1897 / 66 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

in Lübeck, in Bremen und Hamburg. Als Gründe für biese Abnahme des guten Einvernehmens zwishen Gesellen und Meistern werden angeführt einmal, daß die Meister naturgemäß auf thunlihste Ausuußung der Arbeitszeit dringen müßten, während die Gesellen die genaueste Einhaltung der Arbeitszeit fordern; sodann, daß die Gesellen fich lässiger zeigen als früher, wo die Arbeit {lechthin bis zur Vollendung fortgeseßt werden mußte; ferner, daß die Gesellen unbotmäßiger geworden find, daß die Meister sich als unter der Kon- trole der Gesellen ftehend fühlen, daß die Meifter die Bes{ränkung der Arbeitszeit besonders da, wo Gesellen und Lehrlinge in häuslicher Gemeinschaft leben, als einen Eingriff in ihr Hausreht ansehen, und daß manche Gehilfen ihre freie Zeit zu übermäßigem Wirthshaus- besu oder in sonstiger Weise mißbrauchen, während die Meister sh im Geschäft abplagen.

Die übrigen Aeußerungen außer diesen, die ih soeben genannt habe lauten sämmtlih dahin, daß Klagen über die Vershlehterung der Beziehungen zwishen Meistern und Gesellen niht oder nur ver- einzelt bekannt geworden find.

Was insbesondere Preußen anbetrifft, so neigen sechs Regierungs- Prâä}identen der Meinung zu, daß die Verordnung das Verhältniß zwishen Meistern und Gesellen nachtheilig beeinflufssen möchte. Ein Regierungs-Präfident berichtet, daß unter den Bädergesellen einer Fleinen Stadt seines Bezirks sozialdemokratishe Regungen zu Tage getreten find, die nur durch den gesunden Sinn der Meifter haben unterdrückt werden können. Nah dem Bericht eines anderen Re- gierungs-Präsidenten sucht die sozialdemokratishe Partei die Bäter- gesellen dadurch für sih zu gewinnen, daß sie die Verordnung als eine Errungenschaft der Sozialdemokratie hinftellt. (Zuruf links. Heiterkeit.) Dagegen wird von zwei den entgegengeseßten Standpunkt ver- tretenden Regierungs - Präsidenten darauf hingewiesen, daß sozialdemokratishe Bestrebungen in den Kreisen der Bäkergesellen längst vor dem Erlaß der Verordnung und unabhängig von dieser Eingang gefunden haben. (Hört! hört! links.) Aus einer Mittelftadt des Westens, wo vor dem Erlaß der Verordnung zwishen den Bädckermeistern und ihren größtentheils der Sozial- demokratie zugehörigen Gesellen wiederholt Zwistigkeiten bestanden hatten, berihtet der Magistrat, daß der sozialdemokratishen Agi- tation durch diese Bestimmung ein wesentlihes Kampfmittel ent- zogen sei. (Hört! hört! links.) Der Obermeister der Bäcker- innung einer Stadt im Osten hat dem dortigen Gewerbe-Inspektor gegenüber erklärt, daß die Bestimmungen für ‘die Entwickelung und Schaffensfreudigkeit der im Bätereigewerbe beschäftigten Personen segensreich und dazu angethan seien, mit der Zeit ein besseres Einvernehmen zwishen Meistern und Gesellen herbeizuführen, ein befseres, als bei dem bisherigen System der unbeschränkten Ausnußung der Arbeitskräfte zu beobahten war. (Sehr richtig! links.)

Meine Herren, das ift kurz der wesentli®e Inhalt der vor- liegenden Berichte. Wenn Sie mi nun fragen: Was wird weiter geschehen? fo kann ich Ihnen sagen, daß wir im Begriff sind, eine Zusammenstellung dieser Berichte zu machen fie liegt bereits im Entwurf vor —, und zwar auf Wunsch des Königlih preu- Gishen Herrn Handels-Minifters, aus dessen Ressort die JInitia- tive zur Bäckereiverordnung ergriffen worden ift, daß diese Zu- sammenstellung der preußishen Regierung und, wie ih beabsichtige, auch allen übrigen Regierungen zugänglich gemacht werden wird, und daß wir dann abzuwarten haben, welhe Anträge an den Bundesrath etwa bezügli einer Aenderung der Verordnung werden geftellt werden.

In einem Punkte halte ich, was meine Person anlangt, eine sol@&e Aenderung für angängig, und zwar bezüglich der Arbeitszeit an den Tagen vor den Sonn- und Festtagen; man entspriht mit einer folien Aenderung einem namentlich im Westen der Monarchie [lebhaft Hhervorgetretenen Bedürfniß. So lassen \fich vielleiht au noch einzelne andere Modifikationen machen.

Für jeßt aber glaube ich, indem ich auf meine Eingangsworte zurückfomme, nicht in Aueësicht stellen zu können, daß die verbündeten Regierungen \fih zu einer Aufhebung der Bäckereiverordnung ent- \chließen werden. Die Berichte, die uns von den Regierungen vor- liegen, lafsen darüber keinen Zweifel, daß man überall im ganzen

Reiche bei den Regierungen der Meinung ift, daß die kurze Zeit seit |

der Einführung der Bäckereiverordnung noch nicht ausgereiht hat, um ein zutreffendes Urtheil über ihren Werth oder Unwerth zu bekommen.

Zur Geschäftsordnung bemerkt der Abg. Dr: Hit e (Zentr.): Die Mittheilungen des Staatssekretärs sollten auch dem Reichstag zugestellt werden, und ih würde beantragen, daß wir bis dahin

unsere Debatte vertagen, damit auf Grund eines fest ; vebaitiert werden fann. f nes festen Materials

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Ih bin in diesem Augenblick nicht in der Lage, eine bindende Zusage in der von dem Hertn Abg. Dr. Hiße gezeigten Richtung abgeben zu föônnen, und zwar um deswillen niht, weil die Berichte von den Einzelregi:rungen erftattet sind, und ich mich ohne Zus- stimmung der Regierungen niht für ermächtigt halte, nah außen hin diese Berichte in der Form, in welcher es der Herr Vorredner wünscht, zu verwerthen. Jch bin aber bereit, die Zustimmung der Bundesregierungen dazu zu extrahieren; wenn ih die Zustimmung erhalten habe, so werde ih sehr gern die Zusammenstellung des Inhalts der Berichte dem hohen Hause mittheilen.

Abg. Dr. Hitze: Ich habe die Hoffnung, daß die einzelnen Staats- regierungen ebenso wie der Staatssekcetär geneigt fein werden, unseren Wunsch zu erfüllen. Wir wollen die Diskussion nige hintertreiben, \ondern nur gründlihes Material shaffen. Jch ftelle den Antrag, die Verhandlung von der Tagesordnung für heute abzuseßzen.

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.): Ih möchte mih dem Antrag des Les Hitze anschließen.

bg. von Kardorff: Ih kann mich mit dem Antrag nicht

einverftanden erklären. Wir werden mit Petitionen von Bäckern

übershüttet werden und wollen die Sache endli einmal im Reichstag

e E E bringen, nachdem wir seit März v. J. hingezogen en find.

Abg. Dr. Vielhaben (Ref ,) bittet um Ablehnung des An- trags auf Vertagung, weil derselbe keine Vortheile bringe. Die Gutachten, welche die Regierung eingezogen habe, bätten ja gar keinen Werth, weil die Sts nicht in die kleinen Kreise des Publikums eindrängen; die :g werde daher getäuscht.

L Präfident Freiherr von Sie haben nur zur Geschäfts-

nung das

: Abg. Freiherr von Stumm (Ry.): Die Aussezung der Ab- ürde : i

stimmung wür ige verstehen; aber die Vertagung der Debatte ift

uol:

Abg. pon Kachorts: Der Antrag auf Vertagung ift nur mit

zuläffi . Dr. Hiße: ir «M t Widersp gegen di Tageforboung erboben bien. L Bat n daß wir vgs iallaos . von K d é das sgem fadrage u wibersprejen. Die Gedäftootdnung giebt nur da a M . Dr. Hi 5 g Wenn die Herre disbuticen wollen, ziehe ih

ag i Abg. Bebel: Dann nehme ih den Antrag wieder auf; Sie werden uns doch nit zutrauen, daß wir der Erörterung ausweichen ! _ Der Antrag wird gegen die Stimmen der Konservativen, eines Theils des Zentrums und der Nationalliberalen ab- gelehnt und die Debatte fortgeseßt. Das Wort erhält der Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Der Bundesrath hat fich geen die Aufhebung der Verordnung ausgesprohen. Die Antrag- eller haben ihren Antrag nur auf derung gerihtet, und damit wird die Mehrheit des Hauses einverstanden fein. Wir müfsen daher den verbündeten Regierungen unseren Wunsh kundgeben. Die verschiedenen Urtheile der Vergessen Regierungs-Präfidenten beweisen, daß die Verhältnisse in den einzelnen Landestheilen ganz verschieden find. Die Regierungs-Präsidenten haben ihr Urtheil doch kaum aus eigener Anschauung abgegeben, sondern baben sch wobl der Ge- werbeinspektoren bedient, deren Auffassung jedenfalls beeinflußt ift, so daß sie nicht die nöthige Objektivit ben. Aus den Petitionen geht hervor, daß die Sade meist gut geht, weil die Polizeibehörde meist vernünftiger ift als die Urheber der Verordnung, weil sie sieht, daß die Bereits derartig sind, daß die Durchführung der Ver- ordnung eine drakonische Maßregel sein würde, daß die gewissen- haften Meister geshädigt werden zu Gunsten der weniger gewissen- haften Unternehmer. Wenn die erna wirthschaftliße Maßregeln für den Großbetrieb treffen will, so befragt sie die Handels- kammern. Aber über solhe Maßregeln für das kleine Gewerbe werden die Betheiligten niht befragt. Die Bäergesellen beschweren sich darüber , daß die Meister in der verkürzten Arbeitszeit ein größeres Arbeitsquantum verlangen. Das if das sweating-System, welches die Folge verkürzter Arbeitszeit ist. Von der 12- oder 13 ftündigen aximalarbeitszeit der Bâäcker sind in Wirklichkeit 10 Stunden Arbeit, der Rest find Pausen. In den Betrieben mit unterbrohenem Feuer hat der Bundesrath, um einen Schichtwechsel zu ermöglichen, zugelaffen, daß die Arbeiter 24 Stunden binter ein- ander arbeiten können. Das ift eine andere Leiftung, als sie von den Bâckern gefordert wird. Die Bäckerei if eines der wenigen noh be- ftebenden Handwerke, foll es denn unter allen Umständen ruiniert urch die Verordnung bekommen die großen Brotfabriken

werden ? einen Vorsprung vor den kleinen Bädtereten. Vorhin ijt die Verordnung als ‘eine fozialdemokratische Errungenschaft bezeichnet worden. Das laube ih allerdings, daß die Erdrofselung der Kleinkbetriebe den

ozialdemokraten als Ziel vorschwebt. Die Verordnung fördert die Spionage, und der Gefelle, der sich mit dem Meister überworfen hat, hat Material genug um zur Polizei zu laufen und seinen Meister zu denunzieren. an sollte die Polizei niht in alle Dinge hineinreden lassen, die niht zu ibrer eigentlihen Aufgabe gehören. Eine Ausdehnung der Befugnisse der Polizei sollte vermieden werden. Wollen die Herren vom Zentrum das verhindern, so haben sie die Macht dazu. Aber aus dem Material des Staatssekretärs werden sie keine Unterstüßung für ih herleiten können.

Abg. A ugt (d. Volksp.): Den verbündeten Regierungen ift die Berechtigung zum Erlaß einer folhen Verordnung nicht zu bestreiten.

Abg. Dr. Hize: Wir hatten durhaus keinen Grund, der Debatte auszuweihen. Der ae Verlauf der Diskussion, speziell die Bemerkungen des Herrn von Stumm, haben aber den Beweis geliefert, daß er das Ergebniß der Untersuhung der Einzelregierungen niht überblicken konnte. Einige Aenderungen der Gewerbeordnung werden nüßlich sein, z. B. den Betrieben für Sonnabend eine längere Arbeitszeit zu gewähren, welhe volle Sonntagsruße haben; man kann auch auf eine wöchentliche Normalarbeitszeit kommen. Die - Herren (rechts) hätten - nur niht die Bäcker in die unbedingte Opposition hineintreiben follen. 1891, als der § 120 E eingeführt wurde, hat Herr von Kardorff geschwiegen und jeßt, wo derselbe zum ersten Male ausgeführt werden foll, wendet er i mit aller Heftigkeit Mhegen: Zu einer Abänderung im Interesse des La 1nd wir bereit, soweit der Shuß für die Arbeiter und

ehrlinge dabei niht vergessen wird. Wir haben das Handwerk

{hüten wollen vor der Invaliditätsversiherung; die Herren von der Rechten unterstellten das Handwerk dieser Versicherung. Die Handwerker werden es nit vergefsen, daß die Anträge zu Gunsten der Handwerker der Initiative oder der kräftigen Unterstüßung des Zentrums ihre Annahme verdanken.

Abg. Dr. Vielhaben protestiert dagegen, daß der Aktänderungs- antrag von Stumm mit verhandelt werde, da ihm die noth- wendige Unterftüßung von 30 Mitgliedern fehle.

bg. Hilpert (b. k. F.) erklärt fih für Aufhebung der Ver- ordnung.

Abg. Dr. Hasse (nl.): Jch bâtte gewünscht, daß wir erft Zeit ebabt hätten, die Mittheilungen des pu m n Mes zu prüfen. hre Werthlosigkeit kann ih niht von vornberein feststellen. Meine reunde bedauern, daß der Bundesrath von seiner rechtlihen Be- gniß gerade an diefer Stelle Gebrauch gemaht hat; denn die

Verbâältnisse in der Bäckerei liegen sehr ungewöhnlih; es sind Mißstände vorhanden, welche einer Regelung bedürfen , z. B. bezüglich der Delafguna kranker Gefellen u. st. w.; auf die Arbeitszeit hätte fih die Reglementierung niht in erster Linie erftrecken follen. Die Aufhebung der Verordnung wird nicht mehr verlangt. Eine Abänderung halten wir auch für nötbig; wir werden deshalb für a Bus der Konservativen und den Abänderungsantrag von Stumm mmen.

Abg. Dr. Vielh aben beantragt die Aufhebung der Bäerei- verordnung in Uebereinstimmung mit dem ursprünglichen Antrag Kardorff - Manteuffel. Redner weist darauf hin, daß ein Obermeister einer Bäckerinnung gegen die Verordnung des Bundeêraths gekämpft habe, endlich aber habe er den Kampf aufgegeben, weil er in seinem Gewissen bedrängt worden sei. Er sei jeßt nicht mehr Obermeister. Die Erhebungen der Behörden seien werth- los. Es giebt Gesellen, fährt Redner fort, die den Meister wegschickden, wenn fie über die Zeit arbeiten wollen, und die Sozial- demokratie foll die Parole ausgegeben haben: so lange die Ver- ordnung noch nicht gesichert ift, follten die Gesellen sich rubig ver- halten. Es befteht ein Unterschied zwischen den Fabrikarbeitern; die

abrifarbeiter wollen möglihst wenig arbeiten; denn selbständig können do nit werden. Die Bäcker aber haben in der Hoffnung auf Selbständigkeit einen fittlihen Anreiz zur Arbeit. Eine Aenderung der Verordnung, etwa durch Einführung einer Normalarbeitêwoche, ift Enn

ausreichend ; denn eine Kontrole darüber wäre nit möglich. Was d Werkstätten betrifft, so sollte fih Herr Bebel seiner eigenen Werk- stätten in Leipzig erinnern; darüber wäre mehr zu sagen als über die Bäerstuben. Was Herr Bebel vorbringt, ift ja bei seiner naiven, fast findlichen Gutgläubigkeit {hon oft als falsch erkannt worden. Ueber die Bâäckereien in Harburg hatte Herr Bebel haarfträubende Behauptungen aufgeftellt, die von dem Gewerbe-Jnspektor als unzu- die sbsadiges riemen raaien bean mif Use He ehl ber ruiniert, müssen diese die

Sozialdemokraten vermehren. | Is

Inzwischen is} der gestern bereits mitgetheilte Antrag des entrums (über den Alirag von Kardorff und Genossen zur ‘agesordnung überzugehen) dahin abgeändert worden, daß an- ftatt der Worte: „in Erwägung endlich, daß diese Erhebungen us nit abgeschlossen find, und daher weder der Bundesrath noch der Reichstag jeßt shon in der Lage ist“ die Worte: „in

È daß die vom Bundesrathe veranlaßten Erhebungen inte Dedkne noch nit unterzogen werden anien diese

auh dem i i | , mithin

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iebéwerkfiätte cines sffentlih [o vielfach, bot niht beahtet bätte, sodaß

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redner hat auf der Tribüne erwäbnt; durch Prozesse ift festgestellt,

Ungen über dense unrichtig Ind) würde der Sozialdemokratie Abbruch tbun. äckereigewerbe ist son von dem allgemeinen Entwickelun betrieb ergriffen, wie die Statistik beweist. Im

besteht, wie in den meisten Handwerken, eine {were Kon Meister kämpfen {wer um ihre Existenz. Fürst Bismar

man brauche den Bäckern nur an die gefüllten Taschen die Thaler würden schon herauëfliegen. Jeßt \pri@t m ürftigen Bäckern! In den kleinen Bâäckereien jd dern

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hâltnisse am s{hlimmften, die Arbeitszeit am längsten. der ae stammen nicht aus den Grob ftadte fon verlorenften Gegenden, in denen die bescheidenfte herrscht. Herr von Stumm, der Ordnungsmann, die Regierungsautorität bloßgeftelt; er meinte, gierungs - Präsidenten hätten ihr Urtheil nitt eigene Anschauung gewonnen, ihre Berichte seien werthlos. E; tritt die Objektivität der Gewerbe-Inspektoren. Wenn dog Sozialdemokrat gesagt hätte! Herr von Stumm svrah au von Polizeibehörden, welhe fih vernünftiger erweisen, als die Urk der Verordnung. Das heißt also, die Polizeibehörden lassen O Mißstände und Gesezesverleßungen zu! Viele andere taat

d mit der Herabsezung der Arbeitszeit vorgegangen, und dady, hat fi das Verhältniß der Arbeiter zu den Ünternebmern nid wefentlih gebeffert. Man follte die Verordnung unverändert L stehen laffen, weil die Zeit noch viel zu kurz ift, um ihre Wirkung übersehen zu können. Wie die Petitionen der Gesellen gegen die Verordnung zu stande gekommen sind, das wifsen wir. Ferie rets: T

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Wieso denn!) Die Petitionen sind zum theil in d Heimath unterzeihnet worden. Die Petitionen vor von Sen DaUTNT Ae gt K Daa __, Abg. von Podbielsfi (d. kons.): Ue triar{hali hälfnifse will ih mit Herrn Bebel nicht diekutieren “E s niht, weil er patriarchalishe Verhältnifse einfach mit Knechtsdait überseßt. Daß die Bäergesellen -sich aus den untersten Volks, \hihten rekrutieren, widerspriht den Thatsachen, wenigstens dem Lande, wo der Sohn dem Vater folgt. Die s{lechten Zustände in den Backsftuben wollen wir niht erhalten. Da muß die Polizei cix, Die Sozialdemokratz

beitern und

schreiten, dazu hilft diefe Verordnung nit. wollen das gute Verhältniß Ee Meiftern und Gesellen ftôren, um einem noch einigermaßen feftstebenden Gewerbe den Boden it entziehen. Mit der Tagesordnung, die das Zentrum beantragt, kanm den Bäckern nicht geholfen werden. Aber Sie (zum Zentrum) werden arbe bekennen müssen, wenn die Bätermeister an Sie herantreten, ir vertreten die dwerker, wie die Sozialdemokraten die Arbeite vertreten, allein es folgen Ihrem Rattenfänger von Hameln mit seinem Geigenspiel noch lange nit alle Arbeiter. Deshalb bitte ih Sie, dem Antrage zuzustimmen, obgleih ih nit so sehr für das Abändern, fondern für das Aufheben der Verordnung bin.

Abg. Dr. S{neider (fr. Vgg.): Wir sind auh mit der Ver- ordnung nicht ganz einverstanden, namentlih hätten wir es auth fir beffer gehalten, daß eine Minimalrukezeit ftatt einer Marimal- arbeitzeit festgeseßt worden wäre. Nach den Mittheilungen de D ae Boetti hätten wir auch eine Vertagung der Debatte

Zus e ns g F E der

g. Molkenbuhr (Soz.), daß seine Freunde für den Pichler timmen würden, aber ohne si fen tiv egen. Die Hauptsache sei, daß zur Tagesordnung übergegarçea

Das Schlußwort nimmt der

Abg. von Kardorff: Hitze hat uns wieder in Wider spruch seßen wollen mit dem Februarerlafse, troßdem ih ihm gewiesen habe, daß seine Interpretation desselben im Widerspru mit den Ausführungen des Ministers von Berlepsch. Nicht d | Zentrum hat die Initiative zur Sozialgeseßgebung ergriffen, sondem mein Fraktionsgenosse von Stumm. Wen gesagt wurde, daß Herr von Stumm die Fabrikinspektoren abschaffen wollte, so ist das eine Verdächtigung, die mit den Thatsachen in Widerspru steht. Die E der Bäckergesellen sind niht von den Meistern ausgeganger, ondern von den Gesellen selbst, die noch hoffen, selbständig 8 werden, und die älteren Gesellen wollen fich nicht mehr an l Hetarbeit gewöhnen, welhe infolge der Verordnung nothwenti N In einer Petition wird ausgcführt, daß die einzeln Pausen fünf Stunden betragen. Die Folgen der Verordnung fi eine unerträgliße Polizei-Chikane gewesen, die Ausdehnung t Denunziationswesens mit Zerstörung des freundschaftlichen Verhäl- niffses zwischen Arbeiter und Arbeitgeber, die Vernichtung der kleineren Betriebe, also im Ganzen ein großes Anwacbsen der Sozialdemokratie. In der „Norddeutshen Allgemeinen Zeitung“, dem offijiöse Regierungsblatt, lesen wir große Artikel. Aber was thut die Regierung selbst ? Sie züchtet ja die Sozialdemokratie mit solchen Verordnungen. Ic habe nah der Rede des Herrn pon Boetticher wenig Hoffuung, daß die Verordnung aufgehoben wird. Jh hoffe aber, daß weni stens eine Aenderung eintreten wird, und fordere die Bäder au, die schlechte Zeit auëzuhalten; es wird doch wieder befser werde. a Antrag des Herrn von Stumm nehmen wir in unseren Ar

ag auf.

Direktor im Reichsamt des Innern von Woedtke: De Vorwurf des Herrn von Kardorff, daß die Regierung die Sozial demokraten groß ziehe, muß ih zurückweisen. Jn dem Augenblidck, m2 im Bundesrath als feftgestellt gelten wird, was Herr von Kardorf beri@tet hat, wird der Bundesrath zur Aenderung der Verordnung übergehen. Vorläufig liegen aber die Thatsachen anders.

Die hierdurch wieder eröffnete Diskussion wird wiederu? geshlofsen. In namentlicher Abstimmung wird darauf d:

trag Pichler in der verbesserten Fassung mit 148 gege 104 Stimmen a

Schluß 6 Nächste Sizung Donnersta (Dritte Berathung des Ausli ngsvertrages mit landen und Berathung des ine-Etats.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

52. Sißung vom 17. März 1897. : Vie orie Berathung des Staats aushalts-Etaté für 1897/98 wird beim Etat des Ministeriums 12! Handel und Gewerbe fortgeseßt. Nach der bereits im Auszug wiedergegebenen Rede de

Abg. Gothein (fr. Vgg.) nimmt das Wort ¿

Abg. Gamp (fr. kons.): Der Abg. Gothein ftebt den StelnL B issen fern und is niht der rihtige Interpret der rh führungen des Ministers darüber. Von einer Preisfteigeruss theil,

den Terminhandel hat der Produzent nicht den geringsten Gi

enommen.

f, E en Nieder

diese muß vielmehr der Konfument bezahlen zu Gunsten des Die Srage des Termiuhandels in der Börsen-Enquête-Komm so auéführlich behandelt worden, daß ih nit näher darauf ein) will. Die Verminderung der Preiédifferenz zwischen Roagen een Wingt ten Ler Ene ale G2 f mud fon veran 1 on on ab. auch s{hon vor | der Preis für Roggen höher war als der des genie Hinte

péhrend in Plauen

ders benatheiligt dur N a aber eins Folge der Privi urch die Zollkredite. , fordern der Zollkredite, und ih bitte den

i Cin regi dabin geltend zu machen

t feinen Ebau weizens an den Börsenistnicht durch die Handels-

Die herbeigeführt worden, sondern Fürst Bismarck hat gerade darum fammer" Simpfe mit den Handelskammern führen müssen. Damals die freisinnige Presse auch den Kampf und forderte die

j enten auf, l die Börsen zu \{ließen. Und heute

man den Segen des Aus\{lufses des Rauhweizens Aae an- beant. Die Vorschri über den Börsenkommissar im Börsen- find durhaus nothwendicz. Wenn fo hervorragende Männer“ gef rengel und von Mendelssohn sich für das Lega E vi Srenson es toch nit fo ehrenfränkend sein, si in das P register eintragen zu lassen. Auch nah den früheren Gesegen nnte die Regierung Maßregeln gegen die Börsenmißstände ergreifen

‘den Terminhandel verbieten. Das neue Bôrsengeseß ist also in geeigneter Angriffépunkt für die Herren von links. Das Börsen-

ey ift mit der größten Sorgfalt in jahrelangen Verhandlungen ge tet worden. Jch bätte gewünscht, daß man bei anderen Ge- legenheiten, wie der BäFereiverordnung und der Sonntagsruhe, solche Sorgfalt angewendet hätte. Von der Taktik, dem . Gegner etwas unterzushieben, was nicht ist, um ihn widerlegen zu können, klang dur die Rede des Abg. Gothein wieder etwas dur; er sagte: man fann toh nicht verlangen, daß alle möglicen Geschäfte außerhalb der Bicse mit in Betracht gezogen werden. Wer von uns hat

das verlangt? Einen Deklarationszwang müßte man für je an der Börse abges{hlofsenen Geschäfte einführen, auf die Ramin der Geschäftsleute kommt es garniht an, sondern nur auf die Eschäfte selbft. ngen kann man die Leute natürlich nicht,

e ihre Geschäfte niht anmelden. Herr Gothein hat uns

einmal selbs das Beispiel falsher Notierung angeführt, daß, der notierte Preis 160 #4 betrug, ein Plauener 178 bis 180 Æ habe zahlen müssen. Wenn Fraf Schwerin und Graf Klinckowström die Sache der Stettiner Notierungen aufgeklärt haben und von drüben doch immer wieder Mißverständniß zu erregen versuht wird, so muß man doh annehmen, daß da eine Absicht vorliegt. die Staatsbetriebe und das Kriegs- Miniflerium nur von Produzenten kaufen, ist eine durchaus berechtigte Maßnahme, die auch einer vom Hause angenommenen Refolution tispriht. Ein Febler ift es nur, daß man bei den Ankäufen für die Proviantämter die lokalen Marktpreise zu Grunde [egt ; dabei könnte &# wohl einmal vorkommen , daß ein zu hoher Preis gezahlt würde. Der Kampf zwischen der Landwirthschaft und den Börsen ift jept auf ein praftisches Geleise gekommen, indem die Kaufleute hon man ihrer Bedenken fallen gelafsen haben. In Berlin sind nit, wie

von Eynern gestern bemerkte, ungeeignete Personen in den orstand gekommen, sondern sehr tüchtige Leute, wie unsere Kollegen Rin und von Werdeck Die ndler unter fich môgen Geschäfte machen, soviel sie wollen, ich habe nihts dagegen,

ß sie sih gegenseitig abshlahten , aber fie sollen das Privat- mblifum mit Spekulationêgeshäften vershonen. Den Herrn Handels- Minister frage ih, wie es kommt, daß noch immer eitgeshäfte in Bergwerks- und Fabrikpapieren gemaht werden können troß des Börjengesetzes. ine Auskunft über die Enqguste- Ergebnisse in Sadhen der Bäckereiverordnung lehnte der Minister wohl nur mit Rüdsicht auf die heutige Verhandlung im Mag ne boffentlih befommen wir dort eine genügende Auskunft. Die Bäereiver- ordnung hat geradezu verheerend gewirkt, und die Regierung wird feffentlih bereit sein, die Verordnung wenigstens zu mildern, was z vom Standpunkt der Gesellen erwünscht ift. Für das Handwerk nibält der Handels-Etat nicht eine einzige Position, die es im Kampfe

die Großindustrie unterstüßen könnte. Den Provinzen oder Mien müssen Mittel dazu zur Verfügung gestellt werden, und auch kei der Schaffung der Organisation des dwerfks muß der Staat finanziell helfen. Die Vorschriften über die Sonntagêruhe entsprechen niht den Zwecken der Sonntagsheiligung und den Bedürfnifjen der Gewerbetreibenden. Fast alle Tage ersheinen neue Polizeiverord- nungen. Jett follen auch geiäftlihe Telephongesprähe am Sonntag verboten sein. Ich kann mir also wohl beim Schlächter am Sonntag telephonisch einen Kalbsbraten bestellen; wenn es aber der Hotelier thut, so gehört das zu seinem Geschäftsbetrieb, und das Fräulein im Amt erwidert ihm: Das Gespräh darf ih nicht zulassen. In Süddeutshland wird die Sonntagsruhe viel richtiger gehandhabt.

Minisier für Handel und Gewerbe Brefeld:

J babe das Wort ergriffen, um einige Fragen, die d.r Herr Verredner an mich gerihtet hat, an seine Ausführungen anknüpfend- iu beantworten.

Der Herr Vorredner hat zunähst Bezug genommen auf die im vorigen Jahre vom hohen Hause gefaßte Resolution, in welcher die Aufforderung an die Regierung gerihtet wurde, daß die staatlichen Bttriebsverwaltungen nur inländischWe Waaren oder vorzugsweise in- lindishe Waaren kaufen sollen, um ihren Bedarf zu decken. Diese Reso- lution stand in Uebereinstimmung mit dem Verfahren, welches schon seit lingerer Zeit bei der Regierung üblih gewesen ift. Die Regierung ist immer bemüht gewesen, soweit es möglich war, im Jnlande den Bedarf zu decken; leider ist das niht überall der Fall, fodaß sie bei manchen Artikeln darauf angewiesen ift, sich aus dem Auslande zu versorgen. Darüber, welche Verfügungen seitens der einzelnen Ressorts erlassen find oder nothwendig waren zu erlassen, um diese Auffaffung etwa den Behörden erneut einzushärfen, ist mir nihts bekannt ge- worden. In Bezug auf tas Ressort des Handels kann ich nur mit- theilen, daß die Kornmagazin-Verwaltung in Osterode angewiesen ift, für die dortige bergmännishe Bevölkerung nur inländishes Korn zu kaufen. Ih führe das beispielsweise an. Was speziell seitens der Kriegs- verwaltung bezüglih der Proviantämter veranlaßt ift, weiß ih nit. Ob die Verfügung erlassen is in dem Sinne, wie der Herr Abg. Gothein es bebauptete, und wie weit die Proviantämter angewiesen sind, nur von den Produzenten zu kaufen, eventuell welches die Gründe dazu gewesen sind ih bin niht in der Lage, darüber Auskunft geben zu können.

_ Ich habe dann noch eine Erklärung abzugeben bezüglich der eigen» thümlichen Art, in der gegenwärtig nah Angabe des Herrn Vorredners Zeitgeshäfte über Bergwerkspapiere an den Börsen abgeshlofsen werden. Die aus dem Kurszettel ersihtlihe Thatsache, daß dort Ge- \häfte abgeshlofsen werden, die den Charakter von Ultimogeschäften ¡u haben und eigentli an die Stelle derselben getreten zu sein seinen,

mir Veranlassung gegeben, Berihte darüber zu er- fordern, und zwar bereits im Anfang des Januar. Der Bericht ist von dem Staatskommifsar erstattet worden, und er kommt wesentlih darauf hinaus, daß es allerdings den Anschein habe, als ob 8 sih hier um nichts Andercs handle, als um gewöhnliche Ultimo- geshäfte. Jh habe infolge dessen Veranlassung genommen, die Auf- sihtébehörden und die Aeltesten der Kaufmannschaft darüber zu hören. L elben sind aufgefordert, der Bericht von ihnen ist aber noch nicht gegangen. Erft wenn das gesehen, werde ich in der Lage fein, mungen darüber treffen zu können, ob es sich hier um eine iuläsfige Art von Geschäften handelt.

Sodann hat Herr Abg. Gamp noh auf die Beschränkung des ise chen Verkehrs am Senntag Bezug genommen. Ich stehe in

er Beziehung im wesentlihen mit ihm auf dem gleichen Stand-

; ih bin auch der Meinung, daß bei solchen Beschränkungen die

er in Berlin

Berüksichtigung der örtlichen Verhälinifse unbedingt nöthig ift. Was für den cinen Ort sehr nüßlih sein kann, kann an einem anderen ein \harfes Hinderniß für den Verkehr bilden. Man muß diesen Um- ständen unbedingt Rechnung tragen.

Daß eine Verfügung ergangen sei seitens der Postbehörden, wo- nah der Telephonverkehr am Sonntag nicht stattfinden soll, habe ih ebenfalls in den Zeitungen gelesen; ih habe aber au in der heutigen Morgenzeitung gelejen, daß die Mittheilung nicht rihtig wäre, sodaß ih bis jet davon abgesehen habe, mi genauer darüber zu informieren. Sollten die Verhältnisse doch so liegen, wie der Herr Vorredner an- nimmt, so würde ih mich näher nah dem Sadhverhalt erkundigen ; denn ich muß zugeben, daß allerdings der örtlihe Verkehr unter einer solhen Beschränkung leiden würde.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Die Bäckereiverordnung muß in wesent- lihen Punkten geändert werden. Den Vortheil davon haben nur die großen Bädereien gehabt, die mit größeren Kapitalien arbeiten. Sozial- demokratish ange te Bäckergesellen haben diese Verordnung zu allerlei Chikanen gegen ihre Meister benußt. Die Behauptung, daß die rehte Seite mehr für den Handel thäte als die linke, ijt un- rihtig. Herr von Eynern hat shon im vorigen Jahre in Bezug auf die Sonrtagsbeiligung gebeten, daß fie nicht shematisch durchgeführt würde. Bestände wirklih das Telephonverbot am Sonntag, so müßte eine fol{e komishe Einrichtung so bald wie möglich beseitigt werden. Ueber das Ziel shießt es hinaus, wenn die Staatsbetriebe unter be- wußter Umgehung des Kaufmannsftandes nur bei Produzenten kaufen. Es fommt nur darauf an, daß die heimishen Landwirthe niht durch den Import ausländischen Getreides geschädigt werden. Man sollte alfo nur verlangen, daß der Händler die Provenienz des Getreides vom Inlande nahweist. Ueber die Börsenfrage will ich im Interesse des as nichts sagen. a E bg. Herold (Zentr.): Wir haben Fabrikinspektoren für die Industrie, und die Börse soll vom Staate dur seine Kommissare nicht kontrolliert werden? Der Staatskommissar war doch wirkli kein Grund zur Auflösung der Produktenbörse, ebenso wenig die Angriffe der Agrarier. Der Minifter Maybach hat früher {hon vom „Giftbaum*“ gesprochen. Der ganze Strike bat nur den Zweck, den Terminhandel wiedereinzuführen. Daran if aber nah den gestrigen Erklärungen des Ministers nicht zu denken. Bei der versöhn- lihen Stimmung aller rteien und der Regierung ift auf eine Verständigung mit der Börse zu hoffen. Eine gesunde Börse ift für die gesammte Volkswirthschaft von größtem Werth. Der direkte Bezug der Staatsbetriebe vom Produzenten ist do ganz natürli und eine größere Garantie für die Güte der Qualität. Für den An- trag Kaniyz hat sih ein erhebliher Theil des leßten Katholikentages niht ausgesprochen, sondern nur für eine größere Fürsorge des Staates für die Landwirthschaft. Jch habe die einzelnen Vorschläge in meiner Resolution später zurückgezogen. Ueber den Antrag Kani wurde über- haupt gar niht gesprohen. Landwirthschaft und Handel müssen zu- sammenstehen zum Wohle des Staates und des ndels.

Das Gehalt des Ministers wird bewilligt.

Unter den Ausgaben für die Be und Gewerbe- perwaltung figuriert zum ersten Mal eine Ausgabe für den Staatskommissar bei der Berliner Börse. Er soll außer seinem Gehalt von 9900 H eine Funktionszulage bis zur Höhe von 5100 erhalten. Die Regierung will dadurch tüchtige Beamte für diesen Posten gewinnen und sich sichern. gur emunerierung der übrigen Staatskommissare werden im

anzen 25100 4 gefordert.

Abg. Broemel (fr. Vgg.) kommt auf die gestrige Börsendebatte zurück. An den Friedens aalen sollten nicht nur die Regie- rungs-Präsidenten, sondern auch die Staatskommifsare mitwirken. Das elte besonders von Stettin. Die rein formale Untersuhung des Ministers babe den Frieden dort niht gefördert, die Kaufleute hätten eine materielle Untersuchung gewünsht. Auf den Stettiner Maklern laste nah wie vor der Vorwurf der Doppelzüngigkeit, und es müsse deshalb eine nohmalige Prüfung der Sache stattfinden.

Abg. Gotbein (fr. gg.) verwahrt die Börsenvorsteher egen den Vorwurf, daß fie die Ausführung des Börsengesetzes er- chwert hätten. Sie hätten niht die Macht, die Leute zum besu zu zwingen, die nicht in die Börse kommen wollten. Die Aus- wahl der Staatékommifsare fei seines Wissens bisher eine glüdckliche gewesen. Sie hätten sich mit den Korporationen der Kaufleute gut vertragen, das köônne er wenigstens von Breslau behaupten. Der Minister habe allerdings die Tendenz, das Börsengeseß auszudehnen. Der Kommissar solle auch in den Ausshußsizungen der Handels- fammern mitwirken, während er dazu doh nur bei ehrengerihtlichen Verbandlungen berechtigt sei. a

Abg. Graf von Kanit: Diese Frage gehört in den Reichstag. Man hat dem Kommissar nicht eine überwachende Thätigkeit zu-

ewiesen, wie ih es wollte, sondern nur eine ledigli beobachtende. Die Untersuhung an der Stettiner Börse hat materiell - ergeben, daß an der Börse andere Preise notiert werden als außerhalb. Das

war die Hauptsache. : ( j Abg. Dr. Hahn (b. k. Fr.): Der Minister hat die Parteien aufgefordert, die Streitaxt zu begraben. Wir Agrarier sind damit einverstanden, nahdem wir in dem Stettiner Fall Recht bekommen haben. In Berlin find wir erst im Beginn des Kampfes um Beseitigung von Mißständen im Börsenleben. ie Freunde der Börsenreform, namentlih die agrarischen, sind befremdet darüber, da 24 Monate ins Land gegangen find, ohne daß man gegen die Vorgänge im rener gin vorgegangen is. Fürst Bismarck hätte kaum erst den eriht eines Staatskommissars oder des Ober- räsidenten abgewartet, sondern wäre sofort vorgegangen. ch will aber dem Minister feinen Vorwurf machen. Der Staatskommissar hätte schon im Januar den Auftrag erholten sollen, möglihs bald zu berichten. _Ich bitte den Minister, dafür zu sorgen, daß diese Auskünfte \{leunigst erfolgen. Was soll eine Verständigung? Man wver- lange eine ftrifte Ausführung des Gesetzes, niht ein Paktieren mit den Interessenten. Die Kursfestseßungen im Feenpalast üben auf die Preise im Lande nah der Meinung mancher Leute einen großen Einfluß aus, und es wäre deshalb an der Zeit, daß diese Zu- tände im Feenpalast aufhören und der regelrehte Verkehr an der roduitenbörse wieder aufgenommen wird. Die ostpreußishen Land- wirthe finden es nicht begreiflih, daß die Regierung gegen den Feen- palast niht vorgeht. Die Börsenreform müßte fh noh mehr auf die Effekten erstrecken. Das Geseß hat allerdings das Zeitgeschäft in JIndustriepapieren untersagt, diese Bestimmung wird aber umgangen. Der Börsenkommifsar sollte uns alljährlih Bericht über seine Thätig- keit an der Börse erstatten. Die Emisfionsthätigkeit der großen Firmen muß scharf beobachtet werden. Es müßte zu diesem Zweck eine Zentral-Emissionsbehörde geschaffen werden. Leider ist ein entsprechen- der Antrag des Grafen Kaniß im Mae abgelehnt worden, au von den Nationalliberalen. (Abg. von Eynern: Das Bedauern können wir ertragen!) Die Nationalliberalen haben do den nationalen Gedanken zu vertreten. Herr von Eynern lächelt darüber. Wir haben doch das böte Interesse, daß deutsches Kapital im Auslande nicht gefährdet wird. Die Befugnisse des Staatskommissars müßten aus- gedehnt, nit eingeschränkt werden.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Der Herr Abg. Broemel hat gestern seiner Be- friedigung Ausdruck gegeben über den Inhalt des Erlasses, den ih an die Kaufmannschaft in Stéttin gerichtet habe. Er hat heute die Er- klärung abgegeben, daß dieser Erlaß in Stettin doch nit diejenige Befriedigung erregt habe, die er geftern hier kundgegeben habe, daß man im Gegentheil die von mir eingeleitete Untersuchung über den Gegenstand des Streits des Grafen Schwerin

mit der Stettiner Kaufmannschaft für ungenügend eratet. Ich

örsen-

! glaube doch zur Aufklärung eines Mifßiverständnifses sagen zu müssen,

daß ih eine Untersuhung überhaupt nicht eingeleitet habe. Ih habe mi lediglih darauf beschränkt, mir dasjenige Material von dem Herrn landwirthschaftlihen Minifter geben zu lassen, was den Anlaß geboten hat zu diesem Antrage, den die Stettiner Kaufmannschaft an mich gerihtet hat, nämli: den Herrn landwirthschaftlichen Minifter zu veranlassen, eine solche Untersuhung seitens des Regierungs- Präsidenten durch die Landwirthschaftskammer herbeizuführen. Ih habe in dieses Material Einsicht genommen zu dem Zweck, um mih zu überzeugen, ob etwa für mich ein Anlaß vorliege- solhe Untersuhung herbeizuführen. Nachdem ih die Ueberzeugung gewonnen habe, daß solher Anlaß nicht vorlag, habe ih selbstver- ftändlih von einer Untersuhung Abstand genommen. Damit ift die Sade für mi erledigt. In den Streit zwishen dem Grafen Schwerin-Löwit und der Stettiner Kaufmannschaft mich einzumischen und nun zu veranlassen, daß also die Landwirthschaftskammer genöthigt werde, cine Untersuchung zu beantragen dazu habe ih gar keine Veranlaffung. (Brava! rets.)

Ih möhte dann noch auf die Abg. Gothein eingehen. Herr Abg. Gothein if der

Meinung gewesen, daß der Staatskommifsar nicht berehtigt

wäre, an allen Berathungen derjenigen Börsenorgane, die er

angeführt hat, theil zu nehmen, auch insbesondere nicht berehtigt

wäre, theil zu nehmen an den:Berathungen der Handelskammer. Das

letztere ist selbstverständlih ausgeshlofsen; er hat aber die Berechti-

gung, theil zu nehmen an den Berathungen der Börsenorgane das

sind alle diejenigen Organe, die dazu berufen sind, die der Börse obs

liegenden Aufgaben auszuführen: dazu gehört in erster Linie der

Börsenvorftand, ferner gehören dahin die Zulafsungsftellen, ferner das

Ehrengericht, ferner die Maklerbank; es gehören endlih dahin die

Notierungskommifsare. An den Berathungen dieser Börsenorgane

theil zu nehmen, if der Staatskommissar berechtigt, und ih

verlange auch von ibm, daß er daran theil nimmt, damit er vollständig informiert is und in der Lage ist, mi selbft und die mir nachgeordneten Aufsichtsbehörden ebenfalls zu informieren. Das ist seine naturgemäße Aufgabe. Daraus ergiebt sich au, daß der Staatskommissar, wenn es zu Vermittelungsverhandlungen bezüglich der Stettiner Börse kommen sollte Herr Broemel meint, es würde nit dazu kommen, ih würde das sehr bedauern —, aber wenn es dazu kommen sollte, daß der Staattkommissar das natürliche Organ ist, um dem Ober-Präsidenten zur Seite zu stehen, um ihn bei diefen Vermittelungsverhandlungen entsprehend zu unterstüßen. Ich habe meinerseits die Hoffnung, daß folche Verhandlungen stattfinden und zu einem gedeiblihen Ende führen werden.

Was nun die Aeußerungen des leßten Herrn Vorredners an- betrifft, so kann ih nit daran denken, auf die weitgehenden Reform- projekte, die er uns hier vorgetragen hat, näher einzugehen. Ich stehe auch nicht auf dem Standpunkte, auf dem er steht, daß es noth- wendig wäre, jeßt {hon wieder mit weiteren Reformen vorzugehen. Ich bin der Meinung, daß der Reformversuh, den wir hier mit dem Börsengeseß gemaht haben, ein außerordentlich schwie:iger ist, und daß wir allen Anlaß haben, zunähst doch mal durch Erfahrung zu erproben, ob und wie weit dieser Reformversuch als geglückt anzusehen is. Erst wenn wir diese Sicherheit erlangt haben, wird der Zeitpunkt gegeben sein, weitere Maßnahmen einzuleiten und eventuell auf dem Wege der Geseygebung vorzugehen. (Sehr richtig!) Ih bin der Meinung, gerade auf dem Wege der Geseßgebung soll man mit Vorsicht vor- gehen und si nicht überstürzen. (Sehr richtig!) Die Ueberstürzung schadet in dieser Beziehung unbedingt.

Ich bin dem Herrn Vorredner für die Anregungen, die er ge- geben hat, gewiß dankbar die können ja erwogen werden ; aber jeßt {hon wieder die Klinke der Geseßgebung in die Hand zu nehmen, nachdem wir eben erst das Gesez eingeführt haben, das keineëwegs allgemeinen Beifall gefunden hat, das halte ih niht für rihtig. (Sehr richtig !)

Nun möchte ih noch eingehen auf den Vorwurf, den der Herr Vorredner gegen die Regierung und gegen mih speziell erboben hat, daß ich die Erhebungen in Betreff der hiesigen Versammlung im Feenpalast niht mit der nöthigen Beschlevnigung betrieben bätte. Diese Erhebungen sind niht so einfach; wir haben keinen geseßlih festgestellten Begriff der Börse und also keinen ge\ eßlihen Anbalt für die Entscheidung der Frage, ob die Versammlung, die dort Ge- äfte shließt nah bestimmten Einrichtungen, als Börse anzusehen ift oder nit die Entscheidung hängt von einer ganzen Reihe ver- schiedener Erwägungen ab. Die thatsählihen Verhältnifse sind im einzelnen festzustellen, um zu prüfen, ob sie den Vorausseßungen ent- sprechen, welhe den Inhalt des Begriffs erschöpfen. Sie sind zunächft einzeln festzustellen und dann in ihrer Gesammtheit abzuwägen. Ich habe mir erlaubt, bei der ersten Berathung des Etats, als wir diese Frage besprochen haken, hervorzuheben, daß ih na einer ganzen Reibe bestimmt artikulierter Gesichtspunkte, die ich damals auh ausdrüdcklih angeführt habe, den Auftrag gegeben habe, die Ermittelungen anzustellen. Eine solhe Erwägung ist nit einfaher Natur und erledigt |ch nicht in einem Tage. Sie is um so s{chwieriger, als die Versammlung, um die es sich handelt, eine geschlossene ist. Da hat der Staatskonmifsar keinen Zutritt, er kann nicht direkt bingehen und sich überzeugen von den Geschäften, die dort abgeschlossen werden. Er muß Kenntniß davon erhalten durch dritte Personen. Allein die Erkundigungen, die er angestellt hat, hat er mit Vorsicht anzustellen; denn ih will eine sihere Grundlage haben für meine Entscheidung, Deshalb habe ich ihn nicht gedrängt, sondern gewartet, bis der Bericht von ihm in erscköpfender Weise eingegangen ist. Ebensowenig habe ich Anlaß, die weiteren Erhebungen zu beschleunigen in dem Sinne, wie es der Herr Vorredner wünsht. Jh wünsche unter allen Umständen eine zuverlässige Grundlage zu haben für eine Entscheidung, Ob die etwas früher oder später kommt, halte ih nicht für so wichtig, und zwar aus den Gründen, die ih gestern dargelegt habe. Jch bin der Meinung, daß durch die Geschäfte, die jeßt im Feen- palast abgeschlossen werden und sehr geringen Umfang haben, nah allem, was man hört, ein großer Schaden iw Lande in der That nicht angerihtet wird. Ob dem Handel, den man dort gegenwärtig vornimmt, einige Tage früher oder später der Garaus gemacht wird, ist nit eine Frage von so großer wirthschaftliher Bedeutung, daß ih deshalb den Accent darauf zu legen hätte, diese Erhebungen mit der äußersten Beschleunigung zu Ende zu führen. Ich lehne das einfa ab. (Bravo !)

Aeußerungen des Herrn

Aba. von Eynern (ul.): Die Emissionshäuser würden ih gegen die Zentralftekle wahrscheinlich garniht fträuben; aber die