vom Verwaltungsrath einzesezte Kommission ableh- nend. Der General-Sekretär Sourbeck berieth Vormittags mit dem Bundesrath Zemp und reiste fodann nach Zürich ab. Auf Ver- anlaffung des Bahn - Departements wird das Zentralcomité der Eisenbahnen noch einen Versuch zur Verständigung machen und die Mitglieder der vom Vermaltungsrath eingeseßten Kommission auf morgen zu einer Konferenz nach Zürich laden zur weiteren Prüfung der Forderungen des Persoaals. Sollten aber die Verhandlungen kein für das Personal befriedigendes Ergebniß haben oder sollte in der Ausführung der gemachten Zusagen Verzug eins treten, fo ersheint der Ausstand unvermeidlich.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Lorgzing's Oper „Undine* unter Kapellmeistec Dr. Muck's Leitung mit Fräulein Hiedler in der Titelrolle zu Aufführuag. E

Im Königlihen Schauspielhause geht morgen Shake- speare’'s „Sommernathtstraum“ in Scene. Die Beseßung ift nah- stehende: Oberon: Fräulein von Mayburg; Titania: Fräulein Krause; Fe Fräulein Hausner; Lysander: Hzrr Purschian; Demetrius:

err Matkowsky; Hermia: Frau von Hochenburger; Helena: Fräulein Lindner; Squenz: Herr Blencke; Zettel: Herr Vollmer.

Im Sqhiller-Theater muß die Erstaufführung des Schau- spiels „Die gerechte Welt“ von Nea auf Sonnabend verlegt werden. Mergen findet eine Wiederholung des Nosegger*{hen Volks- schauspiels „Am Tage des Gerichts“ statt, und am Freitag wird „Mit Vergnügen“ gegeben. |

Im Neuen Theater muß Sardou's , Marcelle“ am 25. März vorläufig vom Repertoire abgeseßt werden, da am 26. d. M. das Gastspiel der Künstler vom Pariser Varióté - Theater beginnt. Es finden demgemäß vorläufig nur noch 15 Aufführungen dieses Stückes statt. - :

Zum Besten der Kasse des Comités für die Centenarfeier hat sih die Direktion des Ostend - Theaters erboten, am nächsten Freitag, Abends 8 Uhr, eine Festvorstellung zu veranstalten. Nach einem Prolog gelangt zur Aufführung das patrios tishe Volksftück „Der deutihe Michel“ von Rudolf Kneisel mit der Musik von Paul Lincke. Der Billet-Vorverkauf findet von heute ab, außer an der Theaterkafse, auch im Bureau für die Centenarfeier (Leipzigerstraße 4) statt.

Bei dem morgen (Donnerstag) stattfindenden O rgelvortrag von Dr. Heinrich Reimann in der Kaifer-Wilhelm- Gedächtnißkirche- (6—7 Uhr) werden die V'olin-Virtuosin Frau Anna von Pilgrim und die Konzertfängerin Fräulein Dsirne mitwirken. Ecftere bringt das G-moll-Konzert von Tartini und ein „Andante religioso“ von Thomé zu Geböôr.

Otto von der Pfordten’'s wirkungsvolles Schauspiel „1812“, welches am hiesigen Königlichen Schauspielhause sowie an auswärtigen Bühnen zak,[reihe Aufführungen erlebt hat und am 22, März zur Feier des 100. Geburtstages des Hochseligen Kaisers